Charakterisierung der Ohmschen Widerstände Auf
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Kapitel 4<br />
Elektrizitätslehre<br />
Vorversuche:<br />
4.1 <strong>Charakterisierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stände<br />
4.2 <strong>Auf</strong>- und Entladung eines Kondensators<br />
4.3 <strong>Auf</strong>- und Entladung einer Spule<br />
Hauptversuche:<br />
4.4 LC-Schwingkreise<br />
4.5 gekoppelte Schwingungen<br />
Physikalische Grundlagen<br />
107<br />
Ohmsches Gesetz, Kirchhoffsche Regeln, Schaltungen von Wi<strong>der</strong>ständen, Kondensatoren,<br />
Spulen, <strong>Auf</strong>- bzw. Entladevorgänge, Schwingungen, gedämpfte Schwingungen, gekoppelte<br />
Schwingungen, Wechselströme, Wechselstromwi<strong>der</strong>stände, Verlustwi<strong>der</strong>stände
108 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
4.1 <strong>Charakterisierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stände<br />
4.1.1 Versuchsbeschreibung:<br />
Es soll <strong>der</strong> Betrag <strong>der</strong> <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stände bestimmt werden, die bei den folgenden Versuchsteilen<br />
zur <strong>Charakterisierung</strong> <strong>der</strong> Kondensatoren und <strong>der</strong> Spulen, bzw. zur Dämpfung<br />
des Schwingkreises benutzt werden. Des weiteren sollen die Messfehler <strong>der</strong> Strom- und Spannungsmessungen<br />
bestimmt werden. Dazu werden zwei Messreihen benötigt:<br />
1.) Es wird eine Gleichspannung eingestellt und <strong>der</strong> Spannungsabfall an dem <strong>Ohmschen</strong><br />
Wi<strong>der</strong>stand und <strong>der</strong> im Kreis fließende Strom gegen die Zeit gemessen. Aus <strong>der</strong> Häufigkeitsverteilung<br />
<strong>der</strong> Strom- bzw. Spannungsmessung wird <strong>der</strong> jeweilige Mittelwert, die<br />
Standardabweichung (Fehler des Einzelwertes)und <strong>der</strong> mittlere Fehler des Mittelwertes<br />
bestimmt.<br />
<br />
X = 1<br />
n<br />
n<br />
<br />
<br />
Xi, σX = 1<br />
n − 1<br />
i=1<br />
n<br />
(Xi − X) 2 , σX = σX<br />
√n<br />
i=1<br />
(4.1)<br />
2.) Die anliegende Gleichspannung wird variiert, <strong>der</strong> Spannungsabfall am <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand<br />
und <strong>der</strong> fließende Strom gemessen. Die Fehler <strong>der</strong> Einzelmessungen wurden<br />
mit den jeweiligen Messreihen 1 vorher bestimmt. Mittels linearer Regression wird<br />
die Steigung und damit <strong>der</strong> Wert des <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes gemäß dem <strong>Ohmschen</strong><br />
Gesetz bestimmt.<br />
4.1.2 Versuchsaufbau<br />
U = I · R<br />
Die verschiedenen <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stände werden gemäß Abbildung 4.1 auf <strong>der</strong> Rastersteckplatte<br />
aufgebaut und an Spannung gelegt. Als Spannungsquelle dient die Gleichspannungsquelle<br />
S (0-16 V) des Sensor CASSY-Interface. Zur Strommessung wird das Amperemeter<br />
des Eingangs A und zur Spannungsmessung das Voltmeter des Eingangs B benutzt.<br />
4.1.3 Versuchsdurchführung<br />
Messreihe 1<br />
Die Spannungsquelle kann über das Menü Einstellungen CASSY automatisch bei Beginn<br />
<strong>der</strong> Messung eingeschaltet werden (Än<strong>der</strong>ung des Zustands 0 auf 1). Die Messzeit wird im<br />
Menü Messparameter anzeigen (Abb. 4.1b) eingestellt, die Messgrößen werden als Momentanwerte<br />
(Intervall 10 µs) aufgezeichnet. Die an dem <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand abfallende<br />
Spannung wird mit dem Spannungsmessgerät des Eingangs B, <strong>der</strong> im Kreis fließende Strom<br />
wird mit dem Amperemeter des Eingangs A gemessen.<br />
Achtung: <strong>Auf</strong> Grenzwerte und Messbereiche achten!
4.1. <strong>Charakterisierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stände 109<br />
Messreihe 2<br />
Die Spannungsquelle wird über das Menü Einstellungen CASSY eingeschaltet (Zustand<br />
1). Die Messwertaufnahme wird in dem Menü Messparameter anzeigen von automatischer<br />
auf manuelle <strong>Auf</strong>nahme umgeschaltet (Abb. 4.1c). Es wird ein Messwert pro Start<br />
einer Messung aufgezeichnet. Variiert wird manuell am Drehknopf die anliegende Spannung<br />
und es werden <strong>der</strong> Spannungsabfall am <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand und <strong>der</strong> Strom aufgezeichnet<br />
in einem U-I-Diagramm. Achtung: <strong>Auf</strong> Grenzwerte und Messbereiche achten!<br />
a)<br />
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
R<br />
S<br />
− +<br />
I<br />
U<br />
U<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
b) c)<br />
Benötigte Geräte:<br />
1 Sensor-CASSY<br />
1 Rastersteckplatte, DIN A4<br />
1 STE Wi<strong>der</strong>stand 100 Ω !<br />
1 STE Wi<strong>der</strong>stand 47 Ω<br />
1 STE Wi<strong>der</strong>stand 20 Ω<br />
1 STE Wi<strong>der</strong>stand 10 Ω<br />
1 STE Wi<strong>der</strong>stand 5,1 Ω<br />
1 STE Wi<strong>der</strong>stand 1 Ω<br />
3 Paar Kabel, 50 cm rot/blau<br />
Abbildung 4.1: a) Versuchsaufbau zur <strong>Charakterisierung</strong> des <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes. b)<br />
Messreihe 1. c) Messreihe 2
110 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
4.1.4 Versuchsauswertung<br />
Messreihe 1<br />
Bestimmen Sie aus den Häufigkeitsverteilungen <strong>der</strong> Strom- bzw. Spannungsmessungen (Abb.<br />
4.1b) den jeweiligen Mittelwert, die Standardabweichung (statistischer Fehler des Einzelwertes),<br />
den mittleren Fehler des Mittelwertes (Gleichungen 4.1) und berechnen sie jeweils den<br />
<strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand sowie den Fehler mittels Fehlerfortpflanzung.<br />
R = U<br />
I , σR =<br />
<br />
1 2 I<br />
· σ2 U +<br />
<br />
U<br />
I 2<br />
2<br />
· σ2 I ,<br />
σR<br />
R =<br />
<br />
σU 2 +<br />
U<br />
Variieren Sie die Anzahl <strong>der</strong> Messpunkte und fassen Sie die Ergebnisse als Funktion <strong>der</strong><br />
Anzahl <strong>der</strong> Messpunkte grafisch zusammen.<br />
Berücksichtigen Sie ebenfalls den systematischen Fehler mittels Fehlerfortpflanzung<br />
und geben sie das En<strong>der</strong>gebnis an:<br />
σU,sys = 0, 01 · Ui + 0, 005 · UBereichsendwert<br />
σI,sys = 0, 02 · Ii + 0, 005 · IBereichsendwert<br />
(R ± ∆Rstat ± ∆Rsys) Ω<br />
Messreihe 2<br />
Stellen Sie die Messreihe in einem U-I-Diagramm dar und bestimmen Sie mittels linearer<br />
Regression den Wert und Fehler des <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes (Abb. 4.2). In die lineare<br />
Regression gehen für jeden Messpunkt die statistischen Fehler <strong>der</strong> Strom- und Spannungsmessungen<br />
ein, die in <strong>der</strong> Messreihe 1 bestimmt worden sind. Um den systematischen Fehler<br />
in R abzuschätzen, verschieben Sie die Messpunkte mit ihren statistischen Fehlern um die<br />
systematischen Fehlern, so dass <strong>der</strong> Einfluss auf die Steigung <strong>der</strong> Ausgleichsgeraden maximal<br />
wird (Abbildung 4.2). Systematische Verschiebungen:<br />
bzw.:<br />
Ui,verschoben = Ui − (0, 01 · Ui + 0, 005 · UBereichsendwert)<br />
Ii,verschoben = Ii + (0, 02 · Ii + 0, 005 · IBereichsendwert)<br />
Ui,verschoben = Ui + (0, 01 · Ui + 0, 005 · UBereichsendwert)<br />
Ii,verschoben = Ii − (0, 02 · Ii + 0, 005 · IBereichsendwert)<br />
Geben Sie ihre Ergebnisse zusammenfassend an.<br />
Diskutieren Sie die Ergebnisse <strong>der</strong> beiden Messreihen und vergleichen Sie diese mit den<br />
Herstellerangaben (Tabelle 4.1).<br />
σI<br />
I<br />
2
4.1. <strong>Charakterisierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stände 111<br />
Abbildung 4.2: Messreihe 2: Bestimmung des <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes mittels linearer Regression<br />
(rote, mittlere Kurve) und des systematischen Fehlers (blaue und grüne Kurven).<br />
Ohmscher Wi<strong>der</strong>stand Belastbarkeit Toleranz<br />
1 Ω 2 W 5 %<br />
5,1 Ω 2 W 5 %<br />
10 Ω 2 W 5 %<br />
20 Ω 2 W 5 %<br />
47 Ω 2 W 5 %<br />
100 Ω 2 W 5 %<br />
Tabelle 4.1: Spezifikationen <strong>der</strong> <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stände nach Herstellerangaben
112 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
4.2 <strong>Auf</strong>- und Entladung eines Kondensators<br />
Optional, Rücksprache mit den Versuchsbetreuern!<br />
4.2.1 Versuchsbeschreibung<br />
Mit diesem Vorversuch sollen die Kapazitäten <strong>der</strong> Kondensatoren bestimmt werden, die<br />
später bei den Hauptversuchen <strong>der</strong> LC-Schwingkreise eingesetzt werden! Der bei diesem<br />
Vorversuch verwendete Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand muß im vorherigen Vorversuch charakterisiert<br />
worden sein!<br />
Wird ein Kondensator an eine Spannungsquelle angeschlossen (Abb. 4.3), so wird er geladen.<br />
Innerhalb einer gewissen Zeit fließen Ladungen auf die Platten (Ladestrom), bis <strong>der</strong><br />
Kondensator die gleiche Spannung wie die Quelle hat. Wird dann die Spannungsquelle abgetrennt<br />
und werden die Kondensatorplatten leitend miteinan<strong>der</strong> verbunden, so entlädt sich<br />
<strong>der</strong> Kondensator, im Kreis fließt dann für eine gewisse Zeit ein Entladestrom.<br />
Im folgenden wird ein Kondensator über einen Wi<strong>der</strong>stand aufgeladen o<strong>der</strong> entladen. Es<br />
wird <strong>der</strong> Spannungsabfall am Kondensator sowie <strong>der</strong> Lade- bzw. Entladestrom gemessen.<br />
Daraus kann die Zeitkonstante τ = R · C bestimmt werden.<br />
+<br />
U0<br />
A<br />
B<br />
I<br />
R<br />
C<br />
U<br />
C<br />
Abbildung 4.3: Schaltbild zur <strong>Auf</strong>nahme von Strom- und Spannungskennlinien bei Ladeund<br />
Entladevorgängen eines Kondensators<br />
Ladevorgang des Kondensators (Schalterstellung offen zwischen A und B):<br />
Der Ladevorgang beginnt beim Zeitpunkt t = 0, zu diesem Zeitpunkt fließt <strong>der</strong> maximale<br />
Strom I0 = U0 . Dann wird <strong>der</strong> Kondensator immer mehr geladen, die sich dabei aufbauende<br />
R<br />
Spannung UC wirkt als Gegenspannung zu U0, so daß <strong>der</strong> Ladestrom I immer kleiner wird.<br />
Wenn UC = U0 geworden ist, kommt <strong>der</strong> Strom zum Erliegen (I = 0).<br />
Wird von einem beliebigen Punkt ausgehend <strong>der</strong> Kreis (Abb. 4.3) einmal vollständig umfahren,<br />
muß die Summe aller Spannungen Null ergeben gemäß <strong>der</strong> Kirchhoffschen Maschenregel.<br />
Eine an<strong>der</strong>e Formulierung <strong>der</strong> Maschenregel lautet, daß die Summe <strong>der</strong> anliegenden Span-
4.2. <strong>Auf</strong>- und Entladung eines Kondensators 113<br />
nungen gleich <strong>der</strong> Summe <strong>der</strong> abfallenden Spannungen ist. Es gilt also zu jedem Zeitpunkt:<br />
Wegen C · UC = Q und I = dQ<br />
dt<br />
U0 − UR(t) − UC(t) = 0 → U0 − UC(t) = I(t) · R<br />
gilt dann:<br />
U0 − UC(t) = R · C dUC<br />
(4.2)<br />
dt<br />
Die Differentialgleichung 4.2 wird integriert mit <strong>der</strong> Randbedingung, daß beim Zeitpunkt<br />
t = 0 keine Ladung auf dem Kondensator ist und daher UC(t = 0) = 0 ist. Für den<br />
Spannungsabfall am Kondensator zu einer beliebigen Zeit t gilt dann:<br />
UC(t) <br />
0<br />
dUC<br />
U0 − UC<br />
= 1<br />
R · C<br />
t<br />
0<br />
<br />
U0 − UC(t)<br />
dt → ln<br />
U0<br />
= −t<br />
R · C → UC(t)<br />
<br />
t<br />
−<br />
= U0 · 1 − e R·C (4.3)<br />
also steigt die Spannung am Kondensator exponentiell mit <strong>der</strong> Zeit auf U0 an. Damit ergibt<br />
