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Naturwissenschaftliche Institute, Gebäude A, Grundsanierung (pdf

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NaturwisseNschaftliche iNstitute<br />

<strong>Gebäude</strong> a<br />

GruNdsaNieruNG<br />

Auf der Morgenstelle 18, Universität Tübingen


NaturwisseNschaftliche iNstitute<br />

<strong>Gebäude</strong> a


iNhaltsVerZeichNis<br />

bauliche eNtwickluNG der<br />

MorGeNstelle iN tübiNGeN<br />

saNieruNG der NaturwisseNschaftlicheN iNstitute<br />

als bauliche herausforderuNG<br />

Ministerialdirigent Thomas Knödler<br />

erster MeileNsteiN für die NeupositioNieruNG<br />

der NaturwisseNschafteN iN tübiNGeN<br />

Professor Dr. Bernd Engler<br />

die GeNeralsaNieruNG des cheMie-hochhauses<br />

auf der MorGeNstelle<br />

Leitender Baudirektor Bernd Selbmann<br />

über das plaNerische feiNwerk eiNer GeNeralsaNieruNG<br />

Professor Dr. Ulrich Nagel<br />

plaNuNGsdateN<br />

plaNuNGsbeteiliGte<br />

ausführeNde firMeN<br />

iMpressuM<br />

6<br />

11<br />

15<br />

19<br />

43<br />

51<br />

51<br />

53<br />

58


auliche eNtwickluNG der MorGeNstelle iN tübiNGeN<br />

Die <strong>Naturwissenschaftliche</strong>n <strong>Institute</strong> auf der Morgenstelle<br />

in Tübingen wurden zwischen 1968 und 1974 errichtet.<br />

Die Anlage besteht aus einem Kranz von fünf<br />

unterschiedlich hohen, talwärts niedriger gestaffelten<br />

Institutsgebäuden um einen flach gehaltenen kommunikativen<br />

Bereich mit Hörsälen und Bibliotheken. Die <strong>Gebäude</strong><br />

wurden konsequent standardisiert mit dem Ziel<br />

der industriellen serienmäßigen Fertigung. Es entstand<br />

eine homogene, nach einheitlichen Gesichtspunkten geplante<br />

und ausgeführte, hoch technisierte Wissenschaftsstadt,<br />

welche die Kommunikation der naturwissenschaftlichen<br />

Fächer auf engem Raum begünstigt, aber doch<br />

die Eigenständigkeit der Disziplinen ausdrückt.<br />

Die Realisierung erfolgte in zwei Bauabschnitten. Das In-<br />

stitutsgebäude A (Chemie) und das Hörsaalzentrum wurden<br />

von den Architekten Holstein, Frowein, Kiefner und Zabel in<br />

einem ersten Bauabschnitt bis 1972 errichtet. Im zweiten Bauabschnitt<br />

kamen dann bis 1974 die Institutsgebäude B bis E<br />

(Chemie, Pharmazie, Mathematik, Physik, Biologie) sowie das<br />

<strong>Gebäude</strong> F (Isotopenlabor) und das Chemikalienlager nach<br />

den Plänen des Universitätsbauamtes hinzu. Die Mensa wurde<br />

vom Stuttgarter Architekten Herkommer geplant und nur<br />

wenig später errichtet.<br />

Im Rahmen des von der Universität Tübingen verfolgten Konzepts<br />

„Campus der Zukunft“ soll das Areal Morgenstelle in<br />

den nächsten Jahren mit dem Zentrum für Molekularbiologie<br />

der Pflanzen (ZMBP), dem Geo- und Umweltforschungszentrum<br />

(GUZ), dem Interfakultären Institut für Biochemie<br />

(IFIB) und der Informatik vervollständigt werden.<br />

Morgenstelle tübingen<br />

a chemie<br />

b pharmazie<br />

c Mathematik / physik<br />

cl chemikalienlager<br />

d physik<br />

e biologie<br />

f isotopenlabor<br />

G Mensa<br />

h ersatzgebäude / chemie<br />

1 hörsaalzentrum<br />

2 physikwerkstätten<br />

3 Verfügungsgebäude<br />

4 heizwerk<br />

6 7<br />

h<br />

c<br />

2<br />

4<br />

b<br />

d<br />

3<br />

1<br />

a<br />

cl<br />

e<br />

f<br />

G<br />

N


10<br />

11


Baut er reicher oder ärmer, teurer oder billiger, in<br />

der Raumverteilung aufwändiger oder sparsamer als<br />

er soll, so kann er sich nicht damit entschuldigen,<br />

die Technik oder die Kunst habe dies erfordert; vielmehr<br />

hat er einfach Technik und Kunst falsch verstanden<br />

oder sie nicht zu verwenden gewußt.<br />

corNelius Gurlitt<br />

1920<br />

saNieruNG der NaturwisseNschaftlicheN iNstitute<br />

als bauliche herausforderuNG<br />

Ministerialdirigent Thomas Knödler<br />

Leiter der Staatlichen Vermögens- und Hochbauverwaltung Baden-Württemberg<br />

Das Bauen für Wissenschaft, Forschung und Lehre hat<br />

in dem breit gefächerten Arbeitsbereich der Staatlichen<br />

Vermögens- und Hochbauverwaltung eine zentrale<br />

Bedeutung. Baden-Württemberg hat sich als führender<br />

Wissenschaftsstandort in Deutschland etabliert<br />

und verfügt heute über eine blühende Hochschullandschaft<br />

mit über 60 Hochschulen mit mehr als 275.000<br />

Studierenden.<br />

Der Grundstein wurde unmittelbar nach dem Wiederaufbau<br />

bereits in den 1950er-Jahren durch einen umfassenden<br />

Ausbau des Bildungswesens gelegt. An den Universitäten des<br />

Landes konnten die räumlichen und infrastrukturellen Voraussetzungen<br />

für die rasant wachsenden Studierendenzahlen<br />

schrittweise mit weitsichtigen Ausbau- und Neuplanungen<br />

geschaffen werden.<br />

Dabei wurde für jeden Standort auf der Basis einer strategischen<br />

Zukunftsplanung ein eigenes differenziertes Entwicklungskonzept<br />

erstellt. In Freiburg und Karlsruhe konnten die<br />

Universitäten im Gefüge der historischen Stadt weiter ausgebaut<br />

werden, während in Heidelberg, Tübingen und Stuttgart<br />

der Schritt zu einem neuen zweiten Campus nach angelsächsischem<br />

Vorbild vollzogen wurde. Konstanz und Ulm wurden<br />

mit der Neugründung zweier Universitäten erstmals zu Universitätsstädten.<br />

Die Ausbauphasen der Universitäten waren in den 1960er-<br />

und 1970er-Jahren eng verbunden mit dem Ausbau der <strong>Naturwissenschaftliche</strong>n<br />

<strong>Institute</strong>. In Tübingen befreite man sich<br />

mit dem 1958 beschlossenen Generalbebauungsplan aus der<br />

zu eng gewordenen Tallage und begann mit der Erschließung<br />

der Universitätserweiterungsgebiete Schnarrenberg für die<br />

Medizinische Fakultät und Morgenstelle für die <strong>Naturwissenschaftliche</strong><br />

