Download - EURAC
Download - EURAC
Download - EURAC
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Attraktive Zielgebiete<br />
gestalten<br />
Thomas Bieger, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats<br />
des <strong>EURAC</strong>- Instituts für Regionalentwicklung und Standortmanagement,<br />
und Harald Pechlaner, Leiter des <strong>EURAC</strong>-<br />
Instituts, sprechen über die Bedeutung von Einwohnern,<br />
Unternehmern und Gästen für ein integriertes<br />
Standortmanagement.<br />
Herr Bieger, mit welchen Fragestellungen<br />
be schäftigen Sie sich?<br />
Bieger: Mit integriertem Standortmanagement<br />
in alpinen Regionen, also mit<br />
Entwicklungsperspektiven für unterschiedliche<br />
Regionstypen. So wird unterschieden<br />
zwischen touristischen Zentren,<br />
Anschlussgebieten zu industriellen Zentren<br />
und der Peripherie. Beim integrierten<br />
Standortmanagement stellt sich immer<br />
wieder die Frage, wie degenerierende<br />
periphere Gebiete belebt werden können.<br />
Im Vordergrund stehen für uns akteurszentrierte<br />
Ansätze.<br />
Was versteht man darunter?<br />
Bieger: Regionale Entwicklung kann endogen<br />
auf der Basis der unternehmerischen<br />
Potentiale der Region oder exogen<br />
durch Akquisition von Ressourcen<br />
von außerhalb erfolgen. In beiden Fällen<br />
braucht es Akteure in Form von Unternehmern<br />
oder Politikern, die Initiativen<br />
ergreifen, Themen in der Öffentlichkeit<br />
platzieren und Ressourcen erschließen.<br />
Zurzeit untersuchen wir in einem Forschungsprojekt<br />
der Universität St. Gallen<br />
auch, wie innerhalb eines Unternehmens<br />
Entscheidungsprozesse für oder wider ei-<br />
nen Standort ablaufen. Es geht also um<br />
die Rolle der Akteure, um die Bedürfnisse<br />
des Firmenmanagements und der Beeinflusser<br />
wie Kunden oder Eigentümer usw.<br />
Das ist sehr spannend, weil wir uns bislang<br />
meist nur mit den Resultaten derartiger<br />
Entscheidungsprozesse beschäftigt<br />
haben, also mit den Anforderungen von<br />
Unternehmen an einen Standort, nicht<br />
aber damit, wie diese zustande kommen.<br />
Worin unterscheidet sich das Standortmanagement<br />
von der Re gio na lentwicklung?<br />
Bieger: Die Regionalentwicklung sucht<br />
den nachhaltigen Ausgleich zwischen Territorium,<br />
Ressourcen und Nutzern. Das<br />
Standortmanagement basiert auf den Resultaten<br />
der Forschung im Gebiet der Regionalentwicklung<br />
und beschäftigt sich<br />
mit der Steuerung von Standorten, wenn<br />
möglich aus nachhaltiger Sicht.<br />
Was bedeutet dies?<br />
Bieger: Integrierte Konzepte für die Entwicklung<br />
eines Standortes müssen im Sinne<br />
eines intergenerativen Ansatzes erfolgen.<br />
Es sind für künftige Generationen zusätzliche<br />
Optionen und Perspektiven zu<br />
schaffen. Entscheidend ist dabei aus wirtschaftlicher<br />
Sicht, dass Wertschöpfungspotentiale<br />
erschlossen werden und dies<br />
bei möglichster Schonung der natürlichen<br />
und kulturellen Ressourcen einer Region.<br />
Wertschöpfungspotentiale entstehen vor<br />
allem in drei Bereichen: 1) als Standort für<br />
das Wohnen, hier geht es beispielsweise<br />
um das Wohnortmarketing, 2) im Tourismus,<br />
dabei geht es um eine wettbewerbsorientierte,<br />