sich für den Ladestrom:<br />
I(t) = dQ dUC U0<br />
= C · =<br />
dt dt R<br />
mit <strong>der</strong> Zeitkonstanten des RC-Kreises τ = R · C.<br />
· e− t<br />
R·C = U0<br />
R<br />
t<br />
t<br />
−<br />
· e− τ = I0 · e R·C (4.4)<br />
Entladevorgang des Kondensators (Schalterstellung geschlossen zwischen A und<br />
B):<br />
Zum Zeitpunkt t = 0 wird die Spannungsquelle durch einen Leiter überbrückt, so daß keine<br />
Spannung mehr am Kreis anliegt und <strong>der</strong> Kondensator gemäß U0 aufgeladen ist. Dann liefert<br />
die Maschenregel:<br />
Mit Q = C · UC und I = dQ<br />
dt<br />
R · I(t) + UC(t) = 0<br />
folgt die homogene Differentialgleichung:<br />
R · C · dUC(t)<br />
dt + UC(t) = 0 (4.5)<br />
Die Lösung <strong>der</strong> Differentialgleichung 4.5 erfolgt durch “Separation <strong>der</strong> Variablen“ unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> Randbedingung (t = 0 → UC = U0):<br />
UC<br />
U0<br />
dUC<br />
UC<br />
= −1<br />
R · C<br />
t<br />
0<br />
dt → ln<br />
UC<br />
U0<br />
<br />
= −t<br />
R · C<br />
und damit ergibt sich für den zeitabhängigen Spannungsabfall am Kondensator:<br />
Für den Stromverlauf ergibt sich bei <strong>der</strong> Entladung:<br />
I = dQ<br />
dt<br />
t<br />
t<br />
− −<br />
UC(t) = U0 · e R·C = U0 · e τ (4.6)<br />
= C · dUC<br />
dt = C · U0 · −1<br />
R · C<br />
t<br />
· e− R·C → I(t) = − U0 t<br />
· e− R·C (4.7)<br />
R
114 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
4.2.2 Versuchsaufbau<br />
Der Kondensator und <strong>der</strong> Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand werden gemäß Abbildung 4.4 auf <strong>der</strong> Rastersteckplatte<br />
aufgebaut. Als Spannungsquelle dient die Gleichspannungsquelle S (0-16 V)<br />
des Sensor-CASSY-Interface. Zur Strommessung wird das Amperemeter des Eingangs A<br />
und zur Spannungsmessung das Voltmeter des Eingangs B benutzt. Zusätzlich wird <strong>der</strong><br />
Spannungsabfall am Kondensator auf dem Kanal 1 und <strong>der</strong> Strom als Spannungsabfall am<br />
Ohm’schen Wi<strong>der</strong>stand auf dem Kanal 2 des Oszilloskopes gemessen. Zur Überbrückung <strong>der</strong><br />
Spannungsquelle (Entladevorgang) wird ein Taster parallel zu dem <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand<br />
und dem Kondensator geschaltet.<br />
Bei dem <strong>Auf</strong>ladevorgang des Kondensators wird die Spannungsquelle im Menü Einstellungen<br />
CASSY von AUS (0) auf EIN (1) automatisch bei Beginn einer Messung umgeschaltet.<br />
Bei dem Entladevorgang bleibt die Spannungsquelle eingeschaltet (1), wird aber durch den<br />
Taster überbrückt, so das sich <strong>der</strong> Kondensator über den Wi<strong>der</strong>stand entlädt.<br />
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
R<br />
S<br />
− +<br />
I<br />
U<br />
U Erde<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
Kanal 2<br />
Kanal 1<br />
Oszilloskop<br />
Benötigte Geräte:<br />
1 Sensor-CASSY<br />
1 TDS 2004B Oszilloskop<br />
1 Rastersteckplatte, DIN A4<br />
1 STE Wi<strong>der</strong>stand 100 Ω<br />
1 Kondensator 10 µF<br />
1 Kondensator 4,7 µF<br />
1 Kondensator 2,2 µF<br />
1 Kondensator 1 µF<br />
1 Satz Brückenstecker<br />
3 Paar Kabel, 50 cm rot/blau<br />
3 Kabel, 50 cm rot/blau<br />
1 Taster<br />
Abbildung 4.4: <strong>Auf</strong>bau zur <strong>Auf</strong>nahme einer <strong>Auf</strong>- o<strong>der</strong> Entladekurve eines Kondensators<br />
4.2.3 Versuchsdurchführung<br />
a) <strong>Auf</strong>ladung<br />
– Ladespannung U0 einstellen - dazu Drehknopf an Spannungsquelle S entsprechend<br />
einstellen und Ladespannung messen.<br />
– Im Menü Einstellungen CASSY die automatische Umschaltung <strong>der</strong> Spannungsquelle<br />
von AUS (0) auf EIN (1) bei Start <strong>der</strong> Messung markieren<br />
– Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen das Messintervall auf 10 µs<br />
und die Anzahl auf 1000 einstellen, entsprechend einer Messzeit von 10ms. Die<br />
Zeitbasis am Oszilloskop entsprechend einstellen.<br />
– Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen weiterhin einen geeigneten<br />
Trigger einstellen! Diesen Trigger auch am Oszilloskop einstellen.<br />
– <strong>Auf</strong>ladung mit F9 starten, Ladekurven gemäß Gleichungen 4.4, 4.3 und Abb. 4.5a<br />
aufnehmen
4.2. <strong>Auf</strong>- und Entladung eines Kondensators 115<br />
b) Entladung<br />
– Ladespannung U0 einstellen - dazu Drehknopf an Spannungsquelle S entsprechend<br />
einstellen und Ladespannung messen.<br />
– Im Menü Einstellungen CASSY die Spannungsquelle auf EIN (1) stellen<br />
– Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen das Messintervall auf 10 µs<br />
und die Anzahl auf 1000 einstellen, entsprechend einer Messzeit von 10 ms. Die<br />
Zeitbasis am Oszilloskop entsprechend einstellen.<br />
– Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen weiterhin einen geeigneten<br />
Trigger einstellen! Diesen Trigger auch am Oszilloskop einstellen.<br />
– Messung mit F9 starten, Entladekurven gemäß Gleichungen 4.6, 4.7 und Abb.<br />
4.5b aufnehmen<br />
– Nach Meldung “Triggersignal fehlt“, den Taster zur Überbrückung <strong>der</strong> Spannungsquelle<br />
betätigen<br />
Achtung: Mögliche Nullpunktsschwankungen <strong>der</strong> Strom- o<strong>der</strong> Spannungsmessgeräte (Offsets)<br />
korrigieren im Menü Einstellungen CASSY o<strong>der</strong> nachträglich bei <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong><br />
Daten! Am Oszilloskop müssen die Offsets ebenfalls berücksichtigt werden.<br />
4.2.4 Versuchsauswertung<br />
Messung mit Oszilloskop<br />
Für die Bestimmung <strong>der</strong> Kapazität C am Oszilloskop wird bei <strong>der</strong> <strong>Auf</strong>ladung die Strommessung<br />
verwendet, bei <strong>der</strong> Entladung <strong>der</strong> Spannungsabfall am Kondensator. Gemessen werden<br />
die Zeiten, nach <strong>der</strong> ein Startwert U0 auf die Hälfte, ein Viertel, ein Achtel usw. gesunken<br />
ist. Die Halbwertszeit T1/2 hängt mit <strong>der</strong> Zeitkonstanten τ = R · C wie folgt zusammen:<br />
UC(T1/2) = U0<br />
2 = U0 · e − T 1/2<br />
τ → T1/2 = τ · ln(2)<br />
und damit ergibt sich für die Kapazität C und den Fehler σC <strong>der</strong> Kapazität:<br />
C = T1/2<br />
R · ln(2)<br />
→<br />
σC<br />
C =<br />
<br />
σT 2 <br />
1/2 σR<br />
2<br />
+<br />
R<br />
Verfahren sie analog mit den Zeiten T1/4, T1/8 usw.. Der systematische Fehler des <strong>Ohmschen</strong><br />
Wi<strong>der</strong>standes R (erster Vorversuch) setzt sich wie folgt auf den Fehler <strong>der</strong> Kapazität fort:<br />
σ R C,sys<br />
C<br />
= σR,sys<br />
R<br />
Messung mit Cassy<br />
Für die Bestimmung <strong>der</strong> Kapazität C werden die Strom- bzw. Spannungsmessreihen logarithmisch<br />
dargestellt. Die statistischen Fehler <strong>der</strong> Einzelmesswerte <strong>der</strong> Strom- und Spannungsmessungen<br />
wurden bereits im ersten Vorversuch ermittelt und müssen in die logarithmierte<br />
T1/2
116 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
a)<br />
b)<br />
Abbildung 4.5: a) <strong>Auf</strong>- bzw b) Entladekurve eines Kondensators
4.2. <strong>Auf</strong>- und Entladung eines Kondensators 117<br />
Darstellung transformiert werden. (Beachte: Vor <strong>der</strong> Transformation Offsets korrigieren!)<br />
S = ln(X) → σS = dS<br />
dX · σX = σX<br />
X<br />
An die jeweilige logarithmierte Messreihe wird mittels linearer Regression eine Gerade y =<br />
a · t + b angepaßt. Für die Kapazität C und den Fehler σC <strong>der</strong> Kapazität des Kondensators<br />
gilt dann:<br />
C = − 1<br />
a · R<br />
→ σC<br />
C =<br />
<br />
σa 2 +<br />
a<br />
<br />
σR<br />
2<br />
R<br />
Überprüfen sie anhand <strong>der</strong> Residuenverteilungen, ob die Offset-Korrektur ausreichend war.<br />
Überlegen Sie, ob eine Verschiebung <strong>der</strong> Messpunkte mit ihren statistischen Fehlern um die<br />
systematischen Fehler sinnvoll ist o<strong>der</strong> ob man die systematischen Fehler nicht berücksichtigen<br />
muss.<br />
Der systematische Fehler des <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes R (erster Vorversuch) setzt sich wie<br />
folgt auf den Fehler <strong>der</strong> Kapazität fort:<br />
σ R C,sys = 1<br />
· σR,sys<br />
a · R2 Geben Sie ihre Ergebnisse zusammenfassend an:<br />
C ± σC,stat ± σ R C,sys<br />
Bestimmen Sie dann aus den durch <strong>Auf</strong>- bzw. Entladung gewonnenen Kapazitäten und <strong>der</strong>en<br />
statistischen und systematischen Fehlern den Mittelwert und den Fehler <strong>der</strong> Kapazität mit<br />
dem Verfahren des gewichteten Mittelwertes:<br />
C =<br />
n<br />
i=1<br />
n<br />
i=1<br />
Ci<br />
σ 2 i<br />
1<br />
σ 2 i<br />
<br />
<br />
<br />
σC = <br />
<br />
Vergleichen Sie ihre Ergebnisse mit <strong>der</strong> Erwartung aufgrund <strong>der</strong> Herstellerangaben (Tabelle<br />
4.2).<br />
1<br />
n<br />
i=1<br />
1<br />
σ 2 i<br />
Kapazität max. zul. Spannung Toleranz<br />
1 µF 100 V 5 %<br />
2,2 µF 63 V 5 %<br />
4,7 µF 63 V 5 %<br />
10 µF 100 V 5 %<br />
Tabelle 4.2: Spezifikationen <strong>der</strong> Kondensatoren laut Herstellerangaben
118 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
4.3 <strong>Auf</strong>- und Entladung einer Spule<br />
Optional, Rücksprache mit den Versuchsbetreuern!<br />
Mit diesem Vorversuch sollen die Induktivität L und <strong>der</strong> innere Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand RL <strong>der</strong><br />
Spulen bestimmt werden, die später bei den Hauptversuchen <strong>der</strong> LC-Schwingkreise eingesetzt<br />
werden! Des weiteren soll <strong>der</strong> Innenwi<strong>der</strong>stand des Strommessgerätes ermittelt werden, da<br />
dieser später die Dämpfung <strong>der</strong> freien Schwingung beeinflussen wird.<br />
4.3.1 Versuchsbeschreibung<br />
Eine Spule wird über einen Wi<strong>der</strong>stand aufgeladen o<strong>der</strong> entladen. Es werden die Spannungsabfälle<br />
an <strong>der</strong> Spule sowie <strong>der</strong> Lade- o<strong>der</strong> Entladestrom gemessen. Daraus kann die<br />
Zeitkonstante τ = L<br />
R , die Induktivität L und <strong>der</strong> innere Wi<strong>der</strong>stand RL <strong>der</strong> Spule bestimmt<br />
werden.<br />
+<br />
U0<br />
A<br />
B<br />
I<br />
R<br />
Abbildung 4.6: Schaltbild zur <strong>Auf</strong>nahme von Strom- und Spannungskennlinien bei Ladeund<br />
Entladevorgängen einer Spule<br />
Ladevorgang einer idealen Spule (Abbildung 4.6, Schalterstellung offen zwischen<br />
A und B):<br />
Eine Spule wird über einen <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand aufgeladen. Bei <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung des Stromes<br />
im Kreis än<strong>der</strong>t sich das Magnetfeld und damit auch <strong>der</strong> magnetische Fluß im Querschnitt <strong>der</strong><br />
Spule. Nach dem Induktionsgesetz wird dann in <strong>der</strong> Spule selbst eine Induktionsspannung<br />
Ui = −L · dI induziert (Selbstinduktion). Für den bei Än<strong>der</strong>ung des Stromes im Kreis<br />
dt<br />
durch Selbstinduktion auftretenden Spannungsabfall UL an <strong>der</strong> Spule gilt: UL = L · dI , mit dt<br />
dem Selbstinduktionskoeffizienten L (auch Induktivität genannt), <strong>der</strong> von <strong>der</strong> geometrischen<br />
Gestalt <strong>der</strong> Spule abhängt. Für die Induktivität L einer Spule vom Querschnitt A, <strong>der</strong> Länge<br />
l und mit N Windungen gilt annähernd:<br />
L<br />
L = µ0 · µr · N 2 · A<br />