Fakultät. Mit dem neuen Universitätscampus für<br />

die Naturwissenschaften entstand eine hoch technisierte Wissenschaftsstadt,<br />

in der die interdisziplinäre Verflechtung der<br />

Fächer einen überzeugenden baulichen Ausdruck fand. Auch<br />

an den übrigen Standorten hatte innerhalb weniger Jahre ein<br />

Ausbau in ähnlicher Größenordnung stattgefunden.<br />

Nach Jahrzehnten äußerst intensiver Nutzung sind diese<br />

Hochschulgebäude jetzt modernisierungsbedürftig. Insbesondere<br />

die <strong>Gebäude</strong> der Chemischen <strong>Institute</strong> weisen regelmäßig<br />

gravierende technische, bauliche und häufig auch sicherheitsrelevante<br />

Mängel auf. Zudem erschweren an manchen Standorten<br />

gewachsene Strukturen in der Belegung eine effiziente<br />

Nutzung der Flächen. Im Regelfall ist daher eine Generalsanierung<br />

mit einem umfassenden Neuausbau der Flächen der<br />

richtige Schritt zu einer wirtschaftlichen und effizienten Unterbringung.<br />

Der Landesbetrieb Vermögen und Bau hat für das<br />

Chemie-Hochhaus in Tübingen ein Drei-Stufen-Sanierungskonzept<br />

entwickelt, bei dem weitgehend auf kostenintensive<br />

8 11


Auslagerungen und Anmietungen verzichtet werden konnte.<br />

Die Universität war bereit, den Lehr- und Forschungsbetrieb<br />

zugunsten einer schnellen und effektiven Baudurchführung<br />

zeitweise stark einzuschränken. Damit leistete sie einen erheblichen<br />

Beitrag zur Konzentration der zur Verfügung stehenden<br />

Haushaltsmittel auf die zukunftsweisende Modernisierung<br />

des Institutsgebäudes.<br />

Das Finanzministerium erteilte im Juni 2006 die Zustimmung<br />

zur Baudurchführung. Die Sanierungsmaßnahme wurde auf<br />

der Grundlage einer detaillierten Planung und Leistungsbeschreibung<br />

durch einen Generalunternehmer ausgeführt. Die<br />

Arbeiten begannen mit der vorübergehenden Stilllegung des<br />

<strong>Gebäude</strong>s im August 2007. Bereits im Oktober 2008 konnte<br />

die nördliche <strong>Gebäude</strong>hälfte mit den sanierten Laborflächen<br />

wieder in Betrieb gehen.<br />

Mit der Generalsanierung des Chemie-Hochhauses und dem<br />

wenige Jahre zuvor erstellten Neubau für die Praktikumslabore<br />

gelang es, die gesamte Chemie zu restrukturieren und<br />

an moderne Erfordernisse und Entwicklungen von Wissenschaft<br />

und Forschung optimal anzupassen. Neu konzipierte,<br />

effiziente und flexible Grundrisse mit kurzen Wegen erlauben<br />

eine intensive Nutzung der teuren Laborflächen. Die Gesamtfläche<br />

der Chemie konnte um 1.800 m² auf 12.400 m² Hauptnutzfläche<br />

reduziert werden.<br />

12<br />

durch modernste <strong>Gebäude</strong>technik und umfangreiche<br />

dämm-Maßnahmen an der fassade reduziert<br />

sich der energiebedarf für die wärmeerzeugung<br />

um mehr als 40%. damit sind die<br />

Voraussetzungen für eine nachhaltige senkung<br />

der unterhalts- und betriebskosten geschaffen.<br />

Die Sanierung des Chemie-Hochhauses ist der erste Baustein<br />

zur Modernisierung der <strong>Naturwissenschaftliche</strong>n <strong>Institute</strong> an<br />

der Universität Tübingen und zugleich ein Meilenstein auf<br />

dem Weg zum Abbau des Sanierungsstaus an den Hochschulen<br />

des Landes. Entscheidend für erfolgreiches Handeln ist,<br />

dass die an der Planung Beteiligten es sich zum Ziel setzen,<br />

nicht nur marode Teile auszutauschen, sondern den Wechsel<br />

mit dem Anspruch auf Verbesserung der Ästhetik, Wirtschaftlichkeit<br />

und Nachhaltigkeit verbinden. Dieses ist hier in<br />

besonderer Weise gelungen.<br />

Die modernisierten Institutsflächen bieten optimale bauliche<br />

Voraussetzungen für exzellente Lehre und Forschung. Hierzu<br />

gratuliere ich der Universität Tübingen und danke allen an der<br />

Planung und Baudurchführung Beteiligten.<br />

11


„Nichts ist ordinärer als Eile“. Dennoch eilen wir<br />

alle. Der Grund hierfür ist materiell nicht zu erklären.<br />

Auch die früheren Zeitalter hatten große Aufgaben<br />

zu erfüllen: ob größere als das unsrige, soll nicht<br />

entschieden werden. Auch unser menschliches<br />

Lebensalter ist so lang wie die in früheren Jahrhunderten<br />

waren, es liegt also eigentlich kein Grund<br />

zur Überstürzung vor. Die Hast ist durch den<br />

Rhythmus unserer Zeit bedungen und psychischer<br />

Ursache. Sie ist eine elementare Grundlage unseres<br />

Schaffens, aber sie wurde noch nicht zur kunstgemeisterten<br />

kulturellen Form.<br />

peter behreNs<br />

1914<br />

erster MeileNsteiN für die NeupositioNieruNG<br />

der NaturwisseNschafteN iN tübiNGeN<br />

Professor Dr. Bernd Engler<br />

Rektor der Eberhard Karls Universität Tübingen<br />

Spitzenleistungen in der Forschung und die Stellung<br />

einer modernen Forschungsuniversität im Wettbewerb<br />

um exzellente Wissenschaftler und attraktive Studienbedingungen<br />

stehen gerade in den experimentellen<br />

Naturwissenschaften in unmittelbarem kausalem<br />

Zusammenhang mit den baulichen und technischen<br />

Standards der Forschungsgebäude selbst. Daher ist für<br />

die Universität Tübingen die Generalsanierung des Laborhochhauses<br />

der Chemie, die nunmehr erfolgreich<br />

abgeschlossen ist, ein wichtiger Schritt hin zur Bereitstellung<br />

einer optimalen Forschungsinfrastruktur, die<br />

auch in die forschungsbasierte Lehre auszustrahlen<br />

vermag. Insofern sich der Sanierungsrückstand von<br />

Universitätsgebäuden besonders drastisch in den Naturwissenschaften<br />

auf die Erfolge in Forschung und<br />

Lehre auswirkt, wird die Generalsanierung des Chemie-<br />

Hochhauses von allen als ein erster wichtiger Meilenstein<br />

in der Neupositionierung der Tübinger <strong>Naturwissenschaftliche</strong>n<br />

