Spitzbergener Zeitung Ausgabe September- - AWI
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<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 1 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong><br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>September</strong>-<br />
Oktober 2004<br />
Berichte von der deutsch-französischen Forschungsplattform <strong>AWI</strong>PEV in Ny-Ålesund/ Spitzbergen - Norwegen.<br />
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Institut Polaire Français Paul Émile Victor (Brest/Fr.)<br />
Ananas in der Arktis<br />
...war mal ein Thema einer Weihnachtsserie im<br />
deutschen Fernsehen ungefähr 1986. Ein Professor<br />
hatte eine Formel entwickelt, um Obst<br />
und Gemüse in trockenen und kalten Gegenden<br />
zu kultivieren, und alle Welt war dann hinter<br />
Patrick Packard her, der den Code unter den<br />
Füßen kleben hatte...<br />
Die Tomate fest in der Hand: Harriet Hansen. Bild:Thorsten.<br />
Ananas haben wir hier zwar keine, aber ein<br />
schniekes Gewächshaus, in dem einige Enthusiasten<br />
der Küchenbrigade ab dem Frühjahr<br />
einiges an frischem Grün kultivieren, sobald es<br />
die Temperaturen im Glashaus zulassen. Darunter<br />
waren in diesem Jahr 20 Stauden an<br />
Tomaten und 120 Töpfe mit den verschiedensten<br />
Kräutern, zwei Palmen von Hilde und einige<br />
Sonnenblumen.<br />
An Kräutern bestach vor allem die Zitronenmelisse,<br />
die so manche Süßspeise verzierte, der<br />
Schnittlauch und die Petersilie, Salbei, Oregano,<br />
Dill, Thymian und Basilikum – alles Sachen,<br />
die in einem mitteleuropäischen Kräutergarten<br />
ebenso zu finden sind.<br />
Die Arbeit, die in den selbst angebauten Erzeugnissen<br />
steckt, lohnt sich allemal, denn alleine<br />
ein wenig frisches Grün von irgendwelchen<br />
Kräutern auf der Käseplatte oder dem<br />
Teller zu haben, oder eine frische Paprika, lokkert<br />
den Anblick am Buffet und den Appetit deutlich<br />
auf. Für die Sommergäste, die nur einige<br />
Wochen hier sind, mag das nicht weiter auffallen,<br />
aber für die Überwinterer und Ureinwohner<br />
Ny-Ålesunds ist der Anblick und der Geschmack<br />
mehr als nur willkommen.<br />
Klein, aber fein: Coctail-Tomaten frisch vom Strauch.<br />
Besonders Harriet liegt das Gewächshaus sehr<br />
am Herzen. Daher verwundert es nicht, daß sie<br />
auch die meiste Zeit darin verbringt, neben<br />
Küchenkollege Svein-Arne.<br />
Glasklar: Gewächshaus im Schnee. Bilder: Thorsten.
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 2 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
Man muß aber auch erwähnen, daß es einfach<br />
ein berauschendes Erlebnis ist, die Tür des<br />
Gewächshauses zu durchschreiten und urplötzlich<br />
den Duft von frischer, feuchter Erde zu<br />
genießen – nach fast sechs Monaten in der<br />
Arktis, ohne Bäume, Sträucher und dem Duft<br />
derselben haut einen so etwas dann fast um.<br />
Gegen Ende der Saison: die letzten Tomatensträucher im<br />
Gewächshaus. Bild: Thorsten.<br />
Mittlerweile, nachdem nun Anfang <strong>September</strong><br />
bereits der erste Schnee gefallen ist und auch<br />
die Temperaturen schon wieder mal auf unter<br />
minus 6°C waren, hat Harriet die empfindlichsten<br />
Pflanzen auf die Fensterbänke in der Messe<br />
umquartiert. Dort sollen sie überwintern und<br />
auch im nächsten Jahr das Buffet mit ihrem<br />
Aroma und ihrem Anblick bereichern.<br />
Nach und nach werden hier die letzten Paprika<br />
und Tomaten rot und verzieren die ein oder<br />
andere Platte am Buffet. Auch die meisten<br />
Kräuter treiben immer wieder neu aus.<br />
Thorsten.<br />
„99 Luftballons...<br />
