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Ghana im Goldrausch - Menschenrechte ... - FIAN Österreich

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<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong><br />

<strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft<br />

und Wälder in Gefahr<br />

1


In <strong>Ghana</strong> arbeiten sowohl in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft als auch <strong>im</strong> Kleinbergbau ebenso viele Frauen wie<br />

Männer.<br />

Genauere Untersuchungen dazu, welche spezifischen Auswirkungen Enteignungen und Zwangsumsiedlungen für den<br />

Großtagebau auf Frauen haben, und wie ihre Rechte besser geschützt werden können, gibt es in <strong>Ghana</strong> bisher nicht. Aufgrund<br />

der Kr<strong>im</strong>inalisierung der Galamsey gibt es zudem nur wenige authentische Berichte über das Leben von Frauen,<br />

die <strong>im</strong> Kleinbergbau aktiv sind. Für die Öffentlichkeit und die Politik sind sie deshalb unsichtbar. Hier besteht nicht nur<br />

für Wissenschaftler, sondern auch für Menschenrechtsorganisationen ein Nachholbedarf.<br />

Aus praktischen Gründen wird <strong>im</strong> Folgenden der Begriff „Kleinbauern“ gleichbedeutend mit dem Begriff „Kleinbäuerinnen<br />

und Kleinbauern“ und der Begriff „Kleinschürfer“ gleichbedeutend mit dem Begriff „Kleinschürferinnen und<br />

Kleinschürfer“ verwandt.<br />

Impressum:<br />

Herausgeber:<br />

<strong>FIAN</strong>-Deutschland e.V. <strong>FIAN</strong> <strong>Österreich</strong><br />

Briedeler Straße 13 Johann Strauss Gasse 33/2-3<br />

D-50969 Köln A-1040 Wien<br />

fian@fian.de • www.fian.de fian-oe@oneworld.at • www.fian.at<br />

Autorin:<br />

Ute Hausmann<br />

Gestaltung:<br />

Uschi Strauß<br />

Fotos: © <strong>FIAN</strong> oder siehe Bildunterschrift<br />

Köln, November 2008<br />

Mir freundlicher Unterstützung von Misereor und dem Evangelischen Entwicklungsdienst (EED).<br />

2 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Einführung – „Das Leben mit Bergbau ist die Hölle“ .......................................4<br />

2. Bergbau untergräbt <strong>Menschenrechte</strong> und Lebensgrundlagen ..........................8<br />

a. Gold statt Kakao, Cassava und Wald ..................................................................................8<br />

b. Ohne Wasser leben ....................................................................................................... 10<br />

c. Kleinschürfer <strong>im</strong> Teufelskreis der Armut ........................................................................ 12<br />

3. Aneignung produktiver Ressourcen für den Profit Weniger ........................... 15<br />

a. Gemeinden ohne Mitspracherecht ..................................................................................15<br />

b. Goldunternehmen als Retter der Wälder ......................................................................... 16<br />

c. Neue Lebensgrundlagen nicht in Sicht............................................................................ 17<br />

4. Multinationale Konzerne als Gewinner ....................................................... 20<br />

a. Risikomin<strong>im</strong>ierung für Konzerne ..................................................................................20<br />

b. Protest trifft auf Gewehrläufe .......................................................................................21<br />

c. Wie werden Gewinne verteilt? ........................................................................................22<br />

5. Schlussfolgerungen – Das Recht, über das eigene Schicksal zu best<strong>im</strong>men ..... 24<br />

Anmerkungen .............................................................................................. 26<br />

Literatur ...................................................................................................... 28<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

3


1. Einführung – „Das Leben mit Bergbau ist die Hölle“<br />

1. Einführung – „Das Leben mit Bergbau ist die Hölle“<br />

Im September 2008 veröffentlichte die ghanaische Menschenrechtskommission<br />

(Commission on Human Rights<br />

and Administrative Justice, CHRAJ) einen Bericht über die<br />

Lage der <strong>Menschenrechte</strong> in den Bergbaugemeinden in<br />

<strong>Ghana</strong>. Auf zweihundert Seiten listet CHRAJ die Ergebnisse<br />

der Untersuchung auf, die Mitglieder der Kommission in 42<br />

Gemeinden in fünf der zehn Regionen <strong>Ghana</strong>s durchgeführt<br />

haben. Die Studie bestätigt, was die Basisorganisation<br />

WACAM (Wassa Association for Communities affected by<br />

Mining) Anfang 2008 kurz und knapp konstatierte: „Das Leben<br />

mit Bergbau ist die Hölle.“ WACAM reagierte hiermit auf<br />

den Slogan der Interessensvertretung der Bergbauindustrie<br />

- der <strong>Ghana</strong> Chamber of Mines -, den diese anlässlich ihres<br />

achtzigsten Geburtstages ausgegeben hatte: „Leben ohne<br />

Bergbau ist unmöglich.“ In diesen beiden Aussagen spiegelt<br />

sich ein Grundkonflikt, der fast unauflöslich erscheint: Zum<br />

einen stellt Gold heute das bedeutendste Exportprodukt<br />

<strong>Ghana</strong>s dar, zum anderen leiden inzwischen Zehntausende<br />

unter Zwangsumsiedlung, Verlust ihres Landes und der Verschmutzung<br />

der Umwelt.<br />

Dominanz multinationaler Unternehmen<br />

Nur zehn Prozent des Goldes wird heute in <strong>Ghana</strong> von Kleinschürfern<br />

gewonnen, 90 Prozent der Produktion liegt in den<br />

Händen multinationaler Konzerne aus Kanada, den USA,<br />

Südafrika und Australien. Die Präsenz multinationaler Konzerne<br />

ist so dominant, dass selbst die Vorsitzende der Chamber<br />

of Mines, Joyce Aryee, von Neo-Kolonialismus spricht:<br />

„Wenn multinationale Unternehmen das Land und die<br />

Minen von Afrika besitzen, ist dies der direkteste Weg, den<br />

Kontinent auszutrocknen. Die <strong>im</strong>mensen Ressourcen Afrikas<br />

können nur dann vollständig zur Anhebung des Lebensstandards<br />

der Massen genutzt werden, wenn der Kontinent<br />

vollständig von allen Formen des Neo-Kolonialismus befreit<br />

wird und die Wirtschaft auf einer kontinentalen Grundlage<br />

entwickelt wird. 1 “ Die Erfahrung mit dem Kolonialismus hat<br />

auch die Afrikanische Charta der <strong>Menschenrechte</strong> und der<br />

Rechte der Völker inspiriert, die 1981 von den afrikanischen<br />

Basisdaten <strong>Ghana</strong><br />

Regierungen verabschiedet wurde und die heute das zentrale<br />

Menschenrechtsdokument <strong>im</strong> regionalen Menschenrechtssystem<br />

Afrikas darstellt. In Artikel 21.1. der Charta<br />

heißt es: „Alle Völker verfügen frei über ihre Reichtümer<br />

und Bodenschätze. Dieses Recht üben sie ausschließlich <strong>im</strong><br />

Interesse ihrer Bevölkerung aus. In keinem Fall darf ein Volk<br />

dieses Rechts beraubt werden.“ Entsprechend dieser Grundidee<br />

sind laut ghanaischer Verfassung alle Bodenschätze<br />

<strong>Ghana</strong>s <strong>im</strong> Besitz des ghanaischen Staates und werden vom<br />

Präsidenten <strong>im</strong> Interesse des ghanaischen Volkes verwaltet.<br />

Angesichts der massiven negativen Auswirkungen des<br />

Goldabbaus in <strong>Ghana</strong> muss jedoch hinterfragt werden, ob<br />

der ghanaische Staat oder gar das ghanaische Volk heute<br />

frei über die Bodenschätze des Landes verfügen und ob die<br />

Ausbeutung der Bodenschätze in einer Weise erfolgt, die <strong>im</strong><br />

Interesse der ghanaischen Bevölkerung ist.<br />

Niedrigere Lizenzgebühren<br />

als in der Kolonialzeit<br />

Als 1897 in Obuasi die erste Goldmine in <strong>Ghana</strong> gegründet<br />

wurde, war der Ort, der zu dem Königreich der Ashanti gehörte,<br />

erst <strong>im</strong> Vorjahr unter die Kontrolle der britischen Kolonialherren<br />

gefallen. Die Kolonialregierung und das britische<br />

Unternehmen, das sich Ashanti Goldfields Corporation<br />

nannte, hatten ein gemeinsames Interesse: die Aneignung<br />

Größe: 239.460 Quadratkilometer<br />

Bevölkerung: geschätzt: 20,5 Mio (2003; zusätzlich etwa 2 Mio <strong>im</strong> Ausland); ca. 2,0% jährliches Wachstum<br />

Unabhängigkeit: 6. März 1957<br />

Regierungsform: Präsidialdemokratie (4. Republik seit 1993, Verfassung von 1992)<br />

Verwaltungsstruktur: 10 Regionen mit Regionalministern, 110 Distrikte mit „District Chief Executives“ und „District Assemblies“<br />

Bruttoinlandsprodukt (BIP): 12,48 Mrd. US Dollar (2006)BIP pro Kopf: 558 US Dollar<br />

Wirtschaftswachstum: 3,6 % (2007)<br />

Wichtigste Exportgüter: Gold, Kakao, Edelhölzer<br />

Quelle: Auswärtiges Amt<br />

Quelle: http://commons.wik<strong>im</strong>edia.org/wiki/Image:Location<strong>Ghana</strong>.svg<br />

4 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


des Landes der Ashanti. Die Beziehungen<br />

zu London waren eng. Zum einen war das<br />

Unternehmen in London registriert, zum<br />

anderen wurden auch die Steuern direkt an<br />

die britische Regierung in London gezahlt.<br />

Bis in die 1930er Jahre zahlte das Unternehmen<br />

fünf Prozent des Wertes des geförderten<br />

Goldes in Form von Lizenzgebühren an die<br />

Regierung in London2 Bergbauprojekte, die in diesem Bericht explizit genannt werden:<br />

Projekt Unternehmen Region<br />

Ahafo Newmont <strong>Ghana</strong> Gold L<strong>im</strong>ited Brong Ahafo Region<br />

Akyem Newmont <strong>Ghana</strong> Gold L<strong>im</strong>ited Eastern Region<br />

Bogoso Golden Star Resources Western Region<br />

Iduapriem AngloGold Ashanti Western Region<br />

. Danach stiegen die Obuasi AngloGold Ashanti Ashanti Region<br />

Lizenzgebühren deutlich an und lagen bis<br />

zur Unabhängigkeit <strong>Ghana</strong>s <strong>im</strong> Jahre 1957<br />

bei mindestens 23 Prozent. Diese Zahlen sind beachtlich,<br />

insbesondere wenn man den Vergleich zu heute herstellt:<br />

aktuell zahlt keines der <strong>im</strong> Bergbau aktiven multinationalen<br />

Unternehmen mehr als drei Prozent des Wertes des geförderten<br />

Goldes als Lizenzgebühr an den ghanaischen Staat.<br />

Die Frage, inwieweit das Land von der Ausbeutung der Bodenschätze<br />

profitiert, steht heute hoch auf der politischen<br />

Agenda. Bei den Bergbaugemeinden kommt kaum etwas von<br />

den erzielten Profiten an. Nicht nur die Gemeinden, sondern<br />

auch die Unternehmen haben ein Interesse, dass sich dies<br />

ändert. Die Verarmung der ländlichen Bevölkerung <strong>im</strong> Umkreis<br />

der großen Goldminen stellt für Goldunternehmen ein<br />

Geschäftsrisiko dar, da die unzufriedene Bevölkerung Genehmigungsprozesse<br />

verlangsamen und unter Umständen<br />

sogar den laufenden Betrieb behindern kann.<br />

Macht des Marketing<br />

Als <strong>FIAN</strong> <strong>im</strong> Jahr 2001 mit WACAM die erste gemeinsame<br />

Untersuchungsreise (Fact Finding Mission) <strong>im</strong> Wassa West<br />

District durchführte, war keines der Unternehmen bereit,<br />

mit der Delegation zu sprechen. Heute ist die Situation<br />

eine andere. Teil der Strategie des Risikomanagements<br />

der Unternehmen ist es, Beziehungen zu den Nichtregierungsorganisationen<br />

(NRO) aufzubauen, um einschätzen<br />

zu können, welche Probleme von den Gemeindemitgliedern<br />

benannt und von den NRO aufgegriffen werden. Diese Erkenntnisse<br />

werden dann von den „Community Relations<br />

Managern“ und der Marketingabteilung aufgegriffen. Insbesondere<br />

das US-amerikanische Unternehmen Newmont,<br />

das seit 2003 in <strong>Ghana</strong> aktiv ist, liefert den ghanaischen<br />

Zeitungen regelmäßig Gegendarstellungen zu Berichten,<br />

die auf WACAM oder <strong>FIAN</strong> zurückgehen. Newmont hat sogar<br />

einen Fernsehspot produziert, in dem Menschen, die für die<br />

Ahafo-Mine umgesiedelt wurden, das Unternehmen über<br />

alle Maßen loben. Die Macht der Marketingabteilungen<br />

der Unternehmen ist heute eine der zentralen Herausforderungen<br />

für die ghanaischen Zivilgesellschaft, die nur mit<br />

geringen finanziellen Mitteln ausgestattet ist. Nur wenige<br />

Politiker und Journalisten reisen in die abgelegenen Bergbaugebiete.<br />

Tun sie es doch, dann oft auf Einladung der Unternehmen,<br />

deren Mitarbeiter sehr genau kontrollieren, was<br />

die Besucher zu sehen bekommen. Vor diesem Hintergrund<br />

erhält der vor kurzem von der Menschenrechtskommission<br />

CHRAJ vorgelegte Bericht besondere Bedeutung, da sich<br />

hiermit eine unabhängige staatliche Behörde öffentlich<br />

positioniert hat. Als <strong>FIAN</strong> und WACAM 2001 den ersten<br />

Bericht über Menschenrechtsverletzungen <strong>im</strong> Bergbau in<br />

<strong>Ghana</strong> vorlegten, wurde CHRAJ ebenfalls aktiv. Auf Grundlage<br />

einer eigenen Untersuchungsreise bestätigte CHRAJ<br />

<strong>im</strong> Wesentlichen die Ergebnisse der Untersuchung durch<br />

<strong>FIAN</strong> und WACAM. Für eine öffentliche Debatte war die Zeit<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

1. Einführung – „Das Leben mit Bergbau ist die Hölle“<br />

Quelle: http://commons.wik<strong>im</strong>edia.org/wiki/Image:<strong>Ghana</strong>-karte-politisch.png<br />

jedoch noch nicht reif – der Bericht von CHRAJ wurde nie<br />

veröffentlicht.<br />

Offene Türen für Investoren<br />

Während in der Kolonialzeit der Zugang zu und die Kontrolle<br />

über das Land für Bergbauunternehmen durch die Kolonialregierung<br />

gesichert wurde, erfolgt dies heute durch ein<br />

dichtes Netz an nationalen Gesetzen und internationalen<br />

Abkommen zum Schutz der Interessen der Investoren. In<br />

<strong>Ghana</strong> legte das Bergbaugesetz von 1986 den Grundstein<br />

hierfür. Dieses Gesetz ist <strong>im</strong> Rahmen der Strukturanpassungsprogramme<br />

entstanden, die <strong>Ghana</strong> auf Druck von<br />

Weltbank und Internationalem Währungsfonds seit Anfang<br />

der 1980er Jahre durchführte. Mithilfe dieses Gesetzes<br />

wurde das Land für ausländische Investoren geöffnet, die<br />

staatlichen Mehrheitsanteile an den Goldunternehmen<br />

wurden auf Anteile in Höhe von zehn Prozent reduziert, und<br />

Investoren erhielten günstige Konditionen. Dies hatte zur<br />

Folge, dass seit der Verabschiedung des Bergbaugesetzes<br />

1986 vier Milliarden US Dollar in den Bergbausektor investiert<br />

wurden, <strong>im</strong> selben Zeitraum hat sich die Goldproduktion<br />

verfünffacht. Gold stellt heute 40 Prozent der gesamten<br />

5


1. Einführung – „Das Leben mit Bergbau ist die Hölle“<br />

Exporte und 96 Prozent der Exporte von Bodenschätzen dar,<br />

gleichzeitig trägt Gold jedoch nur fünf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt<br />

bei 3 . Bergbauunternehmen, die in <strong>Ghana</strong><br />

Gold produzieren möchten, müssen mit der Regierung ein<br />

Investitionsabkommen abschließen. In diesen Abkommen<br />

werden die Rechte und Pflichten des Unternehmens und<br />

der Regierung festgelegt. Obwohl die Abkommen durch<br />

das Parlament ratifiziert werden müssen, ist der Inhalt<br />

der Abkommen in der Öffentlichkeit so gut wie unbekannt.<br />

Das einzige Abkommen, das <strong>FIAN</strong> vorliegt, ist das zwischen<br />

Newmont und der ghanaischen Regierung. Diese Investitionsabkommen<br />

zwischen Unternehmen und Regierungen<br />

werden zunehmend mit menschenrechtlichen Argumenten<br />

hinterfragt, da dem Staat durch solche Abkommen in vieler<br />

Hinsicht die Hände gebunden sind, um <strong>Menschenrechte</strong> effektiv<br />

zu schützen und zu gewährleisten.<br />

Landlos dank Weltbank<br />

Multinationale Bergbauunternehmen haben nicht nur von<br />

der Politikberatung der Weltbank in <strong>Ghana</strong> profitiert, sondern<br />

haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten auch<br />

direkte Unterstützung durch die Weltbank erhalten. Der<br />

Privatsektorarm der Weltbank, die International Finance<br />

Corporation (IFC), investierte Ende der 1980er Jahre in die<br />

Rehabilitierung der Goldminen in Obuasi und Prestea. Eine<br />

fatale Entwicklung stellte die Umstellung von Untergrund-<br />

auf Tagebauminen Anfang der 1990er Jahre dar. Bald waren<br />

<strong>im</strong> Wassa West District in der Western Region 70 Prozent der<br />

