Download - FALK & CO
Download - FALK & CO
Download - FALK & CO
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Keine Bildung von Rückstellungen für<br />
Verrechnungsverpflichtungen in der Steuerbilanz<br />
Das Bundesministerium der Finanzen regelt mit<br />
dem Schreiben vom 28.11.2011 die Rückstellungen<br />
für Verrechnungsverpflichtungen. Verrechnungsverpflichtungen<br />
sind Verpflichtungen<br />
im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen (z. B.<br />
Miet- oder Nutzungsverträge), bei denen zuviel<br />
vereinnahmte Entgelte nicht sofort erstattet werden,<br />
sondern mit den in Zukunft zu erhebenden<br />
Entgelten verrechnet werden. Diese können aufgrund<br />
unmittelbarer Vereinbarungen, als auch<br />
öffentlich-rechtlicher Regelungen entstehen.<br />
Dauerschuldverhältnisse sind schwebende Geschäfte<br />
im Sinne von R 5.7 Abs. 7 EStR. Als<br />
Zahlreiche juristische Personen des öffentlichen<br />
Rechts wie Gemeinden üben in zunehmendem<br />
Maße verschiedene Tätigkeiten aus,<br />
bei denen im Wege der Einzelbetrachtung zu<br />
entscheiden ist, ob diese eine hoheitliche oder<br />
wirtschaftliche Tätigkeit darstellen. Ist Letzteres<br />
zu bejahen, liegt gem. § 4 KStG ein sog. Betrieb<br />
gewerblicher Art vor.<br />
Zur Abgrenzung der beiden Sphären ist dabei<br />
insbesondere auf die Wettbewerbsneutralität<br />
im Verhältnis zu privatwirtschaftlich tätigen Unternehmen<br />
und das wirtschaftliche Gewicht der<br />
betroffenen Tätigkeit innerhalb der Gesamttätigkeit<br />
der juristischen Person abzustellen.<br />
Im Hinblick auf die Frage der wirtschaftlichen<br />
Bedeutung innerhalb der Gesamtbetätigung<br />
vertritt die Finanzverwaltung bisher die Auffassung,<br />
dass ein Betrieb gewerblicher Art zu<br />
verneinen ist, wenn der Jahresumsatz (Nettoumsatz<br />
ohne Umsatzsteuer) den Betrag von<br />
30.678 ¤ nicht übersteigt. Einziges Ausnahmekriterium<br />
sind dabei die bereits oben genannten<br />
wettbewerbsrechtlichen Gründe (R 6<br />
Abs. 5 KStR). Diese Verwaltungs-Regelung gilt<br />
generell auch im Umsatzsteuerrecht, wonach<br />
gem. § 2 Abs. 3 S. 1 UStG juristische Personen<br />
des öffentlichen Rechts nur mit ihren Betrieben<br />
gewerblicher Art und ihren land- und forstwirtschaftlichen<br />
Betrieben gewerblich oder beruflich<br />
tätig und somit Unternehmer i. S. d. des<br />
Umsatzsteuerrechts sind.<br />
Mit Fragen zur Umsatzgrenze hatten sich in<br />
der Vergangenheit zahlreiche Finanzgerich-<br />
„schwebendes Geschäft“ wird ein gegenseitiger,<br />
auf Leistungsaustausch gerichteter Vertrag bezeichnet,<br />
der von keiner Seite (vollständig) erfüllt<br />
ist. Für Verpflichtungen aus schwebenden<br />
Geschäften dürfen nach § 5 Abs. 4 a EStG keine<br />
Rückstellungen gebildet werden. Verrechnungsverpflichtungen<br />
sind Bestandteil eines schwebenden<br />
Geschäfts. Folglich scheidet die Bildung<br />
von Rückstellungen für Verrechnungsverpflichtungen<br />
aus. Ebenso ist die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens<br />
nach § 5 Abs. 5<br />
Satz 1 Nr. 2 EStG für Verrechnungsverpflichtungen<br />
nicht möglich, da es sich bei den zuviel<br />
vereinnahmten Entgelten nicht um Einnahmen<br />
Ab welcher Umsatzgrenze liegt ein Betrieb gewerblicher Art vor?<br />
6<br />
te, darunter auch das FG München, zu befassen.<br />
Dieses entschied mit Urteil vom 30.1.2008<br />
zu einer Frage des Vorsteuerabzugs, dass eine<br />
juristische Person des öffentlichen Rechts bei<br />
richtlinienkonformer Auslegung mit einem Betrieb<br />
gewerblicher Art auch dann unternehmerisch<br />
