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Vesperkirche - Evangelisches Medienhaus

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Die Stuttgarter<br />

<strong>Vesperkirche</strong><br />

Ausgabe 2 | 2010<br />

Fazit ...<br />

Schülerin Fiona Breucker<br />

nach ihrem Praktikum: „Ich<br />

komme wieder.“<br />

Frisöre ...<br />

Lehmann & Hauser schneiden<br />

Haare hinterm Altar der<br />

<strong>Vesperkirche</strong>.<br />

Fotos ...<br />

Fotograf Thomas Rathay war<br />

einen Tag mit seiner Kamera in<br />

der <strong>Vesperkirche</strong> dabei.


„Ein Ort, wo man zuhört“<br />

Wie war‘s 2010? Drei Diakone ziehen vorläufige Bilanz Wir haben Besucher der Vesper<br />

kirche eingeladen, für die<br />

<strong>Vesperkirche</strong>nzeitung zu schrei­<br />

33 Tonnen Lebensmittel, der Bus legte rund 3.000 Kilometer zwi schen Küche und Kirche zurück, die Ärzte<br />

ben. Hier sind ihre Beiträge.<br />

legten viele Meter Verband auf … Doch Zahlen können kaum erfassen, was <strong>Vesperkirche</strong> bedeutet. Ich habe<br />

einige Hauptamtliche nach ihrer ganz persönlichen „Bilanz“ gefragt.<br />

Impressum<br />

Für den leitenden Diakon<br />

Wolfgang Nebel heißt<br />

<strong>Vesperkirche</strong> vor allem:<br />

Bege gnung. Begegnung mit<br />

Licht- und Schattenseiten:<br />

„Ich bin jedes Jahr neu<br />

erschro cken über sichtbare<br />

Armut. Nach sieben Jahren<br />

<strong>Vesperkirche</strong> kenne ich<br />

Menschen, denen es gesundheitlich immer schlechter<br />

geht. Mich freut’s aber auch, mit ihnen ein Stück<br />

Wegs zu gehen.“ Sich als Gastgeber zu verstehen sei<br />

eine gute Arbeitseinstellung. „Der, der jetzt da ist,<br />

für den möchte ich jetzt da sein. Und wenn er Hilfe<br />

braucht, dann schauen wir, was wir im Rahmen unserer<br />

Möglichkeiten tun können.“<br />

Herausgeber: Diakoniepfarramt im Evangelischen Kirchenkreis Stuttgart<br />

Gymnasiumstraße 36 | 70174 Stuttgart | Fon 0711 2068-181<br />

karin.ott@elk-wue.de | www.vesperkirche.de<br />

Spendenkonto 2 464 833 | BW-Bank (BLZ 600 501 01)<br />

Redaktion: Christoph Schweizer (cs), Karin Ott<br />

Druck: Offzin Chr. Scheufle, Stuttgart<br />

Satz + Gestaltung: Dietmar Hauber (<strong>Evangelisches</strong> <strong>Medienhaus</strong> GmbH, Stuttgart)<br />

Fotos: Thomas Rathay (Titel, S. 2, 4, 5, 8), Christoph Schweizer<br />

Als Gastgeberin versteht sich<br />

auch die Sozial arbeiterin<br />

Sabi ne Eickhoff: „Aus<br />

anfänglichen Sätzen wurden<br />

persönliche Gespräche.“<br />

Was sie 2010 besonders<br />

freut: „Mit der Band ist<br />

etwas Gemeinsames entstanden.“<br />

Schwer fällt ihr<br />

immer wieder die Konfrontation mit Drogen- und<br />

Alko holexzessen – „wenn unsere Gäste umfallen,<br />

nicht mehr ansprechbar sind. Es ist sehr schwer, zu<br />

sehen, dass manche keinen Weg finden, da rauszukommen.“<br />

Auch Diakonin Sylvia Grosser stellt die Begegnungen in den Mittelpunkt ihrer „Bilanz“:<br />

