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Die Geschichte von dem Mann der den Tod suchte und das Leben ...

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<strong>Die</strong> <strong>Die</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>von</strong> <strong>von</strong> <strong>dem</strong> <strong>dem</strong> <strong>Mann</strong> <strong>Mann</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>den</strong> <strong>den</strong> <strong>Tod</strong> <strong>Tod</strong> <strong>suchte</strong> <strong>suchte</strong> <strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>das</strong> <strong>das</strong> <strong>Leben</strong> <strong>Leben</strong> fand<br />

fand<br />

Mehr Trübsal <strong>und</strong> Verdruss mag ich nicht mehr ertragen, mein ganzes <strong>Leben</strong> such<br />

ich nach meinem Platz, finde keine Ruhe, bin mir rein gar nichts wert <strong>und</strong> ringe<br />

vergebens nach Hoffnung <strong>und</strong> Liebe. So schmerzlich sind meine Erinnerungen an<br />

mein Versagen, nichts wollt mir gelingen, <strong>und</strong> war ich mal auf <strong>dem</strong> richtigen Wege,<br />

ermüdete meine Freude schnell.<br />

Gewissen <strong>und</strong> Vernunft waren ungeliebte Stiefkin<strong>der</strong>, <strong>den</strong>en es kümmerlich an<br />

Nahrung fehlte. So trieb ich meine Seele in die Isolation. Kein fre<strong>und</strong>liches Gesicht<br />

wollt ich mehr erkennen, kein Ratschlag schien mir mehr gerecht. Einzig nur im<br />

Gefühl des Lei<strong>den</strong>s in mir - um mich - völlig selbstgerecht.<br />

Ein feiges Ziel hab ich auserkoren, alle sollten es wissen müssen, es erfahren, welch<br />

böses Ende es mit mir nimmt. Gott ich bin verloren, ach wäre ich doch nie so<br />

geboren.<br />

So machte ich mich auf zu steilen Klippen, mich zu stürzen in <strong>den</strong> sichren <strong>Tod</strong>. Den<br />

Mut musste ich mir erst ertrinken, halb benommen taumelte ich in <strong>der</strong> Sturm<br />

umtosten Wand, krallte mit letzter Kraft die wun<strong>den</strong> Finger in <strong>den</strong> schroffen Stein,<br />

ich zitterte am ganzen Leib ich spürte: <strong>der</strong> nächste Windstoß ist <strong>das</strong> Ende meines<br />

<strong>Leben</strong>shauchs.<br />

Da - plötzlich packte es mich. Eine unsichtbare Kraft zerrte an mir, ließ mich nicht<br />

fallen, im Nacken fühlte ich <strong>den</strong> eisigen Hauch einer Stimme. Sie ließ mich erstarren<br />

in Mark <strong>und</strong> Bein.<br />

Mit zynisch süßem Ton versprach mir dieser Feen Klang <strong>das</strong> Ende meines Kummers,<br />

„Genug gelitten all die Zeit! Drei Wünsche hast du nun fürs <strong>Leben</strong> frei!“<br />

„So stark vernebelt sind meine Sinne? Ich glaub, ich fantasiere, fürchte mich im<br />

Delirium.“<br />

Da hörte ich nochmals diese Stimme, so schrill wie scharfes Glas schnitt sie tief in<br />

mein Bewusstsein: „Halt ein, halt ein! Nur ein Thor ließe diesen Reichtum, <strong>den</strong> ich<br />

dir schenke, sein. Denn drei Wünsche hast du für dein <strong>Leben</strong> frei!“<br />

„Hexerei <strong>und</strong> Teufelszeug! Wer trachtet mir nach meinen Sinnen?“<br />

„Fürchtest du dich? Nenne mich die ‚gute Fee’! Ich werfe dir in <strong>den</strong> Schoß die ganze<br />

Welt. Nimm dir, was gefällt!“<br />

Ich konnte mein Glück kaum fassen. So war es doch eben noch die letzte St<strong>und</strong>e<br />

meines kläglich verschwendeten <strong>Leben</strong>s, <strong>und</strong> augenblicklich durfte ich aus <strong>dem</strong><br />

Vollen schöpfen, mich entschädigen für all <strong>das</strong> Leid, für diese selbst gewählte<br />

Verlorenheit, ich Kümmerling <strong>und</strong> tragische Figur.<br />

„Drei Wünsche, welche nehme ich nur?“<br />

„Nun <strong>das</strong> musst du selber wissen. Denk nach! Was fehlte bis zuletzt, <strong>das</strong>s du sogar<br />

vor <strong>dem</strong> Selbstmord bist nicht zurückgeschreckt?“<br />

„Reich will ich sein, alles soll funkeln <strong>und</strong> glänzen. Will alles haben, will nie mehr<br />

hungern <strong>und</strong> darben! Geliebt will ich sein <strong>von</strong> allen <strong>und</strong> je<strong>dem</strong>, <strong>und</strong> mein Körper soll<br />

vor Ges<strong>und</strong>heit strotzen. Kraftvoll soll er sein <strong>und</strong> frei <strong>von</strong> Schmerz <strong>und</strong> Pein! Das<br />

sind meine Wünsche <strong>das</strong> ist mein Verlangen.“<br />

„Nun gut“, sprach die Fee, „<strong>das</strong> möge geschehen. Nur eine Zusage will ich <strong>von</strong> dir<br />

einfor<strong>der</strong>n. Erfüll ich dir die Wünsche, musst du mir versprechen, <strong>das</strong>s du bis zum<br />

Ende deiner Tage glücklich bist! Zweifle nicht! Keinen Tag verspüre einen Funken<br />

