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nachweisbar. Gewiss gab es auch in vornationaler Zeit<br />
Konflikte: zwischen Arm und Reich, Beherrschten und<br />
Herrschenden, Ackerbauern und halbnomadischen Viehzüchtern<br />
oder zwischen rivalisierenden Stämmen. Und<br />
es gab Räuber und Rebellen. Dagegen gab es keine Religionskriege<br />
im Osmanischen Reich, wie etwa in Mitteleuropa,<br />
keine Zwangsislamisierung, keine religiös motivierten<br />
Bevölkerungsvertreibungen (im Gegenteil), und es<br />
gab keine großflächigen Bauernaufstände. Erst mit der<br />
modernen Nations- und Staatsbildung seit dem 19. Jahrhundert<br />
und der „Balkanisierung“ des Balkans setzten<br />
jene rigiden Grenzziehungen auf dem Boden und in den<br />
Köpfen der Menschen ein, die eine Lawine von Konflikten<br />
lostraten.<br />
Die nationalen Historiografien wollen uns weismachen,<br />
dass es die Nationen schon immer gegeben habe, auch<br />
wenn sie zeitweilig in Tiefschlaf verfallen waren, aus<br />
dem sie durch die nationale „Wiedergeburt“ befreit wurden.<br />
„Aufgeklärte“ Historiker räumen zwar ein, dass die<br />
Nationen relativ junge Konstrukte sind, aber der „Stoff“,<br />
aus dem sie gemacht wurden, sei in Gestalt der Ethnien<br />
schon „immer“ da gewesen. Richtig ist, dass es unterschiedliche<br />
ethnische Gruppen lange vor der Nationsbildung<br />
gegeben hat. Aber es waren keine stabilen Gruppen.<br />
Ihre Definitionsmerkmale und ihre Zusammensetzung<br />
befanden sich in ständigem Wandel. Das änderte sich<br />
erst im Verlauf des 19./20. Jahrhunderts mit Erfindung<br />
und Einsatz jener völkischen Inklusions- und Exklusions-<br />
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04/07<br />
treffpunkt.europa<br />
kriterien, die genau festlegten, wer zu „uns“ und wer zu<br />
den „anderen“ gehört.<br />
Kampf um Territorien<br />
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Mit der Formierung nationaler Mehrheiten entstanden<br />
auch die nationalen Minderheiten – beide ein Novum. Die<br />
Nationsbildner hatten alle Mühe, aus den widerspenstigen,<br />
bis Anfang des 20. Jahrhunderts überwiegend analphabetischen<br />
Bauern, die mit dem Konstrukt „Nation“<br />
nichts anzufangen wussten und dem „Nation<strong>als</strong>taat“<br />
gleichgültig oder feindlich gegenüberstanden, gute Patrioten<br />
und loyale Bürger zu machen. Und je größer die Zahl<br />
der rivalisierenden Nationalbewegungen auf dem Balkan<br />
wurde, desto unnachgiebiger fiel der Kampf um unentschiedene<br />
Bevölkerungsgruppen und strittige Territorien<br />
aus. Die frisch gebackenen Nationalisten verstanden das<br />
von ihnen beanspruchte Territorium <strong>als</strong> eine Art unveräußerbare<br />
Immobilie. Wer sie zuerst in Besitz genommen<br />
hatte (egal wie und wann), dem sollte sie für immer und<br />
ewig gehören, unabhängig davon, wer gerade in der Immobilie<br />
lebte.<br />
Diese „historischen Rechte“ standen von Anfang an in einem<br />
Spannungsverhältnis zum modernen Selbstbestimmungsrecht<br />
der Völker, das bei den rezenten Grenzziehungen<br />
in vielen Fällen gröblich missachtet wurde. Alle<br />
Nationalbewegungen auf dem Balkan haben sich nach<br />
anfänglichen Schwankungen auf ein ethnisch (nicht:<br />
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