„Mir begegnen hier Menschen, die sich im Lauf der Zeit öffnen. Wo auch mal Tränen<br />

fließen. Menschen, die über das reden, was sie sonst geheim halten. Etwa die junge Frau,<br />

die hier mithilft und ihrer Tochter erzählt: ‚Mir geht’s so gut, weil ich wieder gebraucht<br />

werde!‘ Wenn man dazu die Freude in ihren Augen sieht ... Das hat viel mit Gemeinschaft<br />

zu tun, in der beides möglich ist. Lachen und Weinen.“<br />

Die Gäste seien im Durchschnitt älter geworden. Nach wie vor ist die <strong>Vesperkirche</strong> auch<br />

eine An lauf stelle für Drogenabhängige. „Es ist wichtig für sie, dass sie hier einen Ort<br />

haben, wo sie hinge hören. Wo man ihnen zuhört, wenn sie ihr Leid klagen.“<br />

<strong>Vesperkirche</strong> bedeutet Begeg nung. In diesem Heft können Sie von einigen dieser Begegnungen lesen.<br />

Gute Lektüre wünscht Christoph Schweizer<br />

Gastautoren ...<br />

Eine Station<br />

Peter: „Die <strong>Vesperkirche</strong> ist für<br />

mich eine Station am Tag.“<br />

Danke<br />

Alain B.: „Danke für das<br />

Gespräch, Medizin.“<br />

Grundstein für eine<br />

friedliche Welt<br />

Marco T.: „Ich bin das vierte<br />

Jahr in diese Kirche gekommen<br />

und bin nach wie vor dankbar<br />

für das Essen, den Kaffee und<br />

die netten Menschen, die dieses<br />

Angebot möglich machen. In<br />

diesem Jahr ist es mir be son-<br />

ders wichtig, hier sein zu dür-<br />

fen, da meine Frau im vergan-<br />

genen Jahr gewaltsam zu Tode<br />

kam. Ich bin nicht religiös, doch<br />

diese Kirche bietet mir Wärme<br />

und Abwechslung – sonst wüsste<br />

ich nicht, wohin mit mir und<br />

meinem Schmerz. Ich danke<br />

den hier tätigen Men schen für<br />

ihren Respekt vor all diesen<br />

verschiedenen Besuchern. …<br />

Ich wünsche mir eine friedliche<br />

und gewaltfreie Welt. In dieser<br />

Kirche wird dafür ein Grundstein<br />

gelegt! Dem begegne ich mit<br />

größtem Respekt.“


„Sich ne Scheibe von abschneiden“<br />

Schülerin Fiona Breucker hat zwei Wochen lang in der <strong>Vesperkirche</strong> mitgearbeitet<br />

