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Klein, M. (2000).

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<strong>Klein</strong>, M. (<strong>2000</strong>). Alkohol und Familie: Forschung und Forschungslücken [Alcohol and the family:<br />

Research update and research needs]. In: Kruse, G., Körkel, J. & Schmalz, U. Alkoholabhängigkeit<br />

erkennen und behandeln. Bonn: Psychiatrie-Verlag, S. 139 – 158.<br />

Michael <strong>Klein</strong><br />

Alkohol und Familie: Forschung und Forschungslücken<br />

Angehörige von Suchtkranken leben in einer besonders schwierigen Lebsnssituation:<br />

Sie leiden unter den Folgen der Sucht und werden oft noch für das Leiden ihres<br />

suchtkranken Partners (mit)verantwortlich gemacht. Daher ist es nicht verwunderlich,<br />

dass Angehörige, die meist nicht unter der Intoxikationswirkung von Drogen stehen,<br />

stärker und bewusster in der Familie leiden als die betroffenen Suchtkranken selbst.<br />

Entsprechende Studien zeigen eine verstärkte psychosoziale Belastung bei<br />

Angehörigen von Suchtkranken (z.B. Moos et al., 1982). Obwohl eine erste<br />

wissenschaftliche Studie zur Situation der Angehörigen von Suchtkranken schon vor<br />

dem 1. Weltkrieg veröffentlicht worden war (Heron, 1912), wurde die<br />

Fachöffentlichkeit insgesamt erst spät auf die Situation der Angehörigen von<br />

Suchtkranken aufmerksam und die Wissenslage ist heute noch, wie die folgenden<br />

Ausführungen zeigen werden, recht defizitär.<br />

In den Selbsthilfegruppen, speziell den sogenannten Angehörigengruppen,<br />

dominieren bis heute populärwissenschaftliche Modelle bezüglich der Rolle von<br />

Angehörigen von Suchtkranken. Zu einem nicht unwesentlichen Teil werden diese<br />

Vorstellungen auch in psychosozialen Helferkreisen zur Erklärung des<br />

Angehörigenverhaltens benutzt. Die Modelle besagen zumeist, dass Angehörige von<br />

Suchtkranken abhängige und selbstunsichere Persönlichkeiten sind, die sich trotz<br />

besseren Wissens nicht von ihren trinkenden Partnern zu lösen vermögen, sondern<br />

diese vielmehr noch durch unbewusstes, aber auch ungeeignetes Verhalten in der<br />

Abhängigkeit bestärken. Dies entspricht der monolithischen Vorstellung vom<br />

Angehörigen als "Co" (= Co-Abhängigen), eines Menschen mit einem klar<br />

vorhersagbaren Persönlichkeitsbild mit stark problematischen Zügen und<br />

pathologischem Interaktionsverhalten. Dabei liegen längst empirische Belege für die<br />

Heterogenität nicht nur der Gruppe der Alkoholabhängigen, sondern auch der<br />

Familien mit einem Alkoholabhängigen vor (z.B. von Villiez, 1986). Andere<br />

Untersuchungen haben gezeigt, dass die Partner von Suchtkranken durchaus in<br />

einem normalen Wertebereich, was ihre Persönlichkeit und Psychopathologie betrifft,<br />

liegen können (Paolino et al., 1976). Geradezu sträflich hat die Suchtforschung den


Bereich der Angehörigen bisher vernachlässigt, was entscheidend zur Persistenz der<br />

zahlreichen unüberprüften "Szene-Ideologien" beigetragen haben dürfte.<br />

Dementsprechend überwiegen dann populärwissenschaftliche Beiträge, die<br />

entweder ausschließlich auf Eigenerfahrung basieren oder seit Jahrzehnten<br />

vorhandene klinische Einsichten unüberprüft wiederholen. Entsprechende Buchtitel<br />

lauten dann für den Bereich der Partner von Suchtkranken z.B. "Ertrunkene Liebe",<br />

"Der Kuss der Selene", "Wiegenlied mit Spätfolgen", "Die Liebesgeschichte des<br />

Jahrhunderts" oder "Verstrickt in die Probleme anderer", "Herr Alkohol & Frau Co.",<br />

"Die Sucht gebraucht zu werden", "Wenn Frauen zu sehr lieben" usw. Beim Thema<br />

"Kinder von Suchtkranken" herrschen ähnlich hochemotionalisierte Buch- und<br />

Zeitschriftenartikel vor. Einige Beispiele lauten: "Die vergessenen Kinder", "Die<br />

armen Kinder", "Süchtig geboren", "Um die Kindheit betrogen", "Alles total geheim!"<br />

usw.<br />

In wichtigen Fachbüchern wird das Angehörigenthema jedoch gar nicht oder oft nur<br />

am Rande abgehandelt. In "Alkoholkonsum und Gemeinwohl" (Edwards et al., 1997),<br />

einem führenden Werk zur epidemiologischen Suchtforschung, tauchen die<br />

Angehörigen lediglich als die Opfer alkoholbedingter Gewalthandlungen auf. Im<br />

"Lehrbuch der Suchterkrankungen" (Gastpar et al., 1999) taucht der Angehörige des<br />

Suchtkranken noch nicht einmal im Stichwortverzeichnis auf.<br />

Das offensichtliche Vorherrschen stark affektiv besetzter populärwissenschaftlicher<br />

Beiträge verweist deutlich auf die Vernachlässigung, bisweilen Verleugnung, des<br />

Themas "Angehörige von Suchtkranken" durch Wissenschaft und Forschung. Der<br />

vorliegende Beitrag soll daher die bisher vorhandenen Forschungsresultate<br />

darstellen und eine Analyse der derzeitigen Problemkonzeptionalisierung liefern.<br />

Wer ist ein Angehöriger eines Suchtkranken?<br />

Unter Angehörigen von Suchtkranken werden in der Regel die nahestehenden<br />

Verwandten gefasst. Präziser und daher für die Praxis relevanter ist die Vorstellung,<br />

dass es sich um jene Menschen handelt, die in einer dauerhaften Gemeinschaft mit<br />

einer Person leben, die entweder Suchtmittel missbraucht oder von diesen abhängig<br />

ist. Als solche kommen in erster Linie (Ehe-)Partner und Kinder in Frage. Auf diese<br />

beiden Personengruppen wird im folgenden mit dem Akzent "Partner und Kinder von<br />

süchtigen Alkoholkonsumenten" ausführlich eingegangen. Andere relevante<br />

Personengruppen, wie z.B. die Eltern oder Partner von Drogenabhängigen, werden<br />

im Rahmen dieses Beitrags nicht behandelt. Ihre Erwähnung an dieser Stelle soll<br />

jedoch die Breite des Feldes der betroffenen Personen verdeutlichen. Einer der<br />

vielen Aspekte der Heterogenität des Angehörigenproblems ist in der hier kaum zu<br />

berücksichtigenden Gruppe der Partner von Drogenabhängigen zu sehen. Diese<br />

Personengruppe, zumeist Frauen, hat neben den allgemein gültigen Auswirkungen<br />

von Suchterkrankungen ihres Partners, wie sie im folgenden für die Partner von


Alkoholabhängigen beschrieben werden, noch unter den Besonderheiten der<br />

illegalisierten Drogenszene (z.B. Beschaffungsdruck, Verführung zum Eigenkonsum<br />

["anfixen"], Kriminalität und Beschaffungsprostitution) zu leiden.<br />

Zahlen zum Thema Angehörige von Suchtkranken<br />

Es gibt mehr Menschen, die im Umfeld von Suchtkranken leben als Suchtkranke<br />

selbst. Dieses oft übersehene Faktum unterstreicht die Notwendigkeit einer<br />

realistischen Wahrnehmung und Erforschung der Situation dieser Menschen<br />

genauso wie die Bedeutung von frühzeitigen adäquaten Hilfen. Die Suchthilfe hat<br />

sich bislang zu wenig auf die Situation und Bedürfnisse der Personen im Umfeld von<br />

Suchtkranken eingestellt (<strong>Klein</strong>, 1997). Dies ist umso erstaunlicher, als dass seit<br />

mehr als 10 Jahren systemische Erklärungs- und Behandlungskonzepte in weiten<br />

Bereichen der Suchthilfe dominieren. Diese betonen bekanntermaßen die Wichtigkeit<br />

des Interaktionsumfelds von Menschen bei der Entstehung dysfunktionaler<br />

Symptome.<br />

Im einzelnen ist davon auszugehen, dass mehr als 1.3 Millionen Menschen mit<br />

einem Alkoholabhängigen in einer Partnerschaft zusammenleben. Von diesen<br />

Partnern dürften zwei Drittel Frauen sein. Weitere 1.8 bis 2.0 Millionen Kinder und<br />

Jugendliche im Alter bis zu 18 Jahren sind betroffen. Bei etwa 0.15 Millionen<br />

Abhängigen von illegalen Drogen sind weiterhin bis zu 0.3 Millionen Eltern als<br />

Angehörige betroffen.<br />

Angehörige von Suchtkranken weisen nach Meinung vieler Kliniker ein höheres<br />

Ausmaß an psychischen Störungen auf, was sowohl prä- als auch postmorbid in<br />

Bezug auf die Suchtstörung ihres Angehörigen bedingt sein könnte. Dieser Eindruck<br />

ist jedoch möglicherweise durch die Tatsache verzerrt sein, dass es sich dabei<br />

ausschließlich um die Partner von behandelten Suchtkranken handelt, also um eine<br />

selektive Gruppe. In der Tat zeigen Studien zur Frage von Persönlichkeitsstörungen<br />

bei Ehefrauen von Alkoholikern, dass nur etwa die Hälfte auffällige<br />

Persönlichkeitszüge aufweist. Kogan et al. (1963) hatten 50 Frauen aus<br />

Selbsthilfegruppen und 50 Frauen aus einer Normalpopulation verglichen. Die<br />

Ehefrauen der Alkoholabhängigen zeigten zwar häufiger Störungen, bei jedem<br />

gemessenen Merkmal war aber höchstens die Hälfte der Frauen auffällig. Bestimmte<br />

dominierende Persönlichkeitsmuster konnten nicht gefunden werden.


