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Kombination aus BGHSt 14, 132 und BGHSt 16, 130 – Schlägerei ...

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Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

<strong>Kombination</strong> <strong>aus</strong> <strong>BGHSt</strong> <strong>14</strong>, <strong>132</strong> <strong>und</strong> <strong>BGHSt</strong> <strong>16</strong>, <strong>130</strong> <strong>–</strong> <strong>Schlägerei</strong><br />

Sachverhalt: Im Rahmen einer Kirmes kommt es nach Mitternacht zu<br />

einer <strong>Schlägerei</strong>, an der sich neben vielen anderen auch Anton beteiligt.<br />

Dieser hat jedoch nach einer Weile genug <strong>und</strong> steigt mit blutender Nase<br />

<strong>aus</strong>. Auf dem Nachh<strong>aus</strong>eweg begegnet er Bruno, dem er von der <strong>Schlägerei</strong><br />

erzählt. Hocherfreut rennt Bruno zum Festzelt, wo die <strong>Schlägerei</strong><br />

noch andauert. Er beteiligt sich rege bis die Polizei dem Ganzen ein Ende<br />

setzt. Als diese die Streitenden trennt wird festgestellt, dass der an<br />

der <strong>Schlägerei</strong> beteiligte Josef mit einem Messer im Rücken tot auf dem<br />

Boden liegt. Nachweislich wurde er in der Zeit erstochen als sich Anton<br />

nicht mehr <strong>und</strong> Bruno noch nicht an der <strong>Schlägerei</strong> beteiligt hatten.<br />

Problemstellung: <strong>Schlägerei</strong>, § 231 StGB<br />

Materialien: Arbeitsblatt Strafrecht BT Nr. 10<br />

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich


Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

Lösungsübersicht:<br />

Teil 1: Strafbarkeit Antons<br />

A. Strafbarkeit gem. § 212 I StGB durch Tötung des Josef<br />

Objektiver Tatbestand<br />

K<strong>aus</strong>alität (<strong>–</strong>)<br />

Tötungsvorsatz (<strong>–</strong>)<br />

B. Strafbarkeit gem. § 222 StGB (<strong>–</strong>)<br />

keine K<strong>aus</strong>alität<br />

C. Strafbarkeit gem. § 223 I StGB (<strong>–</strong>)<br />

I. K<strong>aus</strong>alität (<strong>–</strong>)<br />

II. Mittäterschaftliche Zurechnung gem. § 25 Abs. 2 StGB (<strong>–</strong>)<br />

kein gemeinsamer Tatplan vorhanden.<br />

III. Zudem: Kein Strafantrag eines Geschädigten, § 230 Abs. 1<br />

StGB<br />

D. Strafbarkeit gem. § 231 I StGB<br />

I. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

a) <strong>Schlägerei</strong> (+)<br />

b) Beteiligung (+)<br />

2. Subjektiver Tatbestand: (+)<br />

Vorsatz nur für Tathandlung (= Beteiligung),<br />

nicht aber Taterfolg erforderlich!<br />

3. Objektive Bedingung der Strafbarkeit<br />

a) Eintritt schwerer Folge, § 231 I StGB (+)<br />

b) durch die <strong>Schlägerei</strong><br />

Problem: Teilnehmer zum Zeitpunkt des Eintritts nicht<br />

mehr beteiligt<br />

h.M./BGH: Zurechenbarkeit/Strafbarkeit (+)<br />

a.M.: Zurechenbarkeit/Strafbarkeit (<strong>–</strong>)<br />

II./III. Rechtswidrigkeit/Schuld (+)<br />

IV. Ergebnis: Strafbarkeit (+)<br />

Teil 2: Strafbarkeit Brunos<br />

Strafbarkeit gem. § 231 I StGB<br />

wie 1. Teil D, bis auf 3. Objektive Bedingung der Strafbarkeit<br />

b) Problem: Teilnehmer zum Zeitpunkt des Eintritts der<br />

schweren Folge noch nicht beteiligt<br />

h.M./BGH: Zurechenbarkeit/Strafbarkeit (+)<br />

a.M.: Zurechenbarkeit/Strafbarkeit (<strong>–</strong>)<br />

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich


Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

Lösungsvorschlag:<br />

Teil 1: Strafbarkeit Antons<br />

A. Strafbarkeit gem. § 212 I StGB wegen der Tötung des Josef<br />

Eine k<strong>aus</strong>ale Verursachung von Josefs Tod durch Antons Verhalten ist<br />

nicht feststellbar. Aber jedenfalls fehlt Anton der Tötungsvorsatz.<br />

B. Strafbarkeit gem. § 222 StGB<br />

In Betracht kommt allerdings eine fahrlässige Tötung, die aber <strong>aus</strong>scheiden<br />

muss, weil auch hier eine möglicherweise für Josefs Tod k<strong>aus</strong>ale<br />

Handlung des Anton nicht erkennbar ist.<br />

C. Strafbarkeit gem. §§ 223 I, 25 II StGB<br />

Wiederum fehlt es an einer für die Stichverletzung des Josef k<strong>aus</strong>alen<br />