Mein Fazit – eigentlich ganz viel! Man kann sich was<br />

abschauen von vielen Leuten hier, weil die mit so viel<br />

weniger glücklich sind und mit ihrer Situation zurecht<br />

kommen. Damit hätte ich nie gerechnet. Viele Leute<br />

wirken fröhlich, und dann erzählen sie was von ihrem<br />

Leben, und da ist schon so viel passiert … Ich weiß<br />

nicht, wie ich damit umgehen würde. Da kommen<br />

einem die eigenen Probleme so nichtig vor. Weil für<br />

mich Dinge selbstverständlich sind, die sind für viele<br />

hier definitiv nicht selbstverständlich. Zum Beispiel<br />

die tägliche Dusche, oder das warme Essen.<br />

Was mir aufgefallen ist: Es sollten ja alle mit staatlicher<br />

Unter stützung essen und leben können. Aber<br />

wenn’s hier Süße Stückchen gibt, dann entsteht eine<br />

riesen Schlange, und es gibt richtig Tumult. Da hab<br />

ich kapiert: Das gibt’s für die Gäste sonst nie. Sie<br />

kaufen sich nur das Nötigste.<br />

Gestern war eine Begegnung, das hat mich beeindruckt<br />

und auch mitgenommen. Der Mann hat von<br />

Haare schneiden hinter dem Altar<br />

Ehrenamtlich engagiert: Ute Lehmann und Alexander Hauser<br />

Haare schneiden, gegen Grippe<br />

impfen, Brote schmieren – in der<br />

<strong>Vesperkirche</strong> geht es um mehr als<br />

um einen Teller Suppe. Aus der<br />

<strong>Vesperkirche</strong> 2010 nicht wegzudenken:<br />

die Frisöre.<br />

Hinter dem Altar steht ein großer<br />

Lichtstrahler. An der Wand<br />

Der Frisörsalon in der <strong>Vesperkirche</strong><br />

ist ein großer Spiegel befestigt.<br />

Davor sitzen zwei Besucher der<br />

<strong>Vesperkirche</strong>. Sie bekommen von<br />

den Frisören Ute Lehmann und<br />

Alexander Hauser – Inhaber von<br />

Leh mann & Hauser Friseure –<br />

einen neuen Haarschnitt verpasst.<br />

Die Arbeit mache Spaß, und: „Wir<br />

seinem ganzen Leben erzählt. Dann hat er angefangen<br />

zu weinen. Und er war groß und wirkte stabil,<br />

der hätte mein Vater sein können. Wenn so ein<br />

erwachsener Mann plötzlich Gefühle zeigt, wo man’s<br />

nicht gedacht hätte, dass der sich so öffnet …<br />

Das hat mich sehr beeindruckt. Ich werde es meinen<br />

Mitschülern auf jeden Fall empfehlen und auch selbst<br />

wiederkommen. Ich habe selten so viele Erfahrungen<br />

in zwei Wochen gemacht wie hier! Ich habe gestern<br />

eine Stunde mit je mand geredet, der hat mir von<br />

seiner Italienreise erzählt. An was der sich noch erinnert<br />

hat! Er hat mir erzählt, was für Fische er damals<br />

gesehen hat. Und da dachte ich: Das muss man mehr<br />

zu schätzen wissen, wenn man Rei sen macht. Dass<br />

er so glücklich ist, da kann man sich echt ne Scheibe<br />

von abschneiden. Die Reise war in seiner Jugend,<br />

und der Mann ist jetzt über sechzig, Wahn sinn! Er hat<br />

immer noch ge strahlt, als er mir das erzählt hat!<br />

aufgeschrieben von cs<br />

wollen helfen“, sagen die beiden.<br />

Ein Freund hat ihnen von der<br />

<strong>Vesperkirche</strong> erzählt und der erste<br />

Gedanke der beiden Haarstylisten<br />

war: „Wir machen da mit.“ Es<br />

sei toll, mit seinem Handwerk<br />

etwas Nützliches tun zu können,<br />

so Lehmann. „Es kommt so viel<br />

herzliche Dankbarkeit zurück,<br />

dass man diese Arbeit wirklich<br />

sehr gerne macht.“ Jeden Montag<br />

sind Lehmann und Hauser in der<br />

<strong>Vesperkirche</strong> zugange. „Kamm<br />

und Schere – mehr brauchen wir<br />

nicht.“ Spiegel und Stühle können<br />

die beiden für die Zeit, in der die<br />

<strong>Vesperkirche</strong> stattfindet, in der<br />

Kirche stehen lassen. „Wer mit<br />

gewaschenen Haaren kommt, der<br />

Sie können Fiona hören – im<br />

„Hör­Tagebuch“ auf:<br />

www.vesperkirche.de<br />

bekommt einen Haarschnitt“, sagt<br />

Lehmann.<br />

Manche Gäste seien sehr<br />

ge sprächs bereit. Erzählen von<br />

ihren Lebenserfahrungen, von<br />

ihren Problemen als Hartz IV-Empfän<br />

ger oder über ihre ge schei terte<br />

Ehe. „Manche wollen aber auch<br />

anonym bleiben und sagen kein<br />

Wort.“ Aber nicht nur die Haare<br />

können neu in Form gebracht werden.<br />

Wem es nicht so gut geht, der<br />

kann auch einen Arzt aufsuchen. In<br />

der Magdalenenkapelle versorgen<br />

sechs ehrenamtliche Ärztinnen<br />

und Ärzte die Besucherinnen und<br />

Besucher medizinisch.<br />

Yvonne Weirauch<br />

(Cannstatter Zeitung)


Ein Tag im Januar<br />

Der Fotograf Thomas Rathay hat<br />

einen Tag in der <strong>Vesperkirche</strong> mitgelebt.<br />

Dies sind seine Eindrücke.


