Die Bedeutung der aktuellen Gentechnik-Gesetzesdebatte in der ...
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<strong>Die</strong> aktuelle <strong>Gentechnik</strong>-Gesetzgebung <strong>der</strong> EU<br />
14<br />
auf die damalige Begründung <strong>der</strong> WTO:<br />
Trotz <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> EU hatte die<br />
WTO darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass e<strong>in</strong> WTO-<br />
Mitglied nicht nur das Recht hat, auf se<strong>in</strong>em<br />
Hoheitsgebiet das Maß an Gesundheitsschutz<br />
zu bestimmen, das es für angemessen<br />
hält, son<strong>der</strong>n darüber h<strong>in</strong>aus<br />
auch berechtigt ist, Schutzmaßnahmen<br />
nicht alle<strong>in</strong> auf <strong>der</strong> Basis e<strong>in</strong>er qualitativen<br />
Risikobewertung und <strong>der</strong> vorherrschenden<br />
wissenschaftlichen Auffassung<br />
zu treffen.<br />
Offene Fragen und Probleme<br />
Nicht nur die sehr unterschiedlichen Reaktionen<br />
auf die beiden neuen EU-<strong>Gentechnik</strong>-Regelungen<br />
(Novel Food/Feed<br />
und Rückverfolgbarkeit) zeigen, dass weiterh<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e Reihe von offenen Fragen und<br />
damit dr<strong>in</strong>gen<strong>der</strong> Handlungsbedarf bestehen.<br />
Während beispielsweise das Europaparlament<br />
be<strong>in</strong>ahe fraktionsübergreifend<br />
und mit ihnen <strong>der</strong> Großteil <strong>der</strong><br />
Politiker <strong>in</strong> den Mitgliedsstaaten die Gesetze<br />
als großen Fortschritt feiert, hagelt<br />
es seitens <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong>lobby und <strong>der</strong><br />
Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen<br />
Kritik. Selbstverständlich nicht e<strong>in</strong>hellig,<br />
im Gegenteil: Während die <strong>Gentechnik</strong>-Industrie<br />
den politischen Entscheidungsträgern<br />
e<strong>in</strong>e Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungsstrategie<br />
vorwirft, vertreten Umweltund<br />
Verbraucherschützer die Auffassung,<br />
dass <strong>der</strong> Kennzeichnungs-Grenzwert von<br />
0,9 Prozent und das Nichtkennzeichnen<br />
von Erzeugnissen von Tieren, die mit<br />
GVO gefüttert wurden, zwangsläufig zu<br />
e<strong>in</strong>er schleichenden Kontam<strong>in</strong>ation und<br />
damit zur Aufkündigung <strong>der</strong> vielgepriesenen<br />
Koexistenz kommt. Ganz zu<br />
schweigen von den fehlenden Regelungen<br />
für die Gestaltung des friedlichen<br />
Nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>s von GVO-freier und<br />
GVO-nutzen<strong>der</strong> Landwirtschaft sowie zur<br />
Haftung.<br />
<strong>Die</strong> Etablierung <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong> ist im<br />
hohem Maße von <strong>der</strong> öffentlichen Akzep-<br />
tanz abhängig. Politische Entscheidungen,<br />
öffentliche Gel<strong>der</strong> für die Forschung<br />
und praktische Umsetzung etwa <strong>in</strong> Form<br />
von Freisetzungen von GVO werden direkt<br />
von <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung <strong>der</strong> Verbraucher<strong>in</strong>nen<br />
und Verbraucher bee<strong>in</strong>flusst. <strong>Die</strong><br />
<strong>Gentechnik</strong>gesetzgebung <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU und<br />
<strong>der</strong> Flop <strong>der</strong> Flaver Saver-Tomate (sogenannte<br />
„Antimatschtomate“), die sich<br />
trotz enormer Werbeanstrengungen nicht<br />
verkaufen ließ, zeigen dies <strong>in</strong> aller Deutlichkeit.<br />
<strong>Die</strong> Ablehnung <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
Landwirtschaft und <strong>in</strong> Lebensmitteln hat<br />
ihre Ursachen hauptsächlich <strong>in</strong> den bisherigen<br />
Anwendungsbereichen. Gentechnisch<br />
herbeigeführte Herbizid- und<br />
Insektenresistenzen, 90 % <strong>der</strong> bisherigen<br />
Innovationen <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong>, mögen <strong>in</strong>teressant<br />
se<strong>in</strong> für den Landwirt, die Anti-<br />
Matsch-Tomate kommt den Transportunternehmen<br />
und den Verarbeitern entgegen.<br />
In diesen produktions- und transporttechnischen<br />
Entwicklungen <strong>der</strong> bisherigen<br />
<strong>Gentechnik</strong> sehen die Konsumenten<br />
ke<strong>in</strong>en Vorteil für sich, zumal <strong>der</strong> deklarierte<br />
zusätzliche Umweltnutzen zum<br />
Beispiel durch weniger Herbizide<strong>in</strong>satz<br />
sich bisher nicht bewahrheitet hat und die<br />
Lebensmittelpreise auch nicht reduziert<br />
wurden. So verwun<strong>der</strong>t es nicht, dass sich<br />
die <strong>Gentechnik</strong>-Industrie nach zugkräftigeren<br />
Argumenten umschaut, um<br />
die öffentliche Me<strong>in</strong>ung für sich zu gew<strong>in</strong>nen.<br />
<strong>Die</strong> Diskussionen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> so fern für den Süden von<br />
hoher <strong>Bedeutung</strong>, weil hier Entwicklungen<br />
und Entscheidungen mit möglicherweise<br />
weltweiter Relevanz vollzogen werden.<br />
Es sei an dieser Stelle an die große Verantwortung<br />
von Wissenschaft und Politik<br />
er<strong>in</strong>nert. Denn angesichts <strong>der</strong> Nicht-<br />
Rückholbarkeit von sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Natur<br />
verselbstständigenden GVO-Systemen<br />
kommt dem Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Vorsorge und <strong>der</strong><br />
Vorbeugung (Precausenary Pr<strong>in</strong>ciple) e<strong>in</strong>e<br />
beson<strong>der</strong>e Rolle zu.