Landesfläche für den Goldtagebau vergeben und der Distrikt<br />

wies die höchste Konzentration an Minen in ganz Afrika auf.<br />

Das Schicksal der Bevölkerung wurde ignoriert, Vertreibungen<br />

von Bauernfamilien waren an der Tagesordnung.<br />

1990 investierte IFC in die Iduapriem-Mine, eine der ersten<br />

Tagebauten. Zu diesem Zeitpunkt gab es innerhalb von<br />

IFC noch keine Umwelt- und Sozialstandards, Umweltverträglichkeitsprüfungen<br />

für IFC-Projekte wurden erst 1993<br />

eingeführt. Die nationale Gesetzgebung in <strong>Ghana</strong> machte<br />

Umweltverträglichkeitsprüfungen erst 1994 verbindlich.<br />

Für die Iduapriem-Mine bedeutete dies, dass erst 2003 ein<br />

Goldproduktion in<br />

<strong>Ghana</strong> in 2006 und<br />

2007 (in Unzen)<br />

1 Unze Gold = 31,8 Gramm<br />

Zehn Prozent des in <strong>Ghana</strong><br />

produzierten Goldes stammt<br />

von Kleinschürfern und aus<br />

mittleren Betrieben, die laut<br />

Gesetz ausschließlich an die<br />

Precious Minerals Marketing<br />

Corporation (PMMC) verkaufen<br />

dürfen.<br />

„Community Action Plan“ und für das Dorf Teberebie ein<br />

separater Umsiedlungsplan entwickelt wurde, nachdem<br />

WACAM und <strong>FIAN</strong> intensive Lobbyarbeit mit IFC und anderen<br />

beteiligten Investoren wie der Deutschen Entwicklungs- und<br />

Investitionsgesellschaft (DEG) geleistet hatten. Eine Frage,<br />

die jedoch fünf Jahre nachdem diese Aktionspläne in Kraft<br />

getreten sind, weiter offen bleibt, ist, wie die Bauernfamilien<br />

jemals wieder Land erhalten werden, um sich in Würde<br />

ernähren zu können. Zwischen 1990 und 1998 wurden <strong>im</strong><br />

Wassa West Distrikt 30.000 Menschen zwangsumgesiedelt<br />

und in etlichen Fällen gewaltsam vertrieben. Heute hat<br />

die Landlosigkeit in dieser Region erschreckende Ausmaße<br />

erreicht. Inzwischen wird das Problem zunehmend in andere<br />

Regionen exportiert, auch mit Unterstützung der Weltbank:<br />

2006 bewilligte IFC einen Kredit in Höhe von 125 Millionen<br />

US Dollar für die erste Goldmine in der Kornkammer <strong>Ghana</strong>s,<br />

der Brong Ahafo Region. Für die erste Phase dieser Mine,<br />

die zum weltweit größten Goldunternehmen Newmont<br />

gehört, verloren noch <strong>im</strong> selben Jahr 9.500 Menschen ihr<br />

Land, knapp 5.000 Menschen wurden umgesiedelt und in<br />

zwei Siedlungen zusammengepfercht. Aktuell steht die<br />

Ahafo-Mine vor der Erweiterung, mit der sich die Zahl der<br />

Betroffenen mehr als verdoppeln wird. Und das ist erst der<br />

Anfang: nach Angaben der Chamber of Mines sind bereits für<br />

13 Prozent der gesamten Landesfläche von <strong>Ghana</strong> Konzessionen<br />

für die Suche und damit mittelfristig für den Abbau<br />

von Gold vergeben 4 . Ein Unternehmen hat sich zudem vor<br />

der ghanaischen Küste schon 10.000 Quadratkilometer<br />

Meeresfläche für die Suche nach Gold gesichert 5 .<br />

Ausgegrenzt und eingepfercht<br />

Der vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen<br />

(UNDP) für 2007 erstellte Bericht über die menschliche Entwicklung,<br />

der sich schwerpunktmäßig mit der Frage der sozialen<br />

Ausgrenzung beschäftigt, benennt zwangsumgesiedelte<br />

Bergbaugemeinden als besonders gefährdete Gruppe,<br />

insbesondere in Bezug auf Gesundheit und den Zugang zu<br />

Land 6 . Der Bericht schließt sich damit den Ergebnissen des<br />

<strong>Ghana</strong> Living Standards Survey (GLSS 4) für die Jahre 1998<br />

dunkel: 2006, hell: 2007 •Quelle: Chamber of Mines (2008)<br />

6 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


und 1999 an. Menschen,<br />

die auf der Konzession von<br />

Bergbauunternehmen leben,<br />

erfahren oftmals eine<br />

physische Ausgrenzung<br />

und Einschränkung ihres<br />

Lebensraums, auch wenn sie<br />

nicht umgesiedelt werden.<br />

Die Gruben, die Staubecken<br />

für das Wasser, das <strong>im</strong> Produktionsprozess<br />

genutzt<br />

wird, die Transportwege für<br />

die gigantischen Bagger,<br />

all dies braucht Platz und<br />

schneidet den Weg zum<br />

nächsten Dorf, zur Schule<br />

oder den bewirtschafteten<br />

Feldern ab. Menschen,<br />

die umgesiedelt werden,<br />

werden oft auf sehr engem<br />

Raum in Siedlungen zusammengepfercht,<br />

die nicht der<br />

traditionellen Lebensweise<br />

und Kultur entsprechen.<br />

Eine wirtschaftliche Ausgrenzung<br />

erfolgt durch den<br />

Verlust von Einkommen aus<br />

der Landwirtschaft und dem<br />

Mangel an Arbeitsplätzen <strong>im</strong> Umfeld von hochtechnologisierten<br />

Tagebauten. Die Ausgrenzung wird nicht nur durch<br />

den Mangel an Land, sondern auch durch die Kommerzialisierung<br />

von Land forciert. Letzteres betrifft in besonderem<br />

Maße Frauen, die in <strong>Ghana</strong> in der Regel Nutzungsrechte,<br />

aber keine Besitzrechte an Land haben 7 . Der Bergbau trägt<br />

dazu bei, dass Land zur Ware wird, und dort, wo dies geschieht,<br />

sind Frauen besonders gefährdet.<br />

Neokoloniale Verhältnisse<br />

Wer sich die Geschichten der Menschen anhört, stellt sich<br />

zwangsläufig die Frage, warum diese hohen menschlichen<br />

Nach der Zwangsumsiedlung leben die Bauernfamilien in Ahafo auf sehr engem Raum.<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

1. Einführung – „Das Leben mit Bergbau ist die Hölle“<br />

Die Iduapriem-Mine wurde 17 Jahre lang von der Weltbank gefördert.<br />

Kosten in Kauf genommen werden, nur um mehr Gold zu<br />

produzieren als heute schon massenhaft ungenutzt in den<br />

Tresoren der Zentralbanken liegt. Die ghanaische Regierung<br />

macht in ihrer aktuellen Armutsbekämpfungsstrategie nicht<br />

einmal den Versuch, den Bergbau mit Armutsbekämpfung in<br />

Einklang zu bringen, sondern kündigt in erster Linie eine<br />

Ausweitung des industriellen Bergbaus an8 . 90 Prozent des<br />

Goldabbaus in <strong>Ghana</strong> wird von multinationalen Konzernen<br />

beherrscht. Deutlich über 90 Prozent der Erlöse aus dem<br />

Gold, das aus ghanaischem Boden geholt wird, landet in den<br />

Taschen dieser Unternehmen. Ermöglicht wurde dies durch<br />

die Strukturanpassungspolitik der Weltbank und die Kredite,<br />

die sie den Unternehmen gewährt. Abgesichert werden<br />

die Unternehmen durch<br />

Investitionsabkommen und<br />

internationale Schiedsgerichtsverfahren.<br />

Angesichts<br />

dessen scheint es durchaus<br />

gerechtfertigt zu sein, von<br />

neokolonialen Verhältnissen<br />

zu sprechen: Das Leben mit<br />

Bergbau in <strong>Ghana</strong> ist die<br />

Hölle, doch die aktuellen<br />

Verstrickungen zwischen Unternehmen,<br />

internationalen<br />

Finanzinstitutionen und der<br />

Regierung machen ein Leben<br />

ohne Bergbau unmöglich.<br />

7


2. Bergbau untergräbt <strong>Menschenrechte</strong> und Lebensgrundlagen<br />

2. Bergbau untergräbt <strong>Menschenrechte</strong> und Lebensgrundlagen<br />

Bei dieser Familie gibt es bei Regen nichts zu essen, da ihr Haus <strong>im</strong> Umsiedlungsdorf<br />

keine Küche hat.<br />

a. Gold statt Kakao, Cassava und Wald<br />

Die Brong Ahafo Region ist die Kornkammer <strong>Ghana</strong>s.<br />

30 Prozent der Nahrung des Landes wird hier produziert.<br />

Auch der Kakao-Anbau spielt eine bedeutende Rolle. In dieser<br />

Gegend entsteht seit 2004 die größte Goldmine <strong>Ghana</strong>s -<br />

die Ahafo Mine des US-amerikanischen Unternehmens Newmont.<br />

Aktuell beträgt die Fläche, die direkt für den Bergbau<br />

genutzt wird (mine take) 3.000 Hektar. Innerhalb weniger<br />

Jahre soll die Mine auf 12.500 Hektar anwachsen, was 125<br />

Quadratkilometern entspricht 9 . Für die erste Phase des Projekts<br />

wurden zwischen 2005 und 2006 etwa 5.000 Menschen<br />

umgesiedelt, etwa 4.500 Bauern verloren zudem zumindest<br />

einen Teil ihres landwirtschaftlich genutzten Landes 10 .<br />

Wieviele Menschen von der Erweiterung des Projektes<br />

betroffen sein werden, geht aus den bisher vorgelegten<br />

Dokumenten nicht hervor.<br />

Anhängig vom Land<br />

Vor der Umsiedlung und dem Verlust ihres Landes stellte<br />

sich die Situation der Menschen, die auf der Konzession<br />

der Ahafo Goldmine leben, folgendermaßen dar 11 : 95 Prozent<br />

sind Kleinbauern, die Nahrung für den Eigenbedarf<br />

und als „cash crop“ in erster Linie Kakao anbauen. Frauen<br />

übernehmen einen Großteil der Arbeit auf dem Feld und<br />

erwirtschaften zudem die Mehrheit des Einkommens neben<br />

der Landwirtschaft, indem sie zum Beispiel Holzkohle<br />

herstellen. Zwei Drittel der Erwachsenen verfügen nicht<br />

über Fähigkeiten, die ihnen eine Anstellung außerhalb der<br />

Landwirtschaft ermöglichen würden. Die Hälfte der Erwachsenen<br />

sind Analphabeten, 42 Prozent haben keine formelle<br />

Schulbildung genossen. Das Einkommen der Familien ist<br />

gering und wird <strong>im</strong> Wesentlichen auf Nahrung (40 Prozent)<br />

und Schulbildung (12 Prozent) verwandt. Die Abhängigkeit<br />

von der Landwirtschaft – sowohl für die Nahrungsmittelproduktion<br />

für den Eigenbedarf als auch als Einkommen<br />

für den Kauf von Nahrungsmitteln – zeigt die besondere<br />

Verwundbarkeit der Menschen, die infolge der Mine in den<br />

Jahren 2005 und 2006 ihr Land verlieren sollten. Bereits<br />

Mitte 2005 berichtete die ghanaische Presse, dass durch<br />

die Präsenz von Newmont die Nahrungsmittelpreise auf den<br />

lokalen Märkten gestiegen seien, was eine „künstliche Hungersnot“<br />

ausgelöst hätte.<br />

Eine von <strong>FIAN</strong> <strong>im</strong> September 2005 durchgeführte Untersuchung<br />

vor Ort ergab, dass weder die Entschädigungs- noch<br />

die Umsiedlungspläne die Vergabe von landwirtschaftlich<br />

nutzbarem Land an die Betroffenen vorsah. <strong>FIAN</strong> kam zu<br />

der Schlussfolgerung, dass dies – aufgrund der hohen Abhängigkeit<br />

der Bauern von ihrem Land – eine Verletzung des<br />

Rechts auf Nahrung darstellte. <strong>FIAN</strong> wandte sich an die Exekutivdirektoren<br />

der Weltbank mit der Aufforderung, einen<br />

von Newmont beantragten Kredit in Höhe von 125 Millionen<br />

US Dollar nicht zu genehmigen, solange die Landfrage nicht<br />

geklärt war. Trotzdem bewilligten die Mehrheit der Exekutivdirektoren<br />

<strong>im</strong> Januar 2006 den IFC-Kredit 12 , nachdem<br />

Newmont wenige Tage vor der Entscheidung ein Landzugangsprogramm<br />

und die Unterstützung für besonders von<br />

Hunger gefährdete Gruppen angekündigt hatte.<br />

Ein externes Expertenteam identifizierte <strong>im</strong> April 2006 drei<br />

besonders von Hunger gefährdete Personengruppen: Bauern,<br />

die für verlorenes Land kein Ersatzland erhalten haben,<br />

arme, von Frauen geführte Haushalte und alte Menschen<br />

ohne ausreichende familiäre Unterstützung. Sie erhielten<br />

nun über ein eigens dafür aufgelegtes Programm Nahrungsmittelhilfe.<br />

Für viele ist diese Hilfe überlebensnotwendig,<br />

doch der Komplexität der Situation der Umgesiedelten wird<br />

sie nicht gerecht.<br />

Laut Untersuchungen der Organisation OICI, die <strong>im</strong> Auftrag<br />

von Newmont Entwicklungsprojekte durchführt, hat<br />

sich die Ernährungssituation der Umgesiedelten deutlich<br />

verschlechtert, nicht nur was die Quantität, sondern auch<br />

was die Qualität der Nahrungsaufnahme angeht. So haben<br />

die Umgesiedelten nicht nur ihr Land verloren, sondern<br />

auch den Zugang zu den Wäldern, wo sie früher Wild, Pilze,<br />

Schnecken und andere Nahrung fanden. Auch das Kochen<br />

8 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


ist schwieriger geworden, da ohne Wald das Brennholz rar<br />

wird und da die Häuser einiger Umgesiedelten nicht mit<br />

Küchen ausgestattet wurden. Deshalb gibt es bei vielen<br />

Familien nichts zu essen wenn es regnet.<br />

Entschädigungen zu niedrig<br />

Einen besonderen wirtschaftlichen Verlust stellt für die<br />

Bauern von Ahafo der Verlust ihrer Kakao-Haine dar. Kakao-<br />

Bäume können etliche Jahrzehnte Ertrag bringen. Sie stellen<br />

deshalb sowohl heutiges Einkommen als auch die Rente<br />

und das Erbe sicher. Aufgrund der Bedeutung des Kakao-<br />

Anbaus für die ghanaische Wirtschaft erhalten Kinder von<br />

Kakao-Bauern zudem Schulstipendien. Die Zerstörung der<br />

Kakao-Haine gefährdet somit die Schulbildung der Kinder<br />

und die Absicherung <strong>im</strong> Alter. Durch finanzielle Entschädigung<br />