<strong>Institute</strong> gewertet.<br />

Innovative Forschung braucht ein sie ermöglichendes Umfeld,<br />

und so werden auch die mit dem Finanz- und dem Wissenschaftsministerium<br />

im Masterplan „Campus der Zukunft“<br />

konzipierten Neubauten für das Zentrum für die Molekularbiologie<br />

der Pflanzen, für die Biochemie und für die Geowissenschaften<br />

in der nächsten Zukunft wichtige Akzente in der<br />

Forschungslandschaft Tübingens und Baden-Württembergs<br />

setzen. Wir sehen diesen Bauarbeiten daher mit großer Erwartung<br />

entgegen.<br />

die Generalsanierung des laborhochhauses der<br />

chemie, die unter weitestgehender aufrechterhaltung<br />

des forschungs- und lehrbetriebs in<br />

der chemie durchgeführt wurde, stellte enorme<br />

anforderungen an die sanierungsplanung und<br />

logistik.<br />

Neben dem Bau des Ersatzgebäudes H, das vorwiegend mit<br />

Praktikumslaboren und Werkstattflächen ausgestattet ist, mussten<br />

umfangreiche Baumaßnahmen an vielen anderen, für die<br />

temporäre Auslagerung der Chemie genutzten Universitätsgebäuden<br />

durchgeführt werden. Betriebliche Einschränkungen,<br />

Verdichtungen in der Nutzung und Improvisationen aller Art<br />

wurden von allen Beteiligten so kooperativ mitgetragen, dass<br />

sich die Universität Tübingen für zukünftige Bauprojekte bestens<br />

erprobt und gewappnet weiß. Durch die Generalsanierung<br />

des Chemie-Hochhauses erhält die Universität Tübingen<br />

nun in der Hülle des alten ein komplett neues, hochkomplexes<br />

Labor- und Institutsgebäude, das neben einem nicht unerheblichen<br />

Standortvorteil auch eine hervorragende Ausgangsposition<br />

im nationalen und internationalen Wettbewerb um die<br />

klügsten Köpfe verspricht.<br />

8 15


8 9


In einer Generation ist eine Institution unangreifbar,<br />

in der folgenden wird sie von tapferen Männern angegriffen<br />

und in der dritten von solchen verteidigt.<br />

Zu einer Zeit werden die folgerichtigsten Beweise<br />

vergeblich dagegen vorgebracht, wenn es überhaupt<br />

erlaubt ist, sie auszusprechen.<br />

ebeNeZer howard<br />

1898<br />

die GeNeralsaNieruNG des cheMie-hochhauses<br />

auf der MorGeNstelle<br />

Bernd Selbmann<br />

Leiter des Amts Tübingen, Vermögen und Bau Baden-Württemberg<br />

Geschichte<br />

Das Chemie-Hochhaus entstand im ersten Bauabschnitt<br />

der <strong>Naturwissenschaftliche</strong>n <strong>Institute</strong> zusammen mit dem<br />

Hörsaalzentrum und wurde 1972 in Betrieb genommen.<br />

In nur sechs Jahren wuchs auf der Morgenstelle ein Universitätsstadtteil<br />

mit einem Hörsaalzentrum und fünf Institutshochhäusern.<br />

Mit dem Neubau der Mensa war der<br />

neue Campus mit rund 60.000 m² Hauptnutzfläche im Jahr<br />

1974 funktionsfähig. Mit diesem Projekt wurde der Schritt<br />

vom Einzelgebäude hin zum Institutskomplex gegangen.<br />

Als bestimmender, städtebaulich wirksamer Baustein der<br />

Anlage wurde ein Institutstyp entwickelt, der den unterschiedlichen<br />

Bedürfnissen der Fächer gerecht werden sollte.<br />

Geplant wurde ein längsrechteckiger, einfach proportionierter<br />

Institutsbau mit an den Stirnseiten untergebrachten<br />

Vertikalschächten für die <strong>Gebäude</strong>technik. Der Zeitströmung<br />

folgend, wurden die Möglichkeiten industrieller Vorfertigung<br />

im Rahmen einer standardisierten Typenplanung<br />

genutzt. Die serielle Erstellung der <strong>Gebäude</strong>, für die eine<br />

ganze Reihe von Elementbausystemen entwickelt wurde,<br />

verkürzte nicht nur die Bauzeit, sondern ermöglichte auch<br />

die schnelle und kostengünstige Reparatur schadhafter Anlagen-<br />

und Bauteile, da die wichtigsten Ersatzteile lange Zeit<br />

vorgehalten werden konnten.<br />

saNieruNGsfall Nach 35 JahreN<br />

Anfang der 2000er Jahre war das Chemische Institut<br />

nach über 30-jähriger Nutzung baulich und technisch<br />

abgenutzt. Neben erheblichen Brandschutzdefiziten<br />

und Belastungen durch Schadstoffe war die Arbeitssicherheit<br />

infolge unzureichender Luftleistung an den<br />

Digestorien nicht mehr gewährleistet.<br />

Im Herbst 2003 nahm das Planungsteam im Amt Tübingen<br />

des Landesbetriebs Vermögen und Bau seine Arbeit auf. Die<br />

Ingenieurleistungen wurden an freiberuflich Tätige vergeben,<br />

während die Architektenleistungen von Mitarbeitern des<br />

Amtes erbracht wurden.<br />

Schnell wurde deutlich, dass die wesentlichen Dispositionen<br />

der Tübinger Institutsbauten sich nicht nur im langjährigen<br />

Betrieb bewährt hatten, sondern auch für die Zukunft genügend<br />

Spielraum für eine zeitgemäße Neustrukturierung der<br />

Laborflächen geben. Dazu wurde das <strong>Gebäude</strong> bis auf den<br />

Rohbau entkernt und vollständig neu ausgebaut. <strong>Gebäude</strong>tiefe,<br />

Geschosshöhe und Stützenraster sowie umlaufende Fluchtbalkone<br />

erlauben kompakte und effiziente neue Laborgrundrisse.<br />

Die statischen Berechnungen ergaben, dass die erheblich<br />

verschärften Anforderungen der neuen Erdbebennorm mit<br />

geringen Nachbesserungen einzuhalten sind.<br />

8 19


8 9


ModerNe rauMkoNfiGuratioN<br />

Die neue Grundrissstruktur ist in allen Geschossen<br />

gleich aufgebaut. Der zentrale Kern mit Treppenhaus,<br />

Aufzügen und WC-Räumen gliedert die Geschossebenen<br />

jeweils in eine nördliche und eine etwas kleinere<br />

südliche <strong>Gebäude</strong>hälfte.<br />

Die Technikerschließung erfolgt nach wie vor über die vorhandenen,<br />

jedoch leicht vergrößerten Vertikalschächte an<br />

den Stirnseiten des <strong>Gebäude</strong>s und anschließend geschossweise<br />