Im folgenden werden die beiden wesentlichen Angehörigengruppen, Partner und<br />

Kinder von Alkoholikern, bezüglich ihrer Merkmale, Symptome und Risiken<br />

ausführlicher dargestellt.<br />

I. Partner von Suchtkranken<br />

Partner von Suchtkranken wurden seit dem Beginn der Selbsthilfebewegung für<br />

Angehörige ("Al-Anon"), d.h. seit etwa 1950, allmählich als eigenständige<br />

Problemgruppe wahrgenommen. Allzu oft jedoch dienten die Partnerinnen von<br />

Alkoholikern als Mittel zum Zweck, mit dem die Therapie des Suchtkranken<br />

effektiver, konfrontativer und realistischer gestaltet werden konnte, ohne dass für den<br />

Angehörigen selbst ein Bedürfnis nach Hilfe gesehen wurde oder dass sie direkt Hilfe<br />

erhalten hätten. Immer wieder wird für Angehörige von Alkoholikern die Abhängigkeit<br />

vom Partner als stärkstes persönliches Problem formuliert. Fengler (<strong>2000</strong>, 93) liefert<br />

einige Fallbeispiele für die starke Abhängigkeit von Angehörigen von Suchtkranken:<br />

"So ermahnte eine Frau immer wieder erfolglos ihren Mann, weniger zu trinken, und<br />

bezog immer wieder Prügel von ihm. Ein Mann lernte am Tag der Scheidung von<br />

einer heroinabhängigen Frau eine andere heroinabhängige Frau kennen und<br />

beschloss spontan, sie als Partnerin bei sich aufzunehmen". Diese Fallbeispiele<br />

führen zum Konzept der Co-Abhängigkeit, einer spezifischen Form der Abhängigkeit,<br />

wie sie für Partner von Suchtkranken als Charakteristikum formuliert wurde.<br />

Co-Abhängigkeit<br />

Mit den Fortschritten in der Kommunikationsforschung seit 1965 wurde die Rolle der<br />

Partner von Suchtkranken kritisch thematisiert. In diesen frühen Arbeiten zur<br />

Interaktion in suchtbelasteten Familien kristallisierte sich auch das bisweilen negativ<br />

missbrauchte Zerrbild des "Komplizen" heraus, einer Person, die – meist unbewusst<br />

– durch ungeeignete Verhaltensweisen vor dem Hintergrund eigener Defizite das<br />

Leiden des Suchtkranken (!) weiter verlängert. Bislang hat sich jedoch nicht<br />

empirisch zeigen lassen, dass dieses Verhaltensmuster auf die Gruppe der Partner<br />

von Suchtkrankeninsgesamt zutrifft.<br />

Co-Abhängigkeit bezeichnet nach Fengler (1994) Haltungen und Verhaltensweisen<br />

von Personen, die durch Tun und Unterlassen dazu beitragen, dass der süchtige<br />

oder suchtgefährdete Mensch süchtig oder suchtgefährdet bleiben kann. Andere<br />

Autoren sehen Co-Abhängigkeit als eine Persönlichkeitsstörung, die durch die


pathologische Abhängigkeit von einer anderen Person gekennzeichnet ist<br />

(McGovern & DuPont, 1992). In vielen Fällen kann diese Abhängigkeit von der<br />

anderen Person, also vom suchtkranken Partner, zu selbstschädigenden und –<br />

erniedrigenden Verhaltensweisen führen. Allerdings sind diese Annahmen bislang<br />

nicht ausreichend empirisch belegt worden und stützen sich ausschließlich auf<br />

klinische Beobachtungen. Die Autoren führen an anderer Stelle (DuPont &<br />

McGovern, 1991), ebenfalls vor dem Hintergrund klinischer Einzelfallstudien, aus,<br />

dass Co-Abhängigkeit eine behandelbare Persönlichkeitsstörung darstellt, die durch<br />

ein Muster zwanghafter Verhaltensweisen nach Anerkennung durch andere zum<br />

Zwecke der Erlangung von Sicherheit, Selbstwert und Identität gekennzeichnet ist.<br />

Cermak (1991) sieht Co-Abhängigkeit als ein Muster von<br />

Persönlichkeitseigenschaften an, die sich auf der Basis mangelndem Selbstbezugs<br />

("anti-narzisstisch") komplementär, d.h. optimal, zu Suchtstörungen mit ihrem hohen<br />

Ausmaß an selbstbezogenen, bisweilen egoman wirkenden, Symptomen ergänzen.<br />

Whitfield (1984) sieht Co-Abhängigkeit als eine Erkrankung bzw. ein unangepasstes,<br />

problematisches, dysfunktionales Verhalten einer Person, die durch<br />

Zusammenleben, Zusammenarbeit oder in anderer Weisen in enger Verbindung mit<br />

einem Alkoholkranken steht. Kern dieser Definition ist also die spezifische<br />

Interaktion, die im Umfeld eines Alkoholabhängigen entsteht. Diese kann für den<br />

Angehörigen zu einem Stressfaktor werden, durch den sich eigenständige<br />

Erkrankungen (z.B. im psychosomatischen Bereich) entwickeln.<br />

Die Ambivalenz der Co-Abhängigkeit wird in folgender Definition deutlicher<br />

unterstrichen: "Er/sie ist ein Kompagnon, ein unwissentlich Verbündeter des<br />

Abhängigen und ein doppelter Teilhaber an der Krankheit: Er kriegt "seinen Teil ab"<br />

und er trägt ungewollt seinen Teil dazu bei, dass die Abhängigkeit sich festigt"<br />

(Schneider, 1996, 77).<br />

Als einzelne Problemverhaltensweisen eines Co-Abhängigen werden benannt:<br />

• Übermäßig Verantwortung für den Abhängigen übernehmen.<br />

• Das Verhalten des Abhängigen selbst in Anbetracht offener Widersprüche und<br />

Inkonsistenzen entschuldigen und rechtfertigen.<br />

• Dem Abhängigen Belastungen abnehmen oder ersparen wollen.<br />

• Das Verhalten des Abhängigen kontrollieren, indem man ständig Verstecke, in<br />

denen der Abhängige seine Suchtmittel verbergen könnte, sucht.<br />

• Den Abhängigen zwanghaft von Alkohol, Kauforten und Trinkanlässen<br />

fernhalten.<br />

• Den Abhängigen beim Lügen ertappen wollen, ihm ständig misstrauen und ihn<br />

bekehren wollen.<br />

• Selber unaufrichtig dem Abhängigen, anderen Personen oder sich selbst<br />

gegenüber sein, was Tatsachen und Gefühle bezüglich der Abhängigkeit und<br />

der eigenen Rolle betrifft.<br />

Die aufgelisteten Definitionen co-abhängigen Verhaltens machen einerseits die<br />

Tendenzen zum abhängigen Verhalten vor dem Hintergrund einer oft<br />

beeinträchtigten Persönlichkeit deutlich und unterstreichen die Möglichkeit der


Ambivalenz dieser Rolle. Sie sind jedoch zu wenig differenziert und berücksichtigen<br />

zu wenig die Möglichkeiten der Flexibilität und Adaptabilität im menschlichen<br />

Verhalten.<br />

Versuche, eine eigene klinische Störung "Co-Abhängigkeit" zu operationalisieren, hat<br />

es wiederholt gegeben (z.B. Cermak, 1991). Diese sind jedoch bislang an<br />

Reliabilitäts- und Validitätsproblemen gescheitert. So zeigte sich, dass der von<br />

Potter-Efron & Potter-Effron (1989) entwickelte Co-Abhängigkeitsfragebogen CAQ<br />

(Codependency Assessment Questionnaire) fast nur Merkmale des Neurotizismus<br />

und von Stresserleben misst (Gotham & Sher, 1996) und daher keine eigenständige<br />

Kategorie "Co-Abhängigkeit" begründen kann.<br />

Auch die große Heterogenität der Gruppe der Angehörigen wurde bislang zu wenig<br />

erfolgreich in Form empirisch abgesicherter Subtypen erfasst. Solange keine<br />

verlässlichen Subgruppen von Angehörigenverhaltensweisen festgestellt werden und<br />

das Konzept nicht verlässlich diagnostizierbar ist, wird das Co-Abhängigkeitskonzept<br />

nicht als wissenschaftlich sinnvolle Kategorie anzusehen sein.<br />

Selbstreflexion für Partner von Alkoholabhängigen<br />

Angehörigen von Suchtkranken kann im Sinne einer Selbstüberprüfung ihrer<br />

Lebenssitaution und ihres Veränderungswunsches folgender Fragenkatalog<br />

vorgelegt werden (modifiziert nach Arenz-Greiving, 1998):<br />

1. Wodurch war Ihre Rolle im Elternhaus bestimmt? Waren Sie derjenige, der<br />

Verantwortung für andere übernahm, viel leistete, vermittelte, sich ständig<br />

Anerkennung verdiente?<br />

2. Was gefiel Ihnen an Ihrem Partner, als Sie sich kennenlernten bzw.<br />

heirateten? Gehörte dazu, dass er von Ihnen erwartete, umsorgt und gestützt<br />

zu werden, dass er sich gehen lassen konnte und Sie für ihn Verantwortung<br />

übernahmen?<br />

3. Was hat Ihrer Meinung nach Ihrem Partner beim Kennlernen bzw. bei der<br />

Heirat besonders an Ihnen gefallen? Was hat er sich von Ihnen erhofft?<br />

Spielten Eigenschaften Ihrerseits wie Fürsorge, Opferwille, Tüchtigkeit und<br />

Bescheidenheit eine starke Rolle?<br />

4. In welchem Umfang hat Ihr Partner dafür gesorgt, dass sich Ihr Leben<br />

entfalten konnte? Hat er Ihnen Unterstützung bei der Verwirklichung Ihrer<br />

Lebensträume gegeben? Hat er Ihre Neigungen gefördert, Ihre Bildung, Ihre<br />

berufliche Karriere?