kann dieser Verlust kaum kompensiert werden. Hinzu<br />

kommt jedoch, dass die Entschädigungsraten viel zu niedrig<br />

ausfallen. Nach ghanaischem Recht wird die Höhe der Entschädigung<br />

zwischen den Bauern und dem Unternehmen<br />

verhandelt. Angesichts des Analphabetismus und der Unerfahrenheit<br />

der Bauern <strong>im</strong> Umgang mit größeren Geldsummen<br />

verwundert es nicht, dass die Entschädigungsraten pro<br />

Baum oftmals niedriger als eine Jahresernte ausfallen. Die<br />

Wassa Association of Communities affected by Mining (WA-<br />

CAM) legt deshalb besonderen Wert darauf, die Bauern auf<br />

die Verhandlungen mit den Unternehmen vorzubereiten.<br />

WACAM besteht zudem auf dem Recht der Bauern, selbst<br />

zu verhandeln, und hinterfragt die Verfassungsmäßigkeit<br />

der von Newmont eingerichteten Resettlement Negotiation<br />

Commitees (NRC), in denen sich viele Gemeindemitglieder<br />

nicht angemessen vertreten sehen. Besonders schwierig<br />

stellt sich die Verhandlungssituation der Frauen dar, da sie<br />

nur begrenzte Besitzrechte und wirtschaftlichen Einfluss<br />

haben. Die Entschädigungen werden deshalb in der Regel<br />

auch an die Männer ausgezahlt. Genauere Untersuchungen<br />

dazu, welche Auswirkungen Enteignungen und Zwangsumsiedlungen<br />

auf Frauen haben, und wie ihre Rechte besser<br />

geschützt werden können, gibt<br />

es in <strong>Ghana</strong> bisher nicht 13 .<br />

Steigende Landpreise,<br />

Verlust des Waldes<br />

Grundsätzlich erhalten Bauern<br />

in <strong>Ghana</strong> bisher keine Entschädigung<br />

für das Land, sondern<br />

nur Nutzpflanzen und Gebäude,<br />

die auf dem Land errichtet<br />

wurden. Diese Regelung beruht<br />

noch auf der überholten<br />

Annahme, dass Bauern ohne<br />

weiteres auf brachliegendes<br />

Land ausweichen können,<br />

indem sie entweder Pächter<br />

werden oder als Teil des traditionellen<br />

Rechts Land von den<br />

Chiefs zugewiesen bekommen.<br />

Die Realität sieht jedoch anders<br />

aus. Zum einen herrscht<br />

ein zunehmender Landmangel,<br />

zum anderen wird Land zunehmend<br />

in Wert gesetzt. Obwohl<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

2. Bergbau untergräbt <strong>Menschenrechte</strong> und Lebensgrundlagen<br />

das Land offiziell nicht verkauft werden darf, wird in der<br />

Regel eine Rodungsgebühr („clearance fee“ oder „drinking<br />

fee“) erhoben. In Ahafo konnte beobachtet werden, wie es<br />

angesichts der geballten Nachfrage nach Land durch fast<br />

10.000 Landlose zu einer starken Inflation dieser Gebühren<br />

– sprich Landpreise – kam. Für die landlosen Bauern, die nur<br />

magere Entschädigung bekommen haben, ist es daher fast<br />

unmöglich, neues Land zu erhalten.<br />

Das Landzugangsprogramm von Newmont – vom Unternehmen<br />

vor der Bewilligung des IFC-Kredits zugesagt – setzt<br />

am Punkt der Landpreise an. Bauern, die Land verloren<br />

haben, sollen sich eigenständig auf die Suche nach neuem<br />

Land machen. Newmont übern<strong>im</strong>mt dann die (für alle<br />

gleich geltende) Rodungsgebühr für zwei Morgen Land und<br />

stellt Saatgut und Chemikalien für eine Saison. Zwar haben<br />

einige Bauern auf diese Weise neues Land gefunden, viele<br />

beschweren sich jedoch, dass zwei Morgen zu klein sind,<br />

dass Landbesitz fragmentiert wird und dass die Felder weit<br />

entfernt liegen. Die weiten Entfernungen, die in der Regel<br />

zu Fuß zurückgelegt werden, führen dazu, dass man schneller<br />

müde ist und die Produktivität sinkt 14 . Zudem haben die<br />

Bauern Bedenken, dass die Bodenqualität sinken wird, da<br />

sie keine Möglichkeit mehr haben, Land zur Regenerierung<br />

des Bodens brach liegen zu lassen 15 . In einer kleinen Ansiedlung,<br />

die direkt neben einer der Gruben liegt, hat nur<br />

ein Bauer Land gefunden. Nach seiner Ansicht ist dies nicht<br />

überraschend, da er der einzige ist, der jung und gesund ist<br />

und zudem ein Fahrrad besitzt.<br />

Das Leben neben der Grube ist ungesund. Regelmäßig wird<br />

die Erde durch Explosionen erschüttert, der Staub legt sich<br />

auf die Gemüsefelder und dringt bis in die hintersten Ecken<br />

der Häuser. Aus Angst, dass die Häuser einstürzen könnten,<br />

schlafen einige ältere Menschen lieber unter freiem<br />

H<strong>im</strong>mel. Mit der Grube ist auch ein großer Teil des Waldes<br />

verschwunden, aus dem die Frauen bisher das Holz für die<br />

Herstellung von Holzkohle geholt haben. Nun haben die<br />

Die Ahafo-Goldmine soll 12.500 Hektar groß werden.<br />

9


2. Bergbau untergräbt <strong>Menschenrechte</strong> und Lebensgrundlagen<br />

Frauen kein Einkommen mehr. Eine Entschädigung erhalten<br />

sie dafür nicht, da sie zwar das Recht haben, das Holz<br />

aus dem Wald zu nutzen, es aber nicht besitzen. Dies zeigt<br />

umso deutlicher, dass eine finanzielle Entschädigung nicht<br />

ausreichend ist, um Verletzungen des Menschenrechts auf<br />

Nahrung infolge des Verlusts des Zugangs zu produktiven<br />

Ressourcen zu verhindern.<br />

b. Ohne Wasser leben<br />

Der Verlust des Zugangs zu Wasser ist eine der dramatischsten<br />

Erfahrungen der Gemeinden <strong>im</strong> Umfeld einer Goldmine.<br />

Die Goldproduktion braucht eine sehr hohe Menge an Wasser,<br />

so dass zum Teil ganze Flüsse aufgestaut und in die Mine<br />

umgeleitet werden. Durch den Tagebau verändern sich die<br />

Wasserläufe von Oberflächen- wie Grundwasser. Das Absinken<br />

des Grundwasserspiegels führt dazu, dass Brunnen<br />

trocken fallen. Eine Gefahr stellt die Verunreinigung des<br />

Grundwassers mit Schwermetallen dar. Durch die Freisetzung<br />

des Gesteins <strong>im</strong> Tagebau kommt es zu sauren Grubenwässern<br />

– chemische Reaktionen, durch die Schwermetalle<br />

ausgeschwemmt und ins Grundwasser gelangen können.<br />

Dies ist ein langfristiger Prozess, doch schon<br />

heute erleben Menschen <strong>im</strong> Wassa West District,<br />

dass sich das Wasser aus dem Brunnen<br />

lila färbt, wenn sie Cassava dazugeben.<br />

Nutzungskonflikte<br />

Mit der Abbauerlaubnis erhalten die Unternehmen<br />

automatisch die Erlaubnis, das auf<br />

der Konzession verfügbare Oberflächen-<br />

und Grundwasser für ihre wirtschaftlichen<br />

Aktivitäten zu nutzen. Im Fall von Newmont<br />

muss das Unternehmen laut Investitionsabkommen<br />

mit der Regierung nicht einmal für<br />

die Nutzung des Wassers bezahlen, obwohl<br />

dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Für die<br />

Ahafo-Mine hat Newmont den Fluss Subri<br />

komplett aufgestaut, so dass sich ein gro-<br />

Hätte ich Land, würde ich Nahrung anbauen“<br />

Cecilia Otu, aus dem Dorf Teberebie, Iduapriem Mine<br />

„Ich habe kein Farmland, ich habe nichts, ich muss Alkohol verkaufen um etwas<br />

Geld zu verdienen, um Essen zu kaufen. Sonst werde ich verhungern. Ich habe<br />

kein Farmland. AngloGold Ashanti hat Abraum auf meine Felder geschüttet. Dort<br />

drüben, dort wo die Abraumhalde ist. Dort waren meine Felder. Sie haben mir nur<br />

für die Feldfrüchte eine magere Entschädigung gezahlt. Sie haben mein Land genommen,<br />

und haben mir dafür kein neues gegeben. Ich habe kein Land, deshalb<br />

führe ich eine Kneipe, die Irish Bar. Jetzt verkaufe ich lokal hergestelltes Bier und<br />

Coca Cola damit ich Geld für Essen verdiene. Hätte ich Land, würde ich Nahrung<br />

anbauen, damit ich etwas zu essen habe, da niemand Getränke kauft. Die Männer in<br />

Teberebie haben keine Arbeit und damit kein Geld um Alkohol zu kaufen.“<br />

ßer Stausee gebildet hat. Hinter der Staumauer, die den<br />

Fluss komplett blockiert, wurde das ehemalige Flussbett<br />

in ein riesiges Schlackebecken (tailings storage facility)<br />

verwandelt. Laut Prüfbericht für die Zertifizierung für den<br />

„International Cyanide Management Code for the Mining Industry“<br />

vom August 2006 war Newmont zu diesem Zeitpunkt<br />

noch dabei, die Konzentration der Cyanide in der Schlacke<br />

auf ein Niveau zu bringen, das keine Gefahr für die Vögel<br />

darstellt. Als ein Expertenteam, das Umweltprüfberichte<br />

über die Ahafo-Mine für den Kreditgeber IFC schreibt, das<br />

Unternehmen <strong>im</strong> Februar 2008 aufsuchte, lag <strong>im</strong>mer noch<br />

kein Notfallplan für den Fall vor, dass es zu einem Austritt<br />

von Abwässern aus dem Becken kommt 16 . Dies ist höchst bedenklich,<br />

da unterhalb des Beckens <strong>im</strong> ehemaligen Flussbett<br />

weiterhin Menschen leben. Diese wurden durch den Verlust<br />

des Flusses zunächst abhängig von Wasserlieferungen in<br />

Tanks durch Newmont, nun haben sie regelmäßig Probleme<br />

mit den von Newmont installierten Wasserpumpen.<br />

Auch die Bauern <strong>im</strong> Umfeld des Stausees mussten weite<br />

Wege gehen, um Wasser aus den Tanks zu holen, nachdem<br />

die Brunnen trocken gefallen waren und das Wasser aus<br />

dem Fluss nicht mehr genutzt werden konnte. Heute ver-<br />

10 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


fügen sie über neue Brunnen.<br />

Das Umweltmonitoring-Team<br />

weist jedoch darauf hin, dass<br />

die Untersuchungen über die<br />

potentiellen Veränderungen<br />

der Grundwasserströme zeigen,<br />

dass das Auspumpen<br />

der Gruben dazu führen kann,<br />

dass weitere Brunnen trocken<br />

fallen 17 . Fischen <strong>im</strong> Stausee,<br />

der früher ein Fluss war, ist<br />

heute verboten. Der Stausee<br />

stellt zudem weitere Gefahren<br />

dar: Durch ihn wurden einige<br />

Familien vom Weg zum Ort Kenyasi<br />

abgeschnitten. Noch in<br />

der Konstruktionsphase des<br />

Stausees versuchten eines<br />

Abends zwei Besucher, den<br />

See zu durchqueren und ertranken.<br />

Seitdem ist den Anwohnern<br />

der Zugang zum See<br />

verboten. Durch das stehende<br />

Wasser klagen die Anwohner<br />

zudem über eine deutlich<br />

erhöhte Zahl an Moskitos und<br />

Malariafällen.<br />

Kommerzialisierung von Wasser<br />

Die Menschen, die heute in den Umsiedlungsdörfern der<br />

Ahafo-Mine leben, haben früher das Wasser aus dem Fluss<br />

und Brunnen genutzt. Heute holen sie das Wasser von<br />

zentral angelegten Wasserpumpen. Obwohl hiermit eine<br />

Verbesserung der Wasserqualität verbunden sein dürfte,<br />

sind die Menschen unzufrieden, da sie jetzt für jeden<br />

einzelnen Liter Wasser bezahlen müssen. Dies entspricht<br />

der Wassergesetzgebung in <strong>Ghana</strong>, die vorsieht, dass die<br />

Gemeinden über die Einziehung von Nutzungsgebühren für<br />

die Instandhaltung der Anlagen sorgen. Für die Menschen<br />

in den Umsiedlungsdörfern ist dies jedoch unverständlich.<br />

Warum sollen sie, denen der Zugang zu Wasser genommen<br />

wurde, nun dafür bezahlen? Das urbanisierte Leben in den<br />

Giftige Helfer - Cyanide <strong>im</strong> Großtagebau<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

2. Bergbau untergräbt <strong>Menschenrechte</strong> und Lebensgrundlagen<br />

Nachdem der Fluss verschwunden ist, sind die Familien abhängig von Wasserlieferungen.<br />

Umsiedlungsdörfern bringt nicht nur die Umstellung auf ein<br />

Leben mit sich, in dem alles seinen Preis hat – es entstehen<br />

auch neue Abhängigkeiten. Die Wasserpumpen funktionieren<br />

nur mit Strom. Da <strong>Ghana</strong> seit ein paar Jahren eine Energiekrise<br />

erlebt, sind die Umsiedlungsdörfer <strong>im</strong>mer wieder<br />

von Stromausfällen betroffen, oftmals über mehrere Tage.<br />

Dann sind auch die Umgesiedelten abhängig von Wasserlieferungen<br />

in Tanks durch das Unternehmen, was dieses aber<br />

nicht als Verpflichtung gegenüber den Gemeinden betrachtet.<br />

Newmont verweist vielmehr darauf, dass dieses Problem<br />

in jeder ghanaischen Kleinstadt existiert 18 . Newmont setzt<br />

für die Produktion ebenso wie die anderen großen Goldunternehmen<br />

auf eine eigenständige Energieversorgung.<br />

Auf der Höhe der Energiekrise und nachdem sie 2006 von<br />

der Energiebehörde aufgefordert wurden, ihren Verbrauch<br />

um 50 Prozent zu senken, schlossen sich die vier größten<br />

Goldunternehmen (Newmont, AngloGold, Goldfields und<br />

Golden Star Resources) zusammen und bauten 2007 ein<br />

Großbetriebe setzen in der Goldgewinnung Natriumzyanid ein, um das Gold von dem Rest des zermahlenden Gesteins zu lösen. In<br />

<strong>Ghana</strong> wird dieser Prozess heute in der Regel nicht mehr unter freiem H<strong>im</strong>mel durchgeführt, sondern in geschlossenen Anlagen. Die<br />

Unternehmen haben zudem Interesse, das Natriumzyanid zu recyceln und für mehrere Durchläufe zu nutzen. Trotzdem gelangen<br />

Cyanide in die Umwelt, da die Schlacke zum Austrocknen in große offene Becken geleitet wird. Diese Schlacke weist einen hohen<br />

Schwermetallgehalt auf sowie Reste der eingesetzten Cyanide. Entsprechende Technologie, mit der die Cyanide vor der Einleitung in<br />

die Becken zersetzt werden können, wird in <strong>Ghana</strong> noch nicht eingesetzt.<br />

Cyanide sind hochgiftig. Ein Teelöffel mit einer zweiprozentigen Zyanidlösung ist für Menschen tödlich. Die größte Gefahr für die<br />

Menschen in <strong>Ghana</strong> besteht darin, dass die Becken mit der zyanidhaltigen Schlacke überlaufen oder die Dämme brechen und die<br />

Schlacke sich in die Flüsse ergießt. In <strong>Ghana</strong> gibt es keine verbindlichen Vorschriften für den Umgang mit Cyaniden oder mit Entschädigungen<br />

<strong>im</strong> Fall von Unfällen. Seit 2005 können Goldunternehmen dem „International Cyanide Management Code for the<br />

Mining Industry“ beitreten und sich somit freiwillig den Standards des Codes unterwerfen. In <strong>Ghana</strong> haben sich AngloGold Ashanti,<br />

Newmont, Gold Fields L<strong>im</strong>ited und Golden Star Resources dem Code angeschlossen. Das deutsche Unternehmen CyPlus ist weltweit<br />

führend in der Herstellung von Cyaniden für den Goldabbau. Die hundertprozentige Tochter der Evonik Industries AG (früher Degussa)<br />

war eine der Hauptinitiatoren des Cyanide Managment Codes.<br />

11


2. Bergbau untergräbt <strong>Menschenrechte</strong> und Lebensgrundlagen<br />

„Ist es ein Verbrechen, auf Gold zu sitzen?“<br />

Nana Korkye II, Chief von Dumasi<br />

Ich habe mich entschlossen, öffentlich über diese Dinge zu sprechen, da ich denke, dass Dumasi genug Probleme mit Aktivitäten<br />

von Bogoso Gold L<strong>im</strong>ited (BGL) gehabt hat. Ich repräsentiere den Frust meines Volkes, insbesondere wenn die Umweltbehörde, die<br />

Bergbaukommission und andere Regierungsbehörden BGL gewähren lassen, diese Schmerzen über uns zu bringen. Ist es ein Verbrechen,<br />

auf Gold zu sitzen? Müssen wir wegen des Profits für BGL solche entmenschlichenden Handlungen erleiden? Die Gemeinde von<br />

