III / 2008 - Evangelische Kirchengemeinde Ober-Olm und Klein ...
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Andererseits ist die Zeit des Zwielichts<br />
auch die St<strong>und</strong>e, in der man, noch im<br />
Dunkeln im Bett liegend, langsam erste<br />
Konturen <strong>und</strong> Geräusche um sich<br />
herum wahrnehmen kann. Die Nacht<br />
beginnt spürbar zu schwinden. Die Umrisse<br />
der Möbel <strong>und</strong> der Gegenstände<br />
im Zimmer heben sich langsam voneinander<br />
ab. Schritte anderer Menschen<br />
sind von draußen zu hören. Beim ersten<br />
kurzen Blick durch das Fenster erhellen<br />
bereits Lichter die Straße. Vogelstimmen<br />
dringen mit ihrem Gezwitscher an<br />
das Ohr. In diesen Momenten empfindet<br />
man auch deutlich etwas von der endenden<br />
Nacht um sich herum.<br />
Mich erinnern diese Momente <strong>und</strong> Zeiten<br />
des Zwielichts mit den dabei aufkommenden<br />
Stimmungen immer wieder<br />
an die nun anbrechende Advents- <strong>und</strong><br />
Weihnachtszeit, die in mancherlei Hinsicht<br />
auch etwas Zwielichtiges an sich<br />
hat. Einerseits die ermutigende Botschaft<br />
des in der Welt aufscheinenden<br />
Lichts durch die Geburt des Christuskindes.<br />
Andererseits jene tagtäglich zu erfahrende<br />
Realität mit den dunklen Seiten<br />
des Lebens, die sich nicht<br />
aufzulösen scheinen.<br />
Der geistliche Liederdichter Jochen<br />
Klepper (1903-1942) hat diese Ambivalenz<br />
sehr treffend in seinem unvergänglichen<br />
Lied „Die Nacht ist vorgedrungen,<br />
der Tag ist nicht mehr fern“, (Ev. Kirchengesangbuch<br />
Nr. 16) ausgedrückt.<br />
Vielleicht nehmen Sie sich einmal die<br />
Zeit, den Text zu lesen oder das Lied in<br />
einem ruhigen Moment allein oder gemeinsam<br />
zu Hause zu singen.<br />
Denn in jenem Adventslied von Jochen<br />
Klepper wird das Dunkel der menschlichen<br />
Ängste <strong>und</strong> Nöte nicht klein geredet<br />
oder vom Licht, das es verkündet,<br />
überstrahlt. Denn jede <strong>und</strong> jeder weiß,<br />
dass einem das Dunkle der Nacht sein<br />
Leben lang begleitet, trotz der frohen<br />
Botschaft von Weihnachten. Doch ähnlich<br />
wie im Zwielicht des Morgengrauens<br />
hat die Helligkeit dieser Botschaft ihre<br />
Fühler bereits ausgestreckt. Und das ist<br />
der Gr<strong>und</strong>, warum Jochen Kleppers<br />
wehmütig klingendes Lied eher ein Lied<br />
ist, das Mut machen will <strong>und</strong> Hoffnung<br />
gibt.<br />
Wie im Morgengrauen, sagt dieses Lied,<br />
keimen unaufhaltsam Helligkeit <strong>und</strong><br />
Licht in einem auf. Es ist kein Licht in<br />
weiter Ferne, sondern ein Licht, dass<br />
sich der Nacht beimischt als der Beginn<br />
ihrer Auflösung, als Versprechen des<br />
anrückenden Morgens. Wie die Vögel<br />
des Sommers den Tag nicht erst begrüßen,<br />
wenn die Sonne zu scheinen<br />
beginnt; sondern jetzt, in der St<strong>und</strong>e des<br />
Zwielichts, die immer mehr zur St<strong>und</strong>e<br />
der Dämmerung wird, wo es zwar nicht<br />
mehr finster, aber auch noch nicht hell<br />
genug ist, die Furcht zu vertreiben.<br />
Für die kommende festliche Zeit <strong>und</strong> für<br />
das neue Jahr 2009 wünsche ich Ihnen<br />
bereits jetzt alles Gute <strong>und</strong> Gottes Segen.<br />
Ihr Pfarrer Ulrich Dahmer<br />
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