Fallbeispiel für WU-Vorlesung - Rechtsfragen der elektronischen ...
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Dr. Hans Peter Lehofer<br />
Telekommunikationsrecht<br />
<strong>Vorlesung</strong> 29. November 2007<br />
<strong>Fallbeispiel</strong><br />
Marktdefinition – Marktanalyse – spezifische<br />
Verpflichtungen<br />
„Markt <strong>für</strong> Auslandsgespräche <strong>für</strong> Nichtprivatkunden"<br />
vgl S 86 bis 88 des Skriptums<br />
In dieser <strong>Vorlesung</strong>seinheit soll beispielhaft die Regulierung eines konkreten<br />
Marktes erörtert und anhand <strong>der</strong> Rechtsvorschriften und <strong>der</strong> Entscheidungen <strong>der</strong><br />
Regulierungsbehörde und des Verwaltungsgerichtshofes nachvollzogen werden.<br />
Es handelt sich um einen konkreten Praxisfall, allerdings wird er hier zu<br />
Unterrichtszwecken grob vereinfacht dargestellt.<br />
Relevante Unterlagen dazu sind neben dem TKG 2003 und den einschlägigen<br />
Bestimmungen <strong>der</strong> Rahmen-RL und <strong>der</strong> Zugangs-RL die „Märkteempfehlung“ und<br />
die „SMP-Leitlinien“ <strong>der</strong> Europäischen Kommission, die TKMVO 2003, die<br />
Bescheide <strong>der</strong> Telekom-Control-Kommission vom 4.2.2005, M 6/03-60, und vom<br />
20. März 2006, M 6/03-85, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes<br />
vom 22.11.2005, 2005/03/0109.<br />
Für die Besprechung des <strong>Fallbeispiel</strong>s wesentliche Ausschnitte aus diesen<br />
Dokumenten sind in den Materialien zusammengestellt. Wer sich <strong>für</strong> alle Details<br />
interessiert, sei auf die veröffentlichten Bescheide <strong>der</strong> Regulierungsbehörde<br />
(www.rtr.at) sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (mit Angabe <strong>der</strong><br />
Geschäftszahl abrufbar im Rechtsinformationssystem www.ris.bka.gv.at/vwgh)<br />
verwiesen.<br />
1
Erster Ausgangspunkt: das Gesetz<br />
Das TKG 2003 dient <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des Wettbewerbs (vgl § 1 Abs 1 TKG 2003);<br />
durch Maßnahmen <strong>der</strong> Regulierung sollen nach § 1 Abs 2 TKG 2003 bestimmte<br />
Ziele erreicht werden, darunter ua die Sicherstellung eines chancengleichen und<br />
funktionsfähigen Wettbewerbs.<br />
Maßnahmen <strong>der</strong> Wettbewerbsregulierung, durch die die Regulierungsbehörde<br />
(NRB) die Ziele des § 1 Abs 2 zu verwirklichen hat, finden sich im 5. Abschnitt<br />
des TKG 2003 (§§ 43 bis 50).<br />
Nach § 36 TKG 2003 hat die Regulierungsbehörde die relevanten nationalen<br />
Märkte festzulegen:<br />
- im Einklang mit den Grundsätzen des allgemeinen Wettbewerbsrechts<br />
- unter Bedachtnahme „auf die Bestimmungen <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaften“<br />
(gemeint ist insbeson<strong>der</strong>e die „Märkteempfehlung“)<br />
Verfahrenstechnisch ist vorgesehen, dass die Regulierungsbehörde eine<br />
Verordnung zu erlassen hat; beabsichtigt die NRB, dabei von <strong>der</strong><br />
„Märkteempfehlung“ <strong>der</strong> Europäischen Kommission abzuweichen, ist ein<br />
Koordinations- und Konsultationsverfahren durchzuführen (vgl §§ 128 und 129<br />
TKG 2003).<br />
Welche Regulierungsbehörde hat die Marktdefinition durchzuführen?<br />
Wie bestimmt sich <strong>der</strong>en Zuständigkeit?<br />
Vgl §§ 115, 117, 120 TKG 2003<br />
Was unterscheidet die Verordnung in „verfahrensrechtlicher“ Hinsicht (Zustandekommen)<br />
von einem Bescheid? Welche Bedeutung hat eine Verordnung <strong>für</strong> die<br />
Regulierungsbehörde, die in <strong>der</strong> Folge die Marktanalyse durchführt?<br />