Gastautoren ...<br />

Heimat für Heimatlose<br />

Eva Lang: „Diese Kirche ist<br />

für mich ein ganz besonderer<br />

Ort. Meine Eltern wurden<br />

hier vor 70 Jahren getraut.<br />

… Später, als Chorsängerin<br />

bei den Stuttgarter Choristen,<br />

hatten wir viele unvergessliche,<br />

schöne Konzerte in der<br />

Leonhardskirche. … Da wir alle<br />

nur ‚Gast auf Erden’ sind, ist<br />

die Begegnung mit Menschen<br />

jenseits der ‚bürgerlichen<br />

Norm’ eine Bereicherung …<br />

<strong>Vesperkirche</strong> ist für mich<br />

gelebtes Christentum, Arbeit<br />

am Kosmos der Liebe und<br />

Brüderlichkeit. Etwas sehr<br />

Zukünftiges. Ein Ort der Liebe.<br />

Heimat für Heimatlose ...“<br />

Nie mehr soll es passieren<br />

Renate (pseudonym): „Schön<br />

war, beim Brotverteilen eine<br />

junge Kollegin zu treffen.<br />

Eine mit Träumen, Plänen,<br />

Hoffnungen! So war ich auch<br />

in diesem Alter. Diese junge<br />

Frau könnte meine Enkelin sein.<br />

Große Augen, viel Interesse,<br />

als sie hörte, ich hatte einst<br />

den gleichen Beruf und wollte<br />

einst ganz viel daraus machen.<br />

Staunen, eher Nachdenklichkeit<br />

bei ihr, zu hören, dass Lebensumstände<br />

… zu ganz großen<br />

Abweichungen führen können.<br />

Nie mehr sollte es passieren,<br />

dass eine Mutter nach langer<br />

Reha-Arbeit für ihr behindertes<br />

Kind, nach dieser Berufspause,<br />

derartige soziale und berufliche<br />

Nachteile vorfindet, dass sie<br />

darüber resigniert und in der<br />

<strong>Vesperkirche</strong> steht, um Brot<br />

und Mindestzuwendung zu<br />

erbitten!“


„Hier bin ich Mensch“<br />

Zum Lesen und Hören: Die Serie „Begegnungen in der <strong>Vesperkirche</strong>“<br />

