Ein Graukranich erobert Europa - Europäischer Wettbewerb
Ein Graukranich erobert Europa - Europäischer Wettbewerb
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Junges beschützen? Der Mann winkte die anderen heran. Auch sie kamen jetzt immer<br />
näher. Und dann ging alles ganz schnell. Sie umzingelten mich. Dann packte mich einer<br />
und stülpte mir eine schwarze Baumwollkapuze über damit ich nicht so in Stress gerate.<br />
Die Männer wogen mich, maßen mich und ich erhielt an den Beinen Ringe und Sender. Das<br />
Ganze dauerte nicht länger als 10 Minuten. Während der ganzen Aktion blieb ich vor<br />
Furcht und Angst ganz ruhig und bewegungslos. Später wurde ich wieder entlassen.<br />
Meine Eltern kamen zu mir und begutachteten erst einmal die komischen bunten Ringe<br />
und den Sender. Doch schon nach wenigen Tagen hatten ich und meine Eltern uns daran<br />
gewöhnt.<br />
Mit der Markierung durch Ringe und Sender kann man das<br />
Verhalten der Kraniche und der Natur in der sie leben erforschen<br />
und Daten erfassen, die für ihren Schutz erforderlich sind.<br />
Forscher in ganz <strong>Europa</strong> peilen mit mobilen Peilantennen<br />
besenderte Kraniche an. Die Werte werden alle 5 Minuten<br />
aufgezeichnet und in ein Computerprogramm eingearbeitet. Damit<br />
können Biologen den gesamten Tagesablauf eines Kranichs über die<br />
Ländergrenzen hinweg verfolgen. So können die Flugrouten, die<br />
bevorzugten Nahrungsplätze und das Leben und Verhalten der<br />
Kraniche, u. a. auch der <strong>Graukranich</strong>e erforscht werden. Nur durch<br />
diese vielen Informationen können wirksame Schutzprojekte<br />
erarbeitet werden. Seit 1998 werden Kraniche auch mit<br />
Satellitensendern bestückt. Die leichten Sender geben ständig Signale ab, die über<br />
Satelliten wieder zur Erde geleitet und ausgewertet werden. Entsprechend der<br />
Umlaufzeit der Satelliten kann man etwa alle 90 Minuten den genauen Standort<br />
ermitteln. Zugvögel kennen keine Grenzen - unter diesem Motto steht ein Projekt indem<br />
über das Internet zum ersten Mal weltweit die Flüge und Aufenthaltsorte der<br />
wandernden Vögel verfolgt werden können.<br />
<strong>Ein</strong> paar Wochen später, ich war etwa 11 oder 12 Wochen alt und konnte bereits fliegen,<br />
landeten andere <strong>Graukranich</strong>e in der Rügen-Bock-Region und fraßen sich Fettreserven<br />
für den langen Weiterflug an. Oft waren es große Gruppen. Es kamen immer mehr. Von<br />
Tag zu Tag wurde es voller auf Rügen. Hunderte, ach was, tausende waren es schon.<br />
Inzwischen fraßen ich und meine Eltern uns auch die erforderlichen Fettreserven an.<br />
Wir alle bevorzugen Mais den wir als Erntereste auf den Stoppelfeldern finden. Doch<br />
immer öfter ist nicht genug für alle da, dann finden wir auch die Neusaaten auf den<br />
Feldern sehr schmackhaft, zum Ärger der Bauern.<br />
Bislang erhielten die Bauern eine Ausgleichszahlung für ihre geplünderten Felder. Das<br />
war sehr teuer. Mittlerweile wird erfolgreich das Projekt „Ablenkfütterung“<br />
durchgeführt. In dem werden besondere Felder von den Bauern für Fütterungen zur<br />
Verfügung stellen. Dort wird extra für Kraniche Futter angebaut oder ein Teil der<br />
Ernte stehen gelassen, damit sie sich nicht über die Neusaaten auf den anderen Feldern<br />
hermachen. Das ist nicht nur besser für die Bauern sondern auch billiger für den Staat.<br />
Nach und nach wurde ich größer. Ich wuchs und wurde schwerer. Genau wie die anderen.<br />
Bis es endlich so weit war, es war Mitte Oktober, hatten wir uns alle viele Fettreserven<br />
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