Nr. 2/2005 März & April Ausgabe 18
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scheinen, machen sich doch die wenigsten von uns Gedanken<br />
über die Locals, ihre Lebensweise, die Sprache, die Religion und<br />
die Besonderheiten und Gepflogenheiten anderer Kulturen. Und<br />
dann das mit der FREIHEIT, die wir ständig suchen, wo findest<br />
du sie? Auf einem bestimmten Strand, im Wasser, wenn du alleine<br />
bist mit Wind und Wellen, oder doch nur im Kopf? „Die wahren<br />
Abenteuer sind im Kopf, in deinem Kopf und sind sie nicht<br />
in deinem Kopf, dann sind sie nirgendwo (Andre Heller).“<br />
Umgebung, unserem Homespot und unseren Freunden, die wir schon<br />
seit dem Kindergarten kennen, kehren wir Jahr für Jahr unserer<br />
Heimat den Rücken zu. Viele von uns wissen gar nicht mehr, wie es zu<br />
bestimmten Jahreszeiten zu Hause aussieht. Immer bessere Spots,<br />
neue Moves, türkisfarbenes Wasser und ständig Wind, wer träumt<br />
nicht davon? Doch übersehen wir durch diese Fixiertheit nicht das<br />
Wesentliche am Reisen? „Man reist nicht nur, um anzukommen, sondern<br />
vor allem, um unterwegs zu sein“, soll ein Goethe gesagt haben.<br />
In den Köpfen der Kreter, die über 2000 Jahre unterdrückt und<br />
fremdbestimmt waren, da findest du sie sicher, die Freiheit.<br />
Seid doch mal ehrlich, obwohl die meisten, die mit hunderten<br />
Kilos von Surfmaterial durch die Welt ziehen, sehr weltoffen<br />
Manuel Grafenauer & Friends<br />
K r e t a K r e t a K r e t a K r e t a K r e t a K r e t a K r e t a K r e t a<br />
Trüb und kalt ist es, als das Schiff entlang<br />
der einzigartigen Kulisse Venedigs<br />
seinen Weg durch die engen Einfahrten<br />
in Richtung Hafen steuert. Wehmütig<br />
erinnere ich mich zurück an die Erlebnisse<br />
der letzten zwei Monate in Ostkreta,<br />
während ich nach meiner Haube suche.<br />
Alles erscheint fremd zu Hause, die ersten<br />
Tage wanke ich vom Bett ins Bad, dann<br />
zum Kühlschrank und wieder zurück ins<br />
Bett, komme mit der Hektik überhaupt<br />
nicht klar, bin in Gedanken ganz woanders.<br />
Wochen vergehen, immer seltener<br />
denke ich zurück an das Geschehene.<br />
Ich ertappe mich dabei, wie ich am ersten<br />
Tag an der Uni ständig mit meinem Bleistift<br />
Spock 540s auf eine Seite meines<br />
Blocks mit der Überschrift „Algorithmen,<br />
Datenstrukturen und Programmieren“ zirkle.<br />
Eine Stunde und viele durchgeglittene<br />
Spocks später verlasse ich mit einem<br />
für meine Umgebung unverständlich erscheinenden<br />
Lächeln den Hörsaal …<br />
Endlich damit abgefunden, dass der Sommer<br />
schon wieder um ist, klingelt mein<br />
Telefon: „Dere Hawi“ (österr. für Haberer<br />
= Freund), höre ich nur und das Lächeln<br />
ist wieder da, die Erinnerungen blitzen<br />
wieder auf und trotz der zwölf Grad, die<br />
es gerade hat, fühle ich mich plötzlich<br />
wohlig warm. Es ist Costas, der Besitzer<br />
eines kleinen Minimarkets in Palekastro,<br />
der seine einzige „deutsche“ Redewendung<br />
ins Handy schreit. Dann meint er:<br />
„It is fucking hot here, is everything all<br />
right in cold Austria? When do you come<br />
back, I miss our conversations about what<br />
is important in life, and talking about<br />
girls, drinking Raki (griechischer Schnaps,<br />
der immer und überall getrunken werden<br />
muss) and making party.“ Und schon<br />
ist es wieder da, das Fernweh, das jeden<br />
Reisenden früher oder später packt. Doch<br />
wünschen sich wirklich alle sowie Costas,<br />
dass wir aufs Neue das kleine Fischerdorf<br />
besuchen, oder gibt es auch einige,<br />
die uns nicht vermissen würden oder<br />
die uns einfach als wandelnde Geldscheine<br />
sehen und hoffen, dass wir Geld<br />
in die ärmliche Region bringen? Es ist<br />
schon seltsam, wie man als Windsurfer<br />
ständig von diesem Fernweh geplagt<br />
durch die Gegend rennt. Oft liegt das<br />
Gute doch so nah, nur sehen wir es<br />
nicht. Gelangweilt von unserer gewohnten<br />
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