Handlung Antons, doch könnte insoweit eine Zurechnung mittäterschaftlich<br />

erbrachter Tatbeiträge anderer in Betracht kommen. Vor<strong>aus</strong>setzung<br />

dafür ist aber ein gemeinsamer Tatplan, der vorliegend nicht<br />

erkennbar ist.<br />

Mangels Verwirklichung des Gr<strong>und</strong>tatbestandes scheidet auch eine<br />

Strafbarkeit hinsichtlich der Qualifikationen der §§ 224; 226 <strong>und</strong> 227<br />

StGB <strong>aus</strong>.<br />

D. Strafbarkeit gem. § 231 I StGB<br />

Allerdings könnte sich Anton wegen seiner Beteiligung an der <strong>Schlägerei</strong><br />

gem. § 231 StGB strafbar gemacht haben.<br />

I. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

Eine <strong>Schlägerei</strong> von mindestens drei Personen ist gegeben, an der sich<br />

Anton auch beteiligt hat.<br />

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich


Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

Anton beteiligte sich vorsätzlich an der <strong>Schlägerei</strong>.<br />

3. Objektive Bedingung der Strafbarkeit<br />

Als schwere Folge der <strong>Schlägerei</strong> i. S. v. § 231 I StGB ist Josefs Tod<br />

eingetreten. Fraglich ist aber, ob diese schwere Folge angesichts ihres<br />

Eintritts nach Antons Ausscheiden <strong>aus</strong> der <strong>Schlägerei</strong> diesem noch zugerechnet<br />

werden kann. Dagegen spricht zwar, dass die momentane<br />

Gefährlichkeit der <strong>Schlägerei</strong> nicht aktuell durch das Mitwirken von<br />

Anton beeinflusst worden war, doch hat er an der Entstehung der Gefahrenlage<br />

ja mitgewirkt, indem er sich an der <strong>Schlägerei</strong> zunächst beteiligt<br />

hat. Deswegen überzeugt eine Zurechnung trotz seines Ausscheidens<br />

an der <strong>Schlägerei</strong>.<br />

II./III. Rechtswidrigkeit/Schuld<br />

Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte im Sachverhalt hat Anton<br />

auch rechtswidrig <strong>und</strong> schuldhaft gehandelt.<br />

IV. Ergebnis<br />

Anton hat sich gem. § 231 I StGB strafbar gemacht hat.<br />

Teil 2: Strafbarkeit Brunos<br />

Auch Bruno könnte sich wegen seiner Beteiligung an der <strong>Schlägerei</strong><br />

gem. § 231 I StGB strafbar gemacht haben. Im Bezug auf andere Straftatbestände<br />

kann auf die Ausführungen oben zur Strafbarkeit Antons<br />

verwiesen werden.<br />

I. Tatbestand<br />

1. Objektiver Tatbestand<br />

Eine <strong>Schlägerei</strong> von mindestens drei Personen ist gegeben, an der sich<br />

Bruno auch beteiligt hat.<br />

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich


Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin<br />

2. Subjektiver Tatbestand<br />

Bruno beteiligte sich vorsätzlich an der <strong>Schlägerei</strong>.<br />

3. Objektive Bedingung der Strafbarkeit<br />

Als schwere Folge der <strong>Schlägerei</strong> i.S.v. § 231 I StGB ist Josefs Tod<br />

eingetreten. Fraglich ist aber, ob diese schwere Folge angesichts ihres<br />

Eintritts vor Brunos Beteiligung an der <strong>Schlägerei</strong> diesem noch zugerechnet<br />

werden kann. Dagegen spricht wiederum, dass die Gefährlichkeit<br />

der <strong>Schlägerei</strong> im Zeitpunkt des Todes von Josef nicht durch das<br />

Mitwirken von Bruno beeinflusst worden war. Die Beteiligung von<br />

Bruno kann man vielmehr hinwegdenken, ohne dass der Eintritt der<br />

schweren Folge entfiele oder auch irgendwie beeinflusst wäre.<br />

Zudem hat Bruno im Unterschied zu Anton an der Entstehung der Gefahrenlage<br />

gar nicht mitgewirkt, sondern sich erst danach an der <strong>Schlägerei</strong><br />

beteiligt. Vorwerfen kann man ihm mithin allenfalls eine Billigung<br />

der vorherigen Situation (obwohl er von Josefs Tod nichts wusste),<br />

was für eine Zurechnung bereits zuvor eingetretener schwerer Folge<br />

nicht <strong>aus</strong>reichen dürfte. So eine Zurechnung würde letztendlich ein<br />

„Gesinnungsstrafrecht“ bedeuten, was mit dem Schuldprinzip nicht zu<br />

vereinbaren ist.<br />

II. Ergebnis<br />

Bruno hat sich nicht strafbar gemacht.<br />

Universitäts-Repetitorium der Humboldt-Universität zu Berlin / Strafrecht / Prof. Heinrich

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