...auf ihrem Weg zum Horizont...“ machen<br />
derzeit Station in Koldewey. Nachdem mit<br />
dem Schiff im August die Radio- und Ozonsonden<br />
für den nächsten Winter eintrafen, kamen<br />
mit dem Schiff am 8. <strong>September</strong> die zugehörigen<br />
Ballons an. Eine halbe Tonne frisch<br />
gepreßter Latex-Ballone auf zwei Eisenbahn-<br />
Europaletten gepackt, zusammen 25 Kollis.<br />
Hier sind starke Frauen gefragt: Kistenstapeln in der Ballonhalle.<br />
Konni am Werk. Bild: Thorsten.<br />
Joann und ich hatten unsere liebe Mühe, in<br />
dem ohnehin schon vollen Lager im Ballonhaus<br />
noch Platz für die Ballone zu finden. Bereits<br />
vor gut vier Wochen hatten Konni und ich<br />
dort die ganzen Sonden untergebracht. Man<br />
kann die Ballons auch nicht irgendwo hinlegen,<br />
sie dürfen nicht frieren, sonst lassen sie<br />
sich nicht mehr richtig aufblasen oder platzen<br />
zu früh. Dann hat man die Bescherung und die<br />
betreffende Sonde einen Durchhänger...<br />
Um das Platzen hinauszuzögern, werden die<br />
Ballons vor dem Start eine Woche lang auf<br />
knapp über 50°C vorgewärmt, sind dann bedeutend<br />
flexibler und reißfester. Sie kommen<br />
dann auch problemlos hoch auf etwa 30-35
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 3 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
Kilometer. Bei sehr niedrigen Temperaturen in<br />
der Stratosphäre schließt sich an das Vorwärmen<br />
noch ein Ölbad, das sich gleichfalls positiv<br />
auf die Steighöhe und Flexibilität auswirkt.<br />
Ab in die Halle: Joann verstaut die neue Ballonlieferung.<br />
Ebenfalls an Bord der Norbjørn, die die Ballons<br />
und Sonden geliefert hat, waren auch noch<br />
einige Racks Helium, mit dem die Ballons gefüllt<br />
werden.<br />
Mit den neuen Lieferungen sind wir nun für<br />
den kommenden Winter gewappnet, denn ab<br />
Ende November wird auch bis in den Mai hinein<br />
kein Schiff mehr kommen, und mit den<br />
kleinen Fliegern lassen sich diese Massen an<br />
Material nur nach und nach anliefern, zu höheren<br />
Preisen, versteht sich...<br />
Thorsten.<br />
Vagabond auf Svalbard<br />
Knallrot, jedoch nicht aus Gummi, gut 15 Meter<br />
lang und mit Mast fast ebenso hoch, liegt es<br />
unten im Hafen: Vagabond, das eisgängige,<br />
französische Segelschiff, das Ende August mit<br />
Eric Brossier, France Pinczon du sel und<br />
Franck Delbart mit der wehenden Trikolore am<br />
Heck in Ny-Ålesund einlief.<br />
Plätschert leise vor sich hin: Vagabond im Sonnenuntergang.<br />
Das Boot ist speziell für Einsätze in polaren<br />
Regionen konstruiert, ist kiellos und mit einem<br />
eisbrechenden Bug versehen. Das 20 mm starke<br />
Stahlblech kann Eisbergen mittlerer Größe<br />
recht solide standhalten. Mit etwas Schwung<br />
läßt sich dann auch in einem Treibeisfeld ein<br />
passabler Weg bahnen. Hilfreich dabei ist dann<br />
das bemannte Krähennest, von dem aus sich<br />
ein besserer Überblick über die Eislage bebiet.<br />
Grund des Einlaufens in den örtlichen Hafen<br />
ist eine Überwinterung mit diesem Boot an der<br />
Ostküste Spitzbergens, am Storfjord.<br />
France und Eric wollen sich dort an einer geschützten<br />
Stelle mit dem Boot einfrieren lassen<br />
und den Winter an Bord verbringen. Kontakt<br />
zur Außenwelt bietet nur das bordeigene Funkgerät.<br />
Allerdings sind im Frühjahr Besuche von<br />
Wissenschaftlern geplant, die von Longyear<br />
oder Svea mit dem Scooter anreisen werden.<br />
Seebären aus der Bretagne: Eric und France auf Spitzbergen.<br />
Bilder: Franck Delbart.<br />
Untersuchungen zu Wassertemperatur und<br />
Salzgehalt des Eises sind geplant, ebenso weitere<br />
physikalische Messungen und Analysen.
