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Ulrich Petschow, Jürgen Meyerhoff<br />

Ökonomisch-ökologische <strong>Bewertung</strong><br />

des <strong>Pro</strong>jektes 17 Deutsche Einheit –<br />

Ausbau der Havel zur<br />

Großschiffahrtsstraße<br />

Schriftenreihe des IÖW 63/93


Ulrich Petschow, Jürgen Meyerhoff<br />

Ökonomisch-ökologische <strong>Bewertung</strong> des <strong>Pro</strong>jektes 17<br />

Deutsche Einheit -<br />

Ausbau der Havel zur Großschiffahrtsstraße<br />

Gutachten im Auftrag<br />

des Aktionsbündnis gegen den Havelausbau<br />

Berlin 1993<br />

ISBN 3-926930-63-2


Kurzfassung I<br />

Kurzfassung<br />

1. Ökologische Gefährdungen<br />

Die Bestandsaufnahme für das Verkehrsprojekt 17 Deutsche Einheit ergibt, daß die ökologischen<br />

Auswirkungen des Ausbaus beträchtlich sind. Insbesondere im Bereich der Havel werden<br />

Naturraumpotentiale gefährdet, die in dieser Form in Mitteleuropa einmalig sind. Zudem existieren<br />

eine Reihe von Gefährdungspotentialen, deren Größenordnung gegenwärtig noch nicht<br />

abgeschätzt werden können. Dies betrifft die Wasserqualität, den Wasserhaushalt und Beeinträchtigungen<br />

des Grundwasserhaushaltes. Eine vollständige Abschätzung der möglichen ökologischen<br />

Folgekosten wäre erst nach Abschluß entsprechender Untersuchungen möglich.<br />

Die Binnenschiffahrt wird in der Regel als das Verkehrsmittel angesehen, das die geringsten<br />

ökologischen Folgekosten im Bereich des Güterverkehrs verursacht. In den dazu vorliegenden<br />

Studien wird dies auch weitgehend bestätigt. Allerdings werden in diesen Studien die mit dem<br />

Ausbau zu Großwasserstraßen verbundenen ökologischen Schäden nicht erfaßt. Das Binnenschiff<br />

ist aber nur dort das umweltverträglichere Verkehrsmittel, wo die natürlichen Gegebenheiten<br />

den Einsatz entsprechender Binnenschiffe erlauben wie etwa auf dem Rhein. Dort, wo<br />

die Wasserwege den immer größer werdenden Schiffen angepaßt werden müssen, gilt dies<br />

nicht. Hier sind jeweils erhebliche negative ökologische Wirkungen mit dem Binnenschiff verbunden.<br />

2. Das Binnenschiff als Transportmittel<br />

Das Binnenschiff ist und bleibt in erst«- Linie ein Transportmittel für Massengüter. Bei anderen<br />

Gütern stimmen die Ansprüche der Verlader nicht mit den Möglichkeiten der Binnenschiffahrt<br />

überein. Das Entwicklungspotential der Binnenschiffahrt auf anderen Märkten muß daher<br />

als sehr begrenzt angesehen werden. Das binnenschiffaffine Güteraufkommen stagniert bzw. ist<br />

sogar rückläufig. Die Perspektiven der Binnenschiffahrt als Verkehrsträger unter den gegenwärtigen<br />

Rahmenbedingungen sind also auch von daher begrenzt.<br />

Auf den Wasserstraßen des <strong>Pro</strong>jektes 17 bestehen für die Binnenschiffahrt gegenwärtig keine<br />

Kapazitätsprobleme. Im Gegenteil: allein aufgrund des massiven Rückgangs der Binnenschifftransporte<br />

auf der betrachteten Relation in der jüngeren Vergangenheit existieren erhebliche<br />

Kapazitätsreserven. <strong>Pro</strong>bleme bestehen hingegen bei der wasserstandsunabhängigen Querung<br />

der Elbe, die die Kontinuität der Transporte erschwert. Dieses Nadelöhr wird aber durch<br />

den Bau der Trogbrücke beseitigt.<br />

Wesentliches Ziel des <strong>Pro</strong>jektes 17 ist die Senkung der Transportkosten der Binnenschiffahrt,<br />

indem die Transporte künftig mit größeren Schiffen möglich werden. Aufgrund des Wettbe-


n Kurzfassung I<br />

werbs zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern werden diese Transportkostensenkungen<br />

allerdings nach der Güterverkehrsprognose 2010 von Kessel+Partner nicht bzw. nur begrenzt<br />

dazu führen, daß die Binnenschiffahrt zusätzliches Ladungspotential gewinnen kann. Der zwischen<br />

den Verkehrsträgern einsetzende Wettbewerb führt vielmehr zu einer generellen Transportpreissenkung<br />

und hat daher nur begrenzte Auswirkungen auf den modal-split.<br />

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob sinkende Transportpreise den umweit- und verkehrspolitischen<br />

