Teil 3 - Institut für Analytische Chemie - Universität Wien
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Grundlagen der<br />
Chromatographie<br />
Christopher Gerner<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>
Aufgaben und Ziele chromatographischer Verfahren<br />
• Trennung komplexer Gemische in Einzelsubstanzen<br />
• Reinigung von Einzelsubstanzen von etwaigen Verunreinigungen<br />
• Quantifizierung von Einzelsubstanzen aus komplexen Gemischen<br />
Chromatographie ist das wichtigste Trennverfahren in der analytischen <strong>Chemie</strong>.<br />
Literaturhinweis: Als Grundlage und Quelle von Abbildungen wurde v.a. herangezogen:<br />
Matthias Otto: <strong>Analytische</strong> <strong>Chemie</strong>, Dritte Auflage, WILEY-VCH 2006
• Gedankenexperiment:<br />
homogenisierter Spinat wird in<br />
Schütteltrichter Ether/Wasser<br />
ausgeschüttelt. Welche Substanzen<br />
erwarten wir in welcher Phase und<br />
warum?<br />
Extraktion<br />
Abb.: Wikipedia
Extraktion<br />
Als Extraktion bezeichnet man das Herauslösen eines Stoffes aus einer Lösung<br />
oder aus einem Feststoffgemisch. Dabei wird der in der Phase L'<br />
enthaltene Stoff durch eine zweite Phase L" zu einem bestimmten Anteil<br />
entfernt.<br />
Die Lösung des Stoffes in L" heißt Extrakt, die nach der Extraktion an dem<br />
Stoff verarmte Phase L' heißt Raffinat.
NERNSTscher Verteilungssatz<br />
Ein Stoff verteilt sich so zwischen zwei nicht mischbaren Phasen, dass das<br />
Konzentrationsverhältnis in den beiden Phasen bei konstanter Temperatur<br />
einen konstanten Wert annimmt.<br />
K=c‘‘/c‘<br />
K: NERNSTscher Verteilungskoeffizient<br />
c' bzw. c‘‘ charakterisieren die Konzentrationen (genauer die Aktivitäten)<br />
eines Stoffes in den beiden Phasen L' (Raffinat) bzw. L´´ (Extrakt).<br />
Voraussetzung ist Verteilungsisotherme:<br />
zB. Iod im System Wasser /Kohlenstoffdisulfid<br />
C I2 (CS 2)<br />
(aus: Otto p123)<br />
C I2 (H 2O)
Überlagerte Gleichgewichtsreaktionen:<br />
Gesamtkonzentrationen der verschiedenen Carbonsäureformen in<br />
Benzol und Wasser:<br />
Verteilungsverhältnis D:<br />
(aus: Otto p124)
Einfache und wiederholte Extraktion I<br />
Extraktionszahl, E: Quotient aus den Substanzmassen m' und ‘‘ in den beiden<br />
Phasen<br />
V‘ und V": Volumina der Phasen L ‘ und L"<br />
Trennfaktor <strong>für</strong> zwei Verbindungen A und B, T A,B : Verhältnis der<br />
Extraktionszahlen <strong>für</strong> A und B
Einfache und wiederholte Extraktion II<br />
Relative Substanzmasse p und q <strong>für</strong> die Phasen ´ und ``:<br />
Bei einer einmaligen Ausschüttelung geht also die Menge p in den<br />
Extrakt und die Menge q verbleibt im Raffinat. Bei einer zweiten<br />
Extraktion mit einer frischen Oberphase im gleichen Volumen-<br />
verhältnis wird aber die Menge pq in die Oberphase überführt<br />
und in der Unterphase verbleibt q 2 .
