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Übung im Bürgerlichen Recht für Anfänger - Universität Leipzig

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Nach herrschender Meinung muss der Mitteilende nach § 171 Abs. 1 BGB <strong>im</strong><br />

Zeitpunkt der Mitteilung zumindest geschäftsfähig sein. Dies begründet sich<br />

dadurch, dass in der Mitteilung und damit auch in der Übergabe der Vollmachtsurkunde<br />

nach § 172 Abs. 1 BGB, der auf § 171 BGB verweist, eine<br />

rechtsgeschäftsähnliche Handlung zu sehen ist. Auf eine solche sind die Vorschriften<br />

der §§ 104 ff. und §§ 119 ff. BGB anwendbar. Damit scheidet eine<br />

<strong>Recht</strong>sscheinsvollmacht gegenüber einem Geschäftsunfähigen nach §§ 104<br />

Nr. 2 i V. m. § 105 Abs. 1 BGB oder einem <strong>im</strong> vorübergehenden Zustand der<br />

Geistesstörung befindlichen Vertretenen (§ 105 Abs. 2 BGB) aus, da deren<br />

Kundgaben unwirksam sind.<br />

Weiterhin spricht da<strong>für</strong>, dass der Geschäftsunfähige noch vor dem Vertragspartner<br />

den Schutz der <strong>Recht</strong>sordnung genießt. Anderenfalls könnten die<br />

§§ 104 ff. BGB ausgehebelt werden.<br />

Von einer Mindermeinung wird angenommen, dass die Kundgabe der Innenvollmacht<br />

und die Aushändigung und Vorlage einer Vollmachtsurkunde eine<br />

Wissenserklärung ist, die zu einem <strong>Recht</strong>sschein führt, der nachträglich nicht<br />

durch Anfechtung beseitigt werden kann. Bei Geschäftsunfähigkeit stellt diese<br />

Meinung dann darauf ab, ob der veranlasste <strong>Recht</strong>sschein zurechenbar ist.<br />

Dies ist aber gerade dann nicht der Fall, wenn eine rechtsgeschäftsähnliche<br />

Handlung eines Geschäftunfähigen vorliegt. Diese kann nicht vom Willen des<br />

Geschäftsunfähigen gesteuert werden, sodass eine Zurechnung entfällt.<br />

Medicus führt nachvollziehbar an, dass die Tatbestände der §§ 171 Abs. 1,<br />

172 Abs. 1 BGB den Vertretenen nicht stärker binden können und dürfen als<br />

eine von ihm erklärte Außenvollmacht. Es sei kein Grund ersichtlich den Ver-<br />

tragspartner stärker zu schützen, als wenn eine Außenvollmacht vorliegen<br />

würde. Daher ist von der Anfechtbarkeit der Kundgabe oder<br />

Vollmachtserteilung auszugehen. Wäre eine Außenvollmacht nach § 105<br />

Abs. 2 BGB nichtig, so muss dies auch <strong>für</strong> die Tatbestände der §§ 171 Abs. 1,<br />

172 Abs. 1 BGB geltend. Danach wäre die Kundmachung durch eine Vollmachtsurkunde<br />

hier wirkungslos, ein <strong>Recht</strong>sschein entsteht nicht.<br />

Alle Ansichten kommen zum gleichen Ergebnis. Durch die Aushändigung und Vorlage<br />

der Vollmachtsurkunde wird daher nur dann ein <strong>Recht</strong>sschein gesetzt, wenn der<br />

Vollmachtgeber <strong>im</strong> Zeitpunkt der Aushändigung der Vollmachtsurkunde rechtsge-

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