Antidiskriminierungsbericht Steiermark 2012 - ETC Graz
Antidiskriminierungsbericht Steiermark 2012 - ETC Graz
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Entsprechend den Daten, welche von internationalen<br />
Organisationen, wie etwa der EU Agentur für Grundrechte<br />
in Wien (EU Agency for Fundamental Rights -<br />
FRA), erhoben wurden, gibt es keinen Staat in Europa,<br />
welcher nicht mit dem Problem ungerechtfertigter<br />
Diskriminierung zu kämpfen hat. Diskriminierung<br />
macht die Chancen vieler BürgerInnen und BewohnerInnen<br />
in vielen Lebensbereichen zunichte und beeinträchtigt<br />
damit wesentlich deren Lebensqualität.<br />
Aber wie können wir es erkennen, wenn Personen von<br />
Diskriminierungen betroffen sind? Wie können Menschen<br />
sehen, dass ihnen Chancen, welche ihnen zustehen<br />
würden, verwehrt wurden, nur weil sie scheinbar<br />
den falschen Namen, die falsche Hautfarbe, das<br />
falsche Geschlecht, das falsche Alter oder die falsche<br />
sexuelle Orientierung haben? Das Hauptproblem liegt<br />
darin, dass Diskriminierungen meist nicht direkt benannt<br />
werden, sondern sich vielmehr im Verborgenen<br />
abspielen und durch scheinbar rationale Erklärungen<br />
kaschiert werden. Eine/Ein ArbeitgeberIn wird der/<br />
dem BewerberIn wohl kaum mitteilen: „Du kannst die<br />
Stelle nicht bekommen, weil du Türkin/Türke bist“.<br />
Vielmehr wird sie/er sagen: „Es tut mir sehr leid, aber<br />
die Stelle ist schon vergeben.“ In solchen Fällen haben<br />
die BewerberInnen meist keine Ahnung, dass sie<br />
gerade Opfer einer Diskriminierung wurden.<br />
Eine Möglichkeit der Aufdeckung solch diskriminierender<br />
Praktiken ist die Forschung. In den letzten<br />
Jahren etwa führten ForscherInnen, Journalistinnen/Journalisten<br />
und Nichtregierungsorganisationen<br />
(NGOs) zahlreiche Untersuchungen in Form von<br />
Diskriminierungstests in vielen EU-Ländern durch.<br />
Das Experiment bestand hierbei darin, mehrere abgestimmte<br />
gleich gut qualifizierte Personen sich paarweise<br />
für die gleiche Stelle bewerben zu lassen. Die<br />
Ergebnisse zeigen, dass etwa die/der BewerberIn mit<br />
einem ausländisch klingenden Namen in der Regel<br />
drei bis fünf Versuche mehr unternehmen musste, bis<br />
sie/er eine positive Antwort auf die Erstbewerbung<br />
Vorwort Von ProF. john wrench (deutsche Version)<br />
bekam als ihre/seine der Mehrheit angehörige Kollegin/Kollege<br />
mit gleichen Qualifikationen. In den<br />
letzten Jahren zeigten Gerichtsverfahren in verschiedenen<br />
Ländern auf, welche Arten von diskriminierenden<br />
Praktiken existieren können. In Frankreich etwa<br />
wurde einer jungen Schwarz-französischen Friseurin<br />
zwei Mal von einem Salonmanager gesagt, dass der<br />
ausgeschriebene Job nicht verfügbar wäre. Daraufhin<br />
bat sie ihre Weiße Freundin sich zu bewerben. Diese<br />
wurde dann zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.<br />
In der Tschechischen Republik wurde einer Frau<br />
gesagt, welche Angehörige der Roma Minderheit war<br />
und sich auf eine Stellenannonce hin beworben hatte,<br />
die sie in einem Schaufenster gesehen hatte, dass<br />
die Stelle bereits besetzt sei. Als jedoch ein Nicht-Roma<br />
Angehöriger und Mitarbeiter einer Menschenrechts-NGO<br />
Interesse am gleichen Job zeigte, war die<br />
Stelle sehr wohl noch verfügbar. In einer Supermarktkette<br />
in den Niederlanden wurde die Anweisung an<br />
die FilialleiterInnen weitergegeben, MarokkanerInnen<br />
nicht einzustellen. In Irland wurde ersichtlich,<br />
dass vier polnische Bauarbeiter über einen langen<br />
Zeitraum hin bewusste und unverhohlene rassistische<br />
Anfeindungen bei der Arbeit erleiden mussten. In all<br />
diesen Fällen wurde gerichtlich vorgegangen und<br />
die ArbeitgeberInnen wurden zu Geldstrafen verurteilt<br />
bzw. wurden die Opfer für das erlittene Unrecht<br />
entschädigt. Wenn Fälle wie diese ans Licht kommen,<br />
wird das öffentliche Bewusstsein durch deren Öffentlichkeitswirksamkeit<br />
gestärkt und damit wird die<br />
Wahrscheinlichkeit erhöht, dass auch in Zukunft weitere<br />
Opfer den Mut haben werden, ihre Stimme zu erheben.<br />
Vor zwanzig Jahren noch zeigten Statistiken<br />
in einigen EU-Ländern eine völlige Abwesenheit jeglicher<br />
offizieller Beschwerden gegen Diskriminierung<br />
am Arbeitsplatz. In den gleichen Ländern werden<br />
heute hunderte solcher Beschwerden pro Jahr registriert.<br />
Dies bedeutet nicht, dass sich das Problem in<br />
den letzten zwanzig Jahren so verschärft hätte, viel-<br />
Jahresbericht ∙∙∙ 9