unterhalb der Decken von außen nach innen. Büros<br />

und kleinere Seminarräume wurden entlang der Ostfassade<br />

angeordnet und durch einen Flur vom gegenüberliegenden<br />

Laborbereich getrennt.<br />

der laborflächenbereich umfasst 65 % der<br />

gesamten Nutzfläche und setzt sich aus fünf<br />

standardlabortypen, den nasschemischen sowie<br />

den physikalisch-chemischen forschungs-<br />

und praktikumslaboren und den Messlaboren<br />

zusammen.<br />

Die typisierten Labore basieren auf einem Modulraster von<br />

3,60 m und sind nach dem „3-Zonen-Konzept“ angeordnet.<br />

An der Westfassade befinden sich die Schreibplätze, welche<br />

mit Glasschiebetüren vom eigentlichen Laborbereich abgetrennt<br />

sind. Die dahinterliegenden Laborflächen sind in<br />

Einheiten von je 60 m² gegliedert. Sie können je nach Anforderung<br />

einzeln aufgeteilt oder zusammenhängend als bis<br />

zu 180 m² große Laborsäle genutzt werden. In der anschließenden<br />

Dunkelzone sind Mess- und Dauerversuchsräume<br />

angeordnet. Ein systematischer Aufbau mit klar strukturierter<br />

Technikanbindung, variabler Medienbestückung und<br />

leichter Nachrüstbarkeit stellt die notwendige Flexibilität bei<br />

Neuberufungen ohne Notwendigkeit von Umbauten sicher.<br />

Die stark frequentierten Praktikumsräume befinden sich in<br />

den mit dem angrenzenden Hörsaalzentrum unmittelbar verbundenen<br />

Ebenen 2 und 3. Nach oben schließen sich auf<br />

jeweils drei Geschossen die Physikalische, die Anorganische<br />

und die Organische Chemie an. Die kompakte Grundrissanordnung<br />

ermöglichte es, in den Ebenen 6 und 10 jeweils eine<br />

<strong>Gebäude</strong>hälfte als Verfügungsfläche für Sonderforschungsprojekte<br />

einzurichten.<br />

Weithin sichtbares Zeichen der Generalsanierung ist das<br />

metallverkleidete neue Technikgeschoss, welches als Dachzentrale<br />

neu aufgesetzt wurde, weil die vorhandenen Technikflächen<br />

für den gestiegenen Platzbedarf der Lüftungstechnik<br />

mit ihrer hocheffizienten Wärmerückgewinnung<br />

nicht ausreichten. Darüber hinaus wurde auf eine Überfor-<br />

22 9


mung oder Änderung des ursprünglichen Erscheinungsbildes<br />

des Chemie-Hochhauses bewusst verzichtet.<br />

die Gesamtanlage auf der Morgenstelle ist charakterisiert<br />

durch ein einheitliches erscheinungsbild<br />

der institutshochhäuser mit horizontalen<br />

fensterbändern und vorgelagerten fluchtbalkonen<br />

aus sichtbetonfertigteilen. die vorhandene<br />

plastizität wurde durch eine dezente oberflächenbehandlung<br />

nach der betonsanierung unterstrichen.<br />

Im Bereich des Vorraums vor den Aufzügen wurden im Zuge<br />

der Sanierung die Betonbrüstungen an Fassade und Fluchtbalkonen<br />

herausgesägt und durch Verglasungen ersetzt. Weiterhin<br />

wurden die Flure durch die Seitenzentralen „durchgestanzt“<br />

und erhalten erstmals stirnseitig direktes Tageslicht.<br />

Hierdurch verbessert sich die Orientierung, und die ästhetischen<br />

Qualitäten des Bautypus Hochhaus werden insbesondere<br />

in den oberen Geschossen durch attraktive Ausblicke auf<br />

die umgebende Landschaft der Schwäbischen Alb erlebbar.<br />

24 25<br />

ebeNe 2<br />

0 5 10 m<br />

eingangsebene hörsaalzentrum<br />

Praktikantenlabore, Chemikalienausgabe


ebeNe 3<br />

0 5 10 m<br />

eingangsebene<br />

Praktikantenlabore / Seminarräume<br />

26 9


8 9


ebeNe 4 - 6 ebeNe 7 - 12<br />

0 5 10 m 0 5 10 m<br />

physikalische und theoretische chemie organische und anorganische chemie<br />

30 31


hocheffiZieNte techNik<br />

Durch die Erneuerung der Fassade, aber insbesondere<br />

durch den Einbau neuer Lüftungsanlagen mit hocheffizienter<br />

Wärmerückgewinnung wird das Chemie-<br />

Hochhaus einem Neubau in energetischer Hinsicht<br />

angenähert.<br />

Trotz einer Zunahme der Digestorienflächen um rund 20 %<br />

konnte die Luftleistung des <strong>Gebäude</strong>s auf 280.000 m³/ h halbiert<br />

