Erfahrungsaustausch Doku Lukasfeld 060220
Erfahrungsaustausch Doku Lukasfeld 060220
Erfahrungsaustausch Doku Lukasfeld 060220
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<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 1<br />
2. <strong>Erfahrungsaustausch</strong> Drogenarbeit<br />
Interkollegiales Treffen in der TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
Am 01.02.06 fand obgenannte Veranstaltung nun zum zweiten Mal statt, nachdem es vergangenes<br />
Jahr eine Reihe positiver Rückmeldung gegeben hatte und auch für die konzeptuelle Planung und<br />
alltägliche Arbeit in der Therapiestation selbst eine Reihe wertvolle Impulse gekommen sind.<br />
Eingeladen waren wiederum Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Einrichtungen, mit welchen wir in<br />
Kontakt sind und zusammenarbeiten. Die Veranstaltung dauerte von 13.30 bis 16.45 Uhr.<br />
Teilnehmerliste:<br />
1. Köhlmeier Christine, Clean Feldkirch<br />
2. Sommavilla Andrea, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
1. Orgonyi Alma, Do it Yourself<br />
2. Schwall Martin, Die Faehre<br />
3. Metzler Linia, Ex und Hopp<br />
4. Roppele Rainer, Ex und Hopp<br />
5. Kohler Hans, KHME<br />
6. Dorn Christian, FH Dornbirn<br />
7. Neubacher Thomas, Land Vorarlberg<br />
8. Chefarzt Reinhard Haller, KHME<br />
9. Stefanelli Bettina, H.I.O.B<br />
10. Chromy Monika, H.I.O.B
<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 2<br />
11. Kathan Ulrich, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
12. Hefel Martin, Stiftung ME<br />
13. Natter Anja, Team Mika Suchtberatung<br />
14. Denz Renate, Team Mika Suchtberatung<br />
15. Burger Gert, SUPRO<br />
16. Türtscher Ulrike, TS Carina<br />
17. Prenn Andreas, SUPRO<br />
18. Reinthaler Andrea, LKHR<br />
19. Fehr Christian, LKHR<br />
20. Mika Bernhard, Team Mika Suchtberatung<br />
21. Meisser-Reinman Birgit, KJB, FL<br />
22. Vidic Lora, ASD, FL<br />
23. Hersche Sonja, TD, FL<br />
24. Hämmerle Markus, Do it Yourself<br />
25. Ruf Amanda, SUPRO<br />
26. Jochum Werner, Clean Bludenz<br />
27. Lipburger Michael, Clean Bregenz<br />
28. Duspara Vinko, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
29. Schaflinger Horst, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
30. Baur Werner, Clean Feldkirch<br />
31. Ludescher Hannes, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
32. Angelika, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
33. Kühnel Berndt, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
34. Verena, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
35. Eva, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
36. Alicia, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
37. Fetz Rosalinde, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
38. Bernd, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
39. Doris Nagel, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
40. Roland Wölfle, TS <strong>Lukasfeld</strong><br />
41. Hannes Rauch, TS Carina – zum zweiten Teil<br />
verhindert: Günter Amann KHME<br />
Eröffnung und Bezugnahme auf das letzte Treffen (Roland Wölfle):<br />
Am 26.01.2005 gab es unter anderem vier Arbeitsgruppen, die zu einer Reihe von Ergebnissen<br />
führten, die teilweise umgesetzt werden konnten, teilweise nicht. Es gab sowohl positive<br />
Rückmeldungen als auch Kritikpunkte. Dazu gibt es eine <strong>Doku</strong>mentation, die vergangenes Jahr<br />
versendet wurde und im Bedarfsfall angefordert werden kann. R. Wölfle hat einige Punkte<br />
rekapituliert:<br />
- Das Entlassungsmanagement von Seiten der TSL hat sich deutlich verbessert, es gibt aber<br />
immer noch neuralgische Punkte, wie dies generell bei Schnittstellen zwischen ambulanten<br />
und stationären Einrichtungen der Fall ist. Negativ sind vor allem mangelnde Informationen,<br />
was die Perspektiven der Patienten betrifft,<br />
- Gewünscht werden flexiblere Therapiezeiten, sowohl in Richtung Verkürzung, im Bedarfsfall<br />
aber auch in Richtung Verlängerung.<br />
- Patienten, die entlassen werden, sollen auch bald wieder kommen können.<br />
- Es besteht ein Bedarf nach niederschwelligen Entzügen, auch im <strong>Lukasfeld</strong>.<br />
- Der Unterschied zwischen Carina und <strong>Lukasfeld</strong> ist zuwenig transparent.<br />
- Es fehlt eine Definition der „Krisenintervention“.<br />
- Die Nachfrage nach kürzeren Entzügen steigt.<br />
- Das Drogennottelefon trägt seinem Namen nicht Rechnung. Es ist eher ein Info-Telefon.