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 4 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
Eric und France sind mit ihrem Vagabond<br />
nicht zum ersten Mal in der Arktis. Sie durchquerten<br />
bereits im Jahr 2002 die Nord-Ost-<br />
Passage, um ein Jahr darauf wieder als erstes<br />
Segelboot ohne Überwinterung durch die<br />
Nord-West-Passage in das Europäische Eismeer<br />
zurückzukehren. Die Zeit dazwischen<br />
verbrachten beide auf Kamtschatka, in Rußland<br />
und Japan.<br />
Vagabond in Ny-Ålesunds Hafen. Bild: Franck Delbart.<br />
Das Boot ist sehr geräumig. Ein großer Koch-<br />
und Aufenthaltsraum bildet den Mittelpunkt,<br />
an den sich nach vorne der Steuerstand anschließt.<br />
Im Unterdeck sind zwei geräumige<br />
Kabinen angeordnet, die Schlafplatz für je drei<br />
Personen bieten. Ebenso Dusche und WC,<br />
Stauräume für Proviant und ein großer Tiefkühlschrank.<br />
Unter dem hinteren Teil des<br />
Decks ist ebenfalls noch eine Kabine untergebracht,<br />
sogar mit fließend Warm- und Kaltwasser.<br />
Helle Materialien und viel Holz verbreiten eine<br />
behagliche Atmosphäre. Geheizt wird mit einem<br />
modernen, dieselbetriebenem Kanonenofen,<br />
der neben dem Eßtisch steht. Außerdem<br />
durchzieht das Boot noch ein Rohrsystem der<br />
Zentralheizung, um ein gänzliches Auskühlen<br />
zu verhindern.<br />
In der großzügig eingerichteten Küche findet<br />
sich neben einem Zweiflammenherd auch ein<br />
moderner gasbeheizter Backofen. Der Weg<br />
zum Bäcker von Unterwegs aus ist fallweise<br />
doch recht mühsam...<br />
Erwähnenswert ist, daß der gesamte Innenraum<br />
dicht verschließbar ist, so daß auch heftiger<br />
Seegang und starker Wind dem Boot bei richtiger<br />
Bedienung nicht allzuviel anhaben können.<br />
Die Zeit hier in Ny-Ålesund wurde von den<br />
beiden Crew-Mitgliedern genutzt, noch einige<br />
Einkäufe zu tätigen und noch die ein oder andere<br />
Verbesserung der Ausrüstung vorzunehmen.<br />
Franck Delbart von der französischen<br />
Station Charles Rabot war hier sehr behilflich,<br />
ist das IPEV doch für die geplante Aktion im<br />
kommenden Winter verantwortlich.<br />
Am Samstag, dem 11. <strong>September</strong>, wird Vagabond<br />
in Ny-Ålesund die Anker lichten und<br />
über Longyearbyen die Reise zum Storfjord<br />
antreten, um vor Einsetzen der Polarnacht sein<br />
Überwinterungsplatz erreicht zu haben.<br />
Ein Filmbericht zwei Tage vor der Abfahrt,<br />
den Eric in der Messe zeigte, informierte die<br />
interessierten Ny-Ålesunder über die beiden<br />
letzten Touren durch die Nord-West- und<br />
Nord-Ost-Passage.<br />
Weitere Informationen zum Schiff und der<br />
Überwinterung gibt es unter:<br />
http://piem.org/vagabond/# .<br />
Thorsten.<br />
Unter Segeln ins Eismeer-<br />
Henning Scherf an der Koldewey-<br />
Station<br />
Neben Vagabond waren in diesem Sommer<br />
noch einige weitere interessante Segelboote zu<br />
Besuch in Ny-Ålesund und auch an unserer<br />
Station.<br />
Bereits im August konnten wir die Wappen<br />
von Bremen während ihrer geplanten Spitzbergen-Umrundung<br />
begrüßen, auf der auch der<br />
amtierende Bremer Bürgermeister Henning<br />
Scherf mitreiste.<br />
Hoher Besuch und ein Stück Deutschland: Die Wappen von<br />
Bremen am Kai in Ny-Ålesund. Bild: Thorsten.