Dumasi ist mit Problemen konfrontiert, die unsere Existenz zerstören können. Wir rufen die ghanaische Öffentlichkeit, NRO, Intellektuelle<br />

und alle friedliebenden Menschen der Welt auf, uns in unserem Kampf zu unterstützen, unsere von Gott gegebenen Rechte<br />

zu schützen. Wir fordern die Regierung auf, herauszufinden, warum BGL Probleme in allen Gemeinden hat, wo das Unternehmen<br />

aktiv ist. Wir rufen die kanadische Vertretung in <strong>Ghana</strong> auf, sicherzustellen, dass Unternehmen aus Kanada die Menschen in <strong>Ghana</strong><br />

und in Dumasi respektieren. Hätte BGL in Kanada oder den USA regelmäßig Zyanidunfälle zu verantworten wie hier in Dumasi, wäre<br />

das Unternehmen geschlossen worden, oder hätte mehr als hundert Millionen Dollar bezahlt um den Schaden gutzumachen. Wir<br />

möchten Gleichbehandlung überall auf der Welt.“<br />

Pressemitteilung von Nana Korkye II am 21. Juni 2006, kurz nach dem zweiten Zyanidunfall innerhalb von zwei Jahren.<br />

Kraftwerk, das mit Diesel und Gas Strom produziert. Eine<br />

weitere Strategie ist der Anbau von Agrartreibstoffen wie<br />

Jatropha und Palmöl.<br />

Zyanidunfälle<br />

Im Wassa West Distrikt in der Western Region ist es in den<br />

vergangenen zwanzig Jahren regelmäßig zu Unfällen mit<br />

Zyanid gekommen. Am 16. Juni 2006 floss zyanidhaltige<br />

Schlacke aus dem Rückhaltebecken der Bogoso-Goldmine<br />

<strong>im</strong> Wassa West Distrikt in den Fluss Ajoo, einen Zufluss des<br />

Die Einwohner von Dumasi mussten lange mit Bogoso Gold L<strong>im</strong>ited um<br />

sauberes Wasser kämpfen.<br />

Flusses Aprepre. Die Gemeinde Dumasi nutzt diesen Fluss<br />

für Trinkwasser und Fischfang. Bereits am 23. Oktober 2004<br />

war es zu einem ähnlichen Zyanidunfall gekommen, bei<br />

dem Menschen und Tiere zu Schaden kamen. Nach diesem<br />

ersten Unfall legte das Unternehmen Bogoso Gold L<strong>im</strong>ited<br />

(BGL) Brunnen an, doch das Wasser <strong>im</strong> E<strong>im</strong>er wurde lila<br />

sobald man eine Banane oder Cassava dazu gab. Nachdem<br />

die Gemeinde das Unternehmen monatelang unter Druck<br />

gesetzt hatte, stellte BGL Wassertanks auf. Dies brachte<br />

jedoch weitere Probleme mit sich. Die Wassertanks wurden<br />

nicht ausreichend gereinigt und auch nicht oft genug<br />

aufgefüllt. Zum Zeitpunkt des zweiten Zyanidunfalls waren<br />

die Gemeindemitglieder gezwungen, das Wasser aus den<br />

Brunnen und aus dem Fluss zu trinken, da die Wassertanks<br />

leer waren. Deshalb hatten einige Dorfbewohner schon Wasser<br />

aus dem Fluss getrunken und Fisch gegessen, bevor sie<br />

von Mitarbeitern des Unternehmens über den Zyanidunfall<br />

informiert wurden. Sie berichteten über Symptome wie<br />

Kopf- und Magenschmerzen und Juckreiz. Einige von ihnen<br />

wurden <strong>im</strong> Krankenhaus von BGL und in Accra behandelt,<br />

eine Zyanidvergiftung – so das Unternehmen – sei aber<br />

nicht nachzuweisen.<br />

Die Umweltbehörde war aufgrund der erhöhten Publizität<br />

des Falles durch WACAM und <strong>FIAN</strong> schnell vor Ort, die Ergebnisse<br />

der Untersuchung wurden jedoch nie veröffentlicht.<br />

Da BGL Anfang 2006 dem „International Cyanide Management<br />

Code for the Mining Industry“ beigetreten war,<br />

wandten sich der Chief von Dumasi, WACAM, <strong>FIAN</strong> und drei<br />

nordamerikanische Organisationen an das International Cyanide<br />

Management Institute mit der Bitte, eine Umweltprüfung<br />

bei BGL vorzunehmen. Die Antwort war ernüchternd,<br />

aber nicht unerwartet: der Cyanide Code bietet keinerlei<br />

Grundlage, eine Untersuchung von Unfällen durchzuführen.<br />

Der Gerichtsprozess über den Zyanidunfall von 2004 ist bis<br />

heute nicht abgeschlossen.<br />

c. Kleinschürfer <strong>im</strong> Teufelskreis der Armut<br />

Nach Schätzungen sind in <strong>Ghana</strong> 300.000 bis 500.000<br />

Menschen <strong>im</strong> Kleinabbau von Gold aktiv. Die Kleinschürfer<br />

in <strong>Ghana</strong> werden „Galamsey“ genannt, ein Begriff, der<br />

12 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


aus „gather and sell“, also „sammeln<br />

und verkaufen“ entstanden ist. Fast die<br />

Hälfte der Kleinschürfer sind Frauen, die<br />

ebenso schwere körperliche Arbeit leisten<br />

wie Männer. Über die Zahl der Kinder,<br />

die <strong>im</strong> Bergbau arbeiten, gibt es keine<br />

verlässlichen Angaben. Kleinbergbau ist<br />

eine gesundheitsschädliche und gefährliche<br />

Arbeit, häufig kommt es zu Unfällen.<br />

Dennoch entschieden sich in den letzten<br />

zwanzig Jahren <strong>im</strong>mer mehr Menschen,<br />

diese Arbeit auf sich zu nehmen.<br />

In den letzten zehn Jahren hat sich die <strong>im</strong><br />

Kleinbergbau produzierte Menge an Gold<br />

verdoppelt 19 , der Anteil an der Gesamtproduktion<br />

liegt aktuell bei zehn Prozent.<br />

Seit Mitte der 1990er Jahre herrscht der<br />

internationale Konsens, dass es sich be<strong>im</strong><br />

Kleinbergbau um eine armutsgesteuerte<br />

Aktivität handelt, die von Menschen<br />

aufgenommen wird, die keine alternative<br />

Arbeit finden. In <strong>Ghana</strong> wurde seit<br />

Jahrhunderten Gold geschürft, und für<br />

viele Familien stellte dies ein zusätzliches<br />

Einkommen dar. Seit <strong>im</strong> Rahmen der Strukturanpassungsprogramme<br />

in den 1980er und 1990er Jahren <strong>im</strong>mer mehr<br />

Menschen ihre Arbeit verloren und in der Landwirtschaft<br />

keine guten Einkommen mehr erwirtschaften konnten, ist<br />

die Abhängigkeit vieler vom Kleinbergbau drastisch gestiegen.<br />

Dieses Phänomen lässt sich nicht nur in <strong>Ghana</strong> sondern<br />

weltweit beobachten.<br />

85 Prozent ohne Schürferlaubnis<br />

Kleinschürfer finden sich in einem Teufelskreis von Armut<br />

wieder: Da die multinationalen Goldunternehmen das Land<br />

inzwischen fast flächendeckend unter sich aufteilen, ist<br />

es für Kleinschürfer schwierig, gewinnbringendes Land zu<br />

finden 22 . Zudem sind sie nicht kreditwürdig, sodass ihnen<br />

das Geld für Investitionen in angepasste Technologie fehlt.<br />

Geldmangel kann in ein Abhängigkeitsverhältnis mit den<br />

750 staatlichen Zwischenhändlern führen, die das Gold<br />

aufkaufen. Die Zwischenhändler sind zwar zur Zahlung of-<br />

Giftige Helfer - Quecksilber <strong>im</strong> Kleinbergbau<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

2. Bergbau untergräbt <strong>Menschenrechte</strong> und Lebensgrundlagen<br />

In den Camps der Kleinschürfer trifft man <strong>im</strong>mer wieder auf Kinder.<br />

fizieller Preise verpflichtet, ziehen jedoch auch Zinsen ab<br />

für das auf Kredit gekaufte und zur Goldgewinnung notwendige<br />

Quecksilber. Die prekäre Lage der Kleinschürfer wird<br />

dadurch verstärkt, dass 85 Prozent keine Schürferlaubnis<br />

haben 23 . 1989 wurde der Kleinbergbau legalisiert (Small-<br />

Scale Gold Mining Law). Dahinter stand zum einen die Erkenntnis,<br />

dass eine Formalisierung zur Armutsbekämpfung<br />

und zum Schutz der Umwelt beitragen kann. Zudem hatte<br />

die Regierung Interesse daran, das Gold in den offiziellen<br />

Wirtschaftskreislauf zu bringen und den positiven Effekt<br />

für die Devisenerwirtschaftung zu nutzen. Vor 1989 wurden<br />

jährlich schätzungsweise 60.000 bis 80.000 Unzen Gold aus<br />

dem Land geschmuggelt 24 .<br />

Marginalisiert und kr<strong>im</strong>inalisiert<br />

Eine zentrale Motivation hinter der Erarbeitung des „Small-<br />

Scale Gold Mining Law“ war zudem die Stärkung der Zuversicht<br />

ausländischer Investoren. Die Regierungen sehen sich<br />

Kleinschürfer zermahlen goldhaltiges Gestein, das sie in Wasser lösen, oder sie nutzen Flusswasser oder Abwässer aus Gruben, die<br />

goldhaltig sind. Dann wird das Gold mithilfe von Quecksilber „herausgewaschen“, indem das Quecksilber den Goldstaub verklumpt.<br />

Abschließend wird das Gold erhitzt, damit das Quecksilber verdampft. Quecksilber ist sehr giftig, wenn es eingeatmet oder durch<br />

die Nahrung aufgenommen wird. Über den Goldabbau gelangen oftmals hohe Konzentrationen an Quecksilber in die Flüsse, den<br />

Boden und damit in die Nahrungskette. In <strong>Ghana</strong> wurde der Einsatz von Quecksilber <strong>im</strong> Goldabbau 1933 verboten, seit 1989 dürfen<br />

registrierte Kleinschürfer jedoch wieder Quecksilber einsetzen (<strong>Ghana</strong> Mercury Law). Zwischen 1994 und 1999 wurden etwa 25.000<br />

Kilogramm Quecksilber nach <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong>portiert, in erster Linie aus Europa und den USA 20 . 97 Prozent dieses Quecksilbers waren für<br />

den Goldabbau best<strong>im</strong>mt. 2007 verabschiedete das Europäische Parlament ein Import- und Export-Verbot für Quecksilber, das 2011<br />

in Kraft treten wird.<br />

Viele Kleinschürfer und ihre Familien in <strong>Ghana</strong> leiden unter chronischen Quecksilbervergiftungen. Kleine Öfen können verhindern,<br />

dass zuviel Quecksilber eingeatmet wird. Wie das Quecksilber werden solche Öfen jedoch nur an registrierte Kleinschürfer verkauft,<br />

so dass eine große Mehrheit der Kleinschürfer hiervon ausgeschlossen ist. Der Vorwurf der Umweltverschmutzung durch Quecksilber<br />

wird zudem gezielt genutzt, um Kleinschürfer zu kr<strong>im</strong>inalisieren 21 .<br />

13


2. Bergbau untergräbt <strong>Menschenrechte</strong> und Lebensgrundlagen<br />

gezwungen, Kontrolle über die Kleinschürfer<br />

zu demonstrieren – ihre Aktivitäten<br />

sollen nicht auf den Konzessionen<br />

ausländischer Investoren stattfinden.<br />

In der Tat findet man Kleinschürfer auf<br />

diesen Konzessionen, da sie davon ausgehen<br />

können, dass dort Gold zu finden<br />

ist. Von der Kartierung der Goldvorhaben,<br />

die auch mithilfe der Entwicklungszusammenarbeit<br />

stattfindet, profitieren<br />

die Kleinschürfer in der Regel nicht. Die<br />

Chamber of Mines schlägt der Regierung<br />

deshalb vor, Explorationen und die Suche<br />

nach geeigneten Konzessionen für Kleinschürfer<br />

finanziell zu fördern. Oftmals<br />

haben Familien schon lange auf dem Land<br />

gelebt und Landwirtschaft und Kleinbergbau<br />

betrieben, bevor das Land von<br />

ausländischen Investoren übernommen<br />

wurde. Diese Kleinschürfer werden entweder von staatlichen<br />

oder privaten Sicherheitskräften vertrieben oder in<br />

Einzelfällen geduldet, eine offizielle Erlaubnis erhalten sie<br />

jedoch nicht. Die hohe Anzahl der ohne Erlaubnis arbeitenden<br />

Kleinschürfer zeigt, dass die Gesetze nicht ihre Interes-<br />

Prince Abu Gyamfi, Goldsucher in Abwässern, Tagebau T2 von Binsere bei<br />

Obuasi. Foto: Dejan Patic<br />

In diesem Galamsey-Camp arbeiten etwa 2.000 Frauen und Männer.<br />

sen schützen und dass die bürokratischen und finanziellen<br />

Hürden eine Legalisierung in vielen Fällen verhindern 25 .<br />

Auch die Entwicklungszusammenarbeit hat praktisch keine<br />

Erfolge vorzuweisen. Nach Ansicht des Wissenschaftlers<br />

Gavin Hilson liegt dies vor allem daran, dass die Projekte<br />

von Ingenieuren top-down geplant werden, dass anthropologische<br />

Erkenntnisse konsequent ignoriert werden<br />

und dass keine Partizipation stattfindet 26 . Solange dies<br />

sich nicht ändert, besteht wenig Hoffnung, dass Kleinschürfer<br />

Zugang zu angemessenen Technologien und<br />

staatlicher Unterstützung bekommen, mit der sie dem<br />

Teufelskreis der Armut entkommen könnten.<br />

14 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


a. Gemeinden ohne Mitspracherechte<br />

„Dort, wo Land benötigt wird, um die Entwicklung oder<br />

Nutzung eines Bodenschatzes sicherzustellen, kann der<br />

Präsident das Land aneignen und seine Übernahme und<br />

Nutzung autorisieren“, so steht es <strong>im</strong> ghanaischen Bergbaugesetz<br />

von 2006. Die Aneignung von Gemeindeland hat<br />

in <strong>Ghana</strong> eine lange Tradition. 20 Prozent des Landes sind<br />

heute in Staatsbesitz, nachdem dieser es sich „<strong>im</strong> nationalen<br />

Interesse“ angeeignet hatte. 78 Prozent des Landes ist<br />

sogenanntes „stool“ oder „skin“ Land, das heißt, dass es<br />

sich um gemeinschaftlichen Besitz handelt, der von traditionellen<br />

Autoritäten <strong>im</strong> Interesse der zu einer best<strong>im</strong>mten<br />

Gemeinschaft gehörenden Gruppe verwaltet wird. Familien<br />

verhandeln mit diesen traditionellen Autoritäten Nutzungsrechte.<br />

Während diese Nutzungsrechte nach traditionellem<br />

Recht abgesichert sind, verfügen die meisten Kleinbauern<br />

nicht über registrierte Landtitel.<br />

Die Aneignung von Land durch den Staat zur Übertragung<br />

an eine multinationales Bergbauunternehmen findet auf<br />

drei Stufen statt: Die „Reconnaissance Licence“ gibt dem<br />

Unternehmen das Recht, <strong>im</strong> Rahmen einer Vorstudie Erkundungen<br />

über mögliche Lagerstätten durchzuführen. Die<br />

„Prospecting Licence“ erlaubt dem Unternehmen, eingehendere<br />

Studien einschließlich Probebohrungen durchzuführen,<br />

und die „Mining Licence“ ist schließlich die Erlaubnis,<br />

die Bodenschätze abzubauen. Parallel zur Erteilung der<br />

Abbauerlaubnis erfolgt die Übertragung des Landes. Die<br />

Landbesitzer oder aktuellen Landnutzer werden auf keiner<br />

dieser drei Stufen offiziell angehört. Die einzige Form der<br />

Mitsprache erfolgt über die Umweltverträglichkeitsprüfung<br />

und die darin integrierte Umsiedlungsplanung, die eine<br />

Bedingung für die Erteilung der Abbauerlaubnis ist. Lokale<br />

Gemeinden und traditionelle Würdenträger sind somit nicht<br />

in das „ob“ sondern nur in das „wie“ einbezogen.<br />

In einigen wenigen Fällen haben sich traditionelle<br />

Würdenträger vehement gegen ein<br />

Bergbauprojekt gestellt, so dass die Abbauerlaubnis<br />

nicht erteilt wurde. Dabei handelte es<br />

sich jedoch <strong>im</strong>mer um kleinere Unternehmen.<br />

Die Investitionsabkommen zwischen den multinationalen<br />

Bergbauunternehmen und der Regierung<br />

geben den Unternehmen genug Grundlage,<br />

um eine negative Entscheidung über die<br />

Vergabe einer Abbaulizenz vor einem internationalen<br />

Schiedsgericht zu hinterfragen.<br />

Zwangsumsiedlungen als Mittel der<br />

Politik<br />

Laut ghanaischem Recht haben die Menschen,<br />

deren Land sich der Staat aneignet um dieses<br />

an Bergbauunternehmen zu übergeben, kein<br />

Recht, dagegen gerichtlich vorzugehen. Sie<br />

haben lediglich das Recht, vor Gericht eine an-<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