<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 3<br />
- Bei vorzeitigen Entlassungen gibt es keine oder zuwenig Übergabe.<br />
- Die Wartezeiten sind sehr lang.<br />
- Die Vorarlberger haben keinen Vorrang.<br />
- Es fehlt eine Drogenambulanz.<br />
- Es gibt zuwenig schriftliche Unterlagen.<br />
- Zwangsbehandlungen sind nicht möglich.<br />
- Für Entgiftung zählt nicht nur Quantität, sondern auch Qualität, was auch die Strukturierung<br />
der Zeit nach einer Entgiftung betrifft, um nach Möglichkeit kurzfristige Rückfälle zu<br />
verhindern, insbesondere wird die Achse Hall-Bahnhof Feldkirch Stadel angesprochen. Manche<br />
Betroffene haben auch keine eigenen Vorstellungen entwickelt, was sie nach der Entgiftung<br />
überhaupt machen wollen. Es fehlt ein „Dazwischen“ zwischen teilstationären Angeboten<br />
Tagesstruktur oder Krisenbetten.<br />
- Die Kompression von Therapiezeiten hat auch ihre Grenzen.<br />
Präsentation des neuen Konzeptes „Acht Wochen plus“:<br />
Dem Anliegen, die Therapiezeiten zu flexibilisieren, wurde von Seiten des Teams Rechnung getragen.<br />
Dazu gab es zwei Arbeitsgruppen, die verschiedene Modelle entwickelt haben, wobei sich zuletzt jenes<br />
durchsetzte, auf dessen Grundlage die Einrichtung seit dem 17.05.2005 arbeitet. Es ist nun auch<br />
möglich, kürzere Therapien zu absolvieren.<br />
Die Botschaft der hohen Abbruchsrate bestand sicherlich auch darin, dass eine Standardisierung der<br />
Therapiedauer auf mindestens fünf Monate nicht mehr zeitgerecht ist und an den Bedarfslagen<br />
vorbeigeht.<br />
Die Auswirkungen auf die Hausordnung und auf die Ausgangsregelungen waren teilweise<br />
vorhersehbar, manche Situationen waren aber auch neu und wir haben über die Wochen und Monate<br />
gemeinsam mit unserer Patientengruppe wiederholt Veränderungen und Abstimmungen<br />
vorgenommen. Dieser Prozess hält auch noch an.<br />
Es gibt nun schon viel früher und viel öfter Ausgang, da wir bei einem achtwöchigen Aufenthalt nicht<br />
erst nach zwei Monaten beginnen können, erste Ausgänge zu gewähren, da wir auf dieses Probier-<br />
und Übungsfeld nicht verzichten wollen. Rückfälle, Abstinenzverletzungen oder Vorfälle (Roppele) sind<br />
nun viel mehr in die therapeutische Arbeit integriert und die Geschichte derartiger Situation ist<br />
Material für die therapeutische Arbeit. Durch eine Umstrukturierung der Gruppenangebote gibt es<br />
dafür nun auch mehr Gelegenheiten.<br />
An diesen Gruppen nehmen jeweils sämtliche Patientinnen, Patienten und Teammitglieder teil. Die<br />
Vorbereitung von Ausgängen ist ein Teil dieser Gruppen und bedeutet, Ausgänge schon im Vorfeld zu<br />
planen und diese schriftliche Vorbereitung der gesamten Gruppe zu präsentieren. Hier hat jeder die<br />
Möglichkeit, Fragen zu stellen oder Einwände vorzubringen, wenn es Bedenken gibt. Die<br />
Entscheidungsfindung erfolgt konsensuell. In diesen Gruppen werden aber auch andere<br />
Entscheidungen diskutiert, etwa den Übertritt eines Patienten oder einer Patientin nach der ca.<br />
vierwöchigen Probetherapie in die Intensivtherapie. Zu diesem Zeitpunkt sollte es auch schon eine<br />
Vorstellung darüber geben, welche Ziele in der TSL noch erarbeitet werden können und wie viel Zeit<br />
dafür aufgewendet werden soll. Ab Beginn der ITP gibt es Abendausgänge sowie die Möglichkeit von<br />
Ausgängen übers Wochenende.<br />
R. Wölfle erwähnt in diesem Zusammenhang, dass das Team unter anderem eine Exkursion an die<br />
Einrichtung Lutzenberg in der Schweiz unternommen hat. Dort müssen alle Patientinnen und<br />
Patienten Wochenendausgänge nehmen, selbst wenn sie keine Unterkunft haben. Das Konzept<br />
unterscheidet sich allerdings sehr von der TSL, da die dortigen Patientinnen und Patienten in der<br />
Regel schon entgiftet und stabilisiert sind und der Auftrag vor allem in einer Langzeitrehabilitation<br />
besteht, die unter anderem auch ermöglicht, dort einen Beruf zu erlernen, z.B. eine Lehre zum<br />
Drucker, Bäcker oder Bürokraft.