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 5 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
Dies war für uns vom Stationspersonal sowie<br />
für das gesamte Alfred-Wegener-Institut der<br />
bedeutendste VIP-Besuch an der Station in der<br />
diesjährigen Saison.<br />
Aus diesem Grunde reiste auch extra der Direktor<br />
des <strong>AWI</strong>, Herr Professor Dr. Jörn Thiede,<br />
aus Bremerhaven an, und konnte die Mannschaft<br />
der Wappen von Bremen zusammen mit<br />
dem Stationsteam am Hafen begrüßen. Sie lief<br />
am 13. August kurz vor Mitternacht bei strahlendem<br />
Sonnenschein und bestem Wetter in<br />
Ny-Ålesund ein. Groß war die Freude bei Henning<br />
Scherf, als er sich des Begrüßungskomitees<br />
der Koldewey-Station unter Führung von<br />
Jörn Thiede gewahr wurde. Wir wurden umgehend<br />
an Bord gebeten und sehr herzlich in<br />
Empfang genommen.<br />
Ob er platzt?? Henning Scherf mit einem Wetterballon.<br />
Für den nächsten Tag hatten Konni und ich<br />
bereits ein umfangreiches Programm für unsere<br />
Besucher organisiert. Angefangen mit einer<br />
offiziellen Begrüßung in der Messe durch den<br />
KingsBay-Leiter Oddvar Midtkandal, gefolgt<br />
von einem Umtrunk im Blauen Haus, konnte<br />
die Crew in einer fast dreistündigen Führung<br />
sich von unserer Tätigkeit hier vor Ort ein detailliertes<br />
Bild machen. Sowohl ein intensiver<br />
Rundgang durch das NDSC-Observatorium<br />
waren eingeplant, als auch der Aufstieg des<br />
allmittäglichen Wetterballons, der von Henning<br />
Scherf persönlich durchgeführt wurde.<br />
Nach einer kleinen Stärkung traf man sich am<br />
frühen Nachmittag am Hafen und bestieg die<br />
Schlauchboote des <strong>AWI</strong> und des IPEV zu einer<br />
Fjordrundfahrt um die Bloomstrand-Insel. Dabei<br />
wurde der Bloomstrand-Gletscher angefahren<br />
und beim Kalben beobachtet, treibende<br />
Eisberge beim Drehen gesichtet, und es konnte<br />
sogar bis auf wenige Meter Abstand mit den<br />
Booten an eine Bartrobbe herangerudert werden,<br />
die sich auf einer Eisscholle trieben ließ.<br />
Neugierige Blicke treffen sich, doch keiner von beiden läßt<br />
sich aus der Ruhe bringen. In gelb: Henning Scherf.<br />
Am Abend konnte noch Henning Scherf mit<br />
einem Mitarbeiter vom Norsk Polarinstitutt auf<br />
den Zeppelin-Berg fahren und die dortige Aussicht<br />
auf den Fjord genießen, sowie sich über<br />
die dortigen Messungen zur Luftchemie informieren.<br />
Abends traf man sich erneut gemeinsam im<br />
Blauen Haus und ließ den Tag und die Erlebnisse<br />
Revue passieren. Tief beeindruckt bestieg<br />
die Crew gegen elf Uhr abends die Wappen<br />
von Bremen und startete in Richtung Norden,<br />
um Spitzbergen einmal komplett umrunden zu<br />
wollen. Während dieses Fahrtabschnittes standen<br />
sowohl wir von der Koldewey-Station als<br />
auch Mitarbeiter der Uni Bremen über Iridium-<br />
Telephon mit der Crew in Verbindung, um<br />
sowohl die täglichen Wetterprognosen zu berichten<br />
als auch die Vorhersagen für den Eisgang<br />
weiterzuleiten.<br />
Bad Im Fjord: Henning Scherf (links) kühlt sich nach dem<br />
langen Tagesprogramm im Fjord ab. Bilder: Thorsten.
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 6 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
Trotz guter Vorhersagen und der Möglichkeit,<br />
mit Satellitenbildern auch die Ostküste Spitzbergens<br />
einzusehen, mußte das Boot jedoch an<br />
der Hinlopenstraße wegen dichtem Treibeises<br />
unerwarteter Weise umdrehen, um nicht ernsthaft<br />
in Gefahr zu geraten, vom Eise eingeschlossen<br />
zu werden. Es blieb keine günstigere<br />
Alternative, als den gleichen Weg wie auf der<br />
Hinfahrt zu nehmen, so daß die Wappen von<br />
Bremen ein zweites Mal Ny-Ålesund anlief.<br />
Die geschah jedoch mitten in der Nacht. Der<br />
Aufenthalt wurde nur dazu genutzt, zusätzlich<br />
Diesel zu tanken, um dann schnellstmöglichst<br />
weiterzufahren und ob des Umweges so viel<br />
Zeit als möglich aufzuholen.<br />
Während dieser Nordpolarmeer-Fahrt gab<br />
Henning Scherf über Satellitentelephon in<br />
Deutschland bekannt, daß er sich für eine weitere<br />
Amtszeit als Bürgermeister von Bremen<br />
zur Verfügung stellen wird.<br />