5. Was haben Sie von Ihrem Partner für sich selbst erwartet? Hatten Sie<br />

Ansprüche an ihn, oder waren Sie eher zufrieden, dass sie ihn als Partner<br />

gewonnen hatten und dass Sie für ihn dasein konnten?<br />

6. Aus welchen Quellen bezogen Sie Selbstwert? Sind es vorwiegend die<br />

Verantwortung und die Fürsorge für andere? Wie stünde es um Ihren<br />

Selbstwert, wenn dies wegfiele?<br />

7. Was tun Sie für sich persönlich, für die Entfaltung und Pflege Ihrer<br />

individuellen Interessen und Neigungen?<br />

8. Stimmt das Bild, das Sie nach außen abgeben, mit Ihrem persönlichen<br />

Selbstbild überein oder spielen Sie anderen gewöhnlich etwas vor?<br />

9. Haben Sie sich Mühe gegeben, das Alkoholproblem Ihres Partners nicht<br />

öffentlich werden zu lassen? Wie haben Sie dies getan?<br />

10. Welche Bereiche Ihres Lebens sind durch die Alkoholabhängigkeit Ihres<br />

Partners verkümmert? In welchen Bereichen haben Sie zurückstecken<br />

müssen und sich nicht selbst entfalten können?<br />

11. Hat es durch das Trinken Ihres Partners auch Vorteile für Sie gegeben? Sind<br />

Sie selbstständiger, kompetenter, unabhängiger geworden? Werden Sie von<br />

anderen anerkannt, weil Sie so tüchtig sind und bei Ihrem Partner bleiben?<br />

12. Womit befassen Sie sich gedanklich am meisten? Geht es um Ihren Partner,<br />

sein Trinken und die drohenden Konsequenzen oder sind Sie frei für andere<br />

Gedanken?<br />

13. Wer oder was bestimmt vorwiegend Ihr Ehe- und Familienleben?<br />

14. Leiden Sie unter dem übermäßigen Drang, Ihren Partner zu kontrollieren?<br />

Begegnen Sie ihm mit Misstrauen und Hassgefühlen?<br />

In diesem Fragenkatalog sind typische Lebenserfahrungen und –risiken von Partnern<br />

von Alkoholikern thematisiert. Wenn der Angehörige viele dieser Fragen mit<br />

Antworten auf co-abhängige Tendenzen beantwortet, so ist dies als ein Anreiz für<br />

Veränderungen (durch Selbst- oder Fremdhilfe) zu sehen. Die vertiefte<br />

Selbstreflexion soll den Angehörigen dabei helfen, seine Situation besser zu<br />

erkennen und zu bewerten.<br />

Partnerinteraktion<br />

Im Umfeld von Alkoholkranken realisieren sich wie auch bei anderen dysfunktionalen<br />

Systemen besonders rigide Interaktionsmuster, die wegen ihrer<br />

Veränderungsresistenz auch als "Interaktionsfiguren" bezeichnet werden. Da die<br />

Angehörigen von Suchtkranken wegen ihrer besonderen Nähe zum Suchtkranken<br />

besonders stark den emotionalen Belastungen des Zusammenlebens mit einem<br />

Suchtkranken ausgesetzt sind, lassen sich an ihnen die relevanten<br />

Interaktionsfiguren gut ablesen.


Ein erstes, recht einfaches Interaktionsmodell unterscheidet zwischen symmetrischer<br />

und komplementärer Interaktion. Bei der symmetrischen Interaktion reagieren<br />

beide Partner mit den gleichen Verhaltensweisen (z.B. beide schimpfen; beide lassen<br />

sich gehen; beide gebrauchen Gewalt). Dieses Interaktionsmuster tritt bei<br />

Angehörigen von Suchtkranken nach klinischer Erfahrung eher selten auf. Dem<br />

gegenüber stehen komplementäre Interaktionen, bei denen die Partner mit<br />

gegensätzlichen Verhaltensweisen reagieren (z.B. einer schimpft, der andere<br />

beschwichtigt; einer lässt sich gehen, der andere verhält sich kontrolliert; einer<br />

gebraucht Gewalt, der andere erduldet diese Gewalt). Dieses sehr grob<br />

konzeptionalisierte Interaktionsmuster tritt bei Angehörigen von Suchtkranken nach<br />

klinischer Erfahrung häufiger und unflexibler als in anderen Partnerschaften auf.<br />

Empirische Untersuchungen zu diesen klinischen Eindrücken liegen kaum vor. Das<br />

Interaktionsmodell "symmetrisch-komplementär" hat jedoch Eingang in viele andere<br />

Modelle, so auch das im folgenden dargestellte, gefunden.<br />

Bereits Jackson (1954) hat eine Abfolge von Phasen mit verschiedenen<br />

Interaktionsmustern von Angehörigen von Suchtkranken beschrieben. Dieses, je<br />

nach Differenzierung drei- bzw. siebenphasige Modell, ist als erstes<br />

entwicklungsorientiertes Modell des suchtbelasteten Partnerschaft für die klinische<br />

Praxis wichtig geworden, da es eine grobe Einordnung des Partnerschaftsverhaltens<br />

ermöglicht. Dabei dominieren jeweils komplementäre Interaktionsmuster. Nach einer<br />

ersten Phase der Verleugnung des Alkoholproblems (1) mit Vermeiden des Themas<br />

oder Abstreiten eines Problems folgt die Phase der Eliminierung des Trinkproblems<br />

(2). In dieser Phase dominieren Kontrolle und Reglementierung des Partners. Sie<br />

endet mit häufiger werdenden Zuständen von Ohnmachtsgefühlen und Selbstmitleid<br />

aufgrund der Erfahrung, dass das Alkoholproblem des Partners nicht nachlässt,<br />

sondern zunimmt. In der anschließenden dritten Phase der Desorganisation (3),<br />

nachdem oft jahrelange Kontrolle zu keinem dauerhaften Erfolg geführt hat, nimmt<br />

die Partnerin das Trinken des Ehemannes hin. Er wird jetzt in seiner Rolle als Partner<br />

und Vater weniger unterstützt. wird der suchtkranke Partner ausgegrenzt. Die<br />

Partnerin fühlt sich resigniert und oft wertlos. Diese letzte Phase, die auch mit<br />

Anklage und Bestrafung einhergeht, führt bisweilen zur Trennung vom Partner, zur<br />

Einweisung/Überweisung in eine Behandlungsinstitution oder zum vorzeitigen Tod<br />

des Abhängigen.<br />

Der Versuch einer empirischen Bestätigung des Phasenmodells nach Jackson wurde<br />

u.a. von Lemert (1960) unternommen. Dabei gelang es mit Hilfe ausführlicher<br />

Interviews mit Partnern von Alkoholabhängigen in 70% aller Fälle die Abfolge der drei<br />

genannten Phasen zu bestätigen. Das ursprünglich von Jackson vorgeschlagene<br />

differenziertere Sieben-Phasenmodell konnte so nicht bestätigt werde, weshalb es<br />

hier auch nicht in seiner Ausführlichkeit dargestellt wird. Außerdem zeigte sich, dass<br />

die Frauen, deren Männer weiterhin süchtig tranken, wesentlich höhere Werte für<br />

Stresserleben aufwiesen als Frauen aus der Normalbevölkerung oder Frauen, deren<br />

Männer nach einer Suchterkrankung abstinent lebten (Kogan & Jackson, 1965).


