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ask Familienberatungsstelle Hanau Jahresbericht 2005<br />
Sie erklärt als Grund für ihren Schritt, aus der gemeinsamen Wohnung auszuziehen, sie habe das<br />
Gefühl, ihrem Mann alles gegeben zu haben, aber zu wenig zurück zu bekommen. Sie sei durchaus<br />
an der Fortsetzung der Beziehung interessiert, aber diese müsse „anders“ werden.<br />
Deutlich <strong>wir</strong>d, wie sehr beide italienisch-stämmigen, katholischen, gut in Deutschland integrierten<br />
Menschen in ihren familiären Traditionen verhaftet sind. Beide haben die jeweiligen Schritte viel Mut<br />
und Überwindung gekostet: Sie löste sich von der Tradition, dass eine Ehefrau alles zu ertragen hat<br />
und beginnt ihre Wünsche nach einer neuen Gestaltung des Beziehungskontraktes zu artikulieren. Er<br />
reagiert nicht, wie man erwarten könnte, tief beleidigt und kompromisslos auf ihre „Provokation“,<br />
sondern beginnt zu versuchen sie zu verstehen und sein eigenes Verhalten in Frage zu stellen. Der<br />
Aushandlungsprozess zwischen den beiden gleichberechtigten Beziehungspartnern um die<br />
Neugestaltung ihrer Beziehung kann beginnen.<br />
Auch in unserer präventiven Arbeit hat die Unterstützung der Entwicklung<br />
partnerschaftlicher Beziehungsformen von Elternpaaren einen wichtigen Stellenwert. Wir<br />
unterstützen z.B. das Väterprojekt der „familienfreundlichen Kommune“ Hammersbach, die in<br />
unserem Einzugsgebiet liegt. In diesem Rahmen gestaltete der Autor dieses Artikels<br />
gemeinsam mit Dr. Harald Seehausen 35 zwei Seminare für Erzieherinnen der<br />
Hammersbacher Kindertagesstätten mit. Der Inhalt des einen Seminars war die<br />
Beschäftigung mit den Wandlungen der Vaterrolle. Die Hammersbacher Kindertagesstätten<br />
arbeiten intensiv an der Einbeziehung der Väter in ihren Alltag mit den Kindern. Die<br />
praktischen Erfahrungen sind von Karin Ortiz an anderer Stelle dokumentiert 36 .<br />
Das Thema des zweiten Seminars war die Auseinandersetzung mit Fragen einer<br />
geschlechterdemokratisch reflektierten Jungenerziehung. Die theoretischen Beiträge für<br />
dieses Seminar werden im Folgenden referiert.<br />
4. Beiträge zu einer geschlechterdemokratischen Jungenerziehung<br />
Im Vorfeld des Seminars sprachen die ErzieherInnen über ihre Beobachtungen, dass Mütter<br />
ihre Söhne häufig als wild, ungezügelt, schlecht zu lenken, unaufmerksam, wenig einfühlsam<br />
beschrieben. Nicht wenige der Mütter schlussfolgerten im Gespräch daraus, dass ihre Söhne<br />
früher oder später psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen würden müssen. Die<br />
Väter derselben Söhne erschienen eher gelassen bei der Erörterung dieser Beobachtungen<br />
und kamen nicht auf den Gedanken, die spätere Notwendigkeit von Psychotherapie für ihre<br />
Söhne zu erwägen.<br />
Im Seminar gingen die Teilnehmer nun nicht der Frage nach, ob die Einschätzungen der<br />
Mütter oder die der Väter über ihre Söhne die richtigeren seien. Vielmehr unterstellten <strong>wir</strong><br />
zunächst die Vermutung, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in den<br />
Verhaltensweisen von Jungen und Mädchen durch „ein komplexes Gefüge von biologischen<br />
Faktoren, Sozialisationsprozessen in Familien und Institutionen sowie Wahrnehmungs- und<br />
Zuschreibungsprozessen der sozialen Umgebung“ bedingt sein dürften.<br />
Um zielgerichtet und <strong>wir</strong>kungsvoll eingreifen zu können, wurde vorgeschlagen, sich<br />
intensiver mit geschlechtsspezifischen Wirkfaktoren der sozialen Umgebung<br />
auseinanderzusetzen. Es wurde die Frage gestellt, welche Leitbilder von Männlichkeit auf<br />
kleine Jungen <strong>wir</strong>ken.<br />
35<br />
Dr. Harald Seehausen, Frankfurter Agentur für Innovation und Forschung, FAIF, Vgl. Zeit in und für<br />
Familien.., Beitrag zum 7. Familienbericht des Bundes, Hrsg.:BAG der freien Wohlfahrtspflege e.V.<br />
u.a. 2004, S.25 ff.<br />
36<br />
K. Ortiz: Der andere Kindergarten – Kindergarten der Gemeinde Hammersbach, in Kita aktuell, Heft<br />
2/2004<br />
14