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DIE GEMEINDE

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B ILANZ UND P ERSPEKTIVEN BWGZ 1/2009<br />

Finanzrechtsstreit EVS 1992 beendet –<br />

alles bleibt wie es war<br />

In dem schon seit 1996 laufenden Rechtsstreit<br />

hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg,<br />

nachdem das Verfahren zuvor<br />

sogar schon beim Bundesfinanzhof anhängig<br />

war und dann wieder an das Finanzgericht<br />

zurückverwiesen wurde, mit Urteil<br />

vom 6.11.2006 ganz entgegen der im – gegenstandslos<br />

gewordenen – Gerichtsbescheid<br />

vom 7.9.2005 vertretenen Auffassung<br />

entschieden und den Antrag einer<br />

baden-württembergischen Gemeinde auf<br />

Änderung der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags<br />

1992 der EVS AG zurückgewiesen.<br />

Der vom Finanzamt angewandte<br />

Zerlegungsmaßstab (50 v.H. nach<br />

Arbeitnehmern, die in der Gemeinde wohnen,<br />

30 v.H. nach Stromeinnahmen und 20<br />

v.H. nach dem Anlagevermögen) sei, so<br />

das Finanzgericht, auch noch für das Jahr<br />

1992 zu billigen gewesen.<br />

Der Bundesfinanzhof hat die Beschwerde<br />

gegen die Nichtzulassung der Revision gegen<br />

dieses Urteil mit Beschluss vom<br />

23.7.2008 als unbegründet zurückgewiesen.<br />

Damit bleibt es beim Urteil des Finanzgerichts<br />

Baden-Württemberg vom 6.11.2006,<br />

mit dem das Finanzgericht den vom Finanzamt<br />

angewandten Zerlegungsschlüssel für<br />

den Erhebungszeitraum 1992 bestätigt hat.<br />

Zurückgehend auf einen Antrag des Landes<br />

Schleswig-Holstein im Bundesrat wurde<br />

im Jahressteuergesetz 2009 (vom<br />

19.12.2008, BGBl. I S. 2794) für Windkraftanlagen<br />

ein geänderter Zerlegungsmaßstab<br />

aufgenommen. Danach wird der<br />

Steuermessbetrag von Windkraftanlagenbetreibern<br />

künftig zu drei Zehnteln nach<br />

Arbeitslöhnen und zu sieben Zehnteln nach<br />

örtlichem Sachanlagevermögen (Steuerbilanzwerte)<br />

zerlegt. Die Neuregelung wurde<br />

damit begründet, dass sich die Nichtberücksichtigung<br />

der Standortgemeinden der<br />

Windkraftanlagen hemmend auf die Bereitschaft<br />

der Gemeinden auswirken könne,<br />

zum einen Flächen als Eignungsgebiete<br />

entsprechender Anlagen auszuweisen und<br />

des weiteren die mit dem Bau und Betrieb<br />

einhergehenden Beeinträchtigungen und<br />

Damit fand nicht nur ein langjähriger Finanzrechtsstreit<br />

ein Ende, sondern es<br />

konnte auch die befürchtete nachträgliche<br />

Umverteilung des Gewerbesteueraufkommens<br />

unter den 532 betroffenen Städten<br />

und Gemeinden vermieden werden, die<br />

mit gewerbesteuerlichen Erstattungs- und<br />

Nachzahlungszinsen noch verstärkt worden<br />

wäre.<br />

Wie der Gemeindetag auf der Basis des<br />

Gerichtsbescheids des Finanzgerichts ermittelt<br />

hat, hätten 453 der insgesamt 532<br />

Städte und Gemeinden Gewerbesteuer für<br />

zurückerstatten müssen, die umgekehrt<br />

nur 66 Kommunen als Steuerzuwachs zugute<br />

gekommen wäre; 80 Prozent der<br />

Mehreinnahmen wären auf nur vier Städte<br />

entfallen. Für manch kleinere Gemeinde<br />

im Oberschwäbischen wäre die nachträgliche<br />

Gewerbesteuerumverteilung (-rückzahlung)<br />

finanziell so bedeutsam gewesen,<br />

dass ihre Haushalts- und Investitionsplanung<br />

für die nächsten Jahre Makulatur gewesen<br />

wäre. Für das Unternehmen selbst<br />

hätte die Umverteilung zu einer höheren<br />

Gewerbesteuerzahllast geführt. Für die<br />