Am differenziertesten werden die Interaktionsfiguren in folgendem Modell deutlich<br />

(vgl. Schwoon, 1993; <strong>Klein</strong>, 1997), das die wichtigsten Beziehungsmöglichkeiten im<br />

Umgang mit Suchtproblemen darstellt. Ihm liegt wiederum die Vorstellung einer<br />

Komplementarität des Partnerverhaltens in Bezug auf das Suchtverhalten des<br />

Abhängigen zugrunde. Demnach können folgende Reaktionen auftreten:<br />

Das Ausmerzen (z.B. Alkohol ausschütten)<br />

Das Bekämpfen (z.B. schimpfen, tadeln)<br />

Das Bekriegen (z.B. entwürdigen, entehren)<br />

Das Zwingen (z.B. einweisen, einsperren)<br />

Das Eindämmen (z.B. Alkohol zuteilen)<br />

Das Kontrollieren (z.B. beobachten, verfolgen)<br />

Das Heilen (z.B. pflegen, hegen)<br />

Das Bekehren (z.B. in religiöse Gemeinschaft mitnehmen)<br />

Das Helfen (z.B. unterstützen, verstehen wollen)<br />

Das Begleiten (z.B. zulassen, abwarten)<br />

Das Gewähren lassen (z.B. sich nicht kümmern)<br />

Diese Interaktionsfiguren sind als jeweilige Anpassungsleistungen an die<br />

Eigengesetzlichkeiten der Abhängigkeit eines suchtkranken Partners zu verstehen<br />

und können in kurzer Abfolge variieren.<br />

Belastungen für Angehörige<br />

Partner und Kinder von Suchtkranken leben unter stärkeren Belastungen als<br />

Menschen in funktionalen Familien (Moos et al., 1982; Sher, 1991). Diese<br />

Belastungen können im familiären Kontext als Ergebnisse von "Duldungs"- und


"Katastrophenstress" verstanden werden (Schneewind, 1991). Duldungsstress<br />

bezeichnet jene Reaktionen, die entstehen, wenn Menschen über längere Zeit<br />

hinweg Bedingungen ausgesetzt sind, die sie trotz Aversivität glauben nicht<br />

verändern zu können. Katastrophenstress entsteht in Systemen, in denen häufig<br />

unerwartete und scheinbar unberechenbare Ereignisse passieren, die von den<br />

Mitgliedern nicht kontrolliert werden können.<br />

Im einzelnen können für den Partner folgende Belastungssituationen auftreten:<br />

• Unzuverlässigkeit und Unberechenbarkeit des suchtkranken Partners<br />

• Vernachlässigung durch den suchtkranken Partner<br />

• Aggression und Gewalttätigkeit<br />

• Sexuelle Übergriffe, sexueller Missbrauch, Vergewaltigungen<br />

• Vermehrte Partnerschafts- und Familienkonflikte<br />

• Finanzielle Konflikte, erhöhtes Armutsrisiko<br />

• Drohender oder tatsächlicher Arbeitsplatzverlust<br />

• Arbeitslosigkeit, ggf. Langzeitarbeitslosigkeit<br />

• Schulden<br />

• Soziale Marginalisierung, Gefahr sozialer Isolation<br />

• Notsituationen durch Alkoholintoxikationen des Partners<br />

In Einzelfällen können diese Belastungsfaktoren durch spezifische Konstellationen im<br />

Sinne von Mediator- bzw. Moderatorvariablen erhöht oder abgeschwächt werden<br />

(Sher, 1991). So kann das Vorhandensein eines tragfähigen sozialen Netzwerks<br />

(z.B. die eigenen Eltern oder Geschwister, enge Freunde) für die Angehörigen eher<br />

protektiv wirken. Auf der anderen Seite kann das Vorhandensein psychischer<br />

Störungen beim Angehörigen (z.B. Depressionen, Angsterkrankungen, somatoforme<br />

Störungen) die Auswirkungen der oben genannten Stressfaktoren verstärken.<br />

Grundhaltungen Angehöriger<br />

Besonders wichtig für Prävention und Behandlung von Problemen Angehöriger sind<br />

die inneren Grundhaltungen, die dafür verantwortlich sind, dass Angehörige oft viele<br />

Jahre starken Leidens ertragen. Zu diesen Grundhaltungen zählt die Annahme, dass<br />

mit ausreichend Liebe, Geduld und Ausdauer das Suchtproblem des Partners zu<br />

lösen sei, dass man sich selbst nicht in den Mittelpunkt stellen darf, dass die<br />

Bedürfnisse der anderen wichtiger sind als die eigenen und dass man durch<br />

Kontrolle das Verhalten anderer dauerhaft verändern kann. Weitere Grundhaltungen<br />

können vor dem Hintergrund eines depressiv-resignativen Weltbildes entdeckt<br />

werden: Dass man sowieso nichts verändern könne, dass Abgrenzung und Abwehr<br />

alles nur schlimmer mache, dass man ohnehin im Konfliktfalle unterlegen sei. Viele


dieser Grundhaltungen sind das Resultat negativer Lebenserfahrungen – oft auch<br />

schon aus Kindheit und Jugend – und spiegeln die geringe<br />

Selbstwirksamkeitserwartung der Betroffenen wider.<br />

Obwohl nicht zu allen postulierten Grundhaltungen Forschungsresultate vorliegen,<br />

gibt es einige interessante Belege. In einer Untersuchung an 116 Partnerinnen,<br />

deren alkoholabhängige Männer bereits eine Therapie seit ein bis vier Jahren<br />

abgeschlossen hatten, zeigte sich, dass sich die Hälfte der Frauen, obwohl die<br />

Mehrzahl der Männer abstinent lebte, für deren Abstinenz verantwortlich fühlte<br />

(Fahrner, 1990). Ebenso viele leben mit einer Angst vor dem Rückfall ihres Mannes.<br />

In der schon erwähnten Untersuchung von Moos et al., (1982) ergab sich, dass<br />

Angehörige deutlich weniger Alkohol tranken als Vergleichspersonen aus der<br />

Normalbevölkerung. Sie scheinen also ein besonders kontrolliertes restriktives<br />

Verhaltensmuster zu praktizieren. Darüber hinaus hatten sie weniger soziale<br />

Kontakte und berichteten – allerdings nur im Falle einer Rückfälligkeit ihres Mannes -<br />

mehr negative Lebensereignisse. Ehefrauen von Alkoholikern erwiesen sich nur als<br />

besonders dominant, wenn sich der Alkoholismus des Partners bereits vor der<br />

Eheschließung entwickelt hatte (Lemert, 1962).<br />

Ambivalente Haltungen Angehöriger<br />

Was Professionelle wie Betroffene immer wieder überrascht, ist die oft<br />

zwiegespaltene Haltung der Angehörigen von Suchtkranken. Dies mag sich darin<br />

ausdrücken, dass sie auf der einen Seite das Suchtverhalten ihres Partners aufs<br />

Schärfste kritisieren, während sie es ihm auf der anderen Seite ermöglichen, sein<br />

Suchtverhalten fortzusetzen. Dieses Ermöglichungsverhalten ("enabling") kann in<br />

Schutz- und Entschuldigungsreaktionen gegenüber der Außenwelt bis hin zur<br />

Übernahme der gesamten Verantwortung für die Familie bestehen. Was von<br />

Angehörigen oft selbst beklagt wird, ist ihre Unfähigkeit zu konsequentem Verhalten.<br />

Dabei neigen sie oft zur Selbstüberforderung, was sich insbesondere bei der<br />

Entwicklung und Verfolgung realistischer Ziele zeigt. So resultiert das Scheitern von<br />

Angehörigen allzu oft aus unrealistischen Zielen, z.B. beim Erlernen konsequenten<br />

Verhaltens ("Ich trenne mich noch heute von Dir!"). Zum Grundkonflikt des<br />

Abhängigen gehört, dass er auf der einen Seite in ein System fast undurchdringlicher<br />

Verstrickungen eingebunden ist, auf der anderen Seite aber lange Zeit glaubt, vom<br />

Gleichgewicht mehr zu profitieren als von jeder Veränderung. Wie Steinglass (1983)<br />

zeigte, sind Veränderungen im Leben dysfunktionaler Familien – insbesondere<br />

Suchtfamilien – am ehesten in der Folge kritischer Lebensereignisse (wie z.B. Geburt<br />

eines Kindes, Arbeitsplatzverlust, Unfall oder schwere Krankheit) zu erwarten.<br />

In der klinisch psychologischen Forschung wurde die ambivalente Rolle des<br />

Angehörigen mit dem Modell des tertiären Kranheitsgewinns konzeptionalisiert.<br />

Darunter wird der Vorteil verstanden, der sich für einen Angehörigen - neben allen


Nachteilen – ergibt, wenn der Partner für längere Zeit suchtkrank ist (z.B. Zugewinn<br />

an Sozialkompetenz, Achtung und Bewunderung im Bekanntenkreis). Es wird dabei<br />

angenommen, dass über diesen Weg die "Gewinnanteile" als positive Verstärker das<br />

systemische Gleichgewicht der suchtbelasteten Familie mit aufrechterhalten.<br />

Selektive Partnerwahl bei Kindern aus suchtbelasteten Familien<br />

Dass Töchter suchtkranker Väter in erhöhtem Maße einen suchtkranken Mann zum<br />

Partner wählen, wird von Seiten erfahrener Kliniker immer wieder berichtet. Dieser<br />

geschlechtsspezifische Effekt einer selektiven Partnerwahl ("assortive mating") von<br />

Töchtern alkoholabhängiger Väter konnte in einer Untersuchung mit mehr als 1400<br />

Personen deutlich bestätigt werden, wobei allerdings das Geschlecht des<br />

alkoholabhängigen Elternteils, d.h. ob es sich um Vater oder Mutter handelte, keine<br />

Rolle spielte. Dabei stellte sich heraus, dass die Töchter aus suchtbelasteten<br />

Familien mehr als zweieinhalb Mal so häufig einen suchtkranken Partner heirateten<br />

als Vergleichsprobandinnen ohne familiäre Suchtbelastung. "Data relating to 708<br />

men and 708 women, the parents of the questionnaire respondents, revealed that<br />

even after controlling for the increased rate of alcohol-dependent spouses among<br />

alcoholics, assortive mating appears to be associated with positive family histories of<br />

alcoholism. Within this sample, nonalcoholic daughters of alcoholics were more than<br />

twice as likely to marry an alcoholic as nonalcoholic daughters of nonalcoholics,<br />

irrespective of the alcoholic parent´s gender" (Schuckit et al., 1994, 237).<br />