werden, da nicht mehr das gesamte <strong>Gebäude</strong>, sondern<br />

nur noch der Laborbereich mechanisch be- und entlüftet wird.<br />

Mittels adiabater Fortluftkühlung gelingt es, im Hochsommer<br />

ein erträgliches Raumklima zu schaffen.<br />

Die Kosten für Wasser, Wärme und Strom verringern sich um<br />

ca. 40 % und zugleich werden mit dem neuen Standard jährlich<br />

ca. 600 Tonnen CO ² eingespart.<br />

Neben der Senkung der Betriebskosten hat die Sicherheit der<br />

Nutzer bei einem Brand oberste Priorität. Eine Havariefallmatrix<br />

regelt den Lösemittelunfall in den Sonderlaboratorien<br />

und eine Brandfallmatrix steuert den Brandfall im gesamten<br />

<strong>Gebäude</strong>.<br />

32 9


audurchführuNG als loGistische<br />

herausforderuNG<br />

Die Sanierung eines <strong>Gebäude</strong>s mit 19.000 m² Brutto-<br />

grundfläche, 200 Arbeitsplätzen für Forscher und im<br />

Semesterbetrieb mit 540 Studierenden stellt an sich<br />

schon eine logistische Herausforderung dar. Noch<br />

spannender wird dies aber, wenn es sich um ein<br />

technisch hochinstalliertes <strong>Gebäude</strong> wie das Tübinger<br />

Chemie-Hochhaus handelt.<br />

Zunächst war daran gedacht, bei laufendem Betrieb und „etagenweise<br />

horizontal“ zu sanieren. Alternativ wurde das Modell<br />

„vertikal das halbe Hochhaus“ untersucht.<br />

Bei der Variante „etagenweise horizontal“ war vorgesehen,<br />

dass jeweils die Etage unter und die Etage über der zu sanierenden<br />

außer Betrieb genommen würden. Nicht vorstellbar,<br />

welche Zeit und welche hausinterne Umzugslogistik ein solcher<br />

Umbau beanspruchen würde. Zudem wären teure lüftungstechnische<br />

Provisorien erforderlich gewesen.<br />

Die Variante „vertikal das halbe Hochhaus“ schien den Vorzug<br />

zu haben, dass sich auch die Lüftungstechnik in der Mitte<br />

trennen ließe. Nähere Untersuchungen zeigten, dass die technischen<br />

Installationen die Ebenen jeweils flächig durchzogen.<br />

Damit verbunden waren mehrere Erkenntnisse:<br />

- das Haus muss in einer Phase vollkommen<br />

abgeschaltet werden<br />

- ein zeitlich befristeter Auszug der Nutzer ist zwingend<br />

- die Universität muss vorübergehend Einbußen in<br />

Forschung und Lehre im Fach Chemie hinnehmen<br />

- die neuen technischen Systeme müssen so geplant und<br />

eingebaut werden, dass später modulweise saniert und<br />

umstrukturiert werden kann.<br />

die universität entschloss sich zum auszug und<br />

stellte ein Zeitfenster von acht Monaten zur Verfügung,<br />

in dem sie auf die chemieräume verzichten<br />

würde.<br />

Die Sanierung wurde in drei Phasen gegliedert:<br />

1. Demontage der <strong>Gebäude</strong>hälfte Nord, einschließlich<br />

der Technikzentralen. Aufbau Teil 1 der Technikzentrale<br />

auf dem Dach. Sanierung des <strong>Gebäude</strong>kerns.<br />

Wiederinbetriebnahme der Hälfte Süd mit alter<br />

Ausstattung, aber neuer Zentraltechnik nach acht Monaten<br />

2. Aufbau Teil 2 der Technikzentrale auf dem Dach.<br />

Neuausbau der <strong>Gebäude</strong>hälfte Nord. Umzug der<br />

Nutzer von Süd nach Nord<br />

3. Demontagen der Einrichtungen in Hälfte Süd.<br />

Neuausbau der Hälfte Süd. Wiedereinzug aller Nutzer.<br />

Geplant wurde nun für eine Generalunternehmerausschreibung.<br />

Im Januar 2007 ging der Auftrag zur Generalsanierung<br />

des Chemischen Instituts an die Arbeitsgemeinschaft Lindner<br />

AG, Arnstorf, Richard Mayer Industrie- und Umweltservice,<br />

Sindelfingen.<br />

Pünktlich nach Vorgabe des Terminplans wurde der Studienbetrieb<br />

im Chemischen Institut zum 01. August 2007 eingestellt,<br />

und die Ausbau- bzw. Abbrucharbeiten begannen.<br />

Zum Jahreswechsel 2007/2008 wurden von Unbekannten im<br />

noch nicht demontierten Sanierungsabschnitt auf den meisten<br />

Ebenen fast die gesamten kupferhaltigen Installationen wie Kabel,<br />

Rohre und Laborarmaturen entwendet. In diesem Bauabschnitt<br />

sollte ab Februar der Studienbetrieb fortgeführt werden.<br />

Was tun? Forscher und Studenten in den Urlaub schicken? Gemeinsam<br />

mit der Universität wurde ein Notfallplan erarbeitet.<br />

Nun wurden in der Nordhälfte mit Hochdruck die Ausbauarbeiten<br />

weitergeführt. An manchen Tagen waren dort weit<br />

mehr als 100 Personen tätig. In der Südhälfte konnten auf vier<br />

Ebenen wieder Praktika angeboten werden.<br />

In dieser Phase erreichten die Arbeiten ein derart hohes<br />

Tempo, dass die ARGE eine Bauzeitverkürzung von über<br />

16 Monaten anbieten konnte.<br />

schNitt <strong>Gebäude</strong> a<br />

34 35<br />

Ebene 14<br />

Ebene 13<br />

Ebene 12<br />

Ebene 11<br />

Ebene 10<br />

Ebene 9<br />

Ebene 8<br />

Ebene 7<br />

Ebene 6<br />

Ebene 5<br />

Ebene 4<br />

Ebene 3<br />

Ebene 2<br />

Ebene 1


8 9


ereits zum 01. oktober 2008 konnte nach 14-<br />

monatiger bauzeit ein erster fertig gestellter<br />

sanierungsabschnitt mit 5.500 m² Nutzfläche<br />

an die universität übergeben werden.<br />

Der folgende Bauabschnitt enthielt mit der 120 m² großen<br />

Chemikalienausgabe den teuersten und aufwändigsten Bereich<br />

des Chemie-Hochhauses.<br />

Trotz zweier Brände im Baustellenbereich des letzten Sanierungsabschnitts<br />

konnte der verkürzte Terminplan eingehalten<br />

werden. Zugleich wurden die neu eingebauten Sicherheitstechniken<br />

erprobt und konnten weiter optimiert werden.<br />

Das <strong>Gebäude</strong> wird jetzt von zwölf autarken Lüftungsanlagen<br />

ver- und entsorgt. Diese müssen in den Laborbereichen<br />

einen bis zu 8-fachen Luftwechsel in der Stunde gewährleisten,<br />

damit ein sicheres Arbeiten an den Digestorien möglich<br />

ist. Ein zwölfgeschossiges Hochhaus ist an sich schon<br />

ein riesiger Kamin. Die Abstimmungen der Lüftungsanlagen<br />

untereinander und die zum Teil unkontrolliert in das<br />

<strong>Gebäude</strong> eindringenden Luftströmungen führten zu ungeheuren<br />

technischen Herausforderungen. Die erfolgreiche<br />

Feinjustierung der Lüftungsanlagen benötigte mithin einen<br />

Zeitraum von drei Monaten.<br />

8 39


Am 13. Juli 2010 konnte das <strong>Gebäude</strong> nach insgesamt 36-<br />

monatiger Bauzeit an die Universität übergeben werden. Eine<br />

außergewöhnlich gute und pragmatische Zusammenarbeit<br />

der Universität mit dem Amt Tübingen hat diese derzeit wohl<br />

komplexeste Sanierungsmaßnahme im Hochschulbau des<br />

Landes zu einem erfolgreichen Ende geführt. Zu Beginn des<br />

Wintersemesters ist das Chemische Institut wieder unter einem<br />

Dach vereint.<br />

40 9


„Einfache Häusergruppen lassen sich aus öder<br />

oder gleichgültiger Wirkung nur zu lebendigen,<br />

harmonischen Gefügen machen, wenn ganze<br />

Gruppen einzelner Menschen die kleinen Ströme<br />

ihres Willens zusammenfließen lassen zu einem<br />

gemeinsamen Zweck.“<br />

fritZ schuMacher<br />

1919<br />

über das plaNerische feiNwerk eiNer GeNeralsaNieruNG<br />

Professor Dr. Ulrich Nagel<br />

Direktor des Chemischen Zentralinstituts der Eberhard Karls Universität Tübingen<br />