Das Walroß, auch im Hafen. Bild: Thorsten.<br />
Einige Tage nach der Wappen von Bremen<br />
bekamen wir Besuch von Walroß III des Akademischen<br />
Seglervereines Berlin.<br />
Während die Besatzung der Wappen von Bremen<br />
ursprünglich Spitzbergen ganz umrunden<br />
wollte, aber wegen unerwartetem Treibeis<br />
nördlich von Edgøya wieder umdrehen mußte,<br />
war Walroß III nur bis an die Nordküste Spitzbergens<br />
unterwegs.<br />
Beide Besatzungen nahmen die Gelegenheit<br />
gerne war, unsere Station ausführlich zu besichtigen.<br />
Besonderes Interesse erregte dabei<br />
jedesmal unser NDSC-Observatorium mit seinen<br />
technisch hochpräzisen Meßinstrumenten,<br />
allen voran dem LIDAR.<br />
Der Akademische Seglerverein Berlin war<br />
nicht das erste mal auf Spitzbergen. Bereits vor<br />
genau 30 Jahren waren einige Mitglieder der<br />
heutigen Besatzung mit einem Vorgängerboot<br />
schon einmal in Ny-Ålesund, damals noch eine<br />
Die Walroß-Crew übergibt einen Wimpel als Gastgeschenk<br />
an den Stationsleiter Thorsten. Bild: Opa/ Crew Walroß<br />
ganz kleine Ansiedlung, die Reste des Kohlebergbaues<br />
noch deutlich präsent. Der Entschluß<br />
zur Gründung eines naturwissenschaftlichen<br />
Stützpunktes in der Arktis war damals<br />
noch nicht gefaßt.<br />
Auf beiden Schiffen konnten wir uns vom<br />
Stationsteam ebenfalls umsehen und die Räumlichkeiten<br />
besichtigen. Für ausgeprägte Landratten<br />
ebenfalls ein großes Ereignis.<br />
Ein weiteres und auch etwas größeres Schiff ist<br />
die Noorderlicht, die im Sommer mehrmals<br />
den Hafen Ny-Ålesunds anlief. Ein stattlicher<br />
Zweimaster mit Dieselhilfsantrieb, der für wissenschaftlich<br />
geprägte Touristenreisen in See<br />
sticht. Die rote Farbe des Schiffsrumpfes hebt<br />
Noorderlicht im Sommer: Das ehemalige Feuerschiff aus der<br />
Flensburger Förde unterwegs im Kongsfjord. Bild: Thorsten.<br />
es angenehm von den übrigen Schiffen ab und<br />
verrät auch schon etwas über die ursprüngliche<br />
Herkunft. Es wurde 1910 in Flensburg als
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 7 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
Dreimaster gebaut und diente bis zur Außerdienststellung<br />
im Jahre 1962 als Feuerschiff<br />
Kalkgrund auf selbigem in der Flensburger<br />
Förde. Danach als Vereinsheim genutzt, fand<br />
es 1985 einen niederländischen Käufer, der es<br />
in langwieriger Arbeit restaurierte und seit Anfang<br />
der 1990er Jahre als kleines Kreuzfahrtschiff<br />
einsetzt. 10 Doppelkabinen bieten ausreichend<br />
Unterkunft für Gäste.<br />
Während dem letzten Besuch der Noorderlicht<br />
hier in Ny-Ålesund war eine Gruppe englischer<br />
Schüler an Bord, die auf ihrer Tour von den<br />
betreuenden Lehrern in naturwissenschaftlichen<br />
Fragestellungen unterrichtet wurden. Ein<br />
Filmteam begleitete die Gruppe hierbei. Durch<br />
Vermittlung von Jon-Børre vom Nordisk Polarinstitutt<br />
war der Kontakt zur Koldewey-<br />
Station hergestellt und gegenseitige Besichtigung<br />
fanden statt. Den interessierten Schülern<br />
wurde an einem Abend von Konni, Wilfried<br />
und Joann ausgiebigst das NDSC-<br />
Observatorium vorgeführt, dabei konnte auch<br />
der laufende LIDAR-Laser bestaunt werden.<br />
Thorsten.<br />
Fußball - open air<br />
Mitte August, als die Tage noch fast ununterbrochen<br />
gleich hell waren, zog es an den lauen<br />
Abenden die Spitzensportler des Ortes angelegentlich<br />
der körperlichen Ertüchtigung ab und<br />
an auch mal ins Freie. Training unter freiem<br />
Himmel, sozusagen. Dies auch deshalb, da die<br />
Sporthalle für einen Kurs des Svalbard-<br />
Seminars einige Tage gesperrt war. Hier einige<br />
Aufnahmen von den beiden internationalen<br />
und bunt gemischten Teams.<br />
Mann und Frau verfolgten schon immer unterschiedliche<br />
Ziele. Konni und Aare beim Ballsport.<br />
Darin vertreten auch die biologischen Taucher<br />
des <strong>AWI</strong> nebst der Stationsingenieurin des<br />
NDSC-Observatoriums, Konni.<br />
Ob er ihn trifft?? Keneth am Ball, im Hintergrund das<br />
Schlammbad.<br />
An einigen Pfützen des Bolzplatzes konnten<br />
manche Sportler nicht immer ausweichen –<br />
Klementine freute sich... ☺<br />
Strahlende Fans am Rande.<br />
Thorsten.
