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Postvertriebsstück DPAG, Entgelt bezahlt, E 7351 · Gemeindetag Baden-Württemberg · Panoramastraße 33, 70174 Stuttgart<br />

<strong>DIE</strong> <strong>GEMEINDE</strong><br />

Zeitschrift für die Städte und Gemeinden<br />

132. Jahrgang<br />

Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg<br />

15. Januar 2009<br />

BWGZ 1/2009


NEUES KOMMUNALES<br />

HAUSHALTS- UND RECHNUNGSWESEN<br />

(NKHR)<br />

STR (vor 2004 Kanzlei Harald Schmitz in Herbrechtingen)<br />

ist seit Jahrzehnten im Bereich<br />

der kommunalen Beratung erfolgreich tätig.<br />

Die von uns beratenen Kommunen können<br />

bei der Vorbereitung sowie der Umsetzung<br />

der anspruchsvollen Umstellung vom kameralen<br />

Haushalt zur doppelten Buchführung<br />

von dieser langjährigen Erfahrung aus der<br />

Zusammenarbeit mit ö�entlichen Auftraggebern<br />

pro�tieren. STR ist bereits in Projekten<br />

von Kommunen zur Einführung des Neuen<br />

Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens<br />

beratend tätig.<br />

Gerne sind wir Ihnen auch bei der Umsetzung<br />

einzelner Teilbereiche behil�ich.<br />

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89542 Herbrechtingen<br />

Tel. +49 (0) 7 3 24 / 9 51 - 0<br />

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Schwerpunkte der Beratungsleistungen<br />

- Inventurvorbereitung/Inventarisierung<br />

- Vermögensbewertung<br />

- Haushaltsgliederung und Produktplanerstellung<br />

- Organisation des Rechnungswesens<br />

- Erstellung der Eröffnungsbilanz und der<br />

laufenden Jahresabschlüsse sowie der<br />

Konzernabschlüsse<br />

- Budgetierung, Kennzahlenentwicklung<br />

und Haushaltsplanerstellung<br />

- Inhouse-Schulungen/Mitarbeiterqualifizierung<br />

Erschöpft?<br />

Migräne? Tinnitus?<br />

Krankheit „unbekannt“?<br />

Wir suchen nach versteckten Krankheitsursachen<br />

und zeigen naturmedizinische<br />

Wege zu neuer Kraft.<br />

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Beilagenhinweis<br />

Dieser Ausgabe liegt ein Flyer<br />

der Firma Schmitz Treubert Rosenberger bei.<br />

Wir bitten um Beachtung.<br />

Sie bestimmen die Bausteine<br />

- Erstellung von Inventurhilfsmitteln/Bilanzierungs-<br />

und Bewertungsrichtlinien<br />

- Erfassung und Bewertung von Vermögen<br />

und Schulden<br />

- Aufbau der Finanz-, Anlagen-, Debitoren-<br />

und Kreditorenbuchhaltung<br />

- Unterstützung beim Aufbau einer aussagefähigen<br />

Kosten- und Leistungsrechnung<br />

- Erstellung der Eröffnungsbilanz mit Sensitivitätsanalysen<br />

der Bilanzierungs- und Bewertungsspielräume,<br />

um die Auswirkungen<br />

auf die Zukunft darzustellen<br />

- Unterstützung bei bilanziellen und steuerrechtlichen<br />

Einzelfragen<br />

- Workshops zu von Ihnen ausgewählten<br />

Seminarinhalten<br />

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70771 Leinfelden-Echterdingen<br />

Tel. +49 (0) 7 11 / 78 78 16 - 30<br />

Fax +49 (0) 7 11 / 78 78 16 - 59<br />

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BWGZ 1/2009 I NHALTSVERZEICHNIS<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Editorial 2<br />

Bilanz und Perspektiven<br />

Kommunale Bilanz 2008 und Perspektiven 2009:<br />

Steter Einsatz zeitigt Erfolge – Anspannung im neuen Jahr 4<br />

Gt-service Dienstleistungsgesellschaft des Gemeindetags<br />

Baden-Württemberg: Europaweit aktiv 31<br />

Florian Domansky:<br />

Europabüro: Personeller Wandel – thematische Kontinuität 32<br />

Allgemeiner Teil<br />

Peter Schneider:<br />

Sparkassen – Stabilitätsanker des Finanzsystems und der Wirtschaft 38<br />

Dr. Carmina Brenner:<br />

Gibt es eine „Renaissance der Städte“ in Baden-Württemberg? 41<br />

Eva Strobel:<br />

Beschäftigung hat Vorrang 45<br />

Dr. Dieter Hundt:<br />

Das Jahr 2009 trägt die Überschrift Unsicherheit 48<br />

Dr. Günter Baumann:<br />

Die wirtschaftliche Lage ist besser als die Stimmung 50<br />

Joachim Möhrle:<br />

Handwerk als Partner der Kommunen 52<br />

Gemeindeporträt<br />

Wilfried Heupel:<br />

An Mönchweiler führt kein Weg vorbei 54<br />

Rechtsprechung<br />

Verkündung einer Landschaftsschutzgebietsverordnung<br />

durch ein gemeindliches Amtsblatt –<br />

Bedeutung für die Bekanntmachung von Satzungen 57<br />

Alle bevorteilten Personen sind zum Fremdenverkehrsbeitrag<br />

heranzuziehen 60<br />

Bücher und Zeitschriften 64<br />

Die Gemeinde (BWGZ):<br />

Zeitschrift für die Städte und Gemeinden, Stadträte,<br />

Gemeinderäte und Ortschaftsräte;<br />

Organ des Gemeindetags Baden-Württemberg<br />

(Herausgeber – Eigenverlag)<br />

Verantwortlich für den Herausgeber:<br />

Roger Kehle, Präsident<br />

Verlags- und Schriftleitung/Redaktion:<br />

Silke Gerboth-Sahm<br />

E-Mail: silke.gerboth-sahm@gemeindetag-bw.de<br />

Anschrift:<br />

Gemeindetag Baden-Württemberg<br />

Panoramastraße 33, 70174 Stuttgart<br />

Tel. 0711 22572-0, Fax 0711 22572-47<br />

E- Mail: zentrale@gemeindetag-bw.de<br />

Internet: http://www.gemeindetag-bw.de<br />

Die Gemeinde (BWGZ)<br />

erscheint zweimal monatlich.<br />

Bezugspreise (ohne MWSt.):<br />

– für Mitgliedsstädte und Mitgliedsgemeinden:<br />

Jahresabonnement 115 Euro<br />

– für sonstige Bezieher:<br />

Jahresabonnement 135 Euro<br />

– für Stadt-, Gemeinde- und Ortschaftsräte,<br />

Studenten und öffentliche Bibliotheken:<br />

Jahresabonnement 80 Euro<br />

Bei Mehrfachabnahme Sonderrabatte möglich.<br />

Alle Preise einschl. Versand- und Zustellgebühren.<br />

Einzelhefte kosten 8 Euro einschl. MWSt. und<br />

können nur gegen Vorauskasse bezogen werden<br />

(Kto.-Nr. 13 66 901, Landesbank<br />

Baden-Württemberg, BLZ 600 501 01).<br />

Bestellungen: Schriftlich an den Gemeindetag.<br />

Abbestellungen: Schriftlich an die Geschäftsstelle<br />

des Gemeindetags vier Wochen vor Halbjahresende,<br />

Abbestellungen werden nur zum<br />

30. Juni und zum 31. Dezember wirksam.<br />

Nachdrucke und Kopien: Nur mit ausdrücklicher<br />

Genehmigung des Gemeindetags<br />

(dies gilt nicht für Mitgliedsstädte und Mitgliedsgemeinden);<br />

Quellenangabe erforderlich.<br />

Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht in<br />

jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder.<br />

Für die inhaltliche Richtigkeit von Fremdbeiträgen<br />

ist der jeweilige Verfasser verantwortlich.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterial<br />

übernimmt der Herausgeber keine Verantwortung.<br />

Die Redaktion behält sich Kürzungen und<br />

Überarbeitung vor.<br />

Anzeigenverwaltung: Das Medienquartier<br />

Spitzwegstraße 20, 70192 Stuttgart<br />

Tel. 0711 91263506, Fax 0711 9358924<br />

E- Mail: bwgz@das-medienquartier.de<br />

Die Anzeigenverwaltung ist für Anzeigen und<br />

Hinweise im Anzeigenteil verantwortlich.<br />

Druck: Gaiser Print Media GmbH,<br />

73527 Schwäbisch Gmünd<br />

Zum Titelbild:<br />

Ein Mönch – Namensgeber für die<br />

Gemeinde Mönchweiler im<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis. Die vor<br />

750 Jahren erstmals urkundlich<br />

erwähnte Gemeinde macht nicht nur<br />

als gefragter Wohnort und<br />

Wirtschaftstandort von sich reden,<br />

sondern nimmt eine herausragende<br />

Vorreiterrolle in der kommunalen<br />

Medienlandschaft ein.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 1


E DITORIAL BWGZ 1/2009<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

ich hoffe und wünsche, Sie konnten sich über die Feiertage erholen und Kraft sammeln für die schwierigen und<br />

anspruchsvollen Aufgaben, die vor Ihnen stehen.<br />

Ein Jahr wirtschaftlicher Sorgen<br />

Schauen wir kurz zurück zum Jahresanfang 2008, so müssen wir feststellen, dass ein guter Start noch lange<br />

keine Garantie für einen guten Verlauf darstellt. Denn dem Optimismus der ersten Monate folgte eine eiskalte<br />

Ernüchterung.<br />

Die Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg werden im Rahmen ihrer Möglichkeiten die geeigneten Maßnahmen<br />

ergreifen, um ihrer gesamtwirtschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden.<br />

Es gilt gerade jetzt, mit Augenmaß und Vorsicht zu investieren, anstatt in Aktionismus zu verfallen. Falsch wäre,<br />

solche Maßnahmen zu realisieren, die sich auf lange Sicht als nicht zukunftsfähig erweisen. Deshalb unterstützen<br />

wir dem Grunde nach das geplante Vorziehen von Investitionsmaßnahmen im Rahmen des Kommunalen<br />

Investitionsfonds.<br />

Jahr der demokratischen Jubiläen<br />

Aber das neue Jahr bringt noch viel mehr mit sich. 2009 ist ein Jahr der demokratischen Jubiläen:<br />

Vor 90 Jahren entstand die Weimarer Republik als demokratischer Bundesstaat.<br />

Vor 60 Jahren brachte das Grundgesetz uns eine der fortschrittlichsten Verfassungen.<br />

Vor 60 Jahren entstand mit dem Europarat die älteste originär politische Organisation Europas.<br />

Vor 30 Jahren wurde das Europäisches Parlament zum ersten Mal gewählt – es ist die einzige direkt gewählte,<br />

supranationale Institution weltweit.<br />

Vor 20 Jahren erlebten wir die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten als Triumph des friedvollen<br />

Widerstands.<br />

Wir können uns – trotz aller Schwierigkeiten – glücklich schätzen, in diesem Land und in dieser politischen Sicherheit<br />

leben zu dürfen. Das ist für Millionen von Menschen in anderen Ländern keine Selbstverständlichkeit.<br />

2 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 E DITORIAL<br />

Wahljahr 2009<br />

In diesem Jahr erlebt die Demokratie einen Höhepunkt wie seit Jahren nicht.<br />

Am 23. Mai erfolgt die Wahl des Bundespräsidenten durch die Bundesversammlung.<br />

Europawahl und Kommunalwahl finden am 7. Juni statt.<br />

Bundestagswahl ist am 27. September.<br />

Die Kandidatenkür ist in vollem Gang, auf allen Ebenen nimmt der Wahlkampf allmählich Fahrt auf.<br />

In den Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg laufen die Vorbereitungen zur Durchführung der beiden Wahltermine<br />

inzwischen auf vollen Touren. Für die Bürgerinnen und Bürger kaum sichtbar – müssen die Verwaltungen<br />

diesen Wahlmarathon langfristig vorbereiten und dann einen reibungslosen Ablauf sicherstellen. Die verantwortlichen<br />

Damen und Herren in den Städten und Gemeinden wissen, wovon die Rede ist. Es ist wünschenswert, dass für diese<br />

großartige Leistung in der Öffentlichkeit eine entsprechende Anerkennung gezollt werden würde.<br />

Der Gemeindetag Baden-Württemberg und seine Verwaltungsschule werden Sie das ganze Jahr über in bewährter Weise<br />

mit Informationen und Schulungen bei dieser verantwortungsvollen Aufgabe unterstützen.<br />

Gemeinderatswahlen<br />

In den Städten und Gemeinden müssen mehr als 20.000 Männer und Frauen in das Amt eines Gemeinderats oder<br />

Ortschaftsrats gewählt werden. Verantwortungsbewusste Menschen sind bereit, einen erklecklichen Teil ihrer Freizeit<br />

in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen.<br />

Es ist keine Selbstverständlichkeit, eine solche Aufgabe zu übernehmen und alle, die sich zur Wahl stellen, verdienen<br />

unseren uneingeschränkten Respekt. Nicht zuletzt deshalb ist es auch die Pflicht der wahlberechtigten Bürgerinnen<br />

und Bürger, diese Möglichkeit der demokratischen Einflussnahme wahrzunehmen.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, das Jahr 2009 wird schwierig. Das lässt sich nicht schönreden. Aber die Städte<br />

und Gemeinden in Baden-Württemberg sind hervorragend aufgestellt.<br />

Voll Vertrauen in Ihre Leistungsfähigkeit wünsche ich Ihnen allen im Namen des Gemeindetags Baden-Württemberg<br />

ein erfolgreiches Jahr 2009.<br />

Roger Kehle<br />

Präsident<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 3


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Kommunale Bilanz 2008 und Perspektiven 2009<br />

Kommunale Bilanz 2008 und Perspektiven 2009:<br />

Steter Einsatz zeitigt Erfolge – Anspannung im neuen Jahr<br />

Verfassungsänderung in Sachen Konnexität –<br />

Landtag löst Zusage ein<br />

Durch das am 30.4.2008 beschlossene Gesetz<br />

zur Änderung der Verfassung des Landes<br />

Baden-Württemberg und durch das Gesetz<br />

zur Stärkung des Konnexitätsprinzips,<br />

welches in Artikel 1 das Gesetz zu einem<br />

Konsultationsverfahren zur Kostenfolgenabschätzung<br />

nach Artikel 71 Abs. 3 der Verfassung<br />

des Landes Baden-Württemberg<br />

(Konnexitätsausführungsgesetz – KonnexAG)<br />

und in Artikel 2 die Änderung des Gesetzes<br />

über den Staatsgerichtshof beinhaltet,<br />

hat der Landesgesetzgeber nach langem und<br />

zähem Ringen den jahrzehntelangen Forderungen<br />

der kommunalen Seite nach einer<br />

Stärkung des Konnexitätsprinzips und einem<br />

damit verbundenen verstärkten Schutz<br />

der kommunalen Ebene vor einseitigen Aufgabenübertragungen<br />

ohne ausreichenden<br />

Mehrkostenausgleich Rechnung getragen.<br />

Formal wurde damit der kommunalen<br />

Ebene ein Stück mehr an Augenhöhe eingeräumt,<br />

was die Übertragung von Aufgaben<br />

an die Kommunen durch den Gesetzgeber<br />

und deren Finanzierung anbelangt,<br />

als dies in der Vergangenheit der Fall war.<br />

Wenn auch dieser politische Erfolg nur im<br />

Zusammenwirken aller drei kommunaler<br />

Landesverbände erzielt werden konnte, so<br />

war es letztlich der jahrelangen Beharrlichkeit<br />

und der Ausdauer des Gemeindetags,<br />

namentlich dem früheren Hauptgeschäftsführer<br />

Prof. Dr. O. Steger, zu verdanken,<br />

dass dies erreicht werden konnte.<br />

Nach der vorgenommenen Verfassungsänderung<br />

erstreckt sich nunmehr das Konnexitätsprinzip<br />

in der Landesverfassung –<br />

der Grundsatz, wer bestellt bezahlt – auf<br />

vom Land veranlasste nachträgliche Änderungen<br />

landesrechtlich übertragener<br />

Aufgaben, die Übertragung neuer bisher<br />

vom Land noch nicht wahrgenommener<br />

Aufgaben sowie auf eigene Anforderungen<br />

des Landes an die Erfüllung bestehender<br />

Aufgaben. Mit dem Gesetz zu einem<br />

Konsultationsverfahren zur Kostenfolge-<br />

abschätzung nach Artikel 71 Abs. 3 der<br />

Landesverfassung hat das Land einer weiteren<br />

langjährigen kommunalen Forderung<br />

nunmehr auch Rechnung getragen, bereits<br />

im Vorfeld eines Gesetzgebungsverfahren<br />

die durch ein Gesetz ausgelösten materiellen<br />

Belastungen der kommunalen Ebene<br />

zu ermitteln und diese mit in den Gesetzgebungsprozess<br />

einzubeziehen.<br />

Durch eine Änderung des Gesetzes über den<br />

Staatsgerichtshof fand noch eine weitere<br />

Stärkung der rechtlichen Stellung der kommunalen<br />

Landesverbände Baden-Württembergs<br />

in Fragen der Konnexität statt. Diesen<br />

ist es nunmehr möglich, Klagen von Gemeinden<br />

oder Gemeindeverbänden gegen<br />

die Verletzung des Konnexitätsprinzips vor<br />

dem Staatsgerichtshof beizutreten und diese<br />

direkt mit unterstützen zu können.<br />

2009 – Ein Jahr der Wahlen<br />

Das Innenministerium Baden-Württemberg<br />

hat den 7. Juni 2009 als Wahltag für die nächsten<br />

Kommunalwahlen in Baden-Württemberg<br />

bestimmt. Auch die Europawahl in Deutschland<br />

wird an diesem Sonntag stattfinden.<br />

Mit Blick auf den Wahltermin 7. Juni 2009<br />

hatte die Landesregierung bereits im März<br />

2008 die Pfingstferien 2009 um eine Woche<br />

vorverlegt. Sie dauern nunmehr vom<br />

25. Mai 2009 bis 6. Juni 2009 können damit<br />

nicht mit dem Wahltermin kollidieren.<br />

Der Gemeindetag hatte diese Maßnahme<br />

eingefordert, nachdem es sich bereits Anfang<br />

des Jahres 2008 gezeigt hatte, dass<br />

der 7. Juni 2009 als Wahltermin anvisiert<br />

wird. Die Pfingstferien 2009 enden allerdings<br />

erst am Samstag vor dem Wahltag.<br />

Es darf nicht verkannt werden, dass sich<br />

deshalb die Mobilisierung von Wahlhelfern<br />

in den Städten und Gemeinden trotzdem<br />

schwierig gestalten könnte.<br />

Nach nunmehr sechs Monaten konkreter<br />

Erfahrung mit der erfolgten Verfassungsänderung<br />

muss von kommunaler Seite jedoch<br />

festgestellt werden, dass die zur Stärkung<br />

des Konnzexitätsprinzips vorgenommenen<br />

verfassungsrechtlichen und gesetzlichen<br />

Änderungen noch nicht in dem<br />

vorgegebenen und erwarteten Umfang in<br />

die Gesetzgebungsverfahren der jüngsten<br />

Zeit Eingang gefunden hat.<br />

So findet das Konsultationsverfahren zur<br />

Kostenfolgenabschätzung bisher allenfalls<br />

nur eine geringe Berücksichtigung in den<br />

Gesetzentwürfen der zuständigen Ressorts.<br />

Dem gilt es 2009 seitens der kommunalen<br />

Landesverbände in verstärktem<br />

Maße entgegenzuwirken, damit das Konsultationsverfahren<br />

zur Kostenfolgenabschätzung<br />

– wie vom Gesetzgeber bewusst<br />

auch gewollt – zum Standard eines jeden<br />

Gesetzgebungsverfahrens des Landes mit<br />

kommunaler Betroffenheit gehört.<br />

Die gleichzeitige Durchführung der Kommunalwahlen<br />

mit der Europawahl wird für<br />

die Städte und Gemeinden und ihre Wahlhelferinnen<br />

und Wahlhelfer wieder eine<br />

große Herausforderung sein. In Abwägung<br />

der Vor- und Nachteile eines gemeinsamen<br />

Wahltermins und insbesondere unter Berücksichtigung,<br />

dass im Herbst 2009 die<br />

Bundestagswahl ebenfalls ansteht, hat sich<br />

der Gemeindetag einer Zusammenlegung<br />

der Kommunalwahl mit der Europawahl<br />

im Jahr 2009 nicht widersetzt. Den Wählerinnen<br />

und Wählern wäre es schwer vermittelbar<br />

gewesen, dreimal in einem Jahr<br />

an die Urne gerufen zu werden.<br />

Am 7. Juni 2009 werden zirka 20.000<br />

kommunale Mandatsträger in Städten, Gemeinden<br />

und Landkreisen gewählt werden<br />

müssen. Es ist zu hoffen, dass es den Parteien<br />

und Wählervereinigungen gelingen<br />

wird, eine große Zahl von Kandidatinnen<br />

4 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

und Kandidaten für die Kommunalwahlen<br />

zu gewinnen. In Anbetracht der allgemeinen<br />

Situation müssen bei der Kandidatensuche<br />

sicher größere Anstrengungen unternommen<br />

werden. Trotzdem: Mehr denn<br />

je sind die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen,<br />

die Entwicklungen in ihren Kommunen<br />

mit zu gestalten.<br />

Der Gemeindetag bemüht sich nachhaltig,<br />

die Entscheidungsfreiräume für ehrenamtlich<br />

Tätige in den Organen der Städte und<br />

Gemeinden trotz schwieriger Zeiten zu erhalten.<br />

Dazu gehört die kontinuierliche<br />

und nachhaltige verbandspolitische Arbeit<br />

im Interesse unserer 1.062 Mitgliedsstädte<br />

und Mitgliedsgemeinden. Zudem legt der<br />

Gemeindetag starke Prioritäten auf den<br />

Beratungs- und Informationsservice für<br />

die Mitglieder und zum anderen wird die<br />

Verwaltungsschule wie seither nach der<br />

Kommunalwahl ein intensives und umfangreiches<br />

Seminarangebot für die neu<br />

gewählten Gemeinderätinnen und Gemeinderäte,<br />

Ortschaftsrätinnen und Ortschaftsräte<br />

anbieten, um ihnen den Einstieg<br />

zu erleichtern.<br />

Zu den Kommunalwahlen 2009 werden<br />

rund 7,7 Mio. Wahlberechtigte für die<br />

Gemeinderatswahlen und 6,4 Mio. für<br />

die Kreistagswahlen zur Wahlurne gerufen<br />

werden. Mit dem Beitritt von Rumänien<br />

und Bulgarien zu der Europäische<br />

Union zum 1. Januar 2007 werden bei<br />

den nächsten Kommunalwahlen 2009<br />

auch die rund 4.500 bulgarischen und<br />

knapp 16.000 rumänischen Mitbürger in<br />

Baden-Württemberg die Möglichkeit bekommen,<br />

die Politik an ihrem Wohnort<br />

mitzubestimmen.<br />

Seitdem in Deutschland bei Wahlen eine<br />

zunehmende Wahlenthaltung zu beobachten<br />

ist, erfährt die Wahlbeteiligungsquote<br />

immer mehr eine besondere Aufmerksamkeit.<br />

Bei den Gemeinderatswahlen im Jahre<br />

2004 lag die durchschnittliche Wahlbeteiligung<br />

bei 52 Prozent; sie ist damit gegenüber<br />

dem Wahljahr 1999 um 1 Prozent<br />

erneut gesunken. Zur Erhöhung der Wahlbeteiligung<br />

sind bereits verschiedene Aktionen<br />

auf Landes- und Bundesebene angelaufen.<br />

Vertreter des Gemeindetags wirken<br />

daran mit. Man wird hierbei darauf<br />

bedacht sein müssen, dass das Eigengewicht<br />

der kommunalen Wahlen sowie die<br />

Notwendigkeit örtlich sorgfältig abzustimmender<br />

Informationsbedürfnisse dabei<br />

ausreichend Berücksichtigung finden. Insbesondere<br />

sollten Bund und Land Aktionen<br />

unterlassen, die zulasten der finanziellen<br />

und organisatorischen Ressourcen der<br />

Städte und Gemeinden gehen können und<br />

den Erfolg durch entgegen gesetzte Maßnahmen<br />

konterkarieren.<br />

Bilanz und Perspektiven:<br />

Verfassungsänderung in Sachen<br />

Konnexität – Landtag löst Zusage ein<br />

2009 – Ein Jahr der Wahlen<br />

Kommunale Haushalte im Strudel<br />

der globalen Wirtschaftskrise<br />

Kommunaler Finanzausgleich<br />

auf dem Prüfstand<br />

Reform des kommunalen Haushaltsrechts<br />

kommt in den Landtag<br />

Grundsteuererlass wegen wesentlicher<br />

Ertragsminderung – doch keine Gesetzesänderung<br />

zur Begrenzung des Grundsteuererlasses<br />

Finanzrechtsstreit EVS 1992 beendet –<br />

alles bleibt wie es war<br />

Neue Gewerbesteuerzerlegung für Windkraftanlagen<br />

– Anlass, den gewerbesteuerlichen<br />

Zerlegungsmaßstab auch<br />

für andere Wirtschaftszweige zu überdenken?<br />

Neue Verteilungsschlüssel für den<br />

Gemeindeanteil an der Einkommensteuer<br />

und an der Umsatzsteuer ab 2009<br />

Neuregelung der gemeindlichen Eigenbeteiligung<br />

im Erschließungsbeitragsrecht<br />

Jahressteuergesetz 2009 und Betriebe<br />

gewerblicher Art – Gesetzliche Festschreibung<br />

der bisherigen Verwaltungspraxis<br />

zum steuerlichen Querverbund<br />

Umsatzbesteuerung von Wasserhausanschlüssen<br />

– Ermäßigter Mehrwertsteuersatz<br />

oder Regelsteuersatz – das ist hier<br />

die Frage<br />

Ausbau der Ganztagesschulen in Baden-<br />

Württemberg in Fahrt<br />

Förderung von Betreuungsangeboten durch<br />

das Land muss unbefristet weiter gelten<br />

Ausbau und Finanzierung von Krippen<br />

und Kindertagesbetreuungseinrichtungen –<br />

kommunale Bildungslandschaften entwickeln<br />

und gestalten<br />

Umsetzung des Krippeninvestitionsprogramms<br />

des Bundes<br />

Neuausgestaltung der Betriebskostenförderung<br />

Kleinkindbetreuung und Kindergartenförderung<br />

ab 2009<br />

Neues Beratungsfeld des Gemeindetags<br />

und der Gt-service im Bereich Beratung<br />

bei der Erstellung örtlicher Bildungs- und<br />

Betreuungskonzeptionen<br />

Die Rahmenbedingungen für die Durchführung<br />

der Kommunalwahlen und der<br />

Europawahl 2009 sind gesetzt: Der Landtag<br />

hat am 5.11.2008 ein Gesetz zur Änderung<br />

des Kommunalwahlrechts beschlossen.<br />

Die Kommunalwahlordnung wurde<br />

ebenfalls entsprechend angepasst.<br />

Support für pädagogische Computernetze<br />

an Schulen<br />

Pflegestützpunkte<br />

Gemeindenetzwerk Bürgerschaftliches<br />

Engagement<br />

Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg<br />

– Projekte schreiten langsam voran<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

Änderung der Landesbauordnung Baden-<br />

Württemberg<br />

Landeswohnraumförderungs gesetzes:<br />

Satzung über die Höhe der zulässigen<br />

Miete ist kein Beitrag zum Bürokratieabbau<br />

Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes<br />

zur Änderung des Feuerwehrgesetzes –<br />

Erweiterung des Kostenersatzes<br />

Fortschreibung des Generalverkehrsplans<br />

Baden-Württemberg<br />

Radverkehr – Handlungsfelder aus dem<br />

Runden Tisch Radverkehr<br />

Ländlicher Raum<br />

Breitbandinitiative Ländlicher Raum<br />

Kommunaler Klimaschutz<br />

Wettbewerbsfähige Kommunalverwaltung<br />

setzt auf Personalentwicklung<br />

Dienstrechtsreform: Sie kommt. Sie kommt<br />

nicht. Sie kommt?<br />

Kilometergeld endlich erhöht<br />

Notariats- und Grundbuchreform – Ziele<br />

des Landes außerordentlich ehrgeizig<br />

Gründung eines Landesforstbetriebs<br />

gemäß § 26 LHO<br />

Fortentwicklung des Tourismuskonzepts<br />

Baden-Württemberg<br />

Zensus 2011 – Was hat das mit der<br />

amtlichen Einwohnerzahl zu tun?<br />

Vorbereitungen sind im Gange<br />

Abschaffung des Widerspruchsverfahrens<br />

– Pilotversuch wird nun doch nicht durchgeführt<br />

Änderung des Bestattungsgesetzes<br />

Messe im neuen Gewand<br />

Neue KIBW online<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 5


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Die gesetzlichen Änderungen berühren<br />

hauptsächlich Bürgermeisterwahlen.<br />

Künftig entfällt der Stimmzettelumschlag<br />

bei der Wahl des Bürgermeisters für die<br />

Urnenwahl. Das entspricht einer Gemeindetagsforderung.<br />

Die Abschaffung der<br />

Stimmzettelumschläge bringt Zeitersparnisse<br />

und weitere Erleichterungen für die<br />

Wahlvorstände bei der Auszählung.<br />

Stimmzettelumschläge sind jedoch weiterhin<br />

bei der Briefwahl zur Wahrung des<br />

Wahlgeheimnisses zwingend erforderlich.<br />

Bei den Gemeinderats-, Ortschaftsrats-<br />

und Kreistagswahlen sowie bei der Wahl<br />

der Mitglieder der Regionalversammlung<br />

des Verbands Region Stuttgart sind nach<br />

wie vor Stimmzettelumschläge vorgeschrieben.<br />

Im Gegensatz zum Einheitsstimmzettel<br />

bei der Bürgermeisterwahl<br />

werden bei diesen Wahlen Einzelstimm-<br />

Kommunale Haushalte im Strudel<br />

der globalen Wirtschaftskrise<br />

Nachdem die im Jahr 1999 beschlossene<br />

und in den Folgejahren stufenweise umgesetzte<br />

Steuerentlastung für Private und<br />

Unternehmen, begleitet von einem rückläufigen<br />

Wirtschaftswachstum, für einen<br />

kontinuierlichen Rückgang der Steuereinnahmen<br />

gesorgt hatte, ist im Jahr 2004 eine<br />

Trendwende eingetreten und sind die<br />

Steuereinnahmen seither wieder stetig angewachsen.<br />

Insbesondere in den Jahren<br />

2006 und 2007 ist auf breiter Front in den<br />

Haushalten von Bund, Ländern und Kommunen<br />

eine finanzielle Gesundung eingetreten.<br />

Durch die positive wirtschaftliche Entwicklung,<br />

aber auch durch die seit Ende<br />

2005 in Kraft gesetzten Änderungen der<br />

steuerrechtlichen Rahmenbedingungen<br />

(vgl. die Darstellung im Gemeindefinanzbericht<br />

2008, BWGZ 15-16/2008<br />

S. 536 ff.), stiegen nach Jahren des Rückgangs<br />

alle für die öffentlichen Haushalte<br />

maßgeblichen Steuereinnahmen zum<br />

Teil im zweistelligen Prozentbereich an,<br />

während auf der Ausgabenseite die durch<br />

Bund, Länder und Kommunen in den vorausgegangenen<br />

wirtschaftlich mageren<br />

Jahren in die Wege geleiteten Konsolidierungsmaßnahmen<br />

ihre positiven Wirkungen<br />

in niedrigen Steigerungsraten<br />

entfalteten.<br />

zettel verwendet, die einen Stimmzettelumschlag<br />

erfordern, zumal sie dem Wähler<br />

vorab zugesandt werden.<br />

Die Kommunalwahlordnung wurde den<br />

Änderungen im Parlamentswahlrecht des<br />

Bundes angepasst, damit die gemeinsame<br />

Durchführung der Kommunalwahlen mit<br />

der Europawahl sinnvoll und wirtschaftlich<br />

organisiert und abgewickelt werden<br />

kann. Dafür hat sich der Gemeindetag eingesetzt.<br />

Allerdings ist eine Harmonisierung<br />

der Vorschriften wegen der unterschiedlichen<br />

Wahlsysteme nicht lupenrein<br />

durchführbar. Dem Gemeindetag ist es ein<br />

Anliegen, dass Regelungen des Parlamentswahlrechts,<br />

die für die Kommunalwahlen<br />

Einschränkungen bzw. Erschwernisse<br />

zur Folge gehabt hätten, ohne dass<br />

deren Übernahme zwingend erschien,<br />

nicht übernommen wurden.<br />

Mussten die kommunalen Haushalte Baden-Württembergs<br />

für das Haushaltsjahr<br />

2005 noch einen Finanzierungssaldo von<br />

minus 195 Mio. Euro hinnehmen, konnten<br />

diese bereits im nachfolgenden Jahr 2006<br />

mit 947 Mio. Euro mehr als nur ein deutliches<br />

Plus verzeichnen. Bedingt durch das<br />

anhaltende starke Wachstum der deutschen<br />

Wirtschaft erreichte 2007 der kommunale<br />

Finanzierungssaldo Baden-Württembergs<br />

mit 2.144 Mio. Euro einen absoluten<br />

Höchststand. In gleicher Weise hat sich<br />

auch die Finanzlage von Bund und Länder<br />

verbessert. So gelang es dem Land, sein<br />

Ziel, keine neuen Schulden mehr aufzunehmen,<br />

2007 deutlich früher als nach<br />

dem Koalitionsvertrag angestrebt zu erreichen<br />

und zugleich auch noch Rücklagen<br />

anzusammeln.<br />

Trotz der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen<br />

Unternehmensteuerreform sprudelten<br />

auch im Haushaltsjahr 2008 die Steuereinnahmen<br />

für die öffentlichen Haushalte zunächst<br />

kräftig weiter, auch wenn sich bereits<br />

zu Jahresbeginn eine konjunkturelle<br />

Abkühlung in den Prognosen zur wirtschaftlichen<br />

Entwicklung abzuzeichnen<br />

begann. In der Mai-Steuerschätzung 2008<br />

wie auch in dem vom Innenministerium<br />

mit Datum vom 21.7.2007 herausgegebenen<br />

Haushaltserlass für die Haushalts-<br />

planung des Jahres 2009 und der mittelfristigen<br />

Planung für die Jahre bis 2012<br />

fand dies in nochmals deutlich verbesserten<br />

Einnahmeerwartungen auch seinen<br />

positiven Niederschlag.<br />

Die Haushalte der baden-württembergischen<br />

Kommunen schienen danach auch<br />

im kommenden Haushaltsjahr und in den<br />

folgenden Jahren auf einem stabilen Fundament<br />

zu stehen. Ein weiterer Anstieg der<br />

Beschäftigungszahlen im laufenden Jahr<br />

schien dies zu untermauern.<br />

Dies galt bis zum 15.9.2008, dem so genannten<br />

„Schwarzen Montag“, als die USamerikanische<br />

Großbank Lehman Brothers<br />

infolge der bereits schon seit Juni<br />

2007 in den Vereinigten Staaten grassierenden<br />

Immobilienkrise Insolvenz anmelden<br />

musste und am Tag darauf der amerikanische<br />

Versicherungsriese AIG in akute<br />

Kapitalnot geriet. Die in den USA ausgelöste<br />

Immobilienkrise entwickelte sich<br />

durch eine weltweite Verbriefung amerikanischer<br />

Hypotheken zu einer Finanzkrise<br />

globalen Ausmaßes, die auch deutsche<br />

Banken in den Strudel der Insolvenz hineinzuziehen<br />

drohte und die Blase des<br />

stark durch spekulative Transaktionen geprägten<br />

Markts für Derivate mit zum Platzen<br />

brachte.<br />

Zur Rettung und Stabilisierung des weltweiten<br />

Finanzsystems mussten binnen<br />

kürzester Frist die Regierungen aller wichtigen<br />

Volkswirtschaften Rettungsschirme<br />

für ihren Bankensektor in Bezug auf die<br />

Bereitstellung von Liquidität und Bürgschaften<br />

für die Aufrechterhaltung des Interbankenhandels<br />

aufspannen. Allein die<br />

Bundesregierung schnürte ein Sicherungspaket<br />

in einem Umfang von 500 Mrd. Euro<br />

und gab zugleich ein Bürgschaftsversprechen<br />

zur Sicherung der bestehenden<br />

Spareinlagen ab.<br />

All dies konnte nicht verhindern, dass die<br />

Finanzmarktkrise auch auf die Realwirtschaft<br />

übergesprungen ist. Die Automobilindustrie<br />

sieht sich weltweit mit einem<br />

Nachfrageeinbruch in einem bisher nicht<br />

gekannten Ausmaß konfrontiert. Produktionsstopps,<br />

Zwangsurlaub und Stellenbau<br />

sind die Folge. Aber auch viele andere<br />

Branchen spüren die Folgen der Finanzmarktkrise.<br />

Auftragsrückgänge von 20<br />

und mehr Prozent sind an der Tagesordnung.<br />

Die Finanzmarktkrise hat sich in nur<br />

6 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

wenigen Wochen zu einer Weltwirtschaftskrise<br />

ausgeweitet, die in ihrem Ausmaß<br />

immer mehr Züge der Weltwirtschaftskrise<br />

von 1929 bis 1932 annimmt.<br />

Von der Bundesregierung wurden im September<br />

2008 Prognosen über einen Rückgang<br />

des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für<br />

2009 um 0,8 Prozent kategorisch als<br />

Schwarzmalerei abgetan und noch Mitte<br />

Oktober eine Wachstumserwartung von 0,2<br />

Prozent für das kommende Jahr verkündet.<br />

In der Zwischenzeit haben der IWF<br />

(6.11.2008) und die Bundesbank<br />

(5.12.2008) ihre Prognosen ebenfalls auf<br />

-0,8 Prozent mehr als deutlich nach unten<br />

korrigiert und gehen von einer Rezession<br />

der deutschen Wirtschaft im Jahr 2009 aus.<br />

Die OECD kommt mit ihrer Prognose eines<br />

Rückgangs um 0,9 Prozent (25.11.2008)<br />

nahezu zum gleichen Ergebnis.<br />

Das wahre Ausmaß der eingetretenen<br />

Wirtschaftskrise scheint damit aber bei<br />

weitem noch nicht umschrieben zu sein.<br />

Der wirtschaftliche Abschwung gewinnt<br />

scheinbar noch immer an Fahrt. So werden<br />

die Prognosen für die Entwicklung des<br />

BIP im Jahr 2009 immer düsterer: das RWI<br />

rechnet für 2009 (10.12.2008) mit einem<br />

noch gravierenderen Rückgang der Wirtschaftsleistung<br />

um 2,0, das Ifo-Institut<br />

(11.12.2008) sogar um 2,2 Prozent. Ein<br />

noch stärkerer Rückgang wird zwischenzeitlich<br />

als nicht mehr für ausgeschlossen<br />

angesehen. Das so scheinbar wirtschaft-<br />

lich gute Jahr 2008 hat sich an seinem Ende<br />

zu einem Krisenjahr unbekannten Ausmaßes<br />

entwickelt.<br />

Die unausbleibliche Folge werden 2009<br />

der Verlust von Arbeitsplätzen und rückläufige<br />

Steuereinnahmen sein.<br />

Um dem entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung<br />

bereits am 5.11.2008 ein milliardenschweres<br />

Konjunkturpaket mit 15<br />

Maßnahmen auf den Weg gebracht, durch<br />

das in den kommenden zwei Jahren u.a.<br />

Investitionen von bis zu 50 Mrd. Euro ausgelöst<br />

werden sollen. Für Bund, Ländern<br />

und Kommunen summieren sich die Kosten<br />

für dieses Paket bis 2011 auf rund 23<br />

Mrd. Euro. Von Interesse für die Kommunen<br />

sind in dem Konjunkturpaket folgende<br />

Maßnahmen:<br />

Infrastrukturförderung für strukturschwache<br />

Kommunen<br />

Aufstockung des CO 2-Gebäudesanierungsprogramms<br />

Aufstockung des Bundeszuschusses<br />

für Maßnahmen zur Verbesserung<br />

der regionalen Wirtschaftsstruktur<br />

(GRW-Mittel)<br />

Daneben sieht sich das Land mit in der<br />

Pflicht, dieses Maßnahmenpaket mit<br />

einem eigenen Investitionspaket zu unterstützen.<br />

Gerade die baden-württembergische<br />

Wirtschaft ist durch ihre überaus<br />

starke Präsenz auf den Weltmärkten durch<br />

die Globalität dieser Wirtschaftskrise in<br />

besonderem Maße von deren Auswirkungen<br />

negativ betroffen. Am 9.12.2008<br />

hat der Koalitionsausschuss der Landesregierung<br />

Eckpunkte für ein 18-monatiges<br />

Landes-Konjunkturpaket mit folgenden<br />

drei Schwerpunkten beschlossen:<br />

350 Mio. Euro zusätzliche Investitionen<br />

des Landes in den Bereichen<br />

Hochbau, Straßenbau und energetische<br />

Gebäudesanierung anstelle des<br />

in dieser Höhe vorgesehenen Schuldenabbaus;<br />

Erhöhung der Landesbürgschaften<br />

von 150 Mio. Euro auf 500 Mio. Euro<br />

zur Stützung von in finanzielle Notlage<br />

geratenen im Land ansässigen Unternehmen;<br />

Aufstockung der im Kommunalen<br />

Investitionsfonds (KIF) zur Verfügung<br />

stehenden Mittel im Jahr 2009<br />

um 200 Mio. Euro und im Jahr 2010<br />

um 100 Mio. Euro, insgesamt 300<br />

Mio. Euro.<br />

Die Refinanzierung der Aufstockung der<br />

KIF-Mittel sollte nach den Vorstellungen<br />

des Landes in den Jahren 2011 bis 2013 voll<br />

zulasten der den Kommunen als freie Mittel<br />

zur Verfügung stehenden Kommunalen Investitionspauschale<br />

(KIP) stattfinden.<br />

Letzteres haben die Kommunalen Landesverbände<br />

abgelehnt. Zum einen, weil in<br />

den Jahren 2011 und danach bei einem längeren<br />

Anhalten der Krise aus heutiger<br />

Sicht auch mit einem Einbrechen der<br />

Leistungen des Kommunalen Finanzausgleichs<br />

zu rechnen ist. Eine zusätzliche<br />

Kürzung der KIP würde diese Entwicklung<br />

nur verschärfen. Zum anderen würden<br />

die Kommunen neben den von ihnen<br />

ohnehin aufzubringenden Eigenanteilen,<br />

die regelmäßig mehr als 50 Prozent der<br />

Investitionssumme betragen, auch die Finanzierung<br />

der vorgezogenen Fördermittel<br />

im KIF in vollem Umfang selbst finanzieren<br />

müssen.<br />

Dieser Teil des Investitionspakets des<br />

Landes ginge somit voll zulasten der kommunalen<br />

Haushalte und würde seine Bezeichnung<br />

ad absurdum führen. Die kommunalen<br />

Landesverbände haben deshalb<br />

gegenüber dem Land zwar grundsätzlich<br />

ihre Bereitschaft erklärt, sich an den vom<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 7


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Verteilung der im Zusammenhang<br />

mit dem Landeskonjunkturprogramm<br />

2009<br />

stattfindenden Aufstockung des<br />

Kommunalen Investitionsfonds<br />

nach Förderbereichen<br />

Förderbereich Programm-<br />

aufstockung<br />

Schulen<br />

Sportstättenbau<br />

Krankenhäuser<br />

Abwasserbeseitigung<br />

Stadtsanierung<br />

Entwicklungsprogramm<br />

Ländlicher Raum<br />

Altlastensanierung<br />

Ausgleichstock<br />

Tourismus<br />

zusammen<br />

70 Mio. Euro<br />

40 Mio. Euro<br />

70 Mio. Euro<br />

20 Mio. Euro<br />

25 Mio. Euro<br />

25 Mio. Euro<br />

5 Mio. Euro<br />

40 Mio. Euro<br />

5. Mio. Euro<br />

300 Mio. Euro*<br />

* einschließlich der im Haushaltsentwurf des Landes 2009<br />

vorgesehenen KIF-Aufstockung um 25 Mio. Euro<br />

Land geplanten zusätzlichen Investitionsfördermaßnahmen<br />

im angesprochenen<br />

Umfang zu beteiligen, das Land aber zugleich<br />

aufgefordert, für den 150 Mio. Euro<br />

übersteigenden Betrag eigenes Geld mit<br />

einzubringen.<br />

Um die Umsetzung der vorgesehenen Fördermaßnahmen<br />

(siehe Kasten) in einzelnen<br />

Bereichen zu beschleunigen und den<br />

Anreiz zur Realisierung von Investitionsmaßnahmen<br />

wie z.B. im Bereich des<br />

Schulhausbaus zu erhöhen, wurde von den<br />

kommunalen Landesverbänden zudem eine<br />

Erhöhung der in der Vergangenheit abgesenkten<br />

Fördersätze, eine Erweiterung<br />

des Förderumfangs in Bezug auf den Bau<br />

von Sporthallen im Rahmen der Ganztagesbetreuung<br />

und energetische Sanierungsmaßnahmen<br />

sowie die regelmäßige<br />

Erteilung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen<br />

im Falle des vorzeitigen Baubeginns<br />

gefordert. Bei Redaktionsschluss<br />

war noch offen, was das Land bereit ist,<br />

hiervon umsetzen und selbst an Mitteln<br />

beizusteuern. Das Landesinvestitionspa-<br />

ket und seine Umsetzung wird daher ein<br />

Schwerpunktthema zum Jahresbeginn<br />

2009 für den Gemeindetag bleiben.<br />

Seit Mitte Dezember 2008 verdichten sich<br />

zudem die Anzeichen, dass seitens des<br />

Bundes zum Jahresbeginn 2009 ein weiteres<br />

Konjunkturpaket zur Stützung der<br />

deutschen Wirtschaft aufgelegt werden<br />

wird. Die Palette möglicher Maßnahmen<br />

reicht über Steuersenkungsprogramme<br />

großen Stils bis hin zur Ausgabe von Konsumschecks<br />

an alle Bürgerinnen und Bürger.<br />

Die damit zu erzielenden Wirkungen<br />

werden je nach Standpunkt sehr unterschiedlich<br />

durch die Politik und die Wirtschaftswissenschaften<br />

bewertet. Den meisten<br />

Vorschlägen ist gemein, dass die öffentlichen<br />

Haushalte durch ihr Ausgabenverhalten<br />

die Konjunktur entsprechend der<br />

Keynes’schen Lehre stimulieren sollen.<br />

Wenig Raum scheint dabei in der Diskussion<br />

um die richtigen Maßnahmen die Frage<br />

einzunehmen, durch welche Maßnahmen<br />

es am besten gelingt, zugleich auch<br />

privates Vermögen zur konjunkturellen<br />

Stützung zu aktivieren, anstatt durch Steuersenkungen<br />

primär die Sparquote noch<br />

weiter zu erhöhen.<br />

Unter diesen Gesichtspunkten drängt sich<br />

als eine mögliche Maßnahme eine zeitlich<br />

eng befristete deutliche Absenkung des<br />

Mehrwertsteuersatzes auf. Diese Maßnahme<br />

hätte auch den Vorteil, dass sie auch<br />

direkt der Automobilindustrie zugute käme,<br />

während die bisher beschlossenen und<br />

geplanten Investitionsfördermaßnahmen<br />

zunächst überwiegend dem Bausektor zugute<br />

kommen und in dieser Branche sogar<br />

die Gefahr einer durch verstärkte staatliche<br />

Investitionsmaßnahmen ausgelösten<br />

Sonderkonjunktur (Preisüberhitzung) besteht,<br />

was den Erfolg des Konjunkturprogramms<br />

gefährden könnte.<br />

Wie dem auch sei, für die Kommunen<br />

stellt sich angesichts der für das neue<br />

Haushaltsjahr alles andere als beruhigenden<br />

Prognosen die Frage, ob sie nicht<br />

ihre eigenen Haushalte „winterfest“ machen<br />

sollen, um gegenüber weiteren möglichen<br />

negativen finanziellen Entwicklungen<br />

infolge der Wirtschaftskrise gewappnet<br />

zu sein. Es ist davon auszugehen,<br />

dass mit der Steuerschätzung im Mai 2009<br />

die Einnahmeerwartungen der öffentlichen<br />

Haushalte erheblich nach unten korrigiert<br />

werden. Die Prognose der November-<br />

Steuerschätzung 2008 für das Jahr 2009<br />

musste bereits nach wenigen Tagen als<br />

überholt angesehen werden.<br />

Auch bei den Städten und Gemeinden kam<br />

es in den letzten Wochen des Jahres 2008<br />

zu einer bisher nicht da gewesenen Anpassung<br />

der Gewerbesteuervorauszahlungen<br />

nach unten und entsprechenden Gewerbesteuerrückerstattungen<br />

durchschnittlich in<br />

einem Umfang von 20 bis 30 Prozent des<br />

Gesamtaufkommens. Manche Städte und<br />

Gemeinden büßten zum Jahresende 2008<br />

innerhalb weniger Tage ein Drittel oder<br />

mehr ihres Jahressteueraufkommens ein.<br />

Anderseits liegen die Prognosen für 2009<br />

für das Aufkommen beim Gemeindeanteil<br />

an der Einkommensteuer und den Grundkopfbetrag<br />

für die Bemessung der Schlüsselzuweisungen<br />

nach der mangelnden<br />

Steuerkraft noch immer deutlich über den<br />

Werten für 2008 bzw. 2007, so dass bis auf<br />

die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen<br />

die Einnahmenseite der kommunalen<br />

Haushalte für das Haushaltsjahr<br />

2009 als noch relativ stabil zu bewerten ist.<br />

Weiter konnte in den vergangenen guten<br />

Jahren vielfach Zukunftsvorsorge betrieben<br />

und finanzieller Handlungsspielraum<br />

wiedergewonnen werden.<br />

Diesen gilt es in Hinblick auf die allgemeine<br />

konjunkturelle Lage im Sinne von § 77<br />

Abs. 2 GemO sowie die sich durch Bundes-<br />

und Landesprogramme zur Investitionsförderung<br />

ergebenden Möglichkeiten zu<br />

nutzen, ohne dabei aber die Leistungsfähigkeit<br />

der einzelnen Kommune außer<br />

Acht zu lassen. Daher gilt es verstärkt<br />

Maßnahmen anzugehen, die wie energetische<br />

Sanierungsmaßnahmen nachhaltig<br />

die Wirtschaftlichkeit erhöhen oder ohnehin<br />

anstehenden Maßnahmen (insbesondere<br />

der bisher zurückgestellten Instandhaltung<br />

und Erneuerung) vorzeitig zu realisieren.<br />

Es gilt 2009 in besondere Weise,<br />

nicht nur die Risiken der Krise, sondern<br />

auch ihre Chancen zu erkennen und zu<br />

nutzen. Damit verbindet sich auch die Erwartung,<br />

dass es im Zusammenspiel aller<br />

Konjunktur stützenden Maßnahmen gelingt,<br />

bereits 2009 die Talsohle der Krise<br />

zu durchschreiten und auf den Wachstumspfad<br />

zurückzukehren.<br />

8 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Kommunaler Finanzausgleich auf dem Prüfstand<br />

Im Koalitionsvertrag der Landesregierung<br />

ist für die laufende Legislaturperiode unter<br />

anderem vereinbart worden, gutachterlich<br />

in einer Kommission mit Vertretern der<br />

kommunalen Seite und des Landes zu untersuchen,<br />

ob die Ausgleichswirkung des<br />

Kommunalen Finanzausgleichs zwischen<br />

den Kommunen hinsichtlich der Ausgaben-<br />

und Aufgabenentwicklung noch zu<br />

gerechten Ergebnissen führt.<br />

Übersetzt handelt es sich dabei schlicht um<br />

die Fragestellung, ob das Spannungsverhältnis<br />

zur Ermittlung der Bedarfsmesszahl<br />

nach § 7 FAG zwischen der kleinsten<br />

Gemeindegrößengruppe von unter 3.000<br />

Einwohner bis zur größten Gemeindegrößengruppe<br />

im Kommunalen Finanzausgleich<br />

von über 500.000 Einwohner, das<br />

derzeit 100:186 beträgt, den aktuellen Gegebenheiten<br />

entspricht. Dahinter steht die<br />

politische Forderung, das Spannungsverhältnis<br />

für die größte Gemeindegrößengruppe<br />

zu erhöhen.<br />

Der Gemeindetag hat demgegenüber die<br />

Forderung zur Prüfung und Einführung<br />

einer Flächenkomponente im Kommunalen<br />

Finanzausgleich Baden-Württembergs<br />

erhoben, um den allgemeinen Finanzbedarf<br />

von Flächengemeinden im Kommunalen<br />

Finanzausgleich ebenfalls angemessen<br />

zu berücksichtigen. In Absprache mit<br />

den kommunalen Landesverbänden hat<br />

das Finanzministerium zur Überprüfung<br />

der Ausgleichswirkung des Kommunalen<br />

Finanzausgleichs eine Bedarfsuntersuchung<br />

anhand der Entwicklung der bereinigten<br />

Nettoausgaben der Gemeinden in<br />

Baden-Württemberg für den Zeitraum<br />

1994 bis 2005 im Laufe des Jahres 2008<br />

durchgeführt. Zur Gewährleistung der<br />

Vergleichbarkeit des kreisangehörigen Bereichs<br />

mit den Stadtkreisen wurden im<br />

kreisangehörigen Bereich die Ausgaben<br />

für die durchschnittliche Kreisumlage hinzugerechnet<br />

und bei den Stadtkreisen<br />

demgegenüber die Einnahmen aus reinen<br />

Kreisaufgaben in Abzug gebracht.<br />

Bis auf die Gemeindegrößengruppen<br />

200.000 bis unter 500.000 Einwohner sowie<br />

500.000 Einwohner und mehr spiegelt<br />

der Durchschnitt der Entwicklung der Jahre<br />

1994 bis 2005 in den anderen sechs Gemeindegrößengruppen<br />

das bisher im FAG<br />

geltende Spannungsverhältnis wider. Da-<br />

gegen verzeichnet die Gemeindegrößengruppen<br />

200.000 bis unter 500.000 Einwohner<br />

mit einem Durchschnittswert mit<br />

161 gegenüber dem geltenden Spannungsverhältnis<br />

von 179 eine unterdurchschnittliche<br />

Entwicklung, die eine Reduzierung<br />

des Spannungsverhältnisses für diese Gemeindegrößengruppe<br />

nahelegen würde. In<br />

der Gemeindegrößengruppe 500.000 Einwohner<br />

und mehr, in der lediglich die Landeshauptstadt<br />

Stuttgart vertreten ist, ergibt<br />

sich ein Durchschnittswert von 195 gegenüber<br />

186 und rechnerisch gesehen auch ein<br />

entsprechender Anpassungsbedarf.<br />

Dennoch kam die Gemeinsame Finanzkommission<br />

in einer ersten Beratung zur<br />

Bewertung der Ergebnisse der stattgefundenen<br />

Untersuchung zum Schluss, sich für<br />

eine Beibehaltung des bisherigen Spannungsverhältnisses<br />

auszusprechen. Zum<br />

einen verzeichnet die Gemeindegrößengruppe<br />

200.000 bis unter 500.000 Einwohner<br />

mit 2.056 Euro pro Einwohner im Jahr<br />

2005 den höchsten durchschnittlichen<br />

Schuldenstand pro Einwohner aller Gemeindegrößengruppen<br />

und hat hieraus einen<br />

überdurchschnittlichen Konsolidierungsbedarf,<br />

zum anderen findet in der<br />

Gemeindegrößengruppe 500.000 Einwohner<br />

und mehr keine Nivellierung der Entwicklung<br />

der Nettoausgabe durch das Fehlen<br />

weiterer Städte in dieser Gemeindegrößengruppe<br />

statt. Es kann somit davon<br />

ausgegangen werden, dass das bisher im<br />

Kommunalen Finanzausgleich geltende<br />

Spannungsverhältnis auch in den nächsten<br />

Jahren unverändert bleiben wird.<br />

Noch nicht geklärt ist dagegen die Frage,<br />

ob entsprechend dem Vorstoß des Gemeindetags<br />

in der Zukunft eine Flächenkomponente<br />

im Kommunalen Finanzausgleich<br />

Berücksichtigung finden wird. Die Entwicklung<br />

der Nettoausgaben als Indikator<br />

für den in den Finanzausgleichssystemen<br />

zu berücksichtigenden Bedarf wird in der<br />

Finanzwissenschaft nicht unkritisch gesehen.<br />

So führen höhere Einnahmen erfahrungsgemäß<br />

auch zu entsprechend höheren<br />

Ausgaben.<br />

In diesem Zusammenhang ist als ein weiteres<br />

Ergebnis der durchgeführten Untersuchung<br />

der Nettoausgaben festzuhalten,<br />

dass der Kopfbetrag, der im Kommunalen<br />

Finanzausgleich unberücksichtigten kommunalen<br />

Steuereinnahmen mit der Einwohnerzahl<br />

zunimmt. Im Durchschnitt<br />

betrug dieser in den Jahren 1998 bis 2005<br />

in der Gemeindegrößengruppe weniger als<br />

3.000 Einwohner 64 Euro pro Einwohner.<br />

Dieser Betrag erhöht sich sukzessive bis<br />

zur Gemeindegrößengruppe 500.000 Einwohner<br />

und mehr auf 363 Euro pro Einwohner,<br />

was einem „Gegenspannungsverhältnis“<br />

bei den im Kommunalen Finanzausgleich<br />

unberücksichtigten Einnahmen<br />

von 100 zu 567 entspräche.<br />

Städten und Gemeinden mit einer großen<br />

Ausdehnung und geringen Siedlungsdich-<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 9


