Wirtschaft & Steuern aktuell - MDS Möhrle & Partner
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2<br />
Leitartikel<br />
Dokumentation von Verrechnungspreisen bei kleinen und mittleren<br />
Unternehmen<br />
In den letzten Jahren kommt – sowohl seitens<br />
des Steuerpflichtigen als auch seitens der<br />
Finanzverwaltung – den Fragen der internationalen<br />
Einkunftsabgrenzung wachsende Bedeutung<br />
zu. Dies spiegelt sich in einer steigenden<br />
Zahl von Verwaltungsanweisungen und Gerichtsentscheidungen,<br />
aber auch einer zunehmenden<br />
Aktivität des Gesetzgebers auf diesem Themengebiet<br />
wider. Heute ist eine grenzüberschreitende<br />
Geschäftstätigkeit ab einer bestimmten<br />
Unternehmensgröße eher die Regel und nicht<br />
– wie noch vor einigen Jahren – die Ausnahme.<br />
Betroffen sind daher nicht nur multinationale<br />
Unternehmen, sondern verstärkt auch kleine<br />
und mittlere Unternehmen (KMU).<br />
Infolge der jüngsten <strong>Wirtschaft</strong>s- und Finanzmarktkrisen<br />
besteht eine verstärkte Neigung<br />
bei vielen Finanzverwaltungen und Gesetzgebern,<br />
gerade grenzüberschreitende Sachverhalte<br />
besonders kritisch zu hinterfragen und deren<br />
steuerliche Anerkennung dem Grunde und der<br />
Höhe nach von besonderen Dokumentations- und<br />
Nachweispflichten abhängig zu machen. Außerdem<br />
soll verhindert werden, dass Besteuerungssubstrat<br />
in das Ausland verlagert und damit das<br />
eigene Steueraufkommen beeinträchtigt wird.<br />
So wird in den letzten Jahren bei Betriebsprüfungen,<br />
häufig durch sog. Fachprüfer für<br />
Außensteuerfragen, auch bei KMU ein Schwerpunkt<br />
im Bereich der Auslandssachverhalte<br />
und der Überprüfung von Verrechnungspreisen<br />
im Verhältnis zu nahestehenden Unternehmen<br />
im Ausland gesetzt. In der Praxis führt dies in<br />
steigendem Maße zu Einkommenskorrekturen,<br />
deren Brisanz darin liegt, dass diese nachträglichen<br />
Korrekturen zu Gunsten des deutschen<br />
Fiskus oft nicht mehr korrespondierend bei der<br />
ausländischen Finanzverwaltung durchgesetzt<br />
werden können.<br />
Der Angemessenheit von Verrechnungspreisen<br />
sollte daher auch bei KMU große Aufmerksamkeit<br />
zuteil werden. Die seit 2003 gesetzlich<br />
geregelte Verrechnungspreisdokumentation<br />
hat in den letzten Jahren hierbei erheblich<br />
an Bedeutung gewonnen. Gemäß § 90 Abs. 3<br />
Abgabenordnung haben Steuerpflichtige bei<br />
Auslandssachverhalten über die Art und den<br />
Inhalt ihrer Geschäftsbeziehung mit nahestehenden<br />
Personen Aufzeichnungen zu erstellen.<br />
Details der geforderten Verrechnungspreisdokumentation<br />
werden darüber hinaus durch die<br />
Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung<br />
und die sog. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren<br />
geregelt.<br />
Lediglich Unternehmen, die im jeweiligen <strong>Wirtschaft</strong>sjahr<br />
weder konzerninterne Warenlieferungen<br />
für mehr als 5 Mio. Euro noch konzerninterne<br />
Dienstleistungen für mehr als 500.000 Euro<br />
tätigen, sind nicht verpflichtet, eine Verrechnungspreisdokumentation<br />
zu erstellen. Gerade<br />
die zweite Grenze ist in der Praxis schnell überschritten.<br />
Die Notwendigkeit der Erstellung einer<br />
Verrechnungspreisdokumentation wird zurzeit<br />
oft noch von KMU unterschätzt. Dabei ist zu<br />
beachten, dass diese auf Anforderung durch die<br />
