Durchblick - Annie Heuser Schule
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4 | <strong>Durchblick</strong> 96 | Aus den Klassen Aus den Klassen | <strong>Durchblick</strong> 96 | 5<br />
>>> Aus den Klassen<br />
Handwerkerepoche der<br />
3. Klasse<br />
Im Rahmen der Handwerkerepoche fuhr die 3.<br />
Klasse am 18. April auf die Domäne Dahlem, um<br />
dort die Schmiede und die Blaudruckerei zu besichtigen.<br />
Zu Beginn der Führung erhielten die<br />
Schüler Informationen zum alten Rittergut. Das<br />
Herrenhaus von 1560 ist das älteste Wohngebäude<br />
Berlins mit noch intakten Innenräumen.<br />
Frau Zora präsentierte den staunenden Schülern<br />
den riesigen Schlüssel der Eingangstür. Die<br />
Stallungen des Gutes, der Dorfanger mit seinem<br />
Brunnen und sogar Teile der Ländereien haben<br />
sich bis in die heutige Zeit als Gesamtanlage<br />
erhalten und werden noch bewirtschaftet. Alte<br />
Gewerke werden dort lebendig gehalten. Die<br />
Kinder teilten sich in zwei Gruppen und besuchten<br />
nacheinander zwei davon: die Blaudruckerei<br />
und die Schmiede.<br />
In der Blaudruckerei durften die Schüler sich<br />
aus einer Auswahl an Holzmodeln eines aussuchen<br />
und auf einem vorbereiteten Tuch aufbringen.<br />
Man kann sich die Arbeitsschritte ein wenig<br />
wie Stempeln vorstellen. Beim hier ausgeführten<br />
so genannten Reservedruck werden die Holzmodel<br />
in eine Lösung, die man Papp nennt,<br />
getunkt. Sie besteht unter anderem aus Gummi<br />
Arabicum, Die genauen Zusammensetzungen<br />
werden zum Teil seit Jahrhunderten überliefert<br />
und gehütet. Die so präparierten Model werden<br />
auf das Tuch, das auf einem gepolsterten Untergrund<br />
liegt, gedrückt. Das Gummi Arabicum<br />
prägt sich in der positiven Form des Models ein,<br />
hinterlässt also den Stempelabdruck, der noch<br />
kaum sichtbar ist – eierschalfarben auf weiß.<br />
Diesen Arbeitschritt konnte jeder der Schüler<br />
selbst vollziehen. Später wird dann das Tuch in<br />
Indigo getaucht, das Gummi Arabicum nimmt<br />
keine Farbe an und hinterlässt den Stempelabdruck<br />
als weiße Linien und Formen. Der Papp<br />
wird mit Schwefelsäure entfernt. Diese traditio-<br />
nelle Färbetechnik kam im 16. Jahrhundert aus<br />
den Niederlanden zu uns. Sie wurde vor allem<br />
für Bettzeug, Tischwäsche und Frauenkleidung<br />
angewandt. Blaudruck wird leider nur noch<br />
von wenigen Handwerksbetrieben ausgeführt.<br />
Die Schüler waren trotz der Schwierigkeit des<br />
Arbeitens auf extrem engem Raum ganz bei<br />
der Sache und ergriffen vom eigenen Tun. Das<br />
gemeinsam bedruckte Tuch bekommt die dritte<br />
Klasse später ausgehändigt und kann es dann<br />
der <strong>Schule</strong> präsentieren.<br />
Die ehemalige Hofschmiede ist heute eine<br />
Kunstschmiede und fertigt Auftragsarbeiten<br />
unterschiedlichster Art an, Reparaturen und Instandsetzungen<br />
historischer Bauteile wie Zäune<br />
und Tore (zum Beispiel das Eingangstor vom<br />
Jagdschloss Glienecke), aber auch Aufträge wie<br />
eine Freitreppe für ein historisches Privathaus.<br />
Die Treppe stand fertig gestellt im Vorraum der<br />
Schmiede und hat die Kinder sehr beeindruckt.<br />
Drei Monate war an ihr gearbeitet worden. Die<br />
geschmiedete Sonne vom chinesischen Teehaus<br />
in Sanssouci hing an der Wand und viele<br />
andere Schätze waren zu entdecken. Besondere<br />
Aufmerksamkeit zogen die vielen Werkzeuge<br />
auf sich, die der Schmied traditionell oft selbst<br />
fertigt. Der Schlot der Esse war behangen mit<br />
Zangen unterschiedlicher Form und Größe. Ein<br />
junger Schmied aus Norwegen erhitze einen<br />
Eisenstab in der Esse und schmiedete das<br />
glühende Eisen auf dem riesigen Amboss zu<br />
einem Nagel. Erst wurde das Eisen immer wieder<br />
glühend beschlagen, später in ein Nageleisen<br />
getrieben, das den Nagelkopf heraus formte.<br />
Keiner konnte sich der Faszination entziehen,<br />
die die archaischen Arbeitvorgänge, der direkte<br />
Umgang mit dem Element des Feuers, der<br />
Wechsel von Starrheit und Formbarkeit des Materials,<br />
mit sich brachten. Die Atmosphäre in der<br />
Schmiede mit ihren besonderen Lichtverhältnissen<br />
war für alle sehr ergreifend und der Wechsel<br />
ins strahlende Licht der kalten Wintersonne<br />
wirkte ein wenig wie eine Reise vom Höllenfeuer<br />
zurück an die Erdoberfläche.<br />
Die Handwerkerepoche bietet sich für viele so<br />
nn<br />
unmittelbar erfahrbare Ausflüge ins Alltagsleben<br />
an, ein Besuch in der Bäckerei und in einer<br />
Mühle steht noch aus. Davon wird im nächsten<br />
<strong>Durchblick</strong> die Rede sein.<br />
Silja Kahl (Mutter 3. Klasse)<br />
Korbflechten mit der 3. Klasse<br />
Am 11. Februar besuchte die 3. Klasse die<br />
Gartenarbeitschule in Tempelhof, wo sie auch<br />
ihr Feld mit Winterroggen bestellt hat. Diesmal<br />
erklärte ihnen Herr Höppner gemeinsam<br />
mit seiner Assistentin Frau Helbig das Korbflechten.<br />
Mit Peddigrohr präparierte farbige<br />
Holzscheiben standen den Kindern zur Verfügung.<br />
Sie konnten nun naturfarbenes, aber<br />
auch mit Pflanzenfarben gefärbtes Peddigrohr<br />
einweichen und um die Streben flechten. Das<br />
Grundmuster verstanden alle ganz schnell, der<br />
Rand war dagegen schon schwieriger, aber Herr<br />
Höppner und Frau Helbig halfen immer gern.<br />
Einige Jungen waren rasch fertig und wurden<br />
etwas bewegungsfreudig. Frau Zora hatte die für<br />
die Situation so passende Idee, die Werkstücke<br />
in ein Spiel einzubinden. Ein Kind stand in der<br />
Mitte und musste eine Kugel mit dem Korb<br />
genau in dem Augenblick einfangen, in dem sie<br />
zwischen seinen Beinen hindurch von einem<br />
außen stehenden Kind zum anderen rollte. Die<br />
fertigen Kinder waren mit Freude und Geschick<br />
beschäftigt und die übrigen konnten in Ruhe<br />
ihre Arbeiten abschließen. Alle waren begeistert<br />
bei der Arbeit und sehr stolz auf ihre fertigen<br />
Körbe. Der nächste Besuch in der Gartenarbeitsschule<br />
ist schon verabredet.<br />
Silja Kahl (Mutter 3. Klasse)