Folgejahre 1993 ff. hätten vergleichbare<br />

Konsequenzen in der Gewerbesteuerzerlegung<br />

gezogen werden müssen.<br />

Neue Gewerbesteuerzerlegung für Windkraftanlagen –<br />

Anlass, den gewerbesteuerlichen Zerlegungsmaßstab<br />

auch für andere Wirtschaftszweige zu überdenken?<br />

Auswirkungen auf das Ortsbild und Landschaftsbild<br />

hinzunehmen.<br />

Aus umweltpolitischen Gründen sei es geboten,<br />

die Standortgemeinden der Windkraftanlagen<br />

in angemessener Weise am<br />

Gewerbesteueraufkommen zu beteiligen.<br />

Mit der jeweils anteiligen Anwendung des<br />

Zerlegungsmaßstabs „Arbeitslöhne“ und<br />

des Zerlegungsmaßstabs „Steuerbilanzwert<br />

des Sachanlagevermögens“ werde<br />

den Belangen der Gemeinde des Geschäftssitzes<br />

und der Standortgemeinden<br />

der Windkraftanlagen ausgewogen Rechnung<br />

getragen.<br />

Auch in Baden-Württemberg gibt es eine<br />

Reihe von Fällen, in denen aus dem Vorhandensein<br />

von Windkraftanlagen man-<br />

gels zuordenbarer Arbeitslöhne keine Gewerbesteuerzerlegungsanteile<br />

erwachsen,<br />

wie von Mitgliedskommunen berichtet<br />

wird. Die nun vom Bundesgesetzgeber beschlossene<br />

Rechtsänderung ist deshalb ein<br />

Schritt in die richtige Richtung, wenn auch<br />

mit dem Ansatz der Steuerbilanzwerte<br />

(Abschreibung!) nur zeitlich begrenzt ein<br />

Zerlegungsanteil geschaffen wird.<br />

Die „mit heißer Nadel gestrickte“ Rechtsänderung<br />

dürfte schon sehr schnell Anwendungsfragen<br />

aufwerfen, insbesondere<br />

wenn bei Versorgungsbetrieben die Windenergieerzeugung<br />

nur von nachrangiger<br />

Bedeutung ist. Bezieht sich der neue Zerlegungsschlüssel<br />

dann nur auf einen Messbetragsanteil<br />

der Windkraftanlagen, und<br />

wie wird dieser ermittelt? Was geschieht in<br />

Fällen einer gewerbesteuerlichen Organschaft,<br />

in die auch Windkraftanlagen einbezogen<br />

sind? Sind die für mehrgemeindliche<br />

Betriebsstätten in Versorgungsunternehmen<br />

in der Praxis angewandten Zerlegungsschlüssel<br />

berührt?<br />

Allerdings sind Windkraftanlagen beileibe<br />

nicht die einzigen Betriebsstätten, bei denen<br />

solche Fragestellungen auftauchen.<br />

Ein anderes Beispiel wären Photovoltaikanlagen.<br />

Ein weiteres Beispiel von vielen<br />

sind u.a. die Kreissparkassen. Filialen<br />

werden durch Automaten ersetzt, denen<br />

keine Arbeitslöhne zugeordnet werden,<br />

das Gewerbesteueraufkommen konzentriert<br />

sich an wenigen Standorten. Ein anderes<br />

Beispiel sind die Kabelnetz- und<br />

Breitbandbetreiber (TV- und DSL-Angebot<br />

über dieselbe Leitung). Auch bei Mobilfunk-Basisstationen<br />

und -antennenanlagen<br />

gibt es ähnliche Aspekte.<br />

Hier hat sich die Finanzverwaltung einfach<br />

dadurch den Fragen der Gewerbesteuerzerlegung<br />

entzogen, dass sie Mobilfunk-Basisstationen<br />

nicht einmal als Betriebsstätten<br />

ansieht, was mit dem Betriebsstättenbegriff<br />

in § 12 AO allerdings<br />

nicht zu vereinbaren ist. Selbstverständlich<br />

liegt hier eine Betriebsstätte vor. Das<br />

Problem liegt in den faktisch nicht zuordenbaren<br />

Arbeitslöhnen. Auch bei den<br />

Versorgungs- und Verkehrsunternehmen<br />

gibt es vergleichbare Fälle.<br />

Beispielsweise hatten sich die Finanzministerien<br />

im Jahr 1999 hinsichtlich der<br />

Deutschen Bahn AG seinerzeit dahingehend<br />

festgelegt, es liege beim Unterneh-<br />

14 <strong>GEMEINDE</strong>TAG BADEN-WÜRTTEMBERG

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