Download als PDF - Evangelische Akademikerschaft in Deutschland
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Thema Atheismus<br />
10<br />
Deshalb gelte es, den unaufgeklärten Schöpfungsund<br />
Gottesglauben endlich ad absurdum zu führen.<br />
Wie weit das geht, zeigen besonders deutlich die<br />
Forderungen der Giordano Bruno Stiftung anlässlich<br />
des Darw<strong>in</strong>-Jahres, e<strong>in</strong> “Evolutionsfeiertag” solle<br />
das Fest Christi Himmelfahrt ersetzen. Denn der<br />
Staat, so die Stiftung, müsse den Atheismus bei den<br />
Feiertagen gleichberechtigt berücksichtigen.<br />
Der Darw<strong>in</strong>ismus und die Theologie<br />
Dr. Gebhard Fürst<br />
Das ist der größere Kontext und H<strong>in</strong>tergrund: Aus<br />
e<strong>in</strong>em unterschwellig vorhandenen Agnostizismus<br />
ist e<strong>in</strong> offensiv auftretender und<br />
sich <strong>in</strong>szenierender “neuer Atheismus”<br />
geworden. Hierzu möchte<br />
ich gern Stellung beziehen.<br />
Deshalb zunächst konkret<br />
ist Bischof der<br />
Diözese Rottenburg-Stuttgart.<br />
Dieser Beitrag<br />
geht zurück auf e<strong>in</strong>en Vortrag, den<br />
der Verfasser erstm<strong>als</strong> auf dem<br />
Herbstfest des Bischofs <strong>in</strong> Stella<br />
e<strong>in</strong>ige Bemerkungen im Umkreis<br />
von Darw<strong>in</strong>’schem Evolutionsverständnis<br />
und christlichem<br />
Schöpfungsglauben. Unaufgeregten<br />
Zeitgenossen ist seit langem<br />
klar: Die Naturwissenschaften<br />
Maris, Stuttgart, am 20. September und die theologische Deutung<br />
2009 gehalten hat. Der mündliche der Weltentstehung gehen zu-<br />
Text wurde nur ger<strong>in</strong>gfügig überarnächst e<strong>in</strong>mal verschiedene<br />
beitet.<br />
Wege und dürfen nicht mite<strong>in</strong>ander<br />
vermischt werden.<br />
Berücksichtigt man diese<br />
Prämisse, lässt sich durchaus sagen: Die Evolutionstheorie<br />
ist, sofern sie nicht über ihre Methode<br />
h<strong>in</strong>ausgehende Aussagen trifft, grundsätzlich mit<br />
der Bibel und der kirchlichen Lehre vere<strong>in</strong>bar, da es<br />
sich dabei eben um zwei Sichtweisen auf e<strong>in</strong><br />
Geschehen handelt. E<strong>in</strong>erseits um die naturwissenschaftliche<br />
Erklärung, andererseits um die theologische<br />
Dimension und Deutung der Entstehung der<br />
Welt und der Schöpfung <strong>in</strong>sgesamt.<br />
Diese Klärung ist längst erfolgt. Sowohl Natur<strong>als</strong><br />
auch Geisteswissenschaftler s<strong>in</strong>d sich darüber<br />
e<strong>in</strong>ig, dass weder die Tatsache der Evolution noch<br />
die darw<strong>in</strong>istische Interpretation auf Fragen nach<br />
dem S<strong>in</strong>n beschriebener Ereignisse Antworten geben<br />
können. Denn Fragen über S<strong>in</strong>n und Bedeutung<br />
e<strong>in</strong>er Entwicklung liegen ausdrücklich jenseits des<br />
Bereichs der Naturwissenschaften (Vgl. zu diesem<br />
Themenkomplex <strong>in</strong>struktiv und fächerübergreifend:<br />
Klose, Joachim; Oehler, Jochen (Hrsg.), Gott oder<br />
Darw<strong>in</strong>? Vernünftiges Reden über Schöpfung und<br />
evangelische aspekte 4/2009<br />
Evolution, Berl<strong>in</strong> 2008). Man kann sich nur wundern,<br />
