22.07.2013 Aufrufe

Magazin zur Nachhaltigkeit 2009 - Daimler Nachhaltigkeitsbericht ...

Magazin zur Nachhaltigkeit 2009 - Daimler Nachhaltigkeitsbericht ...

Magazin zur Nachhaltigkeit 2009 - Daimler Nachhaltigkeitsbericht ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

26 <strong>Daimler</strong> 360 GRAD – <strong>Magazin</strong> <strong>zur</strong> <strong>Nachhaltigkeit</strong> <strong>2009</strong><br />

Enel in Rom, Mailand und Pisa anlaufen. Beim Startschuss für den<br />

Berliner Großversuch, dem weltweit größten Gemeinschaftsprojekt<br />

dieser Art, bemerkte Bundeskanzlerin Angela Merkel, es werde jetzt<br />

„sichtbar, wie etwas, von dem wir als Innovation hören, konkret Gestalt<br />

annehmen kann“.<br />

Ausgeklügelte Batterietechnologie. Arnold Lamm, der mit seinem<br />

Team die Batterieentwicklung vorantreibt, hat eine Nachbildung<br />

des ersten <strong>Daimler</strong>-Akku-Meisterstücks auf einem Regal im Büro<br />

stehen: die erste Lithium-Ionen-Hochvoltbatterie, die serienmäßig<br />

im Automobil zum Einsatz kommt. Lamm wiegt das Modell für den<br />

Mercedes-Benz S 400 BlueHYBRID, das in seinen Abmessungen einer<br />

herkömmlichen Batterie entspricht, in den Händen. „Wir mussten<br />

im Gehäuse nicht nur die Zellen, sondern auch das elektronische<br />

Batteriemanagementsystem und ein Kühlmodul unterbringen“. Aus<br />

Platz- und Sicherheitsgründen ist das Bauteil fest verkapselt und<br />

kann nicht geöffnet werden. Seine Nutzungszeit ist auf zehn Jahre<br />

ausgelegt. „Die Konkurrenz wird das Teil wohl erst mal in einem Kernspintomografen<br />

durchleuchten müssen“, lächelt Lamm, „die wollen<br />

natürlich möglichst schnell wissen, wie wir das geschafft haben“. Zum<br />

raschen Erfolg der neuen Batterietechnologie wird künftig auch die<br />

Zusammenarbeit mit der Evonik Industries AG aus Essen beitragen.<br />

Auf Basis der Lithium-Ionen-Technologie von Evonik und dem Knowhow<br />

von <strong>Daimler</strong> wird gemeinsam der Energiespeicher der Zukunft<br />

für Pkw und Nutzfahrzeuge entwickelt (siehe Checkpoint Seite 25).<br />

Während im Hybrid eher kurzzeitige und sehr hohe Leistungsabgaben<br />

gefordert werden, sollte eine Batterie in einem reinen Elektrofahrzeug<br />

die Leistung und Energie über einen längeren Zeitraum<br />

gleichmäßiger abgeben. Es kommen daher je nach Einsatzbereich<br />

verschiedene Zellen <strong>zur</strong> Anwendung. Jetzt müsse man das System<br />

„modularisieren“, sodass dennoch möglichst viele Gleichteile verwendet<br />

werden können. Für die absehbare Zukunft erwartet er keine<br />

revolutionären Neuerungen, sondern evolutionäre Schritte: „Wir<br />

werden den Batterieaufbau weiter vereinfachen und zusätzlich durch<br />

größere Stückzahlen auch in den Kosten weiter herunterkommen.“<br />

Lamm ist sich sicher, dass sich das Prinzip Lithium-Ionen im Markt<br />

durchsetzen wird. Dennoch dürfe man von der Batterietechnologie<br />

keine Wunder erwarten: „Das Urproblem der relativ beschränkten<br />

Reichweite wird uns beim reinen Elektroauto vorerst erhalten bleiben.“<br />

Es stelle sich allerdings auch die Frage, warum man bei einer<br />

durchschnittlichen täglichen Fahrleistung von 30 bis 50 Kilometer<br />

im Stadteinsatz überhaupt zusätzliche schwere Batterien mit sich<br />

rumschleppen solle. Zusätzliche Reichweite könnte womöglich<br />

preiswerter und effi zienter durch einen kleinen zusätzlichen Verbrennungsmotor<br />

sichergestellt werden, der die Batterie nachlade<br />

(„Range Extender“). Die Entwicklung laufe je nach Einsatzzweck auf<br />

einen Baukasten mit unterschiedlichen Lösungsmodulen hinaus.<br />

Energie aus Brennstoffzellen. Ein wichtiges Modul ist für <strong>Daimler</strong><br />

die Brennstoffzelle. „Das Brennstoffzellenfahrzeug ist ebenfalls ein<br />

reines Elektrofahrzeug“, erklärt Jürgen Friedrich, Projektleiter elektrische<br />