Wie kann sich ein betroffenes Unternehmen gegen die Verordnung wehren?<br />
Märkteempfehlung<br />
Warum sind „Auslandsgespräche <strong>für</strong> Nichtprivatkunden“ ein eigener Markt?<br />
Dazu als Nächstes ein Blick in die Märkte-Empfehlung <strong>der</strong> Europäischen<br />
Kommission; <strong>der</strong>en Erwägungsgrund 9 lautet:<br />
„Die Identifikation von Märkten in Übereinstimmung mit Grundsätzen des<br />
Wettbewerbsrechts soll auf Grundlage <strong>der</strong> folgenden drei Kriterien erfolgen.<br />
i) Es bestehen beträchtliche, anhaltende strukturell o<strong>der</strong> rechtlich<br />
bedingte Zugangshin<strong>der</strong>nisse. Angesichts des dynamischen<br />
Charakters und <strong>der</strong> Funktionsweise <strong>der</strong> Märkte <strong>für</strong> elektronische<br />
Kommunikation sind jedoch bei <strong>der</strong> Erstellung einer vorausschauenden<br />
Analyse zur Ermittlung <strong>der</strong> relevanten Märkte <strong>für</strong> eine etwaige<br />
Vorabregulierung <strong>für</strong> Möglichkeiten zum Abbau <strong>der</strong> Hin<strong>der</strong>nisse vor<br />
einem bestimmten Zeithorizont zu berücksichtigen. Daher sind<br />
ii) nur diejenigen Märkte aufzuführen, die nicht innerhalb des<br />
betreffenden Zeitraums zu wirksamem Wettbewerb tendieren. Bei<br />
<strong>der</strong> Zugrundelegung dieses Kriteriums ist <strong>der</strong> Stand des Wettbewerbs<br />
hinter den Zugangsschranken zu prüfen.<br />
iii) Dem betreffenden Marktversagen kann mit Hilfe des Wettbewerbsrechts<br />
allein nicht entgegengewirkt werden.“<br />
2
In Z. 6 des Anhangs zur Märkteempfehlung ist <strong>der</strong> Markt „Öffentliche<br />
Auslandstelefonverbindungen <strong>für</strong> an<strong>der</strong>e Kunden an festen Standorten“<br />
angeführt (da in Z 4 <strong>der</strong> Markt <strong>für</strong> Privatkunden beschrieben ist, handelt es sich<br />
bei den „an<strong>der</strong>en Kunden“ daher um „Nicht-Privatkunden“).<br />
Welche Bedeutung haben Empfehlungen <strong>der</strong> Europäischen Kommission im<br />
Bereich <strong>der</strong> Regulierung elektronischer Kommunikationsnetze und –dienste?<br />
Vgl Art 15 und 16 Abs 1 RahmenRL, §§ 34 Abs 3 und 36 Abs 2 und 3 TKG 2003<br />
Die Marktdefinition hat eine sachliche und eine räumliche Dimension. Der<br />
sachlich relevante Markt umfasst „sämtliche Erzeugnisse und/o<strong>der</strong> Dienstleistungen,<br />
die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und<br />
ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar o<strong>der</strong> substituierbar<br />
angesehen werden."<br />
Der räumlich relevante Markt umfasst „das Gebiet, in dem die beteiligten<br />
Unternehmen die relevanten Produkte o<strong>der</strong> Dienstleistungen anbieten, in dem die<br />
Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von benachbarten<br />
Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen<br />
unterscheidet."<br />
Zur Vornahme <strong>der</strong> Marktabgrenzung sind die wesentlichen Wettbewerbskräfte,<br />
denen die Unternehmen unterliegen, zu beurteilen. Unmittelbarste und<br />
wirksamste disziplinierende Kraft, die auf Anbieter eines gegebenen Produkts<br />
einwirkt, ist die Austauschbarkeit auf <strong>der</strong> Nachfrageseite (Nachfragesubstitution).<br />
Ein Unternehmen kann die Verkaufsbedingungen, insbeson<strong>der</strong>e den Preis,<br />
dann nicht erheblich beeinflussen, wenn die Kunden in <strong>der</strong> Lage sind, ohne<br />
weiteres auf Substitute <strong>für</strong> das angebotene Produkt o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>e Anbieter<br />