Ganz schön spannend, was man<br />

zu hören kriegt, wenn man in der<br />

<strong>Vesperkirche</strong> hin und wieder sein<br />

Aufnahmegerät auspackt und<br />

sich in ein Gespräch begibt.<br />

Zum Beispiel mit Praktikantin<br />

Anne Matthäus und Gast Alexander<br />

an der Kaffeetheke. Anne<br />

berichtet mir gerade, was sie an<br />

der <strong>Vesperkirche</strong> beeindruckt:<br />

„Ich find’s gut, dass man auch<br />

die andere Seite sehen kann.<br />

Dass es Begegnungen gibt.“ Und<br />

schon ereignet sich eine, weil<br />

Alexander sich einklinkt: „Mit mir<br />

zum Beispiel. Mal die andere Seite<br />

sehen. Die Leut’, die’s ein bissle<br />

schwerer haben.“<br />

Diese Begegnungen und<br />

noch einige mehr können<br />

Sie anhören im Internet<br />

unter www.vesperkirche.de<br />

im „Hör­Tagebuch“<br />

Die Gäste Reinhard Brandstetter<br />

und Ursula Jüsche finden: „Man<br />

ist oft alleine auf der Bude. Wenn<br />

<strong>Vesperkirche</strong> ist, kommst du aus<br />

dem Haus raus. Du wirst ja sonst<br />

faul und träg, wenn du ganz allei-<br />

Die Band<br />

Auch diese beiden kann man auf www.vesperkirche.de anhören:<br />

Reinhard Brandstetter und Ursula Jüsche<br />

ne bist. Hier trifft man Leute!“<br />

Beeindruckend das Gespräch<br />

beim Frisör Alexander Hauser. Es<br />

beginnt mit Frisurwünschen und<br />

hört bei der großen Sozial- und<br />

Ge sundheitspolitik noch lange<br />

nicht auf. „Gesundheit ist halt<br />

auch eine Sache des Geldes“, sagt<br />

Gast Stefan Heppeler. Er hat eine<br />

langwierige Krankheit. „Wenn man<br />

Hartz-IV-Empfänger ist, zur Zeit<br />

noch am Jahresanfang seine Arztkosten<br />

selber zahlen muss, ist das<br />

problematisch. Ich kann mir zum<br />

Beispiel kaum gesundes Es sen<br />

leisten, kein Obst, weil es teu er<br />

ist zur Zeit.“ Für vieles gebe es<br />

zwar Zuschüsse – „aber da muss<br />

man auf dem Amt betteln. Ich<br />

finde das menschenunwürdig.“<br />

Da wird ein Besuch beim Vesperkir<br />

chenfrisör zur Wohltat: „Für<br />

mich ist das eine gewisse Selbst-<br />

ver wirklichung, dass ich noch was<br />

wert bin. Armut isoliert einen. Ich<br />

bin ein Mensch, der was denkt und<br />

was fühlt. Wenn ich zu Hause hock<br />

und kann nirgends hin, weil ich<br />

alles Geld in die Fa milie reinstek-<br />

ke, dann genieße ich die Zeit, die<br />

ich hier bin. Denn hier werde ich<br />

behandelt wie ein Mensch.“ cs<br />

Jeden Donnerstagabend proben sie: 15 Gäste und Mitarbeiterinnen<br />

der <strong>Vesperkirche</strong> bilden die erste <strong>Vesperkirche</strong>nband mit Chor. Ihr<br />

großer Auftritt ist beim Abschlussgottesdienst am 6. März. „Es ist ein<br />

gigantisches Gemeinschaftserlebnis“, schwärmt Sängerin Monika.<br />

Otto Hartmann freut sich über „eine gute Liedauswahl“ und findet es<br />

„beruhigend, dass wir von Profis begleitet werden“. Die Profis, das sind<br />

drei bekannte Namen aus der Stuttgarter Jazz- und Kleinkunstszene:<br />

Roland Baisch („Count Baischy“), Tobi Bodensiek am Bass und<br />

Sebastian Müller-Schrobsdorff am Klavier.<br />

Eine neue<br />

Erfahrung<br />

Michael Krier war als „Stühlewechsler“<br />

bei der <strong>Vesperkirche</strong>.<br />

Nein, seine Aufgabe war es nicht,<br />

Stühle rein- und rauszutra gen. Wie<br />

hunderte andere Ehren amtliche<br />

schmierte Michael Krier Brote,<br />

schenkte Kaffee aus, schöpfte<br />

Mittagessen. Stühle wechs ler<br />

ist er, weil er über das Pro jekt<br />

„Stühlewechsel“ zur <strong>Vesperkirche</strong><br />

kam. Sein Arbeitgeber ist das<br />

So zial minis terium Baden-Würt-<br />

tem berg. „Stühlewechsel“ soll<br />

den Ministerialen eine Woche lang<br />

Einblicke in die Arbeit sozia ler<br />

Einrichtungen vor Ort ermög li-<br />

chen. Also dort, wo die Sozialge<br />

setze und Verordnungen sich<br />

kon kret auswirken.<br />

„Am besten war die Speise- und<br />

Getränkeausgabe, da kommt<br />

man mit den Gästen in Kontakt“,<br />

berichtet Krier. Beeindruckt<br />

hat ihn, „wie aufmerksam man<br />

sein muss für all das, was sich<br />

hier um einen abspielt. Das<br />

sind Erfahrungen, die man am<br />

Schreibtisch nicht macht.“ Bei<br />

Gesprächen mit Gästen hat er<br />

gestaunt, „was das Leben alles<br />

zu bieten hat“. Etwa der junge<br />

Mann vom Lande, den ein Unfall<br />

aus der Bahn geworfen hat und<br />

der sich in der Stadt ein neues<br />

Leben aufgebaut hat. Krier: „Das<br />

war sehr persönlich, das hat mich<br />

berührt.“ cs


Nach der <strong>Vesperkirche</strong><br />

ist vor der <strong>Vesperkirche</strong><br />

44 Wochen im Jahr ist die Leonhardskirche eine mehr oder weniger „ganz normale“ Kirche. Doch jedes Jahr<br />

Anfang Januar wird die Kirche zur Baustelle. Kirchenbänke werden herausgetragen und schwere Bodenplatten<br />

verlegt, um den empfindlichen Sandsteinboden der Kirche zu schützen. Doch die eigentlichen Vorbereitungen<br />

haben schon viele Monate zuvor begonnen. Denn nach der <strong>Vesperkirche</strong> ist vor der nächsten <strong>Vesperkirche</strong>.<br />