3. Aneignung produktiver Ressourcen für privaten Profit<br />

3. Aneignung produktiver Ressourcen für privaten Profit<br />

gemessene Entschädigung zu erstreiten. Laut Artikel 20 der<br />

Verfassung ist der Staat zudem neben einer angemessenen<br />

Entschädigung dazu verpflichtet, die landlos gewordenen<br />

Familien auf geeignetes Ersatzland umzusiedeln. Die Frage,<br />

was unter „geeignetem Ersatzland“ zu verstehen ist und wie<br />

eine angemessene Entschädigung auszusehen hat, ist in<br />

<strong>Ghana</strong> umstritten. Im Bergbaugesetz von 2006 wurden die<br />

Entschädigungsansprüche der Umgesiedelten zwar grundsätzlich<br />

gegenüber den Best<strong>im</strong>mungen <strong>im</strong> Bergbaugesetz<br />

von 1986 gestärkt, Entschädigung ist jedoch weiterhin<br />

Gegenstand der Verhandlung zwischen Unternehmen und<br />

Bauern, verbindliche und klare Entschädigungsrichtlinien<br />

gibt es noch nicht. Die Rechtssprechung zu Entschädigungsfällen,<br />

die als Leitlinie dienen könnte, ist sehr gering,<br />

da die Unternehmen in der Regel versuchen, zu einer außergerichtlichen<br />

Lösung zu kommen, um keine Präzedenzfälle<br />

zu schaffen. Bei einem der wenigen Fälle, die vor Gericht<br />

zu Ende verhandelt wurden, handelt es sich um Entschädigungen<br />

für eine gewaltsame Vertreibung der Gemeinde<br />

Nkwantakrom von der Konzession der Goldmine Iduapriem,<br />

die heute zu AngloGold Ashanti gehört. Die Vertreibung<br />

fand <strong>im</strong> Jahr 1997 statt, nach zehn Jahren vor Gericht<br />

erhielten die Vertriebenen 2008 eine hohe Entschädigung<br />

zugesprochen. 27 Dieser Fall hat besondere juristische Bedeutung,<br />

da AngloGold Ashanti dazu verurteilt wurde, für<br />

eine Rechtsverletzung Entschädigung zu leisten, für die<br />

das Vorgängerunternehmen verantwortlich war. AngloGold<br />

Ashanti hat inzwischen Berufung eingelegt.<br />

Gewaltsame Vertreibungen werden heute durch die Vereinten<br />

Nationen zumindest auf dem Papier geächtet.<br />

Gleichzeitig werden Zwangsumsiedlungen für große Entwicklungsprojekte<br />

zunehmend als legit<strong>im</strong>es Mittel der Politik<br />

betrachtet. So wird auch hier nicht die Frage nach dem<br />

„ob“, sondern nur die Frage nach dem „wie“ gestellt. Jede<br />

Die Familien haben kein Einspruchsrecht gegen eine Umsiedlung.<br />

15


3. Aneignung produktiver Ressourcen für privaten Profit<br />

Zwangsumsiedlung, sei sie auch noch so gut gemanagt, greift<br />

in bürgerliche, wirtschaftliche und kulturelle <strong>Menschenrechte</strong><br />

der Umzusiedelnden ein. Die Aneignung des Landes<br />

für den Goldabbau wird ausschließlich damit gerechtfertigt,<br />

dass dies <strong>im</strong> Interesse der Nation sei. Eine Abwägung mit<br />

den <strong>Menschenrechte</strong>n wird nicht vorgenommen.<br />

Kein langfristiges Ressourcenmanagement<br />

Keines der offiziellen Dokumente, die die Grundlage der<br />

Bergbaupolitik in <strong>Ghana</strong> bilden, setzt sich mit der Frage auseinander,<br />

wie die Bodenschätze des Landes <strong>im</strong> Interesse des<br />

ghanaischen Volkes langfristig verwaltet und ausgebeutet<br />

werden sollen. Seit der Verabschiedung des ersten Bergbaugesetzes<br />

<strong>im</strong> Jahr 1986 (das 2006 revidiert wurde) ist die Politik<br />

ausschließlich darauf ausgerichtet, mehr ausländische<br />

Investoren anzulocken, die mehr Gold produzieren und mehr<br />

Devisen erwirtschaften. Zwar wurde 1994 ein Umweltgesetz<br />

verabschiedet, das eine Umweltverträglichkeitsprüfung für<br />

alle Bergbauprojekte vorsieht, jedoch sind die staatlichen<br />

Kontrollinstitutionen wie die Umweltbehörde, die Wasser-<br />

und die Forstkommission „notorisch unterfinanziert,<br />

schlecht ausgerüstet und leiden an Personalmangel, so dass<br />

effektive Kontrollen nicht möglich sind.“ 28<br />

Diese Einschätzung der deutschen Botschaft in Accra wird<br />

geteilt von der Unabhängigen Evaluierungsgruppe (IEG)<br />

der Weltbank, die 2008 eine Auswertung von drei durch<br />

die Weltbank geförderten Projekten <strong>im</strong> Umweltbereich<br />

vorgelegt hat. Die IEG bemängelt darin vor allem den geringen<br />

politischen Willen der Regierung in Bezug auf den<br />

Umweltschutz. Neben dem mangelnden politischen Willen<br />

zum Umweltschutz weist die IEG auch auf die Machtverteilung<br />

zwischen Regierung und Bürgern hin: „Es muss darauf<br />

geachtet werden, dass Einzelpersonen und Gemeindevertreter<br />

in den Entscheidungsprozessen mehr Einfluss erhalten,<br />

insbesondere bei der Vergabe von Nutzungsrechten über natürliche<br />

Ressourcen.“ 29 Laut IEG zeigten die begutachteten<br />

Projekte deutlich, dass die von oben herab entschiedenen<br />

Auch für Minen außerhalb von Waldschutzgebieten geht viel Wald verloren.<br />

Vergabe von Konzessionen für kommerzielle Vorhaben nicht<br />

nur Konflikte schafft, sondern die Ausbeutung der Natur<br />

vorantreibt.<br />

b. Goldunternehmen als Retter der Wälder<br />

Die letzten Wälder <strong>Ghana</strong>s verschwinden mit rasantem<br />

Tempo. In den hundert Jahren seit 1900 ist der Waldbestand<br />

von 8,2 Millionen Hektar auf 1,6 Millionen Hektar<br />

geschrumpft. Nur zwei Prozent des Waldes sind heute in exzellentem<br />

Zustand 30 . Diese Tatsache nutzen multinationale<br />

Goldunternehmen in <strong>Ghana</strong>, um zum Sturm auf die letzten<br />

Waldschutzgebiete zu blasen. Da die Wälder in keinem guten<br />

Zustand sind, sei es eine gute Option, Tagebau auch in<br />

Waldschutzgebieten zuzulassen, wenn <strong>im</strong> Ausgleich dafür<br />

an anderer Stelle Wald aufgeforstet werde. Newmont nutzt<br />

aktuell zudem die internationale Debatte um den besseren<br />

Schutz der Biodiversität, um für die umstrittene Goldmine<br />

Akyem eine Abbaugenehmigung zu erhalten. Diese liegt<br />

zum Teil <strong>im</strong> Waldschutzgebiet Ajenua Bepo und ist zu einem<br />

Pilotprojekt des Business and Biodiversity Offset Programme<br />

(BBOP) erklärt worden, an dem auch die deutsche<br />

Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) aktiv beteiligt ist. Als<br />

Biodiversity Offset wird bezeichnet, wenn der Verlust an<br />

Biodiversität <strong>im</strong> Zusammenhang mit einem Großprojekt, in<br />

diesem Fall einer Goldmine, an anderer Stelle ausgeglichen<br />

wird. Neben positiven Effekten für die Umwelt erwartet<br />

sich Newmont davon vor allem weniger Schwierigkeiten bei<br />

Genehmigungsprozessen in Gebieten mit einem hohen Grad<br />

an Biodiversität 31 . Da solche Aktivitäten zudem den guten<br />

Namen des Unternehmens stärken, sind vor allem multinationale<br />

Unternehmen an BBOP interessiert.<br />

Abbau in Waldschutzgebieten gesetzeswidrig<br />

Die Akyem Mine soll <strong>im</strong> Bir<strong>im</strong> North District in der Eastern<br />

Region entstehen und knapp 2.000 Hektar groß werden. Die<br />

Grube soll sich in das Waldschutzgebiet Ajenua Bepo erstrecken,<br />

dort sollen 74 Hektar für die<br />

Mine gerodet werden. Aufgrund<br />

der Veränderung der Wasserläufe,<br />

der Sprengungen und der Staubentwicklung<br />

geht die räumliche<br />

Auswirkung auf das Waldschutzgebiet<br />

über die 74 Hektar hinaus. Die<br />

Vergabe von Abbaugenehmigungen<br />

für Waldschutzgebiete widerspricht<br />

dem Landgesetz von 1999,<br />

das festlegt, dass Waldschutzgebiete<br />

„voll geschützt“ sind, um das<br />

Ökosystem und die Biodiversität zu<br />

bewaren. Zugelassen ist die Nutzung<br />

der Gebiete ausschließlich<br />

für nachhaltige Waldwirtschaft.<br />

Das Waldgesetz von 1994 beschreibt<br />

unter anderem Rechte und<br />

Pflichten der lokalen Bevölkerung.<br />

Sie haben das Recht auf Zugang zu<br />

natürlichen Ressourcen, um einen<br />

grundlegenden Lebensstandard zu<br />

erhalten und die gleichzeitige Verpflichtung,<br />

die geeignete Nutzung<br />

16 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


der Ressourcen sicherzustellen 32 . Das Waldgesetz leistet<br />

somit einen bedeutenden gesetzgeberischen Beitrag zur<br />

Umsetzung des Rechts auf Nahrung. Die Herausforderung<br />

liegt darin, eine nachhaltige Forstwirtschaft zu fördern, die<br />

Umweltschutz und Armutsbekämpfung in Einklang bringt.<br />

Die bisherige Forstpolitik hat dies weitgehend ignoriert.<br />

Eine Erkenntnis der Evaluierung des von der Weltbank bis<br />

2003 geförderten Projekts zum Management natürlicher<br />

Ressourcen ist, dass die Bedürfnisse lokaler Gemeinden<br />

stärker berücksichtigt werden müssen 33 . Die Vergabe von<br />

Abbaulizenzen in Waldschutzgebieten steht diesem Anliegen<br />

diametral entgegen.<br />

Wälder zerstören um Wälder zu schützen<br />

Die Rehabilitierung von Land und Wäldern nachdem Tagebau<br />

stattgefunden hat, ist ein bedeutender Gegenstand der Debatte.<br />

Unternehmen wie AngloGold Ashanti und Newmont<br />

unternehmen viel um zu zeigen, dass eine Rehabilitierung<br />

möglich ist. Die Kommission für Forstwirtschaft zeigte sich<br />

in ihrer 2002 veröffentlichten Stellungnahme Mining in<br />

Forest Reserves. Concern of the Forestry Commission skeptisch,<br />

was diese Rehabilitierungsmaßnahmen angeht. Die<br />

Rehabilitierung erstrecke sich bisher nur auf Pilotprojekte,<br />

„Best Practice“ in Bezug auf die Rehabilitierung tropischer<br />

Wälder in <strong>Ghana</strong> existiere auch außerhalb der Waldschutzgebiete<br />

nicht. Die Kommission vertrat deshalb die Meinung:<br />

„Wir glauben, dass wir die Rehabilitierungsmethoden zuerst<br />

außerhalb der Waldschutzgebiete richtig machen müssen,<br />

bevor wir uns an die Waldschutzgebiete wagen.“ Newmont<br />

dürfte dieser Einschätzung wohl widersprechen und darauf<br />

verweisen, dass man keine neuen Methoden entwickeln<br />

kann, wenn man es nicht ausprobieren darf.<br />

Die grundsätzliche Frage ist, ob das Anliegen der Forstpolitik<br />

sein kann, Wälder zunächst zu zerstören, um sie anschließend<br />

wieder aufzuforsten. Das Grundproblem, so die<br />

Autoren einer Evaluierung der ghanaischen Armutsbekämp-<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

3. Aneignung produktiver Ressourcen für privaten Profit<br />

„Diese Industrie wird sterben, wenn wir keinen Zugang zu Land bekommen.“<br />

Pierre Lassonde, Präsident der Newmont Mining Corporation<br />

“Wenn man keinen Zugang zu Land hat, hat man nichts. Wenn man keine Explorationen durchführen kann, hat man nichts. Diese<br />

Industrie wird sterben, wenn wir keinen Zugang zu Land bekommen. (…) Newmont hat 32 Millionen Morgen Land in einigen der<br />

weltbesten Goldreviere - in <strong>Ghana</strong> etwa eine Million in der Region Obuasi-Ahafo. (…) Die Weltbevölkerung hat sich in den letzten<br />

fünfzig Jahren verdoppelt. Das braucht mehr Land, und zudem, angesichts der zunehmenden Nutzung von Internet und Mobiltelefonen<br />

und Faxmaschinen, ist die Welt viel kleiner als sie es früher war. Deshalb kann man nirgendwo mehr hingehen, ohne dass<br />

die lokale Bevölkerung genau weiß, wo man herkommt, was deine Geschichte ist, ob man irgendwelche Flüsse verschmutzt oder<br />

etwas Ungehöriges getan hat. Die NRO stellen sicher dass sie alles wissen, sogar bevor man auftaucht, also bekommt man nichts<br />

umsonst. (…) Ein anderes Problem dem wir gegenüberstehen ist nicht nur Zugang zu Land, sondern Wasserknappheit. (…) Man<br />

kämpft mit der lokalen Bevölkerung um das Wasser. (…) In Wirklichkeit steht die Bewältigung des sozialen Drucks heute dort, wo<br />

wir vor zwanzig Jahren in Bezug auf die Umwelt waren. Es ist ein ganzer Bereich, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Wann<br />

siedelt man die Menschen um, wieviel zahlt man ihnen? Was ist die Entschädigung für Feldfrüchte? Was für Wasser? Gibt man ihnen<br />

Arbeit? Wenn man eine neue Farm kauft, gibt man dem Bauern ein neues Stück Land oder gibt man ihm nur Geld? Wenn man ihm<br />

nur Geld gibt und er es ausgibt, kann er nächstes Jahr wiederkommen und sagen, dass man sein Land genommen hat und dass er<br />

jetzt Arbeit möchte. Schuldet man ihm Arbeit? (…) Unsere Industrie steht vor Herausforderungen und der Zugang zu Land ist ohne<br />

Frage die größte Herausforderung für unsere Industrie <strong>im</strong> 21. Jahrhundert.“<br />

Auszug aus der Rede „Access to land: Key Social and Environmental Challenges of the 21st Century“, gehalten auf der LBMA Precious<br />