auszuweichen. Die zweite wesentliche Wettbewerbskraft ist die Angebotsumstellungsflexibilität<br />
an<strong>der</strong>er Unternehmer, die das bestimmte Produkt nicht<br />
aktuell anbieten (Angebotssubstituierbarkeit); können diese ohne wesentliche<br />
Zusatzkosten und Risiken ihre eigene Produktion umstellen und kurzfristig das<br />
jeweilige Produkt auf den Markt bringen, so geht auch davon eine<br />
disziplinierende Wirkung auf den aktuellen Hersteller des Produktes aus. In<br />
ähnlicher Weise, allerdings nicht so unmittelbar, wirkt auch <strong>der</strong> potenzielle<br />
Wettbewerb durch neu auf den Markt eintretende Unternehmen.<br />
Was ist die klassische Methode zur Beurteilung <strong>der</strong> Nachfrage- und<br />
Angebotssubstituierbarkeit? Vgl Rz 40 bis 43 <strong>der</strong> SMP-Leitlinien<br />
Ist je<strong>der</strong> nach dieser Methode abgegrenzte Markt „relevant“ <strong>für</strong> die Regulierung?<br />
Vgl Erwägungsgrund 9 <strong>der</strong> Märkteempfehlung<br />
TKMVO 2003<br />
Die Marktdefinition auf innerstaatlicher Ebene im Telekommunikationsbereich<br />
erfolgte durch die am 17.10.2003 in Kraft getretene TKMVO 2003 (mittlerweile<br />
durch eine Novelle vom 2.5.2005 ergänzt). Markt Nr. 6 in dieser Verordnung ist<br />
<strong>der</strong> Markt <strong>für</strong> „Auslandsgespräche <strong>für</strong> Nichtprivatkunden über das öffentliche<br />
Telefonnetz an festen Standorten (Endkundenmarkt)“ Die Erläuterungen zur<br />
TKMVO halten dazu Folgendes fest:<br />
3
„Im Ausland tätige Kommunikationsnetzbetreiber, die aus dem Inland kommenden<br />
Verkehr transitieren bzw. terminieren, sind gegebenenfalls an<strong>der</strong>en regulatorischen<br />
Bedingungen unterworfen als im Inland tätige Kommunikationsnetzbetreiber. Da im<br />
Inland tätige Betreiber zur Durchführung von Auslandsgesprächen auf oben genannte<br />
Vorleistungen zurückgreifen müssen, unterschiedliche wettbewerbliche Gegebenheiten<br />
vorliegen und darüber hinaus unterschiedliche Verrechnungsregimes (z.B. Accounting<br />
Rate Regime) zur Anwendung kommen, ist von einem eigenen und einheitlichen Markt<br />
<strong>für</strong> Auslandsgespräche auszugehen.<br />
Aufgrund unterschiedlicher Nachfragecharakteristik und an<strong>der</strong>en Formen <strong>der</strong><br />
Marktbearbeitung durch Anbieter sind Privat- und Nichtprivatkunden getrennten Märkten<br />
zuzurechnen.<br />
Dieser Markt beinhaltet auch Wählverbindungen über Fax und Modem.<br />
Nichtprivatkunden im Sinne dieser Bestimmung sind alle juristischen Personen und<br />
Körperschaften des öffentlichen o<strong>der</strong> privaten Rechts, Personengesellschaften,<br />
eingetragene Erwerbsgesellschaften und Gesellschaften bürgerlichen Rechts sowie<br />
natürliche und juristische Personen, die Unternehmer im Sinne von § 1 Konsumentenschutzgesetz,<br />
BGBl Nr. 140/1979 idgF sind. Vorbereitungsgeschäfte im Sinne von § 1 Abs<br />
3 leg cit sind <strong>für</strong> Zwecke <strong>der</strong> gegenständlichen Marktabgrenzungen den jeweiligen<br />
Märkten <strong>für</strong> Nichtprivatkunden zuzurechnen.“<br />
Was unterscheidet Endkunden- von Vorleistungsmärkten?<br />
Marktanalyse<br />
Was ist das Ziel <strong>der</strong> Marktanalyse? Vgl Art 16 Rahmen-RL und § 37 TKG2003<br />
Ausgangspunkt sind die in <strong>der</strong> TKMVO definierten Märkte, daher ua auch <strong>der</strong><br />
Markt <strong>für</strong> Auslandsgespräche <strong>für</strong> Nichtprivatkunden.<br />
Die Verfahrenseinleitung erfolgt gemäß § 37 Abs 1 TKG 2003 von Amts wegen;<br />
zuständige Regulierungsbehörde ist gemäß § 117 Z 6 TKG 2003 die Telekom-<br />
Control-Kommission.<br />
