R AIffEISEn Zur Serie: Frauen in der Wirts<strong>ch</strong>aft In der S<strong>ch</strong>weizer Wirts<strong>ch</strong>aft sitzen immer mehr Frauen in wi<strong>ch</strong>tigen und ents<strong>ch</strong>eidenden Positionen. Ni<strong>ch</strong>t weniger erfolgrei<strong>ch</strong> als Männer führen sie in leitender Funktion Unternehmen von unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er Grösse. In einer Serie besu<strong>ch</strong>t Raiffeisen «Panorama» in diesem Jahr se<strong>ch</strong>s Frauen aus der Wirts<strong>ch</strong>aft und will von ihnen Ein sonniger Sommertag am Friedhofweg 4 in Murten, am Rande der mittelalterli<strong>ch</strong>en Altstadt. Bei der Joggi AG geht es zu und her wie in einem Taubens<strong>ch</strong>lag. Handwerker gehen s<strong>ch</strong>arenweise und s<strong>ch</strong>nellen S<strong>ch</strong>rittes ein und aus, alle auf der Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> Material und Werkzeugen, die sie auf einer nah gelegenen Baustelle dringend brau<strong>ch</strong>en. Neben den eilenden Handwerkern lässt si<strong>ch</strong> der Hobbybastler gemä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> die neueste Fräsmas<strong>ch</strong>ine vorführen, die Hobbygärtnerin kauft kurz ents<strong>ch</strong>lossen eine neue Spritzkanne, und der Hausabwart will dem S<strong>ch</strong>mutz auf dem Vorplatz in Zukunft mit einem modernen Ho<strong>ch</strong>druckreiniger aus dem Hause Joggi Herr werden. Starke Konkurrenz Mittendrin in diesem von Männern geprägten Handwerkerzentrum steht Liliane Kramer Berner. Die 33-jährige Betriebsökonomin arbeitet seit zehn Jahren im Familienunternehmen mit, sitzt dort zusammen mit ihren Eltern Ernst und Lisette Kramer im Verwaltungsrat und in der Ges<strong>ch</strong>äftsleitung, und sie wird die Joggi AG am 1. Januar 2012 in eigener Regie übernehmen. «Aus freien Stücken», wie sie sagt. Heute weiss die selbstbewusste Frau, dass sie in diesem Unternehmen ihre berufli<strong>ch</strong>e Zukunft haben und der Beruf ihre Lebensaufgabe werden wird. Handwerk und netzwerk Liliane Kramer Berner bringt viele Aufgaben unter einen Hut: In Murten leitet sie das Handwerkerges<strong>ch</strong>äft ihrer Eltern, in der S<strong>ch</strong>weiz ist sie bald Präsidentin der Junior Chamber International, zu Hause warten Mann und Sohn auf die Vielbes<strong>ch</strong>äftigte. Das war ni<strong>ch</strong>t immer so. In Zeiten, in denen den alteingesessenen Handwerkerzentren die Grossen der Bran<strong>ch</strong>e das Leben s<strong>ch</strong>wer ma<strong>ch</strong>en, will gut überlegt sein, wohin die Reise der kleinen Familienunternehmen geht. Obi, Hornba<strong>ch</strong>, Baumarkt und wie die grossen Heimwerkermärkte vor den Toren der städtis<strong>ch</strong>en Agglomerationen alle heissen sind für Liliane Kramer keine S<strong>ch</strong>reckgespenste, sondern Herausforderungen, die es anzupacken gilt. «Der Fa<strong>ch</strong>handel kann gegenüber dieser stark wa<strong>ch</strong>senden Konkurrenz nur bestehen, wenn er si<strong>ch</strong> spezialisiert und auf individuelle Kundenwüns<strong>ch</strong>e eingeht. Dann ist der Kunde au<strong>ch</strong> bereit, etwas mehr zu bezahlen.» Wobei anzumerken ist, dass heute au<strong>ch</strong> der Preis im Fa<strong>ch</strong>handel zum wi<strong>ch</strong>tigen Kaufents<strong>ch</strong>eid- Kriterium geworden ist. Expansion statt Resignation Viele Frauen sind es ni<strong>ch</strong>t, die an diesem Tag bei der Joggi AG in Murten ein- und ausgehen. 80 Prozent der Kunds<strong>ch</strong>aft sind wenig überras<strong>ch</strong>end meistens männli<strong>ch</strong>e Handwerker, der Rest Privatkunden. «Daran habe i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong> längst gewöhnt», sagt die Chefin, die zusammen mit zwei S<strong>ch</strong>western aufgewa<strong>ch</strong>sen ist. Angefangen hat alles vor 86 Jahren, als die damalige Eisenhandlung Staub in den Besitz der Familie Joggi überging. Vor 19 Jahren haben ihre erfahren, wie wie sie sie zu ihrer Aufgabe Aufgabe gekommen sind, sind, wie sie ihr Unternehmen führen führen und wie si<strong>ch</strong> ihre Führung allenfalls von einem Mann in ähnli<strong>ch</strong>er Position unters<strong>ch</strong>eidet. unters<strong>ch</strong>eidet. Und Und wie wie sie Familie und Beruf unter einen Hut bringen. Eine Frage notabene, notabene, die fast immer nur Frauen gestellt wird. wird. Eltern das Murtener Traditionsunternehmen käufli<strong>ch</strong> erworben. Damals wollte niemand in seiner Familie die Firma weiterführen, sodass Vater Ernst Kramer im Alter von 40 Jahren den S<strong>ch</strong>ritt in die Selbstständigkeit wagte und Unternehmer wurde. Bald ist seine älteste To<strong>ch</strong>ter an der Reihe. Die Wei<strong>ch</strong>en für das Weiterma<strong>ch</strong>en wurden vor drei Jahren gestellt, als si<strong>ch</strong> To<strong>ch</strong>ter Liliane bereit erklärte, die Ges<strong>ch</strong>äftsführung zu übernehmen. «Für mi<strong>ch</strong> war von Anfang an klar, dass i<strong>ch</strong> die Firma einmal übernehmen mö<strong>ch</strong>te.» Dass Kramers an die Zukunft ihres Unternehmens glauben, kam im letzten Jahr zum Ausdruck, als die Joggi AG einen Neu- und Umbau realisierte und die Verkaufsflä<strong>ch</strong>e um 1000 m 2 auf 2200 m 2 fast verdoppelte. Es war eine grosse und wohlüberlegte Investition für die Zukunft, wel<strong>ch</strong>e das Kleinunternehmen mit diesem Neubau getätigt hat. Wäre keine der drei Kramer-Tö<strong>ch</strong>ter bereit gewesen, ins Ges<strong>ch</strong>äft einzusteigen, wer weiss, wie lange es den Familienbetrieb no<strong>ch</strong> gegeben hätte. «I<strong>ch</strong> bin überzeugt, dass es ein ri<strong>ch</strong>tiger Liliane Kramer bringt in ihrem Berufs- und Familienleben viele Dinge unter einen Hut. 30 Panorama r aiffeisen 5/09 Fotos: Daniel Ammann
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