<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 4<br />
Ein weiteres Angebot der Intensivtherapie besteht in nachmittäglichen Psychotherapie- und<br />
Selbsterfahrungsgruppen.<br />
Zahlen und Daten (R. Wölfle, V. Duspara):<br />
Die für die meisten wohl überraschendste Veränderung war, dass Flexibilisierung und das Angebot<br />
kürzerer Aufenthalte dazu geführt haben, dass sich die durchschnittliche Aufenthaltsdauer signifikant<br />
verlängert hat: Von 52.8 Tagen (2004) auf 89.5 Tage (2005).<br />
Wie lässt sich das erklären? Zunächst einmal gab es 2005 noch gar nicht so viele Personen die von<br />
vornherein eine kürzere Therapie beabsichtigt hatten, da wir nach einer Warteliste vorgehen und die<br />
meisten davon noch auf längere Therapien eingestellt waren. Ein weiteres Element könnte sein, dass<br />
es ein bekanntes psychologischen Phänomen ist, dass jemand eher bereit ist, etwas auf sich zu<br />
nehmen, wenn es freiwillig ist. Für manche ist schon der Umstand, etwas machen zu müssen, z.B.<br />
fünf Monate Therapie, etwas, was eine Eigendynamik bekommt und bekämpft wird. Bekämpft wird es,<br />
selbst wenn es Sinn machen würde. Wenn es im eigenen Ermessen liegt, wird es anders erlebt und es<br />
werden mehr die Chancen und Möglichkeiten einer längeren Therapie gesehen.<br />
Dafür spricht vor allem der Umstand, dass 2005 12 Patientinnen und Patienten für eine achtwöchige<br />
Therapie vorgesehen waren. Zwei davon haben die Therapie vorzeitig beendet, einer ist genau acht<br />
Wochen geblieben und die verbleibenden neun haben aus eigenen Stücken auf drei Monate oder mehr<br />
verlängert. Wir können auf jeden Fall davon ausgehen, dass es mit dem neuen Konzept eine bessere<br />
Passung zwischen den Wünschen und Vorstellungen unserer Patienten und Patientinnen einerseits<br />
gibt und unserem therapeutischen Angebot andererseits. Mit Sicherheit haben die häufigeren Gruppen<br />
und die bessere Präsenz der Teammitglieder zu mehr Nähe und Präsenz geführt, damit verbunden<br />
wohl auch mehr Transparenz, Offenheit, Akzeptanz und Vertrauen. Im gleichen Zeitraum sind die<br />
irregulären Therapiebeendigungen (Abbrüche von Seiten der Patienten und Patientinnen oder<br />
vorzeitige Entlassung durch die Institution) signifikant zurückgegangen, und zwar von 87.9% auf<br />
54.6%. Da dass Personal dasselbe geblieben ist, dürften wohl doch strukturelle Veränderungen dafür<br />
verantwortlich gemacht werden, die natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Einstellung des Teams<br />
geblieben sind. Dies führt naturgemäß zu einem anderen Verhalten im Allgemeinen, in unserem Fall<br />
zu mehr Nähe, zu mehr Wahrnehmung von Gruppenstimmungen und zu einem besseren „Tuning“ um<br />
einem Begriff aus der Bindungsforschung zu verwenden.<br />
Die Anzahl der Aufnahmen betrug 66 Personen, davon waren 26.2 weiblich. Das Durchschnittsalter<br />
hat sich im Vergleich zu 2004 um ein Jahr auf 22.2 Jahre gesenkt, zwei Personen waren zum<br />
Aufnahmezeitpunkt unter 16 Jahre, die Obergrenze betrug 30 Jahre. 12 Personen wurden<br />
ausschließlich zum Entzug aufgenommen, acht weitere im Sinne einer Vorbehandlung für die TS<br />
Carina. Bezogen auf 16 Therapieplätze betrug die Auslastung 86.4%.<br />
16 Personen waren ausländischer Herkunft, davon 13 aus der Türkei und Ex-Jugoslawien, drei kamen<br />
aus dem Fürstentum Liechtenstein.<br />
Leitdrogen waren: Opiate 58%, Cannabis 22,7% und Kokain 12.1%. Letztere Droge hat anteilsmäßig<br />
signifikant abgenommen, die ersten beiden haben zugenommen.<br />
Hinsichtlich Komorbidität (Sucht und psychische Störung) hatten 53.7% eine oder mehr<br />
Zusatzdiagnosen, dabei handelte es sich in erster Linie um Psychosen und/oder<br />
Persönlichkeitsstörungen.<br />
Patientenbericht (Angelika und Bernd):<br />
Angelika berichtet anhand des Wochenplans über die aktuellen Abläufe.