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

te sehen sich zudem in der Regel einer<br />

durchschnittlich höheren Kostenbelastung<br />

ausgesetzt als die Verdichtungsräume größerer<br />

Städte, um die notwendige Infrastruktur<br />

für die dort lebende Bevölkerung<br />

schaffen und erhalten zu können. Um dies<br />

im Kommunalen Finanzausgleich bei der<br />

Verteilung der Schlüsselmasse adäquat zu<br />

berücksichtigen, hat die Geschäftsstelle<br />

des Gemeindetags einen Modellvorschlag<br />

für die Einführung einer Flächenkomponente<br />

auf der Grundlage einer ergänzenden<br />

Bedarfsmesszahl zur bestehenden Bedarfsmesszahl,<br />

bezogen auf das Verhältnis<br />

Fläche pro Einwohner, erarbeitet. Das vom<br />

Gemeindetag vorgeschlagene Modell verknüpft<br />

die nach dem geltenden FAG zu<br />

ermittelnde Bedarfsmesszahl mit einer<br />

neuen flächenbezogenen Bedarfsmesszahl<br />

und gewichtet diese im einem Verhältnis<br />

von 100:10 zu einer kombinierten Bedarfsmesszahl.<br />

Dabei wird für die flächenbezogene<br />

Bedarfsmesszahl eine Fläche<br />

von bis zu 3.000 Quadratmetern pro Einwohner<br />

mit dem Faktor 100 und darüber<br />

hinaus in Stufen bis über 30.000 Quadratmetern<br />

pro Einwohner und mehr mit einem<br />

Faktor von bis zu 130 berücksichtigt.<br />

Die damit verbundenen Umschichtungen<br />

kämen primär den Städten und Gemeinden<br />

unter 20.000 Einwohner zugute.<br />

In den weiteren Beratungen bleibt es nun<br />

abzuwarten, inwieweit das erarbeitete Modell<br />

der Berücksichtigung einer Flächenkomponente<br />

im Kommunalen Finanzausgleich<br />

Realisierungschancen hat. Die Berücksichtigung<br />

einer Flächenkomponente<br />

im Kommunalen Finanzausgleich ist nicht<br />

nur ein baden-württembergisches Thema.<br />

Auch in Nordrhein-Westfalen beschäftigt<br />

man sich unter der Überschrift „Große Fläche<br />

darf kein Nachteil sein“ mit der Fragestellung<br />

der Berücksichtigung der besonderen<br />

finanziellen Belastungen von Städten<br />

und Gemeinden im ländlichen Raum<br />

im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs.<br />

Einvernehmlich ad acta gelegt wurde dagegen<br />

eine etwaige Anhebung der Anrechnungshebesätze,<br />

nachdem der Landkreistag<br />

seinen bereits dazu gestellten Antrag<br />

zurückgezogen hat.<br />

Reform des kommunalen Haushaltsrechts<br />

kommt in den Landtag<br />

Nach wie vor ein Brennpunkt in Bilanz<br />

und Perspektiven ist die Reform des kommunalen<br />

Haushaltsrechts. Über den Reformprozess<br />

wurde wiederholt und intensiv<br />

berichtet (vgl. BWGZ 1/1008 S. 11).<br />

Die Berichterstattung in den letztjährigen<br />

Perspektiven (ebd.) endete mit der Ankündigung,<br />

das Innenministerium werde nun<br />

den Gesetzentwurf in die Verbändeanhörung<br />

geben.<br />

Dies ist erfolgt. Die daran anknüpfende<br />

ursprüngliche Zielvorstellung, noch in der<br />

zweiten Hälfte des Jahres 2008 das Gesetz<br />

im Landtag zu beschließen, damit es zum<br />

1.1.2009 in Kraft treten könne, blieb allerdings<br />

nur auf dem Papier stehen, denn der<br />

Reformprozess verzögerte sich erneut.<br />

Der Gemeindetag hat nach Vorberatung in<br />

seinen Gremien zum Gesetzentwurf zur<br />

Reform des kommunalen Haushaltsrechts<br />

mit Schreiben vom 5.5.2008 gegenüber<br />

dem Innenministerium Stellung genommen,<br />

Städtetag und Landkreistag Baden-<br />

Württemberg mit Schreiben vom<br />

13.5.2008. Städtetag und Landkreistag haben<br />

die Forderungen des Gemeindetags<br />

bis auf wenige Ausnahmen inhaltsgleich<br />

übernommen.<br />

Im August 2008 hatte das Innenministerium<br />

die Auswertung der Anhörung zum Gesetzentwurf<br />

abgeschlossen und den Regierungsfraktionen<br />

die Ergebnisse sowie die<br />

Bewertung durch das Innenministerium<br />

mit einem fortgeschriebenen Gesetzentwurf<br />

Anfang September übermittelt. Denn<br />

ohne „grünes Licht“ aus den Regierungsfraktionen<br />

beschließt die Landesregierung<br />

nicht förmlich über den Gesetzentwurf und<br />

wird das förmliche Gesetzgebungsverfahren<br />

im Landtag nicht eingeleitet.<br />

Das Innenministerium hat zwar einige<br />

der Forderungen und Anregungen der<br />

Kommunen in den fortgeschriebenen<br />

Gesetzentwurf übernommen. In den für<br />

die Gemeinden und Städte wesentlichen<br />

Eckpunkten ist es aber nicht auf<br />

die Forderungen des Gemeindetags und<br />

die inhaltsgleichen Änderungsvorschläge<br />

von Städtetag und Landkreistag<br />

eingegangen und hatte dies so auch<br />

gegenüber den Regierungsfraktionen<br />

vertreten.<br />

Dabei geht es um folgende Aspekte:<br />

die Frage des Haushaltsausgleichs mit<br />

angemessener Orientierung nicht nur<br />

an der Ergebnissicht, sondern auch an<br />

der Zahlungssicht, und der Verzicht auf<br />

ein gesetzlich vorgesehenes Haushaltsstrukturkonzept;<br />

damit verbunden je nach Ausgestaltung<br />

der Ausgleichsanforderungen ggf. um<br />

das Erfordernis einer Sonderregelung<br />

für Umlagefinanzierer;<br />

den Verzicht auf die Wahlmöglichkeit<br />

der Vermögenstrennung<br />

den Verzicht auf das Erfordernis der<br />

Aufstellung eines konsolidierten Gesamtabschlusses.<br />

Der Gemeindetag hatte gegenüber den Abgeordneten<br />

in den Regierungsfraktionen<br />

seine Position erneut wie folgt verdeutlicht.<br />

Haushaltsausgleich<br />

Der gesetzlichen Verankerung eines Haushaltsstrukturkonzepts<br />

bedürfe es nicht.<br />

§ 77 GemO mit dem Auftrag, die finanzielle<br />

Leistungsfähigkeit zur dauerhaften<br />

Aufgabenerfüllung zu sichern, beinhalte<br />

nicht nur für die Gemeinde selbst, sondern<br />

auch für die Kommunalaufsicht eine ausreichende<br />

Ermächtigungsgrundlage, ein<br />

Haushaltsstruktur- bzw. -konsolidierungskonzept<br />

aufzustellen bzw. verlangen zu<br />

können.<br />

Für die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit<br />

komme es nicht nur auf das<br />

– durch nicht zahlungswirksame Vorgänge<br />

wesentlich mit beeinflusste – Verhältnis<br />

von Aufwendungen und Erträgen (Ergebnis),<br />

sondern auch auf die Zahlungssicht<br />

an. Deshalb müsse den Städten und Gemeinden<br />

bei einem nicht ausgeglichenen<br />

ordentlichen Ergebnis Entscheidungs- und<br />

Handlungsspielraum verbleiben.<br />

Dem diene das von den kommunalen Verbänden<br />

vorgeschlagene Ausgleichskonzept,<br />

das auch die Zahlungssicht angemessen<br />

berücksichtige. Dem Gesetzgeber<br />

müsse bei der Neuregelung bewusst sein,<br />

dass es nicht nur einzelne Städte und Gemeinden<br />

seien, die durch die Umstellung<br />

des Haushaltsrechts statt mit einer bisher<br />

10 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

noch positiven Zuführung an den Vermögenshaushalt<br />

künftig mit negativen ordentlichen<br />

Ergebnissen umzugehen hätten,<br />

sondern dies die Mehrheit aller Städte und<br />

Gemeinden im Lande betreffe.<br />

Solange das Land nicht einmal bereit sei,<br />

das Landeshaushaltsrecht gleichermaßen<br />

zu reformieren und über den Bundesrat<br />

bezüglich einer Änderung des Haushaltsgrundsätzegesetzes<br />

entsprechend initiativ<br />

zu werden, seien für die Städte und GemeindenHaushaltsausgleichsanforderungen,<br />

die für das Land nicht gleichermaßen<br />

gelten, inakzeptabel.<br />

Mit dem vom Gemeindetag, aber auch von<br />

den beiden anderen kommunalen Landesverbänden<br />

vorgeschlagenen Ausgleichskonzept<br />

sei auch gewährleistet, dass einheitliche<br />

haushaltsrechtliche Vorschriften<br />

sowohl für die Städte und Gemeinden<br />

als auch für die Landkreise und<br />

andere Umlagefinanzierer gelten könnten.<br />

Denn dadurch bestünde auch der Entscheidungsspielraum,<br />

die Umlagebemessung<br />

an der Zahlungssicht (Liquidität)<br />

auszurichten und nicht zahlungswirksame<br />

Aufwendungen nicht zwingend in die Umlagebemessung<br />

einzubeziehen.<br />

Als besonderen Aspekt, der die Frage des<br />

Haushaltsausgleichs wesentlich mitbestimme,<br />

hat der Gemeindetag die Ergebniswirksamkeit<br />

(und Umlagewirksamkeit)<br />

der Zuführungen zu Pensionsrückstellun-<br />

gen neben der Belastung der Ergebnishaushalte<br />

durch die Versorgungsumlage<br />

oder – anders ausgedrückt – das Zusammenspiel<br />

der durch solidarische Zukunftsvorsorge<br />

in der gesetzlich vorgesehenen<br />

Risiko- und Umlagegemeinschaft im Kommunalen<br />

Versorgungsverband zur individuellen<br />

Verpflichtung der einzelnen Kommune,<br />

die Zuführungen zu Pensionsrückstellungen<br />

ggf. sogar zahlungswirksam erwirtschaften<br />

zu müssen, angesprochen.<br />

Beispiel:<br />

Versorgungsumlage: 3,0 Mio. Euro<br />

Zuführung<br />

zur Pensionsrückstellung 1,8 Mio. Euro.<br />

Daraus Belastung<br />

des Ergebnishaushalts 4,8 Mio. Euro.<br />

Davon zahlungswirksam 3,0 Mio. Euro.<br />

Wenn im Ergebnishaushalt nur 3 Mio. Euro<br />

erwirtschaftet würden, so würde das<br />

Eigenkapital um 1,8 Mio. Euro geschmälert.<br />

Wenn im Ergebnishaushalt hingegen<br />

4,8 Mio. Euro erwirtschaftet würden, so<br />

wäre das Eigenkapital unverändert, hingegen<br />

würde mehr Liquidität als benötigt<br />

zufließen.<br />

Die Ausweisung der Pensionsrückstellungen<br />

könnte, wie die Landkreise nunmehr feststel-<br />

len, teilweise sogar zu einer Überschuldung<br />

in den Eröffnungsbilanzen führen.<br />

Der Gemeindetag hatte sich bisher immer<br />

dafür ausgesprochen, dass auch die Pensionsrückstellungen<br />

in den kommunalen<br />

Bilanzen auszuweisen seien, dass hingegen<br />

bezüglich der Erwirtschaftung der<br />

(noch) nicht zahlungswirksamen Rückstellungszuführungen<br />

mit Blick auf die<br />

Umlagegestaltung des Kommunalen Versorgungsverbands,<br />

die bereits zukunftsorientiert<br />

eine Erhöhung der Umlagesätze<br />

vorsehe, es der einzelnen Gemeinde freistehen<br />

müsse, darüber zu entscheiden, in<br />

welchem Umfang dies erfolgen solle.<br />

Auch bei „doppelter Buchführung“ müsse<br />

für dieselbe Verpflichtung nicht „doppelt“<br />

(bei der Gemeinde und beim Versorgungsverband)<br />

Vorsorge getroffen werden.<br />

Für das Gesetzgebungsverfahren wird deshalb<br />

von zentraler Bedeutung sein, was<br />

aus den jüngst entwickelten Überlegungen<br />

wird, die Pensionsrückstellungen der Städte,<br />

Gemeinden und Kreise sowie der anderen<br />

Pflichtmitglieder zentral nur beim<br />

Kommunalen Versorgungsverband, nicht<br />

aber in den Kommunal- und Kreishaushalten<br />

und -bilanzen auszuweisen und dies<br />

ggf. durch eine Änderung des Gesetzes<br />

über den Kommunalen Versorgungsverband<br />

abzusichern. Diese Rechtsänderung<br />

sollte ebenfalls Bestandteil des NKHR-<br />

Gesetzes sein.<br />

Gesamtabschluss<br />

Was die Befreiung von der Aufstellung<br />

eines Gesamtabschlusses bzw. von der<br />

Aufnahme ausgelagerter Bereiche in<br />

den Gesamtabschluss angehe, so würden<br />

die Regelungen des Gesetzentwurfs die<br />

kommunalen Belange nach wie vor nur<br />

unzureichend berücksichtigen und könnten<br />

nach Auffassung des Gemeindetags<br />

auch kleinere Gemeinden, die ihre Abwasserbeseitigung<br />

oder die Wasserversorgung<br />

in einen Eigenbetrieb ausgelagert haben,<br />

dazu nötigen, mit erheblichem Aufwand<br />

einen Gesamtabschluss aufzustellen. Die<br />

im Haushaltsrecht verankerte Verpflichtung,<br />

in einem Beteiligungsbericht die<br />

ausgelagerten Aufgabenbereiche darzustellen,<br />

sei, so der Gemeindetag, als Steuerungsinstrument<br />

und Informationsgrundlage<br />

ausreichend. Unabhängig von der<br />

grundsätzlich anzustrebenden Freiwilligkeit<br />

der Aufstellung eines Gesamtab-<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 11


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

schlusses seien entgegen der Auffassung<br />

des Innenministeriums die Fristen für die<br />

Aufstellung und die Beschlussfassung<br />

über den Gesamtabschluss – wie von den<br />

kommunalen Verbänden vorgeschlagen –<br />

zu verlängern.<br />

Vermögensspaltung<br />

Auch die Forderung der kommunalen Landesverbände,<br />

im Gesetz auf die Option,<br />

das Vermögen in realisierbares und in<br />

Verwaltungsvermögen zu separieren<br />

und entsprechend ausweisen zu können,<br />

zu verzichten, sei mit Blick auf die Vergleichbarkeit<br />

der Städte, Gemeinden und<br />

Kreise im Lande, aber auch für eine darüber<br />

hinausgehende bundesweite Vergleichbarkeit<br />

nach wie vor berechtigt.<br />

Anfang November fand dazu erneut ein<br />

Gespräch mit Abgeordneten der Regierungsfraktionen<br />

statt. Es gelang bei diesem<br />

Gespräch, den Forderungen des Gemeindetags<br />

Geltung zu verschaffen und<br />

das Innenministerium zu einer Abkehr von<br />

bisher vertretenen Positionen zu bewegen.<br />

Die wesentlichen Ergebnisse:<br />

Zum Haushaltsausgleich: Es soll im<br />

Gesetz und in der Verordnung auf eine<br />

ausdrückliche Regelung zur Aufstellung<br />

von Haushaltsstrukturkonzepten<br />

verzichtet werden. In der Gesetzesbegründung<br />

soll verdeutlicht werden, dass<br />

die Kommunalaufsicht – gestützt u.a.<br />

auch auf § 77 GemO – ggf. die Aufstellung<br />

eines Haushaltsstrukturkonzepts<br />

verlangen kann. Es bleibt beim Grundsatz,<br />

dass das ordentliche Ergebnis ausgeglichen<br />

werden soll. Wenig hilfreich<br />

war hier aus Sicht des Gemeindetags<br />

der überraschend vom Städtetag (ohne<br />

vorherige Abstimmung) eingebrachte<br />

Änderungsvorschlag, in der gesetzlichen<br />

Regelung zum Haushaltsausgleich<br />

auf eine Aussage zu einer Mindesthöhe<br />

des Zahlungsmittelüberschusses aus<br />

laufender Verwaltungstätigkeit zu verzichten.<br />

Gleichwohl bestand in dem<br />

Gespräch mit den Abgeordneten zwischen<br />

allen Teilnehmern Konsens, dass<br />

bei einem unausgeglichenem ordentlichen<br />

Ergebnis auch die Zahlungssicht<br />

(Liquidität, Deckung des Finanzbedarfs)<br />

eine Rolle bei der Beurteilung<br />

der dauernden Leistungsfähigkeit und<br />

Genehmigungsfähigkeit der Haushalte<br />

spielt. Im Zusammenhang mit dem<br />

Soll-Grundsatz des Ausgleichs des ordentlichen<br />

Ergebnisses soll in der Gesetzesbegründung<br />

zu § 77 GemO verdeutlicht<br />

werden, dass es zur Beurteilung<br />

der Haushalte und Bilanzen der<br />

Entwicklung geeigneter Kennzahlen<br />

bedürfe.<br />

Mit dem Verzicht auf Regelungen zum<br />

Haushaltsstrukturkonzept im Gesetz<br />

fällt auch die bisher damit verbundene<br />

„Übergangsfrist“ bis 2031 weg.<br />

Ist ein Ausgleich des ordentlichen Ergebnisses<br />

nicht einmal unter Heranziehung<br />

des Sonderergebnisses (d.h. konkret<br />

Gewinnen aus Vermögensveräußerung)<br />

oder von Rücklagen möglich,<br />

kann ein Fehlbetrag in die drei folgenden<br />

Haushaltsjahre vorgetragen werden.<br />

Ein danach verbleibender Fehlbetrag<br />

ist mit dem Basiskapital zu verrechnen.<br />

D.h. es soll keinen Fehlbetragsvortrag<br />

„auf ewig“ geben.<br />

Allerdings darf das Basiskapital nicht<br />

negativ werden. Bei einem angenommen<br />

Start in das neue Haushaltsrecht im<br />

Jahr 2016 wäre ein Fehlbetragsvortrag<br />

bis 2019 möglich. In der bis zum Ende<br />

des Umstellungszeitraums vorgesehenen<br />

Evaluierung der Haushaltsrechtsreform<br />

soll geprüft werden, ob danach ein<br />

Haushaltsstrukturkonzept und die Voraussetzungen<br />

gesetzlich vorgeschrieben<br />

werden sollen.<br />

Die Möglichkeit, das Vermögen in realisierbares<br />

und Verwaltungsvermögen<br />

zu trennen, (mit der Folge, dass<br />

realisierbares Vermögen, z.B. Baulandreserven,<br />

regelmäßig neu – i.d.R. höher<br />

– zu bewerten wäre) soll auch nach der<br />

einhelligen Vorstellung der Abgeordneten<br />

gestrichen werden.<br />

Ebenso sprachen sich dieAbgeordneten<br />

einhellig gegen Sonderregelungen für<br />

Umlagefinanzierer wie insbesondere<br />

die Kreise aus. Anerkannt wurde aber,<br />

dass auch bei der Bemessung der Umlage<br />

der Kreise die Liquiditätssicht eine<br />

Rolle spiele und es keinen Automatismus<br />

gebe, sämtliche nicht zahlungswirksamen<br />

Aufwendungen über die<br />

Umlage zu decken. Der Gemeindetag<br />

hat in diesem Zusammenhang das Zusammenspiel<br />

von Pensionsrückstellungen<br />

und Versorgungsumlage und die<br />

Bedeutung für die Frage des Haushalts-<br />

ausgleichs aufgegriffen. Es bestand<br />

zwischen und mit den Abgeordneten<br />

Konsens hinsichtlich des gesetzlich abzusichernden<br />

Ziels, dass die Pensionsrückstellungen<br />

zentral für alle Städte,<br />

Gemeinden und Kreise beim kommunalen<br />

Versorgungsverband ausgewiesen<br />

und die kommunalen Haushalte<br />

„nur“ mit der Versorgungsumlage belastet<br />

werden.<br />

Zum Gesamtabschluss (Konsolidierung<br />

mit ausgelagerten Einheiten):<br />

Die Abgeordneten erkannten die Fragwürdigkeit<br />

und mangelnde Aussagekraft<br />

konsolidierter Abschlüsse für kleinere<br />

Gemeinden. Gleichwohl sprachen<br />

sich die Abgeordneten nach kontroverser<br />

Diskussion mehrheitlich gegen den<br />

Vorschlag der kommunalen Landesverbände<br />

aus, Städte und Gemeinden unter<br />

20.000 Einwohner von der Pflicht zur<br />

Aufstellung eines Gesamtabschlusses<br />

freizustellen, und erteilten vielmehr<br />

dem Innenministerium den Auftrag,<br />

durch Verordnung eine geeignete Freistellungsregelung<br />

für kleinere Kommunen<br />

zu treffen und dort den Begriff „von<br />

untergeordneter Bedeutung“ als Ausschlusskriterium<br />

für die Konsolidierung<br />

zu präzisieren. Auch insoweit verspricht<br />

die noch ausstehende Anhörung zur Gemeindehaushaltsverordnung<br />

spannend<br />

zu werden.<br />

Die Ergebnisse dieses Gesprächs mit den<br />

Abgeordneten am 4.11.2008 bilden nun<br />

die Arbeitsgrundlage des Innenministeriums<br />

für die Erstellung der Kabinettsvorlage<br />

zur Haushaltsrechtsreform. Das Innenministerium<br />

hat den kommunalen Landesverbänden<br />

am 23.12.2008 den überarbeitenden<br />

Gesetzentwurf übermittelt. Es ist<br />

nun in den nächsten Wochen die Beschlussfassung<br />

in der Landesregierung<br />

über den Gesetzentwurf zu erwarten. Das<br />

Gesetzgebungsverfahren im Landtag soll<br />

noch vor der Sommerpause 2009 abgeschlossen<br />

werden. Voraussichtlich wird<br />

das Gesetz rückwirkend zum 1.1.2009 in<br />

Kraft gesetzt, so dass es beim bisher anvisierten<br />

Umstellungszeitraum für die Gemeinden,<br />

Städte und Kreise bis Ende 2015<br />

bleiben kann.<br />

12 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Grundsteuererlass wegen wesentlicher Ertragsminderung –<br />

Gesetzesänderung zur Begrenzung des Grundsteuererlasses<br />

Nach der jüngsten höchstrichterlichen<br />

Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs,<br />

der sich das Bundesverwaltungsgericht<br />

anschloss (bzw. anschließen musste),<br />

kommt ein Erlass der Grundsteuer wegen<br />

wesentlicher Ertragsminderung nach<br />

§ 33 GrStG nicht nur bei atypischen und<br />

vorübergehenden Ertragsminderungen<br />

in Betracht, sondern auch bei strukturell<br />

bedingten Ertragsminderungen nicht<br />

nur vorübergehender Natur.<br />

Das Bundesverwaltungsgericht musste<br />

sich – wohl oder übel – der Sichtweise des<br />

Bundesfinanzhofs anschließen (vgl. BFH,<br />

Beschluss vom 13.9.2006, II R 5/05, BSt-<br />

Bl. II 2006 S. 921, Beschluss vom<br />

26.2.2007, II R 5/05, BStBl. II 2007 S.<br />

469, Urteil vom 24.10.2007 II R 5/05, BSt-<br />

Bl. II 2008 S. 384, Urteil vom 24.10.2007,<br />

II R 6/05, BFH/NV 2008 S. 407, Urteil<br />

vom 24.10.2007, II R 4/05, BFH/NF 2008<br />

S. 405; BVerwG, Beschluss vom 24.4.2007,<br />

GmS-OGB 1.07, ZKF 2007 S. 211, Urteil<br />

vom 25.6.2008, 9 C 8.07, BWGZ 2008<br />

S. 816). Als Folge der geänderten Rechtsprechung<br />

schnellte die Zahl der Erlassanträge<br />

in den gemeindlichen Steuerämtern<br />

sprunghaft in die Höhe.<br />

Betroffen sind insbesondere Städte und<br />

Gemeinden mit hohem strukturellem Leerstand:<br />

Zum einen ergeben sich Steuerausfälle,<br />

zum anderen ist ein erheblicher Verwaltungsmehraufwand<br />

mit der Bearbeitung<br />

der deutlich höheren Zahl an Erlassanträgen<br />

verbunden. Auch die Städte und<br />

Gemeinden in Baden-Württemberg sind<br />

mit einer höheren Zahl von Erlassanträgen<br />

konfrontiert worden.<br />

Sowohl der Gemeindetag als auch die<br />

Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände<br />

haben sich deshalb für eine<br />

vollständige Streichung des § 33 GrStG<br />

eingesetzt. Eine entsprechende Gesetzesinitiative<br />

der Länder Berlin und Bremen,<br />

die auf die vollständige Streichung des<br />

§ 33 GrStG zielte, fand im Bundesrat allerdings<br />

keine mehrheitliche Unterstützung.<br />

Statt dessen hat der Bundesrat am<br />

19.9.2008 im Zusammenhang mit seiner<br />

Stellungnahme zum Jahressteuergesetz<br />

2009 den Kompromissvorschlag des Landes<br />

Sachsen übernommen (Bundesratsdrucksache<br />

545/08) und eine entsprechen-<br />

de gesetzliche Neuregelung vorgeschlagen,<br />

die bereits für das Jahr 2008 wirksam<br />

werden sollte. Diese sieht vor, dass ein<br />

Grundsteuererlass künftig erst bei einer<br />

Minderung des Rohertrages von 50 Prozent<br />

möglich sein soll (bisher 20 Prozent).<br />

Bei einer Ertragsminderung von mehr als<br />

50 Prozent sind 25 Prozent der Grundsteuer<br />

zu erlassen, bei einer Ertragsminderung<br />

von 100 Prozent soll der Erlass 50 Prozent<br />

betragen. Die kommunalen Spitzenverbände<br />

haben diese Initiative als Schritt in<br />

die richtige Richtung unterstützt.<br />

Die Bundesregierung hat den Vorschlag<br />

des Bundesrats hingegen abgelehnt, weil<br />

die Hauptursache für die entstehenden<br />

Probleme in dem überkommenen Bewertungsverfahren<br />

zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage<br />

lägen und überdies die<br />

Rückwirkung für 2008 verfassungsrechtlich<br />

bedenklich sei (Bundestagsdrucksache<br />

16/10494). Der Bundestag hat sich<br />

dem allerdings nicht angeschlossen (Gesetzesbeschluss<br />

zum Jahressteuergesetz<br />

2009 vom 28.11.2008, BR-Drs. 896/08<br />

vom 28.11.2008), so dass die einschränkende<br />

Neuregelung zum Grundsteuererlass<br />

mit der am 19.12.2008 erfolgten Zustimmung<br />

des Bundesrats zum Jahresteuergesetz<br />

2009 wirksam werden konnte<br />

(Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008,<br />

BGBl. I S. 2794, 2844).<br />

Aus kommunaler Sicht hat der Erlasstatbestand<br />

des § 33 GrStG – auch nach der Entschärfung<br />

durch das JStG 2009 – einen<br />

„Webfehler“. Er berücksichtigt nämlich<br />

nicht ausreichend die Verantwortung und<br />

das wirtschaftliches Risiko, dass der vermietende/verpachtende/selbstnutzende<br />

Grundstückseigentümer für seinen Grundbesitz<br />

und dessen Nutzung hat. § 33 lädt<br />

dazu ein, dieses Risiko – wenn auch auf den<br />

Steuerbetrag begrenzt – bei der Gemeinde<br />

„abzuladen“. Ein Korrektiv, wie es für die<br />

Land- und Forstwirtschaft und die eigengewerbliche<br />

Nutzung im Gesetz steht, nämlich<br />

die Unbilligkeit nach den wirtschaftlichen<br />

Verhältnissen des Betriebs, fehlt bei<br />

den anderen Erlasstatbeständen.<br />

Ferner ist mit der Grundsteuer als Objektsteuer<br />

und der i.d.R. langjährigen Bindung/<br />

Beziehung zwischen Schuldner und Objekt<br />

schwierig zu vereinbaren, dass es für den<br />

Erlass und dessen Voraussetzungen nur auf<br />

die Verhältnisse im Erlasszeitraum ankommen<br />

soll (so allerdings die Rechtsprechung<br />

des BVerwG). Anders ist dies z.B. für die<br />

dauernde Unrentierlichkeit i.S. des § 32<br />

GrStG geregelt. So tun sich die Gemeinden<br />

deshalb schwer damit, wenn ein Eigentümer<br />

mit der Gebäudesubstanz in den früheren<br />

Jahren wenig pfleglich umgeht, einen<br />

Erlass zu gewähren, wenn im konkreten<br />

Jahr wegen schlechter Bausubstanz keine<br />

Vermietung/Verpachtung erfolgen konnte.<br />

Strittig ist dann auch, ob für die Zeit einer<br />

angesonnenen Renovierung ein Grundsteuererlass<br />

gewährt werden soll. Auch unternehmerische<br />

Fehlentscheidungen in früheren<br />

Jahren in Bezug auf den Grundbesitz<br />

sind streng genommen auszublenden.<br />

Sowohl die unzureichende Berücksichtigung<br />

der Dauerhaftigkeit des Grundbesitzes<br />

als auch die mögliche Verlagerung eines<br />

wirtschaftlichen Risikos auf den Steuergläubiger<br />

sind die Hauptkritikpunkte zu<br />

§ 33 GrStG aus kommunaler Sicht. Sie führen<br />

in der Praxis auch zu einem pro Erlassfall<br />

sehr hohen Aufwand für die Bearbeitung<br />

(auch bei den Steuerpflichtigen selbst)<br />

und inhaltlichen Schwierigkeiten (wie weit<br />

geht der Nachweis der Vermietungsbemühungen,<br />

wie kommt die Gemeinde an die<br />

„normale“ Miete bei Leerstand oder Grundstücken<br />

im Sachwertverfahren, ist einem<br />

Eigentümer die Vermietung zu niedrigeren<br />

Konditionen zuzumuten und wie und wie<br />

weit sind persönliche Entscheidungen des<br />

Vermieters bei der Mieterauswahl hinsichtlich<br />

der Vermietungsbemühungen zu würdigen<br />

usw).<br />

Die Rechtsänderung durch das JStG 2009<br />

legt nun zumindest die Messlatte für die<br />

Grundstückseigentümer höher. Nur am<br />

Rande soll noch bemerkt werden, das trotz<br />

der höchstrichterlichen Entscheidungen<br />

des Bundesfinanzhofs und des Bundesverwaltungsgerichts<br />

die Frage im Raum steht,<br />

ob ein Grundsteuererlass nur bei atypischen<br />

oder auch bei typischen Leerständen bzw.<br />

Ertragsminderungen in Betracht kommen<br />

soll. Insbesondere das OVG Münster spricht<br />

sich deutlich dafür aus, die Grundsteuer nur<br />

bei atypischen Leerständen oder Ertragsminderungen,<br />

die vom Schuldner nicht zu<br />

vetreteten sind, zu erlassen (vgl. OVG<br />

Münster, Urteil vom 16.1.2008, 14 A<br />

461/07, KSt 2008 S. 216; ebenso im Urteil<br />

vom 18.6.2008, 14 A 1185/07 und Urteil<br />

vom 26.8.2008, 14 A 2509/07).<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 13


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Finanzrechtsstreit EVS 1992 beendet –<br />

alles bleibt wie es war<br />

In dem schon seit 1996 laufenden Rechtsstreit<br />

hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg,<br />

nachdem das Verfahren zuvor<br />

sogar schon beim Bundesfinanzhof anhängig<br />

war und dann wieder an das Finanzgericht<br />

zurückverwiesen wurde, mit Urteil<br />

vom 6.11.2006 ganz entgegen der im – gegenstandslos<br />

gewordenen – Gerichtsbescheid<br />

vom 7.9.2005 vertretenen Auffassung<br />

entschieden und den Antrag einer<br />

baden-württembergischen Gemeinde auf<br />

Änderung der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags<br />

1992 der EVS AG zurückgewiesen.<br />

Der vom Finanzamt angewandte<br />

Zerlegungsmaßstab (50 v.H. nach<br />

Arbeitnehmern, die in der Gemeinde wohnen,<br />

30 v.H. nach Stromeinnahmen und 20<br />

v.H. nach dem Anlagevermögen) sei, so<br />

das Finanzgericht, auch noch für das Jahr<br />

1992 zu billigen gewesen.<br />

Der Bundesfinanzhof hat die Beschwerde<br />

gegen die Nichtzulassung der Revision gegen<br />

dieses Urteil mit Beschluss vom<br />

23.7.2008 als unbegründet zurückgewiesen.<br />

Damit bleibt es beim Urteil des Finanzgerichts<br />

Baden-Württemberg vom 6.11.2006,<br />

mit dem das Finanzgericht den vom Finanzamt<br />

angewandten Zerlegungsschlüssel für<br />

den Erhebungszeitraum 1992 bestätigt hat.<br />

Zurückgehend auf einen Antrag des Landes<br />

Schleswig-Holstein im Bundesrat wurde<br />

im Jahressteuergesetz 2009 (vom<br />

19.12.2008, BGBl. I S. 2794) für Windkraftanlagen<br />

ein geänderter Zerlegungsmaßstab<br />

aufgenommen. Danach wird der<br />

Steuermessbetrag von Windkraftanlagenbetreibern<br />

künftig zu drei Zehnteln nach<br />

Arbeitslöhnen und zu sieben Zehnteln nach<br />

örtlichem Sachanlagevermögen (Steuerbilanzwerte)<br />

zerlegt. Die Neuregelung wurde<br />

damit begründet, dass sich die Nichtberücksichtigung<br />

der Standortgemeinden der<br />

Windkraftanlagen hemmend auf die Bereitschaft<br />

der Gemeinden auswirken könne,<br />

zum einen Flächen als Eignungsgebiete<br />

entsprechender Anlagen auszuweisen und<br />

des weiteren die mit dem Bau und Betrieb<br />

einhergehenden Beeinträchtigungen und<br />

Damit fand nicht nur ein langjähriger Finanzrechtsstreit<br />

ein Ende, sondern es<br />

konnte auch die befürchtete nachträgliche<br />

Umverteilung des Gewerbesteueraufkommens<br />

unter den 532 betroffenen Städten<br />

und Gemeinden vermieden werden, die<br />

mit gewerbesteuerlichen Erstattungs- und<br />

Nachzahlungszinsen noch verstärkt worden<br />

wäre.<br />

Wie der Gemeindetag auf der Basis des<br />

Gerichtsbescheids des Finanzgerichts ermittelt<br />

hat, hätten 453 der insgesamt 532<br />

Städte und Gemeinden Gewerbesteuer für<br />

zurückerstatten müssen, die umgekehrt<br />

nur 66 Kommunen als Steuerzuwachs zugute<br />

gekommen wäre; 80 Prozent der<br />

Mehreinnahmen wären auf nur vier Städte<br />

entfallen. Für manch kleinere Gemeinde<br />

im Oberschwäbischen wäre die nachträgliche<br />

Gewerbesteuerumverteilung (-rückzahlung)<br />

finanziell so bedeutsam gewesen,<br />

dass ihre Haushalts- und Investitionsplanung<br />

für die nächsten Jahre Makulatur gewesen<br />

wäre. Für das Unternehmen selbst<br />

hätte die Umverteilung zu einer höheren<br />

Gewerbesteuerzahllast geführt. Für die<br />

Folgejahre 1993 ff. hätten vergleichbare<br />

Konsequenzen in der Gewerbesteuerzerlegung<br />

gezogen werden müssen.<br />

Neue Gewerbesteuerzerlegung für Windkraftanlagen –<br />

Anlass, den gewerbesteuerlichen Zerlegungsmaßstab<br />

auch für andere Wirtschaftszweige zu überdenken?<br />

Auswirkungen auf das Ortsbild und Landschaftsbild<br />

hinzunehmen.<br />

Aus umweltpolitischen Gründen sei es geboten,<br />

die Standortgemeinden der Windkraftanlagen<br />

in angemessener Weise am<br />

Gewerbesteueraufkommen zu beteiligen.<br />

Mit der jeweils anteiligen Anwendung des<br />

Zerlegungsmaßstabs „Arbeitslöhne“ und<br />

des Zerlegungsmaßstabs „Steuerbilanzwert<br />

des Sachanlagevermögens“ werde<br />

den Belangen der Gemeinde des Geschäftssitzes<br />

und der Standortgemeinden<br />

der Windkraftanlagen ausgewogen Rechnung<br />

getragen.<br />

Auch in Baden-Württemberg gibt es eine<br />

Reihe von Fällen, in denen aus dem Vorhandensein<br />

von Windkraftanlagen man-<br />

gels zuordenbarer Arbeitslöhne keine Gewerbesteuerzerlegungsanteile<br />

erwachsen,<br />

wie von Mitgliedskommunen berichtet<br />

wird. Die nun vom Bundesgesetzgeber beschlossene<br />

Rechtsänderung ist deshalb ein<br />

Schritt in die richtige Richtung, wenn auch<br />

mit dem Ansatz der Steuerbilanzwerte<br />

(Abschreibung!) nur zeitlich begrenzt ein<br />

Zerlegungsanteil geschaffen wird.<br />

Die „mit heißer Nadel gestrickte“ Rechtsänderung<br />

dürfte schon sehr schnell Anwendungsfragen<br />

aufwerfen, insbesondere<br />

wenn bei Versorgungsbetrieben die Windenergieerzeugung<br />

nur von nachrangiger<br />

Bedeutung ist. Bezieht sich der neue Zerlegungsschlüssel<br />

dann nur auf einen Messbetragsanteil<br />

der Windkraftanlagen, und<br />

wie wird dieser ermittelt? Was geschieht in<br />

Fällen einer gewerbesteuerlichen Organschaft,<br />

in die auch Windkraftanlagen einbezogen<br />

sind? Sind die für mehrgemeindliche<br />

Betriebsstätten in Versorgungsunternehmen<br />

in der Praxis angewandten Zerlegungsschlüssel<br />

berührt?<br />

Allerdings sind Windkraftanlagen beileibe<br />

nicht die einzigen Betriebsstätten, bei denen<br />

solche Fragestellungen auftauchen.<br />

Ein anderes Beispiel wären Photovoltaikanlagen.<br />

Ein weiteres Beispiel von vielen<br />

sind u.a. die Kreissparkassen. Filialen<br />

werden durch Automaten ersetzt, denen<br />

keine Arbeitslöhne zugeordnet werden,<br />

das Gewerbesteueraufkommen konzentriert<br />

sich an wenigen Standorten. Ein anderes<br />

Beispiel sind die Kabelnetz- und<br />

Breitbandbetreiber (TV- und DSL-Angebot<br />

über dieselbe Leitung). Auch bei Mobilfunk-Basisstationen<br />

und -antennenanlagen<br />

gibt es ähnliche Aspekte.<br />

Hier hat sich die Finanzverwaltung einfach<br />

dadurch den Fragen der Gewerbesteuerzerlegung<br />

entzogen, dass sie Mobilfunk-Basisstationen<br />

nicht einmal als Betriebsstätten<br />

ansieht, was mit dem Betriebsstättenbegriff<br />

in § 12 AO allerdings<br />

nicht zu vereinbaren ist. Selbstverständlich<br />

liegt hier eine Betriebsstätte vor. Das<br />

Problem liegt in den faktisch nicht zuordenbaren<br />

Arbeitslöhnen. Auch bei den<br />

Versorgungs- und Verkehrsunternehmen<br />

gibt es vergleichbare Fälle.<br />

Beispielsweise hatten sich die Finanzministerien<br />

im Jahr 1999 hinsichtlich der<br />

Deutschen Bahn AG seinerzeit dahingehend<br />

festgelegt, es liege beim Unterneh-<br />

14 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Foto: irisblende.de<br />

men Bahn keine mehrgemeindliche Betriebsstätte<br />

vor, so dass auch hier eine<br />

Konzentration des Steueraufkommens<br />

(sofern Steuer überhaupt anfällt) an wenigen<br />

Standorten erfolgt, während die mit<br />

Bahnstrecken, Haltepunkten und Stationen<br />

„versorgten“ Gemeinden leer ausgehen.<br />

Die Beispiele machen andererseits<br />

auch deutlich, dass Betriebsstätten (ohne<br />

Arbeitslöhne) für die Gemeinden ganz unterschiedlich<br />

„belastend“ sein können bzw.<br />

als „Belastung“ empfunden werden.<br />

Aus den genannten Gründen ist die nun<br />

vom Gesetzgeber durchgeführte isolierte<br />

Regelung des Zerlegungsschlüssels für<br />

Windkraftanlagen steuersystematisch<br />

nicht ganz unproblematisch, weil andere<br />

(wesentliche bzw. wesentlichere) Wirtschaftsbereiche,<br />

in denen Betriebsstätten<br />

in einer Gemeinde unterhalten werden,<br />

hierin aber keine Beschäftigung von Arbeitnehmern<br />

stattfindet, keine gleichartige<br />

Sonderregelung erfahren.<br />

Schließlich ist auch der neue Faktor „Steuerbilanzwerte“<br />

nicht völlig problemfrei.<br />

Denn mit der Abschreibung und dem<br />

Rückgang des Restbuchwertes in der Bilanz<br />

wird auch der Gewerbesteuerzerlegungsanteil<br />

rückläufig sein und möglicherweise<br />

auf Dauer gegen Null tendieren,<br />

wenn Windkraftanlagenstandorten keine<br />

Arbeitslöhne zuzuordnen sind. Faktisch<br />

gibt es somit für die Standortkommune nur<br />

eine interimsmäßige Beteiligung am Ge-<br />

werbesteueraufkommen des Unternehmens.<br />

Und gerade wenn die Gewinnerwartungen<br />

am höchsten sind – bei abgeschriebenen<br />

Anlagen – besteht überhaupt kein<br />

Anspruch mehr. Auf der anderen Seite bilden<br />

aber auch die Brutto-Anschaffungskosten<br />

die aus einer Betriebsstätte erwachsenden<br />

Gemeindelasten auf Dauer nicht<br />

unbedingt sachgerecht ab.<br />

Der Gesetzgeber sollte die Neuregelung zu<br />

Windkraftanlagen zum Anlass bzw. als Arbeitsauftrag<br />

annehmen, auch für vergleichbare<br />

Gewerbebetriebe, evtl. sogar Wirt-<br />

schaftszweige (Versorgung, Verkehr, Telekommunikation),<br />

bei denen eine Zerlegung<br />

ausschließlich nach Arbeitslöhnen mit<br />

Blick auf vorhandene „lastenintensive“ Betriebsanlagen<br />

ohne zugeordnete Arbeitslöhne<br />

zu nicht immer befriedigenden Ergebnissen<br />

führt, zu untersuchen, ob bzw. inwieweit<br />

nicht eine Abkehr vom bisherigen gesetzlichen<br />

Regelzerlegungsmaßstab der<br />

Arbeitslöhne, der die technisch-wirtschaftliche<br />

Weiterentwicklung der letzten Jahrzehnte<br />

nicht mehr angemessen abbildet,<br />

stattzufinden hat, und hierfür neue Zerlegungskriterien<br />

gesetzlich vorzugeben.<br />

Neue Verteilungsschlüssel für den Gemeindeanteil an der<br />

Einkommensteuer und an der Umsatzsteuer ab 2009<br />

Sowohl für den Gemeindeanteil an der<br />

Einkommensteuer als auch für den Gemeindeanteil<br />

an der Umsatzsteuer gibt es<br />

für die Jahre 2009 bis 2011 neue Schlüs-<br />

Seit dem 1.10.2005 ist das Erschließungsbeitragsrecht<br />

Landesrecht, und die Gemeinden<br />

haben innerhalb des landesgesetzlich<br />

vorgegebenen Rahmens gestützt<br />

auf die §§ 2, 34 KAG ihre Erschließungsbeitragssatzungen<br />

zu erlassen und dabei<br />

auch die Höhe des Gemeindeanteils festzulegen<br />

(§ 34 Nr. 4 KAG). Mit der Übernahme<br />

des Erschließungsbeitragsrechts in<br />

Landesrecht durch das KAG 2005 wurde<br />

u.a. der Mindest-Gemeindeanteil in § 23<br />

Abs. 1 KAG auf 5 v.H. reduziert.<br />

Hierzu wird die Auffassung vertreten, die<br />

Gemeinde dürfe insbesondere für Anbaustraßen<br />

nicht ohne weiteres den gesetzlichen<br />

Mindestprozentanteil in der Satzung<br />

verankern, da die Gemeinde zu einer Abwägung<br />

des Anliegernutzens und des Vorteils<br />

für die Allgemeinheit verpflichtet sei.<br />

Sie müssten bei Anbaustraßen die Höhe<br />

des Gemeindeanteils staffeln nach Straßentypen<br />

und ihrer Verkehrsbedeutung<br />

und innerhalb dieser ggf. nach Teileinrichtungen<br />

(vgl. Driehaus, Erschließungsbeitragsrecht<br />

in Baden-Württemberg, 1. Aufl.<br />

2005, § 8 Rdnr. 2.; Driehaus, Erschließungs-<br />

und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007,<br />

selzahlen zu deren Verteilung auf die Städte<br />

und Gemeinden (Berichterstattung im<br />

Gemeindefinanzbericht 2008, BWGZ<br />

15-16/2008, S. 562, wird verwiesen).<br />

Neuregelung der gemeindlichen Eigenbeteiligung<br />

im Erschließungsbeitragsrecht<br />

§ 16 Rdnr. 7; ebenso ders. in NVwZ 2005<br />

S. 1136 ff., 1137).<br />

Demgegenüber hat der Gemeindetag in<br />

den Erläuterungen zum Muster einer Erschließungsbeitragssatzung<br />

zum Ausdruck<br />

gebracht, dass mit Blick auf die vom Landesgesetzgeber<br />

bezweckte finanzielle Entlastung<br />

der Kommunen eine Differenzierung<br />

wie vorstehend beschrieben zwar<br />

zulässig, aber nicht geboten sei, d.h. der<br />

Gemeindeanteil für die Anbaustraßen (und<br />

Wohnwege) mit Blick auf deren Erschließungsfunktion<br />

auf einheitlich 5 v.H.<br />

festgelegt werden könne. Die vom Landesgesetzgeber<br />

v.a. hinsichtlich des unterschiedlichen<br />

Erschließungsvorteils vorgenommene<br />

Zweiteilung der Erschließungsanlagen<br />

in solche mit Erhebungspflicht<br />

und in solche mit Beitragserhebungsmöglichkeit<br />

sei auch Leitlinie für eine Differenzierung<br />

hinsichtlich des Gemeindeanteils<br />

in der Erschließungsbeitragssatzung<br />

(vgl. dazu BWGZ 17/2005 S. 610 – Ziffer<br />

2.6.1 mit weiteren Hinweisen).<br />

Inzwischen spielt aber in ersten bereits vor<br />

Gericht anhängigen Streitverfahren zum<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 15


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

neuen Erschließungsbeitragsrecht die pauschale<br />

Festlegung des Gemeindeanteils<br />

mit 5 v.H. für Anbaustraßen in der Erschließungsbeitragssatzung<br />

eine Rolle.<br />

Mit Beschluss vom 13.6.2008 (2 K 90/08)<br />

sowie in zwei parallel ergangenen Entscheidungen<br />

(Az. 2 K 91/08 und 2 K 92/08)<br />

hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die<br />

Erschließungsbeitragssatzung einer Mitgliedsstadt<br />

hinsichtlich der pauschalen<br />

Festlegung des Gemeindeanteils auf 5 v.H.<br />

beanstandet.<br />

Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuweisen,<br />

dass mit dem Gesetz zur Reform<br />

des Gemeindehaushaltsrechts, das 2009<br />

beschlossen werden soll, in Art. 10 auch<br />

eine Änderung des § 23 KAG mit dem Ziel<br />

vorgenommen worden soll, den Gemeinden<br />

die Anwendung eines Gemeindeanteils<br />

von 5 v.H. auf Anbaustraßen zu ermöglichen,<br />

und zwar dahingehend, dass<br />

der Gemeindeanteil für Anbaustraßen und<br />

Wohnwege gesetzlich bei 5 Prozent festgeschrieben<br />

wird und für die übrigen Arten<br />

von Erschließungsanlagen ein höherer Eigenanteil<br />

in der Satzung übernommen<br />

werden kann. In der Gesetzesbegründung<br />

dazu wird ausdrücklich ausgeführt, dass<br />

mit der Neuregelung des Erschließungsbeitragsrechts<br />

als Landesrecht keine Verpflichtung<br />

beabsichtigt war, in der Erschließungsbeitragssatzung<br />

die Höhe des<br />

Gemeindeanteils nach Straßentypen und<br />

innerhalb dieser nach Teileinrichtungen zu<br />

staffeln.<br />

Jahressteuergesetz 2009 und Betriebe gewerblicher Art –<br />

Gesetzliche Festschreibung der bisherigen<br />

Verwaltungspraxis zum steuerlichen Querverbund<br />

Mit den nun im Jahressteuergesetz 2009<br />

enthaltenen Neuregelungen zum steuerlichen<br />

Querverbund kommt der Bundesgesetzgeber<br />

der insbesondere vom Deutschen<br />

Städte- und Gemeindebund vertretenen<br />

Forderung der Kommunen nach,<br />

den steuerlichen Querverbund gesetzlich<br />

abzusichern. Auslöser war das Urteil des<br />

Bundesfinanzhofs vom 22.8.2007, durch<br />

das die bisherige Verwaltungspraxis zur<br />

Besteuerung von wirtschaftlichen Tätigkeiten<br />

der öffentlichen Hand, bei denen<br />

es aus Gründen der Daseinsvorsorge zu<br />

Dauerverlusten kommt, in Frage gestellt<br />

wurde.<br />

Eine solche Ergebnisverrechnung im Rahmen<br />

von Eigengesellschaften und auch in<br />

Betrieben gewerblicher Art ist für juristische<br />

Personen des öffentlichen Rechts<br />

vielfach ein wichtiger Gesichtspunkt bei<br />

der Finanzierung insbesondere der<br />

Leistungen der Daseinsvorsorge. Die Bereithaltung<br />

derartiger Leistungen fällt in<br />

den Aufgabenbereich der öffentlichen<br />

Hand und es besteht eine faktische Erwartungshaltung<br />

seitens des Bürgers, dass<br />

solche Leistungen angeboten werden. Vor<br />

diesem Hintergrund ist es daher gerechtfertigt,<br />

an den bisherigen Verwaltungsgrundsätzen<br />

bei der steuerlichen Behand-<br />

lung dauerdefizitärer Tätigkeiten der öffentlichen<br />

Hand mittels Betrieben gewerblicher<br />

Art oder Eigengesellschaften<br />

festzuhalten. Praktisch heißt das, dass es<br />

weiterhin zulässig sein soll, die Ergebnisse<br />

aus defizitären Bereichen (z.B. öffentlicher<br />

Personennahverkehr) mit den<br />

Ergebnissen aus gewinnträchtigen Bereichen<br />

(z.B. Energieversorgung) zu verrechnen.<br />

Im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2009<br />

war ursprünglich eine Neuregelung des<br />

§ 4 Abs. 6 KStG vorgesehen, mit der auf<br />

das streitanfällige und administrativ aufwändige<br />

Merkmal der wechselseitig engen<br />

technisch-wirtschaftlichen Verflechtung<br />

verzichtet werden sollte. Ebenfalls vorgesehen<br />

war eine Sonderregelung für öffentliche<br />

Bäderbetriebe, die die uneinge-<br />

16 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

schränkte Einbeziehung dieser Betriebe in<br />

den Querverbund ermöglicht hätte.<br />

Diese Formulierungen wurden wieder abgeändert;<br />

die Änderungen kehrten insbesondere<br />

wieder zu dem Verbundmerkmal<br />

der „technisch-wirtschaftlichen Verflechtung“<br />

zurück und verzichteten darauf, dass<br />

öffentliche Bäder in Abweichung von den<br />

bisherigen Verwaltungsgrundsätzen ohne<br />

Beachtung des Merkmals mit anderen Tätigkeiten<br />

zusammengefasst werden können.<br />

Durch die Regelungen im Jahressteuergesetz<br />

2009 wurde nun der Status quo des<br />

steuerlichen Querverbunds gesetzlich verankert.<br />

Umsatzbesteuerung von Wasserhausanschlüssen –<br />

Ermäßigter Mehrwertsteuersatz oder Regelsteuersatz –<br />

das war hier die Frage<br />

Das Bundesfinanzministerium (BMF) vertrat<br />

bisher die Auffassung, dass Zahlungen<br />

an ein Wasserversorgungsunternehmen für<br />

das Legen von Wasserleitungen einschließlich<br />

der Hausanschlüsse Entgelt für die<br />

umsatzsteuerpflichtige Leistung „Verschaffung<br />

der Möglichkeit zum Anschluss<br />

an das Versorgungsnetz“ ist und somit als<br />

eine von der eigentlichen Wasserlieferung<br />

unabhängige, selbständige Hauptleistung<br />

anzusehen ist, die damit dem allgemeinen<br />

Umsatzsteuersatz unterliegt.<br />

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat<br />

mit Urteil vom 3. April 2008 (AZ:<br />

C-442/05) auf ein Vorabentscheidungsersuchen<br />

des Bundesfinanzhofs (BFH) hin<br />

entschieden, dass unter „Lieferung von<br />

Wasser“ im Sinne der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie<br />

auch das Legen eines<br />

Hausanschlusses zu verstehen ist und die<br />

Mitgliedstaaten hierfür unter Beachtung<br />

des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität<br />

einen ermäßigten Steuersatz ansetzen<br />

können.<br />

Während des gesamten Verfahrens war<br />

nicht abzusehen, ob sich der BFH der Auffassung<br />

der Finanzverwaltung und damit<br />

der Besteuerung mit dem Regelsteuersatz<br />

anschließt oder nicht.<br />

Mit Urteil vom 8. Oktober 2008 – V R<br />

61/03 – hat der Bundesfinanzhof entschieden,<br />

dass das Legen eines Hausanschlusses<br />

durch ein Wasserversorgungsunternehmen<br />

gegen gesondert berechnetes Entgelt unter<br />

den Begriff „Lieferung von Wasser“ fällt<br />

und mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz<br />

zu versteuern ist, wenn die Leistung<br />

„Hausanschluss“ an den späteren Wasserbezieher<br />

erbracht wird. Durch die Entscheidung<br />

des BFH ist Rechtsklarheit für<br />

die Fälle eingetreten, bei denen Identität<br />

von Anschlussnehmer und Wasserbezieher<br />

besteht.<br />

Jedoch wirft die Entscheidung auch eine<br />

Reihe von Folgefragen auf, die mit dem<br />

Bundesfinanzministerium noch geklärt<br />

werden müssen.<br />

Ausbau der Ganztagsschulen in Baden-Württemberg<br />

in Fahrt<br />

Im April 2008 hat die Landesregierung in<br />

der zweiten Antragsrunde des Landesprogramms<br />

zum Ausbau von Ganztagsschule<br />

„weitere“ 221 Ganztagsschulen die Genehmigung<br />

ausgesprochen. Damit stieg<br />

die Zahl der öffentlichen und privaten<br />

Ganztagsschulen zum Schuljahr 2008/09<br />

von 837 auf 1.058. Insbesondere bei den<br />

Grundschulen und Hauptschulen stieg die<br />

Zahl der Ganztagsschulen seit 2002<br />

sprunghaft in die Höhe. 2002: 17 Grundschulen,<br />

131 Hauptschulen; 2007: 140<br />

Grundschulen, 294 Hauptschulen. Die tatsächliche<br />

Zahl der Ganztagsschulen dürfte<br />

noch höher sein. Es gibt zahlreiche Schule<br />

mit einem offenen Ganztagsangebot, die<br />

keinen Genehmigungsantrag einreichten<br />

und damit nicht unter das Ganztagsschulprogramm<br />

mit den zusätzlichen Lehrerstunden<br />

fallen.<br />

Das vom Land erklärte Ziel, bis zum Jahr<br />

2015 40 Prozent der Schulen (ca. 1.600)<br />

auf Ganztagsbetrieb umzustellen, ist damit<br />

realistisch in die Nähe gerückt. In Bezug<br />

auf die Hauptschulen und Gymnasien<br />

könnte sich der Trend durch die Qualitätsoffensive<br />

Bildung des Landes sogar noch<br />

etwas verstärken. Danach soll jede zweizügige<br />

Hauptschule im Land auf Antrag<br />

und, wenn ein sinnvolles Konzept vorliegt,<br />

als Ganztagsschule genehmigt werden.<br />

Damit greift das Land eine Gemeindetagsforderung<br />

auf, die bereits im Rahmen der<br />

Weinheimer Erklärung zur Weiterentwicklung<br />

der Schulen vom 18. Juli 2007 / 15.<br />

Juli 2008 aufgestellt und dem Land vorgetragen<br />

wurde. Der Gemeindetag erwartet<br />

jedoch darüber hinaus, dass auch kleinere<br />

Hauptschulen, insbesondere im ländlichen<br />

Raum, die Perspektive für eine Ganztagsschule<br />

bekommen müssen.<br />

Bei Gymnasien heißt das Motto künftig<br />

„Wer will, darf Ganztagsschule werden“.<br />

Genehmigungsvoraussetzungen sind ein<br />

entsprechendes pädagogisches Konzept<br />

sowie die notwendigen räumlichen Voraussetzungen.<br />

Damit könnte das Gymnasium<br />

die erste Schulart mit flächendeckendem<br />

Ganztagsangebot werden. Von 377<br />

Gymnasien sind momentan lediglich 84<br />

Schulen im Ganztagsbetrieb. Die Hauptlast<br />

des Ausbaus wird damit bei den Kommunen<br />

liegen.<br />

Diese weitere Entwicklung zeigt, dass es<br />

höchste Zeit ist, die Ganztagsschule im<br />

Schulgesetz zu regeln. Die Verwerfungen<br />

zwischen Land und Kommunen beim Betrieb<br />

schulischer Ganztagsangebote rühren<br />

zu einem großen Teil von der fehlenden<br />

gesetzlichen Verankerung. Der Gemeindetag<br />

strebt an, dies innerhalb der laufenden<br />

Legislaturperiode des Landtags zu ändern,<br />

um für Schulen und für Schulträger die<br />

dringendst benötigte Rechtssicherheit<br />

beim Schulbetrieb von Ganztagsschulen<br />

zu gewinnen. Nicht müde wird der Gemeindetag,<br />

nachdrücklich eine ausreichende<br />

Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften<br />

und anderen pädagogischen Fachpersonal<br />

einzufordern; schließlich ist dies<br />

unabdingbare Voraussetzung für eine qualitätvolle<br />

Entwicklung der Ganztagsschulen<br />

in Baden-Württemberg.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 17


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Förderung von Betreuungsangeboten durch das Land<br />

