Predigt vom Sonntag, dem 25.1.2004 in Klein-Winternheim von ...
Predigt vom Sonntag, dem 25.1.2004 in Klein-Winternheim von ...
Predigt vom Sonntag, dem 25.1.2004 in Klein-Winternheim von ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Vom Evangelium geht also e<strong>in</strong>e Kraft aus, die Menschenleben verändert. Menschen, die <strong>von</strong><br />
der Botschaft Jesu ergriffen werden, spüren es, dass im Evangelium die Kraft Gottes, das<br />
Wirken Gottes offenbart wird, für Juden und Griechen, d.h. für alle Menschen, ohne<br />
Ausnahme. Paulus und Luther haben diese Kraft des Evangeliums gespürt und sich <strong>von</strong> ihr<br />
tragen lassen.<br />
Für Luthers Verständnis der Heiligen Schrift war diese Textstelle am Anfang des<br />
Römerbriefes <strong>von</strong> entscheidender Bedeutung. Jahrelang hat er sich mit Zweifeln<br />
herumgeschlagen, ja Todesängste ausgestanden; er fürchtete sich vor der Gerechtigkeit<br />
Gottes, denn wenn Gott wirklich gerecht urteilt, wer kann dann vor ihm bestehen? Erst als<br />
Luther begriff, was Paulus hier eigentlich formuliert hat, da wurde ihm leichter ums Herz.<br />
Und deshalb sollten auch wir noch e<strong>in</strong>mal ganz genau auf die Worte des Paulus hören: „Im<br />
Evangelium wird die Gerechtigkeit Gottes offenbart aus Glauben zum Glauben, wie es <strong>in</strong> der<br />
Schrift heißt: der aus Glauben Gerechte wird leben.“<br />
Es geht folglich nicht um die Gerechtigkeit, mit der Gott die Sünder bestraft, die ohneh<strong>in</strong> mit<br />
ihrer Sünde schon gestraft genug s<strong>in</strong>d, sondern um die, mit der er die Sünder gerecht spricht.<br />
Wer dieses Evangelium im Glauben annimmt, der wird leben.<br />
Was der Apostel Paulus hier schreibt, ist e<strong>in</strong>e ziemliche Herausforderung, auch für uns<br />
Menschen <strong>von</strong> heute. Es fällt uns nicht leicht, uns auf e<strong>in</strong>e Diskussion e<strong>in</strong>zulassen, was das<br />
denn alles für uns bedeutet.<br />
Denken wir nicht gerne, es gehe immer erst e<strong>in</strong>mal um die anderen. Wir, die wir hier im<br />
Gottesdienst versammelt s<strong>in</strong>d, haben doch das Heil. Die anderen, die nicht hier s<strong>in</strong>d, die<br />
nicht so s<strong>in</strong>d wie wir, die müssten das hören und sich zu Herzen nehmen.<br />
Wirklich? S<strong>in</strong>d es wirklich nur die anderen? Machen wir es uns nicht zu leicht? Aus der<br />
sicheren Lage der Nichtbetroffenen ist immer gut zu urteilen über andere, die so oder so<br />
betroffen s<strong>in</strong>d.<br />
Es gibt so e<strong>in</strong>e Stammstischrechthaberei, die immer gleich weiß, was für andere richtig und<br />
was falsch ist. Wie vere<strong>in</strong>fachend, ja verantwortungslos wird da mit Problemen umgegangen,<br />
wie z.B. der Stasi-Vergangenheit im Gebiet der ehemaligen DDR oder <strong>dem</strong> Schwangerschaftsabbruch.<br />
Wie schnell werden Menschen dann beurteilt - und auch abgeurteilt! Haben<br />
wir nicht oft genug schon die Faust <strong>in</strong> der Tasche geballt oder den Ste<strong>in</strong> ergriffen, mit <strong>dem</strong><br />
andere geste<strong>in</strong>igt werden sollten? Und je größer unser Eifer für e<strong>in</strong>e Sache ist, je mehr wir<br />
<strong>von</strong> unserer Me<strong>in</strong>ung überzeugt s<strong>in</strong>d, ist nicht auch desto radikaler die Ablehnung derer, die<br />
nicht so s<strong>in</strong>d wie wir?<br />
Was der Apostel Paulus mit se<strong>in</strong>em Römerbrief den Gläubigen damals - und uns heute -<br />
zumutet, ist zunächst e<strong>in</strong>mal der Verzicht auf diese Stammtischrechthaberei. Wir leben <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Welt der Sünde, und Paulus macht ganz deutlich, dass es den, der ohne Sünde ist, nicht<br />
gibt. Was kommt denn dabei heraus, wenn wir unsere Situation e<strong>in</strong>mal ehrlich nach eigenen<br />
Maßstäben bedenken? Wären oder waren wir denn frei <strong>von</strong> jeder Versuchung? Oder s<strong>in</strong>d wir<br />
nicht gar selber diesen oder jenen Irrweg gegangen? Was würde aus uns, wenn wir an den<br />
Maßstäben gemessen würden, mit denen wir andere messen wollen?<br />
- Seite 2 -