Über die Zukunft der Fachanwälte - Anwalt-Suchservice
Über die Zukunft der Fachanwälte - Anwalt-Suchservice
Über die Zukunft der Fachanwälte - Anwalt-Suchservice
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
umfassende Kenntnisse des Gesellschafts-<br />
und Erbrechts verlangt, von<br />
<strong>der</strong> wirtschaftlichen Bedeutung <strong>die</strong>ser<br />
Schnittstellenmaterie einmal ganz abgesehen.<br />
Die deutschen Steuerberater<br />
ihrerseits lassen sich nicht erst zum Jagen<br />
tragen, wenn ihnen fremde Konkurrenz<br />
erwächst. Gerade erst hat <strong>der</strong><br />
DStV dem Vorsitzenden des Finanzausschusses<br />
im Deutschen Bundestag<br />
eine Unterschriftenliste mit 37.000<br />
Steuerberaternamen übergeben. Die<br />
Unterschriften richten sich gegen das<br />
Vorhaben des Bundesfinanzministeriums,<br />
Umsatzsteuer-Voranmeldungen<br />
und <strong>die</strong> Einrichtung <strong>der</strong> Buchführung<br />
auch geprüften Bilanzbuchhaltern zu<br />
erlauben. Die Steuerberaterverbände<br />
und –kammern haben hiergegen<br />
erhebliche Bedenken, weil Bilanzbuchhalter<br />
keine umfassende steuerrechtliche<br />
Ausbildung erhalten und<br />
dadurch beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> schwierigen<br />
Materie Umsatzsteuerrecht viele zu<br />
beachtende Beson<strong>der</strong>heiten angeblich<br />
nicht erkennen. Geschädigt wären<br />
in erster Linie <strong>die</strong> Mandanten,<br />
<strong>die</strong> entwe<strong>der</strong> zu hohe Steuern zahlen<br />
o<strong>der</strong> mit Nachfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Finanzämter<br />
rechnen müssten, heißt es auf<br />
Seiten des Steuerberaterverbandes.<br />
Mit <strong>der</strong>selben Begründung könnten<br />
<strong>die</strong> <strong>Anwalt</strong>svertreter aber auch gegen<br />
<strong>die</strong> Steuerberater zu Felde ziehen.<br />
Wenn Steuerberatern Fehler bei <strong>der</strong><br />
Vertragsgestaltung unterlaufen, hat<br />
das für <strong>die</strong> Mandanten sogar existenzielle<br />
Konsequenzen.<br />
Fachanwaltstitel noch im<br />
Trend?<br />
18 Fachanwaltstitel gibt es mittlerweile<br />
in Deutschland. Zuletzt wurden<br />
<strong>die</strong> Fachanwaltsbezeichnungen Urheber-<br />
und Me<strong>die</strong>nrecht sowie Informationstechnologierecht<br />
eingeführt. Den<br />
Fachanwalt für Unternehmensnachfolge<br />
sucht man allerdings vergebens.<br />
Diese Materie wird von den <strong>Fachanwälte</strong>n<br />
für Erbrecht, Steuerrecht, Handels-<br />
und Gesellschaftsrecht teilweise<br />
mit abgedeckt. Für den Mandanten<br />
bedeutet das: er muss sich erst mühsam<br />
durchfragen, welcher <strong>der</strong> <strong>Fachanwälte</strong><br />
ihn denn nun beraten kann.<br />
Wenn sein Steuerberater künftig den<br />
Titel „Fachberater für Unternehmensnachfolge“<br />
auf dem Briefkopf führt,<br />
ist klar, wen er beauftragt, wenn <strong>die</strong><br />
Zeit <strong>der</strong> Stabübergabe naht. Müsste<br />
folglich <strong>die</strong> Satzungsversammlung <strong>die</strong><br />
Fachanwaltstitel nicht wesentlich stärker<br />
nutzen, um aktuelle Trends viel<br />
eher aufzugreifen? Warum gibt es zum<br />
Beispiel noch keinen Fachanwalt für<br />
Seniorenrecht, für Umweltrecht, Kapitalmarktrecht<br />
o<strong>der</strong> Biotechnologie?<br />
„Das Aufgreifen von Trends ist immer<br />
problematisch. Wer setzt <strong>die</strong> Trends<br />
und wie lange halten sie sich? Bei <strong>der</strong><br />
Schaffung neuer Fachanwaltschaften<br />
geht es nicht darum, dem (möglicherweise<br />
kurzlebigen) Zeitgeist zu entsprechen,<br />
son<strong>der</strong>n darum, einen wirklich<br />
vorhandenen Bedarf des rechtsuchenden<br />
Publikums zu befriedigen und<br />
„neuen“ <strong>Fachanwälte</strong>n ein verlässliches<br />
Auskommen zu sichern“, erklärt<br />
Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart,<br />
Hauptgeschäftsführerin<br />
<strong>der</strong> Rechtsanwaltskammer Düsseldorf<br />
und Autorin des Standardwerks „Fachanwalt<br />
werden und bleiben“ im Gespräch<br />
mit dem <strong>Anwalt</strong>sreport (siehe<br />
auch Seite 9 „Nachgefragt“). Immerhin:<br />
Auf <strong>der</strong> Tagesordnung <strong>der</strong> nächsten<br />
Sitzung <strong>der</strong> Satzungsversammlung<br />
am 11. Juni steht <strong>die</strong> Einführung <strong>der</strong><br />
Fachanwaltschaft für Bankrecht. „Um<br />
auf Ihre Beispiele einzugehen: Das Kapitalmarktrecht<br />