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 8 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
Kisten für Bremerhaven – oder:<br />
Ein 40-Fuß-Container geht auf die<br />
Reise.<br />
Ende <strong>September</strong> wurde nun der Container gepackt,<br />
der einen Großteil der wissenschaftlichen<br />
Ausrüstung wieder nach Deutschland<br />
zurück transportierte, die für verschiedene Projekte<br />
im Frühjahr und während des Sommers<br />
nach und nach in Ny-Ålesund eintraf.<br />
Den Hauptanteil an Fracht hatten dabei die<br />
Meeres-Biologen und die Taucher, die für erstgenannte<br />
im Kongsfjord im Einsatz waren.<br />
Die Materialien waren sorgsam zum Versand<br />
in stabilen Aluminium-Kisten verstaut, zurückzusendende<br />
Polarkleidung der Sommer-<br />
Stationsgäste entsprechend in Seesäcken, die<br />
im Bremerhavener Hafenlager verstaut werden.<br />
Das isser: Unser Frachtcontainer <strong>AWI</strong> 210.<br />
Die Kisten wurden unter sorgsamer Aufsicht<br />
von Saskia Brandt und Michael Aßmann nach<br />
und nach rutschfest im Container verstaut, was<br />
doch einige Zeit in Anspruch nahm. Am Pakken<br />
beteiligt waren alle Biologen und Taucher,<br />
die Mitte <strong>September</strong> noch an der Station waren.<br />
Das waren Philipp, Nick, Lena, Ricky und<br />
Daniel.<br />
Nach und nach fanden alle Packstücke Platz im<br />
Container, unter anderem auch ein zur Eichung<br />
zurückzusendendes UV-Spektrometer, nicht<br />
mehr zu verwendende Elektronikteile, verschiedene<br />
Gestelle für Unterwasserarbeiten<br />
und Kultivierung von Algen und Muscheln.<br />
Und Kisten gingen da rein... ☺<br />
Außerdem auch noch einige Alu-Kisten mit<br />
persönlicher Ausrüstung von Konni Piel, der<br />
scheidenden Stationsingenieurin, und Jensens<br />
Keyboard.<br />
Ein prüfender Blick von Wilfried, einem Techniker<br />
des NDSC-Observatoriums, und mir<br />
folgten zum Schluß, nachdem noch einige<br />
Lücken mit Hölzern und Paletten gefüllt wurden.<br />
Sofern der Container nun nicht unbedingt<br />
auf den Kopf fällt, sollte nichts verrutschen.<br />
Alles in allem fanden insgesamt 96 Packstücke<br />
Platz im Container, womit nun auch das Rätsel<br />
der August-Aufgabe gelöst ist. ☺<br />
Ein Teil des Pack-Teams: Philipp, Saskia, Lena, Nick.<br />
Thorsten.