l<br />
U L
4.3. <strong>Auf</strong>- und Entladung einer Spule 119<br />
Nach dem Einschalten wächst I(t) von Null an, wird durch U0 angetrieben und durch Ui<br />
behin<strong>der</strong>t. Die Spannung U0 kann einen maximalen Strom I0 = U0 im Kreis erzeugen. Mit<br />
R<br />
<strong>der</strong> Kirchhoffschen Maschenregel folgt eine inhomogene lineare Differentialgleichung (DGL)<br />
1. Ordnung:<br />
U0 = L · dI<br />
dt<br />
+ R · I → dI<br />
dt<br />
R U0<br />
+ · I =<br />
L L<br />
Die Lösung einer solchen DGL setzt sich zusammen aus <strong>der</strong> Summe einer allgemeinen homogenen<br />
Lösung mit einer beliebigen sog. partikulären Lösung <strong>der</strong> inhomogenen Gleichung:<br />
I(t) = Ih(t) + Ip(t)<br />
Für Lösung Ih <strong>der</strong> homogenen DGL ergibt sich:<br />
dI<br />
dt<br />
R<br />
+ · I = 0 →<br />
L<br />
I(t)<br />
0<br />
dI<br />
I<br />
= −R<br />
L<br />
t<br />
0<br />
dt → ln<br />
<br />
I(t)<br />
= −<br />
I(0)<br />
R<br />
L · t → Ih(t)<br />
R<br />
−<br />
= Ih(0) · e L ·t<br />
Ih(0) ist die Integrationskonstante, die durch die Anfangsbedingung festgelegt wird. Für die<br />
inhomogene Lösung Ip folgt:<br />
Damit folgt für die Gesamtlösung:<br />
L · dI<br />
dt + I · R = U0 → Ip = U0<br />
R<br />
R<br />
−<br />
I(t) = Ih(0) · e L ·t + U0<br />
R<br />
Mit <strong>der</strong> Anfangsbedingung I(0) = 0 folgt: I(0) = Ih(0) + U0<br />
R = 0 und damit Ih(0) = − U0<br />
R .<br />
Der Ladestrom ist dann:<br />
I(t) = U0<br />
R ·<br />
<br />
R<br />
−<br />
1 − e L ·t<br />
<br />
(4.8)<br />
Dabei ist τ = L die Zeitkonstante des Stromkreises. Für den zeitabhängigen Spannungsabfall<br />
R<br />
UL an <strong>der</strong> Spule folgt damit:<br />
UL(t) = L · dI<br />
dt = U0<br />
R<br />
−<br />
· e L ·t<br />
(4.9)<br />
Entladevorgang einer idealen Spule (Abbildung 4.6, Schalterstellung geschlossen<br />
zwischen A und B):<br />
Zur Zeit t = 0 wird <strong>der</strong> Schalter zwischen A und B geschlossen und dadurch die Spannungsquelle<br />
durch Überbrückung abgeschaltet. Im RL-Kreis folgt dann aus <strong>der</strong> Maschenregel die<br />
homogene Differentialgleichung:<br />
L · dI<br />
dt<br />
+ R · I = 0 → dI<br />
dt<br />
R<br />
+ · I = 0<br />
L
120 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
mit <strong>der</strong> Lösung:<br />
R<br />
−<br />
Ih(t) = Ih(0) · e L ·t<br />
mit <strong>der</strong> Anfangsbedingung, daß zur Zeit t=0 <strong>der</strong> maximale Strom I(0) = U0<br />
R<br />
I(t) = U0<br />
R<br />
Für den Spannungsabfall an <strong>der</strong> Spule gilt:<br />
Ladevorgang einer realen Spule:<br />
· e− R<br />
L ·t<br />
R<br />
−<br />
UL(t) = −U0 · e L ·t<br />
fließt, gilt dann:<br />
(4.10)<br />
(4.11)<br />
Eine Spule ist etwas komplizierter zu diskutieren als ein Kondensator. Das liegt an dem nicht<br />
veschwindenden <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Spule.<br />
Ein Ohmscher Wi<strong>der</strong>stand R und eine Spule mit <strong>der</strong> Induktivität L und einem <strong>Ohmschen</strong><br />
Wi<strong>der</strong>stand RL werden in Reihe geschaltet und an eine Gleichspannung U0 angeschlossen.<br />
Mit <strong>der</strong> Kirchhoffschen Maschenregel folgt dann allgemein:<br />
<br />
U0 = UR + USp = R · I + RL · I + L · dI<br />
<br />
(4.12)<br />
dt<br />
In <strong>der</strong> Klammer steht <strong>der</strong> Spannungsabfall an <strong>der</strong> Spule. Die Differentialgleichung wird gelöst,<br />
indem zunächst die homogene Gleichung (d.h. U0 = 0) untersucht wird:<br />
L · dI<br />
dt = −(R + RL) · I<br />
Unbestimmte Integration dieser Differentialgleichung:<br />
<br />
dI + RL<br />
= −R · dt<br />
I L<br />
ergibt mit einer Integrationskonstanten K die homogene Lösung:<br />
R + RL<br />
ln Ih = −<br />
L<br />
· t + ln K → Ih = K · e − R+RL L ·t<br />
Die partikuläre Lösung <strong>der</strong> Differentialgleichung 4.12 (d.h. U0 = 0) ist:<br />
Damit ergibt sich für den Strom:<br />
Ip = U0<br />
R + RL<br />
I(t) = Ih + Ip = K · e − R+R L<br />
L ·t + U0<br />
R + RL
4.3. <strong>Auf</strong>- und Entladung einer Spule 121<br />
Mit <strong>der</strong> Anfangsbedingung I(0) = 0 gilt für die Integrationskonstante K = −U0/(R + RL)<br />
und damit folgt für den Ladestrom <strong>der</strong> Spule (vergleiche auch mit Gleichung 4.8):<br />
I(t) = U0<br />
<br />
·<br />
R + RL<br />
1 − e − R+RL L<br />
·t<br />
<br />
(4.13)<br />
Die Zeitkonstante τ = L steuert den zeitlichen Verlauf für den Strom und auch für den<br />
R+RL<br />
Spannungsabfall an <strong>der</strong> Spule (vergleiche auch mit Gleichung 4.9):<br />
<br />
−RL<br />
USp(t) = U0 ·<br />
R + RL<br />
<br />
+ 1 e − R+RL L ·t + RL<br />
<br />
R + RL<br />
(4.14)<br />
Entladevorgang einer realen Spule (Abbildung 4.6, Schalterstellung B):<br />
Beim Entladevorgang wird die Spannungsquelle überbrückt. Dann führt die bereits bekannte<br />
Lösung <strong>der</strong> homogenen Differentialgleichung. mit <strong>der</strong> Anfangsbedingung I(0) = U0<br />
R+RL auf<br />
den Entladestrom (vergleiche mit Gleichung 4.10):<br />
I(t) = U0<br />
R + RL<br />
· e − R+RL L ·t<br />
(4.15)<br />
Für den Spannungsabfall an <strong>der</strong> Spule gilt beim Entladevorgang (vergleiche mit Gleichung<br />
4.11):<br />
<br />
RL<br />
USp(t) = U0 ·<br />
− 1 e<br />
R + RL<br />
− R+RL L ·t<br />
<br />
(4.16)<br />
Beim Entladevorgang beginnt <strong>der</strong> Spannungsabfall nicht bei −U0.<br />
Spule bei Supraleitung:<br />
Wenn kein äußerer Wi<strong>der</strong>stand im Stromkreis vorhanden ist und <strong>der</strong> Ohmsche Spulenwi<strong>der</strong>stand<br />
praktisch Null ist (Supraleitung, o<strong>der</strong> sehr dicker Draht), muss die angelegte Spannung<br />
am induktiven Wi<strong>der</strong>stand abfallen. Es gilt dann also<br />
was sich unmittelbar integrieren lässt:<br />
U0 = L · dI<br />
dt<br />
I(t) = U0<br />
L<br />
Der Strom steigt also proportional zur Zeit an. Für den Spannungsabfall gilt USp = U0 .<br />
Dieser Sachverhalt kann auch aus <strong>der</strong> allgemeinen Lösung für den Ladestrom (Glg. 4.13)<br />
durch den Grenzübergang R + RL → 0 gefunden werden.<br />
· t
122 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
Wenn man zu einem Zeitpunkt t1 den Ladevorgang stoppt indem man die Spannungsquelle<br />
überbrückt, fließt ein konstanter ’Entladestrom’, d. h. die Spule entlädt sich nicht. Der Strom<br />
wird nicht kleiner, weil keine ’Reibung’ ( kein Ohmscher Wi<strong>der</strong>stand) vorhanden ist. Das<br />
folgt auch mathematisch mit <strong>der</strong> Anfangsbedingung I(0) = U0 · t1: L<br />
L · dI<br />
dt<br />
4.3.2 Versuchsaufbau<br />
= 0 → I(t) = U0<br />
L · t1 = const.<br />
Die Spule und <strong>der</strong> Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand werden gemäß Abbildung 4.7 auf <strong>der</strong> Rastersteckplatte<br />
aufgebaut. Die Strommessung erfolgt mit dem Amperemeter des Eingangs A und<br />
die Spannungsmessung mit dem Voltmeter des Eingangs B des Sensor-CASSY-Interface.<br />
Zusätzlich wird <strong>der</strong> Spannungsabfall an <strong>der</strong> Spule auf dem Kanal 1 und <strong>der</strong> Strom als Spannungsabfall<br />
am Ohm’schen Wi<strong>der</strong>stand auf dem Kanal 2 des Oszilloskopes gemessen.<br />
Die Spannungsquelle S des Sensor-Cassy-Interface wird bei dem Ladevorgang im Menü Einstellungen<br />
CASSY auf AUS (Zustand 0) gestellt und mit Beginn <strong>der</strong> Messung automatisch<br />
auf EIN (Zustand 1) geschaltet.<br />
Beim Entladevorgang wird die Spannungsquelle vom eingeschalteten Zustand 1 automatisch<br />
bei Beginn <strong>der</strong> Messung in den ausgeschalteten Zustand 0 umgeschaltet. Die Datenaufnahme<br />
erfolgt erst nach Erfüllung einer Triggerbedingung.<br />
4.3.3 Versuchsdurchführung<br />
a) <strong>Auf</strong>ladung<br />
– Ladespannung U0 einstellen - dazu Drehknopf an Spannungsquelle S entsprechend<br />
einstellen und Ladespannung messen. Achtung: Grenzwerte beachten!<br />
– Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen das Messintervall auf 10 µs<br />
und die Anzahl auf 250 einstellen, entsprechend einer Messzeit von 2.5 ms. Die<br />
Zeitbasis am Oszilloskop entsprechend einstellen.<br />
– Spannungsquelle einschalten - dazu in Einstellungen CASSY, Spannungsquelle<br />
S die Eingabe von 0 nach 1 än<strong>der</strong>n durch automatische Umschaltung bei<br />
Beginn <strong>der</strong> Messung.<br />
– <strong>Auf</strong>ladung mit F9 starten, Ladekurven gemäß Gleichungen 4.13, 4.14 und Abb.<br />
4.8a aufzeichnen.<br />
b) Entladung<br />
– Ladespannung U0 einstellen - dazu Drehknopf an Spannungsquelle S entsprechend<br />
einstellen und Ladespannung messen. Achtung: Grenzwerte beachten!<br />
– Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen das Messintervall auf 10 µs<br />
und die Anzahl auf 250 einstellen, entsprechend einer Messzeit von 2.5 ms.Die<br />
Zeitbasis am Oszilloskop entsprechend einstellen.<br />
– Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen weiterhin einen geeigneten<br />
Trigger einstellen! Diesen Trigger auch am Oszilloskop einstellen.
4.3. <strong>Auf</strong>- und Entladung einer Spule 123<br />
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
R<br />
S<br />
− +<br />
I<br />
U<br />
U<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
a) b)<br />
Benötigte Geräte:<br />
1 Sensor-CASSY<br />
1 TDS 2004B Oszilloskop<br />
1 Rastersteckplatte, DIN A4<br />
1 STE Wi<strong>der</strong>stand 100 Ω<br />
1 Spule 250, 500 o<strong>der</strong> 1000 Windungen<br />
1 Experimentierkabel, 50 cm, blau<br />
3 Paar Kabel, 50 cm rot/blau<br />
3 Kabel, 50 cm rot/blau<br />
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
R<br />
S<br />
− +<br />
I<br />
U<br />
U<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
Abbildung 4.7: Versuchsaufbau zur a) <strong>Auf</strong>nahme von <strong>Auf</strong>- und Entladekurven und Bestimmung<br />
des inneren <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes RL einer Spule und b) Bestimmung des inneren<br />
<strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes des Amperemeters.<br />
– Spannungsquelle bei Beginn <strong>der</strong> Messung ausschalten - dazu in Einstellungen<br />
Spannungsquelle S1 die Eingabe von 1 nach 0 än<strong>der</strong>n durch automatische<br />
Umschaltung bei Beginn <strong>der</strong> Messung.<br />
– Entladung mit F9 starten, Entladekurven gemäß Gleichungen 4.15, 4.16 und Abb.<br />
4.8b aufzeichnen.<br />
c) Innerer Ohmscher Wi<strong>der</strong>stand RL <strong>der</strong> Spule<br />
– Spannungsquelle S über das Menü Einstellungen CASSY einschalten (1).<br />
– Messwertaufnahme in dem Menü Messparameter anzeigen von automatischer<br />
auf manuelle <strong>Auf</strong>nahme umschalten (Abb. 4.9a). Es wird ein Messwert pro Start<br />
einer Messung aufgezeichnet.
124 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
– Variation <strong>der</strong> anliegenden Spannung U0 (manuell am Drehknopf), <strong>Auf</strong>zeichnung<br />
des Spannungsabfalls an <strong>der</strong> Spule und des Stroms (Abb. 4.9a).<br />
d) Innenwi<strong>der</strong>stand des Amperemeters des Eingangs A<br />
– Spannungsquelle S über das Menü Einstellungen CASSY einschalten (1).<br />
– Messwertaufnahme in dem Menü Messparameter anzeigen von automatischer<br />
auf manuelle <strong>Auf</strong>nahme umschalten. Es wird ein Messwert pro Start einer Messung<br />
aufgezeichnet.<br />
– Variation <strong>der</strong> anliegenden Spannung U0 (manuell am Drehknopf), <strong>Auf</strong>zeichnung<br />
des Spannungsabfalls am Amperemeter und des Stroms (Abb. 4.7b und 4.9b).