Einfache und wiederholte Extraktion III<br />
Nach n Extraktionen verbleibt im Raffinat:<br />
In den vereinigten Extrakten befindet sich:<br />
Beispiel Substanz mit K=1, Verteilung zwischen Wasser und Ether<br />
<strong>für</strong> 50ml zu 50ml: <strong>für</strong> 200ml zu 50ml:
(aus: Otto p127)
CRAIG-Verteilung I<br />
(aus: Otto p129)
CRAIG-Verteilung II<br />
(aus: Otto p130)<br />
Berechnung der<br />
relativen Substanzmenge T n,r<br />
<strong>für</strong> n-ten Verteilungsschritt<br />
in Fraktion r:
1906 von Botaniker Michael Tswett<br />
(Russland) eingeführt<br />
Ursprünglich Chlorophylle von<br />
Xantophyll Spirilloxanthin<br />
getrennt – daher der Name<br />
(Auftrennung von Farbstoffen)<br />
Chromatographie:<br />
(aus: Otto p435)
Dünnschicht-Chromatographie<br />
Retentionsfaktor R f: Wanderungsweite relativ zum Laufmittel entspricht<br />
Aufenthaltswahrscheinlichkeit in mobiler Phase.<br />
R St entspricht der Retention relativ zu einem internen Standard<br />
R m entspricht dem Logarithmus des Verteilungskoeffizienten, R m -Werte zB. einer Reihe<br />
aliphatischer Carbonsäuren ergeben eine Gerade (aus: Schwedt p394)
Kenngrößen eines Chromatogramms I<br />
Verteilungskoeffizient K, Konzentration in stationärer Phase c s, in mobiler Phase c M<br />
K=c S/c M<br />
tM (Mobilzeit oder besser Durchflußzeit), auch kurz Totzeit, enthält die Verweilzeit vom<br />
effektiven Injektionspunkt bis zum effektiven Detektionspunkt.<br />
Totale Retentionszeit tR: Detektion der gesuchten<br />
Komponente<br />
(aus: Otto p437)
Kenngrößen eines Chromatogramms II<br />
Mittlere Wanderungsgeschwindigkeit einer Komponente, v<br />
bzw. <strong>für</strong> die Moleküle der mobilen Phase, u:<br />
L: Länge der Säulenpackung<br />
Die Retention einer Substanz entspricht der<br />
Aufenthaltswahrscheinlichkeit in der mobilen Phase:
Kenngrößen eines Chromatogramms III<br />
Mit Verteilungskoeffizienten, K=c S/c M:<br />
Kapazitätsfaktor, k´‚ (auch Retentionsfaktor), entspricht einen nach experimentellen<br />
Bedingungen korrigierten Verteilungskoeffizienten<br />
Der Quotient V M/V S wird als Phasenverhältnis ß bezeichnet<br />
Oben eingesetzt ergibt :<br />
Damit direkter Zusammenhang<br />
Wanderungsgeschwindigkeit mit Verteilungskoeffizienten
Aus:<br />
Kenngrößen eines Chromatogramms IV<br />
Ergibt sich:<br />
Umgerechnet:<br />
Typischerweise liegt der Kapazitätsfaktor k´ zwischen 1 und 10<br />
Trennfaktor (auch Selektivitätsfaktor):
Die chromatographische Theorie:<br />
Beschreibung der Trennleistung einer Säule<br />
MARTIN und SYNGE (Nobelpries 1952): Einführung der Begriffe Trennstufenhöhe und<br />
Trennstufenzahl. Eine Einstellung des Gleichgewichtes zwischen stationärer und<br />
mobiler Phase entspricht einem „theoretischen Trennstufen-Boden“.<br />
Als Trennstufenhöhe, H, oder theoretische Bodenhöhe wird das Verhältnis der Varianz<br />
des Peaks (Varianz entsprechend einer GAUSS-Verteilung, als Quadrat der<br />
Standardabweichung σ) und der Wanderungsstrecke (Säulenlänge, L, oder<br />
Retentionszeit, t R) verstanden (Länge in cm, Zeit in Sekunden):<br />
Die Trennstufenzahl, N, ergibt sich aus der Trennstufenhöhe, H, und der Länge der<br />
Säule, L, zu:
Beschreibung der Trennleistung einer Säule II<br />
Ermittlung der Standardabweichung σ als Maß <strong>für</strong> die Peakbreite aus dem<br />
Chromatogramm über die Basislinienbreite w=4 σ t oder die<br />
Halbwertsbreite b 1/2 (Breite des Peaks in halber Peakhöhe h).<br />
Die Trennstufenzahl kann aus einem Chromatogramm praktisch am besten durch<br />
Ausmessen der Retentionszeit und der Halbwertsbreite b 1/2 des Peaks ermittelt<br />
werden: N=5,54(t R/b 1/2) 2<br />
(aus: Otto p440)
Kinetische Theorie: Zusammenhang zwischen Trennstufenhöhe<br />
und Lineargeschwindigkeit<br />
(aus: Otto p442)
Kinetische Einflüsse zur Peakverbreiterung I<br />
Größen, die durch die jeweiligen experimentelle Bedingungen definiert werden:
Kinetische Einflüsse zur Peakverbreiterung II<br />
abgeleitete Größen
Kinetische Einflüsse zur Peakverbreiterung III<br />
Van Deemter-Gleichung<br />
(modifiziert):<br />
Trennstufenhöhe<br />
Massenübertragung<br />
von und zu stationärer Phase<br />
Massenübertragungsterm<br />
der mobilen Phase<br />
Longitudinaldiffusion<br />
(aus: Otto p444)
Effektive Trennungen in kurzen Zeiten:<br />