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 9 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
Aktuelles<br />
Am 17. <strong>September</strong> hat der neue Stationsingenieur<br />
Joann Schmid den Dienst im NDSC-<br />
Observatorium übernommen und damit Konni<br />
Piel abgelöst.<br />
Dicken Kuß für einen tollen Menschen. Frank im Einsatz,<br />
symbolisch für uns alle hier oben. Bild: Thorsten.<br />
Sie war seit Mitte August 2003 ununterbrochen<br />
an der Station. Konni wird noch bis Anfang<br />
Oktober hier sein und dann nach und nach in<br />
gut zwei Wochen langsam gen Süden Richtung<br />
Deutschland fahren, und sich dabei schritt für<br />
schritt wieder an die Zivilisation gewöhnen<br />
(müssen).<br />
Die Übernahme durch Joann wurde an diesem<br />
Abend im Blauen Haus in entsprechend feierlichem<br />
Rahmen begangen. Wir hatten dazu ganz<br />
Ny-Ålesund eingeladen und konnten zahlreiche<br />
Gäste im Salon des Hauses begrüßen.<br />
Zwei Ingenieursgenerationen auf einem Bild: Konni und<br />
Christian bei der Übergebefeier im Blauen Haus.<br />
Die Küche hatte auch ihren Teil zum Gelingen<br />
der Feier beigetragen und zwei große Käseplat-<br />
ten geliefert, ebenso Kräcker und einiges an<br />
frischem Gemüse, da kurz zuvor ein Versorgungsschiff<br />
den Hafen angelaufen hatte.<br />
Die Feier zog sich bis in die späten Abend-<br />
oder frühen Morgenstunden.<br />
Durch den Zufall, daß die ehemaligen Stationsingenieur<br />
Christian Wille und Wilfried Ruhe<br />
für Wartungsarbeiten diverser Meßinstrumente<br />
an der Station waren, fand die Feier sogar mit<br />
insgesamt vier (Ex-) Ingenieuren statt.<br />
Thorsten.<br />
Und täglich grüßt das Murmeltier…<br />
…und irgendwie genau so ist es hier an der<br />
Koldewey Station, wenn zweimal in Jahr der<br />
Stationsleiter, bzw. der Stationsingenieur ihren<br />
Posten an den jeweiligen Nachfolger abtreten<br />
müssen.<br />
Der Neue: Neugierige Blicke – auf das, was drin ist, und auf<br />
die neue Aufgabe. Bild: Marion.<br />
Eigentlich jedes Jahr das gleiche Spiel, und<br />
doch für die beteiligten Personen immer eine<br />
einmalige und spannende Sache. So auch dieses<br />
Jahr. Es wird Winter in Ny-Ålesund und<br />
der alte Stationsingenieur, in diesem Falle die<br />
alte Stationsingenieurin Konni, denkt nach<br />
einem erlebnisreichen Jahr in der Arktis so<br />
langsam darüber nach, wie es denn wohl in<br />
Deutschland weitergehen soll. Kisten packen<br />
und Abschied nehmen, während „der Neue“<br />
nach einer langen und recht theoretischen Vorbereitungszeit<br />
in Potsdam noch dabei ist, die<br />
Kisten auszupacken und sich so langsam und<br />
ganz praktisch an das Leben und Arbeiten in<br />
der Arktis zu gewöhnen. Für Konni ist<br />
Deutschland plötzlich wieder ganz aktuelle, für
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 10 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
mich rücken Bäume, Herbstlaub, Temperaturen<br />
über 0°C, die morgendliche Fahrt zur Arbeit,<br />
eine aktuelle Tageszeitung, die „Dönerbude“<br />
nebenan und diverse andere Annehmlich- und<br />
Selbstverständlichkeiten der Zivilisation immer<br />
mehr in weite Ferne.<br />
Mitte <strong>September</strong> war die offizielle Übergabe<br />
des NDSC-Observatoriums von Konni an<br />
mich. Da in Ny-Ålesund keine Gelegenheit<br />
ausgelassen wird, wenn es um das Feiern geht,<br />
wurde auch dieses Ereignis mit einer kleinen<br />
Party, zu der traditionell das ganze Dorf eingeladen<br />
ist, begangen. Für die Verpflegung sorgte<br />
dabei die Küche, die zwei große Käseplatten<br />
bereitstellte, für die Getränke wurde ein Großeinkauf<br />
im örtlichen Shop gestartet, der noch<br />
durch ein paar Liter an aus Deutschland importiertem<br />
Faßbier angereichert wurde. Für den<br />
Nachtisch sorgte die Natur, diesmal nicht in<br />
Form von frischem Gletschereis für die Getränke,<br />
sondern mit dem ersten Polarlicht der<br />
diesjährigen Saison.<br />
Alt und Neu dicht beienander: Konni und Joann beim Eisberg-Gucken<br />
am Strand.<br />
In den letzten Jahren habe ich bei der Firma<br />