März<br />

Kaum ist die <strong>Vesperkirche</strong><br />

Anfang März<br />

been det, rü cken<br />

haupt- und ehren-<br />

amtlich Mit arbeitende<br />

zum Abbau an. Tische, Stühle,<br />

hauswirtschaftliche Gerätschaften<br />

kommen zurück in Waldheime<br />

und Container, die Kirchenbänke<br />

werden wieder eingebaut.<br />

Das Team der Hauptamtlichen<br />

schaut<br />

zurück und wertet<br />

aus: Was ist<br />

gelungen und hat sich<br />

bewährt? Welche Anregungen<br />

und Ideen gibt es von Gästen<br />

und Mitarbeitenden? Was können<br />

wir nächstes Jahr noch besser<br />

machen?<br />

April<br />

- Mai<br />

Juni<br />

- Aug.<br />

Berichte in Gremien und<br />

Gemeinde grup pen,<br />

Öffentlichkeitsarbeit, Aus tausch<br />

mit anderen <strong>Vesperkirche</strong>n,<br />

Kontakte mit anderen diakonischen<br />

und sozialen Einrichtungen.<br />

Erste Überlegungen für das<br />

neue Programm „Kultur in der<br />

<strong>Vesperkirche</strong>“.<br />

Sept.<br />

Die Planungen nehmen<br />

konkrete Gestalt<br />

an: Ge staltung des<br />

Kul tur-Pro gramm-<br />

hefts, Fest le gung der<br />

Themen für Ver an staltungen wie<br />

beispielsweise das Politische<br />

Nacht gebet. Küchenpersonal und<br />

Fahrer werden gewonnen.<br />

Okt.<br />

Kontaktaufnahme mit<br />

den Ehrenamt li chen,<br />

mit den Schulen,<br />

mit der Kü chen -<br />

lei tung, mit den Spon -<br />

soren usw. Bestel lungen, techni-<br />

sche Ab spra chen. Adressliste der<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