<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 5<br />
Täglich beginnt der therapeutische Tag mit dem „aktiven Erwachen“, einem Spaziergang oder Tai-Chi,<br />
neuerdings auch Qi Gong. In den täglichen Morgengruppen von 8.30 bis 9.30 wird über Ausgänge<br />
berichtet, werden aber auch Rückfälle bearbeitet, sofern es welche gegeben hat. Auch die Stimmung<br />
im Haus wird thematisiert, ebenso wie das, was in der Gruppe läuft.<br />
Am Mittwoch ist in dieser Zeit die „Hausgruppe“, in welcher organisatorisches besprochen wird. Es<br />
gibt auch die Möglichkeit, über Regeln zu sprechen und über Änderungen gemeinsam zu entscheiden.<br />
In der Freitagsgruppe steht die Planung des Wochenendes im Vordergrund, sowohl die Einteilung in<br />
der Küche und im Speisesaal einerseits, andererseits werden auch die geplanten Ausgänge<br />
gemeinsam besprochen und es hat jeder die Möglichkeit, allfällige Bedenken mitzuteilen.<br />
Montagnachmittag gibt es eine Info-Gruppe.<br />
Am Dienstag und Donnerstagnachmittag gibt es die „problem-group“ und die „no problem-group“.<br />
Derzeit arbeitet aber ein Teil der Patientengruppen an einem Stiftungsprojekt mit (Alkohol in der<br />
Bibel).<br />
Mittwochnachmittag ist Großgruppenaktivität, am Freitagnachmittag gibt es die Möglichkeit, dass eine<br />
Gruppe ein Fitness-Center in Gisingen besucht.<br />
Bernd ist Patientensprecher. Er berichtet von seinen Teilnahmen an den wöchentlichen Teamsitzungen<br />
Dienstagmittag und über die Möglichkeit, gemeinsam mit seinem Vertreter Patientenanliegen dort<br />
einzubringen.<br />
Hinsichtlich der Aufenthaltsdauer wird es auch von Patientenseite so gesehen, dass es leichter ist, zu<br />
bleiben, wenn es eine eigene Entscheidung ist. Ein längerer Aufenthalt, über acht Wochen hinaus, ist<br />
sicher besser, da die Therapie erst nach drei Monaten so richtig zu wirken beginnt. Es ist auch bei<br />
früherer Entlassung, gut zu wissen, wieder kommen zu können, wenn es nicht klappt.<br />
Bericht über eine Acht-Wochen-Therapie (D. Nagel):<br />
Es handelt sich um einen 15-jährigen Jungen, der als Schüler von diesem kürzeren Angebot profitieren<br />
konnte. Er erfüllte die Kriterien, die als gute Voraussetzung für eine Kurzzeittherapie angesehen<br />
werden, da er sozial gut integriert war und keine schwere körperliche Abhängigkeit bestand. Im<br />
Vordergrund stand eine Cannabisabhängigkeit, die durchaus schon eine Dimension erreicht hatte, die<br />
es dem Patienten sehr schwer machte, es längere Zeit ohne diese Substanz auszuhalten. So hat schon<br />
die Abstinenzzeit an sich einiges bewirkt. Es wurden individuelle Ziele erarbeitet, die dann in der<br />
Einzelarbeit auch focusiert wurden. Es war auch möglich, die Angehörigen (Mutter, Stiefvater) zu<br />
integrieren. Doris Nagel ist der Meinung, dass die einzeltherapeutische Arbeit sich nicht wesentlich<br />
unterscheidet, wenn ein Patient zwei Monate oder fünf Monate stationär ist. Das entscheidende<br />
Kriterium sind die auf die jeweilige Therapiedauer abgestimmten Therapieziele. Hier gibt es mit<br />
Sicherheit Unterschiede, da in kürzerer Zeit logischer Weise nicht dasselbe erreicht werden kann als<br />
bei einem längeren Aufenthalt.<br />
Dazu kann an dieser Stelle ergänzt werden, dass auch bei Patienten mit schwerer Abhängigkeit und<br />
desolater sozialer Situation von unserer Seite Kurzzeittherapien angeboten werden, sofern die Ziele<br />
realistisch sind. „Entgiftung und körperlich-vegetative Stabilisierung“ lassen sich bei langjährigen und<br />
schweren Abhängigkeiten durchaus erreichen. „Hundertprozentige Wiederherstellung der<br />
Arbeitsfähigkeit sowie ein adäquater Arbeitsplatz mit selbständigem Wohnen“ ist beim selben<br />
Patienten oder derselben Patientin wahrscheinlich ein unrealistisches Ziel.<br />
PAUSE
<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 6<br />