Gram, sonst holt dich dein Schicksaal aufs Neue ein, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Teufel holt deine Seele


in <strong>dem</strong> Augenblicke, wo du dich fühlst im Missgeschicke, vorbei ist’s mit <strong>dem</strong> großen<br />

Glücke!“<br />

Da jubelte <strong>der</strong> gute <strong>Mann</strong> <strong>und</strong> rief:<br />

„Das ist doch Kin<strong>der</strong>gram, an was soll’s fehlen? Kein Mühsal weit <strong>und</strong> breit! Alles<br />

scheint getan. Nur ein Narr, <strong>der</strong> hier sein ewiges Glück nicht findet.“<br />

„Ich wollt ja nur sagen, später hilft kein Klagen. Wenn du versagst, <strong>der</strong> Teufel auf<br />

dich wart.“<br />

Da fing <strong>der</strong> <strong>Mann</strong> an augenblicklich seinen ganzen Reichtum zu genießen. Lebte<br />

wahrlich in Saus <strong>und</strong> Braus, genoss all die lei<strong>den</strong>schaftlichen Blicke. Er ward<br />

bewun<strong>der</strong>t <strong>und</strong> bestaunt, er prahlte mit seiner ganzen Macht, stolzierte mit breiter<br />

Brust. Wie ein Gockel, geziert war sein Gehabe, völlig abgehoben dieser Rabe. Völlig<br />

vergessen war sein frühes Leid, all die Not <strong>und</strong> Einsamkeit – nicht mehr wie<strong>der</strong> zu<br />

erkennen dieser Maxe, trieb allerlei feudale Faxe.<br />

Das schnelle Glück auf Dauer konnte er so nicht ertragen, viel zu viel<br />

verschwen<strong>der</strong>ische Tage. Träge fühlt sich’s an um <strong>den</strong> eigenen Wamst, keine Frage<br />

- fette Keulen, schwere Weine, wenig Schlaf, jede Nacht ein Saufgelage. Dem<br />

Erbrechen nahe ver<strong>suchte</strong> er sein Glück zu halten, die Angst, die Freude zu<br />

verlieren, trieb ihm auf die Stirn <strong>den</strong> Schweiß. Ja, die Unfähigkeit, <strong>das</strong> geschenkte<br />

Glück zu leben, hat ihren Preis.<br />

So groß war seine Furcht, alles zu verlieren, <strong>das</strong>s es still <strong>und</strong> stiller wurde in diesem<br />

einst so tollen <strong>Mann</strong>. Ein je<strong>der</strong> konnte es erkennen, aber nicht benennen. Man fing<br />

an ihn zu mei<strong>den</strong>, ging ihm aus <strong>dem</strong> Wege, vorbei die Zeit bei je<strong>der</strong>manns<br />

Beliebtheit.<br />

Da fiel es ihm plötzlich ein: er dachte in seiner Not an die Stimme, an <strong>den</strong><br />

Feenhauch, was sie sagte <strong>und</strong> bestimmte, dacht an <strong>den</strong> Teufel an <strong>das</strong> schlimme<br />

Ende, <strong>das</strong> ihm drohte.<br />

Das wollte er nicht aushalten, zu groß die Furcht vor diesem satanischen Richter.<br />

Er trieb umher wie ein Irrer - geradewegs <strong>dem</strong> Felsen zu, an <strong>den</strong> er sich einst wollt<br />

zu <strong>Tod</strong>e stürzen. <strong>Die</strong> einst so schönen teuren Klei<strong>der</strong> – sie waren verschmutzt<br />

zerrissen <strong>und</strong> wirkten elend. Das ganze Bild <strong>von</strong> einem Edelmann war einfach<br />

traurig lächerlich, <strong>und</strong> wie er so taumelte in Richtung seines Schicksalsbergs –<br />

schon längst entschie<strong>den</strong> wohl zu springen – begegnete ihm ein alter weiser <strong>Mann</strong>.<br />

Er stand ihm im Wege - kein Platz für zwei auf diesem schmalen Pfad.<br />

„Lass mich vorbei ich kann nicht mehr!“„Du kannst nicht mehr? Du hast es<br />

überhaupt noch nie gekonnt! Was bist du für ein Versager, <strong>das</strong>s du nicht erkennst<br />

<strong>den</strong> Mittelweg!“<br />

„Aber ich kenn nur schwarz o<strong>der</strong> weiß, gut o<strong>der</strong> böse, kalt o<strong>der</strong> heiß.“<br />

„Das ist ja dein Dilemma, dein Herz ist blind für all die an<strong>der</strong>en Farben!<br />

Nicht Besitz <strong>und</strong> Vermögen machen dich reich, son<strong>der</strong>n was du bist, dein Fühlen<br />

<strong>und</strong> Denken, es sind die kleinen Dinge, die du gibst <strong>und</strong> die dir Menschen schenken.<br />

Du kannst die Sonne nur genießen, wenn du auch <strong>den</strong> Regen schätzest, die Freude<br />

nur erleben, wenn du auch die Trauer kennst, <strong>und</strong>, <strong>und</strong>, <strong>und</strong>… Ist <strong>das</strong> <strong>den</strong>n so<br />

schwer zu verstehen?“<br />

„Aber <strong>der</strong> Teufel, <strong>der</strong> Teufel…“, stammelte <strong>der</strong> <strong>Mann</strong>.<br />

„Der ist dir doch schon begegnet, du Tor! Wer sonst kommt auf diesen miesen<br />

Gedanken: man könnte sein <strong>Leben</strong> lang Glück aushalten?“<br />

Von Patient M.

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