wie wenig <strong>in</strong> der derzeitigen – aus Anlass des<br />
Darw<strong>in</strong>-Jahres lautstark <strong>in</strong>szenierten – Diskussion<br />
Kenntnisse über die <strong>in</strong>tensive Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
der Theologie mit e<strong>in</strong>em evolutiven Weltverständnis<br />
wirksam s<strong>in</strong>d.<br />
Teilhard de Chard<strong>in</strong> – um e<strong>in</strong>en prom<strong>in</strong>enten<br />
Namen zu nennen – hat hier über viele Jahrzehnte<br />
Bedeutendes geleistet. Denn Teilhard war nicht nur<br />
e<strong>in</strong> brillanter Theologe, sondern auch e<strong>in</strong> Naturwissenschaftler<br />
und Forscher mit großen Kenntnissen<br />
gerade im Bereich der Evolutionsforschung. Mit se<strong>in</strong>em<br />
so klaren wie e<strong>in</strong>fachen Merksatz: “Gott macht,<br />
dass die D<strong>in</strong>ge sich selber machen”, baute er e<strong>in</strong>e<br />
tragfähige Brücke zwischen den verschiedenen<br />
Denk- und Deutungsmustern, mit denen Naturwissenschaft<br />
und Glaube die Entstehung der Welt erklären.<br />
Gott macht, dass die D<strong>in</strong>ge sich selber machen:<br />
Es wird <strong>als</strong>o ke<strong>in</strong> plumper Denkgegensatz zwischen<br />
den wissenschaftlichen Erklärungsmustern etwa der<br />
Evolutionsforschung und der Genetik e<strong>in</strong>er- und<br />
den Glaubenssätzen der Schöpfungserzählungen<br />
andererseits aufgebaut. Solche tiefer gehenden,<br />
heute aber weith<strong>in</strong> anerkannten Grundlagen der<br />
Verständigung werden von populistisch vere<strong>in</strong>fachenden<br />
Autoren bewusst ignoriert.<br />
Der Neo-Atheist Schmidt-Salomon zum Beispiel<br />
lässt die Held<strong>in</strong> se<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>derbuchs mit dem Titel<br />
Susi Neunmalklug erklärt die Evolution die Schöpfungserklärung<br />
ihres Lehrers mit Häme und Gelächter<br />
kommentieren: “E<strong>in</strong>en so doofen Gott kann es<br />
gar nicht geben! Gott ist so was wie e<strong>in</strong> Riesen-<br />
Osterhase für Erwachsene!” Für Susi Neunmalklug<br />
ist klar, dass alle<strong>in</strong> Urknall und Evolutionslehre <strong>als</strong><br />
Ursache und ausreichende Erklärung für die Entstehung<br />
von Welt und Menschen ausreichen.<br />
Hier wird auf den ersten Blick klar, dass diese<br />
Polemik ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>en modernen Gottes- und<br />
Schöpfungsglauben, sondern allenfalls dessen verkürzte<br />
Karikatur – den Kreationismus – trifft. Dieser<br />
vor allem <strong>in</strong> Amerika existierende Kreationismus<br />
erklärt die biblische Schöpfungsgeschichte für e<strong>in</strong><br />
naturwissenschaftliches Lehrbuch über die tatsächliche<br />
Entstehung des Universums und des Lebens.<br />
Die theologische Schöpfungslehre fragt dagegen,<br />
warum überhaupt etwas ist. Den Schöpfungsaussagen<br />
der Bibel geht es nicht um e<strong>in</strong>e Beschreibung<br />
des Wie, sondern um e<strong>in</strong> grundlegendes Verständnis<br />
für das Das des Se<strong>in</strong>s. Es fällt <strong>in</strong> die Kompetenz<br />
der Naturwissenschaften zu erklären, wie<br />
die Welt entstanden ist; auf dieser Ebene lassen sich