Orientierungen entsprechen, die einen Abbau der verkehrsbedingten Umweltbelastungen<br />

vorsehen. Das <strong>Pro</strong>jekt 17 hat geradezu gegenteilige Wirkung: das Transportpreisniveau<br />

wird generell sinken, so daß dieses <strong>Pro</strong>jekt eher zusätzlichen Verkehr erzeugen wird anstatt eine<br />

Verlagerung von der Bahn zur Binnenschiffahrt zu erreichen.<br />

3. Aspekte der Wirtschaftlichkeit<br />

Das für das <strong>Pro</strong>jekt 17 ermittelte Transportaufkommen basiert auf der Güterverkehrsprognose<br />

für das Jahr 2010 von Kessel+Partner. Die dem Gutachten von Kessel + Partner zugrundeliegenden<br />

Strukturdatenprognosen wurden zu Beginn des Jahres 1991 vorgelegt und spiegeln daher<br />

noch die optimistischen Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklungen in den<br />

neuen Bundesländern, aber auch in Mittel- und Osteuropa wieder. Neuere Gutachten über die<br />

wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern kommen dabei zu deutlich pessimistischeren<br />

<strong>Pro</strong>gnosen, die die <strong>Pro</strong>blematik des wirtschaftlichen Entwicklungsprozesses in den<br />

neuen Bundesländern entsprechend realistisch wiedergeben.<br />

Für die Infrastrukturentwicklungen gibt es in diesen <strong>Pro</strong>gnosen unterschiedliche Ausgangswerte.<br />

Für den Bereich der Verkehrsinfrastruktur werden sehr optimistische Werte zugrundegelegt<br />

mit der Folge, daß mit dieser wirtschaftlichen Strukturdatenprognose bereits ein überhöhtes<br />

Verkehrsaufkommen zugrundegelegt wird. Für infrastrukturelle Bereiche jenseits des Verkehrssektors<br />

werden hingegen deutlich zurückhaltendere wirtschaftliche Annahmen getroffen - z.B.<br />

bei der von <strong>Pro</strong>gnos u.a. vorgelegten Studie zum raumordnerischen Strukturkonzept für Brandenburg.<br />

Für das <strong>Pro</strong>jekt 17 bedeutet dies, daß durch diese Vorgehensweise die erwarteten Verkehre<br />

deutlich zu hoch eingeschätzt werden. Die progostizierten Verkehre sind aber ein wesentlicher<br />

Faktor für die behauptete hohe Wirtschaftlichkeit der Bauvorhaben.<br />

4. Entwicklungstendenzen der Binnenschiffahrt für den Berliner Raum<br />

Die Binnenschiffahrt von und nach Berlin (West) hat in den letzten Jahren - insbesondere<br />

beim Transport nach Berlin - deutlich an Bedeutung verloren. Zum Teil konnte dies durch den<br />

gestiegenen Transport von Bauschutt wieder aufgefangen werden. Der Rückgang des Transportaufkommens<br />

verschärfte sich nach dem Fall der Mauer nochmals. Die nun möglichen neuen<br />

Transportrelationen brachten der Binnenschiffahrt weitere deutliche Aufkommensverluste. Auf<br />

der Basis des gegenwärtigen Niveaus der Gütertransporte der Binnenschiffahrt wären exorbi-


Kurzfassung DI<br />

tante Steigerungsraten notwendig, um die von Kessel + Partner für das Jahr 2010 prognostizierten<br />

Werte noch zu erreichen. Solche Steigerungsraten sind vor allem deshalb nicht zu erwarten,<br />

weil mit dem wirtschaftlichen Strukturbruch in den neuen Bundesländern Industriezweige<br />

mit eher binnenschiffaffinen Gütern stark eingeschränkt werden. Insofern muß die Frage<br />

gestellt werden, inwieweit es überhaupt zu einer 'Erholung' der Binnenschiffstransporte kommen<br />

wird.<br />

Auch jenseits dieser grundsätzlichen Überlegungen sind die von Kessel+Partner vorgelegten<br />

Zahlen hinsichtlich des Transportaufkommens der Binnenschiffahrt vermutlich deutlich zu<br />

hoch. Nach Berechnungen des DIW, das sich von der Ausgangsbasis her an derselben Strukturdatenprognose<br />

wie Kessel+Partner orientiert und damit ebenfalls sehr optimistische Annahmen<br />

zugrundelegt, wird für den Bereich der Binnenschiffahrt ein deutlich geringeres Güteraufkommen<br />

erwartet. Eine Verminderung des Güterverkehrsaufkommens um den Faktor 0,7 - 0,8 wird<br />

für Gesamtdeutschland als realistisch angesehen. Wie die Auswertung der Verkehrsverflechtungsmatrizen<br />

für die Binnenschifffahrt ergeben hat, muß dieser Faktor, bezogen auf die Transportrelationen<br />

von und nach Berlin, nochmals revidiert werden. Danach sind die von Kessel+<br />