nachhaltige Tourismusentwicklung,<br />
und 3) als Standort für Wirtschaftsaktivitäten,<br />
in dieses Feld fallen moderne<br />
Ansätze des Managements von Branchenclustern,<br />
aber auch Firmenansiedlungen.<br />
Forschung im Bereich des Stand ortmanagements<br />
klingt nach ange wandt<br />
er Forschung<br />
Entscheidend bei der Entwicklung<br />
von Standorten ist, dass<br />
Wertschöpfungspotentiale<br />
erschlossen werden und dies<br />
bei möglichster Schonung der<br />
natürlichen und kulturellen<br />
Ressourcen einer Region.<br />
Bieger: Nicht nur. In der Wissenschaft<br />
unterscheiden wir zwei Ansätze: der positiv<br />
erklärende und der normativ empfehlende.<br />
Das Standortmanagement bewegt<br />
sich mehr im Bereich normativ empfehlend.<br />
Ich spreche gerne von handlungsorientierter<br />
Forschung.<br />
Das klingt jetzt alles immer noch<br />
sehr fachlich Können Sie uns, Herr<br />
Pechlaner, ein Beispiel für ein integriertes<br />
Standortkonzept nennen?<br />
Pechlaner: Nehmen wir als Beispiel das<br />
Stadtentwicklungsprojekt Bozen, Brixen<br />
und Meran, an dem auch das EUARC-<br />
Institut für Regionalentwicklung und<br />
Standortmanagement beteiligt ist. Ziel<br />
des Projekts ist es, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der drei Innenstädte zu fördern, indem<br />
sämtliche Akteure vernetzt vorgehen.<br />
Zunächst haben wir also anhand<br />
von Befragungen der Akteure aufgezeigt,<br />
wie es zurzeit um die Standorte steht.<br />
Dann haben wir mit allen Akteuren diskutiert,<br />
wohin sie wollen, um schließlich<br />
gemeinschaftlich eine integrierte strategische<br />
Entwicklung auszuarbeiten. In ihren<br />
Inhalten wird sie sich natürlich von<br />
Stadt zu Stadt unterscheiden. Bei der instrumentellen<br />
Umsetzung – Marketing,<br />
Infra strukturplanung und Steuerungspolitik<br />
– kann es aber durchaus zu Überschneidungen<br />
kommen.<br />
Welches sind die Stärken der <strong>EURAC</strong><br />
in Sachen integriertes Stand ort management?<br />
Pechlaner: Unsere Stärke ist die breite<br />
inhaltliche Palette, die wir bedienen können.<br />
Unsere Forscher kommen aus unterschiedlichen<br />
Bereichen und erarbeiten<br />
nicht nur Stadtentwicklungsprojekte,<br />
sondern beispielsweise auch ein integriertes<br />
Standortkonzept für das Antholzer<br />
Tal. Anlass waren die Sportgroßveranstaltungen<br />
in dem kleinen Pusterer<br />
Seitental. Die knapp 120.000 Zuschauer<br />
der Biathlon WM 2007 zeigten, dass auch<br />
Sport ein wichtiger Attraktionspunkt für<br />
einen Standort ergeben kann. Für die Zukunft<br />
planen wir, Antworten auf eine<br />
neue spannende Fragestellung zu suchen:<br />
Wie kann man Kultur für die Aktivierung<br />
von Standorten nutzen?<br />
Das Interview führte Sigrid Hechensteiner<br />
Thomas Bieger ist geschäftsführender Direktor<br />
des Instituts für öffentliche Dienstleistungen<br />
und Tourismus an der Universität St. Gallen.<br />
Harald Pechlaner ist Professor für Tourismus an<br />
der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.<br />
Gemeinsam mit Flavio Ruffini leitet er das<br />
<strong>EURAC</strong>- Institut für Regionalentwicklung und<br />
Standortmanagement.<br />
6 Dezember – Dicembre 2007 Dezember – Dicembre 2007 7<br />
Thomas Bieger