Während für die Töchter aus suchtbelasteten Familien der Effekt einer selektiven<br />

Partnerwahl nachgewiesen worden ist, ist ein derartiger Effekt für Söhne nicht<br />

bekannt. Aus einer Untersuchung an alkoholabhängigen Männern und Frauen geht<br />

hervor, dass die alkoholabhängigen Frauen der Stichprobe in 31.1% aller Fälle mit<br />

einem alkoholabhängigen Mann verheiratet waren, während sich die<br />

alkoholabhängigen Männer der Stichprobe nur in 8.3% aller Fälle eine<br />

alkoholabhängige Frau zur Partnerin wählten (Hall et al., 1983).<br />

Psychische Störungen bei Partnern von Suchtkranken<br />

Dass Angehörige von Suchtkranken eher als Normalpersonen unter psychischem<br />

Stress und psychischen Störungen leiden können, wurde bereits erwähnt. Nach der<br />

Untersuchung von Kogan et al. (1963) war es etwa die Hälfte der Partner, die<br />

psychisch auffällig waren, ohne dass in der damaligen Untersuchung die


entsprechenden Störungskategorien erhoben worden waren. Diese Störungen<br />

können sowohl vor der Beziehung mit einem Suchtkranken bestanden haben oder<br />

sich in Folge der Beziehung entwickelt oder verstärkt haben. Rimmer & Winokur<br />

(1972) analysierten die psychische Gesundheit von 57 Ehefrauen alkoholabhängiger<br />

Männer, die in ambulanter Behandlung waren. 42% hatten wiesen eine<br />

Familiengeschichte bezüglich Suchtstörungen bei Verwandten ersten oder zweiten<br />

Grades auf. Die Vergleichszahl für affektive Störungen lag bei 16%. Weitere 16%<br />

ergaben sich für andere psychiatrische Störungen. Selbst betroffen von Depression<br />

waren 32% der Partnerinnen alkoholabhängiger Männer. Die Vergleichsquote bei<br />

parallelisiert ausgewählten Normalprobanden lag bei 2%.<br />

Von den psychischen Störungen, die bei Angehörigen Suchtkranker, nach klinischer<br />

Erfahrung am häufigsten auftreten können, sind zu nennen: Angststörungen,<br />

affektive Störungen, somatoforme Störungen und substanzbezogene Störungen<br />

(Achse-I-Störungen). Unter Achse-I-Störungen werden solche Störungen verstanden,<br />

die in der Regel nicht überdauernd, oft reaktiv, meist mit Krankheitseinsicht und<br />

Leidensdruck versehen und im Verhältnis zu den Persönlichkeitsstörungen leichter<br />

zu behandeln sind. Sie werden- daher der Name – in den psychiatrischen<br />

Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-IV auf der ersten von fünf Achsen codiert.<br />

Demgegenüber sind die Achse-II-Störungen solche, die relativ früh im Leben, meist<br />

schon in der Adoleszenz, beginnen, deren Symptome in Widerspruch zu den<br />

vorherrschenden kulturellen Normen und Werten stehen, eher überdauernd und<br />

schwer zu behandeln sind. Die wichtigsten Achse-II-Störungen in diesem<br />

Zusammenhang sind die Persönlichkeitsstörungen. Bei diesen kommt meist noch<br />

das Merkmal der Ich-Syntonie (Ich-Stimmigkeit) hinzu. Dabei erleben sich die<br />

betroffenen Personen als nicht problembelastet oder gar gestört, sondern lokalisieren<br />

die Ursache interaktionaler oder gar individueller Probleme bei anderen ("Du bist<br />

schuld!").<br />

Bei Angehörigen von Suchtkranken treten vor allem zwei Persönlichkeitsstörungen<br />

häufiger als bei Normalprobanden auf (siehe z.B. Salzmann & Körkel, ???):<br />

1. Die abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung (ICD 10: F60.7)<br />

2. Die ängstlich (vermeidende) Persönlichkeitsstörung (ICD 10: F60.6).<br />

Deren Symptome werden im folgenden aufgelistet.<br />

Als Hauptmerkmale der abhängigen (dependenten) Persönlichkeitstörung nach ICD-<br />

10 werden benannt (Dilling et al., 1991):<br />

a. Überlassung der Verantwortung für wichtige Bereiche des eigenen Lebens an<br />

andere.<br />

b. Unterordnung eigener Bedürfnisse unter die anderer Personen, zu denen eine<br />

Abhängigkeit besteht.


c. Mangelnde Bereitschaft zur Äußerung angemessener Ansprüche gegenüber<br />

Personen, zu denen eine Abhängigkeit besteht.<br />

d. Selbstwahrnehmung als hilflos, inkompetent und schwach.<br />

e. Häufige Ängste vor Verlassenwerden und ständiges Bedürfnis, sich des<br />

Gegenteils zu versichern; beim Alleinsein sehr unbehagliche Gefühle.<br />

f. Erleben von innerer Zerstörtheit und Hilflosigkeit bei der Beendigung einer<br />

engen Beziehung.<br />

g. Bei Missgeschick neigen diese Personen dazu, die Verantwortung anderen<br />

zuzuschieben.<br />

Die Merkmale dieser Persönlichkeitsstörung, die sehr deutlich an viele klinische<br />

Schilderungen von Angehörigenverhalten erinnern, müssen nicht alle gleichzeitig<br />

vorliegen, um die entsprechende Diagnose zu rechtfertigen. Es müssen vielmehr<br />

wenigstens vier der genannten Merkmale vorliegen.<br />

Neben der abhängigen Persönlichkeitsstörung, die von allen<br />

Persönlichkeitsstörungen bei Angehörigen von Suchtkranken am häufigsten<br />

vorliegen dürfte, ist die ängstlich (vermeidende) Persönlichkeitsstörung ebenfalls<br />

wichtig. Ihre Hauptsymptome nach ICD-10 lauten (Dilling et al., 1991):<br />

a. Andauernde und umfassende Gefühle von Anspannung und Besorgtheit.<br />

b. Gewohnheitsmäßige Befangenheit und Gefühle von Unsicherheit und<br />

Minderwertigkeit.<br />

c. Andauernde Sehnsucht nach Zuneigung und Akzeptiertwerden.<br />

d. Überempfindlichkeit gegenüber Zurückweisung und Kritik.<br />

e. Weigerung zur Aufnahme von Beziehungen, solange der betreffenden Person<br />

nicht unkritisches Akzeptiertwerden garantiert ist; sehr eingeschränkte<br />

persönliche Beziehungen.<br />

f. Gewohnheitsmäßige Neigung zur Überbetonung potenzieller Gefahren oder<br />

Risiken alltäglicher Situationen, bis zur Vermeidung bestimmter Aktivitäten,<br />

ohne das Ausmaß phobischer Vermeidung.<br />

g. Eingeschränkter Lebensstil wegen des Bedürfnisses nach Gewissheit und<br />

Sicherheit.<br />

Auch bei dieser Persönlichkeitsstörung langt das Vorliegen von vier Symptomen aus.<br />

Im Falle der Angehörigen von Suchtkranken ist zusätzlich anzunehmen, dass sie<br />

Mischformen der vermeidenden und ängstlichen Persönlichkeitsstörung in sich<br />

vereinigen.


Außerdem können sie Anteile der zwanghaften und selbstunsicheren<br />

Persönlichkeitsstörung in sich vereinen.<br />

Da, wie schon erwähnt, bei weitem nicht alle Partner von Alkoholabhängigen unter<br />

einer psychischen Störung leiden müssen, liegt es für die Forschung an, hier genaue<br />

Prävalenzen zu erheben, damit zwischen verschiedenen Störungsbildern bei<br />

Angehörigen einerseits und Reaktions- und Bewältigungsmustern andererseits klar<br />

unterschieden werden kann.<br />

Hilfen für Angehörige<br />

Das Hilfesystem für Angehörige ist bei weitem nicht so differenziert wie das für<br />

Suchtkranke. Dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Hilfe, die möglichst früh<br />

einsetzen sollten. Diese bestehen in den bekannten Selbsthilfegruppen, die teilweise<br />

speziell für Angehörige (z.B. Al-Anon) durchgeführt werden. In manchen Fällen, in<br />

denen eine komplexe, behandlungsbedürftige psychische Störung vorliegt, sollte<br />

professionelle Hilfe in Form von Psychotherapie aufgesucht werden. Besonders<br />

wichtig erscheinen Formen der sozialen Unterstützung und Gruppenangebote, da<br />

diese den Angehörigen Hilfen auch jenseits der zeitlich limitierten Angebote<br />

(Therapiestunde, Selbsthilfetreffen) bereitstellen können.<br />

II. Kinder von Suchtkranken<br />

Die zweite große Angehörigengruppe, auf die im Rahmen dieses Beitrags fokussiert<br />

wird, sind die Kinder von Alkoholabhängigen. Auch diese Gruppe wurde traditionell<br />

wenig berücksichtigt. Inzwischen liegen zu diesem Themenbereich jedoch – vor<br />

allem aus dem angloamerikanischen Bereich – zahlreiche Forschungsergebnisse<br />

und Interventionsansätze (siehe zusammenfassend z.B. <strong>Klein</strong> & Zobel, 1997) vor.<br />

Die wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas "Kinder von Suchtkranken" ist<br />

dementsprechend weiter fortgeschritten als die des vorausgehenden<br />

Themenbereichs "Partner von Suchtkranken".