pflegen.<br />

Nov.<br />

Vorbereitungstreffen<br />

mit den verschiedenen<br />

Teams (Frühdienst,<br />

Ver ant-<br />

wort liche in der Haus wirt -<br />

schaft …). Planung: Wer ist wann<br />

im Einsatz? Liefertermine werden<br />

vereinbart.<br />

Dez.<br />

Einkäufe, Bestel lun gen,<br />

Treffen mit dem Putz-<br />

und Auf bauteam,<br />

letzte Absprachen<br />

und Termine (der „Fein-<br />

schliff“). Presse konferenz.<br />

Jan.<br />

Letzte Einkäufe, Auf-<br />

bau. Die Vesper kirche<br />

2011 startet!<br />

cs<br />

Süße<br />

Lieferung<br />

Seit fünf Jahren kommt Dieter<br />

Ruf mit einer Schülergruppe in<br />

die Stuttgarter <strong>Vesperkirche</strong>. „Wir<br />

machen das im Rahmen des<br />

Projektes über Sozia les Lernen“,<br />

berichtet der Schul leiter und<br />

Religionslehrer der Werkrealschule<br />

Sonnenberg schule. „Es geht uns<br />

um Sensibi lisierung. Die Schüler<br />

sollen mitdenken, mitfühlen und<br />

handeln. Sie bekommen hier die<br />

Chance, sich mit Menschen am<br />

Rand der Gesellschaft auseinanderzusetzen.“<br />

Handeln bedeutet in diesem Fall,<br />

dass die 32 Schülerinnen und<br />

Schüler – oder ihre Mütter –<br />

Kuchen und Gebäck für die Vesper<br />

kirche gebacken ha ben. Diese<br />

Bereicherung des Speise plans<br />

wird von vielen Vesper kirchgästen<br />

mit Applaus angenommen.<br />

„Ich find’s gut, dass wir hier sind“,<br />

sagt Schüler Marlin Rei chert. Er<br />

freut sich, „Armen Men schen,<br />

Behinderten, Leuten mit Aids<br />

helfen zu können.“ Sein Ein-<br />

druck nach dem ersten Besuch<br />

der Stuttgar ter <strong>Vesperkirche</strong>:<br />

„Hier sind alle sehr freundlich.<br />

Die Menschen haben eine tolle<br />

Ausstrahlung“. Mit seinem Nebensitzer<br />

hat er rasch ein ge meinsames<br />

Thema gefunden: „Wir<br />

haben über Fußball geredet.“ cs


Tipps<br />

vom Küchenchef<br />

Toast mit Kohlrouladen<br />

Zutaten: Toastbrot, Kohlrouladen,<br />

Champignons,<br />

Zwiebeln, Schmelzkäse<br />

Das Brot vortoasten.<br />

Kohlrouladen in ca. 1 cm<br />

dicke Scheiben schneiden.<br />

Etwa 4 Rouladenscheiben auf<br />

eine Toastscheibe legen.<br />

Champignons in Scheiben und<br />

geröstete Zwiebeln drauf,<br />

mit Schmelzkäse belegen.<br />

Im Ofen überbacken.<br />

<strong>Vesperkirche</strong> trauert um Daggi<br />

Am 17. Februar ist Dagmar<br />

Wen delken – den meisten be -<br />

kannt als Daggi – nach schwerer<br />

Krankheit verstorben. Im<br />

Auftrag der Schwäbischen Ta fel<br />

Stuttgart e.V. lieferte sie über<br />

viele Jahre der <strong>Vesperkirche</strong><br />

das Brot. In aller Frühe stand<br />

sie morgens im Hof der Bäcke -<br />

r ei Sehne und packte zahllose<br />

Brotkisten – für „ihre“ Vesperkir<br />

che war ihr nur das Beste<br />

gut genug. Egal, ob die Straßen<br />

trocken oder vereist waren, auf<br />

Daggi war Verlass, dass das<br />

Brot pünkt lich in der Vesper kirche<br />

an kam. Mit ihrer ruhigen<br />

und offe nen, den Menschen zu -<br />

ge wandten und herzlichen Art<br />

ist sie uns und vielen ans Herz<br />

ge wachsen. Sie fehlt uns. In<br />

Got tes Hand wissen wir sie<br />

geborgen.<br />

Im Namen der <strong>Vesperkirche</strong><br />

Diakoniepfarrerin Karin Ott<br />

Hochland Kaffee Rösterei für ca. 1 Tonne Kaffeepulver<br />

und Tee, mit denen täglich frisch die heißen<br />

Getränke aufgebrüht werden | Bäckerei Sehne und<br />

Bäckerei Kettinger für rund 130.000 Brot schei ben<br />

für die Vesperbrotbeutel und Bäckerei Frank für das<br />

Brot zum Eröffnungs gottesdienst | Bäckerei Sailer<br />

für 500 frische Dampfnudeln jeden Mittwoch nachmittag<br />

zu Kaffee und Tee | Kirchen gemeinden,<br />

Frau en kreisen und Schul klassen für die zahlreichen<br />

selbstgebackenen, le ckeren Kuchen | Löwen brau erei<br />

