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Wir trauern um Hans-Eckhart Gumlich - Evangelische ...

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Nachruf auf<br />

Professor Dr.- Ing. <strong>Hans</strong>-<strong>Eckhart</strong> G<strong>um</strong>lich<br />

<strong>Wir</strong> <strong>trauern</strong> <strong>um</strong> <strong>Hans</strong>-<strong>Eckhart</strong> G<strong>um</strong>lich<br />

„Ja, der kann Physik erklären!“<br />

Das haben nicht nur seine Studenten nach den großen<br />

Vorlesungen von Professor G<strong>um</strong>lich im Audi Max der<br />

Technischen Universität in Berlin gesagt. Das haben<br />

auch wir im For<strong>um</strong> der <strong>Evangelische</strong>n Akademikerschaft<br />

gemerkt, wenn <strong>Hans</strong>-<strong>Eckhart</strong> G<strong>um</strong>lich uns in<br />

Vorträgen und Diskussionen über Weltentstehungstheorien,<br />

über elektromagnetische Wellen, Energie und<br />

Materie, über den gekrümmten Ra<strong>um</strong> und die Zeit in<br />

Staunen versetzt hat.<br />

Aber wichtig war für uns in der <strong>Evangelische</strong>n<br />

Akademikerschaft nicht nur die Fähigkeit des großen<br />

Hochschullehrers und experimentellen Physikers, seine<br />

Begeisterung und sein Wissen auch Menschen weiter<br />

zu vermitteln, die von Physik sonst nicht viel verstanden.<br />

Es war vor allem sein Bemühen, Physik und<br />

Theologie, Physik und Philosophie zueinander in 10. März 1926 + 23. Februar 2013<br />

Beziehung zu setzen, ohne dabei ihre Fragestellungen<br />

zu vermischen. Er hat einmal gesagt: „Die Physik hat mir gelegen, weil die Nähe zur<br />

Philosophie so stark ist.“ Und er hatte in jungen Jahren ja auch mal überlegt, Philosophie zu<br />

studieren. Aber <strong>um</strong>gekehrt wollte er auch daran festhalten: „Die Philosophie ohne sehr gute<br />

naturwissenschaftliche Grundlagen ist nichts.“<br />

Sein besonderes Interesse in der Physik galt der Elektrol<strong>um</strong>iniszens, die er schon in seiner<br />

Diplomarbeit in einem speziellen Effekt für sich entdeckt hatte. „Das ist einfach ein ganz<br />

elementarer Spaß, wenn es gelingt ein Kristall anhaltend z<strong>um</strong> Leuchten zu bringen!“ Dieser<br />

„Spaß“ führte den Diplomanden der TU 1953 dann gleich nach Paris in ein berühmtes<br />

physikalisches Forschungslabor an der Sorbonne. Später war er dann Projektleiter der<br />

westdeutschen Forschungsgruppe Elektrol<strong>um</strong>iniszens und weltweit verflochten mit der<br />

Forschungselite auf diesem Gebiet.<br />

Aber sein Interesse blieb nicht stehen bei den einzelnen Untersuchungen, sondern ging immer<br />

wieder zurück zu den wissenschaftstheoretischen Grundfragen. So beschäftigte ihn die Frage,<br />

wie heute nach dem Abschied vom mechanistischen Weltbild eine andere Physik zu entwickeln<br />

sei, eine Physik in der man nicht immer alles voraussagen kann. Für ihn als Physiker war das<br />

wohl zeitlebens die wichtigste Herausforderung. Aber der Physiker war bis in die letzten Wochen<br />

hinein auch neugierig darauf, zu erfahren, was in den Geisteswissenschaften geschah und in<br />

der Theologie gedacht wurde.