Bericht von der Drogenentzugsstation „clean kick“.<br />
Um hinsichtlich der Lösung der Frage der Entgiftung einen konkreten Input zu geben, berichtet R.<br />
Wölfle von einer Exkursion nach Ravensburg und präsentiert auch einige Fotos von dort. Diese<br />
Einrichtung gibt es seit über drei Jahren und ist ein Teil der Abteilung für Kinder- und<br />
Jugendpsychiatrie. Von allen Drogeneinrichtungen der Umgebung, die wir von Seiten des Teams<br />
während der letzten Jahre besucht haben, weist das „clean kick“ hinsichtlich Auftrag, Dimension und<br />
inhaltlicher Ausrichtung die meisten Parallelen zum <strong>Lukasfeld</strong> auf.<br />
Es gibt eine Altersbeschränkung mit 18 Jahren und die Einrichtung hat ein großes Einzugsgebiet, da es<br />
in ganz Baden-Württenberg mit über 10 Millionen Einwohnern keine vergleichbare Einrichtung gibt. Es<br />
handelt sich um eine Modellstation, die dementsprechend finanziell gut ausgestattet ist. Die Anzahl<br />
der Behandlungsplätze liegt wie im <strong>Lukasfeld</strong> bei 14 bis 16 Personen, alle müssen zuerst auf die<br />
Entzugsstation, wo in vier Behandlungszimmern mehreren Funktionsräumen und mit einem eigenen<br />
Team das selbe gemacht wird bei uns in einem relativ kleinen Dreibettzimmer, nämlich eine<br />
medikamentös gestützte qualifizierte Entzugsbehandlung.<br />
Die Patientinnen und Patienten betreten die Station durch den so genannten Filzraum, dort werden<br />
die Betroffenen „gefilzt“, d.h. darauf untersucht, ob sie in Kleidung, Gepäck oder am Körper Drogen<br />
mitgebracht haben. Es stehen dann drei Doppel- sowie ein Einzelzimmer zur Verfügung, die wohnlich<br />
eingerichtet sind, es besteht also keine typische Krankenhausatmosphäre.<br />
Zu den Funktionsräumen gehören die Balneotherapie mit der Möglichkeit von Sprudelbädern,<br />
Massagen und anderen physikalischen Maßnahmen, sowie ein Entspannungsraum. Dieser ist mit<br />
Pflanzen, Hängematte und Matratzen ausgesprochen gemütlich und bietet die Möglichkeit, sich<br />
zurückzuziehen, zu lesen oder Musik zu hören. Dies wird noch ergänzt durch eine Teeküche sowie<br />
einen Speise- und Aufenthaltsraum.<br />
Die Mahlzeiten kommen von der Klinik. Das Team wird ärztlich geleitet, die Pflege verfügt über einen<br />
eigenen Stützpunkt und für die Betreuung der Entzugspatienten sowie für Gruppen etc. sind<br />
verschiedene Mitarbeiter des Gesamtteams zuständig. Eine Infrastruktur für Entzüge wie dies im<br />
„clean kick“ möglich ist, würden wir uns auch wünschen und hoffen, dass es in der nächsten Zeit<br />
zumindest zu erheblichen Verbesserungen der derzeit mehr als grenzwertigen Situation kommen<br />
kann. Ob die Mittel dazu zur Verfügung gestellt werden, ist eine politische Entscheidung, wobei es<br />
gerade in den letzten Tagen einige positive Signale gegeben hat.<br />
P.S.: Thomas Neubacher hat mir im Anschluss an unsere Veranstaltung mitgeteilt, dass der Kostensatz<br />
im „clean kick“ mit Euro 358,-- pro Tag sehr hoch ist. Im <strong>Lukasfeld</strong> gibt es eine degressive<br />
Kostenstruktur, das heißt, für die ersten Tage gibt es einen höheren Betrag als später. Für eine Zeit<br />
von 2 - 3 Monaten würde eine Aufenthalt in der TS Luaksfeld dann durchschnittlich um. € 70 – 100.-<br />
/d niedriger liegen.<br />
Arbeitsgruppen:<br />
In der Vorbereitung wurden verschiedene mögliche Themen erwogen, die zunächst einmal angeboten<br />
werden:<br />
- Entgiftung.<br />
- Erwartungen an die TS <strong>Lukasfeld</strong> sowie Erfahrungen mit der TS <strong>Lukasfeld</strong>.<br />
- Welche Rolle soll die TS <strong>Lukasfeld</strong> in Zukunft spielen, welche Patientengruppen sollen vor<br />
allem versorgt werden.<br />
- Was können wir machen, um die Wartezeiten zu verkürzen oder die Motivation für diese Zeit<br />
zu sichern.<br />
- Integrationsprobleme für die Zeit nach einer stationären Therapie.