Metals Conference 2006, Montreux<br />

fungsstrategie aus umweltpolitischen Gesichtspunkten, sei,<br />

dass sich in der Armutsbekämpfungsstrategie die politischen<br />

Machtverhältnisse spiegeln: Die Armutsbekämpfungsstrategie<br />

„behandelt die Entwaldung als Umweltthema; Bergbau<br />

als eine Möglichkeit, das Deviseneinkommen zu erhöhen;<br />

und Landreform als die Überführung pluraler Formen des<br />

Landbesitzes in ein kommerziell genutztes Wirtschaftsgut;<br />

dies bewahrt die übergeordnete Struktur des Systems und<br />

erhält die Gliederung politischer und mächtiger Interessen.“<br />

34 Ein Blick auf den industriellen Bergbau aus Sicht<br />

lokaler Gemeinden zeigt seht deutlich, dass die Frage, wer<br />

Kontrolle über die Nutzung natürlicher Ressourcen erhält,<br />

die zentrale Frage in der Armutsbekämpfung sein sollte.<br />

c. Neue Lebensgrundlagen nicht in Sicht<br />

60 bis 70 Prozent der Bevölkerung <strong>Ghana</strong>s sind direkt von<br />

den natürlichen Ressourcen Land, Wasser und Wald abhängig<br />

35 . Im Umfeld großer Tagebauten für den Goldabbau<br />

werden ihnen diese Lebensgrundlagen (livelihood) genommen.<br />

In den vergangenen fünfzehn Jahren sind Bergbauunternehmen<br />

weltweit vermehrt dazu übergegangen, in<br />

den umliegenden Gemeinden und den Umsiedlungsdörfern<br />

Entwicklungsprojekte durchführen zu lassen. Inzwischen<br />

ist dadurch ein bedeutender Markt für eine neue Form<br />

von Entwicklungsprojekten entstanden – den „Alternative<br />

Livelihood Projects“. Motivation der Unternehmen, solche<br />

Projekte durchzuführen, ist zum einen der Versuch, Konflikte<br />

mit den Gemeinden und die Zunahme von Galamsey-Aktivitäten<br />

auf ihren Konzessionen zu vermeiden, zum anderen<br />

erwarten heute Geldgeber wie die International Finance<br />

Corporation (IFC) der Weltbank solche Projekte als Teil der<br />

Umsiedlungsmaßnahmen.<br />

Die Projekte sollen Gemeinden unterstützen, mit den Folgen<br />

der Mine zu leben, die „wie ein gigantisches Ufo in ihrem<br />

Hinterhof gelandet“ 36 ist, und neue Einkommensmöglich-<br />

17


3. Aneignung produktiver Ressourcen für privaten Profit<br />

keiten zu finden. Kwasi Amponsah Boateng, Social Investment<br />

Manager des Akyem Projekts, beschreibt die Lage der<br />

Gemeinden auf folgende Weise: „Es ist nicht wirklich nur<br />

wirtschaftliche Veränderung, die wirkliche Herausforderung<br />

ist, Dinge anders zu machen. Und die meisten Gemeinden<br />

möchten gerne so weiter leben wie bisher. Aber die Welt<br />

ändert sich, wenn eine Mine vor ihrer Haustür und auf ihrem<br />

Land steht. Es ändert die Art wie man Handel betreibt, wie<br />

man sich zu seinen Nachbarn verhält, da es sich verstädtern<br />

wird. Es wird nicht länger ländlich sein, da sie Geldwirtschaft<br />

sich durchsetzen wird.“ 37 Die Umsiedlungsdörfer,<br />

die aussehen wie Vorstädte ohne Städte irgendwo auf dem<br />

Land, zeigen diesen Wandel besonders deutlich. Die Tatsache,<br />

dass ehemalige Bauern Nahrungsmittel kaufen statt<br />

diese zu produzieren, und dass sie für das Wasser aus dem<br />

Hahn zahlen müssen anstatt es aus dem Fluss zu holen, sind<br />

weitere Zeichen des Wandels, der tief in die Lebenswelten<br />

und Lebensmöglichkeiten der Menschen eingreift.<br />

Umstrittene Wirkung der Projekte<br />

Im August 2007 drückte der Regional Minister der Western<br />

Region, Anthony Evans Amoah, seine große Sorge und<br />

Bedenken aus über die Art der „alternative livelihood“<br />

Projekte, die in Bergbaugemeinden durchgeführt werden 38 .<br />

Er kritisierte zum einen, dass es sehr lange dauert bis die<br />

Menschen von den Projekten profitieren. Zum anderen kritisierte<br />

er, dass weder die Gemeinden, die District Assemblies,<br />

die traditionellen Würdenträger, noch das Regional<br />

Coordination Council, das alle Entwicklungsaktivitäten in<br />

der Region überwachen soll, in die Ausgestaltung der Programme<br />

einbezogen seien. Die Effektivität der Projekte,<br />

die sich in der Regel auf die Herstellung von Seife und die<br />

Aufzucht von Hühnern, Schnecken und anderen Nutztieren<br />

beschränken, ist umstritten. In der Regel wird jedoch den<br />

Unternehmen zugute gehalten, dass sie noch keine ausreichende<br />

Erfahrung mit solchen Projekten haben.<br />

Im Zuge der Erarbeitung des Aktionsplans für die Iduapriem<br />

Mine von AngloGold Ashanti wurde auch ein „Community<br />

Development Plan“ erarbeitet, um die Mine in Übereinst<strong>im</strong>mung<br />

mit den von IFC vorgeschriebenen Sozialstandards zu<br />

bringen. Der Anspruch des Plans war es, als Modell für weitere<br />

IFC-finanzierte Bergbauprojekte zu dienen 39 . Seit der<br />

Fertigstellung des Plans <strong>im</strong> Jahr 2004 hat IFC jedoch kein<br />

Interesse daran gezeigt, die Umsetzung des Plans einer unabhängigen<br />

Überprüfung zu unterziehen, obwohl IFC nach<br />

eigenen Angaben 200.000 US Dollar in die Entwicklung und<br />

Umsetzung des Plans investiert hat 40 .<br />

Auch die ghanaische Regierung zeigt kein Interesse an der<br />

Situation der Menschen auf der Iduapriem-Mine. Als sich<br />

<strong>FIAN</strong> 2006 mit einem Bericht über zunehmenden Hunger<br />

<strong>im</strong> Dorf Teberebie an den UN-Sonderberichterstatter für das<br />

Recht auf Nahrung wandte und dieser eine Anfrage an die<br />

ghanaische Regierung richtete, gab diese an, dass „es die<br />

Dinge, die angeblich in Teberebie passieren, nicht beaufsichtigen<br />

wird“ 41 . Auf eine Rückfrage hierzu von Seiten des<br />

Sonderberichterstatters reagierte die Regierung nicht.<br />

Ohne Arbeit nichts los<br />

In Ahafo hat Newmont eine Reihe von Projekten aufgelegt,<br />

die Gegenstand einer halbjährlichen Überprüfung der Einhaltung<br />

von IFC-Standards durch ein externes Expertenteam<br />

sind. Diese Projekte umfassend die Nahrungsmittelhilfe<br />

für gefährdete Haushalte, die Verteilung von Setzlingen<br />

an Bauern, die auf eigene Initiative neues Land gefunden<br />

haben, Training für Bauern, die Cassava, Chili, Soya oder<br />

Palmöl für den Verkauf und Gemüse für den Eigenbedarf<br />

produzieren wollen, die Herstellung von Seife in Gruppen,<br />

ein Trainingzentrum für verschiedene Handwerksberufe und<br />

Training für Jugendliche <strong>im</strong> Umweltschutz und der Schweinezucht.<br />

Gemeinsam mit IFC setzt Newmont zudem ein<br />

Projekt um, mit dem kleine, lokale Unternehmen als Zulieferer<br />

qualifiziert werden sollen. Eine volle Auswertung der<br />

Projekte soll Ende 2008 durchgeführt werden. Newmont hat<br />

zudem den Anspruch, einen Fünfjahresplan zu entwickeln,<br />

der an die nationale Armutsstrategie und die regionalen<br />

Prioritäten angelegt ist.<br />

Der Überprüfungsbericht vom Februar 2008<br />

stellt den Projekten zunächst ein positives<br />

Zeugnis aus, weist jedoch auch auf kritische<br />

Punkte hin. Zum einen haben diejenigen, die<br />

nicht für das Projekt umgesiedelt wurden, nur<br />

begrenzten Zugang zu diesen Programmen,<br />

obwohl sie, wie zum Beispiel die Gemeinden<br />

<strong>im</strong> Umfeld des Stausees, direkt von dem Projekt<br />

betroffen sind. Das Expertenteam kommt<br />

deshalb zu der Aussage, dass gerade außerhalb<br />

der Umsiedlungsdörfer die St<strong>im</strong>mung<br />

schlecht ist 42 . Eine besonders unzufriedene<br />

Gruppe sind Jugendliche zwischen 17 und<br />

21 Jahren, die für sich keine Zukunft sehen,<br />

da es in der Mine keine Arbeit für sie gibt. Im<br />

Dezember 2007 kamen nur 25 Prozent der Arbeitskräfte<br />

(728 von 2.828) aus den Dörfern<br />

der Umgebung. Bei den direkt bei Newmont<br />

angestellten Arbeitern liegt die Quote bei<br />

26 Prozent. Bei den Zulieferern schneidet<br />

das Catering am besten ab (35 Prozent),<br />

die technischen Dienste am schlechtesten<br />

18 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


(null Prozent). Das deutsche Unternehmen Liebherr, dass in<br />

Ahafo mit einer Mannschaft von 57 Personen aktiv ist, hat<br />

eine Quote von vier Prozent. Eine Unterscheidung zwischen<br />

männlichen und weiblichen Arbeitskräften wurde in der veröffentlichten<br />

Statistik nicht vorgenommen.<br />

Land für Agrartreibstoffe<br />

Seit 2006 setzen die Bergbauunternehmen neben den<br />

Kleinprojekten für die Gemeinden auch auf die Produktion<br />

von Agrartreibstoffen. Dazu ist die <strong>Ghana</strong> Chamber of<br />

Mines eine Partnerschaft mit dem norwegischen Unternehmen<br />

BioDiesel Norge eingegangen 43 . Der Anbau von<br />

Agrartreibstoffen soll Arbeit schaffen und nebenbei die<br />

Unternehmen unabhängiger in der Energieversorgung machen.<br />

Das Problem ist allerdings, dass die Produktion von<br />

Agrartreibstoffen große Landflächen verbraucht. Bogoso<br />

Gold L<strong>im</strong>ited, ein Tochterunternehmen des kanadischen Un-<br />

Arbeit für Einhe<strong>im</strong>ische gibt es <strong>im</strong> Umfeld der Minen nur wenig.<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

3. Aneignung produktiver Ressourcen für privaten Profit<br />

ternehmens Golden Star Resources, betrieb Ende 2007 eine<br />

Plantage mit Ölpalmen auf einer Fläche von 275 Hektar. Das<br />

Unternehmen teilte zudem mit, dass es bereits 8.100 Hektar<br />

Land für den Anbau von Agrartreibstoffen erworben habe 44 .<br />

In seinem Nachhaltigkeitsbericht für 2007 informiert das<br />

Unternehmen die Öffentlichkeit, dass sich aufgrund des<br />

Ölpalmenprojekts die Situation ergeben habe, dass einige<br />

Bauern nicht mehr ausreichend Land für die Nahrungsmittelproduktion<br />

hatten. Das Unternehmen habe diesen<br />

Bauern den Zugang zu Alternativland und die Teilhabe an<br />

dem Ölpalmenprojekt zugesagt, „um somit jede potentielle<br />

Menschenrechtsverletzung zu beseitigen“. 45 Dies zeigt<br />

deutlich, dass die Unternehmen sich der menschenrechtlichen<br />

Konsequenzen ihres Handelns bewusst sind, und dass<br />

sie versuchen, sich abzusichern. Die grundlegende Gefahr,<br />

die sich aus der großflächigen Ausweitung des Anbaus von<br />

Agrartreibstoffen für das Recht auf Nahrung ergibt, wird<br />

jedoch ignoriert.<br />

19


4. Multinationale Konzerne als Gewinner<br />

4. Multinationale Konzerne als Gewinner<br />

a. Risikomin<strong>im</strong>ierung für Konzerne<br />

Im Juni 2008 verabschiedete die Weltbank einen Kredit für<br />

das von der ghanaischen Regierung vorgelegte „Natural Resources<br />

and Environmental Governance Programme“. Dieses<br />

Programm beschreibt die Bergbau-, Forstwirtschafts- und<br />

Umweltpolitik für die kommenden drei Jahre. Auf der Tagesordnung<br />

für den Bergbausektor steht eine Erhöhung der<br />

Staatseinnahmen aus dem Bergbau und das Management<br />

von Konflikten zwischen Bergbaugemeinden und Unternehmen.<br />

Das Weltbankmanagement betont, dass dieses<br />

Programm der Weltbank die Gelegenheit bietet, ihr Engagement<br />

in der Reform der Regierungsführung <strong>im</strong> Bereich<br />

natürlicher Ressourcen zu vertiefen und auszuweiten 46 .<br />

Bis vor kurzem war die Weltbank über ihren Privatfinanzierungsarm,<br />

die International Finance Corporation (IFC),<br />

an zwei Goldabbauprojekten beteiligt. Ihre Beteiligung an<br />

der Iduapriem-Mine hat sie Ende 2007 an AngloGold Ashanti<br />

verkauft. Das Ahafo-Projekt von Newmont unterstützt<br />

IFC seit 2006 mit einem Kredit in Höhe von 125 Millionen<br />

US Dollar sowie einer Kooperation zur Förderung kleiner<br />

Betriebe <strong>im</strong> Umfeld der Mine. Nachdem die Sozialprogramme<br />

der Iduapriem-Mine gescheitert sind, ist Ahafo nun das<br />

neue Vorzeigeprojekt der IFC in <strong>Ghana</strong>.<br />

Das Interesse von Newmont an einer Finanzierung durch<br />

IFC liegt vor allem in der gemeinsamen Bearbeitung sozialer<br />

Risiken, denen sich das Projekt ausgesetzt sieht. Dazu<br />

gehört in erster Linie die Gestaltung der Beziehungen zu<br />

den lokalen Gemeinden und die Neutralisierung negativer<br />

Berichterstattung über das Projekt. Das „Natural Resources<br />

and Environmental Governance Programme“ transportiert<br />

dieses Anliegen auf die nationale Ebene und konstatiert:<br />

„Die Gerechtigkeit und Transparenz in der Verteilung der<br />

Einkommen aus den natürlichen Ressourcen ist sehr umstritten,<br />

während Konflikte zwischen Gemeinden, dem Privatsektor<br />

und dem Staat über den Zugang zu Wäldern und<br />

Land für den Bergbau steigen. Ein Großteil des Raubbaus<br />

und der Konflikte können zurückgeführt werden auf das<br />

schlechte Management der natürlichen Ressourcen, schwachen<br />

Umweltschutz und geringe Beteiligung der lokalen<br />

Gemeinden“. 47 Für die Zukunft wird die weitere Ausbreitung<br />

von Tagebauten und eine Eskalation der Landkonflikte<br />

prognostiziert 48 . Die Bewältigung solcher Konflikte durch<br />

Dialogforen sei bedeutend nicht nur für die Reputation und<br />

den Marktwert der Unternehmen, sondern auch für <strong>Ghana</strong>s<br />

Ansehen als sicheres Ziel für Direktinvestitionen 49 .<br />

Politische Risiken unter Kontrolle<br />

Aktuell hat <strong>Ghana</strong> eine exzellente Reputation. Das Fraser<br />

Institute führt eine jährliche Umfrage unter Bergbauunternehmen<br />

durch, um herauszufinden, welche Länder die<br />

besten Rahmenbedingungen für den Bergbau stellen. Der<br />

„Policy Potential Index“ stellt den Regierungen ein Zeugnis<br />

aus, wie attraktiv ihre Bergbaupolitik für internationale<br />

Unternehmen ist. Mit 63,1 von 100 Prozent erreicht <strong>Ghana</strong><br />

in Afrika den zweiten Platz. Unter den Entwicklungsländern<br />

rangiert <strong>Ghana</strong> auf Platz drei hinter Chile (82,0) und Botswana<br />

(74,3) 50 . Investitionen in <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> Bergbausektor<br />

sind gut abgesichert durch Investitionsabkommen zwischen<br />

Regierung und Unternehmen. Bei dieser Art von Abkommen<br />

gibt es eine Reihe von kritischen Punkten. Erstens kann<br />

darin festgelegt werden, dass best<strong>im</strong>mte gesetzliche Vorschriften<br />

für das Unternehmen nicht gelten. Zweitens ist <strong>im</strong><br />

Fall eines Konflikts bei der Auslegung oder der Umsetzung<br />

des Abkommens nicht das nationale Gerichtssystem zuständig,<br />

sondern ein internationales Tribunal. Drittens verfügen<br />

die Abkommen über Stabilitätsklauseln. Diese Klauseln<br />

legen den Zeitraum (<strong>im</strong> Fall von <strong>Ghana</strong> sind dies fünfzehn<br />

Jahre) fest, in dem neue Gesetze, die sich negativ auf die<br />

Umsätze des Unternehmens auswirken würden, nicht für das<br />

Unternehmen gelten. Im Zentrum steht dabei der Schutz<br />

vor Erhöhungen der Lizenzgebühren oder anderer Steuern,<br />

doch grundsätzlich kann es sich um jede Form von Gesetzen<br />

handeln, die die Kosten des Unternehmens erhöhen. In<br />

<strong>Ghana</strong> ist ein Investitionsabkommen („development agreement“)<br />

laut Bergbaugesetz von 2006 für Investitionen über<br />

500 Millionen US Dollar vorgeschrieben. Diese Investitionsabkommen<br />

müssen durch das Parlament ratifiziert werden.<br />

Allerdings ist kein Fall bekannt, in dem das Parlament ein<br />

solches Abkommen abgelehnt oder substantielle Änderungen<br />

eingefordert hätte.<br />

Gut abgesichert?<br />

Die Unternehmen scheinen also gut abgesichert, doch wie<br />

sieht es mit der Absicherung staatlicher Ansprüche und<br />

Ansprüche der Gemeinden an die Unternehmen aus? Am<br />

30. März 2004 erlebten die vierhundert Angestellten von<br />

Bonte Gold Mines eine Überraschung 51 : sie standen vor geschlossenen<br />

Werkstüren, das Unternehmen hatte aufgehört<br />

zu existieren. Nur eine Woche zuvor hatte Bonte Gold Mines<br />

den Antrag auf Liquidierung des Unternehmens bei Gericht<br />

eingereicht, welche dieses am 30. März ausführte. Obwohl<br />

drei Monate Kündigungsfrist verbindlich vereinbart waren,<br />

hatte das Unternehmen die Mitarbeiter nicht informiert.<br />

Nach fünfzehn Jahren Abbau hat das Unternehmen nicht<br />

nur die Arbeiter zurückgelassen, sondern auch einen Berg<br />

an Altlasten. Über eine Länge von acht Kilometern erstrecken<br />

sich Abraumhalden und mit Wasser vollgelaufene Gruben,<br />

in denen die Moskitos brüten. Auch seinen finanziellen<br />

Verpflichtungen ist Bonte Goldmines vor der Liquidierung<br />

nicht nachgekommen: Das nun nicht mehr existente Unternehmen<br />

schuldet dem ghanaischen Staat und Unternehmen<br />

18 Millionen US Dollar, darunter 2,6 Millionen, die der Staat<br />

als Absicherung für die Umweltkosten erhalten sollte („reclamation<br />

bond“). Da das Unternehmen seine Ausstattung<br />

zu großen Teilen geleast hatte, ließ es nichts Wertvolles <strong>im</strong><br />

