26.08.2013 Aufrufe

pdf (98 KB)

pdf (98 KB)

pdf (98 KB)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

deshalb kann er nicht in das Lob der Schöpfung einstimmen. Er wird auch nie<br />

erahnen, was das heißen mag: ‚der Berg ruft‘.<br />

Aber die Welt der Berge ist nicht nur eine Welt der Bilder und der Stimmen,<br />

eine beschaubare und belauschbare Welt. Sie ist auch eine Welt der Füße,<br />

eine begehbare Welt. Man muß sie abschreiten, Schritt für Schritt, einen Fuß<br />

vor den anderen, über den anderen, neben den anderen. In beiden<br />

Dimensionen des Raums, in der Horizontalen und in der Vertikalen; und in<br />

beiden Richtungen der Wegstrecke, hin und her, von unten nach oben und<br />

von oben nach unten.<br />

In der ersten Hälfte des Tages der stundenlange Aufstieg zuerst auf einem<br />

weichen Saumpfad über die Almen; das tut den Füßen gut. Dann mit<br />

staubigen Stiefeln über die Schuttreiße bis zu den Felswänden; das verlangt<br />

Kondition. Und endlich über den ausgesetzten Grat auf den Gipfel, ans Kreuz;<br />

das macht den Menschen rundum glücklich. Immer wieder ein anderer<br />

Bewegungsablauf, ein anderes Körpergefühl, eine andere geistige und<br />

seelische Verfassung. In der zweiten Tageshälfte den der kräftezehrende<br />

Abstieg, wo einem die Schwerkraft in die Glieder zieht und die Muskeln zu<br />

vibrieren anfangen. Auf dem Hinweg folgen wir den Spuren der anderen,<br />

immer im gleichen Rhythmus. Und auf dem Rückweg begegnen wir uns selbst<br />

wieder, den Eindrücken, die wir im Reich der Berge hinterlassen haben.<br />

Die Bergwelt ist die Welt der gestiefelten Füße. Und für die, die sich höher<br />

hinauf wagen, ist sie auch eine Welt der Oberschenkel und der Unterarme,<br />

der Schultern und der Hände. Wer von einer Bergtour zurückkehrt, weiß, was<br />

er geleistet hat; er spürt es in seinem Körper, bis in die letzten Fasern seiner<br />

Muskeln. Man kommt nicht von allein auf den Berg; und man kommt auch<br />

nicht von selbst wieder herunter. Der Berg will bezwungen werden, gleich<br />

zweimal: zuerst wenn er uns beim Aufstieg zusieht und dabei mit kritischem<br />

Blick mustert, und dann wenn er uns beim Abstieg nachblickt und sich seinen<br />

Teil denkt. Manchmal kommt man dann selbst ins Grübeln und fragt sich:<br />

warum tust du dir das eigentlich an?<br />

Ganz einfach: Es ist das Gespür für den eigenen Körper, das das Berggehen<br />

und das Bergsteigen zur Passion werden läßt, zu einer Leidenschaft, die den<br />

ganzen Körper durchzieht, von den Füßen über die Beine und den Rücken bis<br />

in den Kopf: Die Rhythmik der Bewegungen, die Balance der Gliedmaßen, der<br />

Akkord der Muskeln. Ist das nicht ein Wunder, wie alles in mir<br />

zusammenspielt, das Herz, der Atem, die Sehnen und Gelenke? Und nicht nur<br />

der Körper, auch der Geist und die Seele spielen mit, alles im Einklang<br />

miteinander. Wie ein Konzert, vollendete Harmonie. ‚Mich‘ ruf ich dann den<br />

Blumen zu, den Bergen und den Wolken, ‚auch mich hat euer Schöpfer zu<br />

dem gemacht, der ich bin‘. Wer wissen will, wer er ist, wer sich selbst<br />

entdecken will, der muß in die Berge gehen. Denn in den Bergen kommt jeder<br />

zu sich selbst.<br />

LESUNG Heiner Geißler, Bergsteigen als Passion (1997)<br />

Jes 40, 28-31; Ps 19, 1, 5-7; Ps 90, 1-2<br />

„Macht mir das Gipfelstürmen eigentlich Spaß? Was für eine Frage? Es ist ein<br />

sehr schönes Gefühl, auf dem Gipfel zu stehen, ein Gefühl des Glücks und der<br />

Freude, aber auch der Leistungsbestätigung. Und die Freude ist um so größer,<br />

je schwieriger der Aufstieg war. Bergsteigen ist eine immer wieder<br />

faszinierende körperliche und seelische, geistige und charakterliche<br />

Herausforderung. Es fordert Können und Umsicht, Solidarität und Moral.<br />

Etwas ist mir in den Bergen klar geworden: Glück stellt sich nicht ein, wenn<br />

alles leicht und bequem ist. Das Gefühl des Glücks ist die Antwort auf eine<br />

bestandene Herausforderung und das Ergebnis von Selbstüberwindung.“<br />

Jesaja 40: Der Herr, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen<br />

hat, wird nicht müde noch matt. Er gibt dem Müden Kraft und Stärke,<br />

daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler, daß sie laufen und nicht matt<br />

werden, daß sie wandeln und nicht müde werden.<br />

„Bergsteigen ist ein Abenteuer. Es gehört wahrscheinlich zu den letzten<br />

großen Abenteuern, die heute auf der Erde noch möglich sind. Es ist Sport in<br />

einer wilden und schönen Landschaft, in unmittelbarer Berührung mit der<br />

Erde und ihren Pflanzen, mit Fels und Eis in ständiger Abhängigkeit und<br />

Beobachtung von Sonne und Mond, den Sternen, dem Wetter, den Wolken<br />

am Himmel. Es sollte ein Abenteuer sein, das das Leben schöner macht.“<br />

Psalm 19: Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt<br />

seiner Hände Werk. Er hat der Sonne ein Zelt am Himmel gemacht; sie<br />

geht heraus wie ein Bräutigam aus seiner Kammer und freut sich wie ein<br />

Held, zu laufen ihre Bahn. Sie geht auf an einem Ende des Himmels und

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!