tätig ist, wenn dieser die Umsatzgrenze<br />
von 30.678 ¤ nicht erreicht. Die bisherige<br />
Verwaltungsauffassung widerspräche Gemeinschaftsrecht,<br />
da dieses eine wirtschaftliche Tätigkeit<br />
unterstellt, sofern die juristische Person<br />
des öffentlichen Rechts im eigenen Namen<br />
gegen Entgelt Lieferungen und sonstige Leistungen<br />
erbringt und dabei auf privatrechtlicher<br />
Grundlage tätig wird und nicht im Rahmen<br />
der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen<br />
Regelungen handelt. Dieses Urteil hat der<br />
Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem Urteil vom<br />
17.3.2010 bestätigt.<br />
In einem weiteren Urteil vom 10.11.2011 hat<br />
der BFH ebenfalls zur USt entschieden, dass<br />
eine juristische Person des öffentlichen Rechts<br />
eine Unternehmerin ist, auch wenn die Umsatzgrenze<br />
von 30.678 ¤ nicht erreicht wurde.<br />
Bestimmten Gewinn- und Umsatzgrenzen<br />
komme keine eigenständige Bedeutung zu,<br />
da sie weder mit dem Erfordernis der Gleichmäßigkeit<br />
der Besteuerung noch mit dem notwendigen<br />
Ausschluss von Wettbewerbsverzerrungen<br />
im Verhältnis zu privaten Unternehmen<br />
vereinbar seien. Im Ergebnis sei die betroffene<br />
Gemeinde somit Unternehmer gem. § 2 Abs. 3<br />
UStG i. V. m. § 4 KStG, und damit grundsätzlich<br />
umsatzsteuerpflichtig und vorsteuerabzugsberechtigt<br />
handelt, die Ertrag für eine bestimmte Zeit in der<br />
Zukunft darstellen. Wird hingegen eine sofortige<br />
Erstattung der zuviel vereinnahmten Entgelte<br />
durch die Vertragsparteien vereinbart, ist eine<br />
entsprechende Verbindlichkeit zu passivieren.<br />
Entgegen des Passivierungsverbotes in der Steuerbilanz<br />
besteht nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB<br />
eine Passivierungspflicht für drohende Verluste<br />
aus schwebenden Geschäften. Die Finanzverwaltung<br />
hält die viel diskutierten Rückstellungen<br />
für Mehrerlösabschöpfung in der Energiewirtschaft<br />
für eine solche steuerlich nicht zu passivierende<br />
Verrechnungsverpflichtung.<br />
Es ist jedoch anzumerken, dass der Nachteil<br />
der Umsatzsteuerpflicht für bisher als steuerfrei<br />
angesehene Einnahmen möglicherweise durch<br />
den sich jetzt gem. §§ 15 und 15 a UStG ergebenden<br />
Vorsteuerabzug gemindert wird.<br />
Die Finanzverwaltung vertritt zurzeit noch ihre<br />
Regelung der körperschaftsteuerlichen Umsatzgrenze<br />
und die gesetzliche Bindung der Umsatzsteuer<br />
an die Vorschrift des Betriebs gewerblicher<br />
Art im KStG, sodass sie von sich aus<br />
bei Umsätzen unter 30.678 ¤ in der Regel keine<br />
Betriebe gewerblicher Art annimmt.<br />
Es bleibt jedoch abzuwarten, inwieweit die Finanzverwaltung<br />
vor dem Hintergrund der<br />
oben genannten BFH-Urteile ihre Rechtsauffassung<br />
aufrechterhalten kann. Sie weist darauf<br />
hin (OFD Niedersachsen v. 27.7.2012),<br />
dass die BFH-Urteile nicht amtlich veröffentlicht<br />
werden. Eine Arbeitsgruppe prüfe, welche<br />
Notwendigkeiten und Möglichkeiten bestehen,<br />
die Umsatzbesteuerung von Leistungen der<br />
öffentlichen Hand unter Berücksichtigung der<br />
Rechtsprechung an die Vorgaben des Unionsrechts<br />
anzupassen. Berufe sich eine juristische<br />
Person des öffentlichen Rechts (jPöR) vor Veröffentlichung<br />
auf die BFH-Urteile, soll dies nicht<br />
beanstandet werden. Das Berufungsrecht könne<br />
die jPöR jedoch nur für ihr gesamtes Unternehmen<br />
einheitlich ausüben und nicht auf<br />
bestimmte Unternehmensteile oder Umsätze<br />
beschränken.