S3_LL Bipolar Hauptartikel_2012
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Leitthema<br />
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fahren genutzt und die Kombination wird<br />
auch empfohlen, obgleich dies leider auf<br />
wenig Evidenz fußt.<br />
Therapie der akuten Episoden<br />
und Phasenprophylaxe<br />
Therapie der Manie<br />
Systematische Literaturrecherche**<br />
Screening Titel/Abstracts<br />
Screening Volltexte<br />
Qualitätsbewertung<br />
Datenextraktion<br />
Evidenzlevel pro Studie (SIGN 2 )<br />
Zusammenstellung der Evidenz<br />
Evidenzgrad pro Fragestellung<br />
/Intervention (nach GRADE 3 )<br />
Considered Judgement<br />
Empfehlung/Statement<br />
Zur Behandlung einer akuten manischen<br />
Episode spielt die Pharmakotherapie<br />
häufig eine zentralere Rolle als bei<br />
anderen Therapieindikationen im Rahmen<br />
bipolarer Erkrankungen. Insbesondere<br />
Psychotherapie (s. unten) ist auf eine<br />
aus einem Leidensdruck entstehende Veränderungsmotivation<br />
des Patienten und<br />
auf damit einhergehendes Krankheitsgefühl<br />
und Krankheitseinsicht angewiesen.<br />
Diese Aspekte sind während einer<br />
manischen Krankheitsphase aber häufig<br />
nur gering ausgeprägt. Gleichwohl stellt<br />
eine professionelle Beziehungsgestaltung<br />
und die Schaffung therapeutisch günstiger<br />
Umweltbedingungen die Basis für die<br />
Maniebehandlung noch vor dem Einsatz<br />
eines Medikaments dar.<br />
Leitlinienfragestellungen<br />
Ein- und aussgeschlossene<br />
Studien NICE Guideline 2006 1*<br />
Abb. 2 8 Entwicklungsprozess. 1 The management of bipolar disorder in adults, children and adolescents,<br />
in primary and secondary care, NICE 2006, 2 Guidelines of the Scottish Intercollegiate Guidelines<br />
Network Grading Review Group, 3 Grading of Recommendations Assessment, Development and<br />
Evaluation, *Literatur bis Mitte 2005, **ab 2005 neue Recherche mit NICE-Suchkriterien plus Recherche<br />
für zusätzliche Fragestellungen<br />
578 | Der Nervenarzt 5 · <strong>2012</strong><br />
Die Evidenzbasis ist relativ umfangreich.<br />
Wie im Algorithmus (. Abb. 3) ersichtlich,<br />
wurden für Lithium, Carbamazepin,<br />
Haloperidol, Valproinsaure sowie<br />
die atypischen Neuroleptika Aripiprazol,<br />
Olanzapin, Quetiapin, Risperidon und Ziprasidon<br />
und mit Einschränkungen auch<br />
für Asenapin und Paliperidon Empfehlungen<br />
formuliert. Auch für einige zusätzlich<br />
zu einer bestehenden Behandlung<br />
gegebenen Wirkstoffe (bei unzureichender<br />
Response auf die Monotherapie)<br />
konnten trotz sehr eingeschränkter Evidenzlage<br />
Empfehlungen formuliert werden.<br />
Auswahlkriterien sind u. a. spezifische<br />
Vorerfahrungen und der Wunsch des<br />
Patienten, die unterschiedlichen Nebenwirkungsprofile,<br />
der Bedarf nach einem<br />
sedierenden oder nichtsedierenden Pharmakon<br />
und die Eignung eines Antimanikums<br />
zur anschließenden Fortführung<br />
als Phasenprophylaktikum. Zur Information<br />
für die Entscheidung sind spezifische<br />
Profile möglicher Interaktionen und unerwünschter<br />
Wirkungen in der Leitlinie<br />
aufgeführt. Für den Einsatz von Lamotrigin,<br />
Oxcarbazepin, zur zusätzlichen Gabe<br />
von Amisulprid zu Valproat und zur<br />
Kombination zweier Stimmungsstabilisierer<br />
konnten keine Empfehlungen formuliert<br />
werden (meist aufgrund fehlender<br />
adäquater Evidenz). Für die Monotherapie<br />
mit weiteren Substanzen, für die<br />
ein antimanischer Effekt diskutiert wird<br />
(Phenytoin, Zonisamid, Retigabin, Topiramat,<br />
Gabapentin, Pregabalin, Tiagabin,<br />
Chlorpromazin, Tamoxifen, Calciumantagonisten<br />
und Memantin) wurden aus<br />
demselben Grunde keine Empfehlungen<br />
formuliert. Abgeraten wird vor der zusätzlichen<br />
Gabe von Levitiracetam zu Valproat,<br />
und von Topiramat oder Gabapentin<br />
zu Lithium oder Valproat.<br />
Psychotherapie in manischen oder<br />
hypomanischen Zuständen zu beginnen<br />
oder fortzusetzen, kann unter bestimmten<br />
Bedingungen sinnvoll sein (z. B. Kontakthalten<br />
und Motivation für Veränderung<br />
schaffen, wenn die akute manische<br />
Symptomatik im Rahmen einer bereits<br />
bestehenden Psychotherapie auftritt oder<br />
wenn Betroffene (oder deren Angehörige)<br />
in diesem Zustand gezielt Hilfe aufsuchen).<br />
Eine psychotherapeutische Begleitung<br />
in hypomanischen und manischen<br />
Zuständen zielt einerseits auf eine Stabilisierung<br />
und Reduktion der Symptomatik<br />
bei den Betroffenen selbst hin (z. B. durch<br />
Stimuluskontrolle, Aktivitätsplan, Reduktion<br />
von Stimulation, Strategien zur Energieabfuhr),<br />
aber sie kann auch helfen, die<br />
emotionale Expressivität in Familie und<br />
Partnerschaften zu reduzieren oder vor<br />
einer Eskalation zu schützen. Ein Einüben<br />
von klaren Kommunikationsregeln<br />
– idealerweise unter Einbezug der Bezugspersonen<br />
in der Therapie – ist hierbei hilfreich,<br />
auch und vor allem unter Berücksichtigung<br />
von potenziell reizbaraggressivem<br />
Verhalten.<br />
Bei den nichtmedikamentösen somatischen Therapieverfahren<br />
ist die Evidenzlage<br />
insgesamt sehr begrenzt. Vor allem<br />
in Fällen von Pharmakotherapieresistenz<br />
kommt eine Elektrokonvulsionstherapie<br />
(EKT) infrage. Die repetitive transkranielle<br />
Magnetstimulation (rTMS) wird noch<br />
als experimentelles Verfahren angesehen,<br />
zu dem keine ausreichenden Daten vorliegen,<br />
die den Einsatz der rTMS bei Manie<br />
unterstützen. Ein therapeutischer Schlafentzug<br />
ist kontraindiziert.<br />
Ein Algorithmus zur Behandlung der<br />
Manie ist in . Abb. 3 dargestellt.