Antidiskriminierungsbericht Steiermark 2012 - ETC Graz
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Identitätsfeststellungen gegenüber Personen,<br />
von denen die Beamtinnen und Beamten<br />
annehmen, dass sie nicht österreichischer<br />
Herkunft seien. Wenn diese „Annahme“ der<br />
eigentliche Beweggrund für die polizeiliche<br />
Kontrolle ist, handelt es sich um das sogenannte<br />
Ethnic Profiling. In der Entscheidung<br />
des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte<br />
„Timishev gegen Russland“ 33 wurde<br />
festgehalten, dass Menschen nicht allein auf<br />
Basis der ethnischen Herkunft unterschiedlich<br />
behandelt werden dürfen. Vielmehr muss<br />
auf Grund des Verhaltens einer Person und anderer<br />
Anhaltspunkte entschieden werden, ob<br />
eine Person kontrolliert wird oder nicht.<br />
Diesbezüglich beschwerte sich eine von Diskriminierung<br />
betroffene Person beim UVS<br />
<strong>Steiermark</strong> GZ: 20.3-10/<strong>2012</strong>. Der Unabhängige<br />
Verwaltungssenat stellte eine Diskriminierung<br />
aufgrund der Ethnie fest:<br />
„Die Beschwerdeführerin ist österreichische<br />
Staatsbürgerin und von ethnisch-indischer<br />
Herkunft. Am 12. März <strong>2012</strong> fuhr sie mit dem<br />
Zug der ÖBB, Zug Nr. RJ, von <strong>Graz</strong> nach Bruck<br />
und wollte weiter nach Wien reisen. Nach ca.<br />
15 Minuten Fahrt betraten zwei Polizeibeamte<br />
in Zivil das ausreichend besetzte offene Zugabteil.<br />
Die beiden Polizeibeamten, beide der<br />
Polizeiinspektion Sp AGM zugehörig, führten<br />
einen sicherheitspolizeilichen Streifendienst<br />
mit AGM-Kontrollen in Zügen durch. Die Aufgabe<br />
der Beamten bestand darin, stichprobenartige<br />
Personenkontrollen durchzuführen. Die<br />
Beschwerdeführerin war die erste Person, die<br />
in dem Zugabteil kontrolliert wurde. Als sie<br />
nach Aufforderung ihren Führerschein vorzeigte,<br />
hat auch ein weiterer ihr nicht bekannter<br />
Fahrgast […] seinen Ausweis unaufgefordert<br />
herausgeholt und fragte die Beamten, ob<br />
auch er sich ausweisen solle. Dies wurde von<br />
33 ECtHR, Timishev v. Russia, Nos. 55762/00, 13. Dezember 2005, para. 58<br />
3.<br />
lebensbereiche<br />
den Polizeibeamten verneint. Auf die Frage<br />
der Beschwerdeführerin an den Beamten, warum<br />
sie kontrolliert werde, wurde ihr geantwortet,<br />
dass sie die erste Person gewesen sei, die<br />
er gesehen habe.<br />
Nachdem der Polizeibeamte den ausgefolgten<br />
Führerschein angeschaut hatte, gab er ihn<br />
zurück und sagte zur Beschwerdeführerin,<br />
dass sie eh österreichische Staatsbürgerin sei.<br />
Die Polizisten bedankten sich. Die Beschwerdeführerin<br />
hat während der Amtshandlung<br />
überhaupt nicht nach einer Dienstnummer<br />
gefragt.<br />
Die Beschwerdeführerin wurde von Seiten des<br />
einschreitenden Beamten nicht gefragt, ob sie<br />
Gepäck mit hätte bzw. von woher sie komme.<br />
Von den anderen im Waggon anwesenden Personen<br />
– ca. 20 – wurde niemand kontrolliert.<br />
[…] Geht man davon aus, dass die stichprobenartige<br />
Kontrolle ausschließlich nach dem<br />
äußeren Erscheinungsbild – nämlich der ethnisch-indischen<br />
Herkunft – durchgeführt wurde,<br />
ohne andere Umstände festzustellen, so ist<br />
dem § 35 Abs 1 Z 7 SPG nicht Genüge getan.<br />
Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich<br />
um eine perfekt Deutsch sprechende Person,<br />
die keinen Anhaltspunkt gab vom Ausland<br />
eingereist zu sein.<br />
Auch das Gepäck gab keinen Aufschluss, da<br />
dieses nicht in Augenschein genommen wurde.<br />
Wenn nicht die ethnische Herkunft als<br />
Umstand im Sinne des § 35 Abs 1 Z 7 SPG<br />
herangezogen wird, wäre dies die Grundlage<br />
einer allgemeinen Ausweispflicht, die der<br />
österreichischen Rechtsordnung fremd ist.<br />
Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass in<br />
der Gegenwart viele Personen mit österreichischer<br />
Staatsbürgerschaft bereits einen anderen<br />
ethnischen Hintergrund haben und allein<br />
FALLBESCHREIBUNG<br />
Frau T fühlt sich während des<br />
Verlaufs eines Obsorgestreits vom<br />
zuständigen Richter nachteilig<br />
behandelt und beschwert sich<br />
über ihn bei der zuständigen<br />
Justiz-Ombudsstelle. Bei der<br />
nächsten Verhandlung reagiert der<br />
Richter darauf, indem er zu Frau<br />
T sagt: „Sie haben sich über mich<br />
beschwert? Frau T fühlt sich von<br />
dieser Aussage eingeschüchtert.<br />
Jahresbericht ∙∙∙ 47