muss unbefristet weiter gelten<br />

Der Gemeindetag begrüßt, dass die Förderung<br />

von kommunalen Betreuungsangeboten<br />

an Ganztagsschulen (Verlässliche<br />

Grundschule, flexible Betreuungsangebote<br />

am Nachmittag) unbefristet beibehalten<br />

wird. Diese Zusage des Landes erfolgte<br />

jüngst im Rahmen der Qualitätsoffensive<br />

Bildung. Nachdem das Land diese Förderungen<br />

zunächst nur für gebundene Ganztagsschule<br />

gewähren wollte, ist dies als<br />

wichtiger Erfolg der Bemühungen des Gemeindetags<br />

für seine Mitgliedsstädte und<br />

Ausbau und Finanzierung von Krippen und<br />

Kindertageseinrichtungen – kommunale<br />

Bildungslandschaften entwickeln und gestalten<br />

Ausgehend von dem so genannten „Krippenkompromiss“<br />

zwischen der Landesregierung<br />

und den kommunalen Landesverbänden<br />

am 21.12.2007 (siehe Bilanz<br />

und Perspektiven BWGZ 1/2008) stand<br />

das Jahr 2008 nun ganz im Zeichen der<br />

Umsetzung der dort getroffenen Vereinbarung<br />

mit den dabei festgelegten Grundsätzen.<br />

Hervorzuheben ist hierbei insbesondere<br />

die Verständigung über den neuen<br />

Fördergrundsatz in der Kleinkindbetreuung<br />

„Das Geld folgt den Kindern“. Weiterer<br />

wesentlicher Punkt ist die jährlich ab<br />

2009 aufsteigende höhere Landesbeteiligung<br />

an den Betriebskosten für die Kleinkindbetreuung<br />

mit einer Landesbeteiligung<br />

in Höhe von 165 Mio. Euro ab dem<br />

Jahr 2014.<br />

Die Landesbeteiligung steigt somit von<br />

derzeit rund 10 Prozent an den (brutto)Betriebsausgaben<br />

auf dann etwa 33 Prozent<br />

der (Netto-)Betriebsausgaben bezogen auf<br />

das Jahr 2014. Diese deutliche Erhöhung<br />

der Betriebskostenbeteiligung muss jedoch<br />

auch im Lichte der fehlenden Landesbeteiligung<br />

bei der Investitionsförderung<br />

gesehen sowie daran gemessen werden,<br />

dass nach Abzug der Bundes- und<br />

Landesbeteiligung nach wie vor ein erheblicher<br />

ungedeckter Aufwand in Höhe von<br />

336 Mio. Euro verbleibt, der überwiegend<br />

von den Kommunen zu tragen sein wird<br />

und damit deutlich über dem politisch vereinbarten<br />

„Drittel“ liegt. (Ein Drittel Bund,<br />

ein Drittel Land, ein Drittel Kommunen)<br />

-gemeinden zu verbuchen. An dieser Stelle<br />

muss jedoch erneut betont werden, dass<br />

die Förderung für Betreuungsangebote an<br />

Schulen für den Gemeindetag grundsätzlich<br />

nicht verhandelbar ist. Die Zuwendungen<br />

des Landes müssen auch für Halbtagsschulen<br />

aufrechterhalten bleiben.<br />

Ebenso unnachgiebig fordert der Gemeindetag<br />

nach wie vor die Übernahme der Aufsichtsführung<br />

beim Schulmittagessen durch<br />

die Schulen gemäß § 41 Schulgesetz ein.<br />

Nicht nur diese finanziellen Dimensionen<br />

im Ausbau und der Finanzierung der<br />

Kleinkindbetreuung, sondern insbesondere<br />

auch die bevorstehende Umsetzung verschiedenster<br />

Modellprojekte der Landesregierung<br />

im Kindergartenbereich (Orientierungsplan<br />

Bildung und Erziehung,<br />

Schulreifes Kind, Neukonzeption der Ein-<br />

schulungsuntersuchung, verpflichtende<br />

Einführung einer Sprachstandsdiagnose<br />

etc.), werden nicht nur die inhaltliche Arbeit<br />

sowie den Ablauf in den Kindertageseinrichtungen<br />

verändern, sondern voraussichtlich<br />

ohne darauf abgestimmte Anpassungen<br />

der Rahmenbedingungen nicht<br />

ohne Weiteres in den so genannten Echtbetrieb<br />

gehen können.<br />

Um hier frühzeitig öffentlich Aufmerksamkeit<br />

für das Thema zu platzieren und<br />

mit allen beteiligten Akteuren (Kirchen,<br />

Trägerverbände, Landesregierung) über<br />

diese komplexe Thematik mit ebenfalls<br />

erheblichen finanziellen Auswirkungen<br />

ins Gespräch zu kommen, hat der Gemeindetag<br />

am 31.1.2008 seine Jahrespressekonferenz<br />

ganz unter das Thema Herausforderungen<br />

für die Kommunen in Sachen<br />

Bildung und Betreuung in den Mittelpunkt<br />

gestellt. Die modellhaften Annahmen und<br />

die differenzierte Betrachtung der Modellprojekte<br />

samt ihrer Auswirkungen fand ein<br />

breites Echo nicht nur in der Presse, sondern<br />

auch in der Fachwelt, was unter anderem<br />

daran abzulesen ist, dass die Schwerpunktausgabe<br />

„Vorschulische Bildung und<br />

Betreuung“ der BWGZ 3/2008 vom<br />

15.2.2008 in der Fachpublikation „Kita-<br />

Aktuell“ nachgedruckt wurde.<br />

18 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Umsetzung des Krippeninvestitionsprogramms<br />

des Bundes<br />

Im Gemeinsamen Amtsblatt (GABl.) vom<br />

31.3.2008 wurde die Verwaltungsvorschrift<br />

des Ministeriums für Arbeit und<br />

Soziales zur Umsetzung des Investitionsprogramms<br />

des Bundes „Kinderbetreuungsfinanzierung<br />

2008 – 2013 (VwV-Investitionen<br />

Kleinkindbetreuung) am<br />

11.3.2008 veröffentlicht. Einige wesentliche<br />

Punkte, die der Gemeindetag im<br />

Vorfeld in die politische Diskussion eingebracht<br />

hatte, wurden aufgenommen<br />

wie z.B. die Ausgestaltung der Förderung<br />

in Form von Festbeträgen nach festzulegenden<br />

Kategorien sowie eine pragmatische<br />

Ausgestaltung der vorzulegenden<br />

Bedarfsbestätigungen durch die Standortgemeinden.<br />

Neuausgestaltung der Betriebskostenförderung<br />

Kleinkindbetreuung und Kindergartenförderung ab 2009<br />

Das erste Halbjahr 2008 stand in der Folge<br />

des bereits genannten „Krippenkompromisses“<br />

vom 21.12.2007 ganz im Zeichen<br />

der Diskussionen rund um die Frage, ob<br />

sich die Landesregierung wie auch die Regierungsfraktionen<br />

der Forderung des Gemeindetags<br />

bzw. der kommunalen Landesverbände<br />

nach der Umsetzung im Wege der<br />

so genannten FAG-Lösung anschließen<br />

würden oder ob ein ebenfalls im Raum stehendes<br />

Förderprogramm des Landes für die<br />

Betriebskostenförderung in der Kleinkindbetreuung<br />

zum Tragen kommen würde.<br />

Mit dem Eckpunktepapier der Landesregierung<br />

vom 15.7.2008 wurde dann der Weg<br />

gewissermaßen frei gemacht für eine FAG-<br />

Lösung der ab 2009 erfolgenden höheren<br />

Landesbeteiligung und der neu einsetzenden<br />

Bundesbeteiligung an den Betriebskosten<br />

für die unter 3-jährigen Kinder.<br />

Wesentliche Neuerung stellt dabei dar, dass<br />

als Maßstab für die FAG-Zuweisungen vom<br />

Land an die Kommunen die Zahl der Kinder<br />

in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege<br />

im Vorjahr betreuten Kinder unter<br />

3 Jahren gemäß der Kinder- und Jugendhilfestatistik<br />

des Statistischen Landesamtes<br />

vorgesehen ist. Dieser Maßstab soll darüber<br />

hinaus gewichtet werden und zwar je belegtem<br />

Betreuungsplatz, differenziert nach Betreuungsart<br />

und -umfang.<br />

Außerdem hat der Gemeindetag sich dafür<br />

eingesetzt, für den gesamten Programmzeitraum<br />

Antragstermine festzulegen, um<br />

das so genannte Windhundverfahren abzufedern.<br />

Für den Programmstart 2008 ist<br />

dies gelungen, ab 2009 wird es leider keine<br />

Antragstermin mehr geben. Die endgültige<br />

Version der Verwaltungsvorschrift wurde<br />

nicht mehr mit den kommunalen Landesverbänden<br />

abgestimmt, so dass exakt<br />

die Fragen aus der Praxis, die im Vorfeld<br />

insbesondere auch vom Gemeindetag an<br />

das Land herangetragen wurden, dann im<br />

Nachhinein mit Hinweisen des Ministeriums<br />

für Arbeit und Soziales vom 21.8.2008<br />

nachgeschoben wurden. Trotz der Hinweise<br />

besteht noch Klärungsbedarf.<br />

Die Differenzierung soll mit der Festlegung<br />

bestimmter Faktoren erfolgen: Für<br />

die Halbtagsbetreuung (bis zu 5 Stunden<br />

täglich) ist der Faktor 0,5, für die verlängerte<br />

Öffnungszeit und den Regelkindergarten<br />

(5 – 7 Stunden täglich) der Faktor<br />

0,7 und für die Ganztagsbetreuung (über 7<br />

Stunden täglich) der Faktor 1,0 vorgesehen.<br />

Diese neu in § 29c FAG vorgesehene<br />

Regelung ist mit den kommunalen Landesverbänden<br />

abgestimmt und wird vom<br />

Gemeindetag voll mitgetragen. Die Geschäftsstelle<br />

war in den vorausgehenden<br />

Besprechungen stets vertreten und hat die<br />

kommunalen Interessen mit Nachdruck<br />

vertreten.<br />

Für die Zukunft bedeutet diese Ausgestaltung<br />

perspektivisch gesehen, dass die Statistik<br />

über die belegten Plätze großes Gewicht<br />

erhält (unabhängig davon, ob es sich<br />

um Plätze in kommunalen, kirchlichen<br />

oder in sonstiger freier Trägerschaft befindlichen<br />

Kindergärten handelt), weshalb<br />

hier eine sorgfältige Abstimmung bzw. ein<br />

reibungsloser Informationsfluss sichergestellt<br />

werden sollte.<br />

Im bereits genannten Eckpunktepapier der<br />

Landesregierung vom 15.7.2008 ist als<br />

weiterer wesentlicher künftiger Regelungsbereich<br />

die Frage aufgeworfen worden,<br />

ob der neue Grundsatz „Das Geld<br />

folgt den Kindern“ – wenn er für den<br />

Kleinkindbereich als richtiger Modus angesehen<br />

wird – dann nicht auch übertragen<br />

zu sein müsste auf den Kindergartenbereich.<br />

Hierzu war das Finanzministerium<br />

aufgerufen, differenzierte Modellberechnungen<br />

über die Auswirkungen auf die<br />

Städte und Gemeinden aufzustellen.<br />

Die ersten Ergebnisse sahen so aus, dass<br />

dies bei 511 Städten und Gemeinden zu<br />

(zum Teil deutlichen) Verlusten geführt hätte,<br />

wenn die 394 Mio. Euro (bzw. ab 2009<br />

386 Mio. Euro) ab 1.1.2009 zu 100 Prozent<br />

nach dem Grundsatz „Das Geld folgt den<br />

Kindern“ verteilt worden wären.<br />

Der Gemeindetag Baden-Württemberg hat<br />

sofort und eindeutig Position bezogen und<br />

gegenüber der Landesregierung unmissverständlich<br />

zum Ausdruck gebracht, dass<br />

diese hohe Anzahl an möglichen „Verlierern“<br />

keinesfalls akzeptabel sei. Doch der<br />

Gemeindetag hat es nicht bei der reinen<br />

Ablehnung belassen, vielmehr hat er die<br />

Initiative ergriffen und gemeinsam mit<br />

dem Städtetag nach einer abfedernden<br />

Übergangslösung gesucht, die auch rasch<br />

gefunden wurde.<br />

Mit gemeinsamen Schreiben vom 3.9.2008<br />

haben Gemeindetag und Städtetag der<br />

Landesregierung und den Regierungsfraktionen<br />

einen Vorschlag unterbreitet, der ab<br />

2009 eine Übergangsregelung dergestalt<br />

vorsieht, dass im Kindergartenbereich die<br />

Förderung aus dem Kommunalen Finanzausgleich<br />

zu 50 Prozent auf der Basis der<br />

Förderung des Jahres 2002 und zu 50 Prozent<br />

nach dem neuen Maßstab, d.h. nach<br />

der Zahl der betreuten Kinder, in der<br />

Standortgemeinde verteilt wird. Letztgenannter<br />

Maßstab steigt jährlich an<br />

(2010: 60 Prozent; 2011: 70 Prozent; 2012:<br />

80 Prozent; 2013: 100 Prozent); so dass ab<br />

2013 das Motto „Das Geld folgt den Kindern“<br />

in Gänze auch in der Kindergartenförderung<br />

Anwendung finden soll.<br />

Dieser Lösungsvorschlag wurde voll und<br />

ganz von der Landesregierung übernommen<br />

und findet sich in dem aktuell vorliegenden<br />

Gesetzentwurf zur Änderung des<br />

Kindertagesbetreuungsgesetzes (KiTaG)<br />

und des Finanzausgleichsgesetzes (FAG)<br />

für Baden-Württemberg vom 18.9.2008.<br />

Damit hat der Gemeindetag erfolgreich die<br />

Interessen der Mitgliedsstädte und -gemeinden<br />

gegenüber der Landesregierung<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 19


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

vertreten und eine ebenso richtige wie<br />

wichtige Weichenstellung in der Finanzzuweisung<br />

für die Kindergartenförderung für<br />

seine Mitgliedsstädte und -gemeinden erreichen<br />

können.<br />

Die weiteren wesentlichen Punkte aus dem<br />

Eckpunktepapier der Landesregierung und<br />

ihre Umsetzung in das zu novellierende<br />

KiTaG und FAG finden sich in dem aktuell<br />

bestehenden Gesetzentwurf, zu dem der<br />

Gemeindetag differenziert mit Schreiben<br />

vom 14.10.2008 Stellung genommen hat.<br />

Die 1. Lesung im Landtag ist für Dezember<br />

2008 vorgesehen, so dass die tatsächliche<br />

Ausgestaltung der umfangreichen Novelle<br />

bei Verfassung dieses Beitrags noch<br />

nicht feststanden. Dies gilt insbesondere<br />

für die Regelung des gemeindeübergreifenden<br />

Kostenausgleichs, wie auch die<br />

vom Gemeindetag abgelehnte Genehmigungspflicht<br />

der Bedarfsplanung.<br />

Beim gemeindeübergreifenden Kostenausgleich<br />

sieht der aktuelle Gesetzentwurf vor,<br />

dass dies frei zwischen Standort- und<br />

Wohnsitzgemeinde ausgehandelt werden<br />

soll und soweit dies nicht zielführend erfolgen<br />

kann, 75 Prozent der tatsächlich anfallenden<br />

Betriebsausgaben (Spitzabrechnung)<br />

erstattet werden müssen. Der hierfür<br />

absehbare hohe Verwaltungsaufwand, wie<br />

auch das nicht zu unterschätzende Konfliktpotenzial<br />

zwischen den Kommunen<br />

haben den Gemeindetag erneut veranlasst,<br />

gemeinsam mit dem Städtetag nach Lösungsansätzen<br />

nicht nur zu suchen, sondern<br />

diese auch abgestimmt zeitnah der<br />

Landesregierung und den Regierungsfraktionen<br />

zu unterbreiten. Mit Schreiben vom<br />

14.10.2008 haben Gemeindetag und Städtetag<br />

erneut gemeinsam Position bezogen<br />

mit der Festlegung von Pauschalbeträgen<br />

(differenziert nach Betreuungsart und -umfang),<br />

die im Wege einer Rechtsverordnung<br />

klare transparente und verlässliche Ausgleichszahlungen<br />

ermöglichen.<br />

Die konsequente Vertretung der kommunalen<br />

Interessen scheint auch hier auf positivem<br />

Wege dergestalt zu sein, dass die<br />

vorgeschlagene Lösung mit Pauschalbeträgen,<br />

entweder in eine Rahmenvereinbarung<br />

einzuspeisen, oder als Empfehlungen<br />

von Gemeindetag und Städtetag (gesetzlich<br />

oder untergesetzlich) vorzusehen. Der<br />

gesamte Themenbereich hat die Geschäftsstelle<br />

im ablaufenden Jahr 2008 überdurchschnittlich<br />

in Anspruch genommen.<br />

Neues Beratungsfeld des Gemeindetags<br />

und der Gt-service im Bereich Beratung bei der Erstellung<br />

örtlicher Bildungs- und Betreuungskonzeptionen<br />

Aus den vielen Rückmeldungen gegenüber<br />

der Geschäftsstelle hat sich im vergangenen<br />

Jahr ebenfalls abgezeichnet,<br />

dass die ungeheure Dynamik im Ausbau<br />

der Kleinkindbetreuung wie auch die Veränderungen<br />

im Kindergartenbereich Städte<br />

und Gemeinden nicht nur vor finanzielle,<br />

sondern auch vor planerische Herausforderungen<br />

stellen, in denen zunehmend<br />

Beratungsbedarf über das übliche Maß hinaus<br />

besteht.<br />

Insoweit hat sich der Gemeindetag Baden-<br />

Württemberg entschlossen, hier ein neues<br />

(kostenpflichtiges) Beratungsangebot aufzubauen,<br />

um im direkten Kontakt mit den<br />

Städten und Gemeinden, die einen entsprechenden<br />

Auftrag erteilen, Unterstüt-<br />

Support für pädagogische Computernetze an Schulen<br />

Seit 2002 koordiniert das Landesmedienzentrum<br />

(LMZ) im Rahmen des Projektes<br />

„Support Netz“ der Medienoffensive Schule<br />

II des Kultusministeriums den Aufbau<br />

von Unterstützungsangeboten für schulische,<br />

pädagogische Computernetze. Dazu<br />

gehört die Entwicklung der Musterlösung<br />

für schulische Computernetze, der Aufbau<br />

der dazugehörigen Hotline für die Schulen,<br />

die Einrichtung dezentraler Beratungsstellen<br />

für Schulen und Schulträger an den<br />

Kreismedienzentren und das Konzept zur<br />

Medienentwicklungsplanung in Baden-<br />

Württemberg. Das durch das Kultusministerium<br />

unterstütze Projekt „Support Netz“<br />

ist zum 31.7.2008 ausgelaufen.<br />

Die kommunalen Landesverbände haben<br />

die Entwicklung des Unterstützungssystems<br />

von Beginn an inhaltlich begleitet<br />

und mitgetragen. Es ist inzwischen unbestritten,<br />

dass standardisierte, ganzheitliche<br />

und auf die schulischen Bedürfnisse zugeschnittene<br />

Lösungen einen effizienteren<br />

und praxisbezogenen Support ermöglichen.<br />

Gleichzeitig tragen sie dazu bei,<br />

Kosten bei der Installation, im laufenden<br />

Betrieb und bei der Wartung einzusparen.<br />

Der Unterricht mit Medien wird so einfacher<br />

und sicherer.<br />

zung zu geben für die Erstellung örtlicher<br />

Bildungs- und Betreuungskonzeptionen.<br />

Nach der Überzeugung des Gemeindetags<br />

wird es auf Dauer nur gelingen, diese<br />

wichtigen kommunalpolitischen Themen<br />

frühzeitig in die richtige Richtung zu lenken,<br />

wenn mit fundierten Aussagen zur<br />

Bedarfsplanung, zu strukturellen Weiterentwicklungen<br />

unter Berücksichtigung der<br />

Inhalte und der Qualität ein zukunftsfähiges<br />

Konzept im Gemeinderat der jeweiligen<br />

Stadt/Gemeinde beraten und beschlossen<br />

werden kann. Es liegen bereits zahlreiche<br />

Interessensbekundungen vor und es<br />

befinden sich erste Aufträge in der Abwicklung.<br />

Dies wird eine wesentliche Aufgabe<br />

für das Jahr 2009 und folgende darstellen.<br />

Rund 80 Prozent der allgemein bildenden<br />

Schulen und über die Hälfte der beruflichen<br />

Schulen in Baden-Württemberg setzen<br />

inzwischen die Musterlösungen des<br />

LMZ ein, mehr als 1.800 Schulen sind bereits<br />

bei der LMZ-Hotline angemeldet.<br />

Der Gemeindetag und die beiden anderen<br />

kommunalen Landesverbände haben deshalb<br />

entschieden, die Finanzierung und<br />

Fortführung dieses Support-Angebots<br />

über eine Vorwegentnahme aus dem FAG<br />

mit zu finanzieren. Rund 1,3 Mio. Euro<br />

werden dafür jährlich bereitgestellt.<br />

Gleichzeitig ist es allerdings unumgänglich,<br />

dass ab 1.1.2009 auch die Nutzer,<br />

also die Schulträger, deren Schulen die<br />

Dienstleistungen in Anspruch nehmen,<br />

einen Beitrag für den Erhalt dieses Unterstützungssystems<br />

leisten. Durch die o.g.<br />

Sockelfinanzierung über den FAG ist es<br />

gelungen, ein für Schulen und Schulträger<br />

finanziell und inhaltlich sehr attraktives<br />

Angebot zu gestalten. Weitere Informationen<br />

werden über www.support-netz.<br />

de publiziert. Über die neue Finanzierungsvereinbarung<br />

zwischen Land und<br />

Kommunen ist die Unterstützungsleistung<br />

des LMZ an die Schulen weiterhin<br />

gesichert.<br />

20 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Pflegestützpunkte<br />

Seit 1.7.2008 ist das so genannte Pflege-<br />

Weiterentwicklungsgesetz (PflWG) – besser<br />

bekannt als Reform der Pflegeversicherung<br />

– in Kraft getreten. Dieses Bundesgesetz<br />

normiert zahlreiche Änderungen für<br />

Kostenträger und Leistungserbringer sowie<br />

die Ausweitung von Leistungen der<br />

Pflegeversicherung, beispielsweise für demenzkranke<br />

Menschen.<br />

Im Zentrum aus kommunaler Sicht steht<br />

jedoch der vorgeseheneAufbau von Pflegestützpunkten<br />

zur wohnortnahen und insbesondere<br />

auch neutralen Beratung für Angehörige<br />

im Vor- und Umfeld von Pflegebedürftigkeit<br />

(Caremanagement). Außerdem<br />

soll im Pflegstützpunkt auch der im Pflege-<br />

Weiterentwicklungsgesetz verankerte neue<br />

(Rechts-) Anspruch auf Pflegeberatung<br />

(Casemanagement) umgesetzt werden.<br />

Zur Umsetzung in Baden-Württemberg<br />

haben im Laufe des Jahres 2008 einige Ge-<br />

Gemeindenetzwerk Bürgerschaftliches Engagement<br />

Das Gemeindenetzwerk Bürgerschaftliches<br />

Engagement hat seit dem 1.5.2008<br />

eine neue Fachberatung, die mit der Leitung<br />

durch Herrn Prof. Paul-Stefan Roß<br />

von der Berufsakademie Stuttgart bereits<br />

seit vielen Jahren mit dem Gemeindenetzwerk<br />

verbunden ist. Mit dem ifaS-Team<br />

der BA Stuttgart, Frau Janine Bliestle und<br />

spräche zwischen kommunalen Landesverbänden,<br />

dem Land und den Pflegekassen<br />

stattgefunden.<br />

Wegen der begrenzten Anschubfinanzierung<br />

durch den Bund, die Zuständigkeit<br />

der Pflegekassen und der bereits zahlreich<br />

vorhandenen Strukturen in diesem Bereich,<br />

gibt es noch einige zu klärende<br />

Punkte, beispielsweise über die Anzahl<br />

bzw. die Standorte(-Entscheidungen) von<br />

Pflegestützpunkten.<br />

Unter Moderation des Sozialministeriums<br />

gibt es mittlerweile konsensfähige Grundsatzpositionen<br />

zwischen kommunalen<br />

Landesverbänden und Pflegekassen, die<br />

geeignet sein können, eine landesweite<br />

Rahmenvereinbarung zu verhandeln bzw.<br />

abzuschließen. Die Vertretung der kommunalen<br />

Interessen in diesem Bereich<br />

wird ein weiterer Schwerpunkt für die Geschäftsstelle<br />

im Jahr 2009 sein.<br />

Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg –<br />

Projekte schreiten langsam voran<br />

Die Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg<br />

wurde am 3. März 2007 offiziell<br />

gestartet. In einer Vielzahl von Workshops,<br />

Sitzungen von Arbeitsgruppen, Projektgruppen,<br />

Koordinierungsgruppen usw.<br />

wurde mittlerweile ein Zielkatalog erarbeitet,<br />

der bei der Nachhaltigkeitskonferenz<br />

unter Vorsitz des Ministerpräsidenten<br />

am 12. März 2008 beschlossen wurde.<br />

Der Zielkatalog „Ziele nachhaltiger Entwicklung<br />

für Baden-Württemberg“ wurde<br />

im Dialog mit den gesellschaftlichen Akteuren<br />

erarbeitet. Er umfasst insgesamt 80<br />

Oberziele, die als Orientierungsrahmen<br />

Frau Neele Koch, konnte sofort durchgestartet<br />

werden.<br />

Am 9.7.2008 fand die Jahrestagung 2008<br />

mit dem Thema „Kommunale Bildungslandschaften“<br />

in Gerlingen statt. Mittlerweile<br />

hat das Netzwerk 99 Mitglieder. Für<br />

2009 ist das Schwerpunktthema Ländlicher<br />

Raum und Demografie vorgesehen.<br />

für die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie<br />

und die Ausrichtung der<br />

konkreten Projektarbeiten dienen sollen.<br />

Die Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg<br />

erstreckt sich bekanntlich auf<br />

sechs Themenfelder, denen jeweils zwei<br />

bis vier Einzelprojekte zugeordnet sind.<br />

Auf die Darstellung in BWGZ 2008, S. 7,<br />

wird hingewiesen. In der Nachhaltigkeitskonferenz<br />

vom März 2008 sind zu den 15<br />

Startprojekten (Einzelprojekten) noch drei<br />

neue Projekte beschlossen worden. Es<br />

handelt sich dabei um „Wissen und Nachhaltigkeit“,<br />

Förderung der Erziehungs-<br />

kompetenz von Eltern in Migrantenfamilien“<br />

und „Forum für eine nachhaltige Biogaserzeugung<br />

in Baden-Württemberg“.<br />

Die Ministerien und die beteiligten gesellschaftlichen<br />

Gruppen können weitere<br />

Neuprojekte vorschlagen, über die dann in<br />

der Nachhaltigkeitskonferenz im Frühjahr<br />

2009 entschieden wird.<br />

Darüber hinaus wurde in der Nachhaltigkeitskonferenz<br />

beschlossen, für eine Verknüpfung<br />

der Nachhaltigkeitsstrategie des<br />

Landes mit der Lokalen Agenda 21 auf<br />

Gemeindeebene durch die Geschäftsstelle<br />

der Nachhaltigkeitsstrategie (UM) Konzepte<br />

ausarbeiten zu lassen. Ein diesbezügliches<br />

Gespräch zwischen kommunalen<br />

Landesverbänden und UM hat zwischenzeitlich<br />

stattgefunden. Ziel einer<br />

solchen Verknüpfung soll sein, die Stärken<br />

wechselseitig zu nutzen um dadurch Synergien<br />

zu erzielen.<br />

Die kommunalen Landesverbände haben<br />

zur Nachhaltigkeitskonferenz im März<br />

2008 folgenden gemeinsamen Antrag eingebracht:<br />

„Das Papier ‚Ziele nachhaltiger Entwicklung<br />

in Baden-Württemberg’ wird als erster<br />

Schritt begrüßt. Es muss ergänzt werden<br />

durch die Benennung von konkreten Maßnahmen,<br />

die Festlegung von Prioritäten und<br />

die Ermittlung des Finanzierungsbedarfs.<br />

Die einzelnen Ziele sowie die daraus resultierenden<br />

Maßnahmen müssen miteinander<br />

verknüpft werden, um die Komplexität<br />

und Wechselwirkungen sowie<br />

‚Konfliktfelder’ darzustellen, die daran<br />

mitwirkenden Akteure aufzuzeigen und<br />

‚Netzwerke’ zu ermöglichen.<br />

Grundsätzlich wird anerkannt, dass das<br />

Land zusätzlich zu den Mitteln der Ressorts<br />

einen Finanzierungsbeitrag für die<br />

Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie<br />

zur Verfügung stellt. Nur eine Konzentration<br />

dieser Mittel aus dem Impulsprogramm<br />

auf sehr wenige, aber ausgewiesene<br />

umwelt- und gesellschaftspolitische<br />

Schwerpunktprogramme ist zielführend<br />

und für eine landesweite Nachhaltigkeitsstrategie<br />

sinnvoll, die auch noch nach<br />

2011 weiterwirken soll.<br />

Beispielhafte Schwerpunktthemen in diesem<br />

Sinne sind Klimaschutz, Lärmminderung<br />

und Förderung der Innenentwicklung<br />

sowie das Bürgerschaftliche Engagement<br />

mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit der<br />

Städte und Gemeinden.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 21


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Eine Bewertung der Ziele und deren Priorisierung<br />

wird zeigen, dass das Impulsprogramm<br />

von 10 Mio. Euro von 2008 bis<br />

2011 nicht ausreichen wird, um Schwerpunkte<br />

der Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg<br />

umzusetzen. Insoweit<br />

wird an das Land appelliert, für die jetzt<br />

noch konkreter zu beschreibenden Maßnahmen<br />

entsprechend deren Priorität weitere<br />

Landesmittel bereitzustellen.<br />

Um eine Fehlsteuerung zu vermeiden, sollen<br />

die Mittel aus dem Impulsprogramm<br />

nicht nach dem ‚Windhundprinzip’ vergeben<br />

werden.“<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

Die Diskussion um den „Flächen- und<br />

Landschaftsverbrauch“ bzw. die „Flächeninanspruchnahme“<br />

gehört mittlerweile zu<br />

den Dauerbrennern in der umweltpolitischen<br />

Diskussion.<br />

Als Träger der Bauleitplanung werden<br />

Städte und Gemeinden von der Landespolitik<br />

und von den Umweltverbänden als<br />

zentrale Akteure angesehen, wenn es vor<br />

dem Hintergrund stagnierender oder gar<br />

rückläufiger Einwohnerzahlen darum geht,<br />

durch kommunale Bodenpolitik die Flächeninanspruchnahme<br />

in die gewünschte<br />

Richtung zu lenken. Städte und Gemeinden<br />

bekennen sich entsprechend dem Leitbild<br />

der „kompakten Kommune“ zu einem<br />

verantwortungsbewussten Umgang mit<br />

der Flächeninanspruchnahme für Siedlung,<br />

Wirtschaft, Verkehr. Die verstärkte<br />

Aktivierung innerörtlicher Potenziale als<br />

eine der möglichen Strategien zur Reduzierung<br />

der Flächeninanspruchnahme wird<br />

vor Ort bereits betrieben. Die konkrete Befassung<br />

mit der örtlichen Situation zeigt in<br />

vielen Fällen jedoch auch, dass eine einfache<br />

und schnelle Aktivierung von brachliegenden<br />

innerörtlichen Flächen häufig<br />

nicht ohne weiteres möglich ist. Städte und<br />

Gemeinden bedürfen bei dieser schwierigen<br />

Aufgabe der Unterstützung durch das<br />

Land.<br />

Jeder Gemeinde und jeder Stadt muss die<br />

Möglichkeit eingeräumt werden, auf der<br />

Grundlage eines strategischen Gesamtkonzepts<br />

die notwendigen örtlichen Entwicklungsvorstellungen<br />

einschließlich der<br />

Flächenentwicklung zu formulieren und<br />

darzustellen. Für die Umsetzung dieser<br />

Das Startprojekt Kommunaler Klimaschutz,<br />

„Zukunftsfähige Energieversorgung<br />

und Energienutzung“ hat inzwischen<br />

u.a. zu dem Ergebnis geführt, dass den Gemeinden<br />

ein „Basiskonzept Klimaschutz<br />

in Kommunen“, in dem es im Wesentlichen<br />

um Kommunales Energiemanagement<br />

geht, sowie ein Leitfaden zur Straßenbeleuchtung<br />

(energetische Optimierung)<br />

zur Verfügung gestellt wird. Darüber<br />

hinaus soll für 2009 ein Förderprogramm<br />

für energiesparende Straßenbeleuchtung<br />

(über voraussichtlich 1 Mio. Euro) aufgelegt<br />

werden.<br />

strategische Entwicklungskonzepte brauchen<br />

Städte und Gemeinden Spielräume.<br />

An Stelle einer dirigistischen Steuerung<br />

der Flächeninanspruchnahme durch den<br />

Gesetzgeber oder über Regionalpläne sollte<br />

ein strategisches Gesamtkonzept der<br />

Stadt oder Gemeinde einschließlich der<br />

Flächenkomponente nach sorgfältiger Abwägung<br />

mit den regionalplanerischen Belangen<br />

auch Eingang in den jeweiligen<br />

Regionalplan finden.Auf Ebene der Städte<br />

und Gemeinden sollte – abhängig und orientiert<br />

am Bedarf der jeweiligen Gemeinde<br />

– ein in quantitativer wie qualitativer<br />

Weise hochwertiges Flächenmanagementsystem,<br />

dessen Inhalte in regelmäßigen<br />

Abständen fortgeschrieben werden, der<br />

Ausgangspunkt für die Festlegung des<br />

künftigen Flächenbedarfs sein.<br />

Der Gemeindetag hat im Herbst ein eigenes<br />

Strategiepapier zur „Reduzierung der<br />

Flächeninanspruchnahme“ herausgegeben.<br />

Dieses Strategiepapier enthält neben<br />

Forderungen an das Land auch zahlreiche<br />

Handlungsempfehlungen für Städte und<br />

Gemeinden wie z.B. die Empfehlung, bei<br />

allen Städten und Gemeinden qualitativ<br />

und quantitativ hochwertige Flächenmanagementsysteme<br />

einzuführen.<br />

Nachdem die Flächenstatistik 2007 im<br />

Vergleich zu 2006 wieder einen Anstieg<br />

der täglichen Flächeninanspruchnahme<br />

auf 10,3 Hektar ergab, wird dieses für die<br />

Entwicklungschancen von Städten und<br />

Gemeinden entscheidende Thema sicherlich<br />

auch die kommenden Jahre im Focus<br />

der Politik bleiben.<br />

Änderung der Landesbauordnung Baden-Württemberg<br />

Das Wirtschaftsministerium hat am<br />

7.10.2008 das Anhörungsverfahren für<br />

den Gesetzentwurf zur Novellierung der<br />

Landesbauordnung eingeleitet. Der Gesetzentwurf<br />

beinhaltet im wesentlichen<br />

folgende Punkte:<br />

Im Abstandsflächenrecht soll der nicht<br />

nachbarschützende Teil der Abstandsfläche<br />

wegfallen (§ 5 Abs. 7 LBO) und das<br />

Brandschutzkonzept der Musterbauordnung<br />

übernommen werden. Der Katalog<br />

der verfahrensfreien Vorhaben beispielsweise<br />

bei landwirtschaftlichen Aufschüttungen<br />

im Außenbereich und der zulässigen<br />

Größe von Werbeanlagen wird erweitert<br />

und eine Genehmigungspflicht für<br />

Solaranlagen im Außenbereich, die eine<br />

Höhe von mehr als 3 Meter und eine Gesamtlänge<br />

von mehr als 9 Meter aufweisen<br />

(Anhang zu § 50 Abs. 1 LBO), wird eingeführt.<br />

Als drittes Verfahren soll neben dem<br />

Kenntnisgabeverfahren und dem normalen<br />

Baugenehmigungsverfahren ein vereinfachtes<br />

Genehmigungsverfahren ange-<br />

boten werden. Ferner kann die Gemeinde<br />

künftig über die Angrenzer hinaus die<br />

Nachbarn anhören mit der Rechtswirkung<br />

der materiellen Präklusion (§ 55). Das gemeindliche<br />

Einvernehmen soll durch die<br />

Baurechtsbehörde ersetzt werden können,<br />

wenn die Gemeinde das Einvernehmen offensichtlich<br />

rechtswidrig versagt.<br />

Im Baugenehmigungsverfahren sollen die<br />

Fristen verkürzt werden (§ 54 Abs. 3 LBO),<br />

indem die Frist für die Anhörung der Fachbehörden<br />

(auch der Gemeinden) auf einen<br />

Monat reduziert und nach dieser Zeit auch<br />

ein nach Landesrecht erforderliches Einvernehmen<br />

als erteilt gilt. Der Gemeindetag<br />

hat in seiner Stellungnahme insbesondere<br />

die Einführung des vereinfachten<br />

Baugenehmigungsverfahrens nicht befürwortet<br />

und die Verkürzung der Frist für die<br />

Anhörung im Genehmigungsverfahrens<br />

abgelehnt.<br />

22 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Landeswohnraumförderungs gesetzes: Satzung über<br />

die Höhe der zulässigen Miete ist kein Beitrag<br />

zum Bürokratieabbau<br />

Das Landeswohnraumförderungsgesetz<br />

verlangt in § 32 Abs. 3 eine gemeindliche<br />

Satzung wegen der Kostenmiete; die Gemeinden<br />

haben wegen der öffentlich geförderten<br />

Wohnungen in der Gemeinde<br />

eine Satzung über zulässige Höhe der Miete<br />

zu erlassen. Der Gemeindetag hatte bereits<br />

in der Anhörung zu Gesetzentwurf<br />

gefordert, die schon damals vorgesehene<br />

Satzungsregelung zu streichen. Dies eine<br />

unnötige bürokratische Vorgabe. Dies ist<br />

leider nicht geschehen, weshalb nun die<br />

Gemeinden im Hinblick auf die Umsetzung<br />

der Kostenmiete eine Satzung zu erlassen<br />

haben. Die Geschäftsstelle hat den<br />

Mitgliedern umfangreiches Hinweise zum<br />

Erlass einer Satzung zur Begrenzung der<br />

Miethöhe bei geförderten Wohnungen<br />

nach § 32 LWoFG und die Rahmenkonzeption<br />

einer Satzung zur Verfügung gestellt,<br />

die für die Formulierung des Satzungstextes<br />

der einzelnen Gemeinde als<br />

Orientierungshilfe dienen mag. Die Ausgestaltung<br />

einer gemeindlichen Satzung<br />

muss in aller Regel den spezifischen Gegebenheiten<br />

des konkreten örtlichen<br />

Wohnungsbestandes aber auch kommunalpolitischen<br />

Überlegungen Rechnung<br />

tragen muss. Angesichts dessen kann es<br />

– wie das Wirtschaftsministerium auf<br />

ausdrückliche Nachfrage leider festgestellt<br />

hat – für diese Satzungen in wichtigen<br />

inhaltlichen Punkten kein allgemein<br />

gültiges Muster geben.<br />

Anhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung<br />

des Feuerwehrgesetzes – Erweiterung des Kostenersatzes<br />

Der Ministerrat hat Anfang Dezember<br />

2008 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung<br />

des Feuerwehrgesetzes beschlossen,<br />

der dem Gemeindetag mit Begründung<br />

mit der Frist für eine Stellungnahme<br />

bis Ende März 2009 zuging. Die Gremien<br />

des Gemeindetags werden voraussichtlich<br />

im Februar 2009 über den Gesetzentwurf<br />

beraten. Die Novelle hat nach der Begründung<br />

im Wesentlichen folgenden Inhalt:<br />

Dauerhafte Sicherung des Personalbestands<br />

der Gemeindefeuerwehren,<br />

Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der<br />

Gemeindefeuerwehren durch verstärkte<br />

kommunale Zusammenarbeit sowie Vereinfachung<br />

und Erweiterung der kostenersatzpflichtigen<br />

Tatbestände für Feuerwehreinsätze,<br />

insbesondere auch auf Einsätze<br />

bei Kfz-Unfällen.<br />

Aus dem Gesetzentwurf ergeben sich folgende<br />

Detailänderungen: Neu eingeführt<br />

wird der Begriff der Einsatzabteilung, der<br />

an die Stelle der bisherigen „aktiven Abteilung“<br />

tritt. Für die Angehörigen der Musikabteilung<br />

werden die Rechte und Pflichten<br />

geregelt. Auf die Ermächtigung für das Innenministerium<br />

zum Erlass von Verwaltungsvorschriften<br />

zur Sollstärke, zur Gliederung<br />

und zu den Dienstgraden wird verzichtet.<br />

Eine Aufnahme in die Feuerwehr<br />

ist bereits ab dem 17. Lebensjahr möglich,<br />

eine Teilnahme an Einsätzen jedoch erst ab<br />

dem 18. Lebensjahr. Außerdem wird ein<br />

Probejahr eingeführt. Die Überlandpflicht<br />

als solche bleibt unverändert. Geändert<br />

wird jedoch die Kostenersatzvorschrift für<br />

die Überlandhilfe. Kann die Gemeinde des<br />

Einsatzortes für Einsätze keinen Kostenersatz<br />

nach § 36 verlangen, ist die Überlandhilfe<br />

mit Löschfahrzeugen kostenfrei. Die<br />

Gemeinden können Vereinbarungen zu<br />

Foto: irisblende.de<br />

den Kosten der Überlandhilfe für die Einsätze<br />

abschließen, die nach § 36 unentgeltlich<br />

sind.<br />

Die – für die Novelle wohl wichtigste –<br />

Vorschrift über den Ersatz der Feuerwehreinsatzkosten<br />

wird zwar wesentlich<br />

umgestellt, behält aber die grundsätzliche<br />

Kostenfreiheit für Pflichtaufgaben und<br />

grundsätzliche Kostenpflicht für Kannaufgaben<br />

bei.<br />

Gegenüber der derzeitigen Rechtslage ergeben<br />

sich jedoch bei der Kostenersatzpflicht<br />

folgende Änderungen: Einsätze bei<br />

Kfz-Unfällen sind künftig insgesamt kostenpflichtig,<br />

also auch bei Pflichtaufgaben,<br />

Sonderlöschmittel („Alles außer Wasser“)<br />

sind bei Einsätzen im gewerblichen Bereich<br />

erstattungspflichtig, außerdem sind<br />

Fehlalarme nun erstattungspflichtig, wenn<br />

kein Schadenfeuer vorliegt. Das Gesetz<br />

sagt ausdrücklich, dass eine Satzung für<br />

die Regelung des Kostenersatzes möglich<br />

ist (so bereits die Rechtsprechung).<br />

Bei der Kalkulation müssen die Gemeinden<br />

nicht von den Jahresstunden ausgehen<br />

(wie dies einige Urteile aus anderen Bundesländern<br />

und ein Vergleichsbeschluss<br />

des VG Stuttgart entschieden haben), also<br />

nicht von 8.760 Stunden. Die Gemeinden<br />

können die Vorhaltekosten auf der Grundlage<br />

der im gewerblichen Bereich üblichen<br />

Nutzungszeiten berechnen. Für das Erhebungsverfahren<br />

soll das KAG entsprechende<br />

Anwendung finden.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 23


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Fortschreibung des Generalverkehrsplans<br />

Baden-Württemberg<br />

Die Landesregierung hat im Generalverkehrsplan<br />

Baden-Württemberg (GVP) die<br />

Grundlagen und Ziele ihrer Verkehrspolitik<br />

festgelegt. Der aktuelle GVP wurde<br />

1995 beschlossen und umfasst den Planungszeitraum<br />

bis 2010. Die Koalitionsvereinbarung<br />

sieht eine Fortschreibung in<br />

der laufenden Legislaturperiode vor. Die<br />

förmliche Anhörung zur Fortschreibung<br />

des GVP bis in das Jahr 2025 findet voraussichtlich<br />

2009 statt, Anmerkungen und<br />

Anregungen sind unter http://www.innenministerium.baden-wuerttemberg.de/de/<br />

Generalverkehrsplan/96451.html Bürgerbeteiligung<br />

vorab möglich. Städte und Gemeinden<br />

sollten von dieser Möglichkeit<br />

ebenfalls regen Gebrauch machen.<br />

Das Innenministerium hat in einer ersten<br />

Auftaktveranstaltung am 25. April 2008<br />

das Verfahren zur Fortschreibung des GVP<br />

eingeleitet. Der Gemeindetag hat sich<br />

frühzeitig mit einer eigenen Stellungnahme<br />

an der vorgezogenen Anhörung beteiligt,<br />

die neben einer Reihe von Einzelvorschlägen<br />

folgende Schwerpunkte enthält:<br />

Die Sicherstellung der Mobilität in allen<br />

Teilen des Landes hat für den Gemeindetag<br />

Baden-Württemberg hohe Priorität.<br />

Dies gilt insbesondere auch für den ländlichen<br />

Raum. Hier leben 35 Prozent der Gesamtbevölkerung,<br />

die aufgrund der sich<br />

verändernden Struktur- und Arbeitsbedingungen<br />

immer stärker auf das Einpendeln<br />

in die Wirtschaftszentren angewiesen sind.<br />

Für diese Menschen bedarf es guter Straßen<br />

und eines besser ausgebauten ÖPNV.<br />

Gerade der ÖPNV wird angesichts der immer<br />

weiter steigenden Treibstoffpreise,<br />

aber auch unter Umweltgesichtspunkten in<br />

der Zukunft massiv an Bedeutung gewinnen<br />

und gewinnen müssen.<br />

Außerdem zeichnen sich schon heute die<br />

ersten Folgen des demografischen Wandels<br />

ab: Auf der einen Seite leben immer mehr<br />

alte Menschen in unseren Gesellschaft und<br />

haben besondere Mobilitätsbedürfnisse, auf<br />

der anderen Seite geht die Zahl der Jungen<br />

und damit auch der Schüler zurück. Bewährte<br />

Muster in der Verkehrsplanung<br />

könnten daher bald überholt sein oder sind<br />

es schon, so dass neue Wege und Konzepte<br />

gefunden werden müssen. Dafür brauchen<br />

die Kommunen Unterstützung. Die Mittel-<br />

knappheit in den Haushalten des Landes<br />

und des Bundes führt aber vielmehr schon<br />

jetzt zu Reduzierungen im ÖPNV und zu<br />

erheblichen Defiziten im Straßenbau.<br />

Diese Entwicklung muss aufgehalten werden,<br />

wenn nicht das Gleichgewicht zwischen<br />

Metropolen und ländlichem Raum<br />

und damit das Gleichgewicht im ganzen<br />

Land gestört werden soll. Auch die Wirtschaft<br />

braucht gute Verkehrsanbindungen,<br />

diese dürfen aber nicht nur in den Zentren<br />

gegeben sein, sondern müssen auch in den<br />

ländlichen Raum hineinreichen. Es gilt<br />

festzuhalten, dass es von größter Wichtigkeit<br />

ist, gesunde und erfolgreiche Unternehmen<br />

im ländlichen Raum zu halten und<br />

neu zu gewinnen. Die Förderung der Metropolregionen<br />

darf nicht dazu führen, dass<br />

der ländliche Raum unter Investitionseinbußen<br />

im Verkehrsbereich zu leiden hat.<br />

Zusätzliche Investitionen und Fördermittel<br />

des Landes in Straßenbau und ÖPNV<br />

sind unerlässlich, deren gerechte Verteilung<br />

zwischen den Metropolen und dem<br />

ländlichen Raum ist dem Gemeindetag<br />

Baden-Württemberg ein zentrales Anliegen<br />

bei der Fortschreibung des Generalverkehrsplanes.<br />

Im Jahr 2009 ist der Gemeindetag gemeinsam<br />

mit Städten und Gemeinden erneut<br />

aufgerufen, sich auf der Grundlage des bis<br />

dahin ausgearbeiteten GVP-Entwurfs im<br />

förmlichen Verfahren zur Fortschreibung<br />

mit einer detaillierten Stellungnahme zu<br />

beteiligen.<br />

Radverkehr – Handlungsfelder aus der Arbeitsgruppe<br />

Runder Tisch Radverkehr<br />

Der seit Ende 2006 aus Vertretern der<br />

Wirtschaft, der Gesellschaft und der Verwaltung<br />

bestehende Runde Tisch Radverkehr<br />

hat Anfang März 2008 Handlungsempfehlungen<br />

zur Förderung des Radverkehrs<br />

in Baden-Württemberg verabschiedet,<br />

mit denen er Baden-Württemberg „auf<br />

den Weg zum Fahrradland Nr. 1“ bringen<br />

will. Die Handlungsempfehlungen sollen<br />

allen Beteiligten wichtige Hinweise für die<br />

Weiterentwicklung Baden-Württembergs<br />

als Fahrradland geben und die Bedeutung<br />

des Themas Radverkehr für die Mobilität,<br />

die Umwelt und den Tourismus im Land<br />

unterstreichen.<br />

Die Handlungsempfehlungen haben als<br />

Schwerpunkt das Fahrradmanagement in<br />

Baden-Württemberg. Der Runde Tisch<br />

schlägt die Gründung eines Landesbündnisses<br />

„ProRad“ vor, dessen Mitglieder<br />

aus Politik, Verwaltung, Verbänden und<br />

Unternehmen sich für eine Verbesserung<br />

des Fahrradklimas und für eine engagierte<br />

Förderung des Radverkehrs einsetzen<br />

sollen.<br />

Dieses Bündnis soll Parlament, Regierung<br />

und Verwaltung begleiten und sich dafür<br />

einsetzen, dass die Ziele beim Radverkehr<br />

erreicht werden. Ein landesweit tätiger<br />

Fahrradmanager soll die Aktivitäten der<br />

Beteiligten koordinieren, für einen syste-<br />

matischen Informationsaustausch und die<br />

Einhaltung, Weiterentwicklung und Kommunikation<br />

fahrradfreundlicher Standards<br />

sorgen.<br />

Ein neues Internetportal „FahrRad in Baden-Württemberg“<br />

soll allen Interessierten<br />

Informationen rund um das Thema Fahrrad<br />

bieten. Die Einrichtung eines Fahrradmanagements<br />

ist bundesweit einmalig. Im<br />

„Runden Tisch Radverkehr“ wird auch eine<br />

„Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher<br />

Kommunen“ diskutiert. Dieser Zusammenschluss<br />

aller – also die am Radverkehr<br />

interessierten Landkreisen, Städten<br />

und Gemeinden – soll ein Forum für Erfahrungsaustausch<br />

sein, kommunale Radverkehrsproblem<br />

lösen und neue Impulse<br />

gibt vor Ort geben. Die Gründungsversammlung<br />

ist für Mitte Januar 2009 terminiert.<br />

Die Handlungsempfehlungen sind im Internet<br />

unter www.im.baden-wuerttemberg.<br />

de abrufbar. Die Umsetzung der Handlungsempfehlungen<br />

dürfte sich für alle<br />

Beteiligten als sehr anspruchsvoll erweisen,<br />

zumal wichtige Finanzierungsfragen<br />

z.B. beim Radwegebau noch nicht abschließend<br />

geklärt sind.<br />

24 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Ländlicher Raum<br />

Der Gemeindetag hat in der BWGZ vom<br />

15. Oktober 2007 (Nr. 19/2007) zu den<br />

Herausforderungen und Chancen des ländlichen<br />

Raumes ein viel beachtetes Grundlagenpapier<br />

mit dem Titel „Ländliche<br />

Städte und Gemeinden – ein starkes Stück<br />

Heimat“ herausgegeben. In der Folge hat<br />

sich der Gemeindetag auf den verschiedensten<br />

Politikfeldern – von Bildung,<br />

Breitband über Flächeninanspruchnahme,<br />

Finanzausgleich bis hin zur Zukunftsfähigkeit<br />

von Verwaltungsstrukturen – erfolgreich<br />

für die Belange des ländlichen<br />

Raumes eingesetzt, ohne dabei die Erfordernisse<br />

der Gesamtheit seiner Mitgliedsstädte<br />

und -gemeinden aus dem Blick zu<br />

verlieren.<br />

Um die Politik für ländlich geprägte Städte<br />

und Gemeinden fortzuentwickeln, hat<br />

das Land im Jahr im Jahr 2007 einen Kabinettsausschuss<br />

„Ländlicher Raum“ gebildet,<br />

und es wurde beim Ministerium<br />

Ländlicher Raum (MLR) eine interministerielle<br />

Arbeitsgruppe „Interkommunale<br />

Zusammenarbeit“ mit spezieller Ausrichtung<br />

auf ländliche Städte und Gemeinden<br />

eingerichtet. Ein konkretes Ergebnis aus<br />

der Arbeit der interministeriellen Arbeitsgruppe<br />

ist das für 2009 geplante gemeinsame<br />

Internetportal „Interkommunale Zu-<br />

Breitbandinitiative Ländlicher Raum<br />

Aus der Erkenntnis, dass die Breitbandversorgung<br />

ein wichtiger Standortfaktor<br />

nicht nur für die Gemeinden im ländlichen<br />

Raum ist, hat sich der Gemeindetag beim<br />

Land stets für ein Breitband-Förderprogramm<br />

eingesetzt. So hat das Kabinett<br />

Mitte Dezember 2007 eine entsprechende<br />

Breitbandinitiative Ländlicher Raum beschlossen.<br />

Mit der Breitbandinitiative verfolgt<br />

das Land das Ziel, eine flächendeckende<br />

Versorgung der ländlichen Räume<br />

mit Breitbandinfrastruktur zu erreichen.<br />

Im Rahmen des „Impulsprogramms Baden-Württemberg“<br />

stellt das Land 20 Mio.<br />

Euro für Modellprojekte zur Verfügung,<br />

die vom Bund im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe<br />

„Verbesserung der Agrarstruktur<br />

und des Küstenschutzes“ (GAK)<br />

im Zeitraum von 2008 – 2010 um bundesweit<br />

jährlich 10. Mio. Euro zweckgebun-<br />

sammenarbeit“, mit dessen umfangreichem<br />

Informationsangebot die Zusammenarbeit<br />

von Städten und Gemeinden<br />

unterstützt werden soll.<br />

Gemeinsam mit dem MLR und der Akademie<br />

Ländlicher Raum soll die koordinierte<br />

Politik für ländliche Städte und Gemeinden<br />

durch eine gemeinsame Veranstaltungsreihe<br />

unterstützt werden, die mit dem<br />

Kommunalforum „Ländliche Räume in<br />

Baden-Württemberg: Aktuelle Handlungsfelder<br />

für Land und Kommunen“ am<br />

8. Dezember 2008 in Rottenburg am Neckar<br />

u.a. mit Ansprachen von Minister Peter<br />

Hauk und Präsident Roger Kehle ihren<br />

Auftakt fand. Für 2009 ist die Fortsetzung<br />

der Veranstaltungsreihe mit themenspezifischen<br />

Workshops der Verwaltungsschule<br />

des Gemeindetags zur Erarbeitung von<br />

Lösungsansätzen für einzelne Politikfelder<br />

wie beispielsweise Breitband, Nahversorgung,<br />

Arbeit und Wirtschaft, Mobilität/<br />

ÖPNV, Gesundheit, Bildung und interkommunale<br />

Zusammenarbeit geplant.<br />

Diese Workshops können bei der Verwaltungsschule<br />

gebucht werden. Der Gemeindetag<br />

geht davon aus, dass mit den moderierten<br />

Workshops hilfreiche Lösungsansätze<br />

für die Kommunalpolitik erarbeitet<br />

werden können.<br />

den für die Breitbandversorgung ländlicher<br />

Räume ergänzt werden.<br />

In BWGZ 14/2008 vom 31. Juli 2008, Seiten<br />

501 bis 517 wurden alle Einzelheiten<br />

der Breitbandinitiative einschließlich der<br />

europarechtlichen Vorgaben ausführlich<br />

dargestellt. Die Breitbandinitiative wird<br />

sicherlich wichtige Anstöße für eine verbesserte<br />

Breitbandversorgung ländlicher<br />

Städte und Gemeinden geben.<br />

Mitte Dezember 2008 hat das Ministerium<br />

für Ernährung und Ländlichen Raum das<br />

Jahresprogramm 2009 der Sonderlinie<br />

„Breitbandinfrastruktur Ländlicher Raum“<br />

ausgeschrieben; die erste Antragsfrist ist<br />

der 27.2.2009 (der Gemeindetag hat seine<br />

Mitglieder noch 2008 über sein Gt-info<br />

auf die Veröffentlichung im Staatsanzeiger<br />

hingewiesen). Damit wird die bereits im<br />

vergangenen Jahr begonnene Förderung<br />

fortgesetzt. Wie schon bisher werden über<br />

die Breitbandinitiative Maßnahmen der<br />

Gemeinden für Modellprojekte, Breitbandtrassen<br />

und Zuwendungen an Netzbetreiber<br />

gefördert. Geändert haben sich in<br />

den Förderbedingungen u.a. die maßgebenden<br />

Bandbreiten (max. 40 MB bei Gewerbebetrieben).<br />

Die EU-beihilferechtlichen Vorgaben sind<br />

als zwingendes Recht zu beachten; sie<br />

werden im „Leitfaden für Kommunen“ beschrieben<br />

(siehe Anlage zur Bekanntmachung)<br />

und zwar nach den von der EU<br />

notifizierten Eckpunkten für die Verwendung<br />

öffentlicher Mittel zur flächendeckenden<br />

Versorgung des Ländlichen<br />

Raums mit Breitbandanschlüssen in<br />

Baden-Württemberg (Staatliche Beihilfe<br />

Nr. 570/2007 – Deutschland).<br />

Gemeinden dürfen eine Beihilfe (Subvention,<br />

Finanzbetrag) an einen Breitband-<br />

Infrastrukturbetreiber nur gewähren (und<br />

nur zusagen bzw. vereinbaren), wenn die<br />

in diesem Leitfaden genannten Schritte<br />

sowie die dort genannten Bedingungen<br />

(ggf. mit Ausschreibung der gemeindlichen<br />

Leistung bzw. Garantie) eingehalten<br />

und dokumentiert sind.<br />

Im Rahmen des „Impulsprogramms Baden-Württemberg“<br />

stehen für die Jahre<br />

2008 und 2009 jeweils 10 Mio. Euro Landesmittel<br />

für die Förderung der Breitbandversorgung<br />

zur Verfügung. Des Weiteren<br />

stehen für den Zeitraum von 2008 bis 2010<br />

jährlich knapp 1 Mio. Euro Bundesmittel<br />

landesweit für den Breitbandausbau bereit<br />

(GAK-Mittel). Der Gemeindetag hat eine<br />

Weiterführung der Förderung über 2009<br />

gefordert. Es bleibt abzuwarten, ob durch<br />

die aktuelle diskutierten Investitionsprogramme<br />

(Bund und Land) mehr Fördermittel<br />

bereit gestellt werden.<br />

Baden-Württemberg hat ein umfassendes<br />

und auch bundesweit beispielhaftes Konzept<br />

und breit angelegte Initiativen, die<br />

den Gemeinden nicht nur im ländlichen<br />

Raum die Chance auf einen Zugang zur<br />

zukunftsfähigen Breitband-Infrastrukturen<br />

ermöglichen.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 25


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Kommunaler Klimaschutz<br />