Partner vorgegebenen Werte, die Eingang in die Nutzen-Kosten-Analyse gefunden haben, mit<br />

dem Faktor 0,6 nach unten zu korrigieren.<br />

Die Angaben über die Entwicklung des Transportaufkommens, die u.a. im Entwurf des Wasserstraßen-<br />

und Hafenkonzeptes für Berlin gemacht werden, sind in zweifacher Hinsicht problematisch.<br />

Auf der einen Seite wird davon ausgegangen, daß die Güteraufkommen, die binnenschiffaffin<br />

sind, insgesamt auch mit dem Binnenschiff transportiert werden. Auf der anderen<br />

Seite widersprechen z.B. die Aufkommenswerte (4 Mio t im Jahre 2010 laut Hafenkonzept der<br />

Senatsverwaltung für Verkehr), die für Steinkohle angegeben werden, den Verpflichtungen<br />

Berlins im Rahmen des Klimabündnisses. Darin ist eine 50%ige Reduzierung der C02-Emissionen<br />

für Berlin vorgesehen. Soll dieses Ziel erreicht werden, dann müssen die angenommenen<br />

Transportmengen deutlich geringer ausfallen. Und selbst bei den weniger anspruchsvollen Zielen,<br />

die mittlerweile von der Senatsverwaltung für Umweltschutz angestrebt werden, werden die<br />

Transportmengen sinken.<br />

5. Die Nutzen-Kosten-Analyse für das <strong>Pro</strong>jekt 17<br />

Die Nutzen-Kosten-Analyse bescheinigt dem <strong>Pro</strong>jekt 17 eine hohe Wirtschaftlichkeit, die in<br />

dem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 6,6 zum Ausdruck kommt. Wie den bisherigen Ausführungen<br />

zu entnehmen ist, sind die Werte, die in die Nutzen-Kosten-Analyse eingehen, aus verschiedenen<br />

Gründen deutlich zu hoch angesetzt: Zum einen sind die der Verkehrsprognose zugrundeliegenden<br />

wirtschaftlichen Grunddaten zu optimistisch. Konsequenz daraus ist, daß ein<br />

zu hohes Verkehrsaufkommen für die Bundesrepublik erwartet wird. Neben diesem generell zu<br />

hohen Verkehrsaufkommen ist ferner das angenommene Transportaufkommen für die neuen<br />

Bundesländer deutlich zu hoch angesetzt.


IV Kurzfassung<br />

Zum anderen sind die Kosten für die Baumaßnahmen zu niedrig geschätzt. Die in die Nutzen-<br />

Kosten-Analyse eingegangenen Investitionskosten wurden zu einem Zeitpunkt vorgegeben, als<br />

man im wesentlichen nur mit Pauschalwerten, die die realen Verhältnisse nicht abbilden können,<br />

arbeiten mußte. Dies wird u.a. an der Trogbrücke bei Magdeburg deutlich, die ursprünglich<br />

mit 600 Mio DM veranschlagt war. Gegenwärtig geht man davon aus, daß die Kosten auf<br />

1 Mrd. DM steigen werden. Dies bedeutet eine Kostensteigerang um 65%. Da aber nicht davon<br />

ausgegangen werden kann, daß dies schon die endgültigen Kosten sein werden, erscheint es gerechtfertigt,<br />

diese Kostensteigerung auf das ganze <strong>Pro</strong>jekt zu übertragen. Eine solche Kostensteigerung<br />

bei <strong>Pro</strong>jekten der öffentlichen Hand erscheint keineswegs als übertriebene Annahme,<br />

sondern stellt nach bisherigen Erfahrungen eher eine untere Marge dar.<br />

Die zeitliche Orientierung des <strong>Pro</strong>jektes erscheint außerordentlich ehrgeizig. Selbst wenn<br />

man die zeitlichen Verzögerungen unbeachtet läßt, die auf den Bau der Brücken in Berlin zurückzuführen<br />

sind, bleiben die Vorgaben für die Bauzeit unrealistisch. Im Rahmen der Sensitivitätsanalyse<br />

gehen wir insofern von einer Bauzeitverlängerung von 5 Jahren aus. Sie spielt<br />

insofern eine wesentliche Rolle, als sie erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit des<br />