Wer verfügt auf dem zu analysierenden Markt über beträchtliche Marktmacht?<br />
Dies ist nach den in § 35 TKG 2003 (Art 14 Rahmen-RL) enthaltenen Kriterien zu<br />
untersuchen.<br />
Woher leitet sich die Definition <strong>der</strong> „beträchtlichen Marktmacht“ im TKG 2003<br />
(bzw in <strong>der</strong> Rahmen-RL) ab? Vgl zB Erwägungsgründe 25 und 27 RahmenRL<br />
Zur Anwendung <strong>der</strong> Kriterien auf den konkreten Markt vgl insb S. 6 bis 14 des<br />
Bescheides M 6/03-60 <strong>der</strong> Telekom-Control-Kommission vom 4.2.2005 (in <strong>der</strong> im<br />
Web veröffentlichten Version). Untersucht wurden (ua) Marktentwicklung und<br />
Marktanteile, vertikale Integration, Marktzutrittsbarrieren, Preise, Performance<br />
(Umsatzrentabilität), technologisches Entwicklungspotential und nachfrageseitige<br />
Gegenmacht.<br />
Auf Basis dieser Untersuchung werden im Bescheid folgende<br />
Wettbewerbsprobleme festgestellt:<br />
„Die Wettbewerbsproblematik liegt am vorliegenden Markt, wie eingangs ausgeführt,<br />
primär in <strong>der</strong> Beständigkeit <strong>der</strong> Marktbarrieren. Als Beleg da<strong>für</strong> zeichnete sich in letzter<br />
Zeit eine Phase <strong>der</strong> Konsolidierung <strong>der</strong> Marktanteile <strong>der</strong> Telekom Austria auf hohem<br />
4
Niveau (rund 60%) ab. Alternative Anbieter können die Nachfrager nur mit spürbaren<br />
Preisvorteilen zum Überwinden <strong>der</strong> existierenden Wechselbarrieren bewegen. Diese sind<br />
im gegenständlichen Markt deshalb vergleichsweise hoch, als Zuverlässigkeitsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
und sonstige Qualitätsmerkmale hier beson<strong>der</strong>s wichtig sind und marktrelevante<br />
Leistungen häufig in Form von Projektgeschäften bezogen werden. Sowohl tatsächliche<br />
Qualitätsvorsprünge auf Seiten <strong>der</strong> Telekom Austria aufgrund höherwertiger und vor<br />
allem eigener Infrastruktur o<strong>der</strong> <strong>der</strong> historisch gewachsenen internationalen (Partner-)Netzstruktur<br />
als auch subjektiv von Nachfragern empfundene Vorteile erklären<br />
solche Wechselbarrieren.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Wechselkosten besteht die Gefahr, dass Telekom Austria ihre Marktmacht<br />
zum Nachteil <strong>der</strong> Nichtprivatkunden ausübt und überhöhte Endkundenpreise zur<br />
Anwendung bringt. Weiters besteht die Gefahr <strong>der</strong> horizontalen Marktmachtübertragung<br />
durch Anbieten von Bündelprodukten, die von Mitbewerbern nur bedingt repliziert werden<br />
können. Diese Problematik wird auf dem vorliegenden Markt durch die hohe Bedeutung<br />
individueller Gesamtlösungen noch verschärft.“<br />
Was versteht man unter „leveraging“ – vgl § 35 Abs 5 TKG 2003 (Art 14 Abs 3<br />
RahmenRL)?<br />
Spezifische Verpflichtungen<br />
Ergebnis <strong>der</strong> Marktanalyse ist die Feststellung, ob ein o<strong>der</strong> mehrere<br />
Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen o<strong>der</strong> aber effektiver<br />
Wettbewerb gegeben ist. Je nach Ergebnis sind im Anschluss daran die<br />
spezifischen Verpflichtungen aufzuheben, beizubehalten, zu än<strong>der</strong>n o<strong>der</strong><br />
aufzuerlegen.<br />
Welche „spezifische Verpflichtungen“ gibt es? Vgl die Hinweise in Art 16 Abs 2<br />
Rahmen-RL und § 37 Abs 2 TKG 2003<br />
Was ist bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> spezifischen Verpflichtungen inhaltlich zu<br />
berücksichtigen? Vgl zB Art 8 RahmenRl und § 34 Abs 1 TKG 2003.<br />
Welche Beson<strong>der</strong>heiten gelten <strong>für</strong> Endkundenmärkte? Vgl § 43 TKG 2003<br />