4.3. <strong>Auf</strong>- und Entladung einer Spule 125<br />
a)<br />
b)<br />
Abbildung 4.8: a) <strong>Auf</strong>- und b) Entladekurven einer Spule
126 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
a)<br />
b)<br />
Abbildung 4.9: Bestimmung des inneren <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes a) einer Spule, b) des<br />
Amperemeters mittels <strong>Ohmschen</strong> Gesetzes.
4.3. <strong>Auf</strong>- und Entladung einer Spule 127<br />
4.3.4 Versuchsauswertung<br />
Induktivität L:<br />
Messung mit Oszilloskop<br />
Für die Bestimmung <strong>der</strong> Induktivität L am Oszilloskop werden die Zeiten, nach <strong>der</strong> ein Start-<br />
wert U0 o<strong>der</strong> I0 auf die Hälfte, ein Viertel, ein Achtel usw. gesunken ist. Die Halbwertszeit<br />
T1/2 hängt mit <strong>der</strong> Zeitkonstanten τ = L<br />
R<br />
wie folgt zusammen:<br />
UL(T1/2) = U0<br />
2 = U0 · e − T 1/2<br />
τ → T1/2 = τ · ln(2)<br />
und damit ergibt sich für die Induktivität L und den Fehler σL <strong>der</strong> Induktivität:<br />
L = T1/2·R<br />
ln(2)<br />
→<br />
σL<br />
L =<br />
<br />
σT 2 <br />
1/2 σR<br />
2<br />
+<br />
R<br />
Verfahren sie analog mit den Zeiten T1/4, T1/8 usw.. Der systematische Fehler des <strong>Ohmschen</strong><br />
Wi<strong>der</strong>standes R (erster Vorversuch) setzt sich wie folgt auf den Fehler <strong>der</strong> Kapazität fort:<br />
σ R L,sys<br />
L<br />
= σR,sys<br />
R<br />
Messung mit Cassy<br />
Für die Bestimmung <strong>der</strong> Zeitkonstanten τ = L werden die Strom- bzw. Spannungsmess-<br />
R<br />
reihen logarithmisch dargestellt. Die statistischen Fehler <strong>der</strong> Einzelmesswerte <strong>der</strong> Stromund<br />
Spannungsmessungen wurden bereits im ersten Vorversuch ermittelt und müssen in die<br />
logarithmierte Darstellung transformiert werden. (Beachte: Vor <strong>der</strong> Transformation Offsets<br />
korrigieren!)<br />
T1/2<br />
S = ln(X) → σS = dS<br />
dX · σX = σX<br />
X<br />
An die jeweilige logarithmierte Messreihe wird mittels linearer Regression eine Gerade y =<br />
a · t + b angepaßt. Damit ergibt sich für die Induktivität L und <strong>der</strong>en Fehler σL:<br />
L = − R<br />
a ,<br />
σL<br />
L =<br />
<br />
σa 2 +<br />
a<br />
<br />
σR<br />
2<br />
R<br />
Überprüfen sie Anhand <strong>der</strong> Residuenverteilungen, ob die Offsets ausreichend korrigiert wurden.<br />
Überlegen Sie, ob eine Verschiebung <strong>der</strong> Messpunkte mit ihren statistischen Fehlern<br />
um die systematischen Fehler sinnvoll ist o<strong>der</strong> ob man die systematischen Fehler nicht<br />
berücksichtigen muss. Der systematische Fehler des <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes R (erster Vorversuch)<br />
setzt sich wie folgt auf den Fehler <strong>der</strong> Induktivität fort:<br />
σ R L,sys = 1<br />
· σR,sys<br />
a
128 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
Geben Sie ihre Ergebnisse zusammenfassend an L ± σL,stat ± σR L,sys . Bestimmen Sie dann aus<br />
den durch <strong>Auf</strong>- bzw. Entladung gewonnenen Induktivitäten und <strong>der</strong>en Fehlern (statistische<br />
und systematische) den Mittelwert und den Fehler <strong>der</strong> Induktivität mit dem Verfahren des<br />
gewichteten Mittelwertes:<br />
L =<br />
n<br />
i=1<br />
n<br />
i=1<br />
Li<br />
σ 2 i<br />
1<br />
σ 2 i<br />
<br />
<br />
<br />
σL = <br />
<br />
Vergleichen Sie ihre Ergebnisse mit <strong>der</strong> Erwartung aufgrund <strong>der</strong> Herstellerangaben.<br />
Innerer Wi<strong>der</strong>stand RL <strong>der</strong> Spule<br />
Methode 1:<br />
Bei den <strong>Auf</strong>ladekurven in Abbildung 4.8a fällt auf, daß <strong>der</strong> Spannungsabfall an <strong>der</strong> Spule<br />
nicht exponentiell mit <strong>der</strong> Zeit gegen Null, son<strong>der</strong>n gegen einen konstanten Anteil geht.<br />
Der Grund dafür ist <strong>der</strong> innere Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand RL <strong>der</strong> Spule. Bestimmen Sie aus<br />
den <strong>Auf</strong>ladekurven den Sättigungsstrom I0 und den konstanten an <strong>der</strong> Spule abfallenden<br />
Gleichspannungsanteil UL und berechnen Sie den inneren <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Spule:<br />
RL = UL<br />
<br />
σUL<br />
2 2 σRL<br />
σI0<br />
=<br />
+<br />
I0<br />
RL<br />
Methode 2:<br />
Stellen Sie die manuell aufgenommene Messreihe in einem U-I-Diagramm dar und bestimmen<br />
Sie den Wert und Fehler des inneren <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>standes RL mittels linearer Regression<br />
(Abb. 4.9a). In die lineare Regression gehen die Fehler <strong>der</strong> Strom- und Spannungsmessungen<br />
ein, die im ersten Vorversuch, Messreihe 1, bestimmt worden sind.<br />
Diskutieren Sie die Ergebnisse <strong>der</strong> beiden Methoden mitsamt ihrer statistischen und systematischen<br />
Fehler und vergleichen Sie diese mit den Herstellerangaben.<br />
Innenwi<strong>der</strong>stand Ri des Amperemeters<br />
Stellen Sie die manuell aufgenommene Messreihe in einem U-I-Diagramm dar und bestimmen<br />
Sie den Wert und Fehler des Innenwi<strong>der</strong>standes des Amperemeters Ri mittels linearer<br />
Regression (Abb. 4.9b). In die lineare Regression gehen die Fehler <strong>der</strong> Strom- und Spannungsmessungen<br />
ein, die im ersten Vorversuch, Messreihe 1, bestimmt worden sind. Geben<br />
Sie das Ergebnis mit statistischen und systematischen Fehlern an.<br />
UL<br />
1<br />
n<br />
i=1<br />
1<br />
σ 2 i<br />
I0
4.4. Gedämpfter LC-Schwingkreis 129<br />
4.4 Gedämpfter LC-Schwingkreis<br />
4.4.1 Versuchsbeschreibung<br />
I<br />
R<br />
L<br />
C<br />
Abbildung 4.11 LCR-Schwingkreis<br />
+<br />
U<br />
Wird ein Kondensator C auf die Spannung U0 aufgeladen<br />
und über eine parallel geschaltete Spule<br />
entladen, so müssen zu je<strong>der</strong> Zeit die Spannungen<br />
am Kondensator und an <strong>der</strong> Spule gleich<br />
groß sein, bzw. die Gesamtenergie bei einer freien,<br />
ungedämpften Schwingung muß konstant bleiben.<br />
Die Gesamtenergie ist gleich <strong>der</strong> Summe <strong>der</strong><br />
elektrischen und magnetischen Feldenergien. Ein<br />
tatsächlich aufgebauter Schwingkreis besitzt neben<br />
einer Kapazität C und einer Induktivität L<br />
immer auch einen unvermeidlichen <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand<br />
R. Kondensatoren und Spulen sind keine<br />
idealen Bauelemente, son<strong>der</strong>n weisen neben <strong>der</strong><br />
Kapazität bzw. Induktivität auch <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stände<br />
auf (siehe Anhang 4.6). Diese üben eine<br />
dämpfende Wirkung auf die Schwingung aus und<br />
am Gesamtwi<strong>der</strong>stand R wird in <strong>der</strong> Zeit dt die<br />
Stromenergie dE = I 2 · R · dt in Wärme umgewandelt.<br />
Diese wird <strong>der</strong> Gesamtenergie des Kreises<br />
entzogen.<br />
Die elektrischen Schwingungen lassen sich anregen, indem man entwe<strong>der</strong> den Kondensator<br />
entlädt o<strong>der</strong> auflädt. Sowohl <strong>Auf</strong>- wie Entladung werden durch Schwingungsgleichungen<br />
mit einem Dämpfungsterm beschrieben. Es hängt entscheidend vom Dämpfungsterm ab,<br />
wie <strong>der</strong> Einschwingvorgang auf die angelegte Spannung (U0 bzw. Null) verläuft. Bei kleiner<br />
Dämpfung wird sich die Spannung nach einem Einschwingvorgang am Kondensator einstellen.<br />
Bei sehr starker Dämpfung kommt es zu keiner Schwingung und <strong>der</strong> Kondensator<br />
erreicht sehr langsam die angelegte Spannung. Zwischen diesen beiden Fällen gibt es einen<br />
Spezialfall, bei dem sich die Spannung ohne Schwingung nach kürzester Zeit auf den richtigen<br />
Wert einstellt.<br />
Diese Situationen entsprechen vollkommen den mechanischen freien Schwingungen. Analoge<br />
Beziehung bzw. Bezeichnungen mechanischer und elektromagnetischer Schwingungen sind in<br />
Tabelle 4.3 aufgezeigt.
130 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
Schwingungen<br />
mechanische elektromagnetische<br />
d2y dt2 + b dy c · + · y = 0<br />
m dt m<br />
Differentialgleichung DGL:<br />
d2Q dt2 + R dQ 1 · + · Q = 0<br />
L dt L·C<br />
y Elongation Q elektrische Ladung<br />
m Masse L Induktivität<br />
b Dämpfungskonstante R Ohmscher Wi<strong>der</strong>stand<br />
c Fe<strong>der</strong>konstante 1/C inverse Kapazität<br />
Geschwindigkeit: v = dy<br />
dt<br />
Stromstärke: I = dQ<br />
dt<br />
Kreisfrequenz ohne Dämpfung:<br />
ω0 = c/m ω0 = 1/(LC)<br />
δ = b<br />
2m<br />
Abklingkoeffizient, Dämpfungskonstante:<br />
δ = R<br />
2L<br />
Kreisfrequenz: ω = ω 2 0 − δ 2<br />
= c/m − b 2 /(4m 2 ) = 1/(LC) − R 2 /(4L 2 )<br />
D = δ<br />
ω0<br />
b = 2 ·<br />
<br />
1<br />
mc<br />
Dämpfungsgrad:<br />
D = δ<br />
ω0<br />
= R<br />
2 ·<br />
C<br />
L<br />
Potentielle Energie: Elektrostatische Energie:<br />
Epot = 1<br />
2cy2 EC = 1<br />
2<br />
Q 2<br />
C<br />
= 1<br />
2 CU 2 C<br />
Kinetische Energie: Magnetische Energie:<br />
Ekin = 1<br />
2 mv2 EL = 1<br />
2 LI2<br />
Güte (wird meist auch mit Q bezeichnet):<br />
Q = 1<br />
2D = √ mc/b Q = 1<br />
2D<br />
= 1<br />
R · L/C<br />
Tabelle 4.3: Analogien zwischen mechanischen und elektromagnetischen Schwingungen
4.4. Gedämpfter LC-Schwingkreis 131<br />
Differentialgleichung für freie elektrische Schwingungen:<br />
An eine Gleichspannung U0 wird eine Serienschaltung von R, L und C angeschlossen. Nach<br />
<strong>der</strong> Kirchhoffschen Maschenregel ist U0 gleich <strong>der</strong> Summe aller Spannungsabfälle an den<br />
Komponenten R, L und C:<br />
U0 = UR + UL + UC = R · I + L dI<br />
dt<br />
Wegen I = dQ/dt gilt dann für die elektrische Ladung:<br />
L · d2Q dQ<br />
+ R ·<br />
dt2 dt<br />
+ Q<br />
C .<br />
+ Q<br />
C = U0. (4.17)<br />
Weil eine so aufgebaute Differentialgleichung (DGL) für alle freien gedämften Schwingungen<br />
gilt, bei denen die Schwingungsamplituden nicht so groß werden, dass nicht-lineare Terme<br />
berücksichtigt werden müssen, schreibt man:<br />
mit<br />
δ = R<br />
2L<br />
d2Q dQ<br />
+ 2 δ<br />
dt2 dt + ω2 0 Q = U0<br />
. (4.18)<br />
L<br />
und ω0 = 1<br />
√ LC<br />
(4.19)<br />
δ heißt Abklingkoeffizient, Dämpfungskonstante (in s −1 ) und ist ein Maß für die<br />
Dämpfung; ω0 ist die Kreisfrequenz <strong>der</strong> ungedämpften freien Schwingung.<br />
Das Verhältnis von Abklingkoeffizient und Kreisfrequenz ist dimensionslos und heißt Dämpfungsgrad<br />
D <strong>der</strong> gedämpften Schwingung:<br />
D = δ<br />
ω0<br />
= R<br />
2 ·<br />
<br />
C<br />
L .<br />
d = 2 ·D ist <strong>der</strong> Verlustfaktor und das Inverse davon die Güte:<br />
Q = 1<br />
2D<br />
= 1<br />
R ·<br />
<br />
L<br />
. (4.20)<br />
C<br />
Der gesamte Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand R des Schwingkreises, in dem unter an<strong>der</strong>em auch <strong>der</strong><br />
Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Spule enthalten ist, trägt zu Energieverlusten bei. Durch diese<br />
Dämpfung verringern sich die Kreisfrequenz und die Güte des Schwingkreises.<br />
Gleichung 4.18 ist eine inhomogene lineare DGL 2. Ordnung. Die allgemeine Lösung dieser<br />
DGL ist die Summe aus <strong>der</strong> allgemeinen Lösung <strong>der</strong> homogenen und einer beliebigen Lösung<br />
<strong>der</strong> inhomogenen Gleichung: Q(t) = Qh(t) + Qp(t). Qp(t) nennt man partikuläre Lösung.<br />
Die Gesamtlösung enthält zwei Integrationskonstanten, die durch die Anfangsbedingungen<br />
des Schwingungsproblems bestimmt werden müssen.