Antriebssysteme, „in der Öffentlichkeit herrscht da oft ein<br />

Missverständnis“. Die Antriebskomponenten seien beim Brennstoffzellenfahrzeug<br />

weitgehend die gleichen, statt aus einer großen<br />

Batterie komme die Energie aber aus einer Brennstoffzelle. Die<br />

wird sozusagen mit Wasserstoff nachgeladen, aus dem sie dann<br />

Strom produziert. Mit umgerüsteten herkömmlichen Verbrennungsmotoren,<br />

die dann direkt Wasserstoff verbrennen, hat das absolut<br />

nichts zu tun. Jürgen Friedrich: „Der Wirkungsgrad der Brennstoff-<br />

zelle ist viel höher als der des Verbrennungsmotors. Das heißt, sie<br />

gewinnt mehr als doppelt so viel elektrische Energie aus dem gespeicherten<br />

Energieträger Wasserstoff.“ Während der Wirkungsgrad<br />

eines guten Verbrennungsmotors im Bereich von 20 Prozent liegt,<br />

bringt es die neue <strong>Daimler</strong>-Brennstoffzellengeneration auf deutlich<br />

über 50 Prozent. Umgerechnet auf das Energieäquivalent von Dieselkraftstoff<br />

verbraucht die Mercedes-Benz B-Klasse ausgerüstet mit<br />

der nächsten F-CELL-Generation etwa drei Liter Sprit pro 100 Kilometer<br />

(F-Cell steht für „Fuel Cell“, „Brennstoffzelle“). Das Fahrzeug<br />

kann dabei bis zu 136 PS mobilisieren und kommt mit einer Wasserstofffüllung<br />

deutlich mehr als 400 Kilometer weit.<br />

Bernd Löper und sein Team stecken mitten in den Vorbereitungen für<br />

den Start der Kleinserienproduktion der B-Klasse F-CELL mit Brennstoffzelle.<br />

Diese beginnt bereits Ende <strong>2009</strong>.<br />

„Der Wirkungsgrad der Brennstoffzelle<br />

ist viel höher als der des Verbrennungsmotors.<br />

Das heißt, sie gewinnt mehr<br />

als doppelt so viel elektrische Energie<br />

aus dem gespeicherten Energieträger<br />

Wasserstoff.“<br />

Jürgen Friedrich, Projektleiter elektrische Antriebssysteme<br />

Aktuell hat <strong>Daimler</strong> eine Testfl otte von über 100 Brennstoffzellenfahrzeugen<br />

im Einsatz, um die Grundelemente einer Wasserstoffi nfrastruktur<br />

zu erproben, Crash-Tests und Härtetests zu bestehen.<br />

Die Brennstoffzellenautos genießen keinen Welpenschutz, sondern<br />

müssen den gleichen Testkriterien gerecht werden wie konventionelle<br />

Fahrzeuge. Sie reichen von der Hitze im Death Valley bis zum<br />

arktischen Winter in Lappland. Dort konnte beispielsweise unter Beweis<br />

gestellt werden, dass das Problem des Kaltstarts im Rahmen<br />

der Weiter-/Neuentwicklung gelöst worden war. Bei der Umwandlung<br />

des Wasserstoffs in Strom entsteht Sauerstoff und Wasser.<br />

Doch Wasser gefriert bei Minusgraden, weshalb es bei abgeschalteter<br />

Zelle jetzt komplett entfernt wird. „Die Mannschaft ist bei solchen<br />

Testfahrten hoch konzentriert, als ob sie gemeinsam in einem<br />

Kloster wären“, berichtet er, „da wird auf dem kleinen Dienstweg<br />

sehr effi zient optimiert und weiterentwickelt.“ Die Niederungen des<br />

Alltagsbetriebs sind voller Tücken und können nur Schritt für Schritt<br />

in mühevoller Kleinarbeit bewältig werden.<br />

Am Forschungs- und Entwicklungsstandort Nabern, in einer Halle mit<br />

verschiedenen Prototypen, wird Besuchern die Dynamik der Entwicklung<br />

klar: Füllte die Brennstoffzelle beim ersten Versuchsfahrzeug<br />

1994 noch einen ganzen Transporter, so verschwindet sie in<br />

der B-Klasse jetzt unsichtbar unter dem Fahrzeugboden und im<br />

Motorraum. Eine Einschränkung der räumlichen Nutzbarkeit gibt es<br />

nicht – und in der Fahrdynamik auch nicht, eher im Gegenteil: Testfahrer<br />

sind beeindruckt vom geradezu sportwagenmäßigen Antritt<br />

der Fahrzeuge. Die Entwickler spüren großen Rückenwind, aber auch<br />

eine enorme Erwartungshaltung. Bernd Löper bringt das auf die<br />

schöne Formel: „Wir müssen jetzt nicht nur gackern, sondern auch<br />

Eier legen.“ \

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!