<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 7<br />
Die Ergebnisse der Gruppen werden anschließend präsentiert:<br />
Gruppe „Speisesaal“ (V. Duspara, A. Prenn, C. Fehr, A. Rheintaler, A. Orgonyi, W. Jochum, S.<br />
Hersche, R. Wölfle, W. Baur).<br />
- Die Überbrückungssituation für die Wartezeit ist häufig mit einer Substitution verbunden. Dies<br />
hat sowohl Vorteile als auch Nachteile. Ein großes Problem besteht mit Sicherheit darin, dass<br />
bei zunehmender Dauer der Wartezeit die Betroffenen sich an die Substituierung gewöhnen.<br />
Dies geht manchmal mit einem Verlust der Behandlungsmotivation einher. Die Situation der<br />
Therapiestation ermöglicht derzeit wenig Flexibilität bei den Aufnahmen. Auch ohne eine<br />
Ausweitung der Behandlungsplätze wäre eine Verbesserung der baulichen Infrastruktur schon<br />
ein Vorteil, da dann im Bedarfsfall auch mehr Entgiftungspatient aufgenommen werden<br />
könnten, dies dann allerdings auf Kosten der stationären Entwöhnung.<br />
- Die Situation im Krankenzimmer ist für viele Patientinnen und Patienten nur schwer<br />
auszuhalten, es fällt ihnen sprichwörtliche die Decke auf den Kopf. Aus diesem Grund streben<br />
viele an, so schnell wie möglich aus dem Krankenzimmer auf die Station verlegt zu werden.<br />
Die ist nur möglich, wenn die Entzugsbehandlung mit Subutex abgeschlossen ist. Manche<br />
Patienten vermitteln, dass der Entzug abgeschlossen sei und nehmen keine Subutex mehr,<br />
obwohl es klinisch dafür noch viel zu früh ist. D.h. also, dass die Entzugsphasen im<br />
Krankenzimmer bezogen auf die klinische Situation öfters zu kurz sind und die Betroffenen<br />
dann auf der Station sozusagen einen kalten Entzug haben, obwohl eine<br />
psychopharmakologische Behandlung auch dort noch erfolgt, insbesondere mit Praxiten oder<br />
anderen Substanzen. Diese frühe Entlassung aus dem Krankenzimmer kann mitunter auch für<br />
die Fortsetzung des Aufenthaltes in der TS Carina ein Problem sein.<br />
- Auf der Warteliste stehen 37 Personen. Was sollen wir tun, wenn es einen dringenden<br />
Wunsch nach Aufnahme gibt? Die Empfehlung anderer Therapiestationen ist nach W. Jochum<br />
aufgrund einer Rückmeldung des Drogenkoordinators nicht unbedingt glücklich, wenn es wie<br />
zuletzt wie in einem Fall dazu geführt, dass der oder die Betroffene ganz kurzfristig an eine<br />
der Einrichtungen wie „Zukunftsschmiede“ o.ä. gegangen ist. Dort sind meistens Plätze frei<br />
und es gibt üblicherweise keine Wartezeiten. Zu diesem Zeitpunkt waren aber die Kosten noch<br />
nicht abgeklärt. Dazu kam, das – wie oft bei imperativ dringlichen Patienten – die oder der<br />
Betroffene den Aufenthalt nach einer Woche abgebrochen hat. Erfahrungsgemäß bringt es<br />
mehr, die Wartezeit als Vorbereitungszeit zu nutzen und schon beginnen an Motivation und<br />
Dynamik zu arbeiten.<br />
- Oft ist der Druck bei den Angehörigen größer als bei den Betroffenen. Gerade für die<br />
Angehörigen gibt es in einigen Beratungsstellen sehr spezifische und entlastende<br />
Gruppenangebote.<br />
- Hinsichtlich Zuweisungen nach Hall: Der Zugang dort ist niederschwelliger, da dort auch<br />
Teilentzüge gemacht werden können, etwa bezogen auf Benzodiazepine bei Betroffen, die im<br />
Substitutionsprogramm sind. Derartige Möglichkeiten gibt es auch im LKHR.<br />
- Die Zeit nach der stationären Behandlung ist fraglos besonders wichtig. Das „Herumhängen“<br />
ist der natürliche Feind der Abstinenz.<br />
- Die WG-Plätze sind ausgebucht.<br />
- Gute Übergaben gelten als wichtig, dies ist immer wieder festzuhalten.<br />
- In der benachbarten Schweiz gibt es in Lutzenberg die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen.<br />
Dort dauert ein Aufenthalt mitunter auch einmal über zwei Jahre. Die Möglichkeit von<br />
Lehrwerkstätten wird erwähnt, z.B. bei der Firma Blum.<br />
- Perspektivlosigkeit: Es geht nicht nur darum, dass es dann zu viel Zeit zum Nachdenken gibt,<br />
Arbeit ist auch wesentliches Moment der Identität.<br />
- Zur Zusammenarbeit betont Dr. Duspara, dass diese mit dem Amt f. soziale Dienste in<br />
Liechtenstein sehr gut klappt. Die Patienten waren gut vorbereitet und für alle gab es dann<br />
auch gute Möglichkeiten zur Forstsetzung.<br />
- Es gibt dann auch noch eine Rückmeldung für das Team <strong>Lukasfeld</strong>: Es besteht ein positives<br />