Precitec Optronik als Entwicklungsingenieur<br />
im Bereich der Optik- und Softwareentwicklung<br />
gearbeitet. Im Rahmen von nationalen<br />
und internationalen Forschungs- und Entwicklungsprojekten<br />
habe ich dabei Qualitätssicherungssysteme<br />
für Laserschweißprozesse entwickelt.<br />
Direkt nach dem Studium eine durchaus<br />
interessante Arbeit, die mir in der mit rund<br />
30 Leuten überschaubaren Firma die Möglichkeit<br />
geboten hat, mich nicht nur in immer wieder<br />
neue Aufgabengebiete einzuarbeiten, sondern<br />
durch die ich auch die Gelegenheit zu<br />
interessanten Dienstreisen in Europa und nach<br />
Japan bekommen habe. Nach 4 Jahren in der<br />
Industrie wurde es so langsam Zeit, auch mal<br />
etwas anderes zu machen. Spitzbergen spukte<br />
dabei schon lange in meinem Kopf herum. Wer<br />
kennt sie nicht, die Geschichten aus der Zeit<br />
der großen Entdeckungsfahrten in die Arktis<br />
und Antarktis. Namen wie Amundsen, Drygalski,<br />
Scott, Nobile, Mawson, Petermann,<br />
Koldewey, usw. Im Sommer 2003 habe ich<br />
Spitzbergen zum ersten Mal richtig kennen<br />
gelernt, als ich auf einem Segelschiff an einer<br />
Spitzbergen-Umrundung teilgenommen habe.<br />
Ein Besuch an der Koldewey-Station war das<br />
endgültige Argument, mich für die Stelle des<br />
Stationsingenieurs zu bewerben. Eine interessante<br />
Arbeit, eine immer wieder faszinierende<br />
und gewaltige Natur und mit Sicherheit eine<br />
einmalige Erfahrung im Leben.<br />
Joann<br />
Liebes Rätselkombinat!<br />
Rätselfrage:<br />
Hier erstmal die Auflösung des Juli und des<br />
August-Rätsels.<br />
Im Juli wollten wir wissen, wie viele Polarflugzeuge<br />
denn wohl das <strong>AWI</strong> besitzt. Richtige<br />
Antwort wäre 2 gewesen, also Polar 2 und Polar<br />
4. Die beiden Überraschungspakete gehen<br />
an die beiden Einsender Frank Mayer, Frankfurt<br />
am Main, und Hilde Gertje, Zetel.<br />
Im August fragten wir nach der Anzahl der in<br />
unserem blauen Container verstauten Kisten<br />
und Kasten (und auch Seesäcke). Nach mühevoller<br />
Kleinarbeit konnten wir insgesamt doch<br />
tatsächlich 96 Kisten darin unterbringen. Es<br />
erreichten uns diesmal doch zahlreiche Einsendungen<br />
mit der richtigen Lösung. Zahlreich<br />
heißt insgesamt sechs richtige Einsendungen.<br />
Als Gewinner ausgelost wurden:<br />
Holger Meereis, Hannover, und Karl Michael<br />
Müller, Berlin.<br />
Die Überraschungspakete gehen noch vor<br />
Weihnachten auf die Reise. Allen Gewinnern<br />
von hier oben aus Herzlichen Glückwunsch<br />
vom Stationsteam Thorsten und Joann.<br />
Nachdem mir zu Ohren kam, daß eine der letzten<br />
Fragen an dieser Stelle zu leicht war, hier<br />
nun mal eine etwas härtere Nuß... : ☺<br />
Welches nette, frischgrün-gezackte Ny-<br />
Ålesunder Detail verzierte am 28. Juli 2004
<strong>Spitzbergener</strong> <strong>Zeitung</strong> - 11 - <strong>September</strong> - Oktober 2004<br />
gegen 18.00 den exorbitanten Erdbeer-<br />
Tortenboden am Buffet der Eröffnungs-Gala,<br />
die anläßlich der Einweihung der Nord-Polar-<br />
Station Yellow River der VR China gegeben<br />
wurde?<br />
Lösungen bitte per Mehl oder – klassisch – per<br />
Post an die Redaktion der Spitze. Einsendeschluß<br />
ist der 31. Dezember 2004.<br />
Zu gewinnen gibt es wieder zwei Koldewey-<br />
Überraschungspakete.<br />
Thorsten.<br />
Im <strong>September</strong> und Oktober<br />
an der Station<br />
Wilfried Ruhe Jürgen Laudien<br />
Saskia Brandt Ricky Sahade<br />
Philipp Schubert Daniel Carstensen<br />
Michael Assmann Lena Brey<br />
Heiko Gericke Nick Probst<br />
Tine Weinzierl Matthias Palm<br />
Christian Wille<br />
Die Teamer:<br />
Thorsten Wilhelm Konni Piel<br />
Joann Schmid<br />
Anschrift der Redaktion:<br />
Koldewey-Station<br />
Postboks 4<br />
N – 9173 Ny-Ålesund/ Spitzbergen – Norge<br />
Mail: station@awi-koldewey.no<br />
Wochenlange Dämmerung: Während die Spitzen der Tre Kroner (Bildmitte) noch in der letzten Nachmittagssonne leuchten, liegt Ny-<br />
Ålesund schon seit Tagen im Schatten des Zeppelin-Fjellet ohne direkte Sonnenstrahlen. Bild: Thorsten, 9. Oktober 2004, 16.00.