Zahlen zum Thema Kinder von Alkoholabhängigen<br />

In einer Vielzahl von Studien wurde nachgewiesen (z.B. McKenna & Pickens, 1981;<br />

Hesselbrock et al., 1982), dass Alkoholabhängige überzufällig oft aus Familien<br />

stammen, in denen bereits Vater bzw. Mutter oder beide Elternteile abhängig waren.<br />

Schon im Altertum wurde von Philosophen wie Aristoteles und Plutarch beobachtet,<br />

dass Kinder von Trinkern oft selbst ein auffälliges Trinkverhalten entwickelten. Der<br />

von Plutarch stammende Satz "Trinker zeugen Trinker" (zit.n. Goodwin, 1979, 57)<br />

weist auf diesen Sachverhalt anschaulich hin, suggeriert aber zugleich, dass die<br />

Abhängigkeit quasi durch Geburt, und damit unausweichlich, an die Kinder<br />

weitergegeben wird.<br />

Eine oft zitierte Reviewstudie (Cotton, 1979) zeigte, dass von knapp 4000<br />

alkoholabhängigen Personen 30.8% einen abhängigen Elternteil aufwiesen.<br />

Demgegenüber gaben in der nichtklinischen Kontrollstichprobe von 922 Personen<br />

lediglich 4.7% einen abhängigen Elternteil an. Für eine gemischte psychiatrische<br />

Vergleichsstichprobe von 1082 Patienten konnte in 12.0% aller Fälle<br />

Alkoholabhängigkeit in der Elterngeneration ermittelt werden.<br />

Eine Langzeitstudie über einen Zeitraum von 33 Jahren (Drake & Vaillant, 1988)<br />

brachte für erwachsene Kinder aus Suchtfamilien in 28% der Fälle eine Diagnose für<br />

Alkoholabhängigkeit. Männer mit einem abhängigen Vater hatten mehr als doppelt so<br />

häufig eine Alkoholabhängigkeit als Männer ohne abhängigen Vater.<br />

Als besonders belastet erweisen sich diejenigen jungen Erwachsenen aus einer<br />

suchtbelasteten Familie, bei denen beide Elternteile suchtkrank waren oder bei<br />

denen ein suchtkranker Elternteil seine Abhängigkeit nicht erfolgreich bewältigen<br />

konnte. Diese Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass es das quantitative und<br />

qualitative Ausmaß der Exposition gegenüber der elterlichen Abhängigkeit ist, das<br />

sich pathogen auf die Entwicklung der Mitglieder der nächster Generation auswirkt.<br />

Junge Erwachsene, deren Eltern ihre Abhängigkeit schon lange überwunden haben<br />

oder bei denen nur ein Elternteil suchtkrank war, haben eine vergleichsweise<br />

bessere Entwicklungsprognose, die sich – wie Moos et al. (1990) zeigen konnten –<br />

vielfach gar nicht von der junger Erwachsener aus normalen Familien unterscheidet.<br />

Die Autoren kommen deshalb auch zu der Schlussbewertung: "The stress-related<br />

influence of parental alcoholism seems to diminish or disappear when the parent<br />

succeeds in controlling his or her alcohol abuse" (Moos et al., 1990, 183).


Die aufgeführten Studien belegen in Übereinstimmung mit einer Vielzahl anderer<br />

Untersuchungen (siehe zusammenfassend: Sher, 1991; Lachner & Wittchen, 1997),<br />

dass Kinder von Alkoholikern, und zwar insbesondere Söhne, als Risikogruppe für<br />

die Entwicklung von Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit angesehen werden<br />

müssen. Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass diese Kinder im<br />

Vergleich zu Kindern nicht suchtkranker Eltern ein bis zu sechsfach höheres<br />

Risiko haben, selber abhängig zu werden oder Alkohol zu missbrauchen.<br />

Belegt ist auch, dass für Kinder in suchtbelasteten Familien das Risiko der<br />

Erkrankung an anderen psychischen Störungen (insbesondere Angststörungen,<br />

Depressionen, Persönlichkeitsstörungen) deutlich - wenn auch nicht so stark wie für<br />

Abhängigkeitserkrankungen - erhöht ist (Velleman, 1992).<br />

Jedoch ist ausdrücklich nicht davon auszugehen, dass alle Kinder von Alkoholikern<br />

eine eigene Abhängigkeit oder andere psychische Störungen entwickeln müssen.<br />

Vielmehr spielen zahlreiche pathogene und protektive Faktoren bei der Transmission<br />

von Störungen, also der Weitergabe einer Krankheit von der Elterngeneration auf die<br />

Kinder, eine wichtige abschwächende oder verstärkende Rolle. So hat sich gezeigt,<br />

dass die Abhängigkeit beider Elternteile das Erkrankungsrisiko der Kinder erhöht<br />

(Quinten & <strong>Klein</strong>, 1999), wie andererseits die Aufrechterhaltung von<br />

Transaktionsmustern und –ritualen aus der Zeit vor der Abhängigkeit das<br />

Erkankungsrisiko für die Kinder abschwächt (Bennett & Wolin, 1994).<br />

Klar ist jedoch, dass die Gruppe der Kinder aus suchtbelasteten Familien als<br />

Ganzes eine höhere Vulnerabilität gegenüber Verhaltens- und Erlebensstörungen<br />

aufweist als Kontrollgruppen mit normalem familiärem Hintergrund. Es zeichnet sich<br />

dabei ab, dass Merkmale der Familienumwelt, Persönlichkeitseigenschaften,<br />

Kognitionen und biologische Dispositionen des Kindes interagieren und<br />

letztendlich das Auftauchen sowie die Ausprägung von psychischen<br />

Störungen bestimmen.<br />

Neuere Studien zeigen (siehe zusammenfassend Pollock, 1992), dass vor allem<br />

Söhne von Alkoholabhängigen als junge Erwachsene auf Alkohol oft anders<br />

reagieren als Vergleichspersonen, und zwar sowohl subjektiv (d.h. in ihrem<br />

eigenen Empfinden) als auch objektiv (d.h. mit physiologischen Parametern).<br />

Im einzelnen ergab sich, dass sie einerseits die berauschenden Effekte des Alkohols<br />

erst bei einer höheren Konzentration wahrnahmen - also mehr trinken mussten, um<br />

den gleichen berauschenden Effekt zu spüren wie Vergleichspersonen. Die später<br />

einsetzenden unangenehmen Effekte, - gemeinhin als Kater, Hangover usw. bekannt<br />

- nahmen sie ebenfalls in geringerem Maße wahr. Andererseits wurde für Söhne von<br />

Abhängigen eine erhöhte Stressdämpfung nach Alkoholkonsum nachgewiesen<br />

(Levenson et al., 1987). Dies hat zur Folge, dass Alkoholtrinken positiv erlebt wird, da<br />

es das subjektive Stresserleben verringert. Diese Ergebnisse (allgemeine vegetative<br />

Hyperreagibilität und herabgesetzte Sensitivität auf Ethanol) machen deutlich, dass<br />

eine dispositionell erhöhte Toleranz in bezug auf Alkohol sowie verstärkte


Stressdämpfungseffekte entscheidende Risikofaktoren im Rahmen des genetisch<br />

determinierten Vulnerabilitätsanteils für die Entwicklung von Abhängigkeit darstellen.<br />

Ein zweiter wesentlicher Risikofaktor, neben den biologischen Anlagen, ist in der<br />

Familienumwelt der Kinder suchtkranker Eltern zu sehen. Die in diesem<br />

Zusammenhang am häufigsten anzutreffende Familienkonstellation, bestehend aus<br />

einem alkoholabhängigen Vater und einer nicht suchtkranken Mutter, bringt<br />

entscheidende Veränderungen in der Dynamik der betroffenen Familien mit sich. Die<br />

Eltern können oft ihren Pflichten als Erzieher der Kinder nicht mehr in genügendem<br />

Maße nachkommen, da der Abhängige in vielen Fällen auf das Suchtmittel fixiert ist<br />

und daher die Kinder kaum mehr wahrnimmt. Die Mutter braucht ihre Kräfte meist für<br />

das grundlegende Funktionieren der Familie und die Wahrung einer vermeintlich<br />

intakten Fassade nach außen hin. All diese suchtbedingten intrafamilialen<br />

Veränderungen zeigen Wirkungen hinsichtlich einer negativeren<br />

Familienatmosphäre, einer deutlich schwächeren oder stärkeren, d.h. extremeren,<br />

Familienkohäsion sowie in Bezug auf die Frustration kindlicher<br />

Bedürfnisbefriedigungen (z.B. nach Sicherheit, Verlässlichkeit, Geborgenheit) und die<br />

Qualität der Eltern-Kind-Bindungen.<br />

Hauptsymptome<br />

Kinder in suchtbelasteten Familien gelten, wie bereits erwähnt, als eine Risikogruppe<br />

bezüglich der Entwicklung eigener Suchterkrankungen ab dem Jugendalter, aber<br />

auch bezüglich vielfältiger psychischer und körperlicher Störungen in Kindheit,<br />

Jugend- und Erwachsenenalter. Am häufigsten werden "die Symptomgruppen<br />

Hyperaktivität, Störungen des Sozialverhaltens, Intelligenzminderungen, somatische<br />

Probleme und Misshandlungen sowie Angst und depressive Symptome" (Elpers &<br />

Lenz, 1994, 107) erwähnt.<br />

Im Jahre 1969 legte Margaret Cork mit der Veröffentlichung ihres Buches "The<br />

forgotten children" eine erste systematische klinische Befragung von Kindern aus<br />

suchtbelasteten Familien vor. Sie hatte in ihrer Studie 115 Kinder aus<br />

Alkoholismusfamilien im Alter von 8 - 16 Jahren ausführlich interviewt. Die von den<br />

betroffenen Kindern am häufigsten genannten Anliegen und Erfahrungen waren:<br />

1. Nicht zu Freunden gehen, um nicht in die Zwangslage zu geraten, diese zu<br />

sich nach Hause einladen zu müssen, wo die Eltern sich beschämend<br />

verhalten könnten.