Vor etwa zehn Jahren wurde mir klar, dass ein weiterer<br />

Betrieb des Chemie-Hochhauses in der damals bestehenden<br />

Form schon aus Sicherheitsgründen problematisch<br />

wäre.<br />

Wir hatten es zwar mithilfe organisatorischer Maßnahmen<br />

und auch mit einer großen Portion Glück geschafft, alle<br />

Brände im Entstehen zu löschen und keine größeren Brände<br />

zu verursachen. Auch wäre durch die umlaufenden Fluchtbalkone<br />

ein Verlassen des <strong>Gebäude</strong>s bei einem Großbrand<br />

möglich gewesen. Andererseits hätte sich ein Brand jederzeit<br />

auf das ganze <strong>Gebäude</strong> ausdehnen können, da es gegen einen<br />

Überschlag von Feuer von einer Etage zur anderen keine ausreichende<br />

Absicherung gab. Die bestehenden Abzüge waren<br />

zwar robust und auch gut zu benutzen. Es waren aber zu wenige,<br />

was immer wieder dazu verleitete, gefährliche Laborarbeiten<br />

ohne den Schutz eines Abzuges zu beginnen. Der Wunsch<br />

nach mehr Abzügen war nicht zu erfüllen, da die vorhandenen<br />

derart viel Luft verbrauchten, dass die bestehenden Leitungen<br />

nicht für weitere Abzüge ausreichen würden. Da die in der<br />

Abluft enthaltene Wärme kaum genutzt wurde, entstand im<br />

Winter ein Heizenergie-Bedarf, der letzten Endes das Chemische<br />

Institut als Ganzes für die Universität finanziell untragbar<br />

gemacht hätte. Als damaligem Dekan fiel mir also die Aufgabe<br />

zu, den Verantwortlichen die Entscheidung für einen Neubau<br />

oder eine Sanierung zu erleichtern. Als letztere dann beschlos-<br />

sen wurde, fiel mir quasi automatisch die Funktion des Baubeauftragten<br />

für die Sanierung des Chemie-Hochhauses zu,<br />

eine für mich eigenartige Position zwischen allen beteiligten<br />

Parteien. Die Planung begann also.<br />

da das bestehende <strong>Gebäude</strong> sehr groß ist und<br />

die rohbau-substanz sehr gut, schied ein Neubau<br />

sehr bald aus. es gab hierbei zwei wichtige<br />

Gegengründe: wo gäbe es einen ausreichend<br />

großen bauplatz auf dem unigelände? und was<br />

würde man nach dem Neubau mit dem frei gewordenen<br />

alten <strong>Gebäude</strong> anfangen?<br />

Für diese Fläche gab und gibt es an der Uni keinen Bedarf.<br />

Ein Abriss des Hochhauses wäre sehr teuer gekommen. Es<br />

war damit klar, es muss saniert werden. Nach vielem Hin und<br />

Her wurde geplant, etagenweise vorzugehen. Dabei sollten<br />

immer drei übereinanderliegende Etagen geräumt und die jeweils<br />

mittlere saniert werden. Für diese drei Etagen musste ein<br />

Auslagerungsgebäude erstellt werden. Wir legten fest, dass die<br />

Baustelle sich von unten nach oben durch das <strong>Gebäude</strong> arbeiten<br />

sollte. Dies hatte den Vorteil, dass im Auslagerungsgebäude<br />

zur Hälfte Werkstätten und Verwaltung und zur anderen<br />

Hälfte Grundpraktika gebaut werden mussten, beides billiger<br />

als Forschungslabors. Dieses <strong>Gebäude</strong> sollte ursprünglich<br />

nach der Sanierung von der Chemie geräumt und von der Uni<br />

8 43


anderweitig verwendet werden. Da ein Ausbau eines <strong>Gebäude</strong>s<br />

für die Chemie extrem teuer ist, entschloss man sich jedoch,<br />

das Auslagerungsgebäude nach Abschluss der Sanierung bei<br />

der Chemie zu belassen und stattdessen das Institut für Physikalische<br />

und Theoretische Chemie, das bisher im <strong>Gebäude</strong><br />

B untergebracht war, in das <strong>Gebäude</strong> A zu verlegen. Nach der<br />

Sanierung würde man den entsprechenden Teil des <strong>Gebäude</strong>s<br />

B an die Universität zur anderweitigen Nutzung geben. Somit<br />

sind nach der Sanierung die <strong>Institute</strong> für Anorganische-, Organische-,<br />

Physikalische und Theoretische Chemie in einem<br />

Haus vereint. Das Auslagerungsgebäude wurde dann auch<br />

entsprechend gebaut und bezogen.<br />

Während der Bauzeit dieses <strong>Gebäude</strong>s wurde die Sanierung<br />

des Chemie-Hochhauses im Detail geplant. Es stellte sich jedoch<br />

heraus, dass die geplante etagenweise Sanierung des<br />

eigentlichen Chemie-Hochhauses nur mit einem unwirtschaftlich<br />

hohen Aufwand an technischen Provisorien durchführbar<br />

war. Was nun? Es blieben zwei Optionen. Erstens: Alles<br />

abschalten, ausziehen, sanieren und danach wieder einziehen.<br />

Diese Option war undurchführbar, da es keine ausreichend<br />

große Laborfläche zur Auslagerung des ganzen Hauses in der<br />

Region Tübingen gab und gibt. Die zweite Option bestand<br />

darin, das <strong>Gebäude</strong> durch einen vertikalen Schnitt zu teilen<br />

und die Teile nacheinander zu sanieren. Dies hätte den Bedarf<br />

an Laborfläche für die Auslagerung etwa halbiert. Leider war<br />

44 9


auch diese Option technisch nicht durchführbar, da wichtige<br />

Einrichtungen, wie zum Beispiel die Heizung und die Kombination<br />

aus Aufzügen und Treppenhaus nur einmal vorhanden<br />

waren. Um überhaupt weiterzukommen, machte ich den mutigen<br />

Vorschlag, die ganze Chemie für drei Monate (Semesterferien<br />

etwas aufgerundet) stillzulegen und in dieser Zeit zentrale<br />

Einrichtungen so umzubauen, dass danach ein vertikal<br />

abgetrennter Teil des <strong>Gebäude</strong>s saniert werden könnte. Bei<br />

der detaillierten Planung ergab sich, dass acht Monate völliger<br />

Abschaltung des <strong>Gebäude</strong>s nötig waren. Anschließend musste<br />

bei laufendem Betrieb im Nordteil des <strong>Gebäude</strong>s der Südteil<br />