• Geringe Korngrößen fester bzw. geringe Filmdicken immobilisierter flüssiger<br />
stationärer Phasen<br />
• Homogen Packungen der stationären Phase unter Verwendung engverteilter<br />
Packungsmaterialien<br />
• Kleine Säulendurchmesser<br />
• Große Diffusionskoeffizienten in der stationären Phase und kleine<br />
Diffusionskoeffizienten in der mobilen Phase
Die Auflösung R S als Maß <strong>für</strong> die Peaktrennung<br />
Trennung von zwei Gauß-artigen<br />
Peaks unter Verwendung ihrer<br />
Basisbreiten ω<br />
Für gilt:<br />
Daraus folgt:<br />
(aus: Otto p446)
Optimierung einer Trennung:<br />
Unabhängige Optimierung der Auflösung<br />
durch Variation von Trennfaktor α,<br />
Kapazitätsfaktor k‘ und<br />
Trennstufenzahl N (bzw. H):<br />
• Variation der Temperatur in GC oder<br />
Zusammensetzung der mobilen Phase bzw.<br />
Wechsel der stationären Phase<br />
in LC <strong>für</strong> α und k‘<br />
• Säulenlänge <strong>für</strong> N bzw. Trennstufenhöhe, diese wird beeinflusst durch<br />
Strömungsgeschwindigkeit, Korngröße, Viskosität der Phasen und damit<br />
Diffusionskoeffizienten
Die Peakkapazität gibt die Anzahl<br />
der Peaks wieder, die bei<br />
Aneinanderreihung<br />
basisliniengetrennter Peaks auf<br />
einer definierten Trennstrecke<br />
Platz finden<br />
Peakkapazität<br />
(aus: Otto p449)
Gaschromatographie<br />
Trägergasfluss bei gepackten Säulen 25-150 mL min -1<br />
bei Kapillaren 1-25 mL min -1<br />
(aus: Otto p454)
Liner: Verdampfungsröhrchen<br />
Einspritzvolumen 0.5-20µl<br />
Bei Kapillaren bis zu 1nl möglich<br />
(Splitinjektionssysteme)<br />
Probengeber, Säulen<br />
Trennsäulen: Stahl, Glas, v.a. aber Quarz<br />
(fused silica)<br />
Gepackte Säulen: 3-8mm Durchmesser;<br />
1-3m Länge<br />
Kapillarsäulen: kein Trägermaterial, nur<br />
Oberfläche beschichtet,<br />
0,15-1mm Durchmesser, bis 100m lang<br />
(aus: Otto p455)
Detektoren I<br />
• Wärmeleitfähigkeitsdetektor: Wärmeleitfähigkeit von Helium<br />
oder Wasserstoff (Trägergas) ist 6-10 mal höher als <strong>für</strong><br />
organische Verbindungen. Gemessen wird die<br />
Widerstandsänderung an einem Heizdraht.<br />
• Flammenionisationsdetektor: Gemessen wird die Änderung<br />
der elektrischen Leitfähigkeit einer Wasserstofflampe in<br />
einem elektrischen Feld bei der Zuführung organischer<br />
Verbindungen. Solche werden in der Wasserstofflampe<br />
pyrolysiert und bilden bei Oxidation mit Sauerstoff Ionen aus.<br />
Der Ionenstrom wird über eine Sammelelektrode als<br />
Spannungsabfall aufgezeichnet.<br />
• Elektronenanlagerungsdetektor (Electron Capture Detector<br />
ECD): β-Strahler wie Tritium oder 63Ni erzeugen eine<br />
kontinuierliche Elektronenwolke im Trägergas. Organische<br />
Verbindungen mit elektrophilen Gruppierungen (Halogene,<br />
Peroxide, Chinone, Nitrogruppen…) können Elektronen<br />
einfangen.<br />
(aus: Otto p457)
Detektoren II<br />
Spezielle Detektoren:<br />
Thermoionischer Detektor (TID): Hochspezifischer Flammen-Detektor mit Rubidiumhaltiger<br />
Glasperle an glühendem Platindraht, v.a. Nachweis von Stickstoff und Phosphor<br />
Flammenphotometrischer Detektor (FPD): Messung des Emissionslichtes bei<br />
Verbrennung in Wasserstoff-Luft-Flamme<br />
Atomemissionsdetektor (AED): nach Atomisierung und und Anregung in Helium-<br />
Mikrowellenplasma wird Element-spezifisches Emissionslicht im Photometer bestimmt.<br />
Massenspektrometrischer Detektor (MS): Bestimmung von m/z
(aus: Otto p461)<br />
Gas-Flüssig-Chromatographie<br />
WCOT: Wall Coated Open Tubular (Dünnfilmkaplliare)<br />
SCOT: Support Coated Open Tubular (Flüssigkeit befindet sich<br />
auf poröser Trägerschicht)<br />
Desaktivierung von Kieselgeloberflächen: zB. Umsetzung von<br />
Silanolgruppen mit Dichlorsilan und Methanol
Trennflüssigkeiten
Typische Wechselwirkungen zwischen den<br />
Analyten und der stationären Phase<br />
• unspezifische Dispersionskräfte (LONDON-Kräfte), die <strong>für</strong> die Alkane oder <strong>für</strong><br />
Benzol typisch sind;<br />
• Orientierungskräfie (KESSOM-Kräfte) zwischen permanenten Dipolen, z. B. bei<br />
Wasserstoffbrückenbindungen;<br />
• Induktionskräfte (DEBYE-Kräfte) zwischen permanenten und induzierten Dipolen;<br />
• Chemische Bindungskräfte in Form von Ladungs-Übertragungs-Komplexen etwa<br />
zwischen einem Aromat und dem Metallion einer chiralen Phase.
