Das Faustpfand
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Das Faustpfand
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setzt und durch einen anderen ersetzt. Außerdem<br />
werden alle Kranken von den Gestapo-Beamten<br />
zwangsweise gesundgeschrieben, auch György: Mein<br />
Hals tut weh, ich bin schwindlig, ich friere sogar unter<br />
zwei Decken, es ist so kalt hier drinnen. Es hat noch nicht<br />
geschneit, aber am Himmel ziehen schwere Schneewolken<br />
auf. Einen Tag vor Weihnachten schreibt er in<br />
sein Schulheft: Die Kälte ist gekommen. Es friert schon<br />
so stark, dass es sogar tagsüber nicht null Grad hat. Die<br />
Zuckerrüben kann man nicht mehr ernten, da sie eingefroren<br />
sind. So ist das auch schon erledigt. […] <strong>Das</strong> Weihnachtsgeschenk<br />
war die Nachricht, dass wir nach Wien<br />
in ein Lager kommen und auch dort arbeiten werden. Am<br />
27. Dezember 1944 werden die jüdischen Arbeitssklaven<br />
vom Antonshof in ein Lager in der Kuenburggasse<br />
1 im 21. Wiener Gemeindebezirk verlegt:<br />
Der Saal, den wir bekommen haben, ist klein und<br />
kalt, aber dagegen gibt es noch eine Hilfe. […] Nur gibt es<br />
nicht genügend zu essen. Und das ist sehr schlimm. Einen<br />
Tag später beschreibt der Bub das Ungenügende,<br />
das Wenige, allzu Wenige detailliert in seinem Tagebuch:<br />
<strong>Das</strong> Essen: Jeden Tag in der Früh zwei Deziliter<br />
schwarzen Kaffee. Mittagessen: Kartoffelgemüse. Abendessen:<br />
Marmelade oder Butter. Die ganztägige Brotration<br />
ist für Erwachsene 25 Dekagramm, für Kinder 12 Dekagramm<br />
pro Person. Trotzdem ist Schwerstarbeit gefordert:<br />
Wegen Mangels an Schuhen gehen wir abwechselnd<br />
zur Arbeit. Ich schlage mit meiner Großmutter zusammen<br />
Ziegel ab. <strong>Das</strong> Mittagessen ist ausgezeichnet, aber<br />
sehr wenig, notiert György am 20. Jänner 1945. Genau<br />
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