saniert werden. Den kleinen Finger hatte ich hingestreckt, die<br />

ganze Hand wurde genommen! Jetzt begann für mich ein wildes<br />

Planen. Es war klar, dass eine Zwangspause für acht Monate<br />

nicht in Frage kam. Es war auch klar, dass der inzwischen<br />

im Bau befindliche Auslagerungsbau (jetzt das <strong>Gebäude</strong> H)<br />

für die Aufnahme aller Nutzer des Chemie-Hochhauses viel<br />

zu klein war. Gemeinsam mit der Uni-Verwaltung wurde eine<br />

Liste aufgestellt, was es an Räumen gab. Die Aufteilung von<br />

meinen Kollegen und mir auf Büroflächen gelang vergleichsweise<br />

einfach, obwohl teilweise erhebliche Einschränkungen<br />

hingenommen werden mussten, wie als Extremfall zehn Minuten<br />

Autofahrt oder Abstriche in Lage und Ausstattung. Ein<br />

Kollege bemerkte bei einem Besuch in meinem Auslagerungsbüro,<br />

es habe „den diskreten Charme einer ehemaligen DDR-<br />

Grenzbaracke“.<br />

46<br />

dafür hatte ich rehe direkt vor dem fenster und<br />

vor jeder Vorlesung zehn Minuten gesunden<br />

spaziergang bei schnee, regen oder sonnenschein.<br />

Bei den Labors waren die Einschnitte noch gravierender. Alle<br />

mussten mit einem Bruchteil der bisherigen Fläche auskommen.<br />

Praktikumsflächen wurden sowohl für Diplomanden<br />

als auch für Doktoranden verwendet. Wenn möglich, wurden<br />

Praktika vorgezogen oder verschoben, so dass während der<br />

Totalsperre des Chemie-Hochhauses möglichst wenige stattfanden.<br />

Um Raum zu sparen, hatte ich in einem extremen Fall<br />

den Vorschlag durchgesetzt, dass die Praktika für eine Studentengruppe<br />

zwei Wochen lang von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr<br />

abends stattfanden, die dann eine Woche frei hatte, in der eine<br />

andere Gruppe den Raum nutzte. Die verlängerten Schichten,<br />

mit Freizeit-Ausgleich wie auf einer Bohrinsel, wurden auch<br />

akzeptiert. Es kam jedoch sogar noch schlimmer, denn die<br />

Baufirma wurde in den acht Monaten, die für die völlige Sperrung<br />

des <strong>Gebäude</strong>s angesetzt waren, nicht fertig. Kurz vor der<br />

geplanten Wiederinbetriebnahme wurden in der noch nicht<br />

sanierten südlichen <strong>Gebäude</strong>hälfte fast die gesamten kupferhaltigen<br />

Rohre und Installationen entwendet. Bei der folgenden<br />

Umplanung haben wir dann die Phase, in der im Südteil<br />

normaler Betrieb herrschen sollte, während der Nordteil saniert<br />

wurde, fast völlig eliminiert und nur einige Praktika im<br />

Südteil untergebracht, bis der Nordteil fertig war. Diese Spanne<br />

konnte von der Baufirma genutzt werden, um die Bauzeit<br />

insgesamt zu verkürzen, und das, obwohl der erste Teil länger<br />

gedauert hatte als geplant. Anfänglich gab es im Südteil eine<br />

Reihe von Problemen mit der Lüftungsanlage, die öfter ausfiel<br />

und zu laut war. Dies konnte durch einen nachträglichen Umbau<br />

behoben werden.<br />

Ich hoffe, die Beispiele haben einen Eindruck vermittelt, was<br />

bei der Sanierung eines großen High-Tech-<strong>Gebäude</strong>s im laufenden<br />