132 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
Lösung <strong>der</strong> homogenen Differentialgleichung<br />
Die homogene Differentialgleichung<br />
wird gelöst durch den Ansatz:<br />
d2Q dQ<br />
+ 2 δ<br />
dt2 dt + ω2 0 Q = 0 (4.21)<br />
Q(t) = Q0 · e λt ˙ Q(t) = λ · Q(t) ¨ Q(t) = λ 2 · Q(t)<br />
Einsetzen in die Differentialgleichung liefert:<br />
mit den Lösungen:<br />
(λ 2 + 2δλ + ω 2 0) · Q(t) = 0 → λ 2 + 2δλ + ω 2 0 = 0<br />
λ1,2 = −δ ±<br />
<br />
δ 2 − ω 2 0 = −δ ± √ − ω 2 = − δ ± iω (4.22)<br />
mit ω 2 = ω 2 0 − δ 2 . Die allgemeine Lösung <strong>der</strong> homogenen DGL orientiert sich daran, ob <strong>der</strong><br />
Dämpfungsgrad D größer, gleich o<strong>der</strong> kleiner als 1 ist. Allgemein gilt:<br />
Qh(t) = A · e λ1t + B · e λ2t<br />
Die homogene DGL entspricht dem Fall, dass keine Spannung anliegt. Die Lösungen dieser<br />
Gleichung beschreiben folglich die Entladung eines bereits aufgeladenen Kondensators. Das<br />
muss bei den Randbedingungen berücksichtigt werden. Für die drei folgenden Situationen<br />
haben die Randbedingungen für die exakte Lösung immer die gleiche Form:<br />
Qh(0) = Q0 = CU0 und<br />
Kriechfall (δ > ω0, D > 1)<br />
dQh<br />
dt |(0) = I(0) = 0 (4.23)<br />
Beim Kriechfall ist die Dämpfung so stark, dass <strong>der</strong> Kondensator sehr langsam entladen wird<br />
und nur asymptotisch seine Spannung verliert. Es findet keine Schwingung statt!<br />
Mit den beiden Integrationskonstanten folgt:<br />
Qh(t) =<br />
“<br />
−δ+<br />
A · e<br />
√ δ 2 −ω 2 0<br />
”<br />
“ √ ”<br />
t −δ− δ2−ω2 0 t<br />
+ B · e<br />
Mit den Randbedingungen ergibt sich für die Konstanten in Gleichung 4.24:<br />
A = CU0 · δ + δ2 − ω2 0<br />
2 δ2 − ω2 , B = CU0 ·<br />
0<br />
−δ + δ2 − ω2 0<br />
2 δ2 − ω2 0<br />
(4.24)<br />
Abb. 4.10 zeigt für R = 320 Ω, L = 9,0 mH und C = 2,2 µF den Spannungsabfall am Kondensator<br />
und den Strom I. Der Kondensator war zu Beginn geladen mit einer Spannung von<br />
10 V. Beim Kriechfall stellt sich die Spannung nur sehr langsam und ohne überzuschwingen
4.4. Gedämpfter LC-Schwingkreis 133<br />
Spannung (V)<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
-2<br />
-4<br />
-6<br />
-8<br />
Aperiodischer Grenzfall<br />
Schwingfall<br />
Kriechfall<br />
-10<br />
0 0.001 0.002 0.003 0.004 0.005<br />
Zeit (s)<br />
Strom (A)<br />
0.15<br />
0.1<br />
0.05<br />
0<br />
-0.05<br />
-0.1<br />
Schwingfall<br />
Kriechfall<br />
Aperiodischer Grenzfall<br />
-0.15<br />
0 0.001 0.002 0.003 0.004 0.005<br />
Abbildung 4.10: Kondensatorspannung und Strom beim Entladen (Schwingfall, Kriechfall<br />
und Aperiodischer Grenzfall)<br />
ein. Auch <strong>der</strong> Entladestrom schwingt nicht über und bleibt relativ klein.<br />
Aperiodischer Grenzfall (δ = ω0, D = 1)<br />
Beim aperiodischen Grenzfall wird die Dämpfung so gering, dass <strong>der</strong> Kondensator in <strong>der</strong><br />
kürzesten Zeit entladen wird. Auch in diesem Fall kommt es zu keinen Schwingungen. Der<br />
Strom zeigt ebenfalls keine Schwingungen, ist aber wegen <strong>der</strong> kürzeren Entladungszeit größer<br />
als <strong>der</strong> im Kriechfall. Wegen δ = ω0 verschwindet in Glg. 4.22 die Wurzel. Damit man für<br />
die einzustellenden Anfangsbedingungen wie<strong>der</strong> zwei Integrationskonstanten zur Verfügung<br />
hat, nimmt die Lösung folgende allgemeine Form an (mit den Anfangsbedingungen folgt:<br />
A = CU0 und B = δA):<br />
Qh(t) = e −δt · (A + Bt) → Qh(t) = CU0 · e −δt · (1 + δ · t) (4.25)<br />
UC(t) = U0 · e −δt · (1 + δ · t) und I(t) = −δ 2 e −δt CU0 · t (4.26)<br />
Abb. 4.10 zeigt für den gleichen Schwingkreis neben dem Kriechfall auch den aperiodischen<br />
Grenzfall. Der Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand beträgt hier jedoch R = 2· L/C = 127,9 Ω.<br />
Schwingfall (δ < ω0, D < 1)<br />
Wenn die Dämpfung noch kleiner wird, stellt sich die Spannung am Kondensator erst nach<br />
einem Einschwingvorgang auf den endgültigen Wert ein. Die Wurzel im Exponenten von Glg.<br />
4.22 wird jetzt rein imaginär. Die allgemeine Lösung nimmt dann die folgende Form an:<br />
Qh(t) = e −δt · A ′ e iωt + B ′ e −iωt<br />
Zeit (s)
134 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
In dieser Relation ist sowohl Real- wie auch Imaginärteil Lösung <strong>der</strong> DGL. Man kann daher<br />
mit an<strong>der</strong>en Integrationskonstanten schreiben:<br />
Qh(t) = e −δt · (A cos ωt + B sin ωt)<br />
Mit den bekannten Anfangsbedingungen (Glg. 4.23) findet man A = CU0 und B = Aδ/ω,<br />
also:<br />
Qh(t) = CU0 · e −δt <br />
· cos ωt + δ<br />
<br />
sin ωt<br />
(4.27)<br />
ω<br />
Abb. 4.10 zeigt für den gleichen Schwingkreis, jedoch mit einem kleineren <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand<br />
(R = 12, 8Ω) die Situation, bei <strong>der</strong> es deutlich zu einem Überschwingen kommt.<br />
Bei kleiner Dämpfung verläuft Qh(t) und damit auch UC(t) annähernd wie ein Cosinus. Der<br />
Strom ergibt sich durch die Zeitableitung von Glg. 4.27 und hat die Form eines gedämpften<br />
Sinus:<br />
UC(t) = U0 · e −δt <br />
· cos ωt + δ<br />
<br />
sin ωt<br />
(4.28)<br />
ω<br />
I(t) = − CU0 · e −δt <br />
· ω + δ2<br />
<br />
· sin ωt (4.29)<br />
ω<br />
Zwischen beiden hat man also ungefähr eine Phasenverschiebung von π/2. Der Strom eilt<br />
<strong>der</strong> Spannung voraus.<br />
Lösung <strong>der</strong> inhomogenen Differentialgleichung<br />
Wenn nicht die Entladung son<strong>der</strong>n die <strong>Auf</strong>ladung des Kondensators in einem Schwingkreis<br />
untersucht wird, muss die inhomogene DGL 4.18 gelöst werden. Dies geschieht, indem man<br />
eine beliebige partikuläre Lösung dieser Glg. sucht. Da in diesem Fall <strong>der</strong> inhomogene Teil<br />
eine Konstante ist, erfüllt Qp = CU0 die DGL. Zu allen allgemeinen Lösungen <strong>der</strong> homogenen<br />
DGL tritt <strong>der</strong> partikuläre Teil additiv hinzu. Bei allen drei im folgenden aufgeführten Fällen<br />
sind die Anfangsbedingungen gegeben durch:<br />
Kriechfall (δ > ω0, D > 1)<br />
Die allgemeine Lösung lautet:<br />
Q(0) = 0 und<br />
Q(t) =<br />
“<br />
−δ+<br />
CU0 + A · e<br />
√ δ 2 −ω 2 0<br />
dQ(0)<br />
dt<br />
= I(0) = 0<br />
”<br />
“ √ ”<br />
t −δ− δ2−ω2 0 t<br />
+ B · e<br />
Mit den Anfangsbedingungen findet man für die Integrationskonstanten:<br />
A = −CU0 · δ + δ 2 − ω 2 0<br />
2 δ 2 − ω 2 0<br />
B = CU0 · δ − δ 2 − ω 2 0<br />
2 δ 2 − ω 2 0
4.4. Gedämpfter LC-Schwingkreis 135<br />
Spannung (V)<br />
20<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
Schwingfall<br />
Kriechfall<br />
Aperiodischer Grenzfall<br />
0<br />
0 0.001 0.002 0.003 0.004 0.005<br />
Zeit (s)<br />
Strom (A)<br />
0.15<br />
0.1<br />
0.05<br />
0<br />
-0.05<br />
-0.1<br />
-0.15<br />
Aperiodischer Grenzfall<br />
Kriechfall<br />
Schwingfall<br />
0 0.001 0.002 0.003 0.004 0.005<br />
Abbildung 4.11: Kondensatorspannung und Strom beim <strong>Auf</strong>laden (Schwingfall, Kriechfall<br />
und Aperiodischer Grenzfall)<br />
Aperiodischer Grenzfall (δ = ω0, D = 1)<br />
Allgemeine Lösung:<br />
Q(t) = CU0 + e −δt · (A + Bt)<br />
Mit den Integrationskonstanten A = −CU0 und B = δA folgt für die Lösung:<br />
Q(t) = CU0 · 1 − e −δt · (1 + δ · t) <br />
Schwingfall (δ < ω0, D < 1)<br />
Allgemeine Lösung:<br />
Q(t) = CU0 + e −δt · (A cos ωt + B sin ωt)<br />
Mit den Anfangsbedingungen folgt für die Lösung:<br />
Q(t) = CU0 ·<br />
<br />
1 − e −δt ·<br />
<br />
cos ωt + δ<br />
sin ωt<br />
ω<br />
und damit für Spannung UC und Strom I:<br />
UC(t) =<br />
<br />
U0 · 1 − e −δt <br />
· cos ωt + δ<br />
I(t) =<br />
ω<br />
CU0 · e −δt <br />
· ω + δ2<br />
<br />
sin ωt<br />
ω<br />
<br />
<br />
sin ωt<br />
Zeit (s)
136 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
Elektrische und Magnetische Energie<br />
Der Energiesatz ist ein erstes Integral <strong>der</strong> zugrunde liegenden Bewegungsgleichung (Differentialgleichung).<br />
Daher kann man aus dem Energiesatz wie<strong>der</strong> die DGL herleiten.<br />
Wenn im Schwingkreis ein Strom fließt, sorgt <strong>der</strong> Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand für Verluste durch<br />
Umwandlung <strong>der</strong> Energie in Wärme. Wenn Eges die zur Zeit t noch vorhandene Gesamtenergie<br />
ist, beträgt die Verlustleistung: − dEges<br />
dt = I · UR = I2 · R<br />
Die Gesamtenergie des Schwingkreises setzt sich zu jedem Zeitpunkt aus <strong>der</strong> Summe <strong>der</strong><br />
magnetischen (Induktivität) und <strong>der</strong> elektrostatischen Energien (Kapazität) zusammen:<br />
Eges = 1<br />
2 LI2 + 1<br />
2<br />
Mit <strong>der</strong> Verlustleistung und mit I = dQ/dt folgt:<br />
− d<br />
<br />
1<br />
dt 2 LI2 + 1 Q<br />
2<br />
2 <br />
= I<br />
C<br />
2 R → L · d2Q dQ<br />
+ R ·<br />
dt2 dt<br />
Diese Gleichung ist identisch mit Glg. 4.17.<br />
Q 2<br />
C<br />
+ 1<br />
C<br />
· Q = 0<br />
Während des Entladeprozesses, aber auch während des <strong>Auf</strong>ladeprozesses, schwingt die Energie<br />
zwischen <strong>der</strong> magnetischen Feldenergie <strong>der</strong> Spule Emagn = 1<br />
2LI2 und <strong>der</strong> elektrischen<br />
Feldenergie des Kondensators Eel = 1 Q<br />
2<br />
2<br />
hin und her. Bei sehr kleinem Dämpfungsgrad<br />
C<br />
(D
4.4. Gedämpfter LC-Schwingkreis 137<br />
mit<br />
ω = 2π · f =<br />
<br />
ω 2 0 − δ 2 , ω0 =<br />
1<br />
√ L · C<br />
und δ = R<br />
2 · L<br />
(4.31)<br />
Wurde <strong>der</strong> Vorversuch zur <strong>Charakterisierung</strong> <strong>der</strong> Spulen nicht durchgeführt, müssen die<br />
Spulen mit Hilfe <strong>der</strong> Ergebnisse <strong>der</strong> Schwingungsversuche charakterisiert werden. Mit den<br />
Gleichungen 4.31 folgt (siehe auch Abschnitt 4.4.4):<br />
L =<br />
1<br />
(ω 2 + δ 2 ) · C und RL =<br />
2δ<br />
(ω 2 + δ 2 ) · C<br />
− Rgest.<br />
Wurden die Vorversuche zur <strong>Charakterisierung</strong> <strong>der</strong> Spulen und Kondensatoren nicht durchgeführt,<br />
müssen die Spulen und Kondensatoren mit Hilfe eines R − δ - Diagramms und eines<br />
ω 2 - δ 2 - Diagramms charakterisiert werden.<br />
4.4.2 Versuchsaufbau<br />
Der Schwingkreis wird gemäß Abbildung 4.12 auf <strong>der</strong> Rastersteckplatte aufgebaut. Der Strom<br />
fließt durch Eingang A des Sensor-CASSYs und die Kondensatorspannung wird an Eingang<br />
B gemessen (ebenfalls am Oszilloskop). Zu Beginn des Experiments wird <strong>der</strong> Kondensator<br />
aus <strong>der</strong> Spannungsquelle S aufgeladen. Zum Start <strong>der</strong> Schwingung wird <strong>der</strong> Taster gedrückt,<br />
welcher dabei die Spannungsquelle S kurzschließt.<br />
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
R<br />
S<br />
I<br />
U<br />
U<br />
− +<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
Benötigte Geräte:<br />
1 Sensor-CASSY<br />
1 Rastersteckplatte, DIN A4<br />
1 Kondensator 1 µF<br />
1 Kondensator 2,2 µF<br />
1 Kondensator 4,7 µF<br />
1 Kondensator 10 µF<br />
1 Spule 250 Windungen<br />
1 Spule 500 Windungen<br />
1 Spule 1000 Windungen<br />
1 Satz Brückenstecker<br />
3 Paar Kabel, 50 cm rot/blau<br />
1 Taster<br />
1 Potentiometer<br />
Abbildung 4.12: Versuchsaufbau zur <strong>Auf</strong>nahme von freien, gedämpften <strong>Auf</strong>lade- bzw.<br />
Entlade-Schwingungen
138 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
4.4.3 Versuchsdurchführung<br />
• Ladespannung U0 am Kondensator einstellen - dazu Spannungsquelle S entsprechend<br />
einstellen<br />
• Spannungsquelle S auf EIN (1) bei Messung Entladevorgang, auf AUS (0) mit automatischer<br />
Umschaltung auf EIN (1) bei Beginn <strong>der</strong> Messung des Ladevorgangs.<br />
• Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen das Messintervall auf 10 µs und<br />
die Anzahl auf 2000 einstellen, entsprechend einer Messzeit von 20 ms. Die Zeitbasis<br />
am Oszilloskop entsprechend einstellen.<br />
• Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen weiterhin einen geeigneten<br />
Trigger für den Entladevorgang bzw. Ladevorgang einstellen! Diesen Trigger auch am<br />
Oszilloskop einstellen.<br />
• Messung mit F9 starten (wartet dann auf Triggersignal)<br />
• Schwingkreis mit Taster schließen (erzeugt Triggersignal)<br />
• <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand R variieren und Messungen wie<strong>der</strong>holen!<br />
• Zur Bestimmung des aperiodischen Grenzfalls Potentiometer verwenden (Wi<strong>der</strong>stand<br />
mit Digitalvoltmeter bei ausgeschalteter Spannungsquelle messen).<br />
4.4.4 Versuchsauswertung<br />
Schwingfall, Frequenzbestimmung<br />
Erstes Verfahren zur Frequenzbestimmung f:<br />
Bestimmen sie die mittlere Periodendauer T und dem mittleren Fehler σ T <strong>der</strong> Schwingung<br />
aus dem zeitlichen Verhalten <strong>der</strong> gemessenen Kondensatorspannung UB1 o<strong>der</strong> des Stromes<br />
IA1 (Abbildung 4.13b). Benutzen sie dazu entwe<strong>der</strong> die Nulldurchgänge o<strong>der</strong> die Lage <strong>der</strong><br />
Minima und Maxima <strong>der</strong> Amplituden. Schätzen sie die Ablesefehler sinnvoll ab. Für die<br />
Frequenz f gilt dann:<br />
f = 1<br />
T<br />
→ σf<br />
f = σ T<br />
T<br />
Zweites Verfahren zur Frequenzbestimmung f:<br />
Die Frequenz f <strong>der</strong> Schwingung lässt sich im Frequenzspektrum ermitteln, welches mittels einer<br />
Fouriertransformation <strong>der</strong> gemessenen Kondensatorspannung UB1 bzw. dem gemessenen<br />
Strom IA1 bestimmt werden kann. Die Frequenz f wird bestimmt mittels Ablesen mit dem<br />
Auge o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Peakschwerpunktsmethode und <strong>der</strong> Fehler muss sinnvoll abgeschätzt werden<br />
(Abbildung 4.14a).<br />
Vergleichen sie die beiden Verfahren und bestimmen sie die Frequenzen für verschiedene<br />
zusätzliche Ohm’sche Wi<strong>der</strong>stände.