Gefühl der Zusammenarbeit. Weiters besteht der Eindruck, dass das durch das neue Konzept
<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 8<br />
das Team einheitlicher geworden ist und stabiler wirkt. Es erscheint mehr rund, als dies<br />
vorher der Fall war.<br />
Gruppe „Gruppenraum“ – Rosalinde Fetz:<br />
Es wird der lange Weg bis zur Entscheidung, in eine Behandlung zu gehen, nachgezeichnet. Es dauert<br />
eine lange Zeit, bis der Therapieantritt erfolgt. Die Wartezeit kann destruktiv sein. In der<br />
Überbrückung können engmaschige Termine hilfreich sein, auch die Einbeziehung von Angehörigen.<br />
Es fällt auf, dass die Wartezeiten für Frauen kürzer sind.<br />
- Die Kriterien, nach welchen Patientinnen und Patienten eher in der Carina oder eher im<br />
<strong>Lukasfeld</strong> aufgenommen werden, sind nach außen nicht klar.<br />
- Wann ist es sinnvoll, welche Therapie wiederholt wird? Es wird für möglich gehalten, dass<br />
manche Wiederholungen auch kontraproduktiv sind.<br />
- In der stationären Therapie entstehen oft sehr wohl Erwartungen, die nach der Rückkehr in<br />
die Alttagsrealität nicht erfüllt werden können.<br />
- Für Entgiftungen sollte es keine Altersbeschränkungen geben.<br />
Wünsche:<br />
1. Nachbetreuung: So früh wie möglich, enge Zusammenarbeit mit den Stellen, gute<br />
Vorbereitung auf die Entlassung.<br />
2. Therapieabschluss und Motivation: Es ist sicher sinnvoll, bei manchen Patientinnen und<br />
Patienten nach acht Wochen noch zuzusprechen, dass es gut wäre, noch einen Monat zu<br />
bleiben. Die Haltung soll sich bewegen zwischen: „Du solltest noch bleiben“ und „ Du sollst<br />
auch gut gehen können“.<br />
3. Mehr Vernetzung zwischen der Patientenarbeit und der Prävention.<br />
Gruppe „Aufenthaltsraum“ – Doris Nagel:<br />
- Es gibt für Entgiftung zu wenig Plätze, die Entgiftungsstation ist nicht umgesetzt. Entgiftung<br />
an einem Ort zu konzentrieren wäre ein wichtiger Aspekt. Das LKHR ist sehr groß.<br />
Rückmeldungen von Betroffenen gehen in die Richtung, dass die Behandlung dort<br />
vergleichsweise als nicht so gut empfunden wird. Das <strong>Lukasfeld</strong> gilt dem gegenüber als<br />
kleiner und persönlicher, es gibt mehr Gesprächskontakte mit dem Personal. Auch für „nur<br />
Entzüge“ ist die Wartezeit sehr lang. Hier gibt es in der Szene mehr Bedarf, als die stationären<br />
Einrichtungen wissen.<br />
- Erwartungen ans <strong>Lukasfeld</strong>: Die Entgiftungen sind oft noch nicht ganz abgeschlossen, wenn<br />
Patienten in die Carina wechseln. Es gibt auch eine Not wegen des beschränkten Raumes, das<br />
ist allen klar. Viele Patienten wollen aus dem Entzugsbereich, weil sie es dort nicht mehr<br />
aushalten. Manchmal gibt es offensichtlich auch „Druckwellen“ hinsichtlich rascher<br />
Entlassungen. Dies ist nicht so günstig, da ein Entzug auch zu Stabilität führen sollte.<br />
- Übergabemanagement: Vor allem bei Gerichtspatienten ist es wichtig, sich früh zu melden.<br />
- Notschlafstelle oder Kolpinghaus: Es wird dort auch immer schwieriger, in Akutfällen<br />
jemanden unterzubringen. Rückfällige und konsumierende Betroffene „will niemand haben“.<br />
Gerade im Winter ist deshalb das Überleben nicht mehr gesichert.<br />
- Hinsichtlich der Verkürzung von Wartezeiten wird hinterfragt, ob es nicht möglich wäre, ob<br />
manche Gerichtspatienten auch ambulant betreut werden könnten.<br />
- Unsere Nachbetreuungseinrichtungen sind vor allem für erwachsene Konsumierende<br />
ausgerichtet. Für Jüngere reicht es insbesondere auch in Wohngemeinschaft eine intensivere<br />
Betreuung (24 Stunden am Tag).
<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 9<br />
Dazu Thomas Neubacher: Hier wird es im Land Veränderungen geben, etwa die Jugendpsychiatrische<br />
Ambulanz und darauf abgestimmt auch sozial psychiatrische Wohngemeinschaften. Hier wäre es<br />
sinnvoll, mit Herrn Werner Grabher zusammen zu sitzen.<br />
Reiner Roppele verweist auf die Situation im Haus der Jungen Arbeiter. Hier sind schon 15-jährige bei<br />
Kaplan Bonetti und das sind keine Einzelfälle. Er hätte auch schon Verantwortliche über Jugendliche<br />
sagen hören: „Den geben wir auf“. Aus dem IfS sind Leute hinausgeworfen worden, weil sie Cannabis<br />
geraucht haben. Für wen sind sie da? Es gibt leider keine Wohngemeinschaft für süchtige<br />
Minderjährige.<br />
Arbeitsgruppe „Besprechungszimmer“ – Berndt Kühnel:<br />