<strong>Pro</strong>jektes hat.<br />

6. Ergebnisse der korrigierten Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Die hier angeführten <strong>Pro</strong>gnosen verdeutlichen, daß die von Planco berechnete Wirtschaftlichkeit<br />

des <strong>Pro</strong>jektes 17 auf sehr optimistischen Annahmen beruht. Im Rahmen einer Überprüfung<br />

dieser Annahmen müssen deutliche Korrekturen an den Eingangsdaten der Nutzen-Kosten-<br />

Analyse vorgenommen werden. Diese sind: ein deutlich verringertes Verkehrsaufkommen, höhere<br />

Baukosten und eine Verlängerung der Bauzeit. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß die unterstellten<br />

Veränderungen durch Fakten gedeckt sind. Die Entwicklung könnte durchaus noch<br />

ungünstiger für das <strong>Pro</strong>jekt 17 sein als von uns angenommen.<br />

Eine Berechnung mit solch veränderten Eingangsdaten - 26,8 Mio t Transportaufkommen,<br />

3,37 Mrd DM Baukosten (nach Abzug der sog. indisponiblen Ersatzanteile) und eine Bauzeitverlängerung<br />

von 5 Jahren - führt zu einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 2,2. Dies würde bedeuten,<br />

daß nach den Kriterien des Bundesverkehrswegeplans dieses <strong>Pro</strong>jekt nicht mehr als<br />

vordringlicher Bedarf eingestuft werden kann.<br />

Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß die Systematik der Nutzen-Kosten-Analyse mehrere<br />

Kostenfaktoren, die mit dem <strong>Pro</strong>jekt 17 zusammenhängen, gar nicht erfaßt. Eine Einbeziehung<br />

dieser Kostenbestandteile würde die Nutzen-Kosten-Relation noch einmal deutlich verschlechtern.<br />

Hier seien nur einige kurz dargestellt:<br />

- Die Häfen befinden sich in der Regel in städtischem Besitz. Um die in die Nutzen-Kosten-<br />

Analyse als Transportaufkommen eingehenden Güterströme in Berlin, aber auch in anderen<br />

Häfen tatsächlich umschlagen zu können, wären deutliche Erweiterungen der Hafenkapazitäten


Kurzfassung<br />

erforderlich. Diese Kosten, die direkt im Zusammenhang mit dem <strong>Pro</strong>jekt 17 entstehen, gehen<br />

aber nicht in die vorliegende Nutzen-Kosten-Analyse ein.<br />

- Die Schäden an den Naturraumpotentialen sind bislang nicht quantifizierbar und werden<br />

insofern nicht zahlenmäßig in der Nutzen-Kosten-Analyse erfaßt.<br />

- Die entgangenen Nutzen von Naturfreunden, aber auch von Kleingärtnern werden nicht erfaßt.<br />

-Die Gefährdungspotentiale im Bereich des Wasserhaushaltes und der Wasserqualität sind<br />

gegenwärtig nicht abschätzbar, da die in Auftrag gegebenen Gutachten noch nicht vorliegen.<br />

Allerdings ist der Wasserhaushalt im betrachteten Großraum langfristig durch die deutliche<br />

Reduktion des Braunkohleabbaus gefährdet. Deshalb ist heute schon klar, daß mit dieser nur begrenzt<br />

vorhandenen Ressource mit äußerster Vorsicht umgegangen werden muß.<br />

- Die Gesamtkosten des <strong>Pro</strong>jektes gehen auch deshalb nicht in die Nutzen-Kosten-Analyse ein,<br />

da die sog. indisponiblen Ersatzanteile, die notwendig wären, um die Schiffbarkeit auf dem<br />

gegenwärtigen Niveau zu halten, mit einer Summe von 1,2 Mrd DM veranschlagt und nicht den<br />

Kosten in der Nutzen-Kosten-Analyse zugerechnet werden. Damit macht die vernachlässigte<br />

Infrastruktur in den neuen Bundesländern dieses <strong>Pro</strong>jekt fast per se wirtschaftlich.<br />