Land zurück. 2005 reichten das Center for Public Interest<br />

Law (CEPIL) und das Center for Environmental Law eine<br />

20 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


Klage gegen die staatliche Minerals Commission und die<br />

Umweltbehörde (EPA) ein. Das Anliegen der beiden Organisationen<br />

war, dass das Gericht feststellen sollte, dass<br />

die Minerals Commission und die EPA ihren Verpflichtungen<br />

nicht nachgekommen waren, die Umweltauswirkungen des<br />

Unternehmens angemessen zu überwachen und die Zahlung<br />

der Absicherung für die Umweltkosten sicherzustellen.<br />

Die staatlichen Institutionen seien deshalb verpflichtet,<br />

die Rehabilitierung der Umwelt in und um die Mine durchzuführen<br />

52 . Das Gericht ist in dieser Frage noch zu keiner<br />

Entscheidung gekommen.<br />

b. Protest trifft auf Gewehrläufe<br />

Im Juni 2005 gingen die Menschen aus Prestea auf die Strasse,<br />

um zu demonstrieren. Die 20.000 Einwohner zählende<br />

Stadt Prestea ist eine traditionelle Bergbaustadt, die früher<br />

gute Arbeitsplätze bot. Heute wird Übertage abgebaut, gigantische<br />

Maschinen haben die Arbeit übernommen. Eine<br />

Grube des Unternehmens Bogoso Gold L<strong>im</strong>ited hat sich bis<br />

auf dreißig Meter an das Krankenhaus herangefressen, der<br />

Bahnhof und die einzige Quelle sind unter den Abraumhalden<br />

verschwunden, <strong>im</strong> nahe gelegene Dorf Dumasi ist das<br />

Wasser durch mehrere Zyanidunfälle verseucht.<br />

Schon in den vorangegangenen Monaten hatten die Menschen<br />

die Präsenz von Militär in ihrer Stadt wahrgenommen.<br />

Am Tag der Demonstration fuhr das Militär in Bussen von<br />

Bogoso Gold L<strong>im</strong>ited vor, die Demonstration wurde zerschlagen<br />

und sieben Personen wurden angeschossen. Nach<br />

dem Vorfall in Prestea kam es landesweit zu mindestens vier<br />

weiteren Übergriffen von staatlicher Seite gegen Demonstranten.<br />

Bei Protesten gegen die Akyem Mine am 2. November<br />

2005 wurden zwei Menschen durch Kugeln getötet. Als<br />

am 6. Juni 2006 junge Männer aus dem Dorf Ntotroso in<br />

Ahafo für mehr Arbeitsplätze bei Newmont demonstrierten,<br />

schickte das Militär drei Wagen voller Soldaten, insgesamt<br />

etwa sechzig Personen. Frauen und ältere Menschen wurden<br />

gedemütigt, Eigentum zerstört, dreizehn Personen verhaftet.<br />

Im Wassa West Distrikt wurde das Militär zunehmend<br />

eingesetzt, um Seite an Seite mit privaten Sicherheitskräften<br />

die Bauern einzuschüchtern. Im Februar 2006 wurde der<br />

Bauer Anthony Baidoo angeschossen, als er zusammen mit<br />

anderen Bauern auf sein Feld auf der Konzession der Iduapriem<br />

Mine des südafrikanischen Unternehmens AngloGold<br />

Ashanti gelangen wollte. Wenige Monate später zerstörte<br />

das Militär die Fischteiche in Dumasi, um die Dorfbewohner<br />

dazu zu bewegen, einer Umsiedlung zuzust<strong>im</strong>men. Diese<br />

Übergriffe stellen nicht nur eine Verletzung des Rechts auf<br />

körperliche Unversehrtheit sondern auch des Rechts auf<br />

Nahrung dar.<br />

Operation Flush Out<br />

Da durch die Vergabe von Konzessionen an Großunternehmen<br />

<strong>im</strong>mer weniger Land für den Kleintagebau zur<br />

Verfügung steht, spitzt sich zudem der Konflikt zwischen<br />

Kleinschürfern und Großunternehmen zu. Im November<br />

2006 startete die ghanaischen Regierung die „Operation<br />

Flush Out“, um mithilfe des Militärs die Kleinschürfer von<br />

den Konzessionen der Großunternehmen zu vertreiben.<br />

Dabei wurde eine nicht bekannte Zahl von Kleinschürfern<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

angeschossen oder anderweitig verletzt, Arbeitsgeräte wurden<br />

zerstört. Im August 2007 distanzierte sich der Minister<br />

der Western Region, Anthony Evans Amoah, von diesen Militäreinsätzen,<br />

da diese nicht ihr eigentliches Ziel erreicht<br />

hätten 53 . In der Western Region seinen illegal operierende<br />

Kleinschürfer in Prestea, Tarkwa, Bogoso, Mphohor und<br />

Benso vertrieben worden. Das Regional Security Council<br />

hätte nun den Bergbauunternehmen mitgeteilt, dass es<br />

nicht länger die von den Unternehmen angeforderte Unterstützung<br />

für weitere Vertreibungen leisten werde. Als<br />

Begründung nannte er die mit solchen Einsätzen verbundenen<br />

Kosten und die sozialen Folgen. Zudem hätten einige<br />

Bergbauunternehmen die Teile der Konzessionen, die von<br />

Kleinschürfern freigeräumt wurden, nach der Vertreibung<br />

nicht in Besitz genommen, so dass das Ziel der Operation<br />

nicht erreicht wurde. Worin dieses Ziel bestand, wird aus<br />

den Äußerungen des Ministers nicht klar, nach Ansicht der<br />

NRO in <strong>Ghana</strong> diente die Operation Flush Out jedoch <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

der Einschüchterung der Kleinschürfer und der<br />

Demonstration der Verbundenheit zwischen Unternehmen<br />

und den staatlichen Sicherheitskräften.<br />

Unternehmen wie AngloGold Ashanti stehen weiterhin<br />

hinter der Aktion, auch wenn sie anerkennen, dass sich<br />

der Konflikt zwischen den Galamsey und den Unternehmen<br />

nicht militärisch lösen lässt: „Während die Operation Flush<br />

Out seinen Zweck erfüllt hat, erkennen wir an, dass größere<br />

Anstrengungen in den Konsultationen zwischen der Regierung,<br />

den Bergbauunternehmen und den Kleinschürfern nötig<br />

sind, um Formen der Koexistenz zwischen Kleinschürfern<br />

und Großunternehmen zu entwickeln, sowie ein ordnendes<br />

Regelwerk, das dies unterstützt.“ 54<br />

Schnelle Eingreiftruppe<br />

Anfang Januar 2008 berichtete die ghanaische Presse, dass<br />

AngloGold Ashanti in Obuasi die Absicht hegt, Militär anzufordern,<br />

um damit illegal operierende Kleinschürfer von<br />

ihrer Konzession zu vertreiben 55 . Auf Anfrage von <strong>FIAN</strong> be<strong>im</strong><br />

Hauptsitz des Unternehmens in Südafrika erklärte Paul Hollesen,<br />

Liason-Person für die Umsetzung der „Voluntary Principles<br />

on Security and Human Rights“ 56 , dass die Galamsey<br />

eine Gefahr für die Arbeiter des Unternehmens darstellten<br />

und dass es zu Übergriffen von Galamsey gegen Wächter sowie<br />

das Eigentums des Unternehmens gekommen sei 57 . Die<br />

Grabungen der Galamsey gefährdeten zudem die Sicherheit<br />

der Arbeiter untertage. Eine Option sei deshalb, dem Sicherheitsteam<br />

des Unternehmens Militär zuzuordnen. Dieses<br />

Team würde dann aus Angestellten von AngloGold Ashanti,<br />

Subunternehmen, der lokalen und regionalen Polizei und<br />

eben des Militärs bestehen. Die Beteiligung der Polizei sei<br />

bedeutend, da nur diese Verhaftungen vornehmen kann und<br />

die privaten Sicherheitskräfte unbewaffnet sind. Zusätzlich<br />

gebe es Überlegungen, eine schnelle Einsatztruppe („rapid<br />

reaction force“) zusammenzustellen, die sowohl Polizei als<br />

auch Militär umfassen würde mit der Polizei in führender<br />

Rolle.<br />

Ankündigung glaubwürdig?<br />

4. Multinationale Konzerne als Gewinner<br />

Als sich <strong>Ghana</strong> Anfang 2008 der Überprüfung der Menschenrechtslage<br />

<strong>im</strong> Land durch den UN-Menschenrechtsrat<br />

stellen musste, reichte <strong>FIAN</strong> gemeinsam mit WACAM einen<br />

21


4. Multinationale Konzerne als Gewinner<br />

Bericht über Menschenrechtsverletzungen <strong>im</strong> Goldabbau<br />

ein. Angesichts der beunruhigenden Ankündigungen von<br />

AngloGold wurde in dem Bericht ein Schwerpunkt auf die<br />

Militarisierung der Bergbaugebiete gelegt. Die Aktion war<br />

erfolgreich – die ghanaische Regierung kündigte noch in<br />

Genf an, in Zukunft den Bergbauunternehmen keine militärische<br />

Unterstützung mehr zu gewähren und wiederholte<br />

diese Ankündigung auch gegenüber dem Netzwerk der<br />

bergbaukritischen Organisationen in <strong>Ghana</strong>, der National<br />

Coalition on Mining. Doch schon <strong>im</strong> September berichtete<br />

AngloGold Ashanti über den Einsatz von Militär und Polizei<br />

gegen Kleinschürfer auf der Konzession der Obuasi-Mine.<br />

Das Unternehmen kündigte zudem an, seine eigenen Kapazitäten<br />

<strong>im</strong> Sicherheitsbericht zu erhöhen, um seinen<br />

Besitz angemessen zu schützen: „Wo notwenig, werden<br />

wir in angemessener Weise und in Übereinst<strong>im</strong>mung mit<br />

internationalen Menschenrechtsstandards aktiv werden,<br />

um illegale Kleinschürfer von unseren Firmengelände zu<br />

entfernen, und, wenn die Umstände es erfordern, diese der<br />

Polizei übergeben, damit diese den rechtlichen Vorschriften<br />

entsprechend aktiv wird.“ 58<br />

Diese Aussage vermittelt den Eindruck, als wären die Aktivitäten<br />

von privaten Sicherheitskräften und Polizei strikt getrennt.<br />

Auf der Konzession der Obuasi-Mine ist es jedoch in<br />

Anthony Baidoo wurde angeschossen, als er zu seinem Feld<br />

gelangen wollte.<br />

den letzten Jahren <strong>im</strong>mer wieder zu Auseinander setzungen<br />

zwischen Galamsey und Polizei gekommen, bei denen auch<br />

Personen angeschossen wurden. Zuletzt passierte dies am<br />

14. Mai 2008, als die Polizei einen Mann in das rechte Bein<br />

schoss 59 . Die enge Verbundenheit zwischen Bergbauunternehmen<br />

und Polizei zeigt sich zudem darin, dass Bergbauunternehmen<br />

für die Ausstattung der Polizei sorgen.<br />

So finanziert Newmont in New Abir<strong>im</strong> die Polizeistation,<br />

deren Mitarbeiter für Sicherheit <strong>im</strong> Umfeld der Akyem-Mine<br />

sorgen sollen 60 .<br />

c. Wie werden die Gewinne verteilt?<br />

Die Verteilung der Gewinne aus dem Bergbau ist nicht nur<br />

in <strong>Ghana</strong> ein hoch umstrittenes Thema. 2002 haben deshalb<br />

eine Reihe von NRO die Kampagne „Publish what you pay“,<br />

ins Leben gerufen. Über 350 Organisationen weltweit sind<br />

heute Mitglied der Kampagne und fordern mehr Transparenz<br />

in den Zahlungsströmen zwischen Rohstoffunternehmen<br />

und Regierungen sowie bei der Verwendung der staatlichen<br />

Einnahmen. Die Regierungsinitiative „Extractive Industries<br />

Transparency Initiative“ (EITI) hat ebenfalls das Ziel mehr<br />

Transparenz zu schaffen. Im Gegensatz zu „Publish what you<br />

pay“ formuliert EITI freiwillige, nicht verpflichtende Ansätze.<br />

<strong>Ghana</strong> ist ein aktives Mitgliedsland von EITI.<br />

Verteilung der staatlichen Einkommen<br />

Das Bergbaugesetz sieht vor, dass drei bis sechs Prozent<br />

der Erlöse der Goldunternehmen in Form von Lizenzgebühren<br />

(„royalities“) an den Staat abgeführt werden. Bis<br />

heute zahlt keines der Unternehmen mehr als drei Prozent.<br />

2006 nahm der Staat so 780 Millionen US Dollar ein 61 . Die<br />

Verteilung der Einnahmen aus den Lizenzgebühren erfolgt<br />

folgendermaßen: 80 Prozent der Einnahmen gehen an den<br />

Staat, die restlichen 20 Prozent fließen zu gleichen Anteilen<br />

in den „Mineral Development Fund“, über den die Bergbauindustrie<br />

gefördert wird, und an die District Assemblies.<br />

Das heißt, dass nur zehn Prozent der Einnahmen aus Lizenzgebühren<br />

dort landen, wo das Gold abgebaut wird und wo<br />

die lokale Bevölkerung die sozialen Kosten des Goldabbaus<br />

trägt. Allerdings erreicht oftmals auch das Geld, das an die<br />

Distrikt Assemblies ausgezahlt wird, nicht die Gemeinden.<br />

Lokale Gemeinden fordern deshalb <strong>im</strong>mer wieder, dass ein<br />

größerer Anteil der Einnahmen direkt zurück in die Dörfer<br />

fließen soll. Auch die Bergbauindustrie unterstützt dieses<br />

Anliegen, da eine höhere Beteiligung der lokalen Gemeinden<br />

an den Gewinnen aus dem Bergbau die Konflikte zwischen<br />

Unternehmen und Gemeinden beruhigen könnte. Newmont<br />

ist deshalb dem Vorbild von Goldfields <strong>Ghana</strong> gefolgt<br />

und hat in Ahafo einen „Ahafo Social Responsibiity Fund“<br />

aufgelegt, in den Newmont für jede Unze Gold, die in Ahafo<br />

produziert wurde, einen US Dollar einzahlt.<br />

Was zahlen die Unternehmen?<br />

Neben der Verteilung des erzielten Einkommens aus den<br />

Lizenzgebühren steht die Frage nach der Höhe der Abgaben<br />

durch die Goldunternehmen <strong>im</strong> Mittelpunkt der Debatte.<br />

Im Februar 2007 legte die ghanaische Regierung <strong>im</strong> Rahmen<br />

von EITI zum ersten mal Zahlen über die Abgaben der<br />

Goldunternehmen vor 62 . Der untersuchte Zeitraum war<br />

22 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


Einkommen der Goldunternehmen in 2006 und 2007 (in US Dollar)<br />

Januar bis Juni 2004. Anliegen der Untersuchung ist es,<br />

festzustellen, in welcher Höhe Abgaben gezahlt wurden, ob<br />

diese be<strong>im</strong> Staat tatsächlich eingegangen sind und wie der<br />

Staat diese Einnahmen verwendet hat. Die Studie zeigt, dass<br />

neben den Lizenzgebühren so gut wie keine anderen Abgaben<br />

gezahlt wurden. Dies liegt daran, dass die Unternehmen<br />

Investitionen von der Steuer absetzen können. Keines der<br />

Unternehmen zahlte mehr als drei Prozent Lizenzgebühren,<br />

obwohl das Bergbaugesetz Lizenzgebühren bis zu sechs<br />

Prozent zulässt. Eine vom Third World Network in Auftrag<br />

gegebene Studie stellt kritisch fest, dass das Finanzministerium<br />

weder eine Begründung dafür abgibt, warum<br />

keines der Unternehmen mehr als drei Prozent Lizenzge-<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