Städte und Gemeinden sind von den zu<br />

erwartenden Klimaänderungen in vielfacher<br />

Hinsicht unmittelbar betroffen. Zum<br />

einen sind in vielen Bereichen Anpassungen<br />

an die bereits absehbaren unvermeidbaren<br />

Folgen des Treibhauseffektes erforderlich,<br />

zum anderen tragen die Städte und<br />

Gemeinden bereits aktiv dazu bei, den Klimawandel<br />

durch eine Reduktion von<br />

Treibhausgasemissionen abzumildern.<br />

Darüber hinaus leisten Städte und Gemeinden<br />

freiwillige Beiträge im Rahmen<br />

ihrer Planungshoheit. Sie setzen zum einen<br />

Anreize zu klimafreundlichem Verhalten<br />

ihrer Bürger und der Privatwirtschaft,<br />

etwa in Form von Beratungsangeboten<br />

und betreiben aktiven Klimaschutz. So haben<br />

viele Städte und Gemeinden schon vor<br />

Jahren begonnen, sich freiwillig Klimaschutzziele<br />

zu setzen, Aktionsprogramme<br />

auszuarbeiten und sie Schritt für Schritt zu<br />

realisieren.<br />

Herzstück des Klimaschutzes ist das Bemühen,<br />

den Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid<br />

zu verringern. Nach dem Grundsatz<br />

„Global denken, lokal handeln“<br />

kommt den Städten und Gemeinden als<br />

bürgernächste Ebene eine besondere Ausgestaltung<br />

bei der Verankerung des Klimaschutzes<br />

durch kommunale Handlungskonzepte<br />

zu. Der Gemeindetag hat hierzu<br />

im Jahr 2008 entsprechende Handlungs-<br />

empfehlungen erarbeitet, die sich auf die<br />

Bereiche energiesparende Siedlungsentwicklung,<br />

Mobilität und Verkehr, Energiemanagement<br />

in kommunalen Liegenschaften,<br />

Dämmung und CO 2-mindernde<br />

Sanierung von Gebäuden, Förderung regenerativer<br />

Energien, CO 2-arme Energieerzeugung,<br />

umweltfreundliche Beschaffung,<br />

Beratung der Bürger sowie der privaten<br />

Wirtschaft und Netzwerk Nachhaltige<br />

Bürgerkommune erstrecken.<br />

Wettbewerbsfähige Kommunalverwaltung<br />

setzt auf Personalentwicklung<br />

Der Wettbewerb der Arbeitgeber am Arbeitsmarkt<br />

wird härter. Städte und Gemeinden<br />

müssen mehr dafür tun, als Arbeitgeber<br />

attraktiv zu bleiben. Gelingt ihnen<br />

das nicht, wird der hohe Leistungsstandard<br />

der baden-württembergischen<br />

Kommunalverwaltung nicht zu halten<br />

sein. Es kommt darauf an, Instrumente des<br />

Personalmarketing und der Personalentwicklung<br />

gezielt einzusetzen.<br />

Seit 2000 gibt es in Baden-Württemberg<br />

mehr über 60-Jährige als unter 20-Jährige.<br />

Diese Zäsur deutet darauf hin, dass der demografische<br />

Wandel vor allem den Arbeitsmarkt<br />

umwälzen wird. Das Arbeitskräfteangebot<br />

geht zurück. Trotz steigender<br />

Frauenerwerbsquote, Verlängerung<br />

der Lebensarbeitszeit und Zuwanderung<br />

macht sich bereits ein Fachkräftemangel<br />

bemerkbar. Der Wettbewerb um die jungen,<br />

gut ausgebildeten und motivierten<br />

Kräfte nimmt zu. Der Altersdurchschnitt<br />

der Erwerbsbevölkerung, also der vor allem<br />

im Berufsleben stehenden Jahrgänge,<br />

steigt. Der Innovationsdruck steigt weiter,<br />

das Defizit an akademisch ausgebildetem<br />

Nachwuchs bleibt.<br />

Die Frage, wie ist der öffentliche Dienst<br />

und vor allem die Kommunalverwaltung<br />

in diesem Wettbewerb positioniert, stellt<br />

sich zunehmend kritisch.<br />

Die Leistungskraft der Kommunalverwaltung<br />

hängt immer mehr davon ab, ob es<br />

gelingt<br />

In verschiedenen Handlungssektoren sind<br />

die kommunalen Einsparpotenziale sicherlich<br />

noch nicht optimal erschlossen, da<br />

zum einen die kommunale Finanzkraft<br />

nicht ausreicht, um alle wünschenswerten<br />

Maßnahmen durchzuführen, und zum anderen<br />

der kommunale Einfluss auf wichtige<br />

Verbrauchssektoren nicht durchgängig<br />

besteht.<br />

Der kommunale Klimaschutz bleibt eine<br />

nicht nur für die Zukunftsfähigkeit von<br />

Städten und Gemeinden entscheidende<br />

Gestaltungsaufgabe.<br />

gut ausgebildeten und motivierten Nachwuchs<br />

zu gewinnen und zu halten,<br />

Erfahrung und Motivation älterer Mitarbeiter<br />

zu erhalten und sie an technischen<br />

und sozialen Innovationen maßgeblich<br />

zu beteiligen.<br />

Auf Dauer wird das nur gelingen, wenn in<br />

der Kommunalverwaltung ein Problembewusstsein<br />

entsteht und Instrumente des<br />

Personalmarketing und der Personalentwicklung<br />

eingesetzt werden.<br />

Der Gemeindetag setzt einen Arbeitsschwerpunkt<br />

auf diese Themen. Eine Bestandsaufnahme<br />

zeigt, dass sich erst wenige<br />

Mitgliedsstädte und -gemeinden intensiv<br />

mit dem Problem auseinandersetzen.<br />

Eine Projektgruppe arbeitet an Empfehlungen<br />

für Kommunalverwaltungen unterschiedlicher<br />

Größenordnungen.<br />

26 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Dienstrechtsreform: Sie kommt. Sie kommt nicht.<br />

Sie kommt?<br />

Wenige Tage nachdem der Bundestag die<br />

Kompetenzen zwischen Bund und Ländern<br />

neu geordnet hatte (Föderalismusreform<br />

I), hat der Gemeindetag seine Position<br />

für eine landesrechtliche Reform des<br />

öffentlichen Dienstrechts formuliert<br />

(BWGZ 14/2007, Seite 535). Bald darauf,<br />

im Dezember 2006, hatte Ministerpräsident<br />

Oettinger angekündigt, eine grundlegende<br />

Dienstrechtsreform werde 2008 in<br />

Kraft treten. Dass dieses ehrgeizige Ziel<br />

zumindest in zeitlicher Hinsicht nicht haltbar<br />

sein würde, zeichnete sich im Laufe<br />

des Jahres 2008 ab.<br />

In der Halbzeitbilanz der Landesregierung<br />

vom September 2008 funkte die von manchen<br />

schon totgesagte Dienstrechtsreform<br />

wieder Lebenszeichen: Finanzminister<br />

Kilometergeld endlich erhöht<br />

Die Wegstreckenentschädigung für Dienstfahrten<br />

mit dem privaten Pkw wird endlich<br />

erhöht. Ab 1. Januar 2009 wird der Satz je<br />

Kilometer von 22 auf 25 Cent, für anerkannte<br />

Fahrzeuge von 30 auf 35 Cent erhöht.<br />

Der Schlechtwegezuschlag wird von<br />

3 auf 5 Cent erhöht. Das Finanzministerium<br />

anerkennt damit den wesentlichen Anstieg<br />

der Kraftfahrzeugkosten.<br />

Stächele hielt an dem Vorhaben fest, die<br />

Pensionsaltersgrenze für baden-württembergische<br />

Beamte schneller auf 67 Jahre<br />

anzuheben als andere. Ministerpräsident<br />

Oettinger kündigte an, die Dienstrechtsreform<br />

werde im Frühjahr 2009 im Landtag<br />

beschlossen. Dem Gemeindetag ist bislang<br />

aber weder das angekündigte Eckpunktepapier<br />

der Landesregierung bekannt, noch<br />

wurde er zu Gesetzentwürfen gehört.<br />

Zum Reformpaket gehören neben der umstrittenen<br />

Anhebung des Pensionsalters auch<br />

eine weitere Öffnung des Laufbahnrechts,<br />

die Einführung obligatorischer Leistungsprämien<br />

und eine Anpassung der Wahlbeamtenbesoldung.<br />

Wie es damit weiter geht?<br />

Darauf wurden bei Redaktionsschluss noch<br />

immer Wetten abgeschlossen.<br />

Der Gemeindetag hatte über Jahre hinweg<br />

mehrfach eine Anpassung der Entschädigung<br />

gefordert. Zuletzt waren Städte und<br />

Gemeinden zunehmend gezwungen,<br />

Dienstfahrzeuge zu beschaffen, weil Beschäftigte<br />

nicht mehr bereit waren, ihr<br />

Fahrzeug zu den bisher geltenden Sätzen<br />

zur Verfügung zu stellen.<br />

Notariats- und Grundbuchreform – Ziele des Landes<br />

außerordentlich ehrgeizig<br />

Anfang April 2008 hat sich die Landesregierung<br />

und die sie tragenden Fraktionen auf<br />

elf Grundbuch führende Amtsgerichte festgelegt.<br />

Ende Juli hat dann der Ministerrat<br />

endgültig die Strukturreform des Grundbuchwesens<br />

in Baden-Württemberg beschlossen.<br />

Auf Gt-INFO Nr. 615/08 vom<br />

5. August 2008 wird insoweit hingewiesen.<br />

Insbesondere die vom Land vorgesehene<br />

Konzentration des Grundbuchwesens auf<br />

nur elf Amtsgerichte ist ein sehr ehrgeiziges<br />

Ziel. Bislang gibt es in Baden-Württemberg<br />

zirka 660 kommunale und elf<br />

staatliche Grundbuchämter. Diese Konzentration<br />

wird nach Meinung des Gemeindetags<br />

nur dann funktionieren, wenn<br />

das Bundesrecht, wie vom Land beantragt,<br />

so geändert wird, dass alle Kommunen, die<br />

dies wünschen, Grundbucheinsichtsstellen<br />

einrichten dürfen.<br />

Das Problem, dass auch künftig für verschiedene<br />

Rechts- bzw. Grundbuchgeschäfte<br />

noch Grundakten benötigt werden<br />

und dafür u.U. lange Anfahrtswege nötig<br />

werden, lässt sich gleichwohl nicht vollständig<br />

„aus der Welt schaffen“. Hier werden<br />

Verbesserungen nur möglich sein,<br />

wenn man auch die Grundakten weitestgehend<br />

digitalisiert. Gemeindetag und Städtetag<br />

haben dies von Anfang an in Besprechungen<br />

zur Einführung des elektronischen<br />

Grundbuchs gefordert. Diese Forde-<br />

rung ist vom Justizministerium anfangs<br />

wegen des hohen Aufwands zurückgewiesen<br />

worden. Zwischenzeitlich hat man<br />

aber dort umgedacht und will die Wirtschaftlichkeit<br />

einer solchen Digitalisierung<br />

prüfen. Dafür notwendige Änderungen<br />

beim Bundesrecht sind im Laufen.<br />

Selbst wenn die notwendigen Rechtsänderungen<br />

zugunsten kommunaler Grundbucheinsichtsstellen<br />

und die rechtzeitige<br />

Digitalisierung der Grundakten (anlassbezogen<br />

oder systematisch für alle Grundakten)<br />

gelingen sollten, bestehen erhebliche<br />

Zweifel, ob eine Bürgernähe erreicht werden<br />

kann, wie sie jetzt noch, bei der dezentralen<br />

Grundbuchamtsstruktur, besteht.<br />

Zum Vergleich: Im Nachbarland Bayern<br />

verfügt jedes der 73 Amtsgerichte über ein<br />

Grundbuchamt. In Baden-Württemberg<br />

existieren 108 Amtsgerichte, aber nur 11<br />

sollen ein Grundbuchamt erhalten. Legt<br />

man die zweifellos größere Landesfläche<br />

von Bayern zu Grunde, so müsste aber immer<br />

noch jedes 2. oder 3. Amtsgericht in<br />

Baden-Württemberg ein Grundbuchamt<br />

erhalten, damit vergleichbare Anfahrtswege<br />

wie in Bayern erreicht werden.<br />

Nach dem Ministerratsbeschluss vom 22.<br />

Juli 2008 hat das Justizministerium Projektgruppen<br />

zur Umsetzung der Strukturreform<br />

im Grundbuchwesen eingerichtet.<br />

Gemeindetag Baden-Württemberg und<br />

Städtetag Baden-Württemberg sind in der<br />

Projektgruppe „Eingliederung“ vertreten.<br />

Zwei Projektgruppensitzungen mit Beteiligung<br />

der kommunalen Landesverbände,<br />

bei denen es aber vorrangig um das Projektmanagement<br />

für den gesamten Eingliederungsprozess<br />

im badischen und im<br />

württembergischen Rechtsgebiet ging, haben<br />

zwischenzeitlich stattgefunden (siehe<br />

hierzu Gt-INFO Nr. 739/08 vom 20. September<br />

2008).<br />

In einem weiteren Gespräch, nur zwischen<br />

Justizministerium, Gemeindetag und Städtetag,<br />

sind gemeindespezifische Fachfragen,<br />

einschließlich des Inhalts zweier noch durchzuführender<br />

Umfragen besprochen worden.<br />

Der Ministerrat hat sich in seinem Beschluss<br />

auch grundsätzlich für die Gewährung<br />

einer zusätzlichen Entschädigung in<br />

Höhe von 6 Euro pro digitalisiertem<br />

Grundbuch ausgesprochen. Die Umsetzung<br />

ist jedoch landesrechtlich (Gesetz!)<br />

noch nicht erfolgt. Nach der Beschlusslage<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 27


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

des Ministerrats ist das Justizministerium<br />

damit beauftragt, die Wirtschaftlichkeit<br />

eines Anreizmodells, das diese Entschädigung<br />

vorsieht, erst zu prüfen.<br />

Nur für den Fall, dass sich eine ausreichende<br />

Zahl von Kommunen bereit erklärt, im<br />

Hinblick auf die in Aussicht gestellte Entschädigung<br />

zusätzliche Grundbücher zu<br />

erfassen, soll ein entsprechendes Gesetzesvorhaben<br />

auf den Weg gebracht werden.<br />

Insoweit wird hier in den nächsten<br />

Wochen eine Umfrage bei den Städten und<br />

Gemeinden erfolgen. Selbst wenn die Umfrage<br />

dazu führt, dass das Gesetz erlassen<br />

wird, soll nach Angaben des Justizministerium<br />

die Auszahlung dieser zusätzlichen<br />

Entschädigungsleistung erst für den Zeitpunkt<br />

der Aufhebung und Eingliederung<br />

des jeweiligen kommunalen Grundbuchamts<br />

in das zuständige Grundbuch führende<br />

Amtsgericht erfolgen. Im Übrigen sollen<br />

dann die 6 Euro auch denjenigen Kommunen<br />

zu Gute kommen, die bereits in das<br />

elektronische Grundbuch investiert und<br />

ihren Grundbuchbestand ganz oder teilweise<br />

digitalisiert haben.<br />

Mit der zweiten Umfrage, die ebenfalls für<br />

die nächste Zeit geplant ist, soll ermittelt<br />

werden, welche Städte/Gemeinden ihr<br />

Grundbuchamt zu einem bestimmten Zeitpunkt<br />

an das zuständige Amtsgericht abgegeben<br />

wollen.<br />

Gründung eines Landesforstbetriebes gemäß § 26 LHO<br />

Als Ergebnis der Evaluation der Verwaltungsreform<br />

wird das Land für den Bereich<br />

des Staatsforstes einen fiskalischen<br />

Landesbetrieb nach § 26 LHO einrichten.<br />

Die ursprüngliche Absicht der Landesregierung,<br />

für den Forstbereich eine eigenständige<br />

Einrichtung in Form einer Anstalt<br />

des öffentlichen Rechts oder in anderer<br />

Rechtsform zu gründen, wird damit nicht<br />

weiterverfolgt. Gleichzeitig trägt die geplante<br />

Neuorganisation der Staatsforstverwaltung<br />

der Forderung des Gemeindetags<br />

Rechnung, eine Optimierung der Forstverwaltung<br />

im Rahmen der derzeitigen Strukturen<br />

anzustreben, weshalb der Gemeindetag<br />

diese Entscheidung ausdrücklich begrüßt.<br />

Fortentwicklung des Tourismuskonzepts<br />

Baden-Württemberg<br />

Vom Wirtschaftsministerium wurde die<br />

Fortschreibung des Tourismuskonzepts<br />

Baden-Württemberg initiiert. Das neue<br />

Konzept soll die Weichen für die weitere<br />

erfolgreiche Tourismusentwicklung in<br />

Baden-Württemberg stellen, insbesondere<br />

sollen die touristischen Akteure des Landes<br />

einen Orientierungsrahmen erhalten,<br />

um auf veränderte Rahmenbedingungen<br />

zeitgemäß reagieren zu können. Der Gemeindetag<br />

begrüßt die damit einhergehende<br />

Entwicklung von marktgerechten touristischen<br />

Strategien und Vorgehensweise,<br />

Es wird nunmehr darauf zu achten sein,<br />

dass auch innerhalb der neuen Organisationsform<br />

weiterhin die Aufgaben des forstlichen<br />

Revierdienstes, der forsttechnischen<br />

Betriebsleitung und der Wirtschaftsverwaltung,<br />

soweit sie für den Kommunalwald<br />

auf die unteren Forstbehörden übertragen<br />

worden sind, weiterhin in der bisherigen<br />

qualitätsvollen Art und Weise erfüllt<br />

werden können. Um auf den unteren Ebenen<br />

weiterhin die notwendige Flexibilität<br />

sicherzustellen, ist entscheidend, dass der<br />

Landesbetrieb sich darauf beschränkt, auf<br />

mittlerer und oberer Ebene die Forstaufgaben<br />

zusammenzufassen, so dass weiterhin<br />

auf Kreisebene das Einheitsforstamt, wie<br />

es sich in der Vergangenheit bestens bewährt<br />

hat, fortbestehen kann.<br />

weil der Gemeindetag von der Neuausrichtung<br />

des Tourismuskonzepts erwartet,<br />

dass damit die Voraussetzungen geschaffen<br />

werden, damit sich der für Baden-<br />

Württemberg außerordentliche Wirtschaftsfaktor<br />

„Tourismus“ weiterhin im<br />

nationalen und internationalen Wettbewerb<br />

erfolgreich behaupten kann.<br />

Der Entwurf der Neukonzeption sieht insbesondere<br />

den Aus- und Aufbau von touristischen<br />

Markenlandschaften vor. Dieses<br />

Ziel kann nach Auffassung des Gemeinde-<br />

Foto: irisblende.de<br />

tages nur dann erfolgreich realisiert werden,<br />

wenn innerhalb der Regionen die Kooperationen<br />

weiter ausgebaut und vertieft<br />

werden.<br />

Da das neue Tourismuskonzept auch die<br />

Grundlage für die künftige Förderpolitik<br />

des Landes darstellen wird, muss gefordert<br />

werden, dass keine einseitige Ausrichtung<br />

der Förderung auf wenige Schwerpunktprojekte<br />

erfolgen darf. Grundsätzlich positiv<br />

steht der Gemeindetag der Schaffung<br />

von finanziellen Anreizen für eine intensivere<br />

Kooperation auch auf kommunaler<br />

Ebene gegenüber. Die Kooperation darf<br />

aber nur ein Aspekt sein, der die Förderpolitik<br />

beeinflusst. Auch künftig müssen die<br />

vielfältigen touristischen Aktivitäten weiter<br />

ausgebaut werden. Vor allem für die<br />

Fortentwicklung des ländlichen Raumes<br />

stellt der Tourismus eine wichtige Säule<br />

dar. Dabei werden vor dem Hintergrund<br />

der demografischen Entwicklung und des<br />

zu erwartenden Klimawandels auch neue<br />

Wege zu beschreiten sein.<br />

28 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Zensus 2011 –<br />

Was hat das mit der amtlichen Einwohnerzahl zu tun?<br />

Vorbereitungen sind im Gange<br />

Im Jahr 2011 wird eine europaweite Volks-<br />

und Wohnungszählung durchgeführt. Sie<br />

wird sich ganz wesentlich von den traditionellen<br />

Zählungen unterscheiden. Nach<br />

dem Zensusvorbereitungsgesetz vom Dezember<br />

2007 wird der überwiegende Teil<br />

der Angaben für die amtliche Statistik aus<br />

vorhandenen Registern, vor allem aus den<br />

Melderegistern sowie aus Dateien der<br />

Bundesagentur für Arbeit, übermittelt. Die<br />

Mehrheit der Bevölkerung wird beim Zensus<br />

2011 keine Auskunft zu leisten haben.<br />

Im Ergebnis dient dieser Zensus hauptsächlich<br />

der Feststellung der amtlichen<br />

Einwohnerzahlen für Bund, Länder und<br />

Kommunen. Nach Untersuchungen geht<br />

man davon aus, dass die seit der letzten<br />

Volkszählung fortgeschriebene Einwohnerzahl<br />

Deutschlands (2007: 82,2 Mio.<br />

Menschen) im Zensusjahr 2011 um mindestens<br />

1,3 Mio. überhöht sein wird („Karteileichen“!).<br />

Die Brisanz wird damit deutlich:<br />

Es sind letztendlich die Zensusergebnisse,<br />

auf deren Basis die amtlichen Einwohnerzahlen<br />

neu bestimmt und korrigiert<br />

werden. Städte und Gemeinden müssen<br />

deshalb ein besonderes Auge auf die Vollständigkeit<br />

und Aktualität ihrer Meldedaten<br />

richten. Die Möglichkeiten der so genannten<br />

Ertüchtigung der Melderegister<br />

nach den Vorschriften des Melderechts<br />

sind entsprechend zu nutzen. Ein Abgleich<br />

des Melderegisters ist jedoch nach wie vor<br />

gesetzlich ausgeschlossen.<br />

Mit Hilfe der Meldedaten aus den Städten<br />

und Gemeinden befindet sich derzeit beim<br />

Statistischen Landesamt ein Anschriften-<br />

und Gebäuderegister im Aufbau, das als<br />

Auswahlgrundlage für eine Haushaltsstichprobe<br />

und damit auch zur Aufdeckung<br />

von Registerfehlern dienen soll.<br />

Die Hauptdurchführungsphase des Zensus<br />

liegt im Jahre 2011. Spätestens dann müssen<br />

auch kommunale Erhebungsstellen<br />

eingerichtet werden. Sie sollen in erster<br />

Linie die bereits erwähnte Stichprobenerhebung<br />

organisieren und durchführen sowie<br />

Anlaufstelle für Auskunftspflichtige<br />

sein. Einzelheiten zur notwendigen Zahl<br />

von kommunalen Erhebungsstellen, ihre<br />

Einrichtung und Aufgaben werden in einem<br />

Landesgesetz zu regeln sein. Dabei<br />

müssen die Vorgaben des Zensusanordnungsgesetzes<br />

des Bundes berücksichtigt<br />

werden, das voraussichtlich im I. Quartal<br />

2009 verabschiedet wird.<br />

Der Gemeindetag hat in enger Abstimmung<br />

mit den anderen kommunalen Verbänden<br />

auf Landes- und Bundesebene sowie<br />

dem Land zum vorliegenden Bundesgesetzentwurf<br />

Stellung genommen. Kritikpunkte<br />

sind insbesondere die fachlichen<br />

Festlegungen der Erhebungsmethodik sowie<br />

die fehlende finanzielle Beteiligung<br />

des Bundes an den Kosten der Durchfüh-<br />

rung des Zensus. Die bisherigen Signale<br />

aus Berlin können jedoch die Beteiligten<br />

diesbezüglich nicht zufrieden stimmen.<br />

Die Kostenerstattung für die Aufwendungen<br />

der Städte und Gemeinden werden<br />

entsprechend des Konnexitätsprinzips in<br />

dem erwähnten Landesgesetz zu regeln<br />

sein. Der Gemeindetag wird „am Ball“<br />

bleiben.<br />

Initiiert hat der Gemeindetag auch eine<br />

Änderung im Melderecht, welche den<br />

Kommunen die Ermittlung von bislang<br />

nicht in den Melderegistern enthaltenen<br />

Personen ermöglichen soll. Sowohl das<br />

Land Baden-Württemberg als auch der<br />

Deutsche Städte- und Gemeindebund haben<br />

dieses Anliegen mit aufgegriffen.<br />

Abschaffung des Widerspruchsverfahrens –<br />

Pilotversuch wird nun doch nicht durchgeführt<br />

Nach einem Auftrag der Strukturkommission<br />

für Aufgabenkritik und Haushalt sollte<br />

das Innenministerium zusammen mit<br />

dem Justizministerium einen Vorschlag<br />

für die Ausgestaltung eines zweijährigen<br />

Modellversuchs zur Abschaffung des Widerspruchsverfahrens<br />

in einem Verwaltungsgerichtsbezirk<br />

ausarbeiten. Innen-<br />

und Justizministerium haben sich daraufhin<br />

über die Eckpunkte des Modellversuchs<br />

verständigt. Auf die Darstellung in<br />

BWGZ 2008, 28 wird hingewiesen.<br />

Eine (freiwillige) Beteiligung der kreisangehörigen<br />

Städte und Gemeinden im<br />

Bereich des „Modellbezirks“ (Verwaltungsgerichtsbezirk<br />

Sigmaringen / Regierungsbezirk<br />

Tübingen) und des „Kontrollbezirks“<br />

(Verwaltungsgerichtsbezirk<br />

Karlsruhe / Regierungsbezirk Karlsruhe)<br />

war vorgesehen und hätte für diese im Versuchszeitraum<br />

zu einem erhöhten organisatorischen<br />

Aufwand (statistische Erhebungen<br />

/ Dokumentationen usw.) geführt.<br />

Der Gemeindetag hat sich zu diesem Projekt<br />

sehr zurückhaltend geäußert und insbesondere<br />

auf die Befriedungsfunktion<br />

von Widerspruchsverfahren hingewiesen.<br />

Zwischenzeitlich hat die Strukturkommission<br />

für Aufgabenkritik und Haushalt am<br />

3.4.2008 entschieden, den Pilotversuch<br />

zur Abschaffung des Widerspruchsverfahrens<br />

in einem Verwaltungsgerichtsbezirk<br />

in Baden-Württemberg nicht durchzuführen.<br />

Gleichzeitig wurde ein aus zwei Teilen<br />

bestehender Arbeitsauftrag erteilt. Mit<br />

diesem Auftrag wird das Innenministerium<br />

in Abstimmung mit den Ressorts und<br />

unter Einbeziehung der Erfahrungen anderer<br />

Länder (Bayern, Hessen, Nordrhein-<br />

Westfalen, Niedersachsen und Brandenburg)<br />

gebeten, darzustellen,<br />

in welchen Rechtsgebieten das Widerspruchsverfahren<br />

wegen seiner Befriedungswirkung<br />

beibehalten werden soll<br />

– zumindest als Option gegenüber dem<br />

sofortigen Klageverfahren – bzw.<br />

in welchen Rechtsgebieten auf ein Widerspruchsverfahren<br />

mangels Befriedungsfunktion<br />

verzichtet werden kann.<br />

Sobald dem Gemeindetag Ergebnisse aus<br />

dem Auftrag des Innenministeriums vorliegen,<br />

wird er seine Mitgliedsstädte und<br />

-gemeinden zeitnah informieren.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 29


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Änderung des Bestattungsgesetzes<br />

Das Sozialministerium Baden-Württemberg<br />

hat am 6.10.2008 das Anhörungsverfahren<br />

zur Änderung des Bestattungsgesetzes<br />

eingeleitet. Der Anhörungsentwurf<br />

sieht verschiedene für die Gemeinden als<br />

Träger der Gemeindefriedhöfe und als zuständige<br />

Behörde bedeutsame Änderungen<br />

vor.<br />

Zu den Angehörigen im Sinne des § 21<br />

Abs. 1 Nr. 1 gehören nun auch Lebenspartner<br />

im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes.<br />

Dies hat für die Gemeinden Bedeutung,<br />

wenn es um die Bestattungssorgepflicht<br />

des § 31 und die Zuständigkeit der<br />

Gemeinde für die Anordnung der Bestattung<br />

bzw. Geltendmachung der Bestattungskosten<br />

in diesen Fällen geht.<br />

Klargestellt werden soll, dass zur Bestattungspflicht<br />

von Leichen auch alle totgeborenen<br />

Kinder und in der Geburt verstorbenen<br />

Leibesfrüchte mit einem Gewicht<br />

von mindestens 500 Gramm zu zählen<br />

sind. Eingeführt werden soll ein Bestattungsrecht<br />

für Fehlgeburten sowie für aus<br />

Schwangerschaftsabbrüchen stammende<br />

Leibesfrüchte (Ungeborene) – § 30. Die<br />

Totenfürsorge soll den Eltern obliegen und<br />

führt zu einem Rechtsanspruch auf die Bestattung<br />

der Fehlgeburt bzw. des ungebo-<br />

renen Lebens. Eine Bestattungspflicht<br />

wird aber nicht eingeführt.<br />

Für die Gemeinden als Träger der Gemeindefriedhöfe<br />

bedeutet dies, dass die örtlichen<br />

Satzungen einschließlich der Gebührenregelungen<br />

dies berücksichtigen müssen.<br />

Festgelegt werden soll, dass Leichen nur in<br />

Särgen erdbestattet werden dürfen, also eine<br />

unbedingte Sargpflicht besteht (§ 39). In<br />

den Fällen, in denen die Religionszugehörigkeit<br />

eine Bestattung ohne Sarg vorsieht,<br />

enthält der Anhörungsentwurf die Regelung,<br />

dass der Deckel des Sarges bei der<br />

Bestattung abgenommen und neben den<br />

Sarg in das Grab gelegt wird.<br />

Der Gemeindetag hat in seiner Stellungnahme<br />

u.a. die Erweiterung des Begriffs<br />

des Angehörigen bei der Totenfürsorgepflicht<br />

auf die Lebenspartner und den Bestattungsanspruch<br />

bei Fehlgeburten befürwortet,<br />

wobei bei Letzterem die Umsetzungsfolgen<br />

wie Änderung der örtlichen<br />

Friedhofssatzung und Gebührenpflicht für<br />

die Bestattung zu beachten sind. Weiterhin<br />

wurden die Beibehaltung der Sargpflicht<br />

und der Transport des offenen Sargs zur<br />

Grabstätte als sachgerechte Regelungen<br />

im Gesetzentwurf angesehen.<br />

„Zukunft Kommune 2008“ – Messe im neuen Gewand<br />

Die „Zukunft Kommune“ fand erstmals<br />

auf dem Gelände der Neuen Messe Stuttgart<br />

statt. Es konnte den Besuchern ein<br />

breiteres Angebot mit mehr Ausstellern<br />

geboten werden. Ein vielfältiges Programm<br />

begleitete die Messe: der Bürgermeistertag<br />

mit über 400 Teilnehmern und<br />

Herrn Arbeitgeberpräsident Dr. Dieter<br />

Hundt als Gastredner, Fachtagungen für<br />

Bauamtsleiter, Kämmerer und Hauptamtsleiter,<br />

Ausstellervorträge und Fachvorträge.<br />

Die Akademie Ländlicher Raum, der<br />

Gemeindetag und die Medien- und Filmgesellschaft<br />

(MFG) Baden-Württemberg<br />

nutzten die Messe für die Preisverleihung<br />

des „InternetDorfs 2008“ gemeinsam mit<br />

Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch.<br />

2.415 Besucher und 211 Aussteller zeigten,<br />

dass sich die Messe als wichtige Informationsplattform<br />

etabliert hat. Ein breites Spek-<br />

trum konnte in der Ausstellung geboten<br />

werden: moderne Bestattungsformen, neues<br />

Haushaltsrecht, Bodenbeläge, Feuerwehrausstattung,<br />

Sportgeräte, Bibliothekswesen,<br />

Banken, Versicherungen, Breitbandverkabelung<br />

und vieles mehr. Es fanden sich Aussteller<br />

rund um alle kommunale Zuständigkeiten.<br />

Besuchermagnet und zentraler Treffpunkt<br />

für die Messebesucher war auch der<br />

Stand des Gemeindetags.<br />

Nach den positiven Erfahrungen in 2008<br />

laufen derzeit schon wieder die Vorbereitungen,<br />

um 2010 erneut eine Kommunalmesse<br />

mit diesem Charakter anbieten zu<br />

können. Die Messe soll im zweijährigen<br />

Turnus im Wechsel mit der Mitgliederversammlung<br />

stattfinden und hat sich zum<br />

Ziel gesetzt, die bereits recht hohen Erwartungen<br />

der Aussteller und Besucher noch<br />

zu übertreffen.<br />

Neue KIBW online<br />

Der Gemeindetag stand vor der Entscheidung,<br />

die KIBW online selbst auf technisch<br />

neue – moderne und zukunftssichere<br />

– Beine zu stellen oder einen Kooperationspartner<br />

zu suchen. Nach Beratung im<br />

Präsidium und Landesvorstand wurde eine<br />

Kooperation mit dem C.H. Beck Verlag<br />

beschlossen und seither technisch umgesetzt.<br />

Nach vollständiger Neuprogrammierung<br />

wurde die KIBW online im Herbst<br />

2008 auf der Beck’schen Plattform freigeschaltet.<br />

Für eine Übergangsphase steht<br />

die neue neben der alten KIBW online im<br />

Internet zur Verfügung. Alle Abonnenten<br />

wurden angeschrieben und informiert.<br />

Folgenden Mehrwert bietet die Neuprogrammierung:<br />

Es sind nun auch alle Tabellen und wichtige<br />

Grafiken enthalten. Seither stand nur<br />

der reine Text eines Artikels zur Verfügung,<br />

was oft zu einem Informationsverlust in der<br />

Online-Variante geführt hat.<br />

Die BWGZ- und Gt-info-Ausgaben<br />

sind in Anlehnung an das Heft abgebildet.<br />

Es sind also beispielsweise Seitenumbrüche<br />

abgebildet. Somit kann die Suche optimiert<br />

werden und es können Artikel auch<br />

wissenschaftlich korrekt zitiert werden.<br />

Seiter waren die Artikel einzeln abgebildet,<br />

unabhängig von der tatsächlichen Abbildung<br />

im Heft, die Seitenzahlen waren<br />

nur genannt.<br />

Die Beck’sche Plattform entspricht aktuellem<br />

Internetstandard und wird laufend<br />

weiterentwickelt.<br />

Auf der Beck’schen Plattform ist eine<br />

individuelle Nutzerverwaltung möglich.<br />

Diese kann von jedem Abonnenten gestaltet<br />

werden. Pro Abonnent gibt es einen<br />

Hauptzugang – hierfür gilt der seitherige<br />

Benutzername und das seitherige Passwort.<br />

Darunter können namensgebundene<br />

Nutzer angelegt werden, dies ermöglicht<br />

z.B. auch einen Zugang von außerhalb der<br />

Verwaltung, also eine externe Nutzung<br />

von unterwegs.<br />

Mit dem C.H. Beck Verlag wurde ein<br />

Rahmenvertrag geschlossen, der den Mitgliedsstädten<br />

und -gemeinden einen vergünstigten<br />

Zugang zu der Praxis der Kommunalverwaltung<br />

ermöglicht. Damit gibt<br />

es eine Datenbank mit einem umfangreichen<br />

Angebot, die die Arbeit in der Kommunalverwaltung<br />

optimal unterstützen<br />

kann.<br />

Az. 036.1<br />

30 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Gt-service Dienstleistungsgesellschaft des Gemeindetags<br />

Baden-Württemberg: Europaweit aktiv!<br />

Die Gt-service Dienstleistungsgesellschaft<br />

hat ihren Aufgabenschwerpunkt in Dienst-<br />

und Serviceleistungen, die sie für Städte,<br />

Gemeinden, rechtlich unselbstständige<br />

und selbstständige Einrichtungen und für<br />

kommunale Zweckverbände durchführt.<br />

Die Gt-service hat sich seit ihrer Gründung<br />

darauf spezialisiert, u.a. europaweite Ausschreibungen<br />

für den Strombedarf und für<br />

Feuerwehrfahrzeuge fachlich fundiert umzusetzen.<br />

Ausschreibung Gas<br />

Im Oktober 2008 haben zwei Städte die Gtservice<br />

beauftragt, ihren Gasbedarf gemeinsam<br />

europaweit auszuschreiben. Für 2009<br />

bietet die Gt-service einzelnen Städten und<br />

Gemeinden und räumlich beieinander liegenden<br />

Städten und Gemeinden, die sich<br />

für eine Ausschreibung zusammenschließen,<br />

an, eine europaweite Ausschreibung<br />

ihres Gasbedarfs durchzuführen. Eine Bündelausschreibung<br />

für den Gasbedarf scheint<br />

im Moment wenig sinnvoll zu sein. Die Liberalisierung<br />

des Gasmarktes ist nach Einschätzung<br />

der Gt-service dafür noch nicht<br />

weit genug fortgeschritten.<br />

Wasserversorgung<br />

Neben diesen Dienstleistungen bietet die<br />

Gt-service auch den Vertrieb eines Betriebs-<br />

und Organisationshandbuches<br />

(BOH) an und unterstützt seit 2008 die Gemeinden<br />

beim Stichprobenverfahren für<br />

die Kaltwasserzähler, um die Eichdauer zu<br />

verlängern und um damit Kosten zu sparen.<br />

Bereits im ersten Jahr konnten durch<br />

die Gt-service 36 Betriebs- und Organisationshandbücher<br />

in Baden-Württemberg<br />

vertrieben werden.<br />

EDV-Ausstattung Schulen<br />

Zunehmend Beratungsbedarf haben die<br />

Kommunen auch bei der EDV-Ausstattung<br />

ihrer Schulen. Eine Umfrage im Sommer<br />

2008 hat ergeben, dass die Gt-service<br />

durchaus auch als Ansprechpartner für<br />

Schulträger interessant ist, die Unterstützung<br />

bei der Erstellung eines Leistungsverzeichnisses<br />

und der darin mündenden<br />

Ausschreibung benötigen. Die Gt-service<br />

ist dabei, diese Dienstleistung zu konkretisieren,<br />

um interessierten Städten und Gemeinden<br />

eine entsprechende Dienstleistung<br />

anbieten zu können.<br />

Bündelausschreibung Strom<br />

225 Städte, Gemeinden, Landkreise und<br />

kommunale Eigengesellschaften haben<br />

sich mit einem Gesamtstrombedarf von<br />

rund 265 GWh und rund 11.400 Abnahmestellen<br />

an der aktuellen Bündelausschreibung<br />

beteiligt. Trotz der schwierigen<br />

Marktlage mit allgemein steigenden<br />

Strompreisen hat die europaweite Ausschreibung<br />

zu einem zufriedenstellenden<br />

Ergebnis geführt.<br />

Für das Jahr 2009 hat die Gt-service keine<br />

Bündelausschreibung für den kommunalen<br />

Strombedarf geplant, nachdem die Lieferzeiträume<br />

für die bislang abwechselnd<br />

stattgefundenen beiden Bündelausschreibungen<br />

von zwei auf drei Jahren verlängert<br />

wurden. Sollte sich eine ausreichende<br />

Anzahl von Städten, Gemeinden oder<br />

kommunalen Einrichtungen für eine Teilnahme<br />

an einer Strom-Bündelausschreibung<br />

für einen Zeitraum von zwei oder<br />

drei Jahren ab 1. Januar 2010 interessieren,<br />

wäre die Gt-service bereit, auch 2009 eine<br />

kleine Bündelausschreibung für den<br />

Strombedarf durchzuführen.<br />

Gerichtlicher Erfolg bei der<br />

Netzentgeltabsenkung 2006<br />

Dass das Leistungsspektrum der Gt-service<br />

im Rahmen einer Bündelausschreibung<br />

weitaus mehr umfasst als die Durchführung<br />

eines rechtssicheren Vergabeverfahrens,<br />

konnten die Teilnehmer an der<br />

3. Bündelausschreibung Strom für den<br />

Lieferzeitraum 2005 – 2006 im Zusammenhang<br />

mit der zum 1.9.2006 durch die<br />

Bundesnetzagentur im Netzgebiet der EnBW<br />

Regional AG erfolgten Absenkung der<br />

Netznutzungsentgelte im vergangenen<br />

Jahr feststellen. Entgegen der klaren Zielsetzung,<br />

dass eine Veränderung der Höhe<br />

des Netzentgelts während des Lieferzeitraums<br />

weder zu einem wirtschaftlichen<br />

Vor-, noch zum Nachteil des jeweiligen<br />

Stromlieferanten werden soll, wenn eine<br />

vertraglich festgelegte Erheblichkeitsschwelle<br />

unter Berücksichtigung der<br />

Netzentgelte eines Jahreszeitraums überschritten<br />

ist, verweigerte die LichtBlick –<br />

die Zukunft der Energie GmbH & Co. KG,<br />

die in der betreffenden Ausschreibung insbesondere<br />

den Zuschlag für Tarifabnahmestellen<br />

als günstigster Bieter erhalten<br />

hatte, die Weitergabe dieser Absenkung<br />

mit der Begründung, dass durch die erfolgte<br />

Absenkung die vereinbarte Erheblichkeitsschwelle<br />

bezogen auf das Gesamtvolumen<br />

der Netzentgelte über den gesamten<br />

Lieferzeitraum nicht überschritten sei.<br />

Aus diesem Grund hat die Gt-service<br />

GmbH für drei Ausschreibungsteilnehmer<br />

Musterverfahren vor dem Landgericht<br />

Stuttgart – Kammer für Handelssachen –<br />

zur Wahrung der Rechte der Teilnehmer<br />

der 3. Bündelausschreibung und zur Klärung<br />

der streitigen Frage bezüglich der<br />

korrekten Berechnung der Erheblichkeitsschwelle<br />

und Verpflichtung zur Weitergabe<br />

der abgesenkten Netzentgelte an diese<br />

eingeleitet und durchgeführt. Mit Urteil<br />

vom 5.11.2008 hat das Landgericht die<br />

Rechtsauffassung der Gt-service GmbH<br />

vollumfänglich bestätigt und die Licht-<br />

Blick – die Zukunft der Energie GmbH &<br />

Co. KG zur Weitergabe der abgesenkten<br />

Netznutzungsentgelte an die drei klagenden<br />

Kommunen verurteilt. Die ergangenen<br />

Urteile entfalten zwar keine direkte<br />

Rechtswirkung für die übrigen Teilnehmer<br />

der 3. Bündelausschreibung, sie bestätigen<br />

aber die Ansprüche der Teilnehmer auf<br />

Rückerstattung der zu viel in Rechnung<br />

gestellter und bezahlter Netzentgelte.<br />

Durch dieses Verfahren wurde auch deutlich,<br />

dass die Wahrnehmung der Interessen<br />

der Teilnehmer an einer Bündelausschreibung<br />

durch die Gt-service auch über den<br />

Zeitpunkt der Zuschlagserteilung hinaus,<br />

über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg,<br />

stattfindet. In der Regel geschieht dies auf<br />

dem Verhandlungswege, ohne dass dafür<br />

– wie im Fall der LichtBlick – der Rechtsweg<br />

bestritten werden muss.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 31<br />

Az. 036.21


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Jahresbericht aus dem Europabüro der baden-württembergischen Kommunen in Brüssel<br />

Europabüro: Personeller Wandel – thematische Kontinuität<br />

Von Florian Domansky *<br />

Das Jahr 2008 lieferte aus Sicht des Europabüros der<br />

baden-württembergischen Kommunen den Beweis dafür, dass<br />

sich zwei scheinbar diametral gegenüberstehende Faktoren<br />

nicht unbedingt ausschließen müssen: Kontinuität und Wandel.<br />

So nahm Florian Domansky zum 1. März<br />

2008 offiziell seine Tätigkeit als neuer Leiter<br />

des Brüsseler Büros auf, nachdem sein<br />

Vorgänger, David Linse als Europakoordinator<br />

auf die kommunale Ebene vor Ort in<br />

Baden-Württemberg zurückgekehrt war.<br />

Damit stand den Mitgliedern des Gemeindetags<br />

nach nur kurzer Überbrückungsphase,<br />

in der sich einmal mehr die synergetische<br />

Organisationsform der Bürogemeinschaft<br />

zusammen mit den bayerischen und<br />

sächsischen Kommunalverbände bewährt<br />

hatte, nahezu nahtlos ein unmittelbarer Ansprechpartner<br />

für alle kommunalrelevanten<br />

Europa-Themen zur Verfügung.<br />

Inhaltlich zeichneten sich die Arbeitschwerpunkte<br />

im Vergleich zu den<br />

Vorjahren – wenn auch mit Entwicklungsnuancen<br />

– vor allem durch thematische<br />

Konstanz aus:<br />

Wege der EU-Förderung für Mitglieder<br />

des Gemeindetags in der neuen Programmperiode<br />

2007 – 2013,<br />

die anhaltende Einschränkung der örtlichen<br />

Selbstverwaltung durch unangemessene<br />

Auswüchse des EU-Wettbewerbsrechts,<br />

insbesondere im Spannungsfeld<br />

zwischen europäischen Vergaberecht und<br />

der interkommunalen Zusammenarbeit im<br />

Bereich der Daseinsvorsorge sowie<br />

Beteiligungsformen der kommunalen<br />

Ebene an Europäischen Entscheidungsprozessen<br />

zum einen und die Vermittlerfunktion<br />

von Städten und Gemeinden zwischen<br />

den Bürgerinnen und Bürgern Baden-Württembergs<br />

und der europäischen<br />

Ebene zum anderen.<br />

* Der Autor ist Leiter des Europabüros der badenwürttembergischen<br />

Kommunen in Brüssel.<br />

Kontinuierlicher Gedankenaustausch<br />

mit EU-Abgeordneten<br />

Getreu seiner Aufgabenstellung, nicht nur<br />

Horchposten der Kommunen in Brüssel zu<br />

sein, sondern stets auch als deren Sprachrohr<br />

zu fungieren, bildete den Auftakt im<br />

Jahr 2008 das traditionelle fraktionsübergreifende<br />

Frühjahrsgespräch der Spitzen<br />

der baden-württembergischen Kommunalverbände<br />

mit den elf EU-Parlamentariern<br />

aus Baden-Württemberg, das zum wiederholten<br />

Male direkt in Brüssel stattfand.<br />

Während die inhaltliche und organisatorische<br />

Vorbereitung durch das Europabüro<br />

vorgenommen wurde, zeichnete für Begrüßung<br />

und Gesprächsmoderation Präsident<br />

Roger Kehle verantwortlich; lag die<br />

Federführung für Europaangelegenheiten<br />

innerhalb der baden-württembergischen<br />

Kommunalverbände doch für 2008 beim<br />

Gemeindetag.<br />

Gesprächsgegenstand war neben der kommunalproblematischenEU-Rechtssetzungskompetenz<br />

für den Bereich der Daseinsvorsorge<br />

innerhalb des Lissabon-Vertrags<br />

u.a. auch die überinterpretierende<br />

Rechtsprechung des OLG Düsseldorf auf<br />

Kommunale Anliegen<br />

direkt platzieren –<br />

Präsident Roger Kehle<br />

(Gemeindetag) und<br />

Dr. Jürgen Schü tz im<br />

Gespräch mit der<br />

EU-Abgeordneten<br />

Elisabeth Jeggle (v.r.)<br />

Basis eines EuGH-Urteils bezüglich der<br />

Pflicht zur europaweiten Ausschreibung<br />

von städtebaulichen Verträgen und die hieraus<br />

resultierende Rechtunsicherheit und<br />

Einschränkung von kommunaler Planungshoheit.<br />

Ein anderes, überaus kommunalrelevantes<br />

Themengebiet, nämlich die künftige Ausrichtung<br />

der EU-Kohäsionspolitik und damit<br />

verbundenen EU-Fördermittelverteilung<br />

nach Ablauf der gegenwärtigen mittelfristigen<br />

EU-Finanzplanung ab 2014<br />

stand im Mittelpunkt eines anderen hochrangigen<br />

Hintergrundgesprächs Anfang<br />

Juli 2008, zu dem der baden-württembergische<br />

Landwirtschaftsminister Peter<br />

Hauk in die Brüsseler Landesvertretung<br />

geladen hatte. Neben dem Landesgruppenvorsitzenden<br />

der baden-württembergischen<br />

CDU im Europäischen Parlament,<br />

Rainer Wieland, und dem Generaldirektor<br />

für EU-Regionalpolitik innerhalb der Europäischen<br />

Kommission, Dr. Dirk Ahner,<br />

nahm auch Gemeindetagspräsident Roger<br />

Kehle daran teil.<br />

Kehle griff in seinen Ausführungen die<br />

Notwendigkeit einer verstärkten interkommunalen<br />

Zusammenarbeit, gerade auch im<br />

für die Bürgerinnen und Bürger weniger<br />

sichtbaren „back office“-Bereich, auf. Allerdings<br />

dürfe dies nicht mit einem Verlust<br />

der Eigenständigkeit einhergehen: „Auch<br />

wenn das Personenstandswesen künftig<br />

32 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

eher zentral organisiert sei, so muss beispielsweise<br />

dennoch gewährleistet sein,<br />

dass auch in Zukunft eine Trauung im<br />

Standesamt vor Ort möglich ist, um lokale<br />

Identität zu wahren. Eine nachhaltige<br />

Strukturpolitik, auch auf europäischer<br />

Ebene, hat genau dies sicherzustellen.“ In<br />

diesem Zusammenhang betonte Kehle<br />

auch den sehr engen Schulterschluss zwischen<br />

dem Ministerium für Ernährung und<br />

Ländlichen Raum und der kommunalen<br />

Ebene in der Vergangenheit als Erfolgsfaktor<br />

für die Gewährleistung von gleichwertigen<br />

Lebensverhältnissen in ganz Baden-Württemberg.<br />

Neue EU-Förderperiode nimmt<br />

2008 erst richtig Schwung auf<br />

Neben der Zukunft der EU-Kohäsionspolitik,<br />

der natürlich allgemein die EU-Förderpolitik<br />

zugrunde liegt, galt daneben der<br />

Blick des Europabüros auch ganz konkret<br />

der aktuellen Förderperiode, von der in<br />

umfassendem Maße auch baden-württembergische<br />

Städte und Gemeinden profitieren<br />

können.<br />

So war diese zwar bereits mit Beginn des<br />

Jahres 2007 auf europäischer Ebene offiziell<br />

angelaufen. Da es aber zum Einen anfängliche<br />

Verzögerungen bei der Aufstellung<br />

der grundlegenden so genannten<br />

Operationellen Programme auf Seiten des<br />

Landes gab, zum Anderen neuen Verwaltungsstrukturen<br />

auf europäischer Ebene<br />

eine gewisse Einarbeitungsphase benötigten,<br />

muss festgehalten werden, dass die<br />

EU-Förderaktivitäten im Lande erst im<br />

Laufe des Jahres 2008 so richtig an<br />

Schwung aufgenommen haben.<br />

Daher war der Beratungsbedarf im Hinblick<br />

auf die europäischen „Fördertöpfe“<br />

besonders groß. Die Förderprogrammberatung<br />

des Europabüros der baden-württembergischen<br />

Kommunen ruhte dabei,<br />

wie schon in den vergangenen Jahren, auf<br />

drei Säulen:<br />

Im Förderratgeber, der von allen Städten<br />

und Gemeinden kostenfrei über das<br />

Extranet des Gemeindetags Baden-Württemberg<br />

abgerufen werden kann, bietet das<br />

Europabüro eine Übersicht über alle kommunalrelevanten<br />

EU-Förderprogramme.<br />

In der wöchentlichen Informationsschrift<br />

„Brüssel Aktuell“ informiert das<br />

EU-Förderung – gelungenes Seminar für die Praxis<br />

Der diesjährige Herbst stand ganz im<br />

Zeichen des Europäischen Fonds für<br />

die regionale Entwicklung (EFRE) in seiner<br />

neuen Förderperiode 2007 – 2013.<br />

So fand am 11. September 2008 unter<br />

Mitwirkung des Eurobüros der Baden-<br />

Württembergischen Kommunen im Regierungspräsidium<br />

Karlsruhe ein entsprechendes<br />

EU-Förderseminar für Interessierte<br />

aus der Kommunalpraxis<br />

statt.<br />

Getreu dem Veranstaltungstitel „Europäische<br />

Fördermittel für die Region Mittlerer Oberrhein<br />

– Impulse für neue Projekte“ erhielten insgesamt<br />

rund 60 Teilnehmende während der Veranstaltung<br />

in Karlsruhe, in die auch der ansässige<br />

Regionalverband als Mitveranstalter eingebunden<br />

war, aktuelle Anregungen und Informationen<br />

zur EU-Förderung in der neuen<br />

Programmperiode 2007 – 2013. Dass zum<br />

Teilnehmerkreis neben zahlreichen Europa-<br />

und Kommunalpartnerschaftsbeauftragten<br />

auch einige Bürgermeister zählten, zeigt, dass<br />

der Bedeutung von EU-Fördermitteln als komplementäre<br />

Finanzierungssäule für kommunale<br />

Aufgaben auch an der Rathausspitze entsprechend<br />

Rechnung getragen wird.<br />

Schwerpunktmäßig standen insbesondere die<br />

Kommunalpartnerschaftsförderung durch das<br />

EU-Aktionsprogramm „Europa für Bürgerinnen<br />

und Bürger“ und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit<br />

im Kooperationsraum „Ober-<br />

Europabüro über aktuelle Ausschreibungen<br />

im Rahmen der EU-Förderprogramme.<br />

„Brüssel Aktuell“ steht ebenfalls allen<br />

Gemeindetagsmitgliedern kostenfrei als<br />

elektronischer Dienst zur Verfügung.<br />

Darüber hinaus besteht für jede Mitgliedskommune<br />

die Möglichkeit der direkten<br />

Kontaktaufnahme mit dem Europabüro<br />

der baden-württembergischen Kommunen.<br />

Das Europabüro prüft dann für jeden konkreten<br />

Einzelfall, ob eine EU-Förderung in<br />

Frage kommt und informiert über die Einzelheiten<br />

der Fördermittelbeantragung.<br />

Städte und Gemeinden in Baden-<br />

Württemberg bei EU-Förderung<br />

auch 2008 sehr erfolgreich<br />

Die Vergabe europäischer Fördermittel erfolgt<br />

häufig im Wettbewerbsverfahren,<br />

was dazu führt, dass es in der Regel keine<br />

Garantie für einen Erfolg bei der Antragstellung<br />

gibt. Dass sich die baden-württembergischen<br />

Kommunen aber auch im<br />

Wettbewerb mit anderen europäischen<br />

Städten und Gemeinden hervorragend be-<br />

rhein“ durch Interreg IV A im Mittelpunkt von<br />

zwei thematischen Workshops. Während der<br />

erstere inhaltlich durch das Europabüro der<br />

Baden-Württembergischen Kommunen abgedeckt<br />

wurde, stand im letzteren ein Experte des<br />

zuständigen Gemeinsamen Technischen Sekretariats<br />

in Straßburg den Förderinteressierten<br />

Rede und Antwort.<br />

Ziel der Veranstaltung war es, vor allem kleineren<br />

kreisangehörigen Städten und Gemeinden<br />

aufzuzeigen, dass es auch bei beschränkten<br />

Personalkapazitäten durch aktive Einbindung<br />

der örtlichen Gemeinschaft gehbare Wege der<br />

EU-Förderung gibt. Besonders deutlich wurde<br />

dies am Beispiel des vorbildlichen EU-weiten<br />

Gemeindenetzwerks „EUROKOMMUNALE“,<br />

das exemplarisch von Thomas Ludwig, Bürgermeister<br />

der Mitgliedsgemeinde Seckach im<br />

Neckar-Odenwald-Kreis, vorgestellt wurde.<br />

Als eine Haupterkenntnis der Veranstaltung<br />

bleibt insgesamt festzuhalten, dass eine oftmals<br />

zeitintensive EU-Antragstellung sich bei richtiger<br />

Herangehensweise (Stichwort „Projektmanagement“)<br />

auch unter monetären Gesichtpunkten<br />

durchaus lohnt. Zudem darf der dadurch<br />

gewonnene Erfahrungsschatz an so genannter<br />

Europafähigkeit durch die<br />

Zusammenarbeit mit Partner in anderen EU-<br />

Ländern auch als kommunaler Standortvorteil<br />

im Vergleich zu Nachbargemeinden und -städten<br />

nicht unterschätzt werden.<br />

währen können, beweist nicht zuletzt das<br />

gute Abschneiden bei der EU-Städtepartnerschaftsförderung<br />

im vergangenen Jahr.<br />

Insgesamt hat die Europäische Union im<br />

Laufe des Jahres 2008 Bürgerbegegnungen<br />

im Rahmen von Städtepartnerschaften,<br />

an denen knapp 90 baden-württembergische<br />

Kommunen beteiligt waren, mit<br />

rund 900.000 Euro unterstützt. Dieser Betrag<br />

verteilt sich dabei sowohl auf die<br />

Städte und Gemeinden im Land als auch<br />

auf deren Partnerstädte in der Europäischen<br />

Union. Nach wie vor gilt bei der<br />

EU-Städtepartnerschaftsförderung folgender<br />

Grundsatz: Immer die einladende<br />

Kommune muss den Antrag stellen.<br />

In einem Unterbereich des Städtepartnerschaftsprogramms<br />

wartete die zuständige<br />

EU-Exekutivagentur 2008 zudem mit<br />

einer neuen, durchaus anspruchsvollen<br />

Sonderkategorie auf, den so genannten<br />

mehrjährigen thematischen Netzwerken.<br />

Hierbei handelt es sich um ein Kombinationsprogramm<br />

aus konventionellen Bürgerbegegnungen<br />

und innovativen Workshops<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 33