I


Inhaltsverzeichnis<br />

1. Das <strong>Pro</strong>jekt 17 -<br />

Ausbau von Havel und Mittellandkanal Hannover - Berlin 1<br />

2. Ökologische Folgewirkungen des Ausbaus 4<br />

2.1 Betrachtung einzelner Streckenabschnitte .4<br />

2.2 Betrachtung ökologischer Gefährdungspotentiale 7<br />

2.3 Zur <strong>Pro</strong>blematik von Naturschutz und Verkehrswegebau 10<br />

2.4 Zusammenfassung .11<br />

3. Binnenschiffehrt im Aufbruch? 12<br />

3.1 Verkehrswertigkeit der Verkehrsträger .13<br />

3.2 Binnenschiffahrt im Güterverkehr 14<br />

3.3 Neue <strong>Pro</strong>duktionskonzepte .19<br />

3.4 Regionale Verteilung 22<br />

3.5 Wettbewerb zwischen Binnenschiff und Bahn 24<br />

3.6 Innovationen in der Binnenschiffehrt 26<br />

3.7 Möglichkeiten zur Verlagerang von Transportaufkommen? 28<br />

3.8 Zusammenfassung 31<br />

4. Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 33<br />

4.1 Konzept der Folgekosten 34<br />

4.2 <strong>Pro</strong>bleme der Ermittlung externer Kosten 35<br />

4.3 Die externen Kosten des Güterverkehrs - Ergebnisse der PLANCO-Studie .... 36<br />

4.4 Einschätzung der Ergebnisse 40<br />

5. <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs 44<br />

5.1 <strong>Pro</strong>gnosen für die neuen Bundesländer .44<br />

5.2 Die wirtschaftlichen Grundlagen der Güterverkehrsprognose 2010 45<br />

von Kessel + Partner - die Strukturdatenprognosen<br />

5.3 Das <strong>Pro</strong>gnos Gutachten - aktuelle Szenarien 51<br />

zur wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern<br />

5.4 Zur grundsätzlichen <strong>Pro</strong>blematik von <strong>Pro</strong>gnosen . .53<br />

5.5 Güterverkehrsprognosen für die Binnenschiffahrt 55


6. Die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland und 58<br />

Berlin und die Auswirkungen auf die Binnenschiffahrt<br />

6.1 Die wirtschaftliche Entwicklung 58<br />

6.2 Die Lage des Güterverkehrs in den neuen Bundesländern,<br />

insbesondere der Binnenschiffahrt 60<br />

6.3 Die Entwicklung der Binnenschiffahrtstransporte von und nach Berlin 62<br />

6.4 Die Binnenschiffahrt von und nach Berlin in den <strong>Pro</strong>gnosen 65<br />

6.5 Zusammenfassung .71<br />

7. Energiesparen = Verkehrsvermeidung 73<br />

8. Die Nutzen-Kosten-Analyse 78<br />

8.1 Intention und Methodik der Nutzen-Kosten-Analyse 78<br />

8.2 Das <strong>Pro</strong>jekt 17 in der Nutzen-Kosten-Analyse 88<br />

8.3 Sensitivitätsanalysen .100<br />

8.4 Zusammenfassung 105<br />

9. Notwendige Umorientierung der Verkehrspolitik 106<br />

Literatur 110


<strong>Pro</strong>jekt 17 - Wasserstraßenausbau Hannöver - Berlin 1<br />

1. Das <strong>Pro</strong>jekt 17 -<br />

Ausbau von Havel und Mittellandkanal Hannover - Berlin<br />

Im Rahmen der Verkehrsprojekte "Deutsche Einheit" sieht das <strong>Pro</strong>jekt 17 den Ausbau der<br />

Bundeswasserstraßen zwischen Hannover und Berlin vor. Damit sind der Ausbau des Mittellandkanals,<br />

des Elbe-Havel-Kanals, der Unteren Havel - Wasserstraße, des Havelkanals sowie<br />

der Ausbau der Berliner Bundeswasserstraßen unmittelbare Bestandteile des <strong>Pro</strong>jektes. Dabei<br />

ist ein Ausbau für Schubverbände mit 185 Meter Länge, 11,4 Meto- Breite und einer Tragfähigkeit<br />

von 3500 Tonnen sowie für Großmotorgüterschiffe mit einer Länge von 110 Meter, 11,4<br />

Meter Breite und einer Tragfähigkeit von 2000 Tonnen vorgesehen. Die Ausbaumaßnahmen<br />

umfassen: einen Durchstich, Fahrwassererweiterungen, Neubau von Schleusen, Bau einer Trogbrücke<br />

bei Magdeburg zur wasserstandsunabhängigen Überquerung da* Elbe sowie die Anpassung<br />

und Erneuerung von baulichen Anlagen in und an den Wasserstraßen.<br />

Das <strong>Pro</strong>jekt 17 ist in folgende Abschnitte aufgeteilt:<br />

* Mittellandkanal bis km 318,40<br />

* Wasserstraßenkreuz zwischen km 318,40 des Mittellandkanals und km 326,70 des Elbe - Havel<br />

- Kanals<br />

* Elbe - Havel - Kanal zwischen km 326,70 und km 382,50<br />

* Untere Havel - Wasserstraße zwischen km 66,70 und km 16,31 ( km 21,5 - bis Wustermark,<br />