wird, sofern <strong>die</strong> Satzungsversammlung<br />
positiv entscheidet,<br />
vom Bankrecht mit umfasst sein.<br />
Das Umweltrecht wurde anhand des<br />
Kriterienkatalogs geprüft und negativ<br />
bewertet. Hinter den Begriffen „Seniorenrecht“<br />
und „Biotechnologie“ verbergen<br />
sich Querschnittsbereiche, aber<br />
keine eigenständigen Rechtsgebiete im<br />
eigentlichen Sinne“, stellt Offermann-<br />
Burckart fest. Auch weitere Gebiete<br />
seien <strong>der</strong>zeit nicht in <strong>der</strong> Diskussion.<br />
Nicht vom rechten Weg<br />
abkommen<br />
Denkbar wäre daneben, rechtsgebietsübergreifende<br />
Fachanwaltschaften einzuführen,<br />
<strong>die</strong> bestimmte Branchen im<br />
Blick haben – also zum Beispiel den<br />
Fachanwalt für <strong>die</strong> Kfz-Branche, <strong>die</strong><br />
Werbebranche, <strong>die</strong> Chemiebranche<br />
etc. Doch auch davon hält Dr. Susanne<br />
Offermann-Burckart letztlich<br />
nicht viel: „Wir haben <strong>die</strong>se Frage im<br />
Ausschuss 1 <strong>der</strong> Satzungsversammlung<br />
schon diskutiert und im Ergebnis<br />
verneint. So bestechend <strong>die</strong> Idee auf<br />
den ersten Blick sein mag, so wenig<br />
praktikabel und sinnvoll ist sie doch<br />
letztlich in <strong>der</strong> Umsetzung. Denken<br />
wir etwa an einen Fachanwalt, <strong>der</strong> mit<br />
den Fragen „rund ums Auto“ zu tun<br />
hätte. Hier geht es um so ganz unterschiedliche<br />
Bereiche wie das Kaufrecht,<br />
das Leasingrecht, das Werkvertragsrecht,<br />
das Schadensrecht, das<br />
Versicherungsrecht, das Ordnungswidrigkeiten-<br />
und das Strafrecht. Bei<br />
näherem Hinsehen entpuppt sich <strong>die</strong><br />
Klammerwirkung des Oberbegriffs<br />
THEMA<br />
„Auto“ als eher schwach“, so Offermann-Burckart,<br />
<strong>die</strong> von weiteren Experimenten<br />
wenig hält: „Ich meine,<br />
wir haben uns mit dem Kriterienkatalog,<br />
<strong>der</strong> erst seit Beginn <strong>der</strong> dritten<br />
Legislaturperiode <strong>der</strong> Satzungsversammlung<br />
in <strong>der</strong> beschriebenen Art<br />
angewandt wird, auf einen guten und<br />
verlässlichen Weg begeben. Wir sollten<br />
jetzt zunächst <strong>die</strong>sen Weg weitergehen,<br />
ohne uns schon wie<strong>der</strong> nach<br />
neuen Modellen umzusehen“.<br />
Fachanwaltsausbildung in <strong>der</strong><br />
Kritik<br />
Davon unabhängig kritisieren allerdings<br />
immer mehr Anwälte, dass das<br />
Niveau <strong>der</strong> Fachanwaltsausbildung<br />
Kriterienkatalog für ein<br />
neues Fachanwaltsgebiet<br />
Die vier Kriterien, auf <strong>die</strong> sich <strong>die</strong><br />
Satzungsversammlung verständigt hat,<br />
lauten:<br />
1. Ist das Fachgebiet nach seinem Aufgabenspektrum<br />
hinreichend breit, vielfältig<br />
und als eigenständiges Rechtsgebiet<br />
von an<strong>der</strong>en Rechtsgebieten,<br />
insbeson<strong>der</strong>e den bestehenden Fachanwaltschaften,<br />
abgrenzbar?<br />
2. Erfasst das Fachgebiet eine hinreichend<br />
breite Nachfrage potenzieller<br />
Mandanten?<br />
3. Dient <strong>die</strong> Anerkennung des Fachgebiets<br />
<strong>der</strong> Erhaltung o<strong>der</strong> Ausweitung<br />
anwaltlicher Tätigkeitsfel<strong>der</strong> im Wettbewerb<br />
mit Dritten?<br />
4. Erfor<strong>der</strong>t das Fachgebiet aufgrund des<br />
rechtlichen Schwierigkeitsgrades und<br />
wegen <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Lebenssachverhalte,<br />
etwa aufgrund interdisziplinärer<br />
Bearbeitungsnotwendigkeit<br />
o<strong>der</strong> sonstiger „Querschnittsbereiche“,<br />
für eine sachgerechte Bearbeitung und<br />
Vertretung <strong>der</strong> Mandanten den Spezialisten?<br />
Die Kriterien sind entsprechend ihrer Bedeutung<br />
unterschiedlich zu gewichten,<br />
nämlich 1 und 3 mit jeweils 15%, 2 mit<br />
30 % und 4 mit 40 %.<br />
Der für <strong>die</strong> Fachanwaltschaften zuständige<br />
Ausschuss 1 <strong>der</strong> Satzungsversammlung<br />
nimmt ein Rechtsgebiet in <strong>die</strong> engere<br />
Wahl, wenn nach Abstimmung zu den<br />
einzelnen Kriterien und Addition <strong>der</strong> Einzelergebnisse<br />
ein Wert von mehr als 50 %<br />
erreicht ist. Auf <strong>die</strong>se Weise lassen sich<br />
möglichst objektive Ergebnisse erzielen.<br />
Quelle: Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart<br />
3 / 2007 anwaltsreport