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

bzw. Konferenzen, die über einen Zweijahreszeitraum<br />

vorausgeplant werden<br />

müssen.<br />

Vorteilhaft ist im Falle einer Antragsgenehmigung<br />

neben der mittelfristigen Planungssicherheit<br />

hinsichtlich der Finanzierung<br />

auch die zusätzliche Bereitstellung<br />

von EU-Zuschüssen für Verwaltungsstrukturen<br />

zur weitergehenden Formalisierung<br />

von Kommunalkooperationen. Verständigt<br />

man sich dabei z.B. mit seiner osteuropäischen<br />

Partnerkommune auf Grund der<br />

niedrigeren Lohnkosten vor Ort auf eine<br />

dortige Ansiedlung der betreuenden Stelle,<br />

können baden-württembergische Kommunen<br />

dadurch auch indirekt zur Verwaltungsaufbauhilfe<br />

in den neuen Mitgliedstaaten<br />

ihren Teil beitragen.<br />

Ein weiteres, im Herbst 2008 neu aus der<br />

Taufe gehobenes Unterprogramm, das gerade<br />

für Kommunen besonders interessant<br />

sein dürfte, nennt sich COMENIUS Regio.<br />

Damit zielt die EU-Kommission im Bildungsbereich<br />

darauf ab, stärker auch kommunale<br />

Schulverwaltungsbehörden zu einer<br />

europäischen Kooperation mit ähnlicher<br />

Institution in anderen Mitgliedstaaten<br />

durch monetäre Anreize zu motivieren.<br />

Kontinuität und Wandel<br />

zugleich auch<br />

im Europäischen Vergaberecht<br />

Ihre bisherige Linie zur Anwendung des<br />

europäischen Vergaberechts zu so genannten<br />

Institutionalisierten Öffentlich-Privaten<br />

Partnerschaften (IÖPP), also den gemischtwirtschaftlichen<br />

Unternehmen,<br />

führte die EU-Kommission in ihrer gleichnamigen<br />

Mitteilung vom Februar 2008<br />

zum Bedauern der kommunalen Ebene leider<br />

fort.<br />

So schafft diese zwar keine neuen Rechtsnormen,<br />

sondern enthält im Sinne von<br />

Leitlinien lediglich eine Klarstellung darüber,<br />

wie die Kommission die Anwendung<br />

des EG-Vertrags, der Richtlinien für das<br />

öffentliche Auftragswesen und der einschlägigen<br />

Urteile des Europäischen Gerichtshofs<br />

(EuGH) auf IÖPP versteht.<br />

Festzuhalten bleibt aber, dass die von der<br />

Kommission vorgesehenen Verpflichtungen<br />

äußerst weitreichend sind. Sie betreffen<br />

auch den rechtlichen Status bestehender<br />

gemischtwirtschaftlicher Unternehmen.<br />

Laut Kommission verlangt das Gemeinschaftsrecht<br />

zur Gründung einer IÖPP aber<br />

keine „doppelte Ausschreibung“: Eine<br />

Trennung der Ausschreibung für die Auswahl<br />

des privaten Partners der IÖPP und<br />

für die Vergabe des öffentlichen Auftrags<br />

bzw. der Konzession an das gemischtwirtschaftliche<br />

Unternehmen wird daher nicht<br />

notwendig.<br />

Nur wenige Aspekte hat die Kommission<br />

gegenüber ihren früheren Überlegungen<br />

zu IÖPP vom Geltungsbereich der Mitteilung<br />

ausgeklammert: Beispielsweise wird<br />

die reine Kapitalbeteiligung durch einen<br />

strategischen Finanzinvestor an einem öffentlichen<br />

Unternehmen von der Kommission<br />

nicht als IÖPP verstanden.<br />

Gemischtwirtschaftliche<br />

Unternehmen: Kommission<br />

zementiert ihre strengen<br />

Auslegungsregeln<br />

Schwerer wiegt in diesem Zusammenhang<br />

ein Verweis der Kommission auf einschlägige<br />

Rechtsprechung des EuGH. Diese sei<br />

im Kontext der IÖPP auf sämtliche öffentliche<br />

Aufträge (auch unterhalb der Schwellenwerte)<br />

und Konzessionen anwendbar,<br />

selbst wenn diese ursprünglich allein im<br />

Hinblick auf öffentliche Aufträge im Sinne<br />

der Vergaberichtlinien erging. Denn jene<br />

Urteile beruhten ja auf den für alle öffentlichen<br />

Vergaben einschlägigen Grundsätzen<br />

des EG-Vertrags (Art. 43 und 49 EG,<br />

Prinzipien der Gleichbehandlung und<br />

Nichtdiskriminierung, Verpflichtung zur<br />

Transparenz).<br />

Dieser Ansatz ist dabei durchaus bekannt:<br />

Bereits mit ihrer Mitteilung zur Unterschwellenvergabe<br />

aus dem Jahr 2006 eröffnete<br />

die Kommission das gesamte Anforderungsspektrum<br />

der Vergaberichtlinien<br />

auch auf die Vergaben, die mit Blick auf<br />

das Auftragsvolumen eigentlich kraft des<br />

Willens der europäischen Volksvertreter<br />

hiervon befreit sein sollten.<br />

Auf dieser Basis legt die Kommission fest,<br />

dass die mit dem öffentlichen Auftrag erreichten<br />

Schwellenwerte ausschlaggebend<br />

dafür sein sollen, wie der private Partner<br />

einer IÖPP ausgewählt wird. Wenn die<br />

Vergaberichtlinien greifen, muss nach den<br />

darin festgelegten Verfahren ausgewählt<br />

werden. Unterhalb der Schwellenwerte<br />

bzw. für Konzessionen gelten jedenfalls<br />

die bereits oben zitierten EG-vertraglichen<br />

Mindestanforderungen.<br />

Interessant sind dabei natürlich die Aussagen<br />

der Kommission, was diese Mindeststandards<br />

in der Praxis bedeuten. Die<br />

Kommission weicht hier nicht von ihrer<br />

bekannten Auffassung ab. Die EG-vertraglichen<br />

Grundsätze verlangten, dass<br />

potenziellen Bietern der gleiche Zugang<br />

zu angemessenen Informationen über die<br />

Absicht der öffentlichen Hand gewährt<br />

werde, ein ge mischtwirtschaftliches Unternehmen<br />

zu errichten und an dieses einen<br />

öffentlichen Auftrag oder eine Konzession<br />

zu vergeben.<br />

Die angemessene Information könne „am<br />

besten gewährleistet werden, indem vor<br />

der Auswahl des privaten Partners eine<br />

Bekanntmachung veröffentlicht wird, die<br />

potenziellen Interessenten hinreichend zugänglich<br />

ist“. Den „angemessenen Grad<br />

von Öffentlichkeit“ im Rahmen der Gründung<br />

von IÖPP definiert die Kommission<br />

als die Bekanntgabe des Gesellschaftervertrages<br />

sowie aller Elemente, die die<br />

vertragliche Beziehung zwischen öffentlichem<br />

Auftraggeber und privatem Partner<br />

bzw. zwischen dem öffentlichen Auftraggeber<br />

und dem neu zu gründenden IÖPP-<br />

Unternehmen regeln.<br />

34 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

Dass die Rechtsauslegung der Kommission<br />

nicht nur die Attraktivität der Beteiligung<br />

an einer IÖPP für Private reduziert,<br />

sondern vor allem auch öffentliche Auftraggeber<br />

davon abhält, neue IÖPP zu<br />

gründen, hat sich mit Vorlage der Kommissionsmitteilung<br />

im Jahre 2008 nun bedauerlicherweise<br />

bestätigt.<br />

Trend zur Instrumentalisierung<br />

des EU-Vergaberechts<br />

für vergabefremde Erwägungen<br />

Hingegen eine relativ neue Entwicklung,<br />

die sich in verschiedenen Kommissionsmaßnahmen<br />

niederschlägt, ist der zunehmende<br />

Trend zur Instrumentalisierung des<br />

Vergaberechts für Ziele im Bereich des<br />

Umwelt- und Sozialschutzes oder zur Beschleunigung<br />

der Marktreife von innovativen<br />

Produkten. Ein entsprechendes Anschauungsbeispiel<br />

für diesen Bereich stellt<br />

das um den Jahreswechsel 2007/2008 erneut<br />

angestoßene Gesetzgebungsverfahren<br />

zur Förderung von sauberen und energieeffizienten<br />

Straßenfahrzeugen dar, in<br />

das sich auch das Europabüro mit entsprechenden<br />

Bedenken aus kommunaler Sicht<br />

einbringen konnte.<br />

Im Gegensatz zu einem ersten Vorschlag<br />

aus 2005, der im Folgejahr vom Europäischen<br />

Parlament auf Grund der verfehlten<br />

Zielausrichtung abgelehnt worden war,<br />

wurde der Anwendungsbereich des Richtlinienvorschlags<br />

für öffentliche Beschaffungsstellen<br />

dieses Mal sogar noch erweitert.<br />

Im Kern ging es der EU-Kommission<br />

aber auch in ihrem zweiten Anlauf darum,<br />

Beschaffungsstellen im Bereich der öffentlichen<br />

Verkehrsdienstleistungen zu<br />

verpflichten, schadstoffemissionsarme<br />

und jetzt zudem auch energieeffiziente<br />

Fahrzeuge anzuschaffen.<br />

Die Ermittlung von so genannten externen<br />

Kosten sollte dabei ausschließlich an Hand<br />

einer EU-weit einheitlichen Berechnungsmethode<br />

erfolgen, wodurch mit einem entsprechenden<br />

Mehraufwand auf kommunaler<br />

Ebene zu rechnen gewesen wäre. Aus<br />

dem Argument, dass seit Jahren insbesondere<br />

in Deutschland bei der Fahrzeugbeschaffung<br />

auf kommunaler Ebene bereits<br />

Umweltvergabekriterien in vielfältiger, an<br />

die örtlichen Gegebenheiten angepasster<br />

Weise Rechnung getragen wird, leitet die<br />

Kommission hingegen ironischerweise<br />

erst ihren Harmonisierungsauftrag ab. So<br />

Kontaktpflege<br />

zahlt sich aus –<br />

die EU-Abgeordneten<br />

Rainer Wieland<br />

und Heide Rühle<br />

im Gespräch mit<br />

Florian Domansky,<br />

dem Leiter des<br />

Europabüros der<br />

baden-württembergischen<br />

Kommunen (v.l.).<br />

sieht sie doch gerade in einer unterschiedlichen<br />

Vorgehensweise bei der Beschaffung<br />

in den einzelnen Mitgliedstaaten die<br />

Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen für<br />

Produzenten von sauberen und energieeffizienten<br />

Fahrzeugen.<br />

Dabei verkennt die Kommission völlig,<br />

dass mit Blick auf den geringen Anteil der<br />

öffentlichen Hand am Beschaffungsmarkt<br />

für Fahrzeuge, für den sie im Richtlinienvorschlag<br />

selbst die Zahlen liefert, eben<br />

keine Hebelfunktion bezüglich einer beschleunigten<br />

Markteinführung zukommt<br />

und zudem mit den so genannten EURO-<br />

Normen ja bereits ein System auf europäischer<br />

Ebene besteht, das den gesamten<br />

Beschaffungsmarkt umfasst.<br />

Kommunale Fahrzeugbeschaffung:<br />

Europabüro und Europäisches<br />

Parlament im Verbund erfolgreich<br />

Auch wenn das Europäische Parlament im<br />

Oktober 2008 nunmehr dem Vorschlag in<br />

seiner Grundausrichtung zugestimmt hat,<br />

gelang es dem Europabüro in enger Abstimmung<br />

mit dem südbadischen EU-Abgeordneten<br />

Dr. Andreas Schwab als zuständigem<br />

Koordinator im beteiligten Binnenmarktausschuss<br />

einige Teilerfolge zu erzielen und<br />

die schlimmsten Auswirkungen für die<br />

kommunale Ebene zu verhindern.<br />

So konnte beispielsweise durch die nachträglich<br />

eingeführte Verknüpfung mit den<br />

EU-Vergaberechtsschwellenwerten sowie<br />

durch die Ausnahme von Rettungsfahrzeugen<br />

mit ohnehin niedriger Jahreskilometerleistung<br />

der Anwendungsbereich der<br />

Richtlinie sowohl mit Blick auf den Beschaffungswert<br />

als auch auf den Beschaffungskreis<br />

deutlich verringert werden.<br />

Zudem sollen nunmehr neben der Anwendung<br />

der kommissionseigenen Berechnungsmethode<br />

auch andere Kostenermittlungsverfahren<br />

möglich sein, was den<br />

kommunalen Vergabestellen und dahinter<br />

stehenden direktdemokratisch legitimierten<br />

Beschlussorganen einen entsprechenden<br />

Handlungs- und Entscheidungsspielraum<br />

lässt.<br />

Dennoch bleibt für die Zukunft zu hoffen,<br />

dass die Kommission von ihrer oftmals<br />

gepriesenen Gesetzesfolgeabschätzung für<br />

anstehen Maßnahmen deutlich ernsthafter<br />

Gebrauch macht, wobei weitere Beispiele<br />

aus dem Jahr 2008 wie die Mitteilungen<br />

zum umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesen<br />

oder zur vorkommerziellen<br />

Auftragsvergabe durchaus diesbezüglich<br />

Zweifel hinterlassen.<br />

Wegweisendes Urteil zur Anwendung<br />

der „In-House“-Vergabe auf die<br />

interkommunale Zusammenarbeit<br />

Wenig Zweifel ob des richtungweisenden<br />

Charakters bestehen hingegen mit Blick<br />

auf ein einschlägiges Urteil des EuGH zur<br />

Anwendung der sog. „In-House“-Vergabe<br />

auf die interkommunale Zusammenarbeit,<br />

das dieser im November 2008 fällte. In der<br />

sog. „Coditel Brabant“-Entscheidung kamen<br />

die Richter entgegen der EU-Kommission<br />

zum Schluss, dass die für ein vergabefreies<br />

„In-House“-Geschäft entwickelten<br />

Kriterien als erfüllt anzusehen<br />

sind, obwohl im zu Grunde liegenden<br />

Sachverhalt mehrere kommunale Gebietskörperschaften<br />

Anteilseigner einer konzessionsnehmenden<br />

Einrichtung waren.<br />

Erstmalig sieht der EuGH die gemeinsame<br />

Kontrolle durch die öffentlichen An-<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 35


B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

teilseigner als ausreichend an und damit<br />

das von ihm in der so genannten „Teckal“-<br />

Rechtsprechung aufgestellte „Beherrschungskriterium“<br />

als gegeben an. Er<br />

übernimmt dabei die grundlegende Denklinie<br />

des zweiten, ebenfalls von ihm aufgestellten<br />

Kriteriums, das voraussetzt, dass<br />

die Einrichtung im wesentlichen Umfang<br />

für alle öffentlichen Einrichtungen zusammen<br />

gesehen tätig wird (sog. Wesentlichkeitskriterium).<br />

Entscheidend hinsichtlich<br />

des Kontrolleinflusses ist dabei<br />

für den EuGH, dass die Einrichtung keinem<br />

privaten Kapital offen steht, das Kontrollorgan<br />

sich ausschließlich durch Vertreter<br />

der Gebietskörperschaften zusammensetzt<br />

und dessen Befugnisse durch den<br />

klar definierten Einrichtungszweck in der<br />

Satzung entsprechend begrenzt sind.<br />

Des Weiteren ist der Hinweis des Gerichtshofs<br />

von Bedeutung, dass die Gebietskörperschaften<br />

nicht in ihrer Möglichkeit beschnitten<br />

werden dürften, ihre im allgemeinen<br />

Interesse liegenden Aufgaben mit<br />

ihren eigenen administrativen, technischen<br />

uns sonstigen Mitteln wie beispielsweise<br />

der Interkommunalen Zusammenarbeit erfüllen<br />

zu können und dass dies auch die<br />

Entscheidung über die Zusammenarbeit<br />

mit anderen öffentlichen Stellen erfasse.<br />

An dieser Stelle würdigt der EuGH das<br />

Recht der kommunalen Selbstverwaltung,<br />

das auch die Entscheidung über die Art<br />

und Weise der Erbringung kommunaler<br />

Dienstleistungen gemeinsam mit anderen<br />

Gebietskörperschaften umfasst.<br />

Dem Urteil kommt somit durchaus einige<br />

Signalwirkung auch im Hinblick auf noch<br />

anhängige Verfahren zur interkommunalen<br />

Zusammenarbeit im Bereich der gemeindeübergreifenden<br />

Abfallbeseitigung<br />

sowohl in Baden-Württemberg als auch in<br />

anderen Bundesländern zu, auf deren Ausgang<br />

im Jahre 2009 aus kommunaler Sicht<br />

nunmehr mit noch größerer Spannung gewartet<br />

werden darf.<br />

Als grundlegender Wermutstropfen an diesem<br />

Urteil muss jedoch festgehalten werden,<br />

dass der EuGH, wie dargestellt, mit<br />

den „Teckal“-Kriterien eine Rechtsfigur<br />

aus der Rechtsprechung zum gemeinschaftlichen<br />

Vergaberecht grundsätzlich<br />

auch auf die interkommunale Zusammenarbeit<br />

anwendet und damit der langjährigen<br />

Forderungen des Europabüros, die<br />

zwischengemeindlichen Zusammenarbeit<br />

Die kommunalen Vertreter – immer in der ersten Reihe: OB Christian Schramm, Präsident und<br />

Dr. Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebunds,<br />

neben OB a.D. Stefan Gläser, Hauptgeschäftsführer des Städtetags Baden-Württemberg (v.r.)<br />

vom Vergaberecht auszunehmen, und sie<br />

stattdessen vielmehr als innerstaatlichen<br />

Organisationsakt zu qualifizieren, eine<br />

richterliche Absage erteilt.<br />

Internationale<br />

Kommunalkonferenz des<br />

Europabüros im Brüsseler<br />

Ausschuss der Regionen<br />

Vor diesem Hintergrund wird umso deutlicher,<br />

welche Bedeutung einer entsprechenden<br />

Präsenz von Vertretern der kommunalen<br />

Ebene in Brüssel zukommt, um<br />

immer wieder im europäischen Raum, insbesondere<br />

auch bei den Europaabgeordneten,<br />

auf das hohe Gut der örtlichen Selbstverwaltung<br />

und der daraus abgeleiteten<br />

kommunalen Organisationshoheit hinzuweisen.<br />

Daher lud das Europabüro im Rahmen der<br />

Bürogemeinschaft zusammen mit den<br />

kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene<br />

im Oktober 2008 zu einem internationalen<br />

Kommunalforum unter dem<br />

Titel „Die Reform Europas – Mehr Bürgernähe<br />

durch gestärkte Kommunen!“<br />

nach Brüssel in den Ausschuss der Regionen<br />

– quasi die „Kommunalkammer“ der<br />

EU – ein.<br />

Als Höhepunkt des Forums wurde die Deklaration<br />

„Mehr Bürgernähe durch starke<br />

Kommunen in Europa!“ verabschiedet.<br />

Eingesehen werden kann diese auf den Internetseiten<br />

des Europabüros unter www.<br />

europabuero-bw.de, deren Besuch für Europainteressierte<br />

in regelmäßigen Abständen<br />

generell lohnenswert ist.<br />

Im Veranstaltungsmittelpunkt stand dabei<br />

natürlich das Nein der Iren vom Juli 2008<br />

zum Lissabon-Vertrag, dessen kommunalfreundliche<br />

Elemente wie z.B. die erstmalige<br />

Verankerung des kommunalen Selbstverwaltungsgedankens<br />

im europäischen<br />

Vertragswerk die EU-Staats- und Regierungschefs<br />

erst Ende Dezember 2007 auf<br />

den Weg gebracht hatten.<br />

Hochrangige Vertreter der kommunalen,<br />

regionalen, nationalen und europäischen<br />

Ebene, darunter auch der ehemalige Hauptgeschäftsführer<br />

des Gemeindetags, Prof.<br />

Dr. Christian O. Steger und DStGB-Hauptgeschäftsführer<br />

Dr. Gerd Landsberg, diskutierten<br />

daher mit etwa 150 Teilnehmenden<br />

darüber, wie der ins Stocken geratene<br />

Reformprozess Europas wieder in Gang<br />

gebracht werden kann.<br />

Konferenzfazit:<br />

Nur starke Kommunen können<br />

zwischen dem Bürger und Europa<br />

vermitteln<br />

Als wichtigste Schlussfolgerung muss<br />

zum einen festgehalten werden, dass mit<br />

Blick auf die Handlungsfähigkeit der Europäischen<br />

Institutionen künftig definitiv<br />

mehr Bürgernähe benötigt wird, d.h. Entscheidungen<br />

auf europäischer Ebene müssen<br />

wirksam(er) kommuniziert werden.<br />

Eine weitere Erkenntnis war die Notwendigkeit,<br />

die Bürgerinnen und Bürger darin<br />

zu unterstützen, objektiv mit Europa umzugehen<br />

und bei fraglichen Entscheidungen<br />

nicht das ganze „Projekt Europa“,<br />

sondern nur die einzelne Regelung in Frage<br />

zu stellen.<br />

Gleichzeitig machten vorgestellte Forschungsergebnisse<br />

deutlich, dass das meiste<br />

politische Vertrauen gegenwärtig der<br />

kommunalen Ebene zukommt, wovon die<br />

36 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN<br />

EU indirekt profitieren kann. Allerdings<br />

würde EU-weit der Bezug der EU-Kommission<br />

zu Kommunen im operativen Geschäft<br />

gegenwärtig (noch) fehlen.<br />

Mit Blick auf Baden-Württemberg können<br />

in diesem Zusammenhang für 2008<br />

jedoch bereits einige Fortschritte verzeichnet<br />

werden. So absolvierte ein für<br />

das Vergaberecht zuständiger Kommissionsbediensteter<br />

im Laufe des Jahres 2008<br />

auf Einladung des Gemeindetags Baden-<br />

Württembergeine Art „Vorort-Praktikum“<br />

in unterschiedlichen Städten und Gemeinden<br />

Baden-Württembergs, um sich<br />

über die Vergabepraxis und deren konkrete<br />

Probleme an der kommunalen Basis zu<br />

informieren.<br />

Eine weitere Schlussfolgerung der Konferenz<br />

bezog sich darüber hinaus auf das<br />

Fehlen einer gesamteuropäischen Öffentlichkeit<br />

und der daraus abgeleiteten Notwendigkeit,<br />

dass Kommunikation von<br />

EU-Politiken nach wie vor auf nationaler,<br />

regionaler und lokaler Ebene erfolgen<br />

muss und es daher einen entsprechenden<br />

Bedarf an regionalspezifischen Kommunikationsstrategien<br />

gebe.<br />

Europawahlen im Juni 2009 –<br />

kostenloser Artikelservice für<br />

kommunale Mitteilungsblätter<br />

Einen Beitrag hierzu wird das Europabüro<br />

zusammen mit der Regionalvertretung der<br />

Europäischen Kommission für Baden-<br />

Württemberg für das kommenden Jahr<br />

leisten, indem es bis zur Europawahl am<br />

7. Juni 2009 einmal monatlich einen Artikel<br />

zu bürgernahen Europathemen für den<br />

Abdruck im redaktionellen Teil der kommunalen<br />

Amts- und Mitteilungsblätter<br />

kostenfrei zu Verfügung stellen wird. Interessenten<br />

können sich gerne direkt an das<br />

Europabüro wenden.<br />

Die Artikel selbst werden immer auch die<br />

gewachsene Bedeutung des europäischen<br />

Parlaments in verschieden Themenbereichen<br />

beleuchten, so dass dadurch auch die<br />

Bedeutung der Europawahl grundsätzlich<br />

unterstrichen wird, die – das lässt sich unbestritten<br />

bereits zum Jahresanfang sagen<br />

– die Arbeit des Europabüros für 2009<br />

maßgeblich prägen wird.<br />

Az. 009.10: 036.91<br />

Gemeinsame Erklärung der Bundesvereinigung<br />

der kommunalen Spitzenverbände vom 16. Oktober 2008<br />

Mehr Bürgernähe durch starke Kommunen<br />

in Europa!<br />

Europa braucht Reformen, um auch in Zukunft erfolgreich und bürgernah regiert werden zu<br />

können.<br />

Die EU hat sich vielen Herausforderungen zu stellen: Der Positionierung Europas im globalen<br />

Wettbewerb, der Lösung weltweiter Probleme wie Klimawandel, Versorgung mit Ressourcen<br />

und Gewährleistung von innerer und äußerer Sicherheit. In dem Maße, in dem<br />

Erwartungen an Europa formuliert werden, stellt sich die Frage eines erfolgreichen Regierens<br />

im Mehrebenensystem, nah bei den Menschen, bei deren Nöten, Forderungen und<br />

Perspektiven.<br />

Ein gegenseitig respektvolles und gleichberechtigtes Zusammenwirken aller<br />

demokratisch legitimierten Ebenen in der Lösung ihrer jeweiligen Probleme<br />

ist unverzichtbare Voraussetzung hierfür. Das Miteinander der Ebenen:<br />

Kommunen – Länder/Regionen – Staaten – Europa!<br />

Die deutschen Städte, Kreise und Gemeinden treten hierfür entschlossen ein und fordern für<br />

die Reform Europas:<br />

1. Vertragsreform verwirklichen!<br />

Der Lissabon-Vertrag ist ein Meilenstein für mehr Bürgernähe und Transparenz in Europa.<br />

Er würde nicht zuletzt den Kommunen eine stärkere Rolle in der EU geben und die Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

verbessern, um zum Gelingen es Europäischen Integrationswerkes<br />

beitragen zu können.<br />

2. Kommunales Selbstverwaltungsrecht sichern!<br />

Wir erleben eine zunehmende Europäisierung der kommunalen Selbstverwaltungstätigkeit.<br />

Und damit der Lebenswirklichkeit der Menschen vor Ort; Gefühle der Fremdbestimmung<br />

und mangelnden Vertrauens in die europäischen Entscheidungen kommen auf. Das zeigt:<br />

Das kommunale Selbstverwaltungsrecht muss nach Europa gebracht werden. Und umgekehrt<br />

muss Europa auch in die Kommunen gebracht werden. Die Mehrzahl der politischen<br />

Zielsetzungen der EU können nicht ohne, geschweige denn gegen die Kommunen verwirklicht<br />

werden. Die Kommunen müssen als vollwertige Partner in Europa anerkannt werden.<br />

Die Kommunalen Spitzenverbände müssen in EU-Angelegenheiten wirksam beteiligt werden,<br />

in Brüssel und Straßburg, aber auch in den nationalen und regionalen Hauptstädten!<br />

3. Subsidiaritätsprinzip beachten!<br />

Das Ziel des Rückbaus und der Vereinfachung des EU-Rechts muss entschlossen fortgesetzt<br />

werden. Die EU wird aufgefordert, das Subsidiaritätsprinzip, wonach die Mitgliedstaaten,<br />

Regionen und Kommunen in ihren eigenen Verantwortungsbereichen zur selbständigen<br />

Gestaltung ihrer Belange berechtigt sind, zu achten. Die Kommunen alleine können und<br />

werden die Probleme Europas nicht lösen – Europa darf aber auch nicht versuchen, die<br />

kommunalen Fragen vor Ort zu regeln!<br />

4. Örtliche Entscheidungsspielräume respektieren!<br />

Die örtliche Daseinsvorsorge hat zentrale Bedeutung für die Menschen, die Gesellschaft<br />

und die Wirtschaft. Die Definitions- und Organisationshoheit für die Aufgaben der Daseinsvorsorge<br />

liegt bei den Mitgliedstaaten, den Regionen und Kommunen. Die EU wird aufgefordert,<br />

diese Hoheiten umfassend zu respektieren. Die Ausdehnung eines unbeschränkten<br />

europäischen Wettbewerbsmodells auf die lokale Ebene lehnen wir ab. Zudem: Das EU-<br />

Marktmodell alleine ist nicht im Stande, die Bedürfnisbefriedigung der Menschen und der<br />

Wirtschaft dauerhaft sicherzustellen. Europa braucht eine soziale Marktwirtschaft mit starken<br />

und handlungsfähigen Regionen und Kommunen. Die auf den lokalen Bereich beschränkten<br />

kommunalen Dienstleistungen müssen von der Anwendbarkeit des EU-Wettbewerbsrechts<br />

ausgenommen werden.<br />

5. Ein Europa der Bürger schaffen!<br />

Die Europäische Union ist das erfolgreichste Friedensprojekt der Welt. Die Begegnung der<br />

Menschen fördert direkt das gegenseitige Kennen und Vertrauen. Keine andere Einrichtung<br />

in Europa hat so viel für die Begegnung der Menschen geleistet wie das kommunale Partnerschaftswerk<br />

mit seinen tausenden Städte-, Kreis- und Gemeindepartnerschaften. Die<br />

Zusammenkunft der Bürgerschaft, der Schulen und der Kulturen ist hierdurch zu einer europäischen<br />

Selbstverständlichkeit geworden. Lebendige Kommunalpartnerschaften müssen<br />

begründet und weiter durch die Bürgerinnen und Bürger gepflegt werden. Sie bedürfen der<br />

aktiven ideellen und materiellen Unterstützung durch die Kommunen, die Länder und Regionen,<br />

die Staaten und Europa selbst!<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 37


A LLGEMEINER T EIL BWGZ 1/2009<br />

Von der Finanzmarktkrise direkt nicht betroffen – gesellschaftliches Engagement bleibt<br />

Sparkassen – Stabilitätsanker des Finanzsystems<br />

und der Wirtschaft<br />

Von Peter Schneider MdL *<br />

Die deutsche Wirtschaft ist nach den negativen<br />

Wachstumsraten der beiden vergangenen Quartale bereits in<br />

eine Rezession gerutscht. Wenngleich es um die wirtschaftliche<br />

Lage in Baden-Württemberg bislang noch etwas besser bestellt<br />

ist als im Rest der Republik, wird der Kelch des konjunkturellen<br />

Abschwungs nicht an uns vorübergehen. Baden-Württemberg<br />

ist in besonderem Maße durch die internationale Konjunkturschwäche<br />

gefährdet, weil vor allem die Nachfrage nach<br />

Investitionsgütern und Fahrzeugen zurückgeht. Diese spielen im<br />

Exportsortiment Baden-Württembergs eine bedeutende Rolle.<br />

Eine merkliche Abkühlung der Wirtschaft<br />

hat bereits begonnen. Und der vom Statistischen<br />

Landesamt Baden-Württemberg<br />

berechnete Konjunkturindikator weist auf<br />

eine noch stärkere Verlangsamung der<br />

Wirtschaft hin. Aktuelle Umfragen zeigen,<br />

dass über alle Wirtschaftssektoren hinweg<br />

mit einer rückläufigen Geschäftsentwicklung<br />

gerechnet wird.<br />

Allgemein ist die derzeitige Wirtschaftslage<br />

ganz offensichtlich von großer Unsicherheit<br />

geprägt. Niemand kann mit Bestimmtheit<br />

sagen, wie stark sich die grassierende<br />

Finanzmarktkrise auf die Realwirtschaft<br />

letzten Endes auswirken wird, und noch<br />

viel weniger, wie lange sie dauern wird.<br />

Diese Unsicherheit wird auch die Bürgerinnen<br />

und Bürger dazu veranlassen, stärker<br />

für die Zukunft vorzusorgen und den Konsum<br />

entsprechend einzuschränken.<br />

Auslandsnachfrage geht zurück<br />

Nicht nur die Binnennachfrage, sondern<br />

vor allem die Nachfrage aus dem teilweise<br />

noch stärker von der Finanzmarktkrise betroffenen<br />

Ausland geht zurück. Die hieraus<br />

entstehende kritische Auftragslage und<br />

die negativen Erwartungen der Unternehmen<br />

hinsichtlich der weiteren Wirtschafts-<br />

* Peter Schneider MdL ist Präsident des Sparkassenverbands<br />

Baden-Württemberg.<br />

entwicklung haben selbstverständlich Folgen,<br />

die den Abschwung für ein exportorientiertes<br />

Bundesland wie Baden-Württemberg<br />

noch verstärken. Die Produktion<br />

wird zurückgefahren, Investitionen werden<br />

verschoben, neue Mitarbeiter werden<br />

nicht mehr eingestellt. Auch in Baden-<br />

Württemberg hat der Beschäftigungsaufbau<br />

schon im August 2008 seinen Höhepunkt<br />

überschritten, so das Statistische<br />

Landesamt.<br />

Dazu kommt, dass sich das Kreditklima<br />

seit Mitte 2007 wieder verschlechtert. Die<br />

Subprimekrise hat sich rasch in eine Vertrauenskrise<br />

gewandelt. Kein Institut traut<br />

mehr dem anderen. Der Interbankenmarkt<br />

ist ausgetrocknet. Trotz weltweiter staatlicher<br />

Rettungsmaßnahmen hat er sich bislang<br />

noch nicht wieder erholt.<br />

Vor allem die großen internationalen Kreditinstitute,<br />

die sich überwiegend auf dem<br />

Kapitalmarkt refinanzieren, haben deshalb<br />

mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen und<br />

beginnen, ihre Kreditvergabe einzuschränken.<br />

Das zeigt auch der von der Europäischen<br />

Zentralbank regelmäßig durchgeführte<br />

Bank Lending Survey, in dem die<br />

Kreditinstitute nach ihren Kreditvergabemodalitäten<br />

befragt werden. Eine Kreditklemme,<br />

wie wir sie in anderen Ländern<br />

beobachten, würde sich unmittelbar auf<br />

die Investitionstätigkeit der Unternehmen<br />

auswirken. Damit wäre eine Erholung der<br />

Wirtschaft auch mittel- bis langfristig gefährdet.<br />

Noch keine Kreditklemme<br />

Wenngleich vereinzelt Unternehmen von<br />

einer restriktiveren Kreditvergabepraxis<br />

seitens der Banken berichten, kann man in<br />

Baden-Württemberg und in Deutschland<br />

bislang glücklicherweise nicht von einer<br />

Kreditklemme sprechen. Das ist ohne<br />

Zweifel auch ein Verdienst der Sparkassen.<br />

Sie sind während der ganzen Krise<br />

stets ein Hort der Stabilität gewesen. Denn<br />

die öffentlich-rechtlichen Sparkassen sind<br />

nicht der Renditesucht erlegen.<br />

Da die Sparkassen von der Finanzmarktkrise<br />

nicht direkt betroffen sind, kennen<br />

sie auch keine Liquiditätsengpässe – im<br />

Gegenteil: Die Sparkassen haben ihre Kreditvergabe<br />

stetig vergrößern können. So<br />

erhöhten die baden-württembergischen<br />

Sparkassen ihre Darlehenszusagen an Unternehmen<br />

und Selbstständige in den ersten<br />

neun Monaten des Jahres 2008 gegenüber<br />

dem Vorjahreszeitraum um 18 Prozent.<br />

Die Darlehensauszahlungen an Unternehmen<br />

und Selbständige erhöhten sich<br />

38 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 A LLGEMEINER T EIL<br />

um 21 Prozent. Das Kreditvolumen der<br />

baden-württembergischen Sparkassen an<br />

Unternehmen und Selbständige stieg dadurch<br />

im Verlauf des Jahres 2008 auf über<br />

43 Mrd. Euro.<br />

Erfolgsmodell Sparkasse<br />

Demgegenüber haben sich die großen Privatbanken<br />

schon vor Beginn der Finanzmarktkrise<br />

aus dem Retailgeschäft und<br />

dem Kreditgeschäft mit dem Mittelstand<br />

zurückgezogen und sich verstärkt auf das<br />

Kreditersatzgeschäft konzentriert. Allein<br />

das gesamte Kreditvolumen der badenwürttembergischen<br />

Sparkassen beträgt mit<br />

94 Mrd. Euro knapp die Hälfte des Kreditvolumens<br />

aller deutschen Großbanken zusammen.<br />

Es sind also die Sparkassen mit<br />

ihrem bis vor kurzem als verstaubt belächeltem<br />

Geschäftsmodell, die den Kreditbedarf<br />

der deutschen und auch der badenwürttembergischen<br />

Unternehmen sichern.<br />

Was ist so anders an den kommunal getragenen<br />

Sparkassen und ihrem Geschäftsmodell?<br />

Nun, Sparkassen sind traditionell<br />

in der Wirtschaft und der Gesellschaft in<br />

ihrem Geschäftsgebiet fest verankert.<br />

Das wird in Baden-Württemberg besonders<br />

deutlich. Unser Land ist schon immer<br />

eine Hochburg des Mittelstands gewesen.<br />

Kleine innovationsfreudige Betriebe machen<br />

Baden-Württemberg zum Musterland<br />

der Tüftler. Auf hunderttausend Einwohner<br />

kommen die meisten Patentanmeldungen<br />

aus Baden-Württemberg. Existenzgründer,<br />

kleine und mittelständische Unternehmen<br />

benötigen entsprechend kleine<br />

Kredite. Großbanken sind hier in aller Regel<br />

zu träge und an wenig Rendite generierenden<br />

Kleinkrediten kaum interessiert.<br />

Sparkassen dagegen sind in der Fläche so<br />

präsent, dass sie potenzielle Kreditnehmer<br />

viel besser beurteilen können, als etwa<br />

Großbanken. So betreiben etwa die Sparkassen<br />

in Baden-Württemberg mit rund<br />

2.500 Geschäftsstellen fast genauso viele<br />

Geschäftstellen wie die Großbanken in<br />

Gesamtdeutschland. Knapp die Hälfte aller<br />

Mittelständler haben die Sparkassen als<br />

erste Hausbank und fast jeder zweite Existenzgründer<br />

wird von einer Sparkasse begleitet,<br />

die vor Ort, nah am Kunden und<br />

mit Blick auf die regionale Wirtschaft die<br />

Situation gut beurteilen und entsprechend<br />

entscheiden kann.<br />

Zudem ermöglicht ihr öffentlich-rechtlicher<br />

Auftrag den Sparkassen, umfangreichere<br />

Kriterien zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit<br />

eines Kunden heranzuziehen.<br />

Die Sparkassen sehen in ihren Kunden viel<br />

mehr als lediglich „Renditebringer“. In der<br />

Regel besteht zwischen der jeweiligen<br />

Sparkasse und den ansässigen Unternehmen<br />

vor Ort eine langfristige, oft generationenübergreifende,<br />

vertrauensvolle Geschäftsbeziehung.<br />

Aus dieser festen Geschäftsbeziehung<br />

folgt auch, dass die<br />

Sparkassen auf einen Kreditverkauf und<br />

damit einen Verkauf der Geschäftsbeziehungen<br />

verzichten.<br />

Klassische Refinanzierung<br />

Darüber hinaus refinanzieren sich unsere<br />

Sparkassen in bewährter und sicherster<br />

Weise, nämlich hauptsächlich über die<br />

umfangreichen Spareinlagen ihrer Kunden.<br />

Die baden-württembergischen Sparkassen<br />

verfügen derzeit über Kundeneinlagen<br />

in Höhe von über 102 Mrd. Euro.<br />

Die Institutssicherung der 446 Sparkassen<br />

gewährleistet, dass die Einlagen der Kunden<br />

zu 100 Prozent sicher sind – unabhängig<br />

von der Garantie der Bundesregierung.<br />

Dass die Bürgerinnen und Bürger die Sicherheit<br />

und das Geschäftsmodell der<br />

kommunal getragenen Sparkassen schätzen,<br />

zeigt der allein im Oktober 2008 von<br />

den baden-württembergischen Sparkassen<br />

verzeichnete Rekordzugang neuer Kundengelder<br />

in Höhe von über einer Milliarde<br />

Euro.<br />

Der traditionell hohe Passivüberhang – in<br />

Baden-Württemberg machen die Einlagen<br />

108 Prozent der Kreditvergabe aus –<br />

ermöglicht es den Sparkassen, ihr Kreditvolumen<br />

in den jeweiligen Regionen weiter<br />

zu erhöhen. Auch was die Eigenkapitalausstattung<br />

angeht, verfügen die<br />

baden-württembergischen Sparkassen<br />

über genügend Potenzial, um die Kreditvergabe<br />

auszudehnen. Damit können die<br />

Sparkassen als verlässlicher Finanzpartner<br />

nachhaltig die Wirtschaft im Land<br />

unterstützen. Die Sparkassen sind daher<br />

auch im Abschwung in der Lage, ihrer<br />

volkswirtschaftlichen Aufgabe nachzukommen<br />

und vor allem die vielen kleinen<br />

und mittleren Unternehmen in Baden-<br />

Württemberg mit ausreichenden Krediten<br />

zu versorgen.<br />

Gesellschaftliches Engagement<br />

auf hohem Niveau<br />

Das grundsolide, krisenresistente Geschäftsmodell<br />

der Sparkassen spiegelt sich<br />

aber nicht nur darin wider, dass sie keinerlei<br />

Liquiditätsprobleme haben und die<br />

Kreditversorgung der Wirtschaft aufrechterhalten.<br />

Die Sparkassen sind und bleiben<br />

auch in schwierigen Zeiten die Institutsgruppe<br />

mit dem größten gesellschaftlichen<br />

Engagement in ihrer Region, durch das sie<br />

die Kommunen in ihrer Aufgabenerfüllung<br />

nachhaltig unterstützen. Das Stiftungsvolumen<br />

der baden-württembergischen Sparkassen<br />

hat sich bisher stetig erhöht – trotz<br />

Ausbruch der Finanzmarktkrise im Som-<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 39


A LLGEMEINER T EIL BWGZ 1/2009<br />

mer 2007. Im vergangenen Jahr wurden<br />

sieben neue Stiftungen gegründet.<br />

Mit den nunmehr 80 Stiftungen und einem<br />

Stiftungskapital von 114 Mio. Euro werden<br />

kulturelle und soziale Einrichtungen<br />

sowie Umweltprojekte und Sportvereine<br />

gefördert. Die Beiträge der baden-württembergischen<br />

Sparkassen für gemeinnützige<br />

Zwecke betrugen im vergangenen<br />

Jahr insgesamt 41 Mio. Euro. Als krisenresistente<br />

Institutsgruppe mit einer Ausbildungsquote<br />

von 8 Prozent und jährlichen<br />

Steuerzahlungen von über 300 Mio. Euro<br />

zeichnen sich die Sparkassen außerdem als<br />

zuverlässige Arbeitgeber und bedeutende<br />

Steuerzahler vor Ort aus.<br />

Ein solides, zukunftsweisendes Geschäftsmodell,<br />

die Verwurzelung in der Realwirtschaft<br />

und in der Gesellschaft, das sind die<br />

Charakteristika, die die kommunal verankerten<br />

Sparkassen zum Stabilitätsanker<br />

des Finanzsystems und der Wirtschaft machen,<br />

in Baden-Württemberg und in ganz<br />

Deutschland. Das hat auch der Sachverständigenrat<br />

zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen<br />

Entwicklung anerkannt.<br />

Daher erscheint es geradezu grotesk, wenn<br />

die EU-Kommission dieses bewährte öffentlich-rechtliche<br />

Modell weiter angreift,<br />

die Verstaatlichung der britischen Banken<br />

aber einfach durchwinkt.<br />

Schwieriges Jahr 2009<br />

Das kommende Jahr 2009 wird kein einfaches<br />

werden. Weder für die Weltwirtschaft,<br />

noch für die Wirtschaft in Deutschland und<br />

in Baden-Württemberg. Insbesondere der<br />

Finanzsektor steht vor Veränderungen, wie<br />

wir sie seit der Weltwirtschaftskrise nicht<br />

mehr gesehen haben. Das Kreditersatzgeschäft,<br />

das in den letzten Jahren exzessive<br />

Ausmaße angenommen hatte, hat seine<br />

Bedeutung verloren. Geschäfte ohne jeden<br />

Bezug zur Realwirtschaft werden selten<br />

werden. Reine Investmentbanken haben<br />

reihenweise ihr Geschäftsmodell aufgegeben.<br />

Der renditegetriebene angloamerikanische<br />

Finanzmarktkapitalismus existiert<br />

nicht mehr.<br />

Für die Landesbanken kann es auch kein<br />

„weiter so“ geben. Alle Träger der Landesbank<br />

Baden-Württemberg, die sich mit<br />

ihrem Geschäftsmodell bislang noch als<br />

relativ robust gezeigt hat, haben sich deshalb<br />

neben einer Kapitalstärkung, die die<br />

Kreditvergabefähigkeit der Sparkassen<br />

dabei nicht einschränken wird, für eine<br />

klare Fusionsperspektive ausgesprochen.<br />

Bundesweit streben die Sparkassen eine<br />

Konsolidierung zu zwei bis drei großen<br />

Landesbankkonzernen an. Diese muss mit<br />

einer Veränderung und Modifizierung des<br />

Geschäftsmodells verbunden sein: Weg<br />

vom Kreditersatzgeschäft und hin zu einer<br />

Spezialisierung auf das Geschäft mit dem<br />

Mittelstand komplementär zu den Sparkassen,<br />

die Begleitung des Mittelstands<br />

ins Ausland und den Ausbau der Dienstleisterfunktion<br />

für die Sparkassen. Dass<br />

damit eine Verkleinerung der Institute verbunden<br />

ist, muss man ehrlicherweise zugeben.<br />

Allerdings muss man auch davon<br />

ausgehen, dass ohne eine Konsolidierung<br />

und Veränderung des Geschäftsmodells<br />

mittelfristig noch mehr Arbeitsplätze gefährdet<br />

sind.<br />

Eine Vertikalisierung dagegen, also das<br />

Zusammengehen von Landesbanken und<br />

Sparkassen, ist wirtschaftlich unsinnig und<br />

abzulehnen. Ein Zerfall der Sparkassenstruktur<br />

und der Verlust ihrer kommunalen<br />

Anbindung wären die Folge. Die Probleme<br />

der Landesbanken müssen in den jeweiligen<br />

Häusern gelöst werden und nicht<br />

auf Kosten gesunder Sparkassen. Nur über<br />

eine horizontale Konsolidierung unter kritischer<br />

Prüfung und Reduzierung der Geschäftsvolumina<br />

sowie Anpassung der<br />

Geschäftsmodelle lassen sich die Probleme<br />

der Landesbanken lösen.<br />

Sicherungsmaßnahmen<br />

für die Zukunft<br />

Auch wenn ein Ende der Finanzmarktkrise<br />

noch nicht in Sicht ist, sollten sich der Finanzsektor<br />

und die Regierungen Gedanken<br />

darüber machen, mit welchen Maßnahmen<br />

sie zukünftige Desaster wie die<br />

derzeitige von den USA ausgelöste weltweite<br />

Finanzmarktkrise verhindern können.<br />

Bisher hat man sich lediglich auf die<br />

Behandlung der Symptome beschränkt.<br />

Zinssenkungen und Liquiditätsspritzen<br />

wirkten allenfalls kurzfristig.<br />

Im Zuge der deutlichen Verschärfung der<br />

Finanzmarktkrise nach dem Fall der US-<br />

Investmentbank Lehman Brothers wurden<br />

im Oktober weltweit staatliche Rettungspakete<br />

von den Regierungen geschnürt,<br />

auch in Deutschland, um das unter den<br />

Banken verloren gegangene Vertrauen<br />

wieder herzustellen. Dass jetzt Stimmen<br />

laut werden, die eine umfangreiche Regulierung<br />

der Finanzmärkte fordern, ist verständlich.<br />

Allerdings kann eine übertriebene<br />

Regulierung positive Entwicklungen<br />

auch behindern. Hier ist also Vorsicht und<br />

Besonnenheit geboten.<br />

Viel wichtiger ist es, dass die Kreditwirtschaft<br />

sich an ihrer Aufgabe als Dienstleister<br />

für die Realwirtschaft orientiert und nicht<br />

nur an der eigenen Gewinnmaximierung. In<br />

Deutschland haben wir mit unserem dreigliedrigen<br />

Bankensystem aus Sparkassen,<br />

Volksbanken und privaten Banken eine solch<br />

„dienende Kreditwirtschaft“. Die<br />

kommunal verankerten Sparkassen<br />

und auch die Volksbanken sichern als<br />

regionale Kreditinstitute vor Ort den<br />

Kreditbedarf des Mittelstandes und<br />

die finanzwirtschaftliche Versorgung<br />

der Bevölkerung.<br />

Die öffentlich-rechtlichen, kommunal<br />

gebundenen Sparkassen haben<br />

sich in der Finanzmarktkrise als Stabilitätsanker<br />

und Schwungrad der<br />

örtlichen Wirtschaft erwiesen. Ihr<br />

modernes Geschäftsmodell, ihre<br />

Verankerung in der Region und der<br />

Gesellschaft sind ein wesentlicher<br />

Trumpf für unser Land. Das hat die<br />

Finanzmarktkrise mehr als deutlich<br />

gezeigt. Dies gilt es zu bewahren im<br />

Interesse der Menschen und der Unternehmen.<br />

Az. 795.3<br />

40 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 A LLGEMEINER T EIL<br />

Gibt es eine „Renaissance der Städte“<br />

in Baden-Württemberg?<br />

Von Dr. Carmina Brenner *<br />

Jahrzehntelang war die Bevölkerungsentwicklung in<br />

Baden-Württemberg, aber auch in weiten Teilen Deutschlands,<br />

von Suburbanisierungsprozessen geprägt: Die Entwicklung<br />

in den Städten und verdichteten Gebieten verlief seit den 60er-<br />

Jahren deutlich schwächer als in den Umlandgemeinden und<br />

ländlichen Räumen. Seit einigen Jahren scheint sich dieses<br />

regionale Entwicklungsmuster aber geändert zu haben.<br />

Schlagzeilen wie „Triumph der Städte“, „Raus aus Suburbia,<br />

rein in die Stadt“ oder „Das Ende der Stadtflucht ist abzusehen“<br />

bestimmen zunehmend die Diskussion in Fachkreisen um<br />

die regionale Entwicklung in Deutschland.<br />

Starke regionale Unterschiede haben die<br />

Bevölkerungsentwicklung in Baden-<br />

Württemberg seit jeher gekennzeichnet.<br />

Lange Jahre wurde diese durch sehr hohe<br />

Zuwächse in den Städten und nur sehr geringe<br />

in den Umlandgemeinden geprägt.<br />

Dies galt im Prinzip bis zum Ende der<br />

50er-Jahre (vgl. Schaubild 1).<br />

Seit den 60er-Jahren erzeugte aber die<br />

Wohnungsknappheit in den Städten in Verbindung<br />

mit immer günstiger werdenden<br />

Verkehrsverbindungen und der zunehmenden<br />

Motorisierung eine von den Zentren<br />

weg gerichtete Wanderungsbewegung in<br />

das nähere Umland. Dieser als Suburbanisierung<br />

bezeichnete Prozess setzte sich<br />

auch in den folgenden Jahrzehnten fort:<br />

Knapper Baugrund, hohe Erschließungskosten<br />

und damit relativ teures Wohnen<br />

waren Gründe dafür, dass zahlreiche –<br />

überwiegend deutsche – Haushalte die<br />

Zentren verließen und in das nähere und<br />

weitere Umland zogen.<br />

In den letzten Jahren zeichnet sich aber<br />

eine erneute Trendumkehr beim Wanderungsverhalten<br />

ab: Der relative Wanderungssaldo,<br />

das heißt der Saldo bezogen<br />

auf die jeweilige Bevölkerung, war noch<br />

in jedem Jahr der zweiten Hälfte der 90er-<br />

Jahre in den Mittel- und Oberzentren im<br />

Schnitt geringer als in den Umlandgemeinden<br />

(vgl. Infokasten). Seit dem Jahr<br />

* Dr. Carmina Brenner ist Präsidentin des Statistischen<br />

Landesamtes Baden-Württemberg.<br />

2001 hat sich diese Entwicklung umgekehrt:<br />

Die Wanderungssalden lagen in den<br />

Zentren in jedem Jahr jeweils höher als in<br />

den Umlandgemeinden (vgl. Schaubild 2).<br />

Differenz zwischen Mittelzentrum<br />

und Umlandgemeinden<br />

in Promillepunkten<br />

unter -2<br />

-2 bis unter 0<br />

0 bis unter 2<br />

2 und mehr<br />

Breisach<br />

Lahr<br />

Emmendingen<br />

Freiburg<br />

Bad Krozingen/<br />

Staufen<br />

Müllheim<br />

Schliengen Schopfheim<br />

Lörrach/<br />

Weil<br />

Bad<br />

Säckingen<br />

Rheinfelden<br />

Hechingen<br />

Haslach/Hausach/<br />

Wolfach<br />

Schramberg Rottweil Balingen<br />

Albstadt<br />

Waldkirch<br />

Villingen-Schwenningen<br />

Titisee-Neustadt<br />

Waldshut-Tiengen<br />

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg<br />

Landesinformationssystem<br />

Weinheim<br />

Buchen<br />

Mannheim<br />

Eberbach<br />

Neckargerach/<br />

Heidelberg<br />

Waldbrunn<br />

Mosbach<br />

Schwetzingen<br />

Wiesloch/ Sinsheim<br />

Walldorf<br />

Neckarsulm<br />

In den Jahren 2006 und 2007 war es sogar<br />

so, dass im Schnitt nur noch die Zentren<br />

von Wanderungsgewinnen profitiert haben;<br />

der Entwicklungsunterschied zwischen<br />

den Städten und den Umlandgemeinden<br />

hat sich damit in den letzten Jahren<br />

deutlich vergrößert.<br />

Tuttlingen<br />

Bad Saulgau<br />

Pfullendorf<br />

Bad<br />

Waldsee<br />

Stockach<br />

Leutkirch<br />

Singen<br />

Überlingen<br />

Ravensburg/<br />

Weingarten<br />

Konstanz<br />

Radolfzell<br />

Friedrichshafen<br />

Wangen<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 41<br />

Donaueschingen<br />

Sigmaringen<br />

Münsingen<br />

Wertheim<br />

Riedlingen<br />

Tauberbischofsheim<br />

Künzelsau<br />

Ehingen<br />

Bad Mergentheim<br />

Laupheim<br />

Biberach<br />

Crailsheim<br />

Bruchsal<br />

Öhringen<br />

Heilbronn<br />

Schwäbisch Hall<br />

Karlsruhe<br />

Bretten<br />

Mühlacker Bietigheim/<br />

Besigheim<br />

Vaihingen<br />

Backnang<br />

Rastatt Ettlingen Pforzheim<br />

Ludwigsburg/<br />

KornwestheimWaiblingen/<br />

Schorndorf<br />

Fellbach<br />

Schwäbisch<br />

Gmünd<br />

Bühl<br />

Baden- Bad Wildbad<br />

Baden<br />

Calw<br />

Gaggenau/<br />

Gernsbach<br />

Leonberg<br />

Stuttgart<br />

Böblingen/<br />

Sindelfingen<br />

Esslingen<br />

Göppingen<br />

Kehl Achern<br />

Nagold Herrenberg<br />

Nürtingen Kirchheim Geislingen<br />

Offenburg<br />

Freudenstadt<br />

Tübingen<br />

Reutlingen<br />

Metzingen<br />

Ulm<br />

Horb Rottenburg<br />

Blaubeuren/<br />

Laichingen<br />

Ellwangen<br />

Aalen<br />

Heidenheim<br />

61-61-08-008<br />

© Kartengrundlage GfK GeoMarketing GmbH<br />

Karte erstellt mit RegioGraph


A LLGEMEINER T EIL BWGZ 1/2009<br />

Schaubild 1<br />

Bevölkerungsentwicklung in den Mittelzentren sowie Umlandgemeinden Baden-Württembergs seit 1871<br />