Ausbau Ende)<br />

* Havelkanal zwischen km 32,56 und km 34,90<br />

* Wasserstraße Berlin Süd:<br />

km 29,92 - km 28,40 Potsdamer Havel<br />

km 0,00 - km 0,74 Glienicker Lake<br />

km 28,30 - km 31,74 Teltowkanal<br />

km 28,30 - km 31,74 Britzer Zweigkanal<br />

km 26,50 - km 20,70 Spree - Oder - Wasserstraße (Osthafen)<br />

* Wasserstraße Berlin Nord:<br />

km 16,31 - km 0,00 Untere Havel Wasserstraße<br />

km 0,00 - km 6,48 Spree - Oder - Wasserstraße<br />

km 0,00 -km 3,00 Westhafenkanal (Westhafen)<br />

Zur wasserstandsunabhängigen Überquerung der Elbe ist bereits die Brückenlösung favorisiert<br />

worden. Das Wasserstraßenkreuz bei Magdeburg schließt den Schleusenneubau bei Rothensee<br />

(190x12x4m) sowie den Neubau einer Doppelkammerschleuse bei Hohenwarthe<br />

(190x12x4m) mit ein. Weiterhin sind Baumaßnahmen zur Gewährleistung des erforderlichen<br />

Schiffahrtswasserstandes im Hafen Magdeburgs vorgesehen.<br />

Im Abschnitt des Elbe-Havel-Kanals, mit einer Gesamtlänge von 55,80 km, ist der Ausbau<br />

bzw. Neubau der Schleusen Zoben und Wusterwitz mit 190x12x4 m beabsichtigt. Ebenfalls


2 <strong>Pro</strong>jekt 17 - Wasserstraßenausbau Hannöver - Berlin 2<br />

sind 19 Brücken auf dieser Strecke vom Neubau (13) bzw. von Anhebungen (6) betroffen. Der<br />

Bereich der unteren Havelwasserstraße (50,3 km) weist drei charakteristische Streckentypen<br />

auf: Flußstrecken mit seenartigen Erweiterungen, Seenstrecken und Seen, Kanalstrecken. Diese<br />

verteilen sich in wechselnder Folge auf die Gesamtstrecke. Die Flußstrecken weisen sich durch<br />

wechselnde Gewässerbreiten und -tiefen und eine Vielzahl von Inseln, Altarmen, alten Durchstichen<br />

und engen Krümmungen aus. Die Fahrwassersohlbreite beträgt hier etwa 50m, die<br />

Fahrwassertiefe liegt im Mittel bei 3,5m, mit teilweise größeren Abweichungen. Der Ausbau<br />

(auf freier Strecke) ist auf eine Breite von 55m vorgesehen. In Abgrabungsbereichen wird von<br />

einem Mischprofil (Kanalregelprofil / Flußprofil) mit 43m Sohlbreite ausgegangen. Im Bereich<br />

des Deetzer Knies erfolgt ein Durchstich.<br />

Seenstrecken: Plauer See, Quenzsee und Jungfernsee weisen eine Rinne von 4-5m Tiefe auf.<br />

Der Wenzsee hingegen ist viel flacher (3-4m). Hier sind umfangreichere Ausbaggerungen der<br />

Fahrrinne vorgesehen.<br />

Im Silokanal ist ein Trapezprofil mit einer Wasserspiegelbreite von rund 50,5m bei einer Wassertiefe<br />

von 3,7m (Querschnittsfläche von 147 qm) bereite vorhanden. Vorgesehen ist ein einseitiger<br />

Ausbau mit Unterwasserspundwand und anschließendem Deckwerk. Das verbleibende<br />

Böschungsufer soll mit Schüttstein ausgebaut werden. Der Ausbau soll unmittelbar im vorhandenen<br />

<strong>Pro</strong>fil erfolgen.<br />

Der Sacrow-Paretzer-Kanal, bestehend aus zwei Teilabschnitten, die durch den Schlänitzsee<br />

miteinander verbunden sind, ist muldenförmig ausgebaut. Die vorhandene Wassertiefe beträgt<br />

3,4m, die Wasserspiegelbreite 50,5m (Querschnittsfläche von etwa 117qm). Hier ist ein einseitiger<br />

Ausbau mit Unterwasserspundwand, einschließlich Deckwerk vorgesehen.<br />

Insgesamt sind im Bereich der Unteren Havelwasserstraße acht Brückenneubauten und eine<br />

Brückenanhebung vorgesehen; weiterhin ein Schleusenneubau bei Brandenburg (190x12x4m).<br />

Im Bereich des Havelkanals (13,4 km) müssen infolge des Ausbaus 6 Brücken neu gebaut werden.<br />

Die Berliner Südtrasse mit einer Gesamtlänge von 38,5 km besteht aus rund 10 km Seen und<br />

28,5 km Kanalstrecke. Nach Aussagen der WSD Ost erlaubt der heutige Ausbauzustand den<br />

Verkehr von Schiffen mit einer Länge von 82m, einer Breite von 9,5m und einer Abladetiefe<br />

von 1,9m bei reduzierter Geschwindigkeit. Hierbei ist eine Anpassung der Strecke an die Wasserstraßenklasse<br />

