PageMaker - 061_KIEB.PM4
PageMaker - 061_KIEB.PM4
PageMaker - 061_KIEB.PM4
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Pflanzen<br />
Eine Nessel, die nicht sticht<br />
Die Taubnessel blüht jetzt an Zäunen und Hecken<br />
30 Der Kiebitz Nr. 76 - 1/06<br />
CARL MICHAELIS / BEATE WOLFERMANN<br />
An Wegen, Zäunen und Hecken beginnt nun allenthalben die weiße Taubnessel ihre<br />
hübschen gelblichweißen Blüten zu öffnen, die eine so klassisch charakteristische<br />
Form haben. Sie gehört zur Familie der Lippenblütler. Bei ihr wie bei vielen<br />
Familienmitgliedern setzt sich die Hinterwand der Blumenkronenröhre in eine<br />
helmartig gewölbte Oberlippe fort, unter der, wie von einem muschelförmigen Dach<br />
bedeckt, die vier Staubblätter ihren Platz haben. Die Vorderwand der Röhre geht in<br />
die herzförmige Unterlippe über. Vom Fruchtknoten erhebt sich ein langer Griffel. Er<br />
endet in einer zweiteiligen Narbe, die zwischen den Staubbeuteln liegt.<br />
Die Blüten sitzen in fünfzähnigen röhrigen<br />
Kelchen in Scheinquirlen um den quadratischen<br />
Stängel. Sie stellen eine ausgezeichnete Bienenweide<br />
dar. Nur langrüsselige Bienen und Hummeln<br />
vermögen den in der langen Kronenröhre<br />
verborgenen Nektar zu erreichen, indem sie<br />
zwischen Ober- und Unterlippe in die Blumenkrone<br />
hineinkriechen. Sie zwängen dabei ihren<br />
Körper so tief in die Kronenröhre hinein, dass<br />
der Hinterleib senkrecht in die Höhe steht und<br />
von den Staubbeuteln Pollen mitnimmt. Der<br />
behaarte pollenbeladene Rücken streicht aber<br />
andererseits über die Narbe, so dass bei dieser<br />
oder der nächsten Blüte für die Befruchtung<br />
gesorgt ist.<br />
Die raubehaarten Blätter sind herzförmig<br />
und gesägt, ähneln somit denen der Brennnessel.<br />
Sie riechen etwas unangenehm und stehen paarweise<br />
einander gegenüber, und zwar so, dass je<br />
zwei Blattpaare ein Kreuz bilden. Auf diese<br />
Weise rauben sie sich gegenseitig kein Licht.<br />
Die Samen - kleine Nüsschen, die am Grunde<br />
ein weißes, ölhaltiges Anhängsel haben -<br />
werden hauptsächlich von Ameisen verschleppt.<br />
Die Ameisen holen die Nüsschen oft aus den<br />
Kelchen und tragen sie an Orte, wo sie der Wind<br />
nicht hinwehen kann, z.B. auf Mauern oder<br />
Bäume (z.B. Kopfweiden).<br />
Unsere Pflanze führt ihren deutschen Na-<br />
men, weil sie ‹taub‘‘ ist und nicht brennt, wie die<br />
Brennnessel, mit der sie nur die Blattähnlichkeit<br />
gemein hat. ‹Bienensaug‘‘ heißt sie wegen des<br />
Nektargehaltes der Blüten. Die lateinische Be-