Jahrdurchschnittliche Veränderung in der jeweiligen Periode in %<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

-0,5<br />

Neuer Trend<br />

ist nicht flächendeckend<br />

Die gestiegene Attraktivität der Städte<br />

für Zuziehende ist zwar nicht für das gesamte<br />

Land zu beobachten. Jedoch waren<br />

die relativen Wanderungsgewinne der<br />

Mittelzentren im Zeitraum 2001 bis 2007<br />

in immerhin 63 von 99 Mittelbereichen<br />

höher als in den jeweiligen Umlandgemeinden;<br />

im Zeitraum 1995 bis 2000 waren<br />

es erst 46. 1<br />

Die Karte (S. 41) zeigt die räumliche Verteilung<br />

der Mittelbereiche in Baden-Württemberg,<br />

in denen sich die Mittelzentren<br />

zuletzt dynamischer als die Umlandgemeinden<br />

(„Reurbanisierung“) beziehungsweise<br />

die Umlandgemeinden günstiger als<br />

die Zentren entwickelt haben. Auffällig ist,<br />

dass vor allem in Süd- und Mittelbaden<br />

sowie im Nordosten des Landes ganz über-<br />

wiegend die Zentren höhere Wanderungsgewinne<br />

als die jeweiligen Umlandgemeinden<br />

erzielt haben.<br />

Verdichtungsräume gewinnen,<br />

ländliche Räume verlieren an<br />

Dynamik<br />

Eine Trendumkehr bei der Bevölkerungsentwicklung<br />

lässt sich nicht nur bei einer<br />

funktionalen Gliederung der Kommunen<br />

in Zentren und Umlandgemeinden beobachten,<br />

sondern auch bei der Unterscheidung<br />

in verdichtete und dünner besiedelte<br />

Gebiete: Noch in der zweiten Hälfte der<br />

90er-Jahre hatten die Verdichtungsräume<br />

die mit Abstand geringsten Wanderungsgewinne<br />

der Raumkategorien nach dem<br />

Landesentwicklungsplan. 2 Seit dem Jahr<br />

2001 liegen diese aber nur noch geringfügig<br />

niedriger als in den Randzonen um die<br />

Verdichtungsräume, aber erheblich über<br />

Schaubild 2<br />

Wanderungssaldo in den Mittelzentren und Umlandgemeinden Baden-Württembergs seit 1995<br />

Saldo je 1000 Einwohner<br />

8,00<br />

7,00<br />

6,00<br />

5,00<br />

4,00<br />

3,00<br />

2,00<br />

1,00<br />

0,00<br />

-1,00<br />

1871 bis 1900 1900 bis1950 1950 bis 1961 1961 bis 1970 1970 bis 1980 1980 bis 1989 1989 bis 1994 1994 bis 2000 2000 bis 2007<br />

1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />

Mittelzentren<br />

Umlandgemeinden<br />

denjenigen des Ländlichen Raumes insgesamt<br />

(vgl. Schaubild 3).<br />

Schließlich wird die Trendwende im regionalen<br />

Wanderungsgeschehen auch deutlich,<br />

wenn die Kommunen nach Größenklassen<br />

betrachtet werden.<br />

Es zeigt sich, dass die Städte ihre Position<br />

im Wanderungsgeschehen im Schnitt umso<br />

stärker verbessert haben, je größer sie<br />

sind: Die durchschnittlichen jährlichen<br />

Wanderungsgewinne der Gemeinden in<br />

den sechs gebildeten Gemeindegrößenklassen<br />

mit weniger als 20.000 Einwohnern<br />

sind im Zeitraum 2001 bis 2007 gegenüber<br />

1995 bis 2000 zurückgegangen,<br />

während die Kommunen mit 20.000 und<br />

mehr Einwohnern im Schnitt ihre Wanderungsgewinne<br />

zum Teil deutlich steigern<br />

konnten und zwar um so stärker, je größer<br />

sie sind (vgl. Schaubild 4).<br />

Mittelzentren<br />

Umlandgemeinden<br />

42 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 A LLGEMEINER T EIL<br />

Reurbanisierung: determiniert von<br />

Bildungswanderung sowie …<br />

Welche Bevölkerungsgruppen haben zu<br />

dieser Trendumkehr beigetragen? Es hat<br />

sich gezeigt, dass die Verbesserung der Position<br />

der Mittelzentren im Wanderungsgeschehen<br />

ganz überwiegend auf die Altersgruppe<br />

der 15- bis unter 30-Jährigen<br />

zurückzuführen ist: 1995 bis 2000 hatten<br />

die Zentren bereits 17 Personen je 1000<br />

dieser Altersgruppe durch Wanderungen<br />

hinzugewonnen; in den Umlandgemeinden<br />

waren es nur 4 je 1000 (Schaubild 5).<br />

In den Jahren 2001 bis 2007 hat sich der<br />

Wert für die Mittelzentren auf 23 erhöht;<br />

die Umlandgemeinden haben dagegen per<br />

Saldo praktisch keine Bevölkerung mehr<br />

durch Wanderungen hinzugewonnen.<br />

Allerdings hat sich die relative Position<br />

der Zentren gegenüber der der Umlandgemeinden<br />

auch in den anderen Altersgruppen<br />

verbessert:<br />

● Bei den Kindern und Jugendlichen hat<br />

sich der geringe Wanderungsverlust der<br />

Zentren in den Jahren 1995 bis 2000 zuletzt<br />

in einen leichten Gewinn verwandelt,<br />

während der der Umlandgemeinden etwas<br />

zurückgegangen ist.<br />

● Die Wanderungsverluste bei den 30- bis<br />

65-Jährigen bezogen auf 1000 Personen<br />

dieser Altersgruppe sind in den Mittel- und<br />

Oberzentren um zwei Drittel zurückge-<br />

Schaubild 4<br />

6,5<br />

5,5<br />

4,5<br />

3,5<br />

2,5<br />

1,5<br />

0,5<br />

-0,5<br />

-1,5<br />

unter 1000 1000 -<br />

2000<br />

2000 -<br />

3000<br />

3000 -<br />

5000<br />

gangen, während sich gleichzeitig die<br />

Wanderungsgewinne der Umlandgemeinden<br />

um gut ein Fünftel verringert haben.<br />

●<br />

Schaubild 3<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

Die relativen Wanderungsverluste der<br />

Zentren bei den Älteren sind zwar um<br />

knapp ein Fünftel angestiegen; die bisherigen<br />

Wanderungsgewinne der Umlandgemeinden<br />

sind aber gleichzeitig um gut drei<br />

Viertel zurückgegangen.<br />

Damit dürfte die zu beobachtende<br />

Trendumkehr zwar stark von der bildungsinduzierten<br />

Wanderung 3 bestimmt sein,<br />

doch zeigt sich anhand der differenzierten<br />

Wanderungssalden, dass dieser neue Trend<br />

in abgeschwächter Form auch für die übrigen<br />

Altersgruppen gilt. Zumindest scheinen<br />

die Zugezogenen wohl häufiger als<br />

früher in den Zentren wohnen zu bleiben.<br />

Insofern kann tatsächlich von Reurbani-<br />

5000 -<br />

10000<br />

Wanderungssaldo in den Raumkategorien nach dem Landesentwicklungsplan<br />

Baden-Württemberg 1995 bis 2000 sowie 2001 bis 2007<br />

Durchschnittlicher jährlicher Saldo je 1000 Einwohner<br />

Verdichtungsräume Randzonen um die<br />

Verdichtungsräume<br />

Wanderungsgewinne in den Gemeinden Baden-Württembergs<br />

1995 bis 2000 sowie 2001 bis 2007<br />

nach Gemeindegrößenklassen<br />

Durchschnittlicher jährlicher Wanderungssaldo je 1000 Einwohner<br />

10000 -<br />

20000<br />

20000 -<br />

500000<br />

500000 -<br />

100000<br />

sierungstendenzen in Baden-Württemberg<br />

gesprochen werden.<br />

… von einer geänderten<br />

Einstellung zum Wohnen<br />

in der Stadt<br />

Neben der gestiegenen Bedeutung der Städte<br />

als Ausbildungsplatzzentren dürfte insbesondere<br />

eine geänderte Einstellung zum<br />

Wohnen in der Stadt ursächlich für die Reurbanisierungstendenzen<br />

sein. Nach Auffassung<br />

von Horst W. Opaschowski kommen in<br />

den Zukunftsvorstellungen der Bevölkerung<br />

Lebensqualitätswünsche zum Ausdruck, die<br />

mit den Attributen „zentral“, „nah“, „kurz“<br />

auf eine stärkere räumliche Nähe von Wohn-<br />

und Arbeitsplatz hinweisen; beim Citywohnen<br />

ließen sich Berufs- und Privatleben besser<br />

miteinander verbinden. 4<br />

100000 -<br />

250000<br />

Ländlicher Raum insgesamt<br />

250000 -<br />

500000<br />

500000<br />

und mehr<br />

1995 - 2000<br />

2001 - 2007<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 43<br />

1995 - 2000<br />

2001 - 2007


A LLGEMEINER T EIL BWGZ 1/2009<br />

Abgrenzung der Zentren von den<br />

Umlandgemeinden<br />

Um mögliche Reurbanisierungstendenzen<br />

aufzeigen zu können, wurde auf Teile des<br />

zentralörtlichen Systems des Landesentwicklungsplans<br />

Baden-Württemberg (LEP)<br />

zurückgegriffen. Dieses berücksichtigt,<br />

dass die Siedlungsstruktur neben großräumigen<br />

Dichteunterschieden vor allem<br />

durch ein System von Zentralen Orten geprägt<br />

wird, die in den Raumordnungsplänen<br />

festgelegt werden. Zentrale Orte<br />

zeichnen sich durch ein gebündeltes Angebot<br />

an Infrastruktureinrichtungen, Gütern<br />

und Dienstleistungen aus, mit dem sie<br />

über den Bedarf der eigenen Bevölkerung<br />

hinaus auch die Bevölkerung ihres jeweiligen<br />

Verflechtungsbereiches versorgen. 7<br />

So sind im LEP den 101 Mittelzentren so<br />

genannte Mittelbereiche zugeordnet, die<br />

die Einzugs- und Verflechtungsbereiche<br />

der Mittelzentren kennzeichnen. Bei der<br />

Bewertung der Reurbanisierungsprozesse<br />

wurde das jeweilige Mittelzentrum mit<br />

den übrigen Kommunen eines Mittelbereichs<br />

verglichen. Letztere werden als<br />

„Umlandgemeinden“ bezeichnet, obwohl<br />

diese zum Teil als Unter- und Kleinzentren<br />

selbst eine zentralörtliche Bedeutung für<br />

die Grundversorgung besitzen.<br />

Perspektiven<br />

der räumlichen Entwicklung<br />

Welche Entwicklung ist für die Zukunft zu<br />

erwarten? Die künftige Veränderung der<br />

altersstrukturellen Zusammensetzung der<br />

Bevölkerung könnte auf eine Abschwächung<br />

des Reurbanisierungsprozesses in<br />

Baden-Württemberg hindeuten: Zum einen<br />

wird die Altersgruppe der 15- bis<br />

30-Jährigen, von deren Zuwanderung die<br />

Zentren stark profitieren, allein bis zum<br />

Jahr 2025 landesweit um 13 Prozent zurückgehen;<br />

zum anderen wird die Zahl der<br />

Älteren, die per Saldo immer noch aus den<br />

Städten wegziehen, deutlich ansteigen –<br />

bis 2025 um etwa 30 Prozent.<br />

Ebenfalls für eine Abschwächung des Reurbanisierungsprozesses<br />

könnte sprechen,<br />

dass die Städte vor allem von Fernwanderungen<br />

profitieren, während die Abwanderung<br />

an das Umland immer noch bedeutsam<br />

ist. Für die Zukunft ist aber nur noch mit<br />

eher moderaten Wanderungsgewinnen Baden-Württembergs<br />

gegenüber den anderen<br />

Bundesländern und dem Ausland zu rechnen,<br />

so dass die „Hauptquelle Fernwanderung“<br />

weniger bedeutsam werden könnte.<br />

Auf der anderen Seite spricht jedoch einiges<br />

dafür, dass die „Renaissance der Städte“<br />

anhalten und sich möglicherweise noch<br />

verstärken wird, weil die Zentren künftig<br />

auch stärker von Stadt-Umland-Wanderungen<br />

profitieren könnten:<br />

● Wanderungsmotivuntersuchungen<br />

brachten zutage, dass die Akzeptanz der<br />

Stadt weit höher ist, als die Umlandwanderung<br />

es erscheinen lässt. Viele Umlandwanderer<br />

wären in der Stadt geblieben,<br />

wenn sie ihren Wohnflächenbedarf bei<br />

gleichen Kosten in der Stadt hätten realisieren<br />

können. 5 Das heißt, eine Wohnungsknappheit<br />

in den Zentren hatte bisher eine<br />

stärkere Zuwanderung verhindert. Langfristig<br />

wird aber die Einwohnerzahl zurückgehen,<br />

so dass der Hinderungsgrund<br />

„Wohnungsknappheit“ für eine Zuwanderung<br />

wegfallen könnte. Der Bevölkerungsrückgang<br />

könnte bereits aus diesem Grund<br />

in den Zentren schwächer ausfallen als in<br />

den Umlandgemeinden.<br />

● Bereits in der Vergangenheit<br />

wurde die Infrastruktur<br />

gerade in ländlichen<br />

Gebieten (z.B. bei<br />

Ärzten, Post, Banken,<br />

Geschäften) ausgedünnt.<br />

Der langfristige Rückgang<br />

der Bevölkerungszahl<br />

könnte diesen Prozess<br />

beschleunigen, so<br />

dass der ländliche Raum<br />

im Vergleich zu den verdichteten<br />

Gebieten an<br />

Attraktivität verlieren<br />

würde. Hinzu kommt,<br />

dass die zum Teil fehlendeBreitbandverkabelung<br />

im Ländlichen<br />

Raum als Standortnachteil<br />

empfunden wird. 6<br />

● Und schließlich könnte<br />

eine erneute Verteuerung<br />

der Spritpreise dazu<br />

führen, dass künftig verstärkt<br />

versucht wird, das<br />

arbeitsplatzbedingte<br />

Pendeln einzuschränken,<br />

das heißt möglichst nahe<br />

am Arbeitplatz zu wohnen.<br />

Da sich aber die Arbeitsplatzzentrenüberwiegend<br />

in den verdichteten<br />

Gebieten befinden,<br />

könnte dies das Wohnen in den Städten<br />

zusätzlich attraktiver machen.<br />

Fußnoten<br />

Az. 065.04<br />

1 Nicht berücksichtigt wurden die Mittelbereiche Rastatt und<br />

Horb, weil dort die Zu- und Fortzüge in den beiden Gemeinden<br />

mit einer Zentralen Aufnahmestelle für Spätaussiedler<br />

(Gemeinde Empfingen im Landkreis Freudenstadt und Stadt<br />

Rastatt im Landkreis Rastatt) bis zum Jahr 2000 nicht korrekt<br />

erfasst sind; ebenfalls nicht berücksichtigt sind die beiden<br />

Verwaltungsräume Neckargerach/Waldbrunn sowie Schliengen.<br />

2 Zur Abgrenzung der Raumkategorien vgl. Landesentwicklungsplan<br />

2002, herausgegeben vom Wirtschaftsministerium<br />

Baden-Württemberg, S. B7 ff.<br />

3 Insbesondere Standorte mit Hochschulen und beruflichen<br />

Schulen dürften profitiert haben.<br />

4 Vgl. Opaschowski, Horst W.: Zukunft findet Stadt! Abschied<br />

vom urbanen Pessimismus, in: Der Bürger im Staat, Heft<br />

3/2007, S. 192 – 197.<br />

5 Vgl. Brühl, Hasso u.. a.: Wohnen in der Innenstadt – eine<br />

Renaissance?, herausgegeben vom Deutschen Institut für Urbanistik,<br />

2005, S. 13.<br />

6 Vgl. beispielsweise die Pressemitteilung des Ministeriums für<br />

Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom<br />

17.10.2007: Minister Peter Hauk MdL: „Breitbandanschlüsse<br />

sind unverzichtbar für den Ländlichen Raum".<br />

7 Vgl. hierzu ausführlicher: Landesentwicklungsbericht Baden-<br />

Württemberg 2005, herausgegeben vom Wirtschaftsministerium<br />

Baden-Württemberg, S. 96 ff.<br />

Schaubild 5<br />

Wanderungssalden der Mittelzentren und Umlandgemeinden Baden-<br />

Württembergs 1995 bis 2000 sowie 2001 bis 2007 nach ausgewählten<br />

Altersgruppen<br />

Durchschnittlicher jährlicher Saldo je 1000 der jeweiligen Bevölkerungsgruppe<br />

44 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

22,0<br />

17,0<br />

12,0<br />

7,0<br />

2,0<br />

-3,0<br />

22,0<br />

17,0<br />

12,0<br />

7,0<br />

2,0<br />

-3,0<br />

22,00<br />

17,00<br />

12,00<br />

7,00<br />

2,00<br />

-3,00<br />

22,0<br />

17,0<br />

12,0<br />

7,0<br />

2,0<br />

-3,0<br />

unter 15jährige<br />

1995-00 2001-07<br />

15- bis unter 30jährige<br />

1995-00 2001-07<br />

30- bis unter 65jährige<br />

1995-00 2001-07<br />

65jährige und Ältere<br />

1995-00 2001-07<br />

Mittelzentren<br />

Umlandgemeinden<br />

Mittelzentren<br />

Umlandgemeinden<br />

Mittelzentren<br />

Umlandgemeinden<br />

Mittelzentren<br />

Umlandgemeinden


BWGZ 1/2009 A LLGEMEINER T EIL<br />

Beschäftigung hat Vorrang<br />

Von Eva Strobel *<br />

Auch wenn das Jahr 2009 noch jung ist, so wirft es<br />

doch Schatten, zumindest was den Arbeitsmarkt angeht.<br />

Im Jahresschnitt 2008 gab es zwar in Baden-Württemberg<br />

weniger Arbeitslose und mehr Beschäftigte, doch der Job-Boom<br />

der vergangenen Jahre wird sich so im Jahr 2009 nicht<br />

fortsetzen. Die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter<br />

werden alles tun, um die Auswirkungen am Arbeitsmarkt<br />

abzufedern. Beschäftigung hat Vorrang, lautet die Botschaft.<br />

Die Angebote sind konsequent auf Prävention, Vermittlung<br />

und Qualifizierung ausgerichtet. Zudem bleibt es langfristig<br />

Aufgabe der Agenturen und Jobcenter, Fachkräfte für<br />

die Wirtschaft zu sichern und Beschäftigungsperspektiven<br />

für Langzeitarbeitslose aufzuzeigen.<br />

Im Rückblick sehen die Baden-Württemberger<br />

eine gute Wirtschaftsentwicklung im<br />

Jahr 2008. Die Arbeitslosigkeit im Südwesten<br />

hat den tiefsten Stand seit 17 Jahren erreicht,<br />

dreimal lag die Quote unter vier Prozent.<br />

Agenturen und Jobcenter haben die<br />

kräftige Konjunktur im ersten Halbjahr genutzt,<br />

um wieder mehr Menschen schneller<br />

in Arbeit zu bringen. Gegenüber 2007 dauerte<br />

Arbeitslosigkeit weniger lang, Langzeitarbeitslosigkeit<br />

konnte weiter abgebaut<br />

und die Kosten erneut reduziert werden.<br />

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat<br />

auch zum neuen Jahr die Beiträge für die<br />

Arbeitslosenversicherung von 3,3 Prozent<br />

auf 2,8 Prozent gesenkt. Das ist ein wichtiger<br />

Beitrag für mehr Investitionen und mehr<br />

Arbeitsplätze.<br />

Mit Blick nach vorne wird deutlich, dass<br />

die Finanzkrise gerade an Baden-Württemberg<br />

mit seinen exportorientierten Unternehmen<br />

nicht ohne Wirkung vorbei<br />

geht. Seit Oktober 2008 verzeichnen die<br />

Agenturen vermehrt Anzeigen für Kurzarbeit.<br />

Im November lagen für über 25.000<br />

Beschäftigte in über 700 Unternehmen<br />

Anzeigen vor. Anders als in vorigen Krisen<br />

ist die Wirtschaft jedoch dank der Reformen<br />

auf dem Arbeitsmarkt besser vorbereitet:<br />

Der Markt ist flexibler, die Vermittlung<br />

in Arbeit gelingt schneller und die<br />

Instrumente sind wirkungsvoller.<br />

* Eva Strobel ist Vorsitzende der Geschäftsführung<br />

der Regionaldirektion Baden-Württemberg der<br />

Bundesagentur für Arbeit.<br />

Die Erkenntnisse aus der Arbeitsmarkt-<br />

und Demografieforschung machen deutlich,<br />

dass es für die Prosperität Baden-<br />

Württembergs entscheidend bleibt, aktiv<br />

in die Fachkräftesicherung zu investieren.<br />

Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten<br />

braucht es angesichts der demografischen<br />

Entwicklung den langen Atem, Menschen<br />

aus- und weiterzubilden und ihre Erwerbsbeteiligung<br />

zu erhöhen.<br />

In Zukunft gibt es in Baden-Württemberg<br />

weniger junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt<br />

und dafür mehr ältere, die länger<br />

arbeiten müssen. Wenn die geburtenstarken,<br />

gut qualifizierten Jahrgänge in 20 bis<br />

30 Jahren aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden,<br />

sind die nachrückenden zu klein, um<br />

den Ersatzbedarf und erst recht einen steigenden<br />

Bedarf zu decken.<br />

Daraus ergeben sich zwei Konsequenzen:<br />

Erstens, das Qualifikationsniveau von Ar-<br />

Bestand an Arbeitslosen in Tausend<br />

Baden-Württemberg<br />

Zeitreihe 2007-2008<br />

316 309<br />

253 247<br />

beitskräften und Arbeitslosen ist noch zu<br />

heben, um weitere Beschäftigungspotenziale<br />

zu eröffnen. Zweitens, die kommenden<br />

Jahrgänge müssen besser qualifiziert<br />

sein als die ausscheidenden Älteren.<br />

Agenturen begleiten die<br />

Lebensphasen Schule,<br />

Ausbildung, Weiterbildung<br />

Die Arbeitsagenturen und Jobcenter in<br />

Baden-Württemberg haben ihre Strategien<br />

konsequent an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes<br />

ausgerichtet und mit den Angeboten<br />

zu Prävention, Vermittlung, Qualifizierung,<br />

Erwerbsbeteiligung und Zuwanderung<br />

viel Zustimmung erfahren. Sie<br />

orientieren sich dabei an der Biografie der<br />

Menschen und begleiten auch 2009 die<br />

wichtigen Lebensphasen Schule, Ausbildung<br />

und Weiterbildung.<br />

2007 2008<br />

299<br />

290<br />

276<br />

266 265 271<br />

257<br />

238 234<br />

244 239 237<br />

226<br />

217 221 229 223 216 218<br />

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 45


A LLGEMEINER T EIL BWGZ 1/2009<br />

Beim Stichwort Prävention geht es um einen<br />

möglichst reibungslosen Übergang<br />

von der Schule in den Beruf. Kerngedanke<br />

ist: Prävention statt Reparatur. Das bedeutet,<br />

die jungen Menschen sicherer in ihrer<br />

Berufswahl zu machen, sie bei der Lehrstellensuche<br />

zu unterstützen und sie bei<br />

Bedarf zu fördern, wenn es um den erfolgreichen<br />

Abschluss der Ausbildung geht.<br />

Um diese Ziele zu erreichen, gehen die<br />

Arbeitsagenturen verstärkt mit eigenem<br />

Personal in die Schulen und beteiligen sich<br />

finanziell an Maßnahmen Dritter. Mit rund<br />

30 Prozent mehr Berufsberatern haben die<br />

Arbeitsagenturen über 130 Projekte der<br />

vertieften Berufsorientierung im Land angestoßen,<br />

zum Beispiel die flächendeckende<br />

Kompetenzanalyse an Hauptschulen in<br />

Baden-Württemberg – ein gemeinsames<br />

Projekt mit dem Kultusministerium. Dabei<br />

geht es vor allem darum, rechtzeitig die<br />

Ausbildungsreife der Schülerinnen und<br />

Schüler zu verbessern.<br />

Wer Ausbildung und erste Berufsjahre hinter<br />

sich gelassen hat, trifft dann wieder auf<br />

die Agenturen, wenn der Verlust der Arbeitsstelle<br />

droht. Im vergangenen Jahr ist<br />

es in etwa 16 Prozent<br />

dieser Fälle gelungen,<br />

Kunden<br />

„Job-to-Job“ zu vermitteln.<br />

Sie sind erst<br />

gar nicht arbeitslos<br />

geworden. Das neue<br />

Geschäftssystem in<br />

den Agenturen ist<br />

am Service-Versprechen<br />

für Arbeitgeber<br />

und Arbeitsuchende<br />

ausgerichtet: Kundenzentrum,Servicecenter<br />

und Arbeitgeberservice<br />

sind Alltag vor Ort.<br />

Betriebe und Unternehmen<br />

haben mittlerweile<br />

ihren festen<br />

Ansprechpartner in<br />

den Agenturen und<br />

können auf Standards<br />

in der Vermittlung<br />

bauen.<br />

Der Arbeitgeberservice<br />

arbeitet mit auf<br />

Bestand an Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II in Tausend<br />

Baden-Württemberg<br />

Zeitreihe 2007-2008<br />

2007 2008<br />

167 165 164 162 158 155 151 153 148<br />

142 140 138 138 142<br />

135<br />

140 139<br />

131 131 132 130 127 126<br />

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez<br />

Bestand an Arbeitslosen im Rechtskreis SGB III in Tausend<br />

Baden-Württemberg<br />

Zeitreihe 2007-2008<br />

2007 2008<br />

149<br />

144<br />

135<br />

128<br />

119<br />

111 112 114 118<br />

107<br />

109<br />

099 096<br />

102 099 098<br />

091<br />

097<br />

085 090<br />

093 089 092<br />

Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez<br />

Branchen spezialisierten Vermittlern. Sie<br />

stimmen sich eng mit den Kollegen aus dem<br />

Arbeitnehmerteam ab, um den Matching-<br />

Prozess, also das Zusammenfinden von Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer, effizienter zu<br />

machen. Um die Dienstleistungen weiter zu<br />

intensivieren, investiert die BA in zusätzliche<br />

Vermittler und Berater. Gerade in Regionen<br />

mit niedriger Arbeitslosigkeit braucht<br />

es enge Kontakte zu den Menschen, bei denen<br />

nicht nur der Arbeitsplatz fehlt, um sie<br />

in Arbeit zu bringen.<br />

Im November blieben von den 44 Stadt- und<br />

Landkreisen im Südwesten 29 unter der landesweiten<br />

Arbeitslosenquote von 3,9 Prozent.<br />

Die Kreise Emmendingen und Tuttlingen<br />

lagen bei 3,0 Prozent, die Kreise Biberach,<br />

Ravensburg sowie der Enz- und der<br />

Alb-Donau-Kreis sogar unter 3,0 Prozent.<br />

Die Arbeitsagenturen qualifizieren Menschen<br />

gezielt in den Berufsfeldern weiter,<br />

in denen ein hoher Bedarf besteht, zum<br />

Beispiel bei technischen Berufen oder bei<br />

Berufen der Spedition und Logistik sowie<br />

des Hotel- und Gaststättengewerbes. Mit<br />

ihren vielfältigen Angeboten konnten die<br />

Agenturen im Jahr 2008 über 100.000<br />

Menschen fördern.<br />

46 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 A LLGEMEINER T EIL<br />

Zudem zeigt das Programm zur „Weiterbildung<br />

geringqualifizierter und beschäftigter<br />

Älterer in Unternehmen“, kurz We-<br />

GebAU, Wirkung. Im vergangenen Jahr<br />

profitierten über 7.500 Beschäftigte von<br />

diesem Programm. 2009 stehen WeGeb-<br />

AU-Mittel zudem für die Weiterbildung<br />

von Kurzarbeitern zur Verfügung. Arbeitgeber<br />

können somit Zeit und Geld nutzen,<br />

um in die Qualifikation ihrer Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter zu investieren.<br />

Deutschland hat die bestausgebildete<br />

Frauengeneration in seiner Geschichte,<br />

doch dieses Potenzial spiegelt sich nicht in<br />

der Erwerbsbeteiligung wider. Gerade<br />

nach Familienphasen erleichtert Weiterbildung<br />

die Rückkehr ins Berufsleben. Deshalb<br />

unterstützen die Agenturen Berufsrückkehrerinnen<br />

mit Qualifizierungskursen.<br />

Außerdem informieren sie Arbeitgeber<br />

über flexible Arbeitszeiten und sind in<br />

lokalen Bündnissen beteiligt, um die Infrastruktur<br />

für Familien – wie Kinderbetreuung<br />

und öffentlicher Personennahverkehr<br />

– vor Ort zu verbessern.<br />

Auch die Zuwanderung ist ein Weg zur<br />

Gewinnung von Fachkräften. Experten<br />

machen aber immer wieder deutlich, nicht<br />

allein auf Zuwanderung zu setzen, wenn es<br />

um qualifizierte Arbeitskräfte geht. Vielmehr<br />

ist entscheidend, wie es in Baden-<br />

Württemberg gelingt, gerade auch hier lebende<br />

Migrantinnen und Migranten besser<br />

zu bilden und stärker am Erwerbsleben zu<br />

beteiligen. Agenturen und Jobcenter haben<br />

zusammen mit anderen Arbeitsmarktakteuren<br />

erste präventive Maßnahmen entwickelt:<br />

Bereits zwischen Kindergärten<br />

und Grundschulen gibt es Kooperation,<br />

hinzu kommen die bewährten Einstiegsqualifizierungen.<br />

Diese Beispiele machen deutlich: Der Arbeitsmarkt<br />

der Zukunft wird ein von Netzwerken<br />

getragener sein. Kein Akteur kann<br />

alleine die Herausforderungen annehmen.<br />

Strategische Allianzen bieten die Möglichkeit,<br />

den durch das bestehende Know-how<br />

und die vorhandenen Ressourcen beschränkten<br />

Aktionsradius zu erweitern.<br />

Besonders wichtig ist die Zusammenarbeit,<br />

wenn es darum geht, für langzeitarbeitslose<br />

Menschen Perspektiven aufzuzeigen.<br />

Der Markt allein wird ihnen nicht<br />

helfen können, öffentlich geförderte Beschäftigung<br />

hingegen schon.<br />

Az. 799.20<br />

Finanzkrise und konjunkturelle Abschwächung<br />

haben sich 2008 noch nicht am Arbeitsmarkt<br />

ausgewirkt. Im November 2008 waren mit<br />

218.000 arbeitslosen Frauen und Männern<br />

20.600 Menschen weniger ohne Job als im<br />

November 2007 (minus 8,6 Prozent). Die Zahl<br />

der Arbeitslosen lag 2007 im Jahresdurchschnitt<br />

bei 272.500. Für das abgelaufene Jahr<br />

werden durchschnittlich 228.000 Arbeitslose<br />

erwartet, das sind 16,3 Prozent weniger. Für<br />

Baden-Württemberg bedeutet dies ein Absinken<br />

der durchschnittlichen Arbeitslosenquote<br />

auf etwa 4,1 Prozent nach 4,9 Prozent im Jahr<br />

2007.<br />

Der Südwesten erreicht damit eine der niedrigsten<br />

Quoten unter den Ländern. Das zur<br />

Regionaldirektion gehörende Institut für Arbeitsmarkt-<br />

und Berufsforschung (IAB regional)<br />

geht davon aus, dass nach Abschluss der Statistik<br />

2008 im Jahresdurchschnitt 3,891 Millionen<br />

Menschen im Südwesten sozialversicherungspflichtig<br />

beschäftigt waren, das sind 1,6<br />

Prozent mehr als 2007.<br />

Auch wenn sich der Arbeitsmarkt im Jahresschnitt<br />

2008 noch besser entwickelt hat als<br />

2007, zeichnet sich bereits seit dem Sommer<br />

eine abnehmende Dynamik ab. Die Unternehmen<br />

melden den Agenturen zum einen weniger<br />

Stellen: Bis November waren es knapp<br />

28.000 weniger als im Vorjahreszeitraum (minus<br />

9,2 Prozent). Zum anderen gelingt es den<br />

Agenturen auch nicht mehr so oft, offene Stellen<br />

zu besetzen: Die Zahl nahm um rund<br />

22.000 ab (minus 7,4 Prozent).<br />

In der Arbeitslosenversicherung – also im<br />

Rechtskreis des Sozialgesetzbuches III (SGB III)<br />

– sank die Zahl der Arbeitslosen sehr deutlich:<br />

Im Vergleich zu November 2007 mit 99.000<br />

arbeitslosen Frauen und Männern auf 92.000<br />

im November 2008. Der Rückgang liegt somit<br />

bei knapp sieben Prozent. Weniger Arbeitslose,<br />

mehr Beschäftigte – das bedeutet neben<br />

Mehreinnahmen für die BA geringere Kosten,<br />

die für Arbeitslosigkeit aufgewandt werden<br />

Zahlen, Daten, Fakten<br />

müssen. Die monatlichen Ausgaben für das<br />

Arbeitslosengeld I, das den Versicherten ausbezahlt<br />

wird, lagen im November 2007 noch<br />

bei 132 Millionen Euro. Ein Jahr später sind sie<br />

auf 111 Millionen Euro zurückgegangen. Das<br />

entspricht einem Minus von 15,9 Prozent.<br />

Das Jahr 2008 hat auch für Langzeitarbeitslose<br />

Chancen auf Beschäftigung eröffnet: Im November<br />

2008 gab es in Baden-Württemberg<br />

126.000 arbeitslose Menschen in der Grundsicherung,<br />

im Vorjahr waren es 140.000. Das<br />

ist ein Rückgang um zehn Prozent. Insgesamt<br />

gehörten im November 57,7 Prozent aller arbeitslos<br />

gemeldeten Frauen und Männer im<br />

Land dem Rechtskreis des Sozialgesetzbuches<br />

II (SGB II) an. Auch die Ausgaben für das Arbeitslosengeld<br />

II sind binnen eines Jahres gesunken:<br />

79 Millionen Euro sind im November<br />

2008 gezahlt worden, im Vorjahresmonat waren<br />

es 86 Millionen Euro. Das entspricht einem<br />

Minus von acht Prozent.<br />

Ebenfalls von der guten konjunkturellen Entwicklung<br />

haben die jungen Menschen profitiert:<br />

Zum Stichtag Ende September waren von<br />

den 71.640 Jugendlichen, die über die Agenturen<br />

nach einem Ausbildungsplatz gesucht<br />

hatten, noch 449 nicht mit einem Ausbildungsplatz<br />

oder einer Alternative versorgt. Auch die<br />

Arbeitslosigkeit junger Menschen unter 25 Jahre<br />

ist 2008 nochmals deutlich gesunken. Dieser<br />

Rückgang ist neben der Konjunktur den intensiven<br />

Bemühungen der Arbeitsagenturen<br />

und Jobcenter zu verdanken. Im November<br />

2008 waren mit knapp 21.000 arbeitslosen<br />

Jugendlichen 8,4 Prozent weniger gemeldet<br />

als im Vorjahresmonat. Die Jugendarbeitslosenquote<br />

lag im November bei 3,1 Prozent.<br />

Für das Jahr 2009 prognostiziert das IAB regional<br />

einen Anstieg der Arbeitslosenzahl um<br />

16.200 auf 244.000. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten wird demnach<br />

auf einem hohen Niveau stagnieren<br />

(3,894 Millionen).<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 47


A LLGEMEINER T EIL BWGZ 1/2009<br />

Das Jahr 2009 trägt die Überschrift Unsicherheit<br />

Von Dr. Dieter Hundt *<br />

Selten hat ein Jahr begonnen, für das die Aussichten<br />

über die weitere wirtschaftliche Entwicklung von so großer<br />

Ungewissheit geprägt waren wie in diesem Jahr 2009.<br />

Die weltweite Abschwächung der Wirtschaftsentwicklung<br />

hat sich im Laufe des vergangenen Jahres ständig verstärkt.<br />

Die globale Finanzmarktkrise hat die allgemeine Abwärtsentwicklung<br />

zum Ende 2008 in einer Weise beschleunigt,<br />

die kaum für möglich gehalten wurde. In einigen Wirtschaftszweigen<br />

ist die Auftrags lage teilweise dramatisch eingebrochen.<br />

Es mehren sich die Anzeichen, dass die Auswirkungen der<br />

Finanzmarktkrise auf die deutsche Wirtschaft nachhaltiger sein<br />

werden als bislang erwartet. Wir befinden uns in einer Rezession,<br />

die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit verstärkt.<br />

Auch unser Land ist von dieser besorgniserregenden<br />

Entwicklung betroffen. Wie<br />

kaum ein anderes Bundesland wird Baden-<br />

Württemberg stark von der Automobilindustrie<br />

geprägt. Hier wirkt sich die Absatzkrise<br />

bereits in vollem Umfang aus. Auch<br />

Teile des Maschinenbaus sind bereits betroffen.<br />

Die allgemeine Kaufzurückhaltung<br />

macht sich darüber hinaus im Handel<br />

bemerkbar. Wer in diesen Tagen Experten<br />

nach ihren Prognosen fragt, erntet nicht<br />

selten Schulterzucken. Von der Zuversicht,<br />

welche die Unternehmen noch vor einem<br />

halben Jahr zeigten, ist kaum etwas übrig<br />

geblieben.<br />

Nach einer aktuellen Umfrage des Instituts<br />

der deutschen Wirtschaft Köln gehen 37<br />

Prozent der Unternehmen von einem<br />

Rückgang der Produktion im Jahr 2009<br />

aus, nur 24 Prozent rechnen mit besseren<br />

Geschäften. Ein ähnliches Bild zeichnet<br />

die Umfrage bei den Investitionen: 34 Prozent<br />

der Unternehmen erwarten rückläufige<br />

Investitionen, nur 23 Prozent glauben<br />

an einen Zuwachs. Es herrscht Unsicherheit<br />

und Ungewissheit. Niemand weiß,<br />

wann die Talfahrt zu Ende sein könnte.<br />

Es gibt auch Hoffnungsschimmer<br />

Es gibt aber mehr als nur einen Hoffnungsschimmer,<br />

der mich optimistisch stimmt,<br />

* Dr. Dieter Hundt ist u.a. Präsident der Landesvereinigung<br />

Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände.<br />

dass wir zwar nicht unbeschadet, aber<br />

doch nicht zu sehr beschädigt durch die<br />

Rezession kommen. Unsere regionale<br />

Wirtschaft hat die drei Jahre eines außergewöhnlich<br />

robusten Aufschwungs dazu<br />

genutzt, ihre Eigenkapitalbasis zu verstärken,<br />

ihre Kostenstrukturen zu verbessern,<br />

innovativer zu werden und so ihre internationale<br />

Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern.<br />

Vor diesem Hintergrund bin ich zuversichtlich,<br />

dass der kräftige Gegenwind<br />

von den Weltmärkten die baden-württembergische<br />

Wirtschaft nicht gleich aus der<br />

Bahn wirft.<br />

Der kräftige Aufschwung hat in den letzten<br />

beiden Jahren auch zu einem erfreulichen<br />

Beschäftigungszuwachs geführt. Seit April<br />

2006 hat die baden-württembergische<br />

Wirtschaft mehr als 180.000 neue Arbeitsplätze<br />

geschaffen. Diese positive Entwicklung<br />

auf dem Arbeitsmarkt wird sich bedauerlicherweise<br />

2009 nicht fortsetzen.<br />

Natürlich sind die Unternehmen sehr bemüht,<br />

Personal an Bord zu halten. Denn<br />

auch dieses Mal kommt wieder ein Aufschwung.<br />

Die Frage ist aber, wie lange die<br />

bekannten personalpolitischen Werkzeuge<br />

wie Abbau von Arbeitszeitkonten und Urlaubsansprüchen<br />

sowie Kurzarbeit ausreichen,<br />

um Personalabbau zu vermeiden.<br />

Als Zeichen der Vernunft werte ich den im<br />

November geschlossenen Tarifvertrag für<br />

die baden-württembergische Metall- und<br />

Elektroindustrie – und dies gleich unter<br />

mehreren Aspekten. Der Tarifvertrag setzt<br />

erstens für andere Branchen ein verantwortungsvolles<br />

tarifpolitisches Signal für<br />

das Jahr 2009. Die Laufzeit von 18 Monaten,<br />

die Einmalzahlungen und vor allem<br />

die betrieblichen Flexibilisierungsmöglichkeiten<br />

sind zweitens gute Instrumente<br />

aus dem Werkzeugkasten eines modernen<br />

Flächentarifs. Die Vereinbarung trägt so<br />

der unterschiedlichen wirtschaftlichen Situation<br />

vieler Unternehmen in einer sehr<br />

heterogenen Branche Rechnung. Und<br />

drittens heißt das wichtige Signal von<br />

Sindelfingen: Die Tarifautonomie funktioniert<br />

auch und gerade in wirtschaftlich<br />

schwierigen Zeiten.<br />

Stabilisierend wirkt derzeit auch die Politik.<br />

Sie hat in dieser außergewöhnlichen<br />

Lage Handlungsfähigkeit bewiesen. Das<br />

Finanzmarktstabilisierungsgesetz war<br />

richtig und wird den Finanzsektor stärken.<br />

Wichtig wird sein, dass die Banken jetzt<br />

ihre originäre Aufgabe wahrnehmen und<br />

die Wirtschaft zu marktgerechten Konditionen<br />

ausreichend mit Kapital versorgen.<br />

Alle Akteure müssen daran arbeiten, das<br />

Vertrauen in die Märkte zurückzugewinnen.<br />

Wir brauchen das Vertrauen der Bürger<br />

in das Finanzsystem genauso wie auch<br />

das Vertrauen der Banken untereinander.<br />

Unsere freiheitliche, auf Wettbewerb, Eigenverantwortung<br />

und Solidarität fußende<br />

48 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 A LLGEMEINER T EIL<br />

Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung ist<br />

zwingend auf Vertrauen angewiesen.<br />

Hierzu muss die Politik weiter beitragen. So<br />

richtig und wichtig der Maßnahmenkatalog<br />

der Bundesregierung ist, so wenig reicht er<br />

insgesamt aus. Darüber hinaus müssen gerade<br />

jetzt alle krisenverschärfenden bürokratischen<br />

Regelungen beseitigt werden.<br />

Ich nenne ein Beispiel: Wenn die Regierung<br />

schon nicht davon abzubringen ist, das Entsende-<br />

und Mindestarbeitsbedingungengesetz<br />

zu ändern, muss wenigstens der Tarifvorbehalt<br />

gewahrt werden. Es darf nicht<br />

sein, dass der Staat in bestehende Tarifverträge<br />

eingreift. Insgesamt gilt: Es muss alles<br />

unterlassen werden, was Unternehmen zusätzlich<br />

belastet, und alles getan werden,<br />

damit bei den Beschäftigten vom Brutto<br />

mehr netto ankommt.<br />

Vertrauen in die Soziale<br />

Marktwirtschaft schwindet – leider<br />

Wenn ich in das nun vor uns liegende Jahr<br />

blicke, dann macht mir neben der von großer<br />

Ungewissheit geprägten Situation vor<br />

allem das schwindende grundsätzliche<br />

Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in<br />

die Soziale Marktwirtschaft große Sorgen.<br />

Dieser Prozess ist schon seit einigen Jahren<br />

im Gang – und das betrübt mich sehr.<br />

Dass unser Wirtschaftssystem von der Bevölkerung<br />

ausgerechnet in einer Zeit in<br />

Frage gestellt wird, in der in einem stabilen<br />

Aufschwung rund 1,5 Millionen Menschen<br />

wieder in Lohn und Brot gebracht<br />

und damit vielen Familien in Deutschland<br />

wieder ein verlässliches Einkommen und<br />

eine sichere Lebensgrundlage geboten<br />

werden konnte, kann uns als Verantwortliche<br />

in der Wirtschaft nicht kalt lassen. Die<br />

Akzeptanz unseres Systems in weiten Teilen<br />

unserer Gesellschaft ist die Voraussetzung<br />

für den internationalen Erfolg unserer<br />

Volkswirtschaft.<br />

Ich verhehle nicht, dass auch mancher Akteur<br />

aus unseren Reihen sich nicht immer<br />

korrekt verhalten hat. Unternehmer und<br />

Manager stehen nun einmal besonders im<br />

Blickpunkt der Öffentlichkeit und haben<br />

auch deshalb eine besondere Verantwortung.<br />

Wenn aber wie in letzter Zeit nahezu<br />

die gesamte deutsche Wirtschaft für Verfehlungen<br />

einiger weniger kollektiv auf<br />

die Anklagebank gesetzt wird, dann schießen<br />

manche Kritiker<br />

nicht nur<br />

über das Ziel hinaus,<br />

sondern<br />

schaden damit<br />

dem gesamten<br />

System unserer<br />

Sozialen Marktwirtschaft.<br />

Der<br />

weitaus größte<br />

Teil der Manager<br />

und die ganz<br />

überwiegende<br />

Zahl zigtausender<br />

Unternehmer<br />

in Deutschland<br />

arbeiten verantwortungsbewusst<br />

und er-<br />

folgreich. Wäre dies anders, wäre der Beschäftigungserfolg<br />

in den abgelaufenen drei<br />

Jahren nicht möglich gewesen. Ich empfehle<br />

der an manchen Stellen recht aufgeheizten<br />

Debatte etwas mehr Gelassenheit und<br />

vor allem mehr Differenziertheit.<br />

Das derzeitige Wirtschaftssystem<br />

hat keine Alternative<br />

Ich gehe davon aus, dass wir eine gesellschafts-<br />

und wirtschaftspolitische Systemdebatte<br />

werden führen müssen. Die unsicheren<br />

Zeiten und so manche unerfreuliche<br />

Auswirkung der Rezession auf Weltmarktfähigkeit<br />

und Arbeitsplätze werden<br />

die Diskussionen an manchen Stellen<br />

möglicherweise verschärfen. Ich bin davon<br />

überzeugt, dass unser Wirtschaftssystem<br />

mit einem starken Staat, der den Ordnungsrahmen<br />

setzt, alternativlos ist. Deshalb<br />

werde ich mich mit Nachdruck dafür<br />

einsetzen, dass wir Unternehmer diese Debatte<br />

über die Soziale Marktwirtschaft<br />

sehr offensiv führen.<br />

Die Soziale Marktwirtschaft hat gerade<br />

ihren 60. Geburtstag gefeiert. Ich bin überzeugt,<br />

dass sie sich auch in den voraussichtlich<br />

vor uns liegenden Krisenzeiten<br />

einmal mehr als widerstandsfähige, zukunftsfähige<br />

und bestmögliche Wirtschaftsordnung<br />

in einer freiheitlich-demokratischen<br />

Gesellschaft erweisen wird.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 49<br />

Az. 793.3


A LLGEMEINER T EIL BWGZ 1/2009<br />

Die wirtschaftliche Lage ist besser als die Stimmung<br />

Von Dr. Günter Baumann *<br />

Die Unternehmen in Baden-Württemberg gehen zum<br />

Jahresbeginn 2009 gut gerüstet in eine zunehmend schwierige<br />

Zeit. Die Finanzkrise hat den zyklischen Abschwung verschärft<br />

und insbesondere die Automobilindustrie mit voller Wucht<br />

erreicht. Sie trifft Händler, Zulieferer und Hersteller<br />

gleichermaßen. Die Tatsache, dass das internationale Ausmaß<br />

der Finanzmarktkrise vor Wochen und Monaten für viele<br />

nicht absehbar war, hat zu einer Verunsicherung bei Bürgern<br />

und in den Betrieben gesorgt.<br />

Meldungen über Milliardenrisiken in den<br />

Bilanzen vieler großer Geldinstitute, über<br />

teils dramatische Produktionsrückgänge<br />

und lange Werkferien über den Jahreswechsel<br />

sowie über die Krisen von Banken und<br />

Großkonzernen insbesondere in den USA<br />

haben diese Verunsicherung verstärkt.<br />

Doch die Lage ist besser als die Stimmung.<br />

Der Arbeitsmarkt ist in guter Verfassung.<br />

Die baden-württembergischen Betriebe<br />

sind international wettbewerbsfähig, ja in<br />

weiten Teilen sogar besser für raue Zeiten<br />

gerüstet als ihre Konkurrenten im Ausland.<br />

Die Eintrübung der Konjunktur verursachen<br />

großteils Bestellrückgänge aus dem<br />

Ausland. Die Impulse für den Aufschwung<br />

der letzten Jahre kamen fast ausschließlich<br />

vom Export und den Ausrüstungs-Investitionen<br />

für den exportbedingten Produktionszuwachs.<br />

Rückgänge insbesondere im<br />

Handel mit den USA und Westeuropa werden<br />

sich nicht vollständig durch steigende<br />

Exporte in andere Länder ausgleichen lassen,<br />

wenngleich es für die neuen EU-Beitrittsländer<br />

in Mittel- und Osteuropa sowie<br />

die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland,<br />

Indien und China) weiterhin positive<br />

Wachstumsprognosen gibt und diese Länder<br />

daher gute Chancen für unsere Wirtschaft<br />

bieten.<br />

Die Nachfrage im Inland wird in den kommenden<br />

Monaten nicht in die Bresche<br />

springen können. Die wachsende Verunsicherung<br />

über die weitere Konjunkturentwicklung<br />

belastet die inländische Nachfra-<br />

* Dr. Günter Baumann ist Präsident der Industrie- und<br />

Handelskammer (IHK) Region Stuttgart und Vize-Präsident des<br />

Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK).<br />

ge. Die zusätzliche Kaufkraft, die durch<br />

die vielen neu geschaffenen Arbeitsplätze<br />

generiert wurde, wird so nicht wirksam.<br />

Die Autos bleiben auf dem Hof der Händler,<br />

die Stereoanlage im Kaufhaus, das<br />

Geld auf der Bank.<br />

Der Kreditzugang ist zum Jahresanfang<br />

2009 für den Großteil der Unternehmen<br />

weitgehend intakt. Bei wenigen Unternehmen<br />

werden Kredite derzeit abgelehnt<br />

oder nicht verlängert. Dennoch zeigt sich<br />

die Finanzkrise bei den Modalitäten der<br />

Kreditvergabe. Von Kreditablehnungen<br />

sind kleine Unternehmen wegen ihrer häufig<br />

dünneren Eigenkapitaldecke stärker<br />

betroffen als der Mittelstand.<br />

Aber auch bei großen Unternehmen mit<br />

über 1.000 Beschäftigten liegt nach einer<br />

Umfrage der IHK-Organisation Ende letzten<br />

Jahres die Ablehnungsquote mit acht<br />

Prozent über dem Durchschnitt von sechs<br />

Prozent. Bei der Vergabe von großen Kreditvolumina<br />

an einzelne Großunternehmen<br />

sind einige Banken derzeit vorsichtiger.<br />

Doch gerade Großunternehmen sind<br />

aktuell stärker als bisher auf Bankkredite<br />

angewiesen, da ihre Refinanzierungsmöglichkeiten<br />

über die Kapitalmärkte derzeit<br />

eingeschränkt sind.<br />

Viele mittelständische Unternehmen mit<br />

250 bis 1000 Beschäftigten hingegen sind<br />

in punkto Finanzierung bei ihrer Hausbank<br />

sogar stärker als zuvor gefragt. Die meisten<br />

Kreditinstitute verfügen offenkundig<br />

über ausreichende Liquidität, die sie für<br />

eine Kreditvergabe an etablierte Unternehmen<br />

verwenden möchten. Zudem stehen<br />

viele Mittelständler derzeit auf einem soli-<br />

den Fundament – anders als in zurückliegenden<br />

Schwächephasen. Sie konnten ihre<br />

Eigenkapitalausstattung verbessern. Das<br />

senkt im Übrigen derzeit die Kreditabhängigkeit<br />

im Mittelstand allgemein.<br />

Mittelstand gut aufgestellt<br />

Allerdings haben sich für viele Betrieb die<br />

Finanzierungskonditionen verschlechtert.<br />

Dabei ist der Mittelstand von höheren Zinsen,<br />

erhöhten Anforderungen an Sicherheiten<br />

und umfangreicheren Dokumentationspflichten<br />

gegenüber den Geldinstituten<br />

weniger betroffen als kleine Unternehmen<br />

und Großbetriebe. Dies liefert einen Hinweis,<br />

dass der Mittelstand auch in Zeiten<br />

der Finanzmarktkrise aus Sicht von Kreditinstituten<br />

ein begehrter Kunde ist.<br />

Die Verschärfung bei den Kreditkonditionen<br />

sollte nicht dramatisiert werden. Sie<br />

ist zu einem Gutteil eine normale Reaktion<br />

in Zeiten der konjunkturellen Abkühlung.<br />

Rückläufige Auftragseingänge, die sich<br />

bereits seit mehreren Monaten abgezeichnet<br />

haben, erhöhen immer auch das Liquiditätsrisiko<br />

der kreditnehmenden Wirtschaft<br />

und damit das Ausfallrisiko von<br />

Krediten. Den eingetrübten Geschäftsperspektiven<br />

müssen die Banken derzeit<br />

Rechnung tragen. Zudem sind Banken und<br />

Sparkassen vor dem Hintergrund der<br />

50 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 A LLGEMEINER T EIL<br />