Vb vorgesehen.<br />

Dabei sind drei verschiedene Ausbauquerschnitte vorgesehen: Trapezprofil - Verbreiterung<br />

auf 55m, Rechteckprofil - Verbreiterung auf 42m, Rechteck-Trapezprofil - Verbreiterung auf<br />

48,5m. Für die Südtrasse sind Baggerarbeiten mit einem Volumen von 5 Millionen Kubikmeter<br />

vorgesehen. Ca. 48 km Ufer werden ausgebaut werden. Dabei bleibt der Kanalabschnitt auf einer<br />

Länge von ca. 5,2 km vom Krahmersteg (Teltowkanal km 18,0) bis zur Stubenrauchbrücke<br />

(Teltowkanal km 23,2) zunächst nur einschiffig für GMS und SV befahrbar. Auf der Südstrecke<br />

ist weiterhin der Ausbau der Schleuse Kleinmachnow (190x12x4m) vorgesehen sowie 28 Brückenneubauten<br />

und 7 Brückenanhebungen. Ebenfalls sind 2 U-Bahn-Unterführungen davon betroffen.


<strong>Pro</strong>jekt 17 - Wasserstraßenausbau Hannöver - Berlin 3<br />

Die Nordtrasse hat eine Gesamtlänge von rund 26,0 km, davon sind 12,4 km Seen und 13,6<br />

km kanalisierter Fluß bzw. Kanalstrecken. Der Ausbauzustand erlaubt es hier ebenfalls nur<br />

Schiffen mit einer Länge von 82m, einer Breite von 9,5m und einer Abladetiefe von 1,9m bei<br />

reduzierter Geschwindigkeit zu fahren. Auch hier soll der Ausbau nach Wasserstraßenklasse Vb<br />

mit Anwendung der 4 verschiedenen Ausbauprofile erfolgen. Dazu werden Baggerarbeiten mit<br />

einem Volumen von rund 2 Millionen Kubikmeter notwendig sein und ca. 22 km Ufer ausgebaut.


4 Ökologische Folgenwirkungen des Ausbaus<br />

2. Ökologische Folgewirkungen des Ausbaus<br />

2.1 Betrachtung einzelner Streckenabschnitte<br />

Untere Havel - Flora und Fauna<br />

Die Havel als natürliches bzw. naturnahes Fließgewässer 1 ist durch eine große Strukturvielfalt<br />

und Uneinheitlichkeit des fließenden Wasserkörpers gekennzeichnet. Sie ist ein Flachlandfluß<br />

und gehört zu den gefalleärmsten Flüssen Deutschlands. Dadurch bietet sie Voraussetzungen<br />

für eine Besiedlung durch artenreiche Flora und Fauna. "Entscheidend sind hier die Substratbeschaffenheit<br />

des Gewässergrundes und die Ausgestaltung der Ufabereiche, die als Nahrungs-<br />

und Bruthabitat z.B. für Fische große Bedeutung haben". 2 Der Flußausbau zielt auf Beständigkeit<br />

und Einheitlichkeit der Fahrverhältnisse ab und steht somit grundsätzlich im Widerspruch<br />

zum Erhalt des Lebensraumes Flußaue und des typischen Artenspektrums.<br />

Das belegen u.a. umfangreiche Untersuchungen über den Rückgang der Fischfauna an wichtigen<br />

Flüssen Mitteleuropas. Dabei wurde zum Teil eine dramatische Abnahme der Artenzahl<br />

festgestellt. Die generalisierende Aussage von Prügel lautet: Flußausbau im allgemeinen und im<br />

besonderen der Havel korreliert in starkem Maße mit Artenrückgang der Fischfauna. Er vernichtet<br />

Neben- und Altarme, die als Laich- und Ruheplätze dienen - das aber auch nur, wenn sie<br />

von Wasser durchströmt werden. Durch die Nivellierung von Querprofil und Sohle wird die<br />

Nahrungstierwelt beeinträchtigt und lebensnotwendige Aufenthalts- und Ruheplätze beseitigt<br />

Den Fischotter, der bereits vom Aussterben bedroht ist, trifft man in den Uferzonen der Havel<br />

noch an. Er bevorzugt reich gegliederte Uferzonen mit abwechselnd stehenden und fließenden<br />