Bestimmung von Retentionsindex nach KOVATS<br />
Definitionsgemäß haben die n-Alkane bei jeder Temperatur auf allen Trennsäulen<br />
einen Index von 100 mal die betrefende Kohlenstoffzahl, (zB n-Hexan: 600)<br />
(aus: Otto p466)
Einfluss von Temperatur/Gradient<br />
(aus: Otto p469)
Hochleistungsflüssigchromatographie (HPLC)<br />
(aus: Otto p475)
Funktionseinheiten <strong>für</strong> HPLC<br />
(aus: Otto p477)
(aus: Otto p480, 482)<br />
Detektoren
Elektrochemische Detektoren:<br />
(aus: Otto p483)<br />
Konduktometrische Detektion <strong>für</strong> Ionenchromatographie<br />
mit Durchflusskonduktometer<br />
Voltammetrische Detektion: Aufzeichnung von Strom-Spannungskurven<br />
Amperometrische Detektion: <strong>für</strong> alle Stoffe einsetzbar, die sich im Potentialbereich<br />
der Arbeitselektrode oxidieren oder reduzieren lassen.<br />
Nachteil: ev. reaktive Umsetzung (Vergiftung) der Elektrodenoberfläche
Verteilungschromatographie;<br />
Normalphasen/Umkehrphasen- Chromatographie<br />
Normalphase:<br />
stationäre Phase hydrophil<br />
mobile Phase hydrophob<br />
Umkehrphase:<br />
stationäre Phase hydrophob<br />
(C18: Länge der Kohlenstoffkette)<br />
mobile Phase hydrophil<br />
(aus: Otto p486)
Lösungsmittelgemische, eluotrope Reihe
Gelchromatographie<br />
Anwendungen: Größendiskriminierung von<br />
Komplexen, Entsalzung von Proteinlösungen<br />
(aus: Otto p500, 505)
Adsorptionschromatographie<br />
Grundlage der Retention sind nicht verschiedene Löslichkeiten,<br />
sondern Adsorptionsvorgänge an der Oberfläche der stationären Phase<br />
Adsorption läuft lokalisiert an aktiven<br />
Zentren der Oberfläche ab.<br />
Bewertung von Solventien durch<br />
Elutionsstärke ε statt Polaritätsindex.<br />
Die Elutionsstärke ist ein Maß <strong>für</strong> die<br />
Adsorptionsenergie des Solvens pro<br />
Fläche<br />
Durch Adsorptionschromatographie ist<br />
die Trennung auch von<br />
Stellungsisomeren bzw.<br />
Stereoisomeren möglich
Ionenaustauschchromatographie I<br />
Ionenaustauscher sind Makromoleküle, wie zB Co-Polymerisat aus Sterol und<br />
Divinylbenzol, mit kationischen bzw. anionischen funktionellen Gruppen.
Ionenaustauschchromatographie II<br />
zB. Auftrennung von Metallionen als Chlorokomplexe an basischem<br />
Anionenausauscher<br />
Die Elution erfolgt durch stufenweise geringere Salzsäurekonzentrationen.<br />
Die Reihenfolge entspricht der Stabilität der Chlorokmplexe<br />
(aus: Otto p496)
Ionenchromatographie mit Suppressorsäule<br />
Ionen werden konduktometrisch detektiert, die Konzentration eluierter Ionen<br />
liegt aber oft weit unter der Ionenkonzentration des Eluenten.<br />
Daher: Kopplung mit Suppressorsäule, welche Ionen des Eluenten in<br />
ungeladene Moleküle umwandelt:<br />
Für Bestimmung von Anionen Einsatz von Kationentauscher in der sauren<br />
Form (der Eluent besteht aus NaHCO3/Na2CO3): Die zu bestimmenden Ionen wie Cl - oder NO 3 - gehen im Suppressor keine<br />
Reaktion ein, sie können daher über ihre Leitfähigkeit empfindlich bestimmt<br />
werden.