Hall für unzählige Kisten Mineral wasser | Ärzteteam,<br />

Schwanen­Apotheke und GEHE Pharma ­<br />

handel für die medizinische Hilfe | Lehmann &<br />

Hauser Friseure für ihren unermüdlichen Einsatz<br />

jeden Montag | Stuttgarter Zeitungsverlag für die<br />

große Auswahl an Tageszeitungen | <strong>Evangelisches</strong><br />

<strong>Medienhaus</strong> GmbH für redaktionelle Unterstützung,<br />

das Layout und Gestaltung der <strong>Vesperkirche</strong>n-<br />

Zeitung | Roland Baisch, Mini Schulz & Studierenden<br />

der Musikhochschule für das künstlerischmusi<br />

ka lische Coaching der neu gegründeten <strong>Vesperkirche</strong>n-Band<br />

| den Organisten für die musikalische<br />

Bereicherung der <strong>Vesperkirche</strong>n-Andachten und der<br />

Gottesdienste | allen Künstlerinnen und Künstlern,<br />

die durch ihre Benefizkonzerte die Reihe „Kultur<br />

in der <strong>Vesperkirche</strong>“ möglich machen und Püpcke<br />

Kulturmarketing für die Programmgestaltung und<br />

Organisation | der Malerin Leonie E. Maier,<br />

Nilgün Tasman & den Bosporus Schwaben e.V.<br />

für ihren großherzigen Einsatz zugunsten der<br />

<strong>Vesperkirche</strong> | allen fleißigen Socken-, Mützenund<br />

Schal-Stricker innen | allen, die uns Saft,<br />

Eier, Obst und vieles andere mehr, spendiert<br />

haben | allen Schulklassen, Konfirmandengruppen,<br />

Verei nen, Organisationen, die mit vielfältigen<br />

Aktio nen die <strong>Vesperkirche</strong> unterstützen | allen<br />

Stutt garter Geschäften, die uns mit Rat und Tat<br />

Dankeschön!<br />

Wir danken von Herzen allen, die auch in diesem Jahr so engagiert und tatkräftig<br />

dazu beigetragen haben, dass die <strong>Vesperkirche</strong> zu einem Ort der Begegnung<br />

und Zuwendung, zu einem Zeichen dafür, dass die Würde eines jeden Menschen<br />

unantastbar ist, werden konnte.<br />

zur Seite stehen | allen Stuttgarter Behörden,<br />

Dienst stellen und Einrichtungen, die mit ihrer<br />

Arbeit die Aktion <strong>Vesperkirche</strong> unterstützen | dem<br />

Evang. Kirchenkreis Stuttgart, allen Einrichtungen<br />

der Diakonie und Caritas für ihre Begleitung und<br />

Beratung | allen ungenannte Gebliebenen, die uns<br />

unzählig Gutes tun und zukommen lassen.<br />

Ein besonderer Dank gilt allen Ehrenamtlichen und<br />

Hauptamtlichen, dem Küchen­ und Spülteam unter<br />

der Leitung von Dieter Grabowski, unseren Fahrern<br />

& dem Putzteam, die sich jeden Tag mit ihrer Zeit<br />

und Kraft einbringen und allen Spenderinnen und<br />

Spendern, die uns finanziell unterstützen und so<br />

<strong>Vesperkirche</strong> möglich machen. Unser Dank gilt<br />

auch der Leonhardsgemeinde für die herzliche<br />

Gastfreundschaft, mit der sie die <strong>Vesperkirche</strong> jedes<br />

Jahr in der Leonhardskirche willkommen heißt.<br />

So können Sie uns unterstützen:<br />

Die <strong>Vesperkirche</strong> finanziert sich allein aus Spenden:<br />

Wer mithelfen möchte, kann das ganze Jahr über<br />

Geld spenden. Wer andere zum Essen einladen<br />

will, kann in der Adventszeit in allen Stuttgarter<br />

Kirchengemeinden Essensgutscheine kaufen und sie<br />

an all die weiter verschenken, die er zum Essen in<br />

der <strong>Vesperkirche</strong> einladen möchte. Wer mitarbeiten<br />

möchte oder wer die <strong>Vesperkirche</strong> mit Spenden seines<br />

Unternehmens oder seiner Firma unterstützen<br />

will, kann sich wenden an:<br />

Evang. Kirchenkreis Stuttgart<br />

Diakoniepfarramt – Pfarrerin Karin Ott<br />

Gymnasiumstr. 36, 70174 Stuttgart<br />

Telefon 0711 2068-181<br />

diakoniepfarramt.stuttgart@elk-wue.de<br />

Spendenkonto <strong>Vesperkirche</strong>: Konto 2 464 833<br />

BW-Bank Stuttgart (BLZ 600 501 01)

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