Finanzverwaltung binnen 60 Tagen vorgelegt<br />
werden muss. Die Konsequenzen bei Nichtvorlage,<br />
verspäteter Vorlage, Verletzung von Mitwirkungs-<br />
und Auskunftspflichten oder unverwertbaren<br />
Dokumentationen sind beträchtlich. Sie<br />
reichen von der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen<br />
über Strafzuschläge bis hin zu einem<br />
Verzögerungsgeld.<br />
Da die erstmalige Erstellung einer solchen Verrechnungspreisdokumentation<br />
durchaus aufwändig<br />
sein kann, sollte vermieden werden,<br />
diese innerhalb der Vorlagefrist von 60 Tagen<br />
erstellen zu müssen.<br />
Der Steuerpflichtige mit grenzüberschreitenden<br />
Geschäftsbeziehungen ist verpflichtet, hierzu<br />
eine Sachverhalts- und eine Angemessenheitsdokumentation<br />
zu erstellen.<br />
Die Sachverhaltsdokumentation besteht aus den<br />
folgenden Teilen:<br />
1. der Analyse verrechnungspreisrelevanter<br />
Faktoren der Markt- und Wettbewerbssituation<br />
der betrachteten Unternehmensgruppe;<br />
2. der Unternehmensanalyse (u. a. Darstellung<br />
der Beteiligungsverhältnisse, des Geschäftsbetriebs<br />
und des Organisationsaufbaus);<br />
3. der Darstellung der Geschäftsbeziehungen<br />
mit nahestehenden Unternehmen hinsichtlich<br />
ihrer Art und dem betragsmäßigen Umfang<br />
der Entgelte;<br />
4. der Funktions- und Risikoanalyse, in der für<br />
jede Geschäftsbeziehung die von den beteiligten<br />
Unternehmen ausgeübten Funktionen,<br />
getragenen Risiken und eingesetzten <strong>Wirtschaft</strong>sgüter<br />
beschrieben und analysiert werden.<br />
Die Funktions- und Risikoanalyse bildet die entscheidende<br />
Grundlage für die Bestimmung der<br />
Verrechnungspreis methode bzw. der Preisfindung.<br />
Die bei der Sachverhaltsdokumentation gewonnenen<br />
Informationen bilden die Basis der Angemessenheitsdokumentation,<br />
in der das ernsthafte<br />
Bemühen dargelegt werden muss, dass<br />
das Unternehmen die Verrechnungspreise unter<br />
Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes<br />
festgelegt hat.<br />
Zu diesem Zweck ist die angewandte Verrechnungspreismethode<br />
zu erläutern und die konkrete<br />
Anwendbarkeit zu begründen. Hierbei ist<br />
zu beachten, dass die deutschen Verrechnungspreisvorschriften<br />
vorrangig die Anwendung der<br />
sog. Standardmethoden (Preisvergleichsmethode,<br />
Wiederverkaufspreismethode, Kostenaufschlagsmethode)<br />
vorsehen. Unter bestimmten<br />
Voraussetzungen lässt die deutsche Finanzverwaltung<br />
jedoch auch die sog. gewinnorientierten<br />
Verrechnungspreismethoden zu.<br />
In der finanziellen Analyse hat das Unternehmen<br />
auf der Basis von Fremd- bzw. Plandaten darzulegen,<br />
dass die angewandte Marge dem Fremdvergleich<br />
entspricht.<br />
Die o. a. grob skizzierten Anforderungen verdeutlichen<br />
den nicht unerheblichen Zeitaufwand<br />
einer erstmaligen Erstellung einer Verrechnungspreisdokumentation.<br />
Sowohl im Hinblick<br />
auf die Beweislastverteilung zwischen Steuerpflichtigem<br />
und Finanzverwaltung als auch aufgrund<br />
möglicher Sanktionen sind auch KMU mit<br />
entsprechenden Auslandsbeziehungen gut beraten,<br />
das Thema Verrechnungspreise und deren<br />
Dokumentation frühzeitig anzugehen (vgl. hierzu<br />
auch unsere Broschüre „Internationale Verrechnungspreise<br />
und ihre Dokumentation – Ein Wegweiser<br />
für international tätige Unternehmen“).