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Johannisburger Heimatbrief 1967 - Familienforschung S c z u k a

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Archiv der Kreisgemeinschaft Johannisburg e.V. – <strong>Johannisburger</strong> <strong>Heimatbrief</strong> <strong>1967</strong> (Abschrift)<br />

IIIf) Kindheit und Schulzeit in Gehlenburg<br />

Es gab wohl kaum etwas, daß Gehlenburg<br />

von den anderen Kleinstädten Masurens<br />

wesentlich unterschied. Es war<br />

eine freundliche, stille Stadt — und doch<br />

konnte sie den Interessen und dem Betätigungsdrang<br />

der jungen Menschen,<br />

die in ihr aufwuchsen, auf vielfältigste<br />

Weise entgegenkommen. Sicherlich war<br />

es gerade die abgeschiedene Lage, die<br />

der Jugend die Möglichkeit zu einer ungestörten<br />

Entfaltung bot. Zwischen der<br />

ländlichen Umgebung und dem Leben<br />

der Stadt bestand eine enge Verbindung,<br />

wie sie in unserer heutigen Welt kaum<br />

noch zu finden ist.<br />

Die breiten, teilweise mit Bäumen bestandenen<br />

Straßen luden zu Spaziergängen<br />

ein, und wie alle Stadtkinder bearbeiteten<br />

auch die kleinen Bürger Gehlenburgs<br />

die breiten Bürgersteige mit ihren<br />

Rollschuhen oder ließen ihre Kreises dort<br />

tanzen. Schaute man in die Höfe der<br />

Kaufleute, so konnte man dort die abgestellten<br />

Fuhrwerke der Bauern erblicken.<br />

Sie waren aus den Dörfern der Umgebung<br />

gekommen, um hier einzukaufen,<br />

Getreide mahlen zu lassen oder auch,<br />

um auf dem Marktplatz Vieh anzubieten.<br />

An Markttagen herrschte auf diesem riesigen<br />

Platz, dessen Bild von der so trutzig<br />

aussehenden Kirche und dem<br />

,Rathaus beherrscht wurde, ein lebhaftes<br />

Treiben, das auch Jugendliche anzog.<br />

Man sah hier nicht nur Leute aus der<br />

Stadt, sondern es war vor allem die<br />

Landbevölkerung, die diesem Tage ihr<br />

Gepräge gab. Landwirtschaftliche Erzeugnisse<br />

aller Art wurden angeboten,<br />

und darunter befanden sich in der entsprechenden<br />

Jahreszeit auch die Produkte<br />

aus den Wäldern der Umgebung: Pilze,<br />

Preißel- und Blaubeeren. War man<br />

vom Einkaufen, vom vielen Zuschauen<br />

und Umhergehen müde geworden, so<br />

konnte man sich in einer Konditorei der<br />

Umgebung erholen. An diesen Stätten<br />

ließen sich auch Kinder gern sehen, denn<br />

es sprach sich schnell herum, wo man<br />

die schönsten Liebesknochen bekommen<br />

konnte. Im Sommer wurde in den Stra-<br />

www.Kreis-Johannisburg.de<br />

ßen selbstverständlich auch Eis angeboten,<br />

und die Schulkinder waren über<br />

Preis und Qualität stets bestens informiert.<br />

Im alten Rathaus neben dem Marktplatz<br />

lag die Stadtbücherei. Hier fanden die<br />

Leseratten aller Altersstufen eine reiche<br />

Auswahl. „Onkel Toms Hütte”, „Robinson<br />

Crusoe” und „Die Abenteuer eines Schienenstranges”<br />

wurden hier ebenso gern<br />

gelesen wie überall in der Welt. Die Mittelschullehrerin<br />

Fräulein Müller leitete<br />

diese Bücherei und stand jedem<br />

Auskunftsuchenden mit Ratschlägen zur<br />

Verfügung.<br />

Ging man vom Markt die Bahnhofstraße<br />

entlang, so kam man am Jahndenkmal<br />

vorbei, das so manchen Jungen zum<br />

Klettern reizen konnte und auch zum<br />

Versteckspielen benutzt wurde. Noch<br />

beliebter war bei Kindern aber der hinter<br />

diesem Denkmal liegende Spielgarten,<br />

denn hier konnte man an den Turngeräten<br />

auf dem Rasen umhertollen und auf<br />

dem abschüssigen Gelände herunterrutschen<br />

oder im Gebüsch Räuber und<br />

Gendarm spielen. Selbst im Winter wurde<br />

der Spielgarten von Kindern aufgesucht,<br />

dann verwandelten sich die Abhänge<br />

nämlich in ideale Rodelbahnen.<br />

Diesem Spielplatz schräg gegenüber lag<br />

das Hotel „Königlicher Hof”, das über<br />

sehr große Räume verfügte, in denen ab<br />

und zu auch Veranstaltungen für Kinder<br />

und Jugendliche stattfanden. So hat wohl<br />

mancher Gehlenburger hier sein erstes<br />

Kasperletheater oder Variete gesehen.<br />

Ein weiterer Anziehungspunkt der Stadt<br />

war das Lichtspielhaus. Wenn es Jugendvorstellungen<br />

gab, standen meistens<br />

meterlange Schlangen vor dem<br />

Eingang.<br />

Wollte man einen längeren Spaziergang<br />

machen, ging man in den etwas abgelegenen<br />

Stadtpark. Kinder fanden in diesem<br />

Mischwald ein ausgezeichnetes Gelände<br />

für Indianer- und Räuberspiele<br />

vor. Hier konnte man auch Heilkräuter<br />

sammeln, was im Kriege zu den wichtigsten<br />

Pflichten aller Schulkinder gehörte.<br />

Diese Heilkräuter, wie Himbeer- und

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