4.4. Gedämpfter LC-Schwingkreis 139<br />
b)<br />
a)<br />
Abbildung 4.13: a) <strong>Auf</strong>lade- bzw. b) Entlade-Schwingungen
140 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
Schwingfall, Bestimmung <strong>der</strong> Dämpfungskonstanten δ<br />
Erstes Verfahren:<br />
Die Amplitude <strong>der</strong> Kondensatorspannung UC(t) o<strong>der</strong> des Stroms I(t) nimmt exponentiell<br />
mit <strong>der</strong> Zeit ab (Gleichung 4.23) . Für das Verhältnis <strong>der</strong> Amplituden An gilt:<br />
An+1 = An · e −δ·(tn+1−tn) → δn =<br />
<br />
An ln An+1<br />
(tn+1 − tn) → δn =<br />
Schätzen sie den Ablesefehler sinnvoll ab und für den Fehler σδi gilt dann:<br />
σδn = 1<br />
<br />
σAn<br />
2 2 σAn+1<br />
·<br />
+ + (δn · σTn) 2<br />
Tn<br />
An<br />
An+1<br />
<br />
An ln An+1<br />
Bestimmen sie die mittlere Dämpfungskonstante δ und den mittleren Fehler σoverlineδ <strong>der</strong><br />
Dämpfungskonstanten.<br />
Zweites Verfahren:<br />
Die Dämpfungskonstante δ und <strong>der</strong>en Fehler σδ ergeben sich aus <strong>der</strong> Anpassung einer<br />
Einhüllenden an die Messung UC(t) (Abbildung 4.14b).<br />
Vergleichen sie die beiden Verfahren und bestimmen sie die Dämpfungskonstanten für verschiedene<br />
zusätzliche Ohm’sche Wi<strong>der</strong>stände.<br />
Wurden <strong>der</strong> Kondensator und die Spule in den Vorversuchen charakterisiert, dann bestimmen<br />
Sie die Kreisfrequenz ω, die Dämpfungskonstante δ und vergleichen sie ihre Ergebnisse<br />
mit den Vorhersagen gemäß den Ergebnissen <strong>der</strong> Voruntersuchungen, eingesetzt in die Gleichungen<br />
4.31.<br />
Wurden die Bauteile nicht in den Vorversuchen charakterisiert, dann wählen sie geeignete<br />
<strong>Auf</strong>tragungen, um die Spulen (L und RL) und die Kondensatoren (C) aus <strong>der</strong> Variation <strong>der</strong><br />
Dämpfung zu charakterisieren.<br />
Die Dämpfungskonstante δ ist linear abhängig von dem Gesamtwi<strong>der</strong>stand Rges <strong>der</strong> Schaltung.<br />
Bei <strong>der</strong> Autragung des zuätzlich gesteckten Wi<strong>der</strong>standes R gegen die Dämpfungskonstante<br />
δ kann aus <strong>der</strong> Steigung <strong>der</strong> Geraden die Induktivität L <strong>der</strong> Spule bestimmt<br />
werden und aus dem Achsenabschnitt <strong>der</strong> Restwi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Schaltung (Innenwi<strong>der</strong>stand<br />
<strong>der</strong> Spule RL, Innenwi<strong>der</strong>stand Amperemeter und Verlustwi<strong>der</strong>stände).<br />
Trägt man das Quadrat <strong>der</strong> Kreisfrequenz ω gegen das Quadrat <strong>der</strong> Dämpfungskonstanten<br />
δ auf, so kann aus dem Achsenabschnitt die Kapazität C bestimmt werden. Die Steigung<br />
<strong>der</strong> Geraden muss dann auf −1 festgesetzt werden. Alternativ bestimmt man Ci direkt aus<br />
den Einzelmessungen<br />
Ci =<br />
1<br />
(ω2 i + δ2 i ) · Li<br />
Tn
4.4. Gedämpfter LC-Schwingkreis 141<br />
und fasst die Einzelergebnisse mit dem gewichteten Mittel zusammen.<br />
<strong>Auf</strong>grund <strong>der</strong> Umpolarisierung des Dielektrikums des Kondensators und <strong>der</strong> Ummagnetisierung<br />
des Spulenmaterials durch die Wechselspannung bzw. Wechselstrom <strong>der</strong> Schwingung<br />
treten zusätzliche Verlustwi<strong>der</strong>stände auf (siehe Anhang 4.6). Berücksichtigen Sie den Beitrag<br />
<strong>der</strong> Verlustwi<strong>der</strong>stände zu den Ergebnissen <strong>der</strong> Voruntersuchungen und vergleichen Sie<br />
dies mit ihren Ergebnissen.<br />
a) b)<br />
Abbildung 4.14: Beispielmessung einer freien, gedämpften Schwingung (C = 2, 2 µF, Spule<br />
mit 500 Windungen (L = 9 mH, RL = 2, 2 Ω)). a) Frequenzspektrum mittels Fouriertransformation,<br />
Anpassung mittels Fanofunktion, b) Anpassung einer Einhüllenden an UC(t)<br />
Aperiodischer Grenzfall, Bestimmung des Wi<strong>der</strong>stands Rap<br />
Erhöhen sie den Ohm’schen Wi<strong>der</strong>stand R <strong>der</strong> Schaltung, bis sich <strong>der</strong> Kondensator in <strong>der</strong><br />
kürzesten Zeit entlädt. In diesem Fall gilt:<br />
δ = ω0 → (Rap)<br />
2 · L =<br />
<br />
1<br />
L<br />
√ → Rap = 2 ·<br />
L · C C → (R + RL<br />
<br />
L<br />
+ RRest) = 2 ·<br />
C<br />
Bestimmen sie den Wi<strong>der</strong>stand des aperiodischen Grenzfalls Rap und dessen Fehler σRap und<br />
vergleichen sie ihr Ergebnis mit den Erwartungen.