Spezifische Verpflichtungen müssen geeignet sein, den auf dem jeweiligen Markt<br />
bestehenden Wettbewerbsproblemen, die in <strong>der</strong> Marktanalyse festgestellt<br />
werden, entgegenzuwirken.<br />
Was ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht bei <strong>der</strong> Auferlegung spezifischer<br />
Verpflichtungen zu berücksichtigen? Vgl Art 16 Abs 6 und Art 6 und 7 RahmenRL,<br />
§§ 128 und 129 TKG 2003; vgl auch S. 51 bis 54 des Bescheides M 6/03-60.<br />
Im konkreten Markt wurden folgende spezifische Verpflichtungen festgelegt:<br />
Genehmigungspflicht <strong>für</strong> Endkundenentgelte und AGB; Kostenorientierungsverpflichtung<br />
<strong>für</strong> Endkundenentgelte, getrennte Buchführung.<br />
Woraus ergeben sich – nach diesem Bescheid – die konkret zu verrechnenden<br />
Verbindungsentgelte?<br />
Welche Möglichkeiten stehen <strong>der</strong> Telekom Austria AG zur Verfügung, um eine<br />
Aufhebung/Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verpflichtungen zu erreichen? Vgl § 121 Abs 5, § 37<br />
Abs 1 TKG 2003<br />
5
Rechtsbehelfsverfahren<br />
Der Bescheid <strong>der</strong> Regulierungsbehörde wurde von <strong>der</strong> Telekom Austria AG beim<br />
Verwaltungsgerichtshof angefochten.<br />
Welche gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bestehen <strong>für</strong> das<br />
Rechtsbehelfsverfahren? Vgl Art 4 Rahmenrichtlinie<br />
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Bescheid <strong>der</strong> Telekom-Control-Kommission<br />
mit Erkenntnis vom 22.11.2005, 2005/03/0109, aufgehoben. Dabei wurden die<br />
Einwendungen <strong>der</strong> Beschwerdeführerin gegen die Feststellung <strong>der</strong> beträchtlichen<br />
Marktmacht als nicht zutreffend beurteilt; die Aufhebung erfolgte wegen <strong>der</strong><br />
unzureichenden Begründung <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Regulierungsinstrumente. Im<br />
Folgenden wesentliche Ausschnitte aus <strong>der</strong> Entscheidung des VwGH:<br />
„Die Beurteilung <strong>der</strong> Marktposition [hat] stets in einer Gesamtschau unter<br />
Berücksichtigung all jener - in § 35 Abs 2 TKG 2003 demonstrativ aufgezählten, <strong>der</strong><br />
Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht <strong>der</strong> Gemeinschaft entsprechenden - Kriterien zu<br />
erfolgen..., die <strong>für</strong> den zu untersuchenden Markt in <strong>der</strong> jeweiligen Wettbewerbssituation<br />
relevant sind. Das Vorliegen beträchtlicher Marktmacht im Sinne des § 35 Abs 1 TKG<br />
2003 kann aus einer Kombination dieser Kriterien abgeleitet werden, die <strong>für</strong> sich alleine<br />
genommen nicht notwendigerweise entscheidend sind“.<br />
„Wie <strong>der</strong> Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. September 2005, Zl<br />
2005/03/0088, ausgeführt hat, hat die Telekom-Control-Kommission gemäß § 37 Abs 2<br />
TKG 2003, wenn sie feststellt, dass ein Unternehmen auf dem relevanten Markt über<br />
beträchtliche Marktmacht verfügt und somit kein effektiver Wettbewerb besteht,<br />
zwingend geeignete spezifische Verpflichtungen aufzuerlegen und damit eine Auswahl<br />
unter den gesetzlich vorgesehenen Regulierungsinstrumenten vorzunehmen. Gemäß § 34<br />
Abs 1 TKG 2003 hat die Telekom-Control-Kommission dabei insbeson<strong>der</strong>e den Maßstab<br />
<strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit zu wahren. Unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit<br />
<strong>der</strong> Auferlegung spezifischer Verpflichtungen ist nicht zu prüfen, ob eine Verpflichtung<br />