In der <strong>Evangelische</strong>n Akademikerschaft, der er mehr als sechs Jahrzehnte angehört hat, haben<br />

wir mit ihm seit vielen Jahren in einem Arbeitskreis über dieses weite und schwierig zu<br />

bestimmende Verhältnis von Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften und Theologie<br />

diskutiert. Als wir ihn einmal fragten, wie es bei ihm zu dieser Fragestellung zwischen den<br />

verschiedenen Wissenschaftsbereichen gekommen ist, hat er uns erklärt, sein Urgroßvater sei<br />

Pfarrer gewesen, sein Großvater Physiker, sein Vater wieder Pfarrer und er selbst wieder Physiker.<br />

Und er hat dann hinzugefügt: „Sie können sich vorstellen, dass da im Hause eine Spannung<br />

zwischen Theologie und Physik angelegt war.“ Dieses Spannungsverhältnis hat ihn wohl auch<br />

zu seiner ungewöhnlichen Bescheidenheit geführt und zu seiner Skepsis gegenüber den in<br />

allen Bereichen manchmal allzu laut vorgetragenen Wahrheitsansprüchen, zu Toleranz und<br />

sensiblem Umgang mit unterschiedlichen Denkansätzen. Mit großer Geduld hat er dabei unserer<br />

Ungeduld gewehrt, die wir manchmal vorschnell Erkenntnisse der verschiedenen<br />

Wissensbereiche verschmelzen und auf einen Nenner bringen wollten. Dabei hat <strong>Hans</strong>-<strong>Eckhart</strong><br />

G<strong>um</strong>lich dann gern den von ihm verehrten Carl Friedrich von Weizsäcker zitiert: „Es ist keine<br />

Schande und keine Gefährdung zuzugeben, dass die gedanklichen Probleme zwischen religiöser<br />

Wahrheit und modernem Bewusstsein ungelöst sind.“<br />

Unduldsam aber konnte er werden, wenn die Wissenschaft z.B. militärischen Zwecken dienen<br />

sollte. Als er während seiner Arbeit in den USA einmal aufgefordert wurde, seine Forschungen<br />

für ein angesehenes Militärinstitut weiter zu entwickeln, hat er seinem Chef kurz und knapp<br />

gesagt: „Da bin ich nicht der Richtige, dann machen wir mal was anderes.“<br />

Diese Haltung im Verhältnis von Physik und Rüstung hat er durchgehalten und hat diese Haltung<br />

auch seinen Studenten und Assistenten an der Technischen Universität in Berlin vermittelt.<br />

Und eine Menge Studenten kamen zu ihm: „Wann haben Sie denn mal Zeit?“ Das geschah<br />

auch weiter noch nach seiner Emeritierung. Sie kamen, <strong>um</strong> sich von ihm beraten zu lassen, in<br />

Fragen ihrer Forschung und deren gesellschaftlicher Bedeutung, in Fragen nach dem richtigen<br />

Studienschwerpunkt, in Lebenskrisen und auch mit materiellen Sorgen.<br />

Professor Dr.-Ing. <strong>Hans</strong>-<strong>Eckhart</strong> G<strong>um</strong>lich war für viele als Christ ein Mensch, der Orientierung<br />

vermittelte und ermutigte. Auch im Bewusstsein der fortschreitenden Krankheit ging dabei<br />

von ihm nichts Resignatives, nichts Klagendes aus. Eine fast heitere Gelassenheit hat ihn bis<br />

zuletzt nicht verlassen. Und wenn es in den Diskussionen spannend wurde, kam auch in den<br />

letzten Wochen in seine Augen manchmal ein fast jugendliches Funkeln. Er hat leben können,<br />

bis zuletzt.<br />

Und er hat dann auch das Leben loslassen können.<br />

Manfred Berg<br />

für das <strong>Evangelische</strong> For<strong>um</strong> Berlin-Brandenburg<br />

LV der Ev. Akademikerschaft in Deutschland<br />

Die Trauerfeier ist am 12. April <strong>um</strong> 10 Uhr in der Kirche am Stölpchensee

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