142 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
4.5 Gekoppelte LC-Schwingkreise<br />
4.5.1 Versuchsbeschreibung<br />
Ein elektrischer Schwingkreis 1 kann induktiv mit einem zweiten erregten Schwingkreis 2<br />
koppeln. Der Kreis 1 wird dadurch zu erzwungenen Schwingungen erregt. Die Resonanz tritt<br />
auf, wenn ω1 = ω2 ist. Dann wird die Erscheinung <strong>der</strong> Schwebung beobachtet: Die Schwingungsenergie<br />
pendelt zwischen den Kreisen hin und her (gekoppelte Schwingungen).<br />
Bei diesem Versuch werden die Fundamentalschwingungen und die Schwebung <strong>der</strong> gekoppelten<br />
Schwingkreise aufgezeichnet. Dazu wird das Frequenzspektrum <strong>der</strong> gekoppelten Schwingkreise<br />
mit dem Spektrum eines ungekoppelten Schwingkreises verglichen. Das fouriertransformierte<br />
Signal <strong>der</strong> gekoppelten Schwingkreise zeigt die <strong>Auf</strong>spaltung in zwei symmetrisch<br />
um das ungekoppelte Signal liegende Verteilungen, <strong>der</strong>en Abstand von <strong>der</strong> Kopplung <strong>der</strong><br />
Schwingkreise abhängt.<br />
Ausgehend von den Differentialgleichungen <strong>der</strong> gekoppelten Schwingkreise:<br />
Ï1 + k · Ï2 + I1<br />
L · C<br />
Ï2 + k · Ï1 + I2<br />
L · C<br />
= 0 (4.32)<br />
= 0 (4.33)<br />
mit Kopplung k (0 < k < 1) folgen die beiden Eigenfrequenzen ω+ und ω− zu<br />
ω0<br />
√ 1 + k = ω+ < ω0 < ω− = ω0<br />
√ 1 − k .<br />
Insbeson<strong>der</strong>e ist die Schwingungsfrequenz des gekoppelten Systems gleich (für kleine k).<br />
→ k1 =<br />
ω0<br />
ω+<br />
2 − 1, k2 = 1 −<br />
ω+ + ω−<br />
2<br />
ω0<br />
ω−<br />
=<br />
ω0<br />
√ 1 − k 2<br />
≈ ω0<br />
2 <br />
<br />
2 2 2ω0 σω0 ω0<br />
, σk = ·<br />
+ ·<br />
1/2<br />
ω+/− ω+/− ω+/−<br />
Hinweis:<br />
Die <strong>Auf</strong>spaltung in zwei exakt gleich große Signale gelingt nur bei genau gleichen Schwingkreisen.<br />
Durch Toleranzen <strong>der</strong> Induktivitäten L und <strong>der</strong> Kapazitäten C ist das nicht immer<br />
genau gegeben. Es sollen die Kondensatoren und Spulen verwendet werden, die bei den<br />
Voruntersuchungen und den freien gedämpften Schwingungen charakterisiert worden sind.<br />
Die Kopplungen k1 und k2 werden aus den beiden Frequenzen <strong>der</strong> Fundamentalschwingungen<br />
(Moden) f1 und f2 berechnet und sollten innerhalb <strong>der</strong> Fehler den gleichen Zahlenwert für<br />
die Kopplung ergeben. Für die im weiteren Verlauf gezeigten Messungen trifft das zu, wenn<br />
σω0 ≈ σω +/− ≈ 10 Hz beträgt. Dann findet man k1 = 0,109, k2 = 0,133 und σk = 0,029.<br />
σω +/−<br />
ω+/−<br />
2
4.5. Gekoppelte LC-Schwingkreise 143<br />
4.5.2 Analogie zu gekoppelten Pendeln in <strong>der</strong> Mechanik<br />
Die Situation <strong>der</strong> induktiv gekoppelten elektrischen Schwingkreise entspricht <strong>der</strong> von gekoppelten<br />
Pendeln (Teil I, Mechanik), mit dem Unterschied, dass die Kopplung bei den<br />
Schwingkreisen durch Spannungen hervorgerufen wird, die in den Spulen induziert werden.<br />
In den Differentialgleichungen treten daher Terme <strong>der</strong> Form kL · ˙ I auf. Die Konstante k<br />
gibt den Kopplungsgrad an. Das führt im Gegensatz zu gekoppelten Pendeln dazu, dass die<br />
Kopplungsstärke für beide Fundamentalschwingungen eine Rolle spielt.<br />
Bei Schwingkreisen, die mit identischen Komponenten aufgebaut werden, gelten die Differentialgleichungen<br />
(Summen <strong>der</strong> Spannungen verschwinden):<br />
I1<br />
C · dt + L · I1<br />
˙ + kL · ˙ I2 = 0 (Schwingkreis 1)<br />
<br />
I2<br />
C · dt + L · I2<br />
˙ + kL · ˙ I1 = 0 (Schwingkreis 2)<br />
Hier wurden Dämpfungsterme zunächst vernachlässigt. Differentiation nach <strong>der</strong> Zeit führt<br />
zu <strong>der</strong> Standardform <strong>der</strong> gekoppelten Differentialgleichungen (Gleichungen 4.32, 4.33). Die<br />
Addition <strong>der</strong> Gleichungen 4.32 und 4.33 ergibt:<br />
Durch Umformung findet man:<br />
( Ï1 + Ï2) + 1<br />
L C · (I1 + I2) + k · ( Ï1 + Ï2) = 0<br />
Ï+ +<br />
1<br />
LC · (1 + k) · I+ = 0<br />
wobei I+ = I1 + I2 einer <strong>der</strong> beiden ’Fundamentalströme’ ist. Daraus erhält man die Kreisfrequenz<br />
dieser Fundamentalschwingung:<br />
ω+ =<br />
1<br />
LC · (1 + k) =<br />
ω0<br />
√ 1 + k<br />
(4.34)<br />
ω0 = 1/ √ LC ist dabei die Kreisfrequenz <strong>der</strong> einzelnen Schwingkreise ohne Kopplung. Diese<br />
Fundamentalschwingung kann angeregt werden, wenn man in <strong>der</strong> Schaltung beide Kondensatoren<br />
in <strong>der</strong> Art auflädt, dass die Ströme I1 und I2 parallel durch die Spulen fließen<br />
(Abbildung 4.15a). In gleicher Weise ergibt die Subtraktion <strong>der</strong> beiden Gleichungen:<br />
Ï− +<br />
1<br />
LC · (1 − k) · I− = 0<br />
wobei I− = I1 − I2 <strong>der</strong> zweite ’Fundamentalstrom’ ist.<br />
Diese Fundamentalschwingung hat die Kreisfrequenz:<br />
ω− =<br />
1<br />
LC · (1 − k) =<br />
ω0<br />
√ 1 − k<br />
(4.35)
144 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
a)<br />
U C1<br />
C<br />
1<br />
+ U0<br />
L<br />
C<br />
L<br />
1 2 2<br />
+<br />
U 0<br />
U<br />
C2<br />
b)<br />
U C1<br />
C<br />
1<br />
+ U0<br />
L<br />
C<br />
L<br />
1 2 2<br />
Abbildung 4.15: Fundamentalschwingungen zweier gekoppelter Schwingkreise a) gleichsinnige<br />
und b) gegensinnige Anregung<br />
Diese Schwingung kann angeregt werden, wenn in <strong>der</strong> Schaltung die Kondensatoren entgegengesetzt<br />
aufgeladen werden, so dass die Ströme in entgegengesetzter Richtung durch die<br />
Spulen fließen (Abbildung 4.15b).<br />
Beide Fundamentalschwingungen zeigen, wie in <strong>der</strong> Mechanik, keine Schwebungserscheinungen<br />
son<strong>der</strong>n wegen <strong>der</strong> Dämpfung einen einfachen exponentiellen Abfall <strong>der</strong> maximalen Amplituden.<br />
Die Strom-Kombination I+ entspricht dem Fall gleichsinnig ausgelenkter Pendel;<br />
dies führt zu einer kleinen Schwingungsfrequenz. I− dagegen entspricht den gegensinnig ausgelenkten<br />
Pendeln (die Kopplung wirkt sich dann stärker aus) und führt zu einer größeren<br />
Schwingungsfrequenz.<br />
Wenn man die Frequenzen <strong>der</strong> Fundamentalschwingungen und vielleicht <strong>der</strong> nicht-gekoppelten<br />
Schwingkreise gemessen hat, kann man mit Hilfe <strong>der</strong> Gleichungen 4.34 und 4.35 den Kopplungsgrad<br />
<strong>der</strong> Schwingkreise bestimmen:<br />
k = f 2 − − f 2 +<br />
f 2 − + f 2 +<br />
Wenn durch die Wahl <strong>der</strong> Anfangsbedingungen ’Schwebung’ eingestellt wird, ergibt sich wie<br />
in <strong>der</strong> Mechanik durch die Mittelung <strong>der</strong> Schwingungsfrequenzen f+ unf f− die Frequenz <strong>der</strong><br />
gekoppelten Schwingung:<br />
fk = f− + f+<br />
2<br />
≈ f0 ,<br />
und aus <strong>der</strong> halben Differenz erhält man die Frequenz <strong>der</strong> Schwebung:<br />
fschw = f− − f+<br />
.<br />
2<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> Dämpfung (einige wichtige Relationen):<br />
Die Differentialgleichungen für die beiden Fundamentalschwingungen haben dann folgende<br />
Form:<br />
Ï+ +<br />
Ï− +<br />
R<br />
· ˙<br />
1<br />
I+ +<br />
L(1 + k) LC · (1 + k) · I+ = 0<br />
R<br />
· ˙<br />
1<br />
I− +<br />
L(1 − k) LC · (1 − k) · I− = 0<br />
+<br />
U 0<br />
U<br />
C2
4.5. Gekoppelte LC-Schwingkreise 145<br />
Mit den Definitionen<br />
folgt:<br />
β± =<br />
R<br />
2L(1 ± k) , ω2 ±0 =<br />
Die Lösungen <strong>der</strong> Gleichungen 4.36 sind:<br />
1<br />
LC(1 ± k)<br />
ϱ + 2β± · ˙<br />
I± + ω 2 ±0 · I± = 0 (4.36)<br />
I± = e −β±t · (a± sin ω±t + b± cos ω±t)<br />
mit den Kreisfrequenzen ω2 ± = ω2 ±0 − β2 ±. Die Größen a± und b± sind vier Integrationskonstanten,<br />
die durch die Anfangsbedingungen festgelegt werden.<br />
Die messbaren Größen sind nicht die Kombinationen I±, son<strong>der</strong>n die Ströme und z. B. die<br />
Kondensatorspannungen in den beiden Schwingkreisen. Die Kondensatorspannungen sollen<br />
jetzt andeutungsweise berechnet werden. Die Ströme in den Schwingkreisen berechnen sich<br />
durch I1 = (I++I−)/2 bzw. I2 = (I+−I−)/2. Daraus lassen sich die gesuchten Spannungen<br />
(etwas aufwendig) berechnen:<br />
U1/2 = 1<br />
C ·<br />
= 1<br />
C<br />
± 1<br />
C<br />
<br />
· e−β+t<br />
ω 2 +0<br />
I1/2dt<br />
· e−β−t<br />
ω 2 −0<br />
· { a+<br />
2 · (−β+ sin ω+t − ω+ cos ω+t)<br />
+ b+<br />
2 · (−β+ cos ω+t + ω+ sin ω+t)}<br />
· { a−<br />
2 · (−β− sin ω−t − ω− cos ω−t)<br />
+ b−<br />
2 · (−β− cos ω−t + ω− sin ω−t)}<br />
Die Anfangsbedingungen werden meist so gewählt, dass die Kondensatoren für t = 0 durch<br />
die Spannungen U10 und U20 aufgeladen sind und zunächst kein Strom fließt. Aus I1(0) =<br />
I2(0) = 0 folgt immer b+ = b− = 0. Für die Kondensatorspannungen für t = 0 findet man<br />
dann<br />
a+ω+<br />
2ω 2 +0<br />
a+ω+<br />
2ω 2 +0<br />
+ a−ω−<br />
2ω 2 −0<br />
− a−ω−<br />
2ω 2 −0<br />
= − U10(0) · C<br />
= − U20(0) · C<br />
Damit ergeben sich folgende Lösungen für die Kondensatorspannungen:<br />
• Gleichsinnige <strong>Auf</strong>ladung: U10 = U20 = U0:<br />
U1 = U2 = U0 · e−β+t<br />
· (β+ sin ω+t + ω+ cos ω+t)<br />
Abbildung 4.16a zeigt oben die Spannung am Kondensator 1 und 2.<br />
ω+
146 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
a)<br />
Spannung (V)<br />
Spannung (V)<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5<br />
x 10 -2<br />
t(s)<br />
0 0.05 0.1 0.15 0.2 0.25 0.3 0.35 0.4 0.45 0.5<br />
x 10 -2<br />
t(s)<br />
b)<br />
Spannung (V)<br />
Spannung (V)<br />
10<br />
7.5<br />
5<br />
2.5<br />
0<br />
-2.5<br />
-5<br />
-7.5<br />
-10<br />
10<br />
7.5<br />
5<br />
2.5<br />
0<br />
-2.5<br />
-5<br />
-7.5<br />
-10<br />
0 0.002 0.004 0.006 0.008 0.01 0.012 0.014 0.016 0.018 0.02<br />
t(s)<br />
0 0.002 0.004 0.006 0.008 0.01 0.012 0.014 0.016 0.018 0.02<br />
t(s)<br />
Abbildung 4.16: a) Fundamentalschwingungen und b) Schwebung zweier gekoppelter<br />
Schwingkreise mit R = 2, 5 Ω, L = 9 mH und C = 1, 0 µF<br />
• Gegensinnige <strong>Auf</strong>ladung: U10 = −U20 = U0:<br />
U1 = −U2 = U0 · e−β−t<br />
· (β− sin ω−t + ω− cos ω−t)<br />
ω−<br />
Abbildung 4.16a zeigt unten die Spannung am Kondensator 1. Am 2. Kondensator ist<br />
die Spannung entgegengesetzt. Die Frequenz ist höher als bei gleichsinniger <strong>Auf</strong>ladung!<br />
• Schwebung: U10 = U0 und U20 = 0:<br />
U1/2 = U0 · [e −β+t 1<br />
· {<br />
2ω+<br />
· (−β+ sin ω+t − ω+ cos ω+t)}<br />
± e −β−t 1<br />
· {<br />
2ω−<br />
· (−β− sin ω−t − ω− cos ω−t)}]<br />
Abbildung 4.16b zeigt oben die Spannung am Kondensator 1 und unten am Kondensator<br />
2.<br />
Phasenbeziehungen bei gekoppelten Schwingungen<br />
Um Schwebungsvorgänge aufzuzeichnen, wird <strong>der</strong> Kondensator des ersten Schwingkreises<br />
aufgeladen, während <strong>der</strong> des zweiten Schwingkreises ungeladen bleibt. Wenn beide Schwingkreise<br />
über die Spulen miteinan<strong>der</strong> gekoppelt sind und <strong>der</strong> Schwingungsvorgang gestartet<br />
wird, erwartet man, dass immer dann, wenn z. B. die Kondensatorspannung des ersten<br />
Kreises einen Nulldurchgang hat, die des zweiten Schwingkreises ein Extremum zeigt und<br />
umgekehrt.
4.5. Gekoppelte LC-Schwingkreise 147<br />
Beobachtet wird dagegen, dass die Extrema des einen gegen die Nulldurchgänge des an<strong>der</strong>en<br />
Schwingkreises verschoben sind. Das liegt an den Dämpfungen in den beiden Kreisen. Bei<br />
ungedämpften Schwebungen würde die soeben erwähnte Phasenbeziehung exakt gelten.<br />
Am besten sind die Verschiebungen zu erkannen, wenn man die Einhüllenden <strong>der</strong> Schwebungsvorgänge<br />
skizziert. Die Einhüllenden haben die Dämpfung<br />
β = β− + β+<br />
2<br />
Abbildung 4.17: Schwebung bei gekoppelten Schwingungen<br />
und die Schwebungskreisfrequenz<br />
ωschw = ω− − ω+<br />
.<br />
2<br />
und werden für die hier verwendeten Anfangsbedingungen dargestellt durch:<br />
U1schm = U0 · e −βt · cos(ωschwt)<br />
U2schm = −U0 · e −βt · sin(ωschwt)<br />
Die Nulldurchgänge <strong>der</strong> Einhüllenden liegen bei:<br />
t1N =<br />
1<br />
· (<br />
ωschw<br />
π<br />
t2N =<br />
± nπ)<br />
2<br />
1<br />
· (± nπ)<br />
ωschw
148 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
Differentiation <strong>der</strong> Einhüllenden nach <strong>der</strong> Zeit und Nullsetzen liefert für die Extrema <strong>der</strong><br />
Einhüllenden die Zeiten:<br />
<br />
1<br />
−β<br />
t1E = · arctan ± nπ<br />
ωschw<br />
ωschw<br />
<br />
1<br />
ωschw<br />
t2E = · arctan ± nπ<br />
β<br />
ωschw<br />
Die zeitliche Verschiebung z. B. zwischen den Nullstellen t1N und den Extrema t2E lässt sich<br />
berechnen und beträgt für Kopplungen k < 0, 2 ungefähr:<br />
∆t ≈<br />
1<br />
ωschw<br />
·<br />
<br />
π<br />
2<br />
− arctan<br />
<br />
k<br />
R ·<br />
<br />
L<br />
C<br />
Für größere Kopplungsstärken wird die Relation komplizierter. Man erkennt bereits hieraus,<br />
dass für verschwindende Dämpfung (R ≈ 0) <strong>der</strong> arctan-Term gegen π/2 geht und damit die<br />
Zeitverschiebung verschwindet. Für große Dämpfung, aber auch für kleine Induktivität und<br />
große Kapazität, wird die Verschiebung beträchtlich, wie aus Abb. 4.17 zu erkennen ist.<br />
4.5.3 Versuchsaufbau<br />
a)<br />
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
R<br />
S<br />
− +<br />
I<br />
U<br />
U<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
Benötigte Geräte:<br />
1 Sensor-CASSY<br />
1 Rastersteckplatte, DIN A4<br />
2 Kondensator 1, 2,2, 4,7, 10 µF<br />
2 Spulen 250, 500, 1000 Windungen<br />
5 Paar Kabel, 50 cm rot/blau<br />
1 Taster<br />
Abbildung 4.18: <strong>Auf</strong>bau zur <strong>Auf</strong>nahme <strong>der</strong> Schwebung von gekoppelten Schwingungen<br />
Der erste Schwingkreis wird gemäß den Abbildungen 4.18 und 4.19 auf <strong>der</strong> Rastersteckplatte<br />
aufgebaut. Die Kondensatorspannung wird an Eingang B des Sensor CASSYs gemessen. Zu<br />
Beginn des Versuchs wird <strong>der</strong> Kondensator aus <strong>der</strong> Spannungsquelle S aufgeladen. Zum Start<br />
<strong>der</strong> Schwingung wird <strong>der</strong> Taster gedrückt, welcher dabei die Spannungsquelle S kurzschließt.