jüngsten Erfahrungen geradezu angehalten,<br />

bei ihrer Kreditvergabe stärker auf die<br />

Risiken zu achten.<br />

Banken müssen sich ordnen<br />

Geld ist und bleibt das Schmiermittel der<br />

Wirtschaft. Ein stabiles und gut funktionierendes<br />

Bankensystem ist deshalb eine<br />

wesentliche Voraussetzung für Wohlstand<br />

und Wachstum. Umso wichtiger ist es derzeit,<br />

dass die Vertrauenskrise zwischen<br />

den Banken ein Ende findet. Der Rettungsschirm<br />

für die Banken war richtig und hat<br />

eine systematische Ausbreitung der Krise<br />

verhindert. Erste Erfolge werden bereits in<br />

sinkenden Geldmarktzinsen sichtbar. Die<br />

Banken sollten ernsthaft prüfen, ob sie den<br />

Rettungsschirm in Anspruch nehmen, um<br />

damit ihrer Hauptaufgabe – der Kreditversorgung<br />

der Wirtschaft – nachzukommen.<br />

Um ihre Aufgabe zu erfüllen, brauchen die<br />

Banken Zeit, sich zu ordnen. Es kommt deshalb<br />

auch darauf an, dass die Politik mit<br />

Augenmaß reguliert. Denn Regulierungen<br />

können zwar die Qualität von Finanzprodukten<br />

verbessern und mehr Transparenz<br />

schaffen. Sie schränken jedoch Geschäftsoptionen<br />

ein und erhöhen die Finanzierungskosten<br />

für Unternehmen.<br />

Trotz der deutlichen Eintrübung bei den<br />

Geschäftsaussichten, aber auch bei den Investitionsplänen<br />

sollte nicht vorschnell auf<br />

eine ausgeprägte Wirtschaftskrise geschlossen<br />

werden. Die gesunkenen Investitionsabsichten<br />

drücken vor allem die<br />

tiefe Unsicherheit über Dauer und Ausmaß<br />

der Finanzmarktkrise aus. Sollte sich der<br />

Nebel der Finanzmarktkrise lichten – die<br />

Politik hat notwendige Maßnahmen zur<br />

Stabilisierung der Finanzmärkte ergriffen<br />

– werden viele der binnen weniger Wochen<br />

auf Eis gelegten Investitionsvorhaben<br />

wieder angegangen. Die gesunkenen<br />

Leitzinsen liefern die Voraussetzung für<br />

wieder günstigere Kreditzinsen.<br />

Steigende Wettbewerbsfähigkeit<br />

Hilfreich für die baden-württembergischen<br />

Unternehmen, mit Blick auf sich mittelfristig<br />

wieder bietende höheren Absatzchancen<br />

im Ausland, ist der sich fortschreitende<br />

Prozess der steigenden Wettbewerbsfähigkeit.<br />

Die zumindest zwischenzeitlich<br />

maßvolle Lohnentwicklung<br />

entlastet deutsche Anbieter im Ausland ge-<br />

nauso wie die wieder günstigere Wechselkursentwicklung.<br />

Zudem nehmen die<br />

deutlich gesunkenen Energie- und Rohstoffpreise<br />

Kostendruck von den Unternehmen.<br />

Dies schafft über eine sinkende<br />

Inflationsrate auch höhere Konsumspielräume<br />

für private Verbraucher, ebenso wie<br />

die zuletzt äußerst positive Arbeitsmarktentwicklung.<br />

Dass die Finanzmarktkrise – auch bei einem<br />

schnellen Überwinden der Krise –<br />

langfristig negative Auswirkungen auf die<br />

Wirtschaft und Wohlstand haben kann,<br />

sollten sich alle Ebenen der Politik vor Augen<br />

führen. Denn nicht wenige politische<br />

Akteure zweifeln an der Funktionsfähigkeit<br />

der gesamten Marktwirtschaft oder<br />

reden sie bewusst schlecht. Angesichts der<br />

Vielzahl negativer Schlagzeilen im Zusammenhang<br />

mit der Finanzmarktkrise<br />

werden die Erfolge der deutschen Wirtschaft,<br />

die deutlich gestiegene internationale<br />

Wettbewerbsfähigkeit sowie der niedrigste<br />

Stand der Arbeitslosigkeit seit 16<br />

Jahren, nahezu vergessen.<br />

Forderungen nach überzogenen Eingriffen<br />

des Staates in die Wirtschaft – pauschale<br />

Begrenzung von Gehältern, Verstaatlichung<br />

von Banken<br />

oder Schlüsselindustrien<br />

– beschädigen<br />

das Vertrauen in<br />

die Grundprinzipien<br />

der Sozialen Marktwirtschaft:<br />

Freiheit,<br />

Verantwortung und<br />

sozialen Ausgleich.<br />

Diese Grundfeste<br />

dürfen nicht durch<br />

vermeintlich einfache<br />

Lösungsansätze<br />

verspielt werden.<br />

Auch die Politik<br />

muss deshalb zu einer<br />

Versachlichung<br />

der Debatten beitragen.<br />

Vielmehr ist die Politik<br />

gefordert, die<br />

Wachstumsbremsen<br />

in Deutschland zu<br />

lösen – zum Beispiel<br />

durch mehr „Netto<br />

vom Brutto“ mit einem<br />

Vorziehen der<br />

steuerlichen Absetz-<br />

barkeit der Krankenversicherungsbeiträge<br />

sowie mit einer Anpassung der Einkommensbesteuerung<br />

an die Preissteigerungen.<br />

Die Absenkung der vor zwei Jahren<br />

übermäßig erhöhten Mehrwertsteuer wäre<br />

ein weiterer notwendiger Baustein dafür,<br />

die Verbraucher zu entlasten und Spielräume<br />

für den Konsum zu schaffen.<br />

Darüber hinaus sind zur Stärkung der<br />

Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Unternehmen<br />

investitionsfördernde Nachbesserungen<br />

bei der Unternehmenssteuerreform,<br />

eine familienunternehmerfreundliche<br />

Erbschaftsbesteuerung sowie mehr<br />

Spielräume bei Kündigungsschutz und<br />

Befristung dringend vonnöten. Der lange<br />

Aufschwung der letzten Jahre zeigt den<br />

Erfolg struktureller Reformen eindrucksvoll<br />

auf.<br />

Wenn die Politik mit einem klaren Bekenntnis<br />

zur sozialen Marktwirtschaft, mit<br />

mutigen Strukturreformen und Haushaltsdisziplin<br />

in die Bundestagswahl geht und<br />

ihren Worten dann auch Taten folgen lässt,<br />

stehen die Chancen gut, dass wir die Wirtschaftskrise,<br />

die uns 2009 droht, rasch<br />

überwinden.<br />

Az. 793.2; 793.3<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 51


A LLGEMEINER T EIL BWGZ 1/2009<br />

Handwerk als Partner der Kommunen<br />

Von Joachim Möhrle *<br />

Zum Jahresbeginn 2008 hat sich die Weltwirtschaft noch<br />

in robuster Verfassung präsentiert. Seit vergangenen Herbst<br />

befindet sie sich im Abschwung. Dies ist vor allem eine Folge<br />

der Finanzkrise, die nach der Finanzwirtschaft längst auch die<br />

Realwirtschaft bedroht. Auch das Handwerk in Baden-<br />

Württemberg mit seinen 130.000 Betrieben und 750.000<br />

Mitarbeitern ist mit einem Rückgang des privaten Konsums und<br />

einer spürbar verlangsamten Investitionsnachfrage konfrontiert.<br />

Angesichts der hohen Dynamik der derzeitigen<br />

Situation fallen Prognosen für die<br />

konjunkturelle Entwicklung naturgemäß<br />

schwer. Die Entwicklung in den konsumnahen<br />

Handwerken in Baden-Württemberg<br />

ist schlecht und droht sich angesichts<br />

der Turbulenzen sowie der Vermögensverluste<br />

weiter zu verlangsamen. Die Konsumenten<br />

werden ihr Geld noch stärker als<br />

bisher zusammenhalten.<br />

Zudem wird die Nachfrage nach Investitionen<br />

sowohl aus dem In- wie aus dem<br />

Ausland nachlassen. Entsprechend können<br />

die handwerklichen Zulieferer und Dienstleister<br />

der Industrie nicht mehr wie bisher<br />

ihre Wirkung als Lokomotive für die<br />

Handwerkskonjunktur entfalten. Wenn der<br />

bisher schon schwache Konsum der Privatkundschaft<br />

weiter zurückgeht, dann<br />

trifft das zahlreiche Handwerke ganz direkt<br />

– vom Autohaus über den Friseur bis<br />

zum Konditor. Die besonders gefährdeten<br />

handwerklichen Schlüsselbranchen Kfz<br />

und Bau sind jetzt auf Wachstumsimpulse<br />

durch die Bundesregierung angewiesen.<br />

Abgefedert durch den guten Start ins Jahr<br />

2008 konnten wir das Beschäftigungsniveau<br />

halten und einen leichten nominalen<br />

Umsatzzuwachs erzielen. Das neue Jahr jedoch<br />

wird unsere Handwerksbetriebe vor<br />

eine erhebliche Belastungsprobe stellen.<br />

Unser Ziel ist es, 2009 im baden-württembergischen<br />

Handwerk das nominale Umsatzniveau<br />

und auch die Beschäftigung<br />

weiter zu halten. Realistisch aber ist es, bei<br />

der rapiden Verschlechterung der Lage auf<br />

* Joachim Möhrle ist Präsident<br />

des Baden-Württembergischen Handwerkstages.<br />

den globalen Märkten mit einem deutlichen<br />

Minus bei den Umsätzen zu rechnen.<br />

Rahmenbedingungen<br />

müssen stimmen<br />

Das Handwerk hat die Substanz, auch in<br />

wirtschaftlich sehr schwierigen Zeiten bestehen<br />

zu können. Aber wir brauchen Förderung<br />

und Unterstützung bei den Rahmenbedingungen<br />

– vor allem da, wo aufgrund<br />

zu hoher Belastungen die Konjunktur<br />

besonders lahmt. Das erste<br />

Konjunkturpaket der Bundesregierung hat<br />

ja bereits den richtigen Weg gewiesen. Es<br />

setzt auf Investitionsimpulse.<br />

Bund, Länder und Kommunen sollten zügig<br />

ihre vergabereifen Infrastrukturinvestitionen<br />

auf den Weg bringen. Zusätzliche<br />

Mittel sind erforderlich für Programme<br />

zum Stadtumbau und für Kindergärten,<br />

Kindertagesstätten und Schulen, die vielerorts<br />

dringend modernisiert und energetisch<br />

saniert werden müssen. Eine schnelle<br />

Vergaberechtsreform mit dem Grundsatz<br />

der Fach- und Teillosvergabe wird dafür<br />

sorgen, dass diese Investitionen auch den<br />

Mittelstand erreichen. Die für energetische<br />

Gebäudesanierungen vorgesehenen Förderprogramme<br />

müssen – über die bereits<br />

vorgesehene Mittelaufstockung hinaus –<br />

weiter verstärkt werden.<br />

Die Verdoppelung der Absetzbarkeit von<br />

Handwerkerrechnungen von der Steuerschuld<br />

auf nun 1.200 Euro (20 Prozent von<br />

6.000 Euro Arbeitsleistung) ist richtig. Der<br />

private Konsum braucht Anschub. Das<br />

kann aber nur gelingen, wenn wir den<br />

Menschen mehr Netto vom Brutto belassen.<br />

Die mittleren Einkommen von der<br />

„kalten Progression“ zu entlasten muss<br />

ganz vorne stehen.<br />

Kleine Betriebe<br />

mit großen Problemen<br />

Dass der sprichwörtlich goldene Boden<br />

des Handwerks auch in Baden-Württemberg<br />

an Glanz verloren hat, zeichnete sich<br />

schon im vergangenen Jahr ab. Der Aufschwung<br />

setzte sich zwar fort, allerdings<br />

auf gedämpftem Niveau. Verstärkt in den<br />

Vordergrund trat dabei eine Polarisierung<br />

des wirtschaftlichen Erfolgs der Handwerksbetriebe<br />

in Abhängigkeit von ihrer<br />

Betriebsgröße. Mittlere und große Handwerksunternehmen<br />

konnten am Aufschwung<br />

partizipieren, während die kleinen<br />

Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten<br />

– sie bilden mit mehr als 80 Prozent den<br />

Löwenanteil – die positive Entwicklung<br />

nicht nachvollziehen konnten. Sie sind<br />

kaum in der Lage, in einer außerordentlich<br />

wettbewerbsintensiven und zunehmend<br />

internationalisierten Konkurrenz ihre Betriebsergebnisse<br />

nachhaltig zu sichern.<br />

Das Handwerk ist wie kaum ein anderer<br />

Wirtschaftsbereich davon abhängig, ausbildungswillige<br />

und lernbegierige junge<br />

Menschen zu qualifizierten Handwerkern<br />

heranzubilden. Handwerksbetriebe leisten<br />

traditionell einen überproportionalen Beitrag<br />

zur Qualifikation der Arbeitnehmer.<br />

Und traditionell haben sie immer auch<br />

schon für den Bedarf anderer mit ausgebildet.<br />

Handwerksbetriebe stellen ein Drittel<br />

aller Ausbildungsplätze zur Verfügung.<br />

Mit rund 23.000 neu abgeschlossenen<br />

Ausbildungsverträgen konnte das baden-<br />

52 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 A LLGEMEINER T EIL<br />

württembergische Handwerk seine hohe<br />

Ausbildungsleistung halten.<br />

Das Ausbildungspotenzial unserer Betriebe<br />

liegt allerdings deutlich höher. Schon in der<br />

Vergangenheit konnten viele Handwerksbetriebe<br />

ihre offenen Ausbildungsplätze<br />

nicht besetzen, obwohl auf dem Markt eine<br />

Überschussnachfrage nach Lehrstellen<br />

herrschte. Aufgrund des Mangels an qualifizierten<br />

Bewerbern konnten etwa 8.000<br />

Lehrstellen nicht besetzt werden.<br />

Gemeinsam nachhaltig<br />

wirtschaften<br />

Handwerk ist die kommunalste aller Wirtschaftsformen:<br />

Unternehmer aus dem lokalen<br />

Umfeld erbringen mit Mitarbeitern aus<br />

eben diesem Umfeld Leistungen für diese<br />

Region. Nicht ohne Grund sind Handwerksmeister<br />

mit ihrer Rollenvielfalt als Unternehmer,<br />

Steuerzahler, Kunde, Bürger, und<br />

Familienoberhaupt mit die wichtigsten Träger<br />

unserer kommunalen Selbstverwaltung.<br />

Diese breite und tief verwurzelte Partnerschaft<br />

will der Baden-Württembergische<br />

Handwerkstag auch in Zukunft in enger<br />

Partnerschaft zwischen Handwerk und den<br />

Kommunen fortschreiben.<br />

Gemeinsam Einfluss nehmen können wir<br />

zum Beispiel auf dem Feld der nachhaltigen,<br />

effizienten und Ressourcen schonenden<br />

Energiewirtschaft. Dabei gibt es drei<br />

Problempakete: die Kostenreduktion bei<br />

der Bewirtschaftung öffentlicher Liegenschaften,<br />

der Aktivierung des großen Potenzials<br />

privater Gebäude und das Feld der<br />

Gebührenpolitik und Konzessionsangebote.<br />

Der Faktor Energieeffizienz gewinnt im<br />

Haushalt einer Kommune einen immer<br />

größeren Stellenwert: Energiekosten erweisen<br />

sich als wachsende Belastung. Im<br />

Durchschnitt gehen beispielsweise allein<br />

30 Prozent der Stromkosten auf das Konto<br />

der Straßenbeleuchtung.<br />

In Fragen der Energieeffizienz haben die<br />

Betriebe des baden-württembergischen<br />

Handwerks bereits in der Vergangenheit<br />

Pionierleistungen erbracht. Sie verbessern<br />

ihre branchenübergreifenden Kompetenzen<br />

in energietechnischen und energiewirtschaftlichen<br />

Fragen fortlaufend. Damit<br />

trägt das Handwerk nicht nur in erheblichem<br />

Maße zum Klimaschutz bei, sondern<br />

hilft gerade auch den Kommunen ihr<br />

Einsparpotenzial zu nutzen. Seit 1999 ha-<br />

ben zum Beispiel Energiesparcheckberater<br />

aus dem Handwerk fast 35.000 vom Umweltministerium<br />

finanziell geförderte<br />

Energieberatungen durchgeführt. Die Ausbildung<br />

zum Gebäudeenergieberater haben<br />

zwischenzeitlich mehr als 700 der<br />

Energiecheckberater absolviert und sind<br />

damit berechtigt, sowohl den Energiesparcheck<br />

als auch den Energieausweis auszustellen.<br />

Gemeinsam mit den Kommunen und anderen<br />

Verantwortlichen unterstützt der<br />

Handwerkstag das Aktionsbündnis „Flächen<br />

gewinnen“. Zum einen sind die Innenentwicklung<br />

der Kommunen und die<br />

Bauwirtschaft zwei Komponenten, die unabdingbar<br />

zusammenhängen. Zum anderen<br />

kann nur mit der Sicherung und Weiterentwicklung<br />

wohnortnaher Arbeitsplatz-<br />

und Dienstleitungsangebote und mit<br />

Siedlungen der kurzen Wege eine Ressourcen<br />

schonende und nachhaltige Siedlungsgestaltung<br />

auf Dauer sichergestellt<br />

werden.<br />

Die Besinnung auf die Chancen der Innenentwicklung<br />

bedeutet auch eine Besinnung<br />

darauf, wie wir die gebaute Stadt für die<br />

gelebte Gemeinschaft in unserem Alltag<br />

nutzen wollen. Das Handwerk, das mit seinen<br />

Betrieben früher ganz selbstverständlich<br />

in den Innenstädten angesiedelt war,<br />

wanderte in die Randlagen ab. Zwischenzeitlich<br />

zeichnet sich zwar eine Tendenz<br />

zu einer teilweisen Rückkehr ins Zentrum<br />

und in ein Umfeld des gemischten Wohnens<br />

ab. Konflikte durch stärkere Verdichtung<br />

und des zunehmenden Problems der<br />

Lärm- oder Geruchsbelastung bleiben dabei<br />

aber nicht aus und sind oft ungeklärt.<br />

Die Handwerksorganisationen<br />

im<br />

Land schalten<br />

sich hier vermittelnd<br />

ein<br />

und engagieren<br />

sich für eine<br />

bessere Informationbeider<br />

Seiten. Wir<br />

stehen hier für<br />

die Kommunen<br />

jederzeit<br />

als Ansprechpartner<br />

zur<br />

Verfügung.<br />

Eine große Herausforderung kommt auf<br />

das Handwerk mit der flächendeckenden<br />

Einführung der elektronischen Vergabe im<br />

Land zu. In der staatlichen Vermögens-<br />

und Hochbauverwaltung, in der Straßenbauverwaltung<br />

sowie im Logistikzentrum<br />

Baden-Württemberg sind die Weichen<br />

schon gestellt. Bei allen anderen Vergabestellen<br />

des Landes und bei den Kommunen<br />

wird das E-Verfahren in naher Zukunft<br />

Einzug halten. Der Handwerkstag hat sich<br />

für ein stufenweises Verfahren eingesetzt,<br />

um auch die kleinen Betriebe mitzunehmen.<br />

Die Einführung eines vollelektronischen<br />

Verfahrens bis hin zu digitalen Angebotsabgabe<br />

braucht seine Zeit. Der Papierweg<br />

sollte deshalb noch möglichst<br />

lange parallel offen bleiben. Der Handwerkstag<br />

hat seine Informationskampagne<br />

intensiviert und bei Veranstaltungen im<br />

vergangenen Jahr schon mehr als 450 Betriebe<br />

aus den Bau-, Ausbau- und anlagentechnischen<br />

Handwerken erreicht.<br />

Um noch einmal zum Anfang zurückzukommen:<br />

Bei allen weltwirtschaftlichen<br />

Turbulenzen bin ich sicher, dass Handwerksunternehmer<br />

selten den Boden unter<br />

den Füßen verlieren. Sie schaffen keine<br />

virtuellen Werte, sondern arbeiten in der<br />

Realität. Handwerksmeister leben ihre<br />

Verantwortung für die Familie, ihre Mitarbeiter<br />

und ihre Region. Kleine und mittlere<br />

Betriebe, in denen verantwortungsvoll<br />

gewirtschaftet wird, die nachhaltige Wertschöpfung<br />

mit verständlichen Produkten<br />

und Dienstleistungen erzielen, bilden das<br />

Fundament unserer Wirtschaft und Gesellschaft.<br />

Gerade in Baden-Württemberg.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 53<br />

Az. 793.1


G EMEINDEPORTRÄT BWGZ 1/2009<br />

Im Jahr 1258 zum ersten Mal urkundlich erwähnt<br />

An Mönchweiler führt kein Weg vorbei<br />

Von Wilfried Heupel *<br />

Im Jahr 1258 wurde Mönchweiler erstmals urkundlich<br />

erwähnt. Doch der Ort ist wesentlich älter und dürfte bereits<br />

um das Jahr 800 n. Chr. gegründet worden sein. Für die rund<br />

3200 Einwohner zählende Gemeinde also Anlass genug, im Jahr<br />

2008 das seltene Jubiläum „750 Jahre Ersterwähnung“ ausgiebig<br />

zu feiern und sich der ereignisreichen Geschichte in etlichen<br />

informativen und unterhaltsamen Veranstaltungen zu erinnern.<br />

Denn das Dorf war schon vor rund 1000 Jahren für die Zähringer<br />

bei der Erschließung des mittleren Schwarzwaldes bedeutend.<br />

Und auch heute gilt für die aktive Gemeinde im Schwarzwald-<br />

Baar-Kreis: An Mönchweiler führt kein Weg vorbei.<br />

In nomini domini amen. Erhabenes Kirchenlatein<br />

ziert jene denkwürdige Verkaufsurkunde,<br />

die zwar mit Mönchweiler<br />

wenig zu tun hat, gleichwohl für den Ort<br />

von enormer Bedeutung ist. Es geht darin<br />

um den Verkauf eines Hofes des Klosters<br />

Salem an das Kloster Rottenmünster, bei<br />

dem als Zeuge ein Plebanus de Mvnechewilar<br />

genannt wird. Datiert ist das überaus<br />

wertvolle Dokument, das sich im Original<br />

im Hauptstaatsarchiv Stuttgart befindet,<br />

mit dem 6. März 1258. Das also ist das<br />

historisch belegte Datum der Ersterwähnung<br />

Mönchweilers – der papierne Beleg<br />

für die Existenz eines Weilers mit damals<br />

etwa 170 bis 200 Bewohnern.<br />

Dass Mönchweiler wesentlich älter ist, ergibt<br />

sich aus der Tatsache, dass der Plebanus<br />

de Mvnechewilar als offensichtlich<br />

vertrauenswürdige Person bei etlichen<br />

wichtigen Verkäufen als Zeuge benannt<br />

wurde. Die Bedeutung des Kaufzeugen<br />

spricht für die Bedeutung des namentlich<br />

erwähnten Ortes. Es ist deshalb davon auszugehen,<br />

dass die Anfänge Mönchweilers<br />

lange vor der urkundlichen Erstnennung<br />

im Jahre 1258 liegen. Dabei dürfte die Lage<br />

des Ortes und die Erschließung des<br />

Schwarzwaldes unter den Zähringern für<br />

die Entstehung Mvnechewilars von großer<br />

Bedeutung gewesen sein.<br />

* Der Autor ist freier Journalist.<br />

Exponierte Verkehrslage<br />

Die exponierte Verkehrslage Mönchweilers<br />

und die daraus resultierende Bedeutung<br />

des Ortes ergab sich aus der erklärten<br />

Absicht der Zähringer, den Schwarzwald<br />

bis hinunter ins Kinzigtal zu erschließen.<br />

Deshalb unterstützten sie 1084 den Bau<br />

des Reformklosters St. Georgen. Bischof<br />

Gebhard von Konstanz hat das Kloster<br />

nicht nur geweiht, er hat es auch gefördert.<br />

Gebhard wiederum war ein Bruder des<br />

Herzogs Berthold von Zähringen, der die<br />

junge Klostergründung von Villingen aus<br />

schützte.<br />

Die im Zähringer Städtenetz wichtige Position<br />

kann ein Beleg dafür sein, dass<br />

Mönchweiler als kleine Ansiedlung aus<br />

sich selbst heraus entstanden und mit den<br />

Entschließungsabsichten der Zähringer<br />

weiter gewachsen ist. Wenn man die relativ<br />

günstige Entwicklung auf der Baar zwi-<br />

schen dem 11. und frühen 13. Jahrhundert,<br />

auch bedingt durch die in unserer Region<br />

stabilisierende politische Großwetterlage<br />

unter den Sachsen-, Salier- und Staufer-<br />

Kaisern, berücksichtigt und die unmittelbare<br />

Zeit vor der Erstnennung im Jahr<br />

1258 sorgfältig einordnet, dann steht<br />

Mönchweiler mehr für ein zwar langsam,<br />

aber organisch gewachsenes selbständiges<br />

Gebilde. Weniger für eine Gründung von<br />

St. Georgen aus.<br />

Der Kontakt zu den Benediktinern des<br />

Klosters St. Georgen bestand dergestalt,<br />

dass Teile Mönchweilers im Laufe der Zeit<br />

nach und nach durch Kauf oder Übergabe<br />

erworben wurden, was darauf schließen<br />

lässt, dass Mvnechewilar nicht erst vom<br />

Kloster gegründet wurde.<br />

Am Anfang waren Mönche<br />

Wie ist es eigentlich entstanden, das Dorf<br />

Mönchweiler, und warum heißt es so? Am<br />

Anfang waren Mönche – davon ist auszugehen.<br />

Woher sie kamen, ist schwer zu<br />

sagen. Aber dass es jene waren, die es mit<br />

„Ora et labora“ (bete und arbeite) des Heiligen<br />

Benedikt sehr ernst nahmen, dürfte<br />

klar sein. Es ist anzunehmen, dass sie von<br />

der Insel Reichenau kamen.<br />

Eine sehr plausible und seriöse Erklärung<br />

zur Entstehungsgeschichte des Ortes hat<br />

Johann Dietrich Pechmann erforscht: Um<br />

das Jahr 800 n. Chr. , wahrscheinlich noch<br />

früher, spätestens aber kurz vor dem Jahr<br />

Idylle ja –<br />

verschlafen nein:<br />

Mönchweiler<br />

hat sich<br />

insbesondere<br />

als „Mediendorf“<br />

profitiert.<br />

54 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 G EMEINDEPORTRÄT<br />

Klassisches Bauernhaus –<br />

Tradition und Fortschritt sind kein Widerspruch.<br />

1000, gründeten Mönche eine kleine Cella<br />

an der Reichsstraße zwischen Villingen<br />

und Hornberg. Bald siedelten die Patres<br />

einige Bauern in ihrer Nähe an. Wäre es<br />

nur ein Bauer gewesen, würde das Dorf<br />

heute Mönchhof heißen. Es waren indes<br />

mehr als ein Hof, aber weniger als sieben<br />

Höfe, um den Begriff Weiler zu erfüllen.<br />

Daher also Mönchweiler. Aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach stand also die Wiege<br />

des Ortes nicht im Inner-, sondern im<br />

Außerdorf.<br />

Bis 999 n. Chr. gab es keine nennenswerten<br />

Veränderungen. Mit der Verleihung des<br />

Marktrechts an den Herzog Berthold von<br />

Zähringen durch Kaiser Otto III. änderte<br />

sich die Situation grundlegend. Die Zähringer<br />

mussten dafür sorgen, dass die nach<br />

Villingen führenden Verkehrsverbindungen<br />

für Käufer und Verkäufer sicher waren.<br />

Straßen wurden ausgebaut und teilweise<br />

ebenso neue angelegt. Damit beauftragte<br />

der Herzog seine Vasallen – für Mönchweiler<br />

aller Wahrscheinlichkeit nach ein Mitglied<br />

der Familie Stählin. Dieser namentlich<br />

nicht bekannte Herr legte die Straße<br />

entlang der jetzigen Hindenburg- und<br />

Herdstraße neu an und sperrte den Weg im<br />

Bereich der Antoniuskirche mit einer kleinen<br />

Befestigungsanlage, dem später so<br />

genannten Bürgle. Das wiederum bestand<br />

damals aus einem Haus, einem Turm –<br />

dem heutigen Kirchturm – und einem<br />

rundum laufenden Wassergraben, der<br />

eventuell noch mit einer Holzpalisade ausgestattet<br />

war. Der Turm diente als Aus-<br />

sichtsturm zur Straßenkontrolle und als<br />

Aufbewahrungsort für den Straßenzoll.<br />

Um das Bürgle herum wurden neue Bauernhöfe<br />

angelegt und die im Außendorf<br />

bestehenden eingegliedert. Den Namen<br />

übernahm die so vergrößerte Siedlung von<br />

dem schon bestehenden Weiler.<br />

Die Reformation und ihre Folgen<br />

Die 1517 ausgelöste Reformation hatte<br />

tiefgreifende religiöse, konfessionelle, soziale<br />

und gesellschaftliche Folgen. Der<br />

Umbruch kündigte sich schon einige Jahre<br />

später auch in den Gebieten um Mönchweiler<br />

durch aufständische Bauern an, deren<br />

ursprüngliche Absichten, sich von den<br />

Zwängen ihrer weltlichen und kirchlichen<br />

„Besitzer“ zu befreien, immer mehr ausuferten<br />

und schließlich zu chaotischen Zuständen<br />

führten. Die äußerten sich 1525 in<br />

ungezügelten Gewaltausbrüchen „derer<br />

von Villingen, die gen Minchwiller“ zogen<br />

und „ferbrandt das torff uff den boden hinweck“<br />

(Hugsche Chronik).<br />

Der Bauernaufstand war aus recht unterschiedlichen<br />

Gründen schon bald Episode<br />

– die Reformation nicht. Sie erfasste weite<br />

Landesteile, die zum jeweiligen Spielball<br />

der katholischen oder reformatorischen<br />

Landesherren wurden. Die Konfession der<br />

Untertanen bestimmte die Obrigkeit: cuius<br />

regio – eius religio! Eine Wahl hatten sie<br />

nicht. So gerieten sie in der hiesigen Region<br />

zwischen die Interessen der katholischen<br />

Habsburger und der evangelischen<br />

Württemberger. Mönchweiler lag quasi<br />

mittendrin im hochherrschaftlichen Interessengetümmel.<br />

In den Jahren nach 1534, als Herzog Ulrich<br />

von Württemberg wieder eingesetzt<br />

wurde und die Reformation nach besten<br />

Kräften förderte, begann eine wechselvolle<br />

Geschichte: Das Kloster St. Georgen<br />

wurde zwischendurch evangelisch, 1548<br />

wieder katholisch.<br />

In all diesen Jahrzehnten und noch dazu<br />

über die anstehende Jahrhundertwende hinaus<br />

herrschte unablässig der Schwarze Tod.<br />

Die Pest war ein ständiger Begleiter und<br />

wütete im Oktober des Jahres 1613 besonders<br />

heftig. Auch deshalb, weil sich der<br />

30jährige Krieg ankündigte, der vordergründig<br />

ein Religionskrieg sein sollte, tatsächlich<br />

aber vor allem den Machtinteressen<br />

europäischer Herrscherhäuser diente.<br />

Mönchweiler hatte unter den Schrecken<br />

des Krieges arg zu leiden. Vor allem die<br />

Bevölkerung war es, die größten Tribut zu<br />

zahlen hatte, weil der Sold der Soldateska<br />

vor allem aus dem geraubten Gut bestand.<br />

Am 22. Februar 1633 – also im ärgsten<br />

Winter – wurde Mönchweiler total eingeäschert.<br />

Der lange Weg in die Gegenwart<br />

Die historische Entwicklung Mönchweilers<br />

ist eng mit der frühen Entstehung eines<br />

Pfarrsprengels vor rund 800 Jahren,<br />

dem Bau der Antonius-Kirche und der äußerst<br />

wechselvollen Geschichte der Kirchengemeinde<br />

verbunden. Das war in den<br />

zurückliegenden Jahrhunderten ein ganz<br />

natürliches, weil lebensnotwendiges Miteinander<br />

der Bürgerinnen und Bürger.<br />

Evangelische Kirche im Ortskern<br />

Auch den heutigen Mittelpunkt des Dorfes<br />

markieren – zumindest symbolisch – das<br />

Wahrzeichen Mönchweilers, eben der erhabene<br />

Kirchenbau, und das gegenüberliegende<br />

Rathaus. Der Kirchturm in der erhaltenen<br />

Form und der gotische Chor wurden<br />

1511 gebaut. Der romanische Vorgängerbau<br />

ist nicht datiert. Und dort, wo sich<br />

seit vielen Jahrzehnten das Rathaus befindet,<br />

dürfte einer der ältesten Teile<br />

Mönchweilers anzusiedeln sein. Vor etwa<br />

800 Jahren befand sich dort eine so genannte<br />

Motte. Solche Motten waren kleine<br />

Burganlagen auf zumeist künstlich aufgeschütteten<br />

Erdhügeln.<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 55


G EMEINDEPORTRÄT BWGZ 1/2009<br />

Heute ist Mönchweiler ein anschauliches<br />

Beispiel dafür, dass die Größe einer Gemeinde<br />

nicht allein entscheidend ist. Vor etwa vier<br />

Jahrzehnten, in den turbulenten Zeiten der<br />

Gemeindereform, wehrte sich der Ort erfolgreich<br />

gegen die Begehrlichkeiten des großen<br />

Nachbarn Villingen-Schwenningen. Denn<br />

Mönchweiler erfreut sich alles in allem einer<br />

gesunden kommunalen Finanzstruktur, was<br />

natürlich nicht zuletzt damit zu tun hat, dass<br />

die über Jahrhunderte prägenden agrarwirtschaftlichen<br />

Entwicklungsphasen zunächst<br />

zaghaft von gewerblichen und dann – drängender<br />

– von industriellen abgelöst wurden.<br />

Die Gestaltungsmöglichkeiten sind jetzt natürlich<br />

ungleich größer als zu früheren Zeiten.<br />

Größe allein aber kann kein Ziel sein –<br />

die Inhalte sind wichtig. Infrastrukturell und<br />

ohne zusätzliche Investitionen könnte<br />

Mönchweiler den Zuzug von 1000 Menschen<br />

verkraften. Doch von solchen Zuwächsen<br />

nur zu träumen, verbietet sich von<br />

selbst. Wenn die jetzige Einwohnerzahl von<br />

rund 3200 schon um zwei, drei Prozent steigen<br />

würde, läge man über dem aktuellen<br />

Trend. Entwickeln lässt sich die Gemeinde<br />

finanziell wie nominal nur über eine moderate<br />

Expansion, welche die Erträge wie aus<br />

der Gewerbesteuer und aus dem Verkauf von<br />

Grundstücken an gewerbliche und private<br />

Interessenten ermöglichen. Ergo: Erweiterung<br />

eines attraktiven Gewerbegebietes und<br />

Ansiedlung neuer Bürger durch Ausweisung<br />

neuer Baugebiete.<br />

Der heutzutage oft beklagten Anonymität<br />

und Individualisierung steht in Mönchweiler<br />

die engagierte Nachbarschaftshilfe – verbunden<br />

mit einem erheblichen Maß an freiwilligen<br />

Leistungen der Bürger – gegenüber. Diese<br />

Spielräume des gemeinsamen Gestaltens<br />

ergeben sich für aktive und interessierte Bewohner<br />

aus dem Grundrecht der Mitsprache<br />

und des Einmischens. Ein teures und hart<br />

erkämpftes Gut! Im März 1808 beispielsweise<br />

begehrten hiesige Taglöhner „ein gantz<br />

gleiches Bürgerrecht“ wie die Bauern. Wegen<br />

der ungleichen Verteilung der Almendfelder<br />

war es zu erheblichen Spannungen<br />

gekommen. 40 Jahre später kam es – unter<br />

anderem von Konstanz aus – allgemeiner<br />

demokratischer Rechte wegen zur ersten und<br />

einzigen Revolution in Deutschland.<br />

Klein, aber fein. Das ist Mönchweiler. Und<br />

zwar mit einer kommunalen Selbstverwaltung,<br />

die stets zu wirtschaften verstand. Im<br />

Vergleich mit Kommunen, die quasi ums finanzielle<br />

Überleben ringen, steht die Gemeinde<br />

mit dem allgegenwärtigen Mönch im<br />

Wappen gut da.<br />

Mönchweiler als<br />

Wirtschaftsstandort<br />

Aus der einstmals landwirtschaftlich orientierten<br />

Gemeinde ist ein überregionaler Gewerbe-<br />

und Industriestandort geworden. Das<br />

heißt für nicht wenige Bewohner Arbeit unmittelbar<br />

vor Ort. Zwar rangieren die größeren<br />

Nachbarstädte Villingen-Schwenningen<br />

und St. Georgen in Sachen „Arbeitsplatz“<br />

zwangsläufig vor Mönchweiler, doch sind<br />

hier immerhin cirka 1200 Arbeitsplätze in<br />

ungefähr 170 Betrieben vorhanden. Ein Industriebesatz,<br />

um den Mönchweiler von anderen<br />

Kommunen beneidet wird.<br />

Mönchweiler ist ein Wirtschaftsstandort, der<br />

seine speziellen Vorzüge hat. Lokal ist nämlich<br />

ebenso global! Und zwar immer dann,<br />

wenn man die Weltwirtschaft nicht aus den<br />

Augen verliert. Ein sicherer Standort hat seine<br />

Vorzüge gegenüber den Unwägbarkeiten<br />

eines weniger tauglichen. Das beginnt mit<br />

gewissenhaften und gut ausgebildeten Arbeitskräften,<br />

führt über die infrastrukturellen<br />

Gegebenheiten und endet keineswegs mit<br />

der hier vorhandenen Anbindung ans weite<br />

Verkehrsnetz der Bundesstraße und Bundesautobahn.<br />

Denn zusätzliche Faktoren des<br />

hiesigen Standortvorteils sind die kommunalen<br />

Anstrengungen für eine breite gewerbliche<br />

elektronische Ausstattung, beispielsweise<br />

mit dem rasanten medialen Datenverkehr<br />

über Kabelautobahnen und den unbedingt<br />

dazu gehörenden, weil erforderlichen Anschlussmöglichkeiten.<br />

„Mediendorf“ Mönchweiler<br />

Immerhin genießt Mönchweiler auch die vom<br />

Land Baden-Württemberg geförderte Anerkennung,<br />

ein Mediendorf zu sein. Die Vorreiterrolle<br />

Mönchweilers auf diesem Sektor ist<br />

nicht zu übersehen, wenn man sich vor Ort<br />

den Umgang mit den virtuellen Medien ansieht.<br />

Als bundesweit einmaliger kostenloser<br />

Service erhielten schon vor etlichen Jahren<br />

Bürger, Vereine und Organisationen auf Antrag<br />

neben ihrer postalischen Anschrift noch<br />

eine eigene kommunale E-Mail-Adresse.<br />

Wirtschaftsministerium) sehr eng zusammenarbeiten.<br />

Die Absicht ist klar: Kleinere Gemeinden<br />

sollen durch die Informations- und Kommunikationstechniken<br />

gestärkt werden und die<br />

gleichen IT-Voraussetzungen wie städtische<br />

Konglomerate erhalten. Natürlich dienen die<br />

Absichten ebenso der zusätzlichen Stärkung<br />

ortsansässiger Unternehmen, die natürlich<br />

auch in diesem Bereich den Anschluss nicht<br />

verpassen wollen. Auch private User sollen<br />

von der schnelleren Datenübermittlung profitieren.<br />

Und im eigens etablierten Internet-<br />

Café machen Schülerinnen und Schüler der<br />

hiesigen Grund- und Hauptschule interessierte<br />

Senioren mit den Finessen des neuen<br />

Mediums vertraut. Auf die Gefahren des Internets<br />

wird ebenfalls sukzessive aufmerksam<br />

gemacht.<br />

An drei Wochenenden im Mai des Jubiläumsjahres<br />

herrschte buntes Treiben in<br />

Mönchweiler. Vereine und Organisationen<br />

des Dorfes hatten sich zu dem großen Fest<br />

ebenso eingebracht wie Kindergärten, Schule<br />

und Kirchengemeinden. Mit von der Partie<br />

war in einer eigenen Schau ebenso das heimische<br />

Gewerbe. Den Höhepunkt der Festlichkeiten<br />

bildete zweifellos der historische<br />

Umzug, dem am Abend zuvor ein Galaabend<br />

in der Alemannenhalle vorausgegangen war:<br />

Denn neben dem „750-jährigen“ galt es, das<br />

„25-jährige“ mit der französischen Partnerstadt<br />

Chabeuil zu feiern.<br />

Bürgermeister Friedrich Scheerer hat die<br />

auch auf diese Weise angestrebte Stärkung<br />

des ländlichen Raumes zur Chefsache erklärt.<br />

Und zwar nicht nur auf lokaler Ebene.<br />

Er ist Vorsitzender der Clearingstelle „Neue<br />

Medien im Ländlichen Raum“, in der die<br />

Landesanstalt für Kommunikation, der Gemeindetag<br />

Baden-Württemberg, die Akademie<br />

Ländlicher Raum, der Arbeitskreis Mediendörfer<br />

und die zuständigen Landesministerien<br />

(Ministerium Ländlicher Raum und Die Jugend hat ihren Spaß in Mönchweiler.<br />

56 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 R ECHTSPRECHUNG<br />

Verkündung einer Landschaftsschutzgebietsverordnung durch ein gemeindliches<br />

Amtsblatt – Bedeutung für die Bekanntmachung von Satzungen<br />

Leitsätze:<br />

1. Ein gemeindliches Amtsblatt, das an die Haushalte in einer ihrer<br />

Zahl entsprechenden Auflage kostenlos verteilt wird und bei in Einzelfällen<br />

fehlgeschlagener, aber zweckmäßig organisierter und<br />

überwachter Verteilung bei den Verwaltungsstellen der Gemeinde<br />

abgeholt werden kann, erfüllt seine Verkündungsfunktion und Bekanntmachungsfunktion.<br />

2. Bei Abgrenzung eines Landschaftsschutzgebiets möglichst den<br />

Flurstücksgrenzen zu folgen, ist ein der Klarheit und Genauigkeit<br />

der Verordnung dienendes und daher sachgerechtes Kriterium.<br />

VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollurteil vom 18.4.2008, 5 S 2076/06<br />

Sachverhalt:<br />

Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der Verordnung der Antragsgegnerin<br />

(Stadtkreis) als Untere Naturschutzbehörde über das Landschaftsschutzgebiet<br />

„R-Sch“. Der Antragsteller ist Eigentümer eines<br />

Grundstücks im Gebiet der Landschaftsschutzgebietsverordnung.<br />

Aus den Gründen:<br />

Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.<br />

Gegen seine Zulässigkeit bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist der<br />

Antragsteller antragsbefugt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das in seinem<br />

Eigentum stehende Wohngrundstück liegt großenteils im Geltungsbereich<br />

der Verordnung, die es ansonsten nicht bestehenden belastenden<br />

Regelungen unterwirft (vgl. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG).<br />

Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die Verordnung wurde ordnungsgemäß<br />

verkündet (dazu unten 1.). Auch erfolgte die Bekanntmachung<br />

der Auslegung des Entwurfs rechtsfehlerfrei (2.). Soweit der Antragsteller<br />

materiell-rechtliche Mängel rügt, geschieht dies zu Unrecht (3.).<br />

Das Amtsblatt der Stadt wird seiner Verkündungs- bzw.<br />

Bekanntmachungsfunktion gerecht<br />

1. Gemäß Art. 63 Abs. 2 Landesverfassung (LV) werden Rechtsverordnungen<br />

von der Stelle, die sie erlässt, ausgefertigt und im Gesetzblatt<br />

verkündet, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Eine anderweitige<br />

Regelung enthält das Verkündungsgesetz. Nach dessen § 6 Abs.1<br />

Nr. 1 werden Rechtsverordnungen anderer als der in § 2 genannten<br />

Stellen, zu denen die Antragsgegnerin als untere Verwaltungsbehörde<br />

nicht gehört, in den Stadtkreisen in der für die öffentliche Bekanntmachung<br />

von Satzungen dieser Körperschaft bestimmten Form verkündet.<br />

Nach der Bekanntmachungssatzung der Antragsgegnerin vom 25.6.1991<br />

i.d.F. der Satzung vom 15.6.1999 und vom 25.11.2003 erfolgen öffentliche<br />

Bekanntmachungen der Antragsgegnerin – von hier nicht in Betracht<br />

kommenden Ausnahmen abgesehen – durch Einrücken in das<br />

Amtsblatt der Stadt F.<br />

Entgegen der Meinung des Antragstellers wird das Amtsblatt der Antragsgegnerin<br />

seiner Verkündungs- bzw. Bekanntmachungsfunktion<br />

gerecht. Die Verkündung der Verordnung in der Ausgabe vom 29.4.2006<br />

scheiterte insbesondere nicht an einer zu geringen Höhe der Auflage.<br />

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ist es unter den Beteiligten<br />

unstreitig, dass die Auflage im Jahre 2006 104.000 Exemplare<br />

betrug. Die Zahl von 92.000 Exemplaren, von welcher der Antragsteller<br />

zunächst ausging, stammt aus den in den Jahren 1988 und 1990 unterzeichneten<br />

Vereinbarungen der Antragsgegnerin mit dem Verlag, lag<br />

aber wegen der Absicht der Antragsgegnerin, das Amtsblatt „haushalts-<br />

deckend“ zur Verteilung zu bringen, seit dem Jahre 2003 bei 104.000.<br />

Diese Zahl erscheint selbst dann ausreichend, wenn man das Ziel einer<br />

haushaltsdeckenden Versorgung, das die Antragsgegnerin nach dem<br />

Vorbringen ihrer Vertreterin in der mündlichen Verhandlung fortwährend<br />

verfolgt, als Maßstab nimmt.<br />

Der Antragsteller hat dies mit der Begründung bestritten, in F. seien<br />

130.000 Wohnungen vorhanden. Er entnimmt die Zahl einem Artikel der<br />

B.-Zeitung vom 18.7.2007, wo auf eine entsprechende Angabe des Instituts<br />

für empirische Marktanalysen (EMA-Institut), das den Mietspiegel<br />

der Stadt F. erstellt, hingewiesen wird. Indes hat die Antragsgegnerin<br />

dargelegt, dass diese Wohnungszahl statistisch nicht belegbar sei. Das<br />

EMA-Institut habe für seinen Mietspiegel Erfahrungswerte aus anderen<br />

Städten herangezogen und zu der Bevölkerungszahl ins Verhältnis gesetzt.<br />

Die Angabe für F. sei nicht recherchiert, sondern lediglich aus<br />

bekannten Erfahrungswerten interpoliert worden. Die Wohnungszahl<br />

selbst spiele bei der Mietspiegelbildung keine Rolle und habe deshalb<br />

auch nicht näher belegt werden müssen.<br />

Diesen unter Beweis gestellten Angaben ist der Antragsteller weder<br />

schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung substantiiert entgegengetreten.<br />

Im Übrigen verweist die Antragsgegnerin auf eine Angabe<br />

der Wohnungszahl in Höhe von 102.876 im Statistischen Jahrbuch 2007<br />

der Stadt F., die auf der Gebäudedatei beruhe und die baulich vorhandenen<br />

Wohnungen ohne Leerstände benenne, sowie auf die Angaben des<br />

Statistischen Landesamts für 2006, das die Zahl von 102.660 Wohnungen<br />

anführe.<br />

Indes darf die Zahl der Wohnungen nicht mit derjenigen der Haushalte<br />

gleichgesetzt werden, auf welche die Antragsgegnerin ihr Amtsblatt<br />

verteilt wissen will. Sie geht von knapp 93.000 Haushalten im Stadtgebiet<br />

aus, während das Statistische Jahrbuch die Zahl auf 113.406 für das<br />

Jahr 2007 ausweist, was die Antragsgegnerin selbst einräumt. Jedoch<br />

hält sie diese auf den Anmeldungen bei der Meldebehörde basierende<br />

Zahl nicht für zuverlässig, weil Einzelpersonen, die sich nicht gleichzeitig<br />

unter derselben Adresse anmelden, als mehrere Ein-Personen-Haushalte<br />

geführt würden. Dies hält der Senat für durchaus einleuchtend,<br />

wenn man die Wohngemeinschaften von Studierenden berücksichtigt,<br />

deren Zahl in einer Hochschulstadt wie F. vergleichsweise hoch einzuschätzen<br />

ist, was auch der Antragsteller nicht bestreitet.<br />

Dass die von der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Zahl von zirka<br />

93.000 Haushalten zuverlässig ist, wird durch die Gebührenkalkulation<br />

der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung F. GmbH zur Überzeugung des<br />

Senats belegt. Die Antragsgegnerin hat sich bereits in ihrem Schriftsatz<br />

vom 6.8.2007 unter Darlegung der Zahlen im Einzelnen darauf gestützt<br />

und sie in der mündlichen Verhandlung weiter erläutert. Danach setzt<br />

sich die von den Haushalten zu entrichtende Abfallgebühr aus einer<br />

Haushaltsgebühr und einer Behältergebühr zusammen. Die der Berechnung<br />

der Behältergebühr zugrunde liegende Zahl der Müllgefäße kann<br />

keinen geeigneten Maßstab für die Bestimmung der Haushalte abgeben,<br />

weil bis zu drei Gefäße pro Haushalt verwendet werden.<br />

Anders verhält es sich jedoch bei der Ermittlung der Haushaltsgebühr.<br />

Die Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat erbracht, dass die<br />

genannte Haushaltszahl bereits die Entsorgungsgemeinschaften berücksichtigt.<br />

Die angegebene Summe von 92.810 Haushalten, die ihrerseits<br />

nach der Personenzahl aufgeschlüsselt ist, erscheint danach tragfähig.<br />

Zwar handelt es sich lediglich um eine Prognose für die Jahre 2006 bis<br />

2008, auf deren Grundlage die Gebührenhöhe kalkuliert wird. Daraus<br />

möglicherweise resultierende Ungenauigkeiten sind in dem hier relevanten<br />

Zusammenhang, in dem es um die Bestimmung der haushaltsdeckenden<br />

Auflagenhöhe des Amtsblatts geht, vernachlässigbar, weil diese<br />

mit 104.000 Exemplaren ohnehin deutlich höher liegt, auch wenn<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 57


R ECHTSPRECHUNG BWGZ 1/2009<br />

man die bei den Verwaltungsstellen auszulegenden Exemplare abzieht.<br />

Über allgemein gehaltene Bedenken hinaus hat der Antragsteller diese<br />

Feststellungen nicht in Zweifel gezogen. Weitere Ermittlungen hält der<br />

Senat daher nicht für angezeigt.<br />

Kann mithin davon ausgegangen werden, dass 104.000 Exemplare des<br />

Amtsblatts vom Verlag ausgeliefert werden und zirka 93.000 Haushalte<br />

im Stadtgebiet vorhanden sind, so hat die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung<br />

insoweit genügt. Dies gilt selbst dann, wenn man der in der<br />

mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Antragstellers folgen<br />

will, dass die in den Vereinbarungen mit dem Verlag und im Impressum<br />

geäußerte Absicht, haushaltsdeckend zu verteilen, auch rechtlich<br />

bindend wirkt, obwohl weder die Bekanntmachungssatzung der Antragsgegnerin<br />

noch § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVO GemO dies vorgeben.<br />

Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die Organisation der Verteilung<br />

des Amtsblatts bereits „strukturelle Mängel“ aufweist, wie der Antragsteller<br />

meint. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Antragsgegnerin<br />

erfolgt die Verteilung über die Verteilerorganisation des „Stadtkurier“<br />

des gleichen Verlags, dürfe diesem jedoch nicht beigelegt werden.<br />

Der Vertrieb werde vom Verlag mit fest angestellten eigenen Zustellern<br />

durchgeführt; es würden regelmäßige Kontrollen und Stichproben über<br />

die flächendeckende Zustellung vorgenommen. Nach Darlegung der<br />

Vertreterin der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung des<br />

Senats sei abgesprochen, dass die Verteilung des Amtsblatts an diejenigen<br />

Haushalte nicht unterbleiben dürfe, die keine Werbebroschüren<br />

wünschten. Das Amtsblatt werde nicht als Werbung angesehen. Lediglich<br />

gleichzeitig zur Verteilung vorgesehenes Werbematerial werde in<br />

solchen Fällen nicht in Briefkästen eingeworfen. Die insoweit gegen die<br />

Ordnungsmäßigkeit der Verteilung erhobenen, allgemein gehaltenen<br />

Bedenken des Antragstellers sind mithin entkräftet.<br />

In Einzelfällen misslungene Zustellungen des Amtsblatts<br />

führen nicht zu einem Wegfall dessen Verkündungs- bzw.<br />

Bekanntmachungsfunktion<br />

Dass der Antragsteller in der Vergangenheit das Amtsblatt nicht erhalten<br />

hat, wie er geltend macht, und dass die Zustellung an andere Haushalte<br />

in Einzelfällen ebenfalls misslungen sein mag, was auch die Antragsgegnerin<br />

nicht ausschließen will, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn<br />

gleichwohl ist es jedem interessierten Einwohner und Bürger jederzeit<br />

mit hinnehmbarem Aufwand möglich, das Amtsblatt, das ihn im Einzelfall<br />

nicht erreicht hat, zu erhalten.<br />

So wird im Impressum des Amtsblatts darauf hingewiesen, dass die<br />

aktuelle Ausgabe auch an den Pforten der Rathäuser und in den Ortsverwaltungen<br />

ausliege. Im Regelfall wird es dem Interessierten zumutbar<br />

sein, sich dort mit dem Amtsblatt zu versorgen, das er zudem kostenlos<br />

erhält. Er stellt sich damit nicht schlechter als derjenige, der eine Zeitung<br />

abonnieren oder kaufen muss, die entsprechend § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2<br />

DVO GemO als zulässiges Bekanntmachungsorgan von einer Gemeinde<br />

gewählt werden darf.<br />

Zusätzlich werden im Impressum mehrere Durchwahlnummern des<br />

Presse- und Informationsamts der Antragsgegnerin genannt, wo die<br />

mangelnde Zustellung beanstandet und im Einzelfall die Zusendung<br />

verlangt werden kann, die nach der unbestrittenen Erklärung des in der<br />

mündlichen Verhandlung des Senats anwesenden Leiters des betreffenden<br />

Amts auch ohne weiteres erfolgt. Schließlich ist es dem interessierten<br />

Bürger, der über die Abhol- und Zusendemöglichkeit nicht informiert<br />

ist und sich mangels Zugang des Amtsblatts nicht anhand des<br />

Impressums informieren kann, zuzumuten, sich auf geeignete Weise<br />

über die Bezugsmöglichkeit beispielsweise telefonisch oder über das<br />

Internetportal der Antragsgegnerin zu erkundigen. Wachsamkeit und<br />

angemessene eigene Bemühungen nehmen den interessierten Bürger<br />

nicht über Gebühr in Anspruch und dürfen durchaus verlangt werden.<br />

Angesichts dieser Umstände und Feststellungen über Auflage, Verteilung,<br />

Abholmöglichkeit und im Einzelfall auf Anforderung erfolgende<br />

Übersendung des Amtsblatts wird dieses zweifelsfrei den unter rechtsstaatlichen<br />

Gesichtspunkten an ein Verkündungsorgan zu stellenden<br />

Anforderungen gerecht. Wie das Bundesverwaltungsgericht (zuletzt) in<br />

seinem Beschluss vom 19.10.2006 (9 B 7.06 – juris) unter Verweis auf<br />

das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 22.11.1983 (2 BvL 25/81<br />

– BVerfGE 65, 283) unter dem Aspekt des Rechtsstaatsprinzips ausgeführt<br />

hat, seien Rechtsnormen so zu verkünden (bekannt zu machen),<br />

dass die Betroffenen sich vom Erlass und vom Inhalt der Rechtsnorm<br />

verlässlich Kenntnis verschaffen könnten und dass diese Möglichkeit<br />

der Kenntnisnahme nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein dürfe.<br />

In Anlehnung an das Urteil vom 13.12.1985 (8 C 66.84 – NVwZ 1986,<br />

925, 827) hat es ergänzt, dass bei einer Bekanntmachung von kommunalem<br />

Satzungsrecht in einer Zeitung dem Rechtsstaatsprinzip schon<br />

dann genüge getan sei, wenn die Zeitung von interessierten Bürgern<br />

erworben werden könne. Sie müsse nicht in einer Auflage erscheinen,<br />

die der Zahl der potenziellen Rechtsbetroffenen (auch nur annäherungsweise)<br />

entspreche. Es liege vielmehr auf der Hand, dass eine Auflagenstärke<br />

ausreichend sei, die sich an dem mutmaßlichen Bedarf und Erwerbsinteresse<br />

der Rechtsbetroffenen orientiere. In einer Gemeinde mit<br />

12.000 Einwohnern hat das Gericht eine Auflage von 600 Exemplaren<br />

als ausreichend angesehen. Staatsrechtlich, im Zusammenhang mit der<br />

Verkündung von Gesetzen, wird in Rechtsprechung und Literatur vom<br />

Prinzip der formellen Publizität gesprochen, die nur die Möglichkeit der<br />

Kenntnisnahme gewährleistet und diese durch Abdruck im Gesetzblatt<br />

sicherstellt (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 21.6.1990 – 12 RK 27/88 –,<br />

NVwZ-RR 1991, 646).<br />

Die verbale Umschreibung des Schutzgebiets und die<br />

veröffentlichte Karte genügen den rechtlichen Anforderungen<br />

2. Soweit der Antragsteller überdies den Text, mit dem die Auslegung<br />

des Verordnungsentwurfs im Amtsblatt vom 05.3.2006 bekannt gemacht<br />

wurde, beanstandet, folgt ihm der Senat ebenfalls nicht. Schon mit der<br />

verbalen Umschreibung des beabsichtigten Schutzgebiets als „Westund<br />

Südhänge des R. und Sch.“ dürfte für die meisten potenziell betroffenen<br />

Eigentümer von Grundstücken in F. oder sonst Interessierten hinreichend<br />

klar sein, welche Gebiete in Betracht zu ziehen sind. Der „Sch.“<br />

ist jedem einigermaßen mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Bürger<br />

bekannt. Dies dürfte auch in weiten Kreisen der Bevölkerung für den<br />

„R.“ zutreffen, der nicht zuletzt durch die dort errichteten und umstrittenen<br />