Betrieb auf Nutzer und Verantwortliche zukommen<br />

kann. Meine Erfahrung bei diesem Großprojekt kann ich ganz<br />

einfach folgendermaßen zusammenfassen: Viele Dinge kommen<br />

oft anders als man denkt.<br />

heraus kamen die labors und anderen räume,<br />

die gewünscht und geplant worden waren –<br />

und das in wesentlich verkürzter bauzeit. das<br />

<strong>Gebäude</strong> und seine einrichtung werden von<br />

meinen kollegen gut angenommen – nur die<br />

grüne farbe des fußbodens war für viele gewöhnungsbedürftig!<br />

Ich möchte mich an dieser Stelle bei meinen Kollegen für ihr<br />

Verständnis bedanken. Sie mussten eine Reihe von Zumutungen<br />

hinnehmen. Dies erfolgte je nach persönlichem Tem-<br />

perament verschieden leicht. In diesem Job lernt man seine<br />

Kollegen kennen – aber letzten Endes auch schätzen.<br />

Bedanken möchte ich mich auch bei den Mitarbeitern des<br />

Bauamtes und den beteiligten Fachingenieuren. Einige Jahre<br />

wurde das Bauamt so etwas wie meine zweite Heimat, wo ich<br />

oft halbe Tage verbrachte, um einen guten Ausgleich zwischen<br />

den Wünschen meiner Kollegen, technisch Machbarem und<br />

verfügbarem Geld zu finden.<br />

Mein Dank gilt auch den Angehörigen der Universitätsverwaltung,<br />

die immer ein offenes Ohr für meine Sorgen und<br />

Wünsche hatten.<br />

47


8 49


Vorteilhafte Begriffe hingegen muß man von der<br />

Denkungsart eines Volkes bekommen, das auch in<br />

seinen geringsten <strong>Gebäude</strong>n und in den kleinsten<br />

Teilen derselben, wahren Geschmack, Überlegung,<br />

Schicklichkeit und edle Einfalt zeigt. Bei den Thebanern<br />

war ein Gesetz, nach welchem ein Maler, der<br />

ein schlechtes Werk verfertigt hatte, um Geld gestraft<br />

wurde. Wichtiger wäre es, in einem gesitteten<br />

Staat Gesetze zur Verhütung grober Fehler gegen<br />

die Baukunst einzuführen.<br />

JohaNN GeorG sulZer<br />

um 1778<br />

plaNuNGsdateN plaNuNGsbeteiliGte<br />

Baugenehmigung : 03. Juni 2005<br />

Genehmigung Bauunterlage: 04. Mai 2005<br />

Baubeginn: August 2007<br />

Fertigstellung: Juli 2010<br />

Flächendaten<br />

Hauptnutzfläche: 9.772 m²<br />

Nutzfläche: 10.039 m²<br />

Nettogrundfläche: 17.604 m²<br />

Bruttogrundfläche: 18.997 m²<br />

Bruttorauminhalt: 79.213 m³<br />

Kosten<br />

Gesamtbaukosten: 45 Mio. Euro<br />

Bauherr<br />

Land Baden-Württemberg<br />

vertreten durch<br />

Vermögen und Bau<br />

Baden-Württemberg<br />

Amt Tübingen<br />

Schnarrenbergstraße 1<br />

72076 Tübingen<br />

Nutzer<br />

Universität Tübingen<br />

Chemisches Institut<br />

Planung / Projektleitung<br />

Vermögen und Bau<br />

Baden-Württemberg,<br />

Amt Tübingen<br />

Entwurfsstatik<br />

Schneck Schaal Braun<br />

Ingenieurgesellschaft<br />

Bauen mbH<br />

Beratende Ingenieure<br />

VBI.BDB<br />

Wahlhau 47<br />

72070 Tübingen<br />

Schadstoffe und Altlasten<br />

Butscher<br />

Angewandte Geologie<br />

Jägerhalde 121<br />

70327 Stuttgart<br />

Vermessung<br />

Reiner Helle<br />

Ing.-Büro für<br />

Vermessungswesen<br />

Eduard-Spranger-Straße 4<br />

72076 Tübingen<br />

8 51


Bauphysik<br />

GN Bauphysik<br />

Ingenieurgesellschaft mbH<br />

Bahnhofstraße 27<br />

70372 Stuttgart<br />

Heizung, Lüftung,<br />

Sanitär, Kälte<br />

Ing.-Büro SRM<br />

Talstraße 23<br />

72116 Mössingen<br />

Brandschutz<br />

Ing.-Büro<br />

Halfkann & Kirchner<br />

Richard-Lucas-Straße 4<br />

41812 Erkelenz<br />

52<br />

Elektro<br />

Ing.-Büro<br />

Hildebrand & Hau<br />

Lindwurmstraße 217<br />

80337 München<br />

MSR-Technik<br />

Ing.-Büro Hugo Post<br />

Nürtinger Straße 11<br />

72663 Großbettlingen<br />

Laborplanung<br />

Dr. Heinekamp<br />

Gaußstraße 12<br />

85757 Karlsfeld<br />

plaNuNGsbeteiliGte<br />

GeNeraluNterNehMer<br />

ARGE-Partner<br />

Lindner AG<br />

Bahnhofstraße 29<br />

94424 Arnstorf<br />

ARGE-Partner<br />

Schadstoff- und<br />

Fassadensanierung<br />

RMI Richard Mayer<br />

Industrie- und Umweltservices<br />

GmbH & Co. KG<br />

Mahdentalstraße 45<br />

71065 Sindelfingen<br />

Haustechnik<br />

Projektierung<br />

Ingenieurbüro für<br />

Energie- und Haustechnik<br />

Andras Duba GmbH<br />

Hauptstraße 4<br />

07646 Tröbnitz<br />

Architektur und Statik<br />

Gruoner & Partner<br />

Ingenieurbüro für Bauwesen<br />

Hörvelsingerweg 23/1<br />

89081 Ulm<br />

Sicherheitskoordinator<br />

Architektur<br />

Achenbach & Partner<br />

Safetymanagement GdbR<br />

Merkurstraße 20<br />

70565 Stuttgart<br />

Prüfstatik<br />

Dipl.-Ing. Matthias Gerold<br />

Reinhold-Funk-Straße 48 b<br />

76133 Karlsruhe<br />

ausführeNde firMeN<br />

GeNeraluNterNehMer<br />

Labormöbel<br />

Wesemann Labortechnik<br />

GmbH & Co. KG<br />

Niederlassung Ulm<br />

Schulze-Delitzsch-Weg 28<br />

89079 Ulm-Wiblingen<br />

Lüftung<br />

Imtech Deutschland<br />

GmbH & Co. KG<br />

Hauptniederlassung<br />

Stuttgart<br />

Motorstraße 62<br />

70499 Stuttgart<br />

Heizung<br />

S.+H. Stelzig GmbH<br />

Haus- und Versorgungstechnische<br />

Anlagen<br />

Dorfäckerstraße 27<br />

90427 Nürnberg<br />

Elektro<br />

Wahlen & Schabbach<br />

Elektroinstallations-GmbH<br />

Im Gewerbegebiet 4<br />

66709 Weiskirchen<br />

Fassade<br />

Josef Schindlbeck<br />

Hauptstraße 35<br />

84163 Marklhofen<br />

Stahlbau<br />

MEDAG Stahlbau GmbH<br />

Daimlerstraße 11<br />

89155 Erbach<br />

Gerüstbau<br />

Mack Gerüsttechnik GmbH<br />

Carl-Zeiss-Straße 2<br />

71101 Schönaich<br />

Abbruch<br />

Ibrahim Yenia<br />

Martin-Luther-Str. 34 - 42<br />

71101 Schönaich<br />

Dachabdichtung,<br />

Fassade / Dach<br />

Fritz Technologie<br />

Gottlieb-Daimler-Straße 64 / 1<br />

71711 Murr<br />

Kernbohrarbeiten<br />

Peter Streng<br />

Diamanttechnik<br />

Mainfrankenpark 59<br />

97337 Dettelbach<br />

Fördertechnik<br />

Schindler Aufzüge und<br />

Fahrtreppen GmbH<br />

Höhenstraße 17<br />

70736 Fellbach<br />

Metallbau-<br />

Rohrrahmentüren<br />

Ludwig Epple Metallbau<br />

Marie-Curie-Straße 6<br />

71083 Herrenberg<br />

Rohbau<br />

Krasniqi<br />

Derendinger Straße 35<br />

72072 Tübingen<br />

Stahlblechtüren<br />

Hörmann KG<br />

Verkaufsgesellschaft<br />

Niederlassung Stuttgart<br />

Industriestraße 18<br />

71272 Renningen<br />

53


Sonnenschutz<br />

Warema Renkhoff GmbH<br />

Am Kirchenhölzl 15<br />

82166 Gräfelfing<br />

Fliesenarbeiten<br />

Von Au - Gehrung<br />

Fliesen GmbH<br />

Metzingerstraße 47<br />

72622 Nürtingen<br />

Schlosserarbeiten<br />

Schramm Metallbau<br />

Staudach 90 - 92<br />

72074 Tübingen<br />

Maler- und<br />

Lackierarbeiten<br />

Maler Rauch<br />

Nördlingen GmbH<br />

Gewerbestraße 1<br />

86720 Nördlingen<br />

54<br />

Bodenbeschichtungsarbeiten<br />

2-K-Tech Ltd & Co. KG<br />

Klaiberstraße 1<br />

71665 Vaihingen<br />

Bodenbelagsarbeiten<br />

Raumstudio Falter<br />

GmbH & Co. KG<br />

Ringstraße 20 - 22<br />

70736 Fellbach<br />

WC-Trennwände<br />

Kemmlit-<br />

Bauelemente GmbH<br />

Maitschachstraße 37<br />

72144 Dusslingen<br />

Windfanganlage<br />

Hippauf & Stegmüller<br />

Eggenfeldener Straße 35<br />

94424 Arnstorf


56 57


Allgemeiner Hochbau<br />

Schlüsselfertiges Bauen<br />

Um- und Ausbau<br />

Komplettsanierung<br />

Bauwerkstrockenlegung<br />

Kernbohrungen / Diamantschneidearbeiten<br />

Wir bedanken uns für die erfolgreiche<br />

Zusammenarbeit.<br />

Wir wünschen dem <strong>Naturwissenschaftliche</strong>n<br />

Institut viel Erfolg für<br />

die weitere Zukunft.<br />

S. Krasniqi<br />

Derendinger Str. 35<br />

72072 Tübingen<br />

Tel. 07071 / 566 87 46<br />

Fax 07071 / 566 82 10<br />

info@s-krasniqi.de<br />

www.s-krasniqi.de<br />

58 59


iMpressuM<br />

Herausgeber<br />

Finanzministerium Baden-Württemberg<br />

Redaktion<br />

Vermögen und Bau Baden-Württemberg, Amt Tübingen<br />

Fotografie<br />

Brigida González, Stuttgart<br />

Gestaltung<br />

Designklinik, Stuttgart<br />

Druck<br />

Henkel Druckerei, Stuttgart<br />

Auflage<br />

1000 Stück<br />

© Oktober 2010<br />

Finanzministerium Baden-Württemberg<br />

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