Öffentliche Tauschangebote und die Pflicht zum ... - Vischer
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194 Kurzbeiträge<br />
SZW/RSDA 3/2009<br />
angebotenen Aktien einen geringen free float aufwiesen,<br />
was <strong>die</strong> Veräusserung zusätzlich erschwerte.<br />
Nur wenn den Minderheitsaktionären zwischen der<br />
Übernahme <strong>und</strong> dem reverse merger ausreichend<br />
Zeit verbleibt, um ihre als Gegenleistung erhaltenen<br />
Titel zu ver äussern, kann nach Ansicht der EBK von<br />
einem echten Ausstiegsrecht gesprochen werden. Im<br />
Fall Atel konnte <strong>die</strong> Gesetzeskonformität dadurch erreicht<br />
werden, dass der Entscheid über <strong>die</strong> Umstrukturierung<br />
auf frühestens sechs Monate nach Vollzug<br />
des Tauschangebots aufgeschoben wurde. 19<br />
2. Blick über <strong>die</strong> Grenzen<br />
Nachfolgend wird kurz auf <strong>die</strong> Regelungen in<br />
ausgewählten ausländischen Rechtsordnungen hingewiesen:<br />
20<br />
– Gemäss der EU-Übernahmerichtlinie hat der<br />
Anbieter eines <strong>Pflicht</strong>angebots gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>die</strong><br />
Wahl, ob er als Gegenleistung Wertpapiere, eine<br />
Geldleistung oder eine Kombination davon<br />
anbietet. 21 Wenn <strong>die</strong> angebotenen Wertpapiere<br />
jedoch nicht kotiert <strong>und</strong> nicht liquid sind, muss<br />
der Anbieter alternativ eine Geldleistung anbieten.<br />
22 Eine Geldleistung muss ausserdem immer<br />
dann alternativ angeboten werden, wenn der Anbieter<br />
(oder eine mit ihm gemeinsam handelnde<br />
Person) innerhalb einer Referenzperiode vor dem<br />
<strong>Pflicht</strong>angebot Titel der Zielgesellschaft gegen<br />
Geldleistung erworben hat, <strong>die</strong> mindestens 5%<br />
der Stimmrechte an der Zielgesellschaft verleihen.<br />
23 Die EU-Übernahmerichtlinie lässt es zu,<br />
dass <strong>die</strong> Mitgliedstaaten in allen <strong>Pflicht</strong>angebotsfällen<br />
vorsehen, dass wahlweise eine Geldleistung<br />
angeboten werden muss. 24<br />
– In Deutschland kann <strong>die</strong> Gegenleistung eines<br />
Übernahmeangebots nach Wahl des Anbieters<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich in einer Geldleistung oder in liqui-<br />
19 Empfehlung VII der UEK vom 12. Juni 2006 i.S. Aare-<br />
Tessin AG für Elektrizität (0251/07), E. 1.2.4.1; bestätigt<br />
in Verfügung der EBK vom 4. Juli 2006 i.S. Aare-Tessin<br />
AG für Elektrizität, Ziff. 31.<br />
20 Siehe auch den ausführlichen Rechtsvergleich bei Jürg<br />
Luginbühl (Fn. 6), S. 161 ff., 167 ff.<br />
21 Art. 5 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 2004/25/EG des<br />
Europäischen Parlaments <strong>und</strong> des Rates vom 21. April<br />
2004 betreffend Übernahmeangebote (EU-Übernahmerichtlinie).<br />
22 Art. 5 Abs. 5 Unterabs. 2 EU-Übernahmerichtlinie.<br />
23 Art. 5 Abs. 5 Unterabs. 3 EU-Übernahmerichtlinie.<br />
24 Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 4 EU-Übernahmerichtlinie.<br />
den Aktien bestehen, <strong>die</strong> <strong>zum</strong> Handel an einem<br />
organisierten Markt zugelassen sind. 25 Eine Geldleistung<br />
muss dann zwingend angeboten werden,<br />
wenn der Anbieter (oder eine mit ihm gemeinsam<br />
handelnde Person) in den sechs Monaten vor der<br />
Veröffentlichung des Entscheides zur Abgabe<br />
eines Angebots insgesamt mindestens 5% der<br />
Aktien oder Stimmrechte an der Zielgesellschaft<br />
gegen Zahlung einer Geldleistung erworben hat. 26<br />
Diese Regelung gilt sowohl für <strong>Pflicht</strong> angebote<br />
als auch für freiwillige Übernahmeangebote, d.h.<br />
Angebote, <strong>die</strong> auf den Erwerb der Kontrolle gerichtet<br />
sind.<br />
– In England muss als Gegenleistung eines <strong>Pflicht</strong>angebots<br />
in jedem Fall <strong>zum</strong>indest alternativ eine<br />
Geldleistung angeboten werden. 27 Die <strong>Pflicht</strong> <strong>zum</strong><br />
alternativen Barangebot gilt dabei explizit auch<br />
dann, wenn der <strong>die</strong> Angebotspflicht auslösende<br />
Aktienerwerb selbst gegen Tausch <strong>und</strong> nicht gegen<br />
Barzahlung erfolgte. Wenn der Anbieter einen<br />
wesentlichen Anteil seiner Beteiligung im<br />
Tausch gegen Wertpapiere erworben hat, so kann<br />
er verpflichtet werden, alternativ <strong>zum</strong> Barangebot<br />
<strong>die</strong> getauschten Wertpapiere allen Aktionären der<br />
Zielgesellschaft anzubieten. 28 Bei freiwilligen<br />
Übernahmeangeboten muss der Anbieter ein alternatives<br />
Barangebot unterbreiten, wenn er (oder<br />
eine mit ihm gemeinsam handelnde Person) in<br />
den letzten 12 Monaten vor Angebotsbeginn 10%<br />
oder mehr Stimmrechte der Zielgesellschaft gegen<br />
Barzahlung erworben hat. 29 Hat der Anbieter<br />
(oder eine mit ihm gemeinsam handelnde Person)<br />
in den letzten drei Monaten vor Angebotsbeginn<br />
10% oder mehr Stimmrechte der Zielgesellschaft<br />
im Tausch gegen Wertpapiere erworben, so kann<br />
der Anbieter bei freiwilligen Übernahmeangeboten<br />
verpflichtet sein, <strong>die</strong>se Wertpapiere gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
allen Aktionären der Zielgesellschaft anzubieten.<br />
30<br />
25 § 31 Abs. 2 S. 1 Wertpapiererwerbs- <strong>und</strong> Übernahmegesetz<br />
(WpÜG). Das Gesetz verlangt ausdrücklich eine<br />
Geldleistung in Euro.<br />
26 § 31 Abs. 3 WpÜG.<br />
27 Rule 9.5 (a) City Code on Takeovers and Mergers, 8 th Edition,<br />
20 May 2006 (Takeover Code).<br />
28 Note 1 on Rule 9.5 Takeover Code.<br />
29 Rule 11.1 (a) Takeover Code.<br />
30 Rule 11.2 Takeover Code. Vgl. Note 3 zu der Frage, wann<br />
ein Aktientausch als Barerwerb zu qualifizieren ist.