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Das Faustpfand

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ganz verzagt. Ich habe schlechte Gefühle. Um zu den Arbeitsstellen<br />

zu gelangen, brauchen die Zwangsarbeiter<br />

aus der Konstanziagasse dreieinhalb Stunden mit<br />

der Straßenbahn, danach ist noch eine Strecke zu<br />

Fuß zurückzulegen. Der tägliche Arbeitseinsatz endet<br />

nicht vor 6, 7 Uhr abends. Am 28. Juli 1944 heißt<br />

es im Kalender: Ich bin körperlich unten durch. Die Arbeit<br />

wäre nicht schlecht, aber man gibt uns nichts zu essen.<br />

Die häufigen Eintragungen über das Essen (ungenießbar,<br />

furchtbar schlecht, furchtbar mies) korrespondieren<br />

mit Eintragungen über Diarrhöe. Bereits<br />

am 18. Juli 1944 notiert József Bihari: Vor Hunger<br />

komme ich fast um. Sein Ernährungszustand bessert<br />

sich ab 9. August zwischendurch ein wenig, als er<br />

zur Zwangsarbeit in der Mautner-Bierfabrik in der<br />

Prager Straße 20 eingeteilt wird: Wir mussten Schutt<br />

abtragen. Die Arbeit ist sehr schwer, aber in der Kantine<br />

gibt es Mittagessen und ein Krügel Bier. Zu allem Unglück<br />

wird József Bihari auch noch von diversen Abszessen<br />

gequält, die Lähmungserscheinungen am<br />

Bein und im Gesicht bessern sich nicht. Seine<br />

wieder holten Krankmeldungen werden nicht akzeptiert.<br />

Ich habe mich wieder krank gemeldet, aber man<br />

lässt mich nicht. Man muss hier krepieren, notiert er am<br />

11. September 1944. Vom freiwilligen Charakter der<br />

Arbeit für über Sechzigjährige ist längst keine Rede<br />

mehr. Bihari muss 7 Tage die Woche als Bauhilfsarbeiter<br />

und Maurer schuften, stundenlang 8 bis 10<br />

Ziegel auf einmal am Rücken in ein Stockwerk hinauftragen,<br />

Mörtel mischen und mit dem Krampen<br />

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