Es hat sich ergeben, dass sich an diesem Ort nur eine Teilnehmerin eingefunden hat, nämlich die<br />
<strong>Lukasfeld</strong> – Patientin Angelika. Berndt Kühnel hat die Gelegenheit genutzt, sie zu den verschiedenen<br />
Fragen zu interviewen.<br />
Entgiftung: Im Krankenzimmer fällt einem die Decke auf den Kopf. Es gibt nur Fernseher und DVD,<br />
gelegentlich mal einen Spaziergang. Die Betreuung durch das Personal wäre aber in Ordnung.<br />
Angelika beschreibt die Situation im Krankenzimmer als „knastmässig“.<br />
Erwartungen: Irgendwie hätte sie sich von der Therapie eine Art Gehirnwäsche erhofft, die sie von<br />
den Drogen weggebracht hätte. Inzwischen sei ihr klar, dass sie die Leistung selber bringen müsse.<br />
Tagesstruktur: Diese ist „nervig“, aber auch wichtig. Die Gewöhnung an Alltagssituationen kann hier<br />
wieder gelernt und geübt werden, vor allem auch eine Umkehr des Tag/Nacht- Rhythmus.<br />
Wünsche: mehr Abwechslung und Aktivitäten.<br />
Eines der größeren Probleme ist der Geldmangel. Es gibt bei vielen Patienten erhebliche Engpässe,<br />
wodurch die Teilnahme an Freizeitaktivitäten nicht allen möglich ist: Hallenbad, Eislaufen mit dem<br />
Ausleihen von Schlittschuhen, Kino etc..<br />
Zur Wartezeit: Angelika hatte gehofft, nach der Entgiftung aus dem LKHR unmittelbar im Anschluss in<br />
der TS <strong>Lukasfeld</strong> aufgenommen zu werden. Es sei dann aber noch eine dreimonatige Wartezeit daraus<br />
geworden. Diese Zeit sei frustrierend gewesen, Rückfälligkeiten hätten ein Gefühl von Überflüssigkeit<br />
bewirkt. Eine ähnliche Stimmung hätte es auch gegeben, als sie den ersten Aufenthalt abgebrochen<br />
hätte. Sie hätte in der Therapie keinen Sinn mehr gesehen, der Suchtdruck sei ganz massiv gewesen.<br />
Damals hätte es aber auch noch an Eigenmotivation gemangelt. Der Druck der Eltern war größer als<br />
die Einsicht. Beim zweiten Mal sei das nicht so gewesen. In der Zeit zwischen den Aufenthalten hätte<br />
sie stärker konsumiert als jemals zuvor. So sei sie dann auch ins Methadonprogramm.<br />
Verkürzung der Therapiezeit: Dazu meint A., dass manche Patienten, die Therapie statt Strafe machen<br />
früher entlassen werden sollten, da sie die Therapie nicht so ernst nehmen.<br />
Wiedereingliederung: Jemand mit einer schweren Drogenabhängigkeit hat am freien Arbeitsmarkt<br />
sicher ein Handicap. Betriebe, die bereit sind, diesen Betroffenen eine Chance zu geben, sollten<br />
bekannt sein.<br />
Abschlussreflektion im Plenum:
<strong>Erfahrungsaustausch</strong> TS <strong>Lukasfeld</strong> 1.2.2006 Seite 10<br />
Der Drogenkoordinator der Landesregierung, Thomas Neubacher, berichtet vom aktuellen Stand der<br />
drogenpolitschen Debatte nach dem Rechnungshofbericht über die Stiftung Maria Ebene ist folgender:<br />
Es wird von Seiten des Rechnungshofes empfohlen, den Entzug weg vom <strong>Lukasfeld</strong> zu nehmen und<br />
Entzugsbehandlungen in Hall in Tirol zu forcieren. Es soll dazu im Kontrollausschuss des Landtages<br />
eine Debatte geben, und zwar am heutigen Abend. Es gibt bei den Abgeordneten jedoch eine<br />
Stimmung, dieser Empfehlung des Rechnungshofes nicht zu folgen, sondern den Entzugsbereich in<br />
der Stiftung Maria Ebene/TS <strong>Lukasfeld</strong> zu verbessern.<br />
Nachtrag: Dem Vernehmen nach hat sich diese Annahme bestätigt. Aus fachlicher Sicht ist es keine<br />
optimale Vorgangsweise, Entzüge in Hall durchzuführen, da die Kommunikation sehr schwierig ist und<br />
die Einflussmöglichkeiten weitgehend fehlen. Von Seiten des LKHR wird es als positiv betrachtet, wenn<br />
die Entzugsbehandlungen hier im <strong>Lukasfeld</strong> durchgeführt werden. Erfahrungsgemäß bleiben<br />
Suchtpatienten im LKHR auf „der Strecke“ weil sie als Letzte aufgenommen werden. Patienten mit<br />
Psychosen und anderen psychischen Störungen haben Vorrang, wenn es Bettenengpässe gibt.<br />
Abschließend wird es von mehreren Teilnehmern als ausgesprochen positiv bezeichnet, dass<br />
Patientinnen und Patienten bei der heutigen Veranstaltung dabei waren. Das hinterlässt einen<br />
besseren Eindruck. Es gab schon sehr viele Sitzungen, in welchen v.a. über Patienten geredet wurde,<br />
hier wird auch einmal mit ihnen gesprochen (W. Baur). Generell gibt es zu dieser Veranstaltung<br />
positive Rückmeldungen, der Umgang wird als wertschätzend erlebt und es gab einige Anregungen.<br />
Meinungen, 21.02.2006<br />
R. Wölfle