Windenergieanlagen in jüngerer Zeit in die öffentliche Diskussion<br />

gelangt ist.<br />

Keinem Zweifel unterliegt die Erfüllung der Anstoßfunktion bei Beachtung<br />

nicht nur der verbalen Kennzeichnung des geplanten Schutzgebiets,<br />

sondern auch der Karte, die dem Bekanntmachungstext im Amtsblatt<br />

beigefügt war. In der – für diesen Zweck naturgemäß großmaßstäblichen<br />

– Karte sind die betroffenen Stadtteile „W.“, „O.“, „H.“ (wo der<br />

Antragsteller wohnt) und „Z.“ ebenso wie der „R.“ bezeichnet, außerdem<br />

das potenzielle Landschaftsschutzgebiet in roter Farbe eingetragen.<br />

Dieser Inhalt der Bekanntmachung, jedenfalls in seiner Gesamtheit, ist<br />

geeignet, den erforderlichen „Anstoß“ zu geben. Der Antragsteller missversteht<br />

deren Aufgabe, wenn er meint, sie müsse die exakte Kenntnis<br />

des in Aussicht genommenen Schutzgebiets und seiner Grenzen vermitteln.<br />

Es genügt, wenn dadurch das Informations- und Beteiligungsinteresse<br />

des interessierten oder betroffenen Bürgers geweckt wird. Es ist<br />

dann dessen Obliegenheit, sich durch Einsicht in die offen gelegten<br />

Pläne und Texte im Einzelnen zu unterrichten (so die ständige Rechtsprechung,<br />

z.B. BVerwG, Beschluss vom 17.12.2004 – 4 BN 48.04 –<br />

juris m.w.N. und Beschluss des erk. Senats vom 5.11.2001 – 5 S 1006/00<br />

– NVwZ-RR 2002, 571). Deshalb ist die Behauptung des Antragstellers<br />

58 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 R ECHTSPRECHUNG<br />

unerheblich, er habe der Karte im Amtsblatt vom 5.3.2006 nicht entnehmen<br />

können, ob sein Grundstück betroffen ist.<br />

Auch gegen die Grenzziehung für das Landschaftsschutzgebiet<br />

bestehen keine Einwände<br />

3. Schließlich ist die vom Antragsteller (erst) in der mündlichen Verhandlung<br />

gerügte und mit den Beteiligten erörterte Bestimmung der<br />

Grenze des Landschaftsschutzgebiets im Bereich seines Grundstücks<br />

von Rechts wegen nicht zu beanstanden.<br />

Rechtsgrundlage der angegriffenen Verordnung ist § 29 NatSchG in der<br />

seit dem 1.1.2006 geltenden Fassung. Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift<br />

können Gebiete, in denen ein besonderer Schutz der Natur und<br />

Landschaft erforderlich ist, um der in der Nr. 1 bis Nr. 4 genannten Ziele<br />

willen zu Landschaftsschutzgebieten erklärt werden. Der Verordnung<br />

muss eine § 2 Abs. 3 NatSchG genügende Abwägung zugrunde liegen,<br />

und sie darf nicht gegen anderes höherrangiges Recht – insbesondere<br />

Art. 14 GG – verstoßen (ständige Rechtsprechung des Senats, siehe<br />

zuletzt Urteil vom 4.5.2006 – 5 S 564/05 – NuR 2006, 790 und vom<br />

15.4.2004 – 5 S 1137/03 – NuR 2004, 674).<br />

Die angegriffene Verordnung konkretisiert in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 den<br />

Schutzzweck. Weder hinsichtlich der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit<br />

des Gebiets in seiner Gesamtheit noch unter anderen allgemeinen<br />

Gesichtspunkten erhebt der Antragsteller gegen die Gültigkeit<br />

der Verordnung Bedenken. Er beanstandet lediglich die Grenzziehung<br />

im Bereich seines Grundstücks. Er hält es für angezeigt, die Grenze um<br />

zirka 15 Meter weiter nach Norden zu verschieben und damit einen<br />

größeren Anteil seines Grundstücks vom Landschaftsschutz auszunehmen.<br />

Hinreichende naturschutzfachliche Gesichtspunkte hat er hierfür nicht<br />

genannt. Er hat in der mündlichen Verhandlung des Senats auf entsprechende<br />

Frage nur geltend gemacht, dass etwa im Bereich der Westgrenze<br />

seines Grundstücks der Südhang sich nach Westen wende, was auch<br />

am Straßenverlauf erkennbar sei. Damit weist er aber nicht auf einen<br />

Umstand hin, der in der Abwägung über die Bestimmung des Grenzverlaufs<br />

als relevant zu betrachten ist. Insbesondere stellt er damit die<br />

Schutzwürdigkeit des betreffenden Grundstücksteils nicht in Frage, beruft<br />

sich sinngemäß allenfalls darauf, dass nicht alles Schützenswerte<br />

mit den Mitteln des Naturschutzrechts gesichert werden muss (vgl. Senatsurteil<br />

vom 29.9.1988 – 5 S 1466/88 – VBlBW 1989, 227).<br />

Indes ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin von dem ihr insoweit<br />

zustehenden Ermessen zu Lasten des Antragstellers fehlerhaft Gebrauch<br />

gemacht hätte. Vielmehr hat sie sich, was die Bestimmung der Grenzen<br />

des Landschaftsschutzgebiets betrifft, von sachgerechten Gesichtspunkten<br />

leiten lassen. Sie hat die Neufassung der bisherigen Landschaftsschutzverordnungen<br />

„Sch.“ aus dem Jahre 1954 und der Landschaftsschutzverordnung<br />

„West- und Südhänge des „R.“ aus dem Jahre 1986 in<br />

dem „Abwägungsvermerk“ vom 21.4.2006, soweit hier von Interesse,<br />

wie folgt begründet:<br />

„Erforderlich war die Neufassung der LSG-VO auch, um die Entlassung<br />

von in der Vergangenheit über Befreiungen in Randbereichen der Landschaftsschutzgebiete<br />

zugelassene, landschaftsunwürdige (bauliche)<br />

Nutzungen zu vollziehen. Weiterhin mangelt es den Verordnungskarten<br />

– soweit maßstabsbedingt als auch hinsichtlich der Strichdicke der<br />

Grenzlinie – an der gebotenen Genauigkeit und Nachvollziehbarkeit im<br />

Gelände. Die Aufstellung des Flächennutzungsplans (FNP) 2020 der<br />

Stadt F. mit seinen geplanten, die beiden Landschaftsschutzgebiete tangierenden<br />

Flächendarstellungen lieferte den Anlass, die bisher getrennten<br />

Schutzgebiete mit ihrer einheitlichen räumlichen Naturausstattung<br />

und vergleichbaren Schutzbedürftigkeit in einer neu zu fassenden<br />

LSG-VO mit der Bezeichnung „R-Sch“ zusammenzufassen.“<br />

Anpassung an die Siedlungsentwicklung in den Randbereichen der bisherigen<br />

Verordnungen und Harmonisierung mit dem Flächennutzungsplan<br />

sowie Genauigkeit und Nachvollziehbarkeit vor Ort waren danach<br />

wichtige Anliegen der Antragsgegnerin. Um der Klarheit und Bestimmtheit<br />

der Norm willen hat sie sich die parzellenscharfe Abgrenzung als<br />

Ziel gesetzt, wie dies etwa der dem förmlichen Verfahren vorausgehenden<br />

fachlichen Würdigung vom 4.11.2004 (Bd. 2 der Akten der<br />

Antragsgegnerin, Bl. 238, S. 2) zu entnehmen ist. Darauf hat die Antragsgegnerin<br />

auch in den beiden an den Antragsteller gerichteten<br />

Schreiben vom 7.4. und 19.6.2006 hingewiesen. Damit hat sich die<br />

Antragsgegnerin generell von sachgerechten Kriterien leiten lassen. Der<br />

Antragsteller hat dies auch nicht bezweifelt.<br />

Entgegen seiner Auffassung hat sie diese Kriterien auch ohne Willkür<br />

im fraglichen Bereich angewendet. Sowohl aus der Beschreibung des<br />

Grenzverlaufs in Anlage 1 zu § 2 Abs. 4 der Verordnung (vgl. S. 2) wie<br />

auch aus der Detailkarte 1 ergibt sich, dass die Grenze des Landschaftsschutzgebiets<br />

im Bereich der Nachbargrundstücke dem Verlauf der Flurstücksgrenzen<br />

folgt. Damit bildet die Grenze entlang der östlich gelegenen<br />

Grundstücke keine gerade Linie, sondern springt wechselnd vor<br />

und zurück.<br />

Dies mag auf den ersten Blick willkürlich wirken, ist aber zum einen der<br />

Wahl der eindeutig fixierten Flurstücksgrenzen zur Gebietsabgrenzung<br />

geschuldet, zum andern der teils in das bisherige Landschaftsschutzgebiet<br />

hineinreichenden Bebauung und dem weiteren auch in der mündlichen<br />

Verhandlung geäußerten und nicht zu beanstandenden Gesichtspunkt,<br />

im rückwärtigen Bereich der bebauten Grundstücke einen gewissen<br />

Freiraum für Erweiterungs- und Änderungsvorhaben, den auch der<br />

Flächennutzungsplan gewährt, zu belassen oder einzuräumen. Letzteres<br />

wird auch dem Antragsteller zugestanden, indem die Grenze des Landschaftsschutzgebiets<br />

im Vergleich zur bisherigen etwas zurückgesetzt<br />

wird und die Bebauungsmöglichkeiten, die § 34 BauGB eröffnet, nicht<br />

geschmälert werden.<br />

Andererseits schränkt nicht erst die streitige Landschaftsschutzverordnung,<br />

sondern bereits die Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB mit ihrem<br />

Erfordernis des Einfügens in die Umgebung nach der überbaubaren<br />

Grundstücksfläche Erweiterungsmöglichkeiten nach Norden ein. Dass<br />

für die Bestimmung der Grenze des Landschaftsschutzgebiets von dem<br />

Grundsatz, den Flurstücksgrenzen zu folgen, beim Grundstück des Antragstellers<br />

abgewichen wurde, erweist sich nicht als Abwägungsfehler.<br />

Die Grenzen des Grundstücks zu wählen, scheidet angesichts dessen<br />

weit nach Norden reichenden, handtuchartigen Zuschnitts aus. Dies wird<br />

auch vom Antragsteller nicht verlangt. Es bot sich daher an, die entlang<br />

der West- und Südgrenze des Flurstücks Nr. 11094 verlaufende Grenze<br />

des Landschaftsschutzgebiets, wie geschehen, geradlinig bis zur Westgrenze<br />

des Flurstücks Nr. 11066 fortzusetzen und sich danach wieder,<br />

wie oben schon erwähnt, an den nördlichen Flurstücksgrenzen zu orientieren.<br />

Gewichtige Belange dafür, gleichwohl die begehrte Verschiebung nach<br />

Norden vorzunehmen, hat der Antragsteller weder im – wie oben dargelegt<br />

ordnungsgemäßen – Anhörungsverfahren geltend gemacht noch<br />

ersichtlich bei seiner Vorsprache bzw. Korrespondenz im April und Mai<br />

2006 vor Inkrafttreten der Verordnung. Die nunmehr in der mündlichen<br />

Verhandlung des Senats geäußerte (frühere) Absicht, in dem von der<br />

Landschaftsschutzverordnung erfassten Grundstücksbereich ein<br />

Schwimmbecken zu errichten, war der Antragsgegnerin mithin weder<br />

bekannt, noch musste sie sich ihr aufdrängen, nachdem sie berechtigte,<br />

auf der Hand liegende Bedürfnisse des Antragstellers und seiner Nachbarn<br />

in ihre Abwägung einbezogen hat.<br />

Anmerkungen des Gemeindetags zu den<br />

Ausführungen des VGH zum notwendigen<br />

Verbreitungsgrad eines gemeindlichen Amtsblattes:<br />

Mit dem vorliegenden Urteil bestätigt der VGH die seitherige Rechtsauffassung.<br />

Danach sind unter dem Aspekt des Rechtsstaatsprinzips<br />

Satzungen und örtliches Recht so zu verkünden, dass die Betroffenen<br />

sich vom Erlass und vom Inhalt der Rechtsvorschriften verlässlich<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 59


R ECHTSPRECHUNG BWGZ 1/2009<br />

Kenntnis verschaffen können und dass diese Möglichkeit der Kenntnisnahme<br />

nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein darf. Die notwendige<br />

Zugänglichkeit des Verkündungsmittels ist deshalb erfüllt, wenn die<br />

Möglichkeit der Kenntnisnahme gewährleistet ist. Die tatsächliche Verbreitungszahl<br />

des Amtsblatts ist damit nicht entscheidend.<br />

Sehr deutlich weist der VGH darauf hin, dass nach den einschlägigen<br />

Vorschriften des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DVO GemO eine haushaltsdeckende<br />

Verteilung nicht vorgegeben ist. Eine Auflagenstärke ist ausreichend,<br />

wenn sie die konkrete Nachfrage befriedigen kann. Erst recht<br />

erfüllt das Amtsblatt seine Bekanntmachungsfunktion, wenn es jedem<br />

interessierten Einwohner und Bürger jederzeit mit hinnehmbarem Aufwand<br />

möglich ist, das Amtsblatt einzusehen oder sich mit dem Amtsblatt<br />

zu versorgen. Insoweit ist die Situation nicht anders als bei Nutzung<br />

einer Zeitung als Verkündungsinstrument.<br />

Auch die Zeitung kann nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DVO GemO als<br />

zulässiges Bekanntmachungsorgan von einer Gemeinde gewählt wer-<br />

Leitsätze:<br />

1. Das Entstehen von Vorteilen aus dem Fremdenverkehr wird nicht<br />

dadurch ausgeschlossen, dass ein Unternehmer tatsächlich keine Gewinne<br />

erzielt oder sogar Verluste macht.<br />

2. Bei der Wahl eines pauschalierten Bemessungssystems, bei dem zur<br />

Ermittlung der Reineinnahmen der Gesamtumsatz mit einem Reingewinnsatz<br />

multipliziert wird, kann auf die Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums<br />

zurück gegriffen werden.<br />

3. Gebühren und Beiträge werden nicht, wie eine Steuer „voraussetzungslos“,<br />

sondern als Gegenleistung für eine öffentlich-rechtliche Leistung<br />

erhoben. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Gebühren- bzw. Beitragsaufkommen<br />

ausschließlich zur speziellen Kostendeckung der gebühren-<br />

oder beitragspflichtigen Leistung verwendet werden darf.<br />

VGH Baden-Württemberg, Normenkontrollurteil vom 6.11.2008, 2 S 669/07<br />

Sachverhalt:<br />

Die Antragstellerin betreibt in der Innenstadt der Antragsgegnerin ein<br />

Kaufhaus. Sie wendet sich gegen die am 1.1.2006 in Kraft getretene<br />

Fremdenverkehrsbeitragssatzung und macht geltend, die Satzung sei aus<br />

mehreren Gründen unwirksam.<br />

Ein besonderer Vorteil i.S. des § 44 KAG könne nur bejaht werden, wenn<br />

durch den Fremdenverkehr erhöhte Verdienst- oder Gewinnmöglichkeiten<br />

gegeben seien. Dies sei bei Lebensmittelgeschäften nicht der Fall, da<br />

der in der Stadt B.B. weilende Gast schon gemäß seiner sozialen Ansiedelung<br />

kein Selbstversorger sei.<br />

Als Bemessungsgrundlage für den besonderen wirtschaftlichen Vorteil<br />

habe die Antragsgegnerin den Gesamt-Nettoumsatz zugrunde gelegt.<br />

Dies bedeute, dass rechtswidriger Weise auch Unternehmen beitragspflichtig<br />

seien, die Verluste erwirtschaften. Rechtswidrig sei ferner, dass<br />

aus dem Gesamtumsatz ein statistischer Reingewinn auf der Grundlage<br />

der Reingewinn-Richtsätze der Finanzverwaltung errechnet werde, da<br />

damit wiederum die individuellen Investitionen/Kosten außer Betracht<br />

gelassen würden.<br />

Da für Kaufhäuser kein Richtsatz existiere, habe die Antragsgegnerin<br />

aus einem Konglomerat von Richtsätzen einen Richtsatz für Kaufhäuser<br />

ermittelt. Dies sei unstatthaft; außerdem sei der ermittelte Richtsatz von<br />

12 v.H. viel zu hoch. Die Vorteilssätze seien zudem willkürlich, weil<br />

den. Auch hier kommt es nicht auf den Verbreitungsgrad der betreffenden<br />

Zeitung an. Erst recht, wenn das Amtsblatt zur allgemeinen Ansicht<br />

im Rathaus oder in anderen öffentlichen Gebäuden ausgelegt oder<br />

ausgehängt wird oder im Internet zugänglich ist, kann der Bürger ohne<br />

großen Aufwand Kenntnis über die öffentlichen Bekanntmachungen<br />

erlangen. Der VGH verlangt sogar für den Fall, dass das Amtsblatt den<br />

Bürger im Einzelfall nicht erreicht hat, Wachsamkeit und angemessene<br />

eigene Bemühungen, um in den Besitz der entsprechenden Informationen<br />

zu gelangen. Es ist keinesfalls rechtlich notwendig, das Amtsblatt<br />

kostenlos abzugeben. Das macht der VGH nochmals mit dem Hinweis<br />

auf eine Zeitung als zulässiges Bekanntmachungsorgan der Gemeinde<br />

deutlich, die auf jeden Fall nicht kostenlos erworben werden könnte.<br />

BWGZ Nr. 1 vom 15.1.2009 Az. 047.10, 364.22<br />

Alle bevorteilten Personen sind zum Fremdenverkehrsbeitrag heranzuziehen<br />

Handwerker, Architekten und Ärzte unberücksichtigt geblieben seien,<br />

obwohl gerade Ärzte ganz erheblich von den Kurgästen profitieren. Die<br />

Spielbank sei nur mit 40 Prozent angesetzt worden, obwohl ihr Publikum<br />

zu annähernd 100 Prozent aus Gästen bestehen dürfte. Im Übrigen<br />

sei die Satzung auch deshalb rechtswidrig, weil sie keinen zweckgebundenen<br />

Einsatz der Beitragseinnahmen verlange.<br />

Aus den Gründen:<br />

I. Der Antrag ist zulässig und begründet.<br />

II. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg. Die in der angefochtenen<br />

Satzung vorgenommene Abgrenzung des Kreises der zur Zahlung eines<br />

Fremdenverkehrsbeitrags verpflichteten natürlichen und juristischen<br />

Personen verstößt gegen höherrangiges Recht. Dieser Rechtsfehler führt<br />

zur Gesamtnichtigkeit der Satzung.<br />

1. Die angefochtene Satzung stützt sich auf § 44 Abs. 1 KAG, wonach<br />

Kurorte, Erholungsorte und sonstige Fremdenverkehrsgemeinden zur<br />

Förderung des Fremdenverkehrs und des Erholungs- und Kurbetriebs<br />

für jedes Haushaltsjahr von allen natürlichen Personen, die eine selbstständige<br />

Tätigkeit ausüben, und von allen juristischen Personen Fremdenverkehrsbeiträge<br />

erheben können, soweit ihnen in der Gemeinde aus<br />

dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb unmittelbar oder mittelbar<br />

besondere wirtschaftliche Vorteile erwachsen.<br />

Gemäß § 44 Abs. 2 S. 1 KAG ist der Fremdenverkehrsbeitrag nach den<br />

besonderen wirtschaftlichen Vorteilen zu bemessen, die dem Beitragspflichtigen<br />

aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen.<br />

Diese Vorteile bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats<br />

in den erhöhten Verdienst- und Gewinnmöglichkeiten, die dem Beitragspflichtigen<br />

aus dem Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen<br />

(vgl. u.a. Urteil vom 30.11.2000 –2 S 2061/98 – KStZ 2001, 78; Beschluss<br />

vom 10.8.1998 – 2 S 2753/97 – MedR 1999, 377; ebenso Gössl<br />

in: Gössl/Reif, Kommentar zum KAG, § 44 Anm. 3.1).<br />

Die fremdenverkehrsbedingten Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten<br />

lassen sich naturgemäß nicht exakt beziffern. Bei der Erhebung eines<br />

Fremdenverkehrsbeitrags kommt deshalb als Verteilungsmaßstab nur<br />

ein so genannter Wahrscheinlichkeitsmaßstab in Betracht, wobei eine<br />

gewisse Typisierung bei der Festlegung nicht nur zulässig, sondern praktisch<br />

unumgänglich ist (vgl. Gössl, a.a.O., § 44 Anm. 3.2, S. 9). Es ist<br />

danach nicht erforderlich, dass die auf die Beitragspflichtigen entfallen-<br />

60 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 R ECHTSPRECHUNG<br />

den Beiträge in einem exakten Verhältnis zu ihren tatsächlich aus dem<br />

Fremdenverkehr gezogenen Vorteilen steht, sondern genügt eine angenäherte<br />

Verhältnismäßigkeit.<br />

Bei der Wahl eines solchen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs stehen der<br />

Gemeinde grundsätzlich zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Sie kann<br />

zum einen die dem einzelnen Unternehmer durch den Fremdenverkehr<br />

erwachsenden Vorteile anhand der individuellen Gegebenheiten, also<br />

etwa nach dem Umsatz oder dem durch die jeweilige unternehmerische<br />

Tätigkeit erwirtschafteten Gewinn, bemessen oder zum anderen pauschalierende<br />

Maßstäbe zugrunde legen, indem an bestimmte betriebliche<br />

Realgrößen angeknüpft, Kategorien von Beitragspflichtigen gebildet<br />

und durch die Schaffung eines ausgewogenen Verhältnisses sowohl<br />

innerhalb dieser Kategorien wie auch zwischen diesen Kategorien ein<br />

Bemessungssystem geschaffen wird. Sowohl eine individuelle als auch<br />

eine pauschalierte Vorteilsbestimmung sind grundsätzlich zulässig und<br />

halten sich innerhalb des dem Satzungsgeber eröffneten Ermessensspielraums<br />

(Urteil des Senats vom 25.8.2003 – 2 S 2192/02 – NVwZ<br />

2003, 1403; Gössl, a.a.O., § 44 Anm. 3.2, S. 9).<br />

Individuelle oder pauschalierte Vorteilsbestimmung<br />

Die Antragsgegnerin hat sich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung<br />

für eine pauschalierte Vorteilsbestimmung entschieden. Nach der<br />

Konzeption der Satzung erfolgt die Ermittlung des Beitrags in mehreren<br />

Rechenschritten. Als Bemessungsgrundlage dienen nach § 3 Abs. 3<br />

FVBS die Reineinnahmen, zu deren Ermittlung der Gesamtumsatz ohne<br />

Umsatzsteuer, der im Erhebungszeitraum in B.B. erzielt wurde, mit dem<br />

sich aus der Anlage ergebenden Richtsatz (Reingewinnsatz) multipliziert<br />

wird. Durch Multiplikation der so bestimmten Reineinnahmen mit<br />

dem sich ebenfalls aus der Anlage ergebenden Vorteilsatz ist der Messbetrag<br />

zu ermitteln (§ 4 Abs. 2 FVBS). In einem dritten Schritt ist dann<br />

der Messbetrag mit dem in § 4 Abs. 1 und 4 FVBS festgelegten Beitragssatz<br />

in Höhe von 3 v.H. (Beitragszone I) bzw. 1,2 v.H. (Beitragszone II)<br />

zu multiplizieren.<br />

Gegen dieses Berechnungssystem bestehen entgegen der Ansicht der<br />

Antragstellerin keine Bedenken. Die von der Antragsgegnerin gewählte<br />

Bemessungsgrundlage ist zunächst nicht deshalb zu beanstanden, weil<br />

sie zur Folge hat, dass auch Unternehmer beitragspflichtig sind, die<br />

keine Gewinne erzielen oder sogar Verluste erwirtschaften. Der Fremdenverkehrsbeitrag<br />

ist eine Gegenleistung des Beitragspflichtigen für<br />

spezielle Leistungen der Gemeinde, nämlich für die Aufwendungen, die<br />

der Gemeinde im Zusammenhang mit der Förderung des Kurbetriebs<br />

und/oder des Fremdenverkehrs entstehen. Zur Finanzierung dieser Aufwendungen<br />

sollen diejenigen Personen durch die Zahlung eines Beitrags<br />

herangezogen werden, die aus ihnen besondere wirtschaftliche Vorteile<br />

ziehen.<br />

Diese Vorteile bestehen, wie bereits angesprochen, in den erhöhten Verdienst-<br />

und Gewinnmöglichkeiten, die dem Beitragspflichtigen aus dem<br />

Fremdenverkehr oder dem Kurbetrieb erwachsen. Es genügt dabei die<br />

objektive Möglichkeit höherer Gewinne, der die Chance gleichsteht,<br />

Verluste aus dem Geschäftsbetrieb zu verringern. Das Entstehen von<br />

Vorteilen aus dem Fremdenverkehr wird daher nicht dadurch ausgeschlossen,<br />

dass ein Unternehmer tatsächlich keine Gewinne erzielt oder<br />

sogar Verluste macht (vgl. Gössl, a.a.O., § 44 Anm. 3.1, S. 6 und Anm.<br />

3.2, S. 9). Es bedarf im Übrigen keiner Begründung, dass ein höherer<br />

Umsatz typischerweise auch einen höheren Gewinn indiziert.<br />

Die in der Satzung vorgesehene Bemessungsgrundlage verstößt auch<br />

nicht deshalb gegen höherrangiges Recht, weil sie es nicht ermöglicht,<br />

die Investitions- und Kapitaleinsatzkosten bei der Ermittlung der Reineinnahmen<br />

Beitrags mindernd zu berücksichtigen. Das von der Antragsgegnerin<br />

gewählte Berechnungssystem stellt auf die Reineinnahmen ab,<br />

die mit Hilfe pauschaler Größen und nicht anhand der individuellen<br />

Gegebenheiten ermittelt werden, und beruht daher auf einer – grundsätzlich<br />

zulässigen – pauschalierten Vorteilsbestimmung.<br />

Die von der Antragstellerin zitierten Empfehlungen des Gemeindetags<br />

Baden-Württemberg beziehen sich dagegen auf Fälle, in denen die Reineinnahmen<br />

anhand der individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls aus<br />

der Differenz zwischen Umsatz und Betriebsausgaben errechnet werden.<br />

In diesem Zusammenhang wird in den Empfehlungen darauf hingewiesen,<br />

dass Aufwendungen zur Tilgung von Schulden, die auf das<br />

Anlagevermögen bezogenen Kapitaleinsatzkosten (insbesondere Zinsen<br />

und Disagio) sowie Abschreibungen nicht als Betriebsausgaben gelten<br />

und daher nicht vom Umsatz abgezogen werden dürfen. Gegen eine<br />

Regelung, nach der die Investitions- und Kapitaleinsatzkosten teilweise<br />

(z.B. bis zu 50 Prozent) berücksichtigt würden, bestünden aber rein<br />

beitragsrechtlich keine Bedenken. Einwendungen gegen das von der<br />

Antragsgegnerin gewählte, einem anderen Ansatz folgende System lassen<br />

sich daraus nicht herleiten.<br />

Bezugnahme auf Richtsatzsammlung zulässig<br />

2. Unbedenklich ist ebenfalls, dass die in der Satzung festgesetzten und<br />

zur Ermittlung der Reineinnahmen mit dem Gesamtumsatz zu multiplizierenden<br />

„Reingewinnsätze“ sich an der Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums<br />

für das Kalenderjahr 2004 orientieren.<br />

Wie es in Nr. 1 der Vorbemerkungen zu der Richtsatzsammlung heißt,<br />

sind die in der Sammlung aufgeführten Richtsätze ein Hilfsmittel für die<br />

Finanzverwaltung, Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden „zu<br />

verproben“ und ggf. bei Fehlen anderer geeigneter Unterlagen gemäß<br />

§ 162 AO zu schätzen. Die Richtsätze werden für die einzelnen Gewerbeklassen<br />

auf der Grundlage von Betriebsergebnissen zahlreicher geprüfter<br />

Unternehmen ermittelt, die nach Art und Größe den Betrieben<br />

entsprechen, auf die sie angewandt werden sollen (Nr. 2 der Vorbemerkungen).<br />

Die Richtsätze bestehen aus einem oberen und einem unteren Rahmensatz<br />

sowie einem – dem gewogenen Mittel aus den Einzelergebnissen<br />

der geprüften Betriebe einer Gewerbeklasse entsprechenden – Mittelsatz<br />

(Nr. 6 der Vorbemerkungen). Die Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums<br />

kann danach unbedenklich als Grundlage eines typisierenden<br />

und pauschalierenden Bemessungssystems dienen, wie es von der<br />

Antragsgegnerin im vorliegenden Fall gewählt wurde. Hiervon ist der<br />

Senat schon in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgegangen (vgl.<br />

Urteil vom 10.8.1998 – 2 S 2753/97 – MedR 1999, 377 und Urteil vom<br />

9.12.1996 – 2 S 2728/95 –; ebenso OVG Schleswig, Urteile vom<br />

23.8.2000 – 2 L 226/98 – NordÖR 2001, 221; VG Freiburg, Urteil vom<br />

19.2.2008 – 4 K 1123/06 – Juris; Gössl, a.a.O., § 44 Anm. 3.2.4,<br />

S. 11).<br />

Die von der Antragstellerin hiergegen erhobenen Einwendungen rechtfertigen<br />

keine andere Beurteilung. Die Antragstellerin macht zwar zu<br />

Recht geltend, dass es sich bei der Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums<br />

nur um ein Hilfsmittel für die Finanzverwaltung mit<br />

der bereits erwähnten Zielsetzung handelt. Die Antragstellerin weist<br />

ferner zutreffend daraufhin, dass die Richtsätze auf die Verhältnisse eines<br />

durchschnittlichen Betriebs der betreffenden Branche abstellen. Der<br />

Verwendung der Richtsatzsammlung als Grundlage eines pauschalierten<br />

Bemessungssystems steht jedoch weder das eine noch das andere entgegen.<br />

Der Umstand, dass die Richtsätze von der Finanzverwaltung jährlich<br />

neu herausgegeben werden, während die in der Satzung der Antragsgegnerin<br />

festgesetzten Reingewinnsätze nicht nur für das Jahr 2006,<br />

sondern auch für die Folgejahre Gültigkeit beanspruchen, ist ebenfalls<br />

unschädlich.<br />

In diesem Zusammenhang stellt sich zwar die Frage, ob die Antragsgegnerin<br />

gehalten ist, die in der Satzung festgesetzten Reingewinnsätze neu<br />

festzusetzen, falls sich zukünftig in dem der Satzung zugrundeliegenden<br />

Bezugssystem durch eine Neufassung der Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministeriums<br />

eine grundlegende Änderung ergibt. Das bedarf<br />

jedoch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens keiner Vertiefung, da<br />

sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin nicht ergibt, dass die Richt-<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 61


R ECHTSPRECHUNG BWGZ 1/2009<br />

satzsammlung im Laufe ihrer jährlichen Überarbeitung eine solche Änderung<br />

erfahren hat.<br />

Die in der mündlichen Verhandlung angeführte Änderung des Richtsatzes<br />

für Nahrungsmittelbetriebe stellt eine wesentliche Änderung nicht<br />

dar. In der Richtsatzsammlung 2007 wird zwischen Nahrungsmittelbetrieben<br />

mit einem Umsatz von bis zu 400.000 Euro und Betrieben mit<br />

einem Umsatz von mehr als 400.000 Euro unterschieden. Für Betriebe<br />

der zuerst genannten Kategorie gilt ein Richtsatz von 9 v.H., für Betriebe<br />

der zweiten Kategorie ein Richtsatz von 4 v.H. Die Richtsatzsammlung<br />

2004 verzichtet dagegen auf eine Differenzierung nach dem erzielten<br />

Umsatz und nennt für Nahrungsmittelbetriebe einen einheitlich<br />

geltenden Richtsatz von 7 v.H. Dieser Richtsatz bewegt sich zwischen<br />

den in der Richtsatzsammlung 2007 bestimmten Werten.<br />

Kein zweckgebundener Mitteleinsatz<br />

3. Die Antragstellerin hält die angefochtene Satzung ferner zu Unrecht<br />

deshalb für rechtswidrig, weil sie keinen zweckgebundenen Einsatz der<br />

Beitragseinnahmen verlangt. Zwar werden Gebühren und Beiträge<br />

nicht, wie eine Steuer, „voraussetzungslos“, sondern als Gegenleistung<br />

für eine öffentlich-rechtliche Leistung erhoben. Das bedeutet jedoch<br />

nicht, dass das Gebühren- bzw. Beitragsaufkommen ausschließlich zur<br />

speziellen Kostendeckung der gebühren- oder beitragspflichtigen Leistung<br />

verwendet werden darf (vgl. Kirchhof, Staatliche Einnahmen, in:<br />

Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 4, 2. Aufl., Heidelberg<br />

1999, § 88 Rn. 208; Bosse, NWVBl. 2007, 87, 89). Vielmehr gilt<br />

auch im Zusammenhang mit Gebühren und Beiträgen das haushaltsrechtliche<br />

Prinzip der Gesamtdeckung, nach dem die Einnahmen des<br />

Verwaltungshaushalts insgesamt der Deckung der Ausgaben des Verwaltungshaushalts<br />

dienen (§ 16 GemHVO).<br />

Die Einnahmen des Verwaltungshaushalts sind nur dann auf die Verwendung<br />

für bestimmte Ausgaben zu beschränken, soweit sich dies aus einer<br />

rechtlichen Verpflichtung ergibt (§ 17 Abs. 1 S. 2 GemHVO). Für die<br />

hier in Rede stehenden Einnahmen der Antragsgegnerin aus der Erhebung<br />

eines Fremdenverkehrsbeitrags besteht keine solche Verpflichtung.<br />

4. Die Satzung der Antragsgegnerin ist jedoch insoweit rechtswidrig, als<br />

sie eine Reihe von natürlichen und juristischen Personen nicht für beitragspflichtig<br />

erklärt, von denen zur Überzeugung des Senats feststeht,<br />

dass ihnen ebenfalls besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr<br />

erwachsen, deren Maß sich von den fremdenverkehrsbedingten<br />

Vorteilen beitragspflichtiger Personen nicht unterscheidet.<br />

Das gilt zumindest für Ärzte und Zahnärzte sowie die verschiedenen in<br />

dem Verzeichnis über die Reingewinn- und Vorteilsätze nicht aufgeführten<br />

Handwerksbetriebe, die durch die Möglichkeit, mit den unmittelbar<br />

am Fremdenverkehr verdienenden Personen Geschäfte zu machen, mittelbare<br />

Vorteile aus dem Fremdenverkehr ziehen (vgl. zum Kreis der<br />

durch den Fremdenverkehr mittelbar bevorteilten Personen Senatsurteil<br />

vom 25.8.2003 – 2 S 2192/02 – NVwZ 2003, 1403; OVG Rheinland-<br />

Pfalz, Urteil vom 22.9.1998 – 6 A 10679/98 – NVwZ-RR 1999, 268;<br />

OVG Schleswig, Urteil vom 4.10.1995 – 2 L 220 und 222/95 – KStZ<br />

1997, 93; Gössl in: Gössl/Reif, Kommentar zum KAG, § 44 Rn. 3.1, S.<br />

7 f.; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Band III, § 11<br />

Rn. 87 ff.).<br />

a) Im Gegensatz zu einem bei den Akten der Antragsgegnerin befindlichen<br />

früheren Entwurf der Satzung werden Ärzte und Zahnärzte sowie<br />

im Baugewerbe tätige Handwerker wie Installateure, Plattenleger und<br />

Dachdecker weder in § 1 Abs. 2 FVBS noch in dem der Satzung als<br />

Anlage beigefügten Verzeichnis über die Reingewinn- und Vorteilsätze<br />

für die einzelnen Gewerbe- und Berufsarten aufgeführt.<br />

Anders als § 1 Abs. 2 FVBS, der nur eine beispielhafte Aufzählung der<br />

„insbesondere“ beitragspflichtigen Personen enthält, ist das einen Bestandteil<br />

der Satzung bildende Verzeichnis der Reingewinn- und Vorteil-<br />

sätze als abschließend zu verstehen. Die dort nicht aufgeführten Berufsgruppen<br />

sollen daher nach dem Willen der Antragsgegnerin nicht beitragspflichtig<br />

sein. Was die bezeichneten Handwerksbetriebe sowie<br />

Ärzte und Zahnärzte betrifft, folgt dies ferner aus einem Vergleich zwischen<br />

dem erwähnten früheren Entwurf der Satzung und der endgültig<br />

beschlossenen Fassung des Verzeichnisses. Über dieses Verständnis der<br />

Satzung besteht auch zwischen den Beteiligten Einigkeit.<br />

Nichtberücksichtigung von Ärzten und Handwerkern unzulässig<br />

b) Die Gemeinde hat bei der Ausgestaltung eines pauschalierten Bemessungssystems<br />

sicherzustellen, dass die Personen, denen durch den Fremdenverkehr<br />

ein Vorteil erwächst, gleichmäßig behandelt werden. Allerdings<br />

braucht sie bei der Bildung bestimmter Gruppen von Beitragsschuldnern<br />

nicht jeder Verschiedenheit in der wirtschaftlichen Auswirkung<br />

des Fremdenverkehrs auf die einzelnen Berufsgruppen oder<br />

Betriebsarten Rechnung zu tragen. Erst wenn die Vorteilseinschätzung<br />

innerhalb einer dieser Gruppen oder im Verhältnis der Gruppen zueinander<br />

als willkürlich erscheint, liegt ein Verstoß gegen das Gebot der<br />

Abgabengerechtigkeit vor (Senatsurteil vom 25.8.2003 – 2 S 2192/02<br />

– a.a.O.; Lichtenfeld, a.a.O., § 11 Rn. 115).<br />

Die Nichteinbeziehung der Ärzte und Zahnärzte ist in diesem Sinn willkürlich.<br />

Die Antragsgegnerin ist trotz ihrer nur 55.000 Einwohner ein<br />

international bekannter Kurort und verfügt neben zahlreichen Kur- und<br />

Bädereinrichtungen über ein Festspielhaus, bei dem es sich um das<br />

zweitgrößte Konzerthaus Europas handelt, ein Kongresszentrum für bis<br />

zu 2.000 Besucher sowie eine Spielbank.<br />

Die Zahl der Übernachtungen von Ortsfremden betrug im Jahre 2007<br />

734.679 (Quelle: Statistisches Landesamt). Die Zahl der Tagesgäste hat<br />

der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung<br />

mit jährlich 8 Mio. angegeben. Die Antragsgegnerin dürfte damit<br />

zu den Städten in Baden-Württemberg gehören, die am meisten auf den<br />

Fremdenverkehr ausgerichtet sind und durch diesen geprägt werden.<br />

Dass in einer solchen Stadt nicht nur Kurkliniken und Reha-Einrichtungen,<br />

sondern auch selbstständig tätige Ärzte und Zahnärzte durch die<br />

Möglichkeit zur Behandlung ortsfremder Personen über besondere wirtschaftliche<br />

Vorteile in Gestalt erhöhter Gewinn- und Verdienstmöglichkeiten<br />

verfügen, liegt auf der Hand. Ihre Nichteinbeziehung in den Kreis<br />

der Beitragsschuldner ist daher sachlich nicht gerechtfertigt. Dies gilt<br />

um so mehr, als die Satzung außer Kurkliniken und Reha-Einrichtungen<br />

auch Apotheker und Drogisten sowie Masseure und Krankengymnasten<br />

zu den Beitragsschuldnern zählt. Für Apotheker und Drogisten gilt nach<br />

der Satzung ein Vorteilssatz von 10 Prozent, für Masseure und Krankengymnasten<br />

ein Vorteilssatz von 20 Prozent. Die Antragsgegnerin geht<br />

somit davon aus, dass der Umsatz dieser Berufsgruppen zu „einem noch<br />

nennenswerten Anteil“ bzw. „einem beträchtlichen Teil“ fremdenverkehrsbedingt<br />

ist. Warum dies bei Ärzten und Zahnärzten anders sein soll,<br />

ist nicht zu erklären.<br />

Für die Nichteinbeziehung der in dem früheren Entwurf noch genannten<br />

Gruppen von im Baugewerbe tätigen Handwerksbetrieben fehlt ebenfalls<br />

ein überzeugender Grund.<br />

Aus ähnlichen Gründen dürfte von der Antragstellerin auch zu Recht<br />

beanstandet werden, dass die Antragsgegnerin davon abgesehen hat,<br />

Architekten, Baumärkte, Bauunternehmer, Möbelhändler, Notare,<br />

Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer sowie Elektronikfachmärkte<br />

in den Kreis der Beitragsschuldner einzubeziehen. Der Senat<br />

sieht jedoch davon ab, dieser Frage näher nachzugehen.<br />

5. Die unabhängig hiervon fehlerhafte Abgrenzung des Kreises der Beitragsschuldner<br />

führt zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Ob ein einer<br />

Satzung anhaftender Rechtsmangel zur Gesamtnichtigkeit der Satzung<br />

oder nur zu ihrer Teilnichtigkeit führt, hängt nach den dafür in der Rechtsprechung<br />

entwickelten Grundsätzen u.a. davon ab, ob die Beschränkung<br />

der Nichtigkeit auf einen bestimmten Teil der Satzung eine mit<br />

62 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


BWGZ 1/2009 R ECHTSPRECHUNG<br />

höherrangigem Recht vereinbare sinnvolle (Rest-)Regelung des Lebenssachverhalts<br />

belässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.8.2008 – 9 B<br />

40.08 – Juris mwN.). An dieser Voraussetzung für eine bloße Teilnichtigkeit<br />

fehlt es im vorliegenden Fall, da die Regelungen über den Kreis<br />

der Beitragsschuldner nicht von dem übrigen Inhalt der Satzung abgetrennt<br />

werden können.<br />

6. Die Berechtigung der von der Antragstellerin erhobenen weiteren<br />

Einwendungen gegen die angefochtene Satzung kann danach dahin stehen.<br />

Zur Vermeidung eines möglichen weiteren Rechtsstreits ist zu diesen<br />

Einwendungen jedoch Folgendes zu bemerken:<br />

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass der Reingewinnsatz für Kaufhäuser<br />

in der Satzung zu Unrecht auf 12 v.H. festgesetzt worden sei. Da<br />

in der erwähnten Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung kein Richtsatz<br />

für Kaufhäuser genannt wird, hat die Antragsgegnerin den in der<br />

Satzung festsetzten Reingewinnsatz anhand der Richtsätze gebildet, die<br />

für die üblicherweise in einem Kaufhaus vorhandenen Gewerbezweige<br />

gelten. Das stößt entgegen der Ansicht der Antragstellerin trotz der nicht<br />

zu bestreitenden Unterschiede, die zwischen Kaufhäusern mit Fachabteilungen<br />

einerseits sowie Fachgeschäften andererseits bestehen, auf<br />

keine grundsätzlichen Bedenken.<br />

Eine andere, besser geeignete Methode zur Ermittlung eines Richtsatzes<br />

für Kaufhäuser wird von der Antragstellerin nicht genannt. Der Einwand<br />

der Antragstellerin, dass das von ihr betriebene Kaufhaus weder über<br />

eine Schmuck- noch über eine Haushaltswarenabteilung verfüge, stellt<br />

die Angemessenheit des in der Satzung festgesetzten Richtsatzes ebenfalls<br />

nicht in Frage, da dieser nicht allein für das Unternehmen der Antragstellerin<br />

in seinem derzeitigen Zuschnitt Gültigkeit beansprucht,<br />

sondern ein allgemein für Kaufhäuser geltender Wert ist.<br />

Die von der Antragstellerin ferner kritisierten Richtsätze für Buchhandlungen,<br />

Juweliere und Spielwarengeschäfte entsprechen den in der<br />

Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung 2004 genannten Werten und<br />

erscheinen deshalb ebenfalls unbedenklich. Ob das Gleiche auch für den<br />

für Spielbanken geltenden Reingewinnsatz von nur 3 v.H. gilt, lässt der<br />

Senat offen.<br />

Bildung von Beitragszonen zulässig<br />

b) Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die der Beitragspflicht<br />

unterliegenden Gewerbe- und Berufsarten nicht in gleichem Maß vom<br />

Fremdenverkehr profitieren, hat die Antragsgegnerin die verschiedenen<br />

Branchen aufgrund einer Schätzung in sechs Gruppen eingeteilt und<br />

jeder dieser Gruppen einen bestimmten Vorteilssatz zugeordnet. Im Hinblick<br />

auf den Umstand, dass die fremdenverkehrsbedingten Vorteile bei<br />

Betrieben in der Innenstadt größer sind als bei außerhalb gelegenen<br />

Betrieben, hat die Antragsgegnerin ferner zwei verschiedene Beitragszonen<br />

gebildet. Für Betriebe in der die Innenstadt umfassenden Beitragszone<br />

I gilt ein Beitragssatz von 3 v.H., für Betriebe in der Beitragszone<br />

II, zu der das übrige Stadtgebiet gehört, ein Beitragssatz von 1,2<br />

v.H.<br />

Diese Vorgehensweise ist angesichts der Grenzen, die bei der gerichtlichen<br />

Überprüfung der vom Satzungsgeber vorgenommenen Vorteilseinschätzung<br />

zu beachten sind, nicht zu beanstanden. Das Vorteilsprinzip<br />

und die sich daraus ergebende Forderung, alle Pflichtigen ihren Vorteilen<br />

entsprechend gleichmäßig zu belasten, zwingt die Gemeinde nicht,<br />

die Vorteile eines jeden Abgabepflichtigen genau zu ermitteln und jeder<br />

Verschiedenheit in den wirtschaftlichen Auswirkungen des Fremdenverkehrs<br />

Rechnung zu tragen. Dies wäre auch nicht möglich, da der dem<br />

einzelnen Abgabepflichtigen entstehende fremdenverkehrsbedingte<br />

Vorteil nicht exakt messbar ist.<br />

Der Gemeinde steht daher sowohl bei der Zusammenfassung bestimmter<br />

Branchen zu einer Gruppe als auch bei der Frage, welche Vorteile diesen<br />

Gruppen bei pauschalierender Betrachtungsweise typischerweise zuzurechnen<br />

sind, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurtei-<br />

lungsspielraum zu. Ihren Spielraum überschreitet die Gemeinde erst<br />

dann, wenn die festgelegten Vorteilssätze nicht mehr „in sich stimmig“<br />

sind, weil eine gravierende, sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Unausgewogenheit<br />

zwischen den einzelnen Vorteilssätzen besteht oder der<br />

Grundsatz der Systemgerechtigkeit ohne plausible und nachvollziehbare<br />

Gründe durchbrochen wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom<br />

25.8.2003 – 2 S 2192/02 – NVwZ 2003, 1403; OVG Schleswig, Urteile<br />

vom 23.8.2000 – 2 L 226/98 – NordÖR 2001, 221, und 4.10.1995 – 2 L<br />

220/95 – ZKF 1997, 40; OVG Niedersachsen, Urteil vom 13.12.2006<br />

– 9 KN 180/04 – NVwZ-RR 2007, 277; Urteil vom 13.11.1990 –<br />

9 K 11/89 – a.a.O.; Lichtenfeld, a.a.O., § 11 KAG Rn. 115).<br />

d) Die gegen die Festsetzung des Beitragsatzes erhobenen Einwendungen<br />

der Antragstellerin sind unbegründet. Richtig ist zwar, dass es für<br />

die Höhe dieses Satzes keine schlüssige Begründung gibt. Das ist jedoch<br />

unschädlich. Die Bestimmung des Beitragssatzes steht, wie die Antragsgegnerin<br />

zutreffend bemerkt, in ihrem Ermessen, sofern die Bestimmung<br />

dieses Satzes nicht dazu führt, dass das Beitragsaufkommen die<br />

– anderweitig nicht gedeckten und um einen angemessenen Eigenanteil<br />

der Gemeinde zu verringernden – Aufwendungen der Gemeinde zur<br />

Förderung des Fremdenverkehrs überschreitet (Gössl, a.a.O., § 44 Anm.<br />

3.3.1, S. 13).<br />

Von einem solchen Verstoß gegen das auch bei der Erhebung eines<br />

Fremdenverkehrsbeitrag zu beachtende Verbot der Kostenüberdeckung<br />

kann im vorliegenden Fall offensichtlich keine Rede sein. Das von der<br />

Antragsgegnerin prognostizierte Aufkommen aus der Erhebung eines<br />

Fremdenverkehrsbeitrags beträgt zirka 350.000 Euro, das Aufkommen<br />

aus der Erhebung der Kurtaxe etwa 1.420.000 Euro. Die Aufwendungen<br />

für die Herstellung und Unterhaltung der zu Kur- und Erholungszwecken<br />

bereit gestellten Einrichtungen und der für diesen Zweck durchgeführten<br />

Veranstaltungen werden von der Antragsgegnerin mit 8.616.906<br />

Euro beziffert. Mit der Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags und<br />

einer Kurtaxe wird somit nur ein kleiner Teil der Aufwendungen gedeckt,<br />

die der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Förderung<br />

des Kurbetriebs und des Fremdenverkehrs entstehen.<br />

BWGZ Nr. 1 vom 15.1.2009 Az. 792.07<br />

<strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG 63


B ÜCHER UND Z EITSCHRIFTEN BWGZ 1/2009<br />

Sinner/Gassner/Hartlik: Umweltvertäglichkeitsprüfung – Strategische Umweltprüfung.<br />

Erläuterungswerk. Loseblattausgabe. 3. Nachlieferung. Februar<br />

2008, 242 Seiten. 29,10 Euro. Gesamtwerk: 582 Seiten, 56 Euro. Kommunal-<br />

und Schulverlag GmbH & Co. KG, Walluf.<br />

Neben einer Aktualisierung der Erläuterungen erfolgte mit dieser Lieferung vor<br />

allem eine Ergänzung des Kapitels „Bauleitpläne der Innenverdichtung“ beim<br />

Teil „Verwaltungsverfahren mit UVP“.<br />

Außerdem wurden die Rechtsvorschriften auf den aktuellen Stand gebracht.<br />

Kretz/Knopp/Michler/Albrecht: Das Abfallrecht in Baden-Württemberg.<br />

Kommentar. 4. Nachlieferung. Juni 2008. 366 Seiten. 38,40 Euro. Gesamtwerk<br />

944 Seiten. 74 Euro. Kommunal- und Schulverlag GmbH & Co. KG,<br />

Walluf.<br />

Kindergeldrecht. 75. Ergänzung. Stand: Mai 2008. Verlagsgruppe Jehle<br />

Rehm GmbH, München.<br />

Breier/Dassau u.a. TVöD-Kommentar. 20. bis 22. Ergänzung. Stand: April/<br />

Juni/Juli 2008. Verlagsgruppe Jehle Rehm GmbH, München.<br />

Plog/Wiedow u.a. Kommentar zum Bundesbeamtengesetz mit Beamtenversorgungsgesetz.<br />

278. bis 280. Ergänzung. Stand: April/Mai/Juli 2008. Luchterhand,<br />

Neuwied.<br />

Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele: Wassergesetz für Baden-Württemberg.<br />

Kommentar. 31. Lieferung zur 3. Auflage. Stand: Januar 2008. 184<br />

Seiten. 70 Euro. Preis Gesamtwerk: 199,80 Euro. W. Kohlhammer GmbH,<br />

Stuttgart.<br />

Seeger/Füsslin/Vogel: Entscheidungssammlung zum Kommunalrecht Baden-Württemberg<br />

– EKBW. 30. Lieferung. Stand August 2007. 212 Seiten.<br />

79,80 Euro. W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart.<br />

Lambert, Müller, Sutor: Das Schulrecht in Baden-Württemberg. 06. Aktualisierungslieferung.<br />

1. Juni 2008. 78 Seiten. Jahresrechnung. Link Luchterland.<br />

Dumolin: Die Europäische Kommission 1958–1972 – Geschichte und Erinnerungen<br />

einer Institution. 2007. 669 Seiten, Taschenbuchausgabe. 32,10<br />

Euro. Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften,<br />

Luxemburg.<br />

In diesem umfangreichen Werk wird die Entwicklung der Europäischen Einigung<br />

von ihren Anfängern bis in die siebziger Jahre nachgezeichnet, und zwar aus dem<br />

Blickwinkel der Europäischen Kommission als ihrer zentralen Institution. Dazu<br />

stellen die Autoren zum einen die tragenden Persönlichkeiten wie Walter Hallstein<br />

in lebendigen Bildern vor, zum anderen werden die verschiedenen Politikbereiche<br />

dargestellt, wie sie in die europäische Dimension hineingewachsen sind.<br />

Insgesamt liegt damit ein aufwendig gestaltetes Werk vor, das sicher nicht in einem<br />

Zug gelesen werden kann, aber immer wieder dazu einlädt, in der Geschichte<br />

Europas zu schmökern.<br />

Erbguth/Masing: Verwaltung unter dem Einfluss des Europarechts. 2006.<br />

232 Seiten, kartoniert. 34,00 Euro. Boorberg Verlag, Stuttgart.<br />

Der vorliegende Band ist das Ergebnis einer Tagung des Deutsch-Polnischen<br />

Verwaltungskolloquiums. Verwaltungsrechtler aus beiden Ländern stellen ihre<br />

Sicht auf die Europäisierung des Verwaltungsrechts und deren Einfluss auf die<br />

Organisitionsstrukturen in den beiden Ländern vor. Dieser Band öffnet den Blick<br />

auf die Herausforderungen unseres großen östlichen Nachbarlandes und ermöglicht<br />

es, unsere eigenen Probleme aus einer neuen Sicht zu betrachten. Eine gewinnbringende<br />

Lektüre für jeden europa- und verwaltungsrechtlich Interessierten.<br />

Frank, Metzger: Enea Silvio Piccolomini – Europa. 2005. 432 Seiten, Leinenband<br />

mit Goldprägung. 36,80 Euro. Verlag für Regionalkultur, Heidelberg.<br />

Der italienische Humanist Enea Silvio Piccolomini verfasste im Jahre 1453 die<br />

erste neuzeitliche Schrift über Europa, die nun die beiden Herausgeber in einer<br />

neuen Übersetzung veröffentlichen und um eine Einleitung ergänzen. Für historisch<br />

Interessierte bietet sich so ein neuer Blick auf das alte Europa als ein Europa<br />

der Werte, das in dieser Eigenschaft heute wieder Aktualität gewinnt.<br />

Ruppert: Der kommunale Forstbetrieb im Spannungsfeld von Gemeinwohlorientierung<br />

und Erwerbswirtschaft. 2006. 710 Seiten, kartoniert. Verlag des<br />

Instituts für Forstökonomie der Universität Freiburg.<br />

In dieser Dissertation werden die Bedingungen analysiert, unter denen heute<br />

kommunaler Wald bewirtschaftete wird. Anhand empirischer Studien wird herausgeabeitet,<br />

welche Probleme aber auch Chancen sich für Gemeinden bieten,<br />

die gewerbliche Forstwirtschaft betreiben. Gerade diese Handlungsempfehlungen<br />

machen das Buch zu einem wertvollen Ratgeber für Kommunen, die sich „im<br />

Spannungsfeld von Gemeinwohlorientierung und Erwerbswirtschaft“ sicher bewegen<br />

wollen.<br />

Rotermund, Krafft: Haftungsrecht in der kommunalen Praxis. 2008. 4.,<br />

völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 592 Seiten. 89,90 Euro. ESV<br />

Erich Schmidt Verlag, Berlin.<br />

Bereits in der vierten Auflage erscheint nun dieses Handbuch zur Organisation<br />

der Haftungsvermeidung. Neben verfahrensrechtlichen Aspekten wird ein umfassender<br />

inhaltlicher Bogen gespannt, der kommunalrelevante Themen umfasst wie<br />

die Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, Haftung im öffentlichen Baurecht<br />

und in der Daseinsvorsorge, das neue Umweltschadengesetz. Eine regelmäßige<br />

Zitierung der relevantne Rechtssprechung bietet für die kommunale Praxis die<br />

Gewähr, mit Hilfe dieses Werkes die komplexe Materie des Haftungsrechts verlässlich<br />

handhaben zu können.<br />

Gebhardt: Geographie Baden-Württembergs – Raum, Entwicklung, Regionen.<br />

2008. 376 Seiten, kartoniert. 6,50 Euro zzgl. Versandkosten. Landeszentrale<br />

für politische Bildung Baden-Württemberg und Verlag W. Kohlhammer,<br />

Stuttgart.<br />

Die Vielfalt Baden-Württembergs, sowohl in landschaftlicher als auch in kultureller,<br />

wirtschaftlicher und struktureller Hinsicht, ist Gegenstand dieser Publikation<br />

der Landeszentrale für politische Bildung. Reich bebildert und mit zahlreichen<br />

historischen und aktuellen Karten und Graphiken versehen liegt damit ein<br />

umfassendes Standardwerk zur Geographie unseres Bundeslandes zwischen Alpen<br />

und Odenwald vor.<br />

Starck: Förderalismusreform – Einführung. 2007. 198 Seiten, kartoniert.<br />

32,00 Euro. Verlag Franz Vahlen, München.<br />

Die Förderalismusreform I gilt als die größte Reform des Grundgesetzes seit einer<br />

Verabschiedung. Dabei kam es vor allem in den Bereichen Gesetzgebungskompetenzen<br />

von Bund und Ländern, Bildungspolitik, Beamtenrecht, Europa, Finanzen,<br />

Inneres und Umweltrecht zu Änderungen. Regelungen zur Konnexität wurden<br />

zwar nicht getroffen, jedoch wurde im Interesse der Gemeinden dem Bund<br />

das Recht der Aufgabenübertragung auf die Kommunen genommen. Die vorliegende<br />

Einführung bietet einen fundierten Überblick über alle relevanten Themen<br />

der Förderalismusreform I sowie die damit verbundenen Neuregelungen und<br />

versteht sich selbst als Ergänzung zu den gängigen Grundgesetzkommentaren.<br />

Zu den verschiedenen Punkten werden Hinweise zur Umsetzung, zu Folgeproblemen<br />

und zur Bewertung der jeweiligen Änderung geboten. In diesem Zusammenhang<br />

ist der Band gerade auch für Praktiker in Behörden und Verbänden<br />

hilfreich.<br />

Lenz/Borchardt: EU- und EG-Vertrag – Kommentar. 2006. Ca. 2.400 Seiten,<br />

kartoniert. 198,00 Euro. Bundesanzeiger Verlag, Köln.<br />

Im Vorlauf zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft erschienen, ist dies die Fortführung<br />

des Standardkommentars zum Europarecht. Interessant sind die Bezüge<br />

zur „Europäischen Verfassung“ in ihrer momentan angedachten Form, die regelmäßig<br />

hergestellt werden. Vor allem die zahlreichen Verweise auf die höchstrichterliche<br />

Rechtsprechung erweisen sich als sehr nützlich, zudem enthält die mitgelieferte<br />

CD-ROM umfangreiche Sekundärrechtstexte und wichtige Entscheidungen<br />

im Volltext.<br />

64 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG


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