4. Multinationale Konzerne als Gewinner<br />

Quelle: Chamber of Mines (2008)<br />

bühren zahlt, noch Anhaltspunkte dafür liefert, dass die<br />

Absetzungspraktik der Unternehmen jemals einer Prüfung<br />

unterzogen wurde 63 . Hinzu kommt, dass die Berechnung<br />

der zu zahlenden Lizenzgebühren ausschließlich auf den<br />

Angeben der Unternehmen beruht, wieviel Gold sie in einem<br />

best<strong>im</strong>mten Zeitraum produziert haben. Eine Verifizierung<br />

dieser Angaben vor Ort durch Zollbeamte findet nicht statt.<br />

Dazu kommen aufgrund der starken Schwankung des Goldpreises<br />

Schwierigkeiten bei der Festlegung des Goldwertes.<br />

So besteht eine gewisse Unsicherheit, ob die 780 Millionen<br />

US Dollar an Lizenzgebühren, die <strong>im</strong> Jahr 2006 eingenommen<br />

wurden, wirklich drei Prozent des Werts des geförderten<br />

Goldes darstellen.<br />

23


5. Schlussfolgerungen - Das Recht, über das eigene Schicksal zu best<strong>im</strong>men<br />

5. Schlussfolgerungen -<br />

Das Recht, über das eigene Schicksal zu best<strong>im</strong>men<br />

In den Bergbaugebieten <strong>Ghana</strong>s werden auf vielfältige<br />

Weise <strong>Menschenrechte</strong> verletzt. Die Übergriffe durch Polizei<br />

und Militär gegen Demonstranten, Kleinschürfer und<br />

Bauern sind offensichtliche Verletzungen des Rechts auf<br />

Leben, auf körperliche Unversehrtheit und des Rechts auf<br />

Demonstrationsfreiheit. Die Verletzung der Rechte auf<br />

Nahrung, Wasser und Wohnen sowie kultureller Rechte<br />

sind die alltägliche Erfahrung der Gemeinden, die auf den<br />

Konzessionen großer Goldunternehmen leben. Die größte<br />

Gefährdung geht von dem Verlust des Zugangs zu Land und<br />

Wasser aus, der nicht nur eine Folge des physischen Verlusts<br />

des Landes, der Wälder, der Flüsse und Brunnen, sondern<br />

auch der Kommerzialisierung dieser natürlicher Ressourcen<br />

<strong>im</strong> Umfeld von Goldminen ist. Der Einsatz giftiger Chemikalien<br />

<strong>im</strong> Klein- wie <strong>im</strong> Großbergbau und der verantwortungslose<br />

Umgang damit setzen das Leben und die Gesundheit<br />

der Menschen aufs Spiel. Die von Umsiedlung betroffenen<br />

Menschen sind in der Regel arm. Die durch die Präsenz der<br />

Mine und die Umsiedlung forcierte Verstädterung stellt sie<br />

vor die Herausforderungen einer auf Geld ausgerichteten<br />

Wirtschaft und Kultur, die ihr Recht auf einen angemessenen<br />

Lebensstandard zusätzlich untergräbt.<br />

Herausforderung Landlosigkeit<br />

Eine menschenrechtlich ausgerichtete Bergbaupolitik muss<br />

sich all diesen Problemen stellen, in deren Zentrum die<br />

Frage steht, wer die effektive Kontrolle über die natürlichen<br />

Ressourcen in <strong>Ghana</strong> ausübt. Obwohl eine Reihe von Geset-<br />

zen den Zugang zu produktiven Ressourcen für Kleinbauern<br />

schützen, werden diese Rechte effektiv dadurch ausgehebelt,<br />

dass weite Landflächen an Bergbauunternehmen vergeben<br />

werden, ohne dass diejenigen, die für ihr Überleben<br />

von diesem Land abhängig sind, dies in Frage stellen können.<br />

Die Vergabe von dreizehn Prozent der Landesfläche für<br />

die Suche nach Gold bedeutet für die Menschen, die aktuell<br />

auf diesem Land leben, Ungewissheit, ob sie nicht in den<br />

nächsten Jahren ihr Land verlassen müssen. Diese Unsicherheit<br />

wird dadurch weiter geschürt, dass die Regierung<br />

sich nicht dazu durchringen kann, die Waldschutzgebiete<br />

als definitiv vom Bergbau ausgeschlossene Gebiete („no-go<br />

areas“) zu deklarieren. Solange dies nicht erfolgt, werden<br />

die Bergbauunternehmen fordern, <strong>im</strong>mer weitere Flächen<br />

des Landes für den Bergbau freizugeben, mit der Begründung,<br />

dass es möglich ist, die Folgen für Mensch und Umwelt<br />

unter Kontrolle zu bringen.<br />

Die Menschen in den Bergbaugemeinden sind heute Versuchskaninchen<br />

der „alternative livelihood programmes“,<br />

mit denen sie von einer Lebenswelt in eine andere transportiert<br />

werden sollen. Gleichzeitig hält der Hunger Einzug in<br />

die Gemeinden. Besonders gefährdet sind Bauernfamilien,<br />

die ihr Land verloren haben, arme, von Frauen geführte<br />

Haushalte und alte Menschen ohne ausreichende familiäre<br />

Unterstützung. Die Annahme, dass die Bauern ohne Probleme<br />

auf alternatives Land ausweichen können, ist überholt.<br />

Zum einen herrscht in den Bergbaugebieten akuter Landmangel,<br />

zum anderen führt die Präsenz einer Goldmine und<br />

die hohe Zahl an Landsuchenden<br />

zu einer Inflation<br />

der Landpreise.<br />

Die Konvertierung von<br />

Land für Agrartreibstoffprojekte<br />

von Bergbauunternehmen<br />

verstärkt<br />

die Nutzungskonflikte<br />

zusätzlich. Das Problem<br />

der Landlosigkeit wird<br />

nicht mit höheren<br />

Entschädigungen und<br />

nicht durch die Abgabe<br />

eines höheren Anteils<br />

der Einnahmen aus den<br />

Lizenzgebühren an die<br />

Gemeinden zu lösen<br />

sein. Auch die Konflikte<br />

zwischen Kleinschürfern<br />

und Großunternehmen<br />

werden nicht gelöst<br />

werden, wenn nicht die<br />

Frage der anteiligen<br />

Landnutzung umfassend<br />

geklärt wird.<br />

24 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


Menschenrechtliche Verpflichtungen<br />

Bei einer Bewertung der Bergbaupolitik aus menschenrechtlicher<br />

Sicht spielt das Verhältnis zwischen Staat, Unternehmen<br />

und Gemeinden eine zentrale Rolle. Der Staat muss<br />

sicherstellen, dass die Rechte der Menschen nicht verletzt<br />

werden, weder durch eigenes Handeln, noch durch Dritte, in<br />

diesem Fall die Bergbauunternehmen. Die enge Verbindung<br />

zwischen Staat und Unternehmen in Sicherheitsfragen hat<br />

nicht nur zu Menschenrechtsverletzungen durch die staatlichen<br />

Sicherheitskräfte geführt, auch eine Mitschuld der<br />

Unternehmen an diesen Menschenrechtsverletzungen ist<br />

offensichtlich. Ähnliches gilt für Verletzungen des Rechts<br />

auf Wasser, wenn Unternehmen fahrlässig mit zyanidhaltigen<br />

Abwässern umgehen und die staatlichen Behörden ihrer<br />

Aufsichtspflicht nicht nachkommen. Im industriellen Bergbau<br />

stehen sich die Interessen von Bergbauunternehmen<br />

und Kleinbauern gegenüber. Beide verlangen vom Staat den<br />

Schutz ihrer Rechte und Interessen. Der Staat muss diese<br />

Interessen abwägen und in Einklang mit dem Interesse des<br />

Volkes bringen, das letztlich von der Ausbeutung der Bodenschätze<br />

profitieren soll.<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

5. Schlussfolgerungen - Das Recht, über das eigene Schicksal zu best<strong>im</strong>men<br />

Eine Einschränkung fundamentaler <strong>Menschenrechte</strong> <strong>im</strong> Interesse<br />

privaten Profits widerspricht dem Wesensgehalt der<br />

<strong>Menschenrechte</strong>. Die Aneignung von Land durch den Staat<br />

für den Goldabbau führt in der heute praktizierten Form<br />

zu massenhaften Verletzungen des Rechts auf Nahrung.<br />

Dafür fließen nur drei Prozent des geförderten Goldes in die<br />

Haushaltskasse des Staates. Beides kann nicht <strong>im</strong> Interesse<br />

der ghanaischen Bevölkerung sein. Trotzdem unterstützt<br />

die Weltbank weiterhin den Goldabbau in <strong>Ghana</strong> als angeblichen<br />

Beitrag zur Armutsbekämpfung. Nachdem in den<br />

1980er Jahren die Ignoranz für soziale Folgen des Bergbaus<br />

und in den 1990er Jahren die Entwicklung (aber nur die<br />

mangelhafte Durchsetzung) von sozialen Standards die<br />

Bergbaupolitik der Weltbank für <strong>Ghana</strong> best<strong>im</strong>mten, ist es<br />

heute die Auseinandersetzung mit den schwelenden Konflikten<br />

zwischen den Gemeinden und den Unternehmen. Ihre<br />

eigene Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen in<br />

den von ihr geförderten Projekten blendet die Weltbank<br />

dabei vollständig aus.<br />

25


Anmerkungen<br />

1 Aryee (2007), S. 1 und 4<br />

2 Taylor (2006), S. 4f<br />

3 Armstrong (2008), S. 2<br />

4 „Mining plays central role in economic development“, Daily Graphic, 25.7 2007, S.34<br />

5 http://marinemining.com/<br />

6 UNDP (2007), S. 18 und S. 87<br />

7 Ministry of Lands and Forestry (2003), S. 13f; siehe auch Alhassan (2006) und Rünger (2006)<br />

8 Republic of <strong>Ghana</strong> (2006), S. 38<br />

9 Laut Scoping Report werden die Produktionsanlagen in Ahafo South um 1.500 Hektar erweitert, Ahafo North wird<br />

eine Fläche von 8.000 Hektar umfassen. NGGL (2007), S. iii und v<br />

10 NGGL (2005), S. 5<br />

11 Die folgenden Angaben stammen aus dem Resettlement Action Plan für Ahafo South von 2005: NNGL (2005)<br />

12 Der deutsche Exekutivdirektor st<strong>im</strong>mte als einziger gegen das Projekt. Die Exekutivdirektoren der USA, Belgien und<br />

der Niederlande enthielten sind. Obwohl das Projekt bewilligt wurde ist es damit eines der umstrittendsten IFC<br />

Projekte.<br />

13 Rünger (2006), S. 10<br />

14 Safo-Kantanka et al (2006), S. 36<br />

15 ebenda, S. 28<br />

16 D‘Appolonia „Report of the External Compliance Monitoring Group (ECMG). Third Site Visit February 2008. Ahafo<br />

Project, <strong>Ghana</strong>“, S. 6<br />

17 ebenda<br />

18 Newmont <strong>Ghana</strong> responses to Draft Report of Investigations into the State of Human rights in Mining Communities<br />

in <strong>Ghana</strong>, CHRAJ, March 2008<br />

19 Tschakert und Singha (2007), S. 1304<br />

20 ebenda, S. 1308<br />

21 ebenda, S. 1306ff<br />

22 Obara and Jenkins (2006), S. 7<br />

23 Tschakert und Singha (2007), S. 1305<br />

24 Precious Minerals Marketing Company (PMMC) http://www.pmmcghana.com/<br />

25 Obara and Jenkins (2006), S. 7<br />

26 Hilson (2006), S. 3f<br />

27 „Anglogold Ashanti to Pay Gh¢ 690,295 to 45 Vict<strong>im</strong>s“ in Public Agenda, 10.3.08<br />

28 Deutsche Botschaft Accra (2005b)<br />

29 The World Bank (2008b), S. xi<br />

30 Präsentation „Indigenous Peoples Experiences with Mining and the Conservation of Biodiversity“ von Daniel Owusu-<br />

Koranteng, IUCN-ICMM Dialogue, Schweiz, 2003<br />

31 Report on BBOP <strong>Ghana</strong> Policy Workshop, November, 6, 2007, Accra, <strong>Ghana</strong><br />

32 GLFPSF (2005), S. 14<br />

33 The World Bank (2008b)<br />

34 Gadzekpo und Waldman (2005), S. v<br />

35 ebenda, S. 3<br />

36 Chris Anderson, in Newmont Video „Agents of Change“ http://newmontghana.com/media_preview/documentary/<br />

video_player_lg.htm<br />

37 Newmont Video „Agents of Change“<br />

38 „Western Region Minister Worried Over Attitude of Mining Companies“, <strong>Ghana</strong>ian Chronicle (Accra), 24.8.07<br />

39 „Community Development Plan. Iduapriem and Teberebie Goldmines. GAGL <strong>Ghana</strong>“, S. 2<br />

40 Brief von Rachel Kyte (IFC) an <strong>FIAN</strong>-Deutschland, 29.8.07<br />

41 „Report of the Special Rapporteur on the Right to Food. Communications to and from governments.“ UN-Dokument<br />

A/HRC/7/5/Add.1, S. 41<br />

42 Die folgenden Angaben sind entnommen aus Salam, Tasneem und Giovannetti, Frédéric „Newmont <strong>Ghana</strong> Gold Ltd. -<br />

Ahafo South Project. Independet External Social Compliance Monitoring. 7th Review - February/March 2008“<br />

43 <strong>Ghana</strong> Chamber of Mines, Biodiesel Norge, Pressemitteilung vom 15.2.06, www.biodiesel.nu<br />

44 <strong>Ghana</strong> News Agency, 18.10.07<br />

45 Golden Star Resources „Sustainability Report 2007“, S. 19<br />

46 The World Bank (2008a), S. 6<br />

47 ebenda, S. 16<br />

48 ebenda, S. 52<br />

49 ebenda, S. 19<br />

50 Fraser Institute „2007/2008 Survey of Mining Companies“, S. 13<br />

51 Dar<strong>im</strong>ani (2005), S. 3<br />

52 „Runaway Mining Firm Dragged to Court“, Public Agenda (Accra), 4.8.05<br />

53 „Western Region Minister Worried Over Attitude of Mining Companies“, <strong>Ghana</strong>ian Chronicle (Accra), 24.8.07<br />

54 „AngloGold Ashanti response to the <strong>FIAN</strong>/WACAM commentary on mining in <strong>Ghana</strong>“, 2 Juni 2008<br />

26 <strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr


55 „Anglogold-Ashanti Considering Military Intervention To Clamp Down on Illegal Miners“, <strong>Ghana</strong>ian Chronicle<br />

(Accra), 8. Januar 2008<br />

56 Für weitere Informationen über die Voluntary Principles on Security and Human Rights siehe<br />

http://www.voluntaryprinciples.org/<br />

57 Email von Paul Hollesen, AngloGold Ashanti an Ute Hausmann, 18.1.08<br />

58 AngloGold Ashanti „Security operation to protect Obuasi mine“, Pressemitteilung vom 19. September 2008<br />

59 AngloGold Ashanti „Incident at Obuasi“, Pressemitteilung vom 15. Mai 2008<br />

60 <strong>Ghana</strong> News Agency, 14. Oktober 2007<br />

61 „<strong>Ghana</strong> moves to increase gold mining royalities“, Modern <strong>Ghana</strong> News, 15.4.08<br />

62 Ministry of Finance and Economic Planning (2007)<br />

63 Tax Research (2007), S. 17f<br />

<strong>Ghana</strong> <strong>im</strong> <strong>Goldrausch</strong> - <strong>Menschenrechte</strong>, Landwirtschaft und Wälder in Gefahr<br />

Anmerkungen<br />

27


Literatur<br />

ActionAid: „Gold rush. The <strong>im</strong>pact of gold mining on poor people in Obuasi in <strong>Ghana</strong>“, 2006<br />

Adjei, Emmanuel: „Impact of Mining on Livelihoods of Rural Households. A Case Study of Farmers in the Wassa Mining Region,<br />

<strong>Ghana</strong>“, 2007<br />

African Peer Review Mechanism: „Country Review of the Republic of <strong>Ghana</strong>“, 2005<br />

Alhassan, Osman: „Land Access and Security of Tenure in <strong>Ghana</strong>: Some Considerations for Improvement and the Outcome<br />

Report of the Thematic Dialogue held on 24 January 2006, Accra, <strong>Ghana</strong>“, presented at the International Conference on<br />

Agrarian Reform and Rural Development (ICARRD), 2006<br />

Amanor, Kojo Sebastian: „Global Restructuring and Land Rights in <strong>Ghana</strong>. Forest Food Chains, T<strong>im</strong>ber and Rural Livelihoods“,<br />

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