auferlegt wird, son<strong>der</strong>n lediglich welche <strong>der</strong> nach dem Gesetz grundsätzlich in Betracht<br />
kommenden Verpflichtungen zur Behebung des Wettbewerbsproblems geeignet und<br />
erfor<strong>der</strong>lich sind; stehen mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl, ist die am<br />
wenigsten belastende zu wählen.“<br />
„Neben dem allgemeinen Grundsatz <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit (§ 34 Abs 1 TKG 2003) ist<br />
bei <strong>der</strong> Auferlegung von spezifischen Verpflichtungen auf Endkundenmärkten auch <strong>der</strong><br />
Grundsatz <strong>der</strong> Subsidiarität <strong>der</strong> Endkundenmärkte-Regulierung nach § 43 Abs 1 Z 2 TKG<br />
2003 zu berücksichtigen; demnach ist Voraussetzung <strong>für</strong> die Auferlegung <strong>der</strong> in § 43 Abs<br />
2 und 3 TKG 2003 vorgesehenen spezifischen Verpflichtungen, dass spezifische Verpflichtungen<br />
nach §§ 38 bis 42 (Verpflichtungen auf Vorleistungsmärkten) o<strong>der</strong> § 46 (Verbindungsnetzbetreiber[vor]auswahl)<br />
nicht zur Erreichung <strong>der</strong> in § 1 Abs 2 TKG 2003<br />
vorgegebenen Ziele führen würden.“<br />
„Die nach § 43 Abs 1 Z 2 TKG 2003 vorzunehmende Beurteilung, dass die dort<br />
genannten spezifischen Verpflichtungen nicht zur Erreichung <strong>der</strong> in § 1 Abs 2 TKG 2003<br />
vorgegebenen Ziele führen würden, erfor<strong>der</strong>t eine Prognoseentscheidung über die Auswirkungen<br />
aller dieser Maßnahmen <strong>der</strong> ‚Vorleistungsregulierung’ auf den verfahrensgegenständlichen<br />
Endkundenmarkt. Die belangte Behörde hat in Verkennung <strong>der</strong><br />
Rechtslage lediglich zwei spezifische Verpflichtungen in ihre Beurteilung einbezogen; sie<br />
hat nicht dargelegt, ob und gegebenenfalls in welcher Weise weitere <strong>der</strong> Beschwerdeführerin<br />
auferlegte o<strong>der</strong> aufzuerlegende spezifische Verpflichtungen nach den §§ 38 bis<br />
42 TKG 2003 Auswirkungen auf die Erfor<strong>der</strong>lichkeit von Regulierungsmaßnahmen nach<br />
§ 43 Abs 2 und 3 TKG 2003 haben. Sie hat damit, wie die Beschwerdeführerin unter<br />
Hinweis (ua) auf Erwägungsgrund 26 zur Universaldienstrichtlinie zutreffend aufzeigt, die<br />
‚gebührende Prüfung’ <strong>der</strong> Instrumente <strong>der</strong> Vorleistungsregulierung unterlassen und den<br />
angefochtenen Bescheid daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.<br />
6
Welche Folgen hat ein aufhebendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes?<br />
Nach § 63 Abs 1 VwGG sind „die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden<br />
Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich<br />
den <strong>der</strong> Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden<br />
Rechtszustand herzustellen“<br />
Fortgesetztes Verfahren<br />
Die Telekom-Control-Kommission hat im fortgesetzten Verfahren mit Bescheid<br />
vom 20.3.2006, M 6/03-85, neuerlich die beträchtliche Marktmacht <strong>der</strong> Telekom<br />
Austria AG auf diesem Markt festgestellt. Nach Prüfung (und Verneinung) <strong>der</strong><br />
Frage, ob die identifizierten Wettbewerbsprobleme auf diesem Markt durch<br />
Vorleistungsregulierungsinstrumente unter Berücksichtigung des regulierungsrelevanten<br />
Zeitraums von 1-2 Jahren „hinreichend angegangen werden können“,<br />
wurden neuerlich die Genehmigungspflicht <strong>für</strong> Endkundenentgelte und AGB sowie<br />
die Verpflichtung zur Kostenorientierung <strong>für</strong> Endkundenentgelte und zur<br />
getrennten Buchführung als spezifische Verpflichtungen auferlegt.<br />
7