Brennpunkt 68/11 - Erdöl-Vereinigung
Brennpunkt 68/11 - Erdöl-Vereinigung
Brennpunkt 68/11 - Erdöl-Vereinigung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
werden, obwohl – um bei dem einen Kilogramm Heizöl zu bleiben –<br />
vom Brenner nur <strong>11</strong>,86 kWh erzeugt werden können.<br />
Es versteht sich von selbst, dass ein Heizkessel nicht mehr Energie<br />
produzieren kann, als ihm zugeführt wird. Die Angabe eines Wirkungsgrades<br />
von über 100% hängt mit der Epoche zusammen, in<br />
der die Norm für diese Berechnungen festgelegt wurde. Zum damaligen<br />
Zeitpunkt war die Kondensationstechnik bereits bekannt,<br />
wurde aber in der Regel nicht angewandt. In der Folge legte man<br />
die Normen auf der Basis des Heizwerts H i und nicht auf derjenigen<br />
des Brennwerts H s fest – was leider bis heute der Fall ist.<br />
Wie kommt es, dass Brennwertkessel für Erdgas immer<br />
einen höheren Wirkungsgrad aufweisen als diejenigen<br />
von Ölfeuerungen?<br />
Wenn man aufgrund des höheren Wirkungsgrades annimmt, die<br />
Kondensationstechnik sei beim Erdgas leistungsfähiger als beim<br />
Heizöl, so ist dies nicht korrekt. Ein konkretes Beispiel zeigt dies<br />
auf. Die nachstehende Berechnung basiert auf einem Heizkessel,<br />
der im ersten Fall mit einem Öl- und im zweiten Fall mit einem<br />
Gasbrenner arbeitet.<br />
Heizöl<br />
Annahme: Der Verlust liegt bei 2% durch die Verbrennung und 2%<br />
in den Abgasen. Der Brenner verbraucht 10 Liter/h. Auf der Basis<br />
des Heizwerts H i (1 Liter = 10 kWh) ergibt dies 100 kWh, mit dem<br />
Brennwert H s gerechnet sind es 106 kWh (1 Liter = 10,6 kWh).<br />
Bei einem Verlust von insgesamt 4% werden demnach rund 102 kWh<br />
an die Heizungsanlage abgegeben. Daraus errechnet sich auf der<br />
Basis des Heizwerts H i folgender Wirkungsgrad:<br />
102 kWh<br />
Wirkungsgrad auf Basis des Heizwerts H i = = 102%<br />
100 kWh<br />
Diese Angabe von 102% findet sich auf den Verkaufsunterlagen der<br />
Hersteller wieder.<br />
In Wirklichkeit müsste die gesamte Kalkulation auf der Basis des<br />
Brennwerts H s erfolgen:<br />
102 kWh<br />
Wirkungsgrad auf Basis des Brennwerts H s = = 96%<br />
106 kWh<br />
Erdgas<br />
Bei der Berechnung mit Erdgas entstehen im Heizkessel dieselben<br />
Verluste. Es werden also ebenfalls 102 kWh an die Heizungsanlage<br />
abgegeben. Die Energiemenge, die dem Brenner auf der Basis des<br />
Heizwerts H i zugeführt wird, beträgt in diesem Fall rund 96 kWh<br />
(rund <strong>11</strong> % Differenz zwischen Brennwert H s und Heizwert H i beim<br />
Erdgas).<br />
Die Berechnung des Wirkungsgrades auf der Basis des Heizwerts H i<br />
ergibt in diesem Fall:<br />
102 kWh<br />
Wirkungsgrad auf Basis des Heizwerts H i = = 106%<br />
96 kWh<br />
In den Verkaufsunterlagen der Hersteller erscheint derselbe, aber<br />
mit einem Gasbrenner ausgestattete Heizkessel mit einem Wirkungsgrad<br />
von 106%. Daraus könnte man schliessen, dass der<br />
Heizkessel mit Gasbrenner gegenüber demjenigen mit Ölbrenner<br />
effizienter arbeitet, obwohl die zugeführte Energiemenge und die<br />
an das Heizsystem abgegebene Energie identisch sind.<br />
Brennraum eines Ölbrennwertkessels.<br />
Bei der korrekten Berechnung auf der Basis des Brennwerts H s<br />
hingegen ergibt sich für beide Systeme dasselbe Resultat:<br />
102 kWh<br />
Wirkungsgrad auf Basis des Brennwerts H s = = 96%<br />
106 kWh<br />
Daraus lässt sich schliessen, dass diese Heizanlage, unabhängig<br />
vom verwendeten Brennstoff, dieselbe Energieeffizienz aufweist.<br />
Der Brennwert H s ist in Zukunft die einzige<br />
verlässliche und vergleichbare Berechnungsbasis<br />
Wirkungsgrad<br />
H s<br />
Wirkungsgrad H i<br />
Heizöl Erdgas<br />
79 84,4 87,6<br />
80 85,5 88,7<br />
81 86,6 89,8<br />
82 87,6 90,9<br />
83 88,7 92,0<br />
84 89,8 93,1<br />
85 90,8 94,2<br />
86 91,9 95,3<br />
87 93,0 96,4<br />
88 94,0 97,6<br />
89 95,1 98,7<br />
90 96,2 99,8<br />
91 97,2 100,9<br />
92 98,3 102,0<br />
93 99,4 103,1<br />
94 100,4 104,2<br />
95 101,5 105,3<br />
96 102,6 106,4<br />
97 103,7 107,5<br />
98 104,7 108,6<br />
99 105,8 109,8<br />
100 106,9 <strong>11</strong>0,9<br />
Wie lässt sich diese Tabelle einsetzen? Ein Beispiel: Wenn der Wirkungsgrad<br />
bei einer Ölheizung auf der Basis des Heizwerts H i mit<br />
97,2% und bei einer Gasheizung mit 100,9% angegeben ist, so entspricht<br />
dies in beiden Fällen einem Nutzungsgrad von 91%.<br />
Daraus lässt sich ableiten, dass Heizöl gegenüber dem Erdgas<br />
weder über einen besseren noch über einen schlechteren Wirkungsgrad<br />
verfügt, auch wenn dieser Eindruck manchmal entsteht. Man<br />
kann also nur hoffen, dass die Wirkungsgrade künftig ausschliesslich<br />
auf der Basis des Brennwerts H s angegeben werden. Damit wäre<br />
die Voraussetzung geschaffen, um die effektive Leistungsfähigkeit<br />
des Brennkessels zu beurteilen, unabhängig von der Art des Brennstoffs.<br />
Und es hätte den Vorteil, dass die Systeme sowohl von Fachleuten<br />
als auch von den Endkunden auf einer transparenten, vergleichbaren<br />
Grundlage beurteilt werden können. ●<br />
<strong>Brennpunkt</strong> – Nr. <strong>68</strong>/ Februar 20<strong>11</strong><br />
5<br />
Foto: Viessmann