Z e i t s c h r i f t f ü r i n n o v a t i o n - Lemmens Medien GmbH
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18 management Lehmann-Brauns – Plädoyer f<strong>ü</strong>r Pluralität<br />
WissenschaftssYsteM<br />
Freiräume als Triebfeder wissenschaftlichen Fortschritts<br />
– dorthin sollte nach wissenschaftstheoretischen<br />
und -soziologsichen Erkenntnisse der Weg<br />
in Zukunft f<strong>ü</strong>hren.<br />
Foto: J<strong>ü</strong>rgen Nießen/PIXELIO<br />
wissenschaftsmanagement 2 • märz/april • 2009<br />
Sicco Lehmann-Brauns<br />
Plädoyer f<strong>ü</strong>r Pluralität<br />
Was die Politik aus Wissenschaftstheorie und<br />
Wissenschaftssoziologie lernen kann<br />
hochschulen und außeruniversitäre forschung stehen gegenwärtig unter reformdruck.<br />
Dieser reformdruck betrifft grundsätzlich die frage nach der angemessenen organisation<br />
des deutschen Wissenschaftssystems und konkretisiert sich auf der ebene der Governance<br />
von forschungseinrichtungen durch einf<strong>ü</strong>hrung spezifischer formen des hochschul-<br />
und Wissenschaftsmanagements. Die frage nach der angemessenen organisation<br />
des Gesamtsystems der Wissenschaft bedarf der Kombination der erkenntnisse verschiedener<br />
Disziplinen. sie kann neben den ergebnissen der Wissenschaftssoziologie und der<br />
j<strong>ü</strong>ngeren Wissenschaftsgeschichte auch die der Wissenschaftstheorie ber<strong>ü</strong>cksichtigen.<br />
Dabei zeigt sich, dass aus der an Karl Popper anschließenden Diskussion <strong>ü</strong>ber Verlaufsmuster<br />
wissenschaftlicher Erkenntnisgenerierung normative Aussagen <strong>ü</strong>ber geeignete Rahmenbedingungen<br />
f<strong>ü</strong>r erfolgreiche Wissenschaft abgeleitet werden können. Die Einsichten der Wissenschaftstheorie<br />
können also ebenso wie die Erkenntnisse der Wissenschaftssoziologie zu praktisch<br />
ausgerichteten Handlungsempfehlungen f<strong>ü</strong>hren. Dezidiert ausgesprochen wurden solche<br />
Empfehlungen der Wissenschaftsforschung zuletzt von der Forschergruppe „Governance der<br />
Forschung“. Sowohl Wissenschaftstheorie als auch Wissenschaftssoziologie untermauern die<br />
immer wieder und auch in diesen Handlungsempfehlungen vertretene These: Die Wahrscheinlichkeit<br />
wissenschaftlicher Erfolge ist dort am größten, wo die politische Außensteuerung am<br />
kleinsten ist. Sie wächst zusammen mit dem Grad an Autonomie und hängt ab von kleiner Größe<br />
und interdisziplinärer Zusammensetzung von Forschungsgruppen. Diese Einsicht ist der Konvergenzpunkt<br />
empirisch wissenschaftssoziologischer (vgl. Hollingsworth 2002, Heinze 2007) ebenso<br />
wie wissenschaftstheoretischer Studien – sie sollte daher doppelt ernst genommen werden.<br />
Analyse des aktuellen Reformdrucks<br />
Der auf das deutsche Wissenschaftssystem gegenwärtig wirkende Reformdruck geht wesentlich<br />
aus der seit der Wiedervereinigung aufgeworfenen Frage nach seiner möglichst optimalen Gestaltung<br />
hervor. Diese Frage leitete bereits die vom Wissenschaftsrat organisierten Evaluationen<br />
der Wissenschaftseinrichtungen der ehemaligen DDR an und blieb noch der Triebmotor der Systemevaluationen<br />
des gesamtdeutschen Wissenschaftssystems Ende der neunziger Jahre.<br />
Die Ergebnisse der Systemevaluation wurden innerhalb der Forschungsorganisationen aufgegriffen<br />
und haben dort einen teils stärkeren (DFG) teils schwächeren (FhG, MPG) Veränderungsschub<br />
in Bezug auf die Gestaltung der strukturellen Rahmenbedingungen bewirkt.<br />
Auf der Ebene der Bundespolitik konnten sie noch vor dem letzten Regierungswechsel in Programme<br />
kanalisiert werden, die wesentlich den gegenwärtigen Reformdruck erzeugen. Nach<br />
einer langen Stagnationsphase der öffentlichen FuE-Aufwendungen fließen nun wieder zusätzliche<br />
Mittel in den Wissenschaftssektor. Die Höhe dieser Mittel liegt annähernd auf dem Niveau