2. In der Schule mit den Gedanken zu Hause sein, was dort gerade Schlimmes<br />

passiert oder bald passieren wird.<br />

3. Andere Kinder beneiden oder eifersüchtig auf diese sein, wenn sie Spaß und<br />

Leichtigkeit mit ihren Eltern erleben.<br />

4. Sich als Kind unter Gleichaltrigen isoliert, abgewertet und einsam fühlen.<br />

5. Sich von den Eltern vernachlässigt, bisweilen als ungewolltes Kind fühlen.<br />

6. Für die Eltern sorgen, sich um sie ängstigen, insbesondere wenn die Mutter<br />

süchtig trinkt.<br />

7. Sich um Trennungsabsichten oder vollzogene Trennungen der Eltern<br />

unablässig Sorgen machen.<br />

8. Als Jugendlicher die Eltern nicht im Stich lassen wollen (z. B. nicht von zu<br />

Hause ausziehen können).<br />

9. Die Eltern für ihr Fehlverhalten entschuldigen. Lieber andere Menschen oder<br />

sich selbst beschuldigen.<br />

(10)Vielfache Trennungen und Versöhnungen der Eltern erleben und sich nicht auf<br />

einen stabilen,<br />

dauerhaften Zustand verlassen können.<br />

11. Wenn der trinkende Elternteil schließlich mit dem Alkoholmissbrauch aufhört,<br />

weiterhin selbst Probleme haben oder solche suchen.<br />

Zu den von Kindern insgesamt am häufigsten genannten Erfahrungen gehört die der<br />

Unberechenbarkeit des elterlichen Verhaltens. Dies bezieht sich verstärkt auf den<br />

Alkohol trinkenden, aber auch auf den jeweils anderen, (meist als coabhängig<br />

bezeichneten) Elternteil. Versprechungen, Vorsätze, Ankündigungen usw. werden oft<br />

nicht eingehalten, aber auch inkonsistentes Belohnungs- und Bestrafungsverhalten<br />

herrscht vor. Generell werden sehr viele Ambivalenzerfahrungen und<br />

Loyalitätskonflikte berichtet (z.B. manchmal übermäßig verwöhnt und manchmal<br />

übermäßig bestraft zu werden; den alkoholabhängigen Elternteil extrem zu verachten<br />

und zu hassen, ihn aber auch sehr zu mögen und zu umsorgen; den<br />

alkoholabhängigen Elternteil auch im Erwachsenenalter noch kontrollieren zu<br />

müssen). In manchen Fällen wurde deutlich, dass Kinder das süchtige Trinken ihrer<br />

Eltern auf sich selbst attribuierten, z.B. wegen spezifischer eigener<br />

Fehlverhaltensweisen oder - im Extremfall - wegen ihrer bloßen Existenz.<br />

West & Prinz (1987) benennen in ihrer Überblicksarbeit, in der sie 46 empirische<br />

Studien aus den Jahren 1975 bis 1985 auswerteten, Auswirkungen in den folgenden<br />

Bereichen:<br />

(1) Hyperaktivität und Verhaltensauffälligkeiten<br />

(2) Substanzmissbrauch, Delinquenz und Schuleschwänzen


(3) Kognitive Funktionsstörungen<br />

(4) Soziale Interaktionsprobleme<br />

(5) Körperliche Probleme<br />

(6) Angst und Depressionen<br />

(7) Körperliche Misshandlung, Missbrauch und Vernachlässigung<br />

(8) Dysfunktionale Familieninteraktionen.<br />

Für Kinder in Suchtfamilien gelten besondere Regeln, z.B. dass Gefühlskontrolle,<br />

Rigidität, Schweigen, Verleugnung und Isolation geeignete<br />

Problembewältigungsverhaltensweisen (Wegscheider, 1988) sind. Es herrschen<br />

auch oft extreme Belastungssituationen vor. Diese sind dadurch gekennzeichnet,<br />

dass<br />

sie mehr Streit, konflikthafte Auseinandersetzungen und<br />

Disharmonie zwischen den Eltern erleben als andere Kinder;<br />

sie extremeren Stimmungsschwankungen und<br />

Unberechenbarkeiten im Elternverhalten ausgesetzt sind;<br />

sie häufiger in Loyalitätskonflikte zwischen den Elternteilen<br />

gebracht werden;<br />

Verlässlichkeiten und Klarheiten im familiären Ablauf weniger<br />

gegeben sind sowie Versprechungen eher gebrochen werden;<br />

sie häufiger Opfer von Misshandlungen (physisch, psychisch,<br />

sexuell) und Vernachlässigung werden.<br />

Es wäre wünschenswert, zu den bereits erforschten Aspekten stärker die subjektiven<br />

Theorien der betroffenen Kinder zum Problemverhalten der Eltern hinzuzufügen.<br />

Dies könnte im übrigen Interventions- und Präventionsprogrammen verstärkten<br />

Nutzen einbringen, da diese dann direkt an den Problemkonstruktionen der<br />

Betroffenen ansetzen.<br />

Drohende Konsequenzen


Aus einer umfangreichen Überblicksarbeit zu den familiär übertragenen<br />

Vulnerabilitätsfaktoren geht das erhöhte Erkrankungsrisiko für Kinder in<br />

suchtbelasteten Familien deutlich hervor (Lachner & Wittchen, 1997). Unter<br />

Vulnerabilität wird dabei das erhöhte Risiko für die Belastung mit einer psychischen<br />

Störung, nicht das reale Vorhandensein einer derartigen Störung verstanden. Im<br />

einzelnen unterscheiden die Autoren entsprechend dem biopsychosozialen Modell<br />

zwischen psychischen Störungen, emotionalen Merkmalen und<br />

Persönlichkeitseigenschaften, kognitiven, sozialpsychologischen und biologischen<br />

Variablen in ihren Auswirkungen auf die Kinder und Jugendlichen aus<br />

Alkoholikerfamilien. Aus der Vielzahl der berichteten Studien zeigen folgende<br />

Vulnerabilitätsmerkmale die deutlichsten Unterschiede zwischen Kindern in<br />

suchtbelasteten Familien und Kontrollkindern, wodurch klar wird, welche<br />

Konsequenzen für die Kinder von Suchtkranken am ehesten drohen:<br />

1. Lebensgeschichtlich früher Beginn mit Alkohol- und Drogenmissbrauch.<br />

(2) Häufigere Diagnosen in den Bereichen Angst, Depression und<br />

Essstörungen.<br />

(3) Stärkere Hyperaktivität, Impulsivität und Aggressivität.<br />

(4) Defizite im schulischen Leistungsbereich.<br />

(5) Defizite im visuellen Wahrnehmungsbereich.<br />

6. Stärkere intrafamiliäre Konflikte.<br />

Zu den drohenden Konsequenzen sind insbesondere solche Persönlichkeits- und<br />

Verhaltensänderungen zu zählen, die aus der sozialpsychologischen Forschung<br />

bekannt wurden, wenn Personen keine ausreichende Kontrolle über die eigenen<br />

Handlungsfolgen und die Umwelt ausüben können. Dazu zählen insbesondere<br />

negative Selbstwirksamkeitserwartung und erlernte Hilflosigkeit. Beide Phänomene<br />

treten auf, wenn ein Individuum zu wenige Erfahrungen erfolgreicher Interaktionen<br />

mit seinem Umfeld macht und es seine Handlungsziele überwiegend nicht<br />

durchsetzen kann.<br />

Es ist jedoch anzumerken, dass viele Symptome für Kinder aus Suchtfamilien nicht<br />

spezifisch sind, sondern dass einerseits bei Kindern aus anderen dysfunktionalen<br />

Familien ähnliche Konsequenzen möglich sind, und dass andererseits die direkt<br />

alkoholbezogenen Vulnerabilitätsfaktoren (z.B. genetisches Risiko) stark mit anderen<br />

Variablen (z.B. familiale Gewalt) kovariieren.