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
R<br />
S<br />
−<br />
4.5. Gekoppelte LC-Schwingkreise 149<br />
I<br />
U<br />
U<br />
+<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
R<br />
S<br />
−<br />
I<br />
U<br />
+<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
a) b)<br />
¡ ¡<br />
¡ ¡<br />
¡ ¡<br />
R<br />
S<br />
−<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
R<br />
S<br />
−<br />
SENSOR−CASSY 524010<br />
Abbildung 4.19: Schaltbild zur <strong>Auf</strong>nahme von gekoppelten Schwingungen bei a) gleichsinniger<br />
und b) gegensinniger Anregung<br />
Der zweite Schwingkreis wird separat aufgebaut. Seine Spule wird für die Kopplung <strong>der</strong><br />
Schwingkreise direkt neben die erste Spule gestellt. Es kann die Spannung am zweiten Kondensator<br />
an Eingang A des Sensor-CASSYs gemessen werden. Bei gleichsinniger bzw. gegensinniger<br />
Anregung wird ebenfalls <strong>der</strong> zweite Kondensator aus <strong>der</strong> Spannungsquelle S<br />
aufgeladen. Zum Start <strong>der</strong> Schwingung wird <strong>der</strong> zweite Taster ebenfalls betätigt, welcher<br />
dabei die Spannungsquelle S kurzschließt.<br />
4.5.4 Versuchsdurchführung<br />
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
• Ladespannung U0 einstellen - dazu Spannungsquelle S entsprechend einstellen, Spannungsquelle<br />
eingeschaltet lassen.<br />
• Polung <strong>der</strong> an den Schwingkreisen anliegenden Spannungen bei gleichsinniger bzw.<br />
gegensinniger Anregung einstellen.<br />
• Zur Beobachtung <strong>der</strong> Schwebung nur an einen Schwingkreis Spannung anlegen<br />
• Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen das Messintervall auf 10 µs<br />
und die Anzahl auf 2000 einstellen, entsprechend einer Messzeit von 20 ms<br />
• Im Menü Einstellungen, Messparameter anzeigen weiterhin einen geeigneten<br />
Trigger (z.B. UB1 = 5 V, fallende Tendenz) einstellen!<br />
• Messung mit F9 starten (wartet dann auf Triggersignal)<br />
• Schwingkreis mit Taster schließen (erzeugt Triggersignal)<br />
• Abstand <strong>der</strong> Spulen und damit die Kopplungsstärke variieren<br />
I<br />
U<br />
U<br />
+<br />
12 V<br />
INPUT A<br />
INPUT B<br />
I<br />
U<br />
+<br />
¡ ¡<br />
¡ ¡<br />
¡ ¡
150 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
4.5.5 Versuchsauswertung<br />
Fall <strong>der</strong> Schwebung:<br />
Im ungekoppelten Fall ergibt sich eine gedämpfte harmonische Schwingung (Abbildung<br />
4.20a). Die gekoppelte Schwingung besitzt die gleiche Einhüllende (Abbildung 4.20a).<br />
Im ungekoppelten Fall zeigt das Frequenzspektrum nur ein Signal, dessen Frequenz sich<br />
durch die Berechnung des Signalschwerpunkts ermitteln lässt (Abbildung 4.20b).<br />
Im gekoppelten Fall spaltet die Frequenz symmetrisch in zwei Frequenzen auf. Die Amplituden<br />
sind nur halb so groß wie im ungekoppelten Fall und <strong>der</strong> Abstand hängt von <strong>der</strong><br />
Kopplung ab (Abbildung 4.20b).<br />
Die Abbildung 4.20c zeigt die gemessenen Spannungsabfälle an den beiden Kondensatoren<br />
für den Fall <strong>der</strong> Schwebung bei den gekoppelten Schwingungen. Die Abbildung 4.20d zeigt die<br />
ungekoppelte und die Fundamentalschwingungen <strong>der</strong> gekoppelten Schwingungen bei gleichbzw.<br />
gegensinniger Anregung.<br />
Bestimmen Sie den Kopplungsgrad k aus diesen verschiedenen Messungen und geben Sie die<br />
Ergebnisse mit Fehlern an.<br />
Bestimmen Sie die zeitliche Verschiebung ∆t für den Fall <strong>der</strong> Schwebung und vergleichen Sie<br />
dies mit Ihrer Erwartung.
4.5. Gekoppelte LC-Schwingkreise 151<br />
a)<br />
c) d)<br />
Abbildung 4.20: a) Ungekoppelter (grüner Verlauf) und gekoppelter Schwingkreis (Schwebung,<br />
blaue Linie), b) Frequenzspektren <strong>der</strong> ungekoppelten und <strong>der</strong> gekoppelten Schwingungen<br />
c) Spannungsabfälle an den beiden Kondensatoren im Fall <strong>der</strong> Schwebung, d) Fundamentalschwingungen<br />
bei gleich- bzw. gegensinniger Anregung<br />
b)
152 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
4.6 Anhang<br />
Verlustfaktoren<br />
Im Hauptteil des Versuches sollen freie, gedämpfte elektromagnetische Schwingungen untersucht<br />
werden. Solche Schwingungen in Spannungsabfällen und Strömen gehören streng<br />
genommen in das Gebiet <strong>der</strong> Wechselströme, die eingehen<strong>der</strong> im Teil II des Praktikums behandelt<br />
werden. Um die einzelnen Komponenten besser verstehen zu können, werden Grundlagen<br />
<strong>der</strong> Theorie von Teil II bereits hier stark verkürzt zusammen gefasst.<br />
Wenn eine Reihenschaltung einer idealen Spule (L) und eines idealen Kondensators (C) von<br />
einem Strom durchflossen wird, gibt es zwischen Strom und Spannungsabfall an L bzw. C<br />
immer eine Phasenverschiebung von exakt ±90 o . Phasenverschiebungen um beliebige Winkel<br />
können elegant in <strong>der</strong> komplexen Gaußschen Zahlenebene (Operatordiagramm) dargestellt<br />
werden. Reale Komponenten werden auf <strong>der</strong> Realteil-Achse (x-Achse), imaginäre Anteile auf<br />
<strong>der</strong> Imaginärteil-Achse (y-Achse) aufgetragen. Eine genauere Diskussion zeigt folgendes:<br />
• Bei rein <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>ständen sind, wegen <strong>der</strong> Gültigkeit des <strong>Ohmschen</strong> Gesetzes,<br />
Strom und Spannung in Phase. Der Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand ist rein reell. Im Operatordiagramm<br />
wird <strong>der</strong> Ohmsche Wi<strong>der</strong>stand R auf <strong>der</strong> reellen Achse aufgetragen.<br />
• Bei einem idealen Kondensator ist die Situation komplizierter. Solche Kondensatoren<br />
existieren real nicht!<br />
Mit den Relationen UC(t) = Q(t)/C bzw. dUC/dt = I/C kann man zeigen, daß <strong>der</strong><br />
Strom <strong>der</strong> Spannung um π/2 vorauseilt. Dies wird durch den rein imaginären kapazitiven<br />
Wi<strong>der</strong>stand XC = −i/(ωC) bewirkt. Im Operatordiagramm wird XC auf <strong>der</strong><br />
imaginären Achse in negativer Richtung aufgetragen.<br />
• Bei einer idealen Spule eilt <strong>der</strong> Strom wegen UL = L · dI/dt <strong>der</strong> Spannung um π/2<br />
nach. Der ideale induktive Wi<strong>der</strong>stand XL = iωL ist ebenfalls rein imaginär und wird<br />
in positiver Richtung aufgetragen.<br />
Im <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand geht elektrische Energie verloren, da sie in Joulesche Wärme umgewandelt<br />
wird. Das ist nur möglich, weil hier U und I in Phase sind. Wenn dagegen U und<br />
I um 90 o gegeneinan<strong>der</strong> phasenverschoben sind, wird im zeitlichen Mittel keine elektrische<br />
Leistung verbraucht. Ideale Kondensatoren und Spulen haben diese Eigenschaft, sie sind<br />
verlustfrei. Diese Betrachtungen gelten nur, wenn es zu Schwingungen kommt.<br />
Reale Kondensatoren und Spulen haben elektrische Verluste. Sie werden in realen o<strong>der</strong> fiktiven<br />
sog. <strong>Ohmschen</strong> Verlustwi<strong>der</strong>ständen zusammen gefaßt. Im folgenden wird eine stark<br />
vereinfachte Darstellung gezeigt, nach <strong>der</strong> solche Verlustwi<strong>der</strong>stände charakterisiert werden<br />
können.<br />
Ohmsche Wi<strong>der</strong>stände sollen hier nicht diskutiert werden. Sie haben zwar meist neben den<br />
rein <strong>Ohmschen</strong> Anteilen auch kapazitive und induktive Komponenten, diese sind aber bei<br />
diesem Versuch vernachlässigbar klein.
4.6. Anhang 153<br />
Spulen: Die Verluste bei Spulen nehmen im allgemeinen mit steigen<strong>der</strong> Frequenz zu.<br />
Ursachen für Verluste:<br />
• Ohmscher Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Spulenwicklung (frequenzunabhängig)<br />
• Skineffekt (frequenzabhängig), er muss beachtet werden bei<br />
Drahtdurchmesser = 1 mm ab etwa 100 kHz,<br />
Drahtdurchmesser = 0,1 mm ab etwa 10 MHz,<br />
Drahtdurchmesser = 0,01 mm ab etwa 1 GHz.<br />
spielt daher bei diesem Versuch keine Rolle.<br />
• Hysteresis- und Wirbelstromverluste im Kernmaterial und Spulendrahtmaterial<br />
Da <strong>der</strong> Spulenstrom für die Induktivität <strong>der</strong> Spule wesentlich ist, wird <strong>der</strong> Verlustwi<strong>der</strong>stand<br />
meist als Reihenwi<strong>der</strong>stand dargestellt. Kleine Verluste sind dann gleichbedeutend mit kleinen<br />
Verlustwi<strong>der</strong>ständen. Den Verlustwinkel θL kann man im Zeigerdiagramm ablesen,<br />
in dem <strong>der</strong> rein imaginäre induktive Wi<strong>der</strong>stand XL = iωL gegen den reellen <strong>Ohmschen</strong><br />
Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Spule RL aufgetragen wird.<br />
Es gilt für den komplexen Wi<strong>der</strong>stand XL = RL + iωL.<br />
Für den Verlustwinkel gilt:<br />
= dL.<br />
ωL<br />
Dies ist auch gleichzeitig <strong>der</strong> Verlustfaktor <strong>der</strong> Spule, den man oft mit dL kennzeichnet.<br />
Er wird für die meist kleinen Verlustwinkel durch den Winkel selbst angenähert (dL ≈ θL).<br />
tan θL = RL<br />
Kondensatoren: Die Verluste bei Kondensatoren nehmen im allgemeinen mit steigen<strong>der</strong><br />
Frequenz ab.<br />
Ursachen für Verluste:<br />
• Geringe Leitfähigkeit des Dielektrikums und Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Zuleitungen und Folien<br />
bei Folienwi<strong>der</strong>ständen,<br />
• Geringe Wärmeentwicklung im Dielektrikum durch ständige Umpolarisation <strong>der</strong> Moleküle.<br />
Da die Kondensatorspannung für die Kapazität des Kondensators wesentlich ist, wird <strong>der</strong><br />
Verlustwi<strong>der</strong>stand meist als Serienwi<strong>der</strong>stand dargestellt. Kleine Verluste sind dann gleichbedeutend<br />
mit kleinen Verlustwi<strong>der</strong>ständen. Den Verlustwinkel θC kann man im Zeiger-<br />
diagramm ablesen, in dem <strong>der</strong> rein imaginäre kapazitive Wi<strong>der</strong>stand XC = −i<br />
ωC<br />
reellen <strong>Ohmschen</strong> Wi<strong>der</strong>stand des Kondensators RC aufgetragen wird.<br />
Es gilt dann für den Verlustwinkel gilt:<br />
tan θC = ω · C · RC = dC.<br />
gegen den<br />
Dies ist auch gleichzeitig <strong>der</strong> Verlustfaktor des Kondensators, den man oft mit dC<br />
kennzeichnet. Er wird für die meist sehr kleinen Verlustwinkel durch den Winkel selbst<br />
angenähert (dC ≈ θC).
154 Kapitel 4. Elektrizitätslehre<br />
Bauteile Verlustfaktor<br />
100 Hz 1000 Hz<br />
Kondensatoren tan δC tan δC<br />
1 µF 2, 0 · 10 −3 2, 9 · 10 −3<br />
2,2 µF 1, 7 · 10 −3 3, 3 · 10 −3<br />
4,7 µF 2, 0 · 10 −3 3, 5 · 10 −3<br />
10 µF 1, 8 · 10 −3 4, 1 · 10 −3<br />
Spulen tan δL tan δL<br />
N=250 0,41 0,047<br />
N=500 0,40 0,049<br />
N=1000 0,41 0,045<br />
Tabelle 4.4: Experimentell bestimmte Verlustfaktoren <strong>der</strong> im Praktikum verwendeten Kondensatoren<br />
und Spulen<br />
a)<br />
ωL<br />
δ L<br />
RL<br />
b)<br />
−1<br />
ωC<br />
δ C<br />
RC<br />
Abbildung 4.21: Operatordiagramm für Verlustwi<strong>der</strong>stand a) einer Spule, b) eines Kondensators