Risikovariablen<br />

Im folgenden wird zwischen direkten und indirekten Auswirkungen elterlichen<br />

Alkoholmissbrauchs auf die Entwicklung von Kindern unterschieden. Diese Einflüsse<br />

sind besonders bedeutsam, da sie die Vulnerabilität für bestimmte<br />

Verhaltensstörungen beeinflussen können. Die indirekten Auswirkungen sind<br />

solche, die in Interaktion mit Umwelt- und Familienvariablen ihre Pathogenität<br />

entfalten. Bei den indirekten Auswirkungen sind es nicht der Alkohol, die Droge oder<br />

die psychotrope Substanz selbst, welche die Schädigung beim Kind hervorruft,<br />

sondern die Begleitumstände und Konsequenzen des Missbrauchs bzw. der<br />

Abhängigkeit. Hierzu zählen z.B. die Instabilität und Unberechenbarkeit des<br />

Elternverhaltens, die häufiger auftretenden Formen von Kindesmisshandlung, -<br />

missbrauch und –vernachlässigung, die häufigeren Trennungen und Scheidungen,<br />

chronische Konflikte und Streitigkeiten in den Familien, ein erhöhtes Ausmaß an<br />

physischer und psychischer Gewalt usf. Im allgemeinen ist der innerfamiliäre Stress<br />

(besonders Duldungs- und Katastrophenstress) deutlich erhöht. Bei den Kindern<br />

entwickeln sich Symptome mangelnden Selbstwertgefühls, geringerer<br />

Selbstwirksamkeitserwartung und häufig auch Selbsthass und Schuldgefühle (Sher,<br />

1991; Nastasi & DeZolt, 1994).<br />

Zu den möglichen direkten Auswirkungen elterlichen Alkoholmissbrauchs auf<br />

Kinder zählt an erster Stelle das fetale Alkoholsyndrom (FAS) und die fetalen<br />

Alkoholeffekte, im deutschen Sprachraum auch oft Alkoholembryopathie (AE)<br />

genannt. Hinzu kommen Alkoholvergiftungen, die nach Ergebnissen von Lamminpää<br />

& Vilska (1990) häufiger bei Kindern aus suchtbelasteten Familien als bei<br />

unbelasteten Kindern auftreten.<br />

Alkoholembryopathie<br />

Bei diesem Syndrom sind vor allem kognitive und neuropsychiatrische Schädigungen<br />

festzustellen. Die Hauptsymptome des FAS sind Dysfunktionen des zentralen<br />

Nervensystems, abnormale Gesichtselemente, Verhaltensdefizite und<br />

Wachstumsrückstände (Retardierung). Auch werden häufig enge Zusammenhänge<br />

mit Hyperaktivität, geistiger Retardierung und EEG-Anomalien berichtet.


In Deutschland kommen heutzutage jährlich etwa 2200 Kinder mit fetalem<br />

Alkoholsyndrom zur Welt (Löser, 1995). Mit einer Prävalenz von 1:300<br />

Neugeborenen ist die Alkoholembryopathie (AE) hierzulande häufiger als z.B.<br />

Morbus Down mit 1:650 (Löser, 1995). Aufgrund der sehr permissiven<br />

Alkoholkonsumkultur in unserer Gesellschaft wird das Gefährdungsrisiko für<br />

Ungeborene hierzulande im internationalen Vergleich als hoch angesehen.<br />

Da die Problematik der Alkoholembryopathie an anderer Stelle dieses Buches<br />

(Querverweis geben!) ausführlich dargestellt wird, mögen diese kurzen Hinweise<br />

ausreichen.<br />

Hilfen für Kinder von Alkoholabhängigen<br />

Aus dem gesamten Forschungsstand (West & Prinz, 1987) ist abzuleiten, dass<br />

entscheidend für die Pathogenisierung des Kindes in der suchtbelasteten Familie die<br />

Dauer, Art und Häufigkeit der Exposition gegenüber den Folgen des süchtigen<br />

Verhaltens eines oder beider Elternteile ist. Für die Frage, in welchen Fällen es<br />

also zur Transmission einer Störung kommt, sind vor allem Qualität und Quantität der<br />

Exposition gegenüber den negativen Folgen der Alkoholabhängigkeit der Eltern<br />

entscheidend. Daher sind dies auch die für Prävention und Intervention<br />

bedeutsamsten Aspekte.<br />

Unter präventiven Aspekten erscheint es ratsam, Kindern von Alkoholikern möglichst<br />

früh Hilfen bereitzustellen, um eine optimale Entwicklung wahrscheinlicher zu<br />

machen bzw. erste auftretende Störungen schnell zu behandeln. Daher bewegen<br />

sich Frühinterventionen für Kinder aus suchtbelasteten Familien meist an der<br />

Grenzlinie zwischen Primär- und Sekundärprävention. Diese Frühinterventionen<br />

umfassen meist die ganze Familie. Dabei müssen auf der einen Seite das<br />

vorhandene Risiko und die resultierende Vulnerabilität, auf der anderen Seite die<br />

bereits vorhandenen Ressourcen genau erfaßt werden, um beide Bereiche in<br />

Präventionsplanung und effektive Frühintervention einfließen zu lassen.<br />

Aber auch die direkte Arbeit mit Kindern von Suchtkranken hat sich als wichtig und<br />

wirksam erwiesen (Robinson & Rhoden, 1998). Dies trifft zum einen auf diejenigen<br />

Fälle zu, in denen die Eltern (noch) nicht oder nur ein Elternteil (i.d.R. der


Angehörige) bereit sind, Hilfe anzunehmen, zum anderen – als unterstützende<br />

Maßnahme -, wenn die Eltern bereits eine Hilfeleistung erhalten. Im einzelnen ist bei<br />

den Hilfeleistungen für Kinder von Suchtkranken zwischen Einzel- und Gruppenarbeit<br />

mit den Kindern, begleitender Elternarbeit und freizeitpädagogischen Angeboten zu<br />

unterscheiden. Diese geschieht in der Regel im ambulanten Kontext (siehe z.B.<br />

Dilger, 1994; Ehrenfried et al., 1998), kann aber auch in komplexeren Fällen halb-<br />

oder vollstationär, vor allem im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, erfolgen.<br />

Die wichtigsten Prinzipien für Hilfen für Kinder von Alkoholabhängigen sind in der<br />

Frühzeitigkeit, der Dauerhaftigkeit und Vernetztheit der Maßnahmen in Bezug auf<br />

andere familienbezogene Hilfen zu sehen.<br />

Schluss<br />

Der vorliegende Beitrag hat zum Ziel, anhand der noch sehr spärlichen<br />

Forschungsergebnisse zu Angehörigen von Suchtkranken mit den Schwerpunkten<br />

Partner und Kinder die Sensibilität für diese Personengruppen, die mehr Personen<br />

umfassen als die Suchtkranken selbst, zu steigern. Entsprechende Konsequenzen<br />

für das Hilfesystem scheinen naheliegend und zwingend: Darunter sind<br />

Frühintervention, Umfeldinterventionen, spezialisierte, zumindest jedoch<br />

problemsensibilisierte, Hilfeangebote, Verstärkung der Sekundärprävention für<br />

Angehörige, Schwerpunktprävention für Risikogruppen und schließlich ressourcen-<br />

und lebensfeldorientierte Hilfen zu verstehen. Es bleibt zu hoffen, dass die sich<br />

abzeichnenden Innovationen innerhalb der Suchthilfe zu Gunsten dieser<br />

Personengruppen zu einer Intensivierung der Hilfemaßnahmen und der<br />

Professionalisierung führen werden. Schließlich ist noch anzumerken, dass Hilfen für<br />

Partner und Kinder von Alkoholabhängigen sich in gegenseitiger Abstimmung<br />

ergänzen und befruchten können. Die Zielgröße heißt dann Hilfen für die von Sucht<br />

belastete Familie.<br />

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Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. Michael <strong>Klein</strong><br />

Katholische Fachhochschule Nordrhein-Westfalen<br />

Forschungsschwerpunkt Sucht<br />

Abteilung Köln<br />

Wörthstraße 10<br />

D - 50668 Köln<br />

In den 70er Jahren wurde das Konzept dann weiter generalisiert. Man ging nicht mehr davon<br />

aus, daß die Ehefrau die Co-Abhängigkeit innerhalb der Partnerschaft entwickelte, sondern<br />

daß sie die Co-Abhängigkeit bereits in der Kindheit durch das Aufwachsen mit einem<br />

abhängigen Elternteil entwickelt hat. Demnach wählen Frauen mit entsprechenden familiären<br />

Erfahrungen in der Regel ebnfalls einen abhängigen Partner, da sie auch hier wieder<br />

Verantwortung übernehmen und daraus ihre Identität ableiten können. Anfang der 90er Jahre<br />

wurde das Konzept dann auf alle Familien übertragen, die als 'dysfunktional' angesehen<br />

werden können. Demnach entwickeln Kinder aus dysfunktionalen Familien in ihrem späteren<br />

Leben ebenfalls dysfunktionale, hilfebezogene Beziehungsmuster mit suchtbelasteten<br />

Menschen (Prest & Protinsky, 1993).<br />

Die empirische Bestätigung dieser Sichtweise steht allerdings noch aus. Fischer et al. (1992)<br />

fanden keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dysfunktionalen Merkmalen in der<br />

Herkunftsfamilie und späterem co-abhängigem Verhalten. Irwin (1995) fand bei 190<br />

Erwachsenen mit einem Durchschnittsalter von 31.5 Jahren sowohl im Codependence


Inventory (O'Brien & Gaborit, 1992) als auch auf der Spann-Fischer Codependency Scale<br />

(Fischer et al., 1991) keinen Zusammenhang zwischen dem Aufwachsen mit einem<br />

abhängigen Eltenteil und späterem co-abhängigen Verhalten. Es zeigte sich auch kein<br />

Zusammenhang zwischen traumatischen Kindheitserfahrungen und späterer Co-Abhängigkeit.<br />

Hinkin & Kahn (1995) fanden, daß Frauen mit elterlicher Abhängigkeit (Durchschnittsalter<br />

45 Jahre) und abhängigem Ehemann nicht mehr Symptome von Co-Abhängigkeit zeigten als<br />

solche Frauen ohne elterliche Abhängigkeit, deren Ehemann ebenfalls abhängig war.

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