Gewässern; dabei sind die Uferzonen mit deckungsreichem Bewuchs versehen. Der Hauptgrund<br />

für die Bestandsgefährdung ist in der Uferverbauung und der Beseitigung der Ufervegetation zu<br />

sehen.<br />

Die Flußtäler der Havel bieten für durchziehende Großvögel wie Kraniche, Sing- und Zwergschwäne<br />

sowie Wildgänse unentbehrliche Rast- und Überwinterungsgebiete. Die Vögel sind<br />

dabei auf wechselfeuchte Grünlandflächen, die einer periodischen Überschwemmung unterliegen,<br />

angewiesen. Mit erheblichen Eingriffen in das Wasserregime der Havel infolge des Ausbaus<br />

sind unmittelbare negative Folgen für diese Tiere zu erwarten. Einerseits ist bei den geplanten<br />

Ausbaumaßnahmen eine Artenverarmung durch Beeinträchtigung der Gewässerstrukturen<br />

zu erwarten, andererseits eine Verringerung der Selbstreinigungskraft der Gewässer durch<br />

Beeinträchtigung des Sauerstoffeintrags.<br />

1 Die folgenden Ausführungen basieren im wesentlichen auf: Prügel, M. 1992: <strong>Bewertung</strong> des <strong>Pro</strong>jektes 17 - Deutsche<br />

Einheit.<br />

2 Prügel 1992


5 Ökologische Folgenwirkungen des Ausbaus<br />

Betrachtung ökologisch sensibler Bereiche der Unteren Havelwasserstraße 3<br />

Der Bereich zwischen Kelzin und Brandenburg gilt als landschaftlich schönster und hinsichtlich<br />

der Arten- und Biotopenvielfalt reichhaltigster Havelabschnitt. Die Havel zeichnet sich in<br />

diesem Abschnitt vor allem dadurch aus, daß sie viele Seen durchfließt und Inseln und Altarme<br />

ausgeprägt hat Ein drittes charakteristisches Merkmal in der Vergangenheit waren die Erlenbrüche<br />

beidseitig des Ufers. Das letzte Relikt von Erlenbrüchen befindet sich heute am Götzer<br />

Berg und bei den Deetzer Löchern.<br />

1. Als ökologisch sensibler Bereich gelten die Halbinsel und Inseln in Höhe von Deetz. In diesem<br />

Bereich soll der Durchstich erfolgen. Dieses Gebiet stellt periodisch überflutetes Grünland<br />

dar und bietet somit Brutplätze für Vögel "Roter Liste"-Arten. Eine Veränderung der Wasserstandsverhältnisse<br />

infolge des Ausbaus der Unteren Havelwasserstraße hätte das eine immer geringere<br />

Überflutung der Flächen zur Folge.<br />

2. Ähnliches trifft für den Erlenbruchwald am Götzer Berg, die Deetzer Löcher und den<br />

"Steinen" zu; dies sind Havelaltarme in einem urwüchsigen Zustand, die periodisch durch die<br />

Havel überflutet werden und ständig vernäßt sind. Der Bereich steht unter Naturschutz und bietet<br />

ebenfalls zahlreichen "Rote liste"-Arten Brut- und Rastplätze. Infolge der Befestigung des<br />

Havelufers würde keine Überflutung dieser Gebiete mehr erfolgen; das würde die Degradierung<br />

des Erlenbruchs und der Havelarme bedeuten.<br />

3. Das ausgedehnte Deichvorland zwischen Roskow und Saringen weist ebenfalls Naßwiesen<br />

auf und bietet Brutplätze für "Rote Liste"-Arten, z.B. Limikohlen.<br />

4. Unmittelbar betroffen vom Ausbau ist das flächengroße Naturschutzgebiet zwischen Golwitz,<br />

Kleinkreuz und der Stadt Brandenburg. Es zeichnet sich vor allem durch viele naturnahe Inseln,<br />

ausgedehnte Bruchzonen und Altarme aus. Mit eingeschlossen ist der Havelaltarm Krumme<br />

Havel mit ausgedehnten Naßwiesen. Die Vogelwelt ist hier auf den hohen Verwässerungsgrad<br />

und die relative Ungestörtheit angewiesen.<br />

Zusätzlich sind mehrere unter Schutz gestellte Gebiete indirekt durch den Havelwasserrückstau<br />

betroffen, z.B. die Emsterniederungen. Beidseitig der Havel, bis auf die Erhebungen, befinden<br />

sich ausgedehnte Niedermoorbereiche, die stellenweise durch den Ausbau abgetragen<br />

werden.<br />

5. Der Sacrow-Paretzer-Kanal ist Teil der unteren Havelwasserstraße. Der zum Ausbau vorgesehene<br />

Kanal wird im Süden durch die Insel Tölpitz und im Norden durch die Feuchtwiesen<br />

und Auwälder von Uetz begrenzt. Diese gehören zum Landschaftsschutzgebiet "Potsdamer<br />

Wald- und Seengebiet". Am Beginn des vorgesehenen Bauabschnitts (km 28.0) liegt das Naturschutzgebiet<br />

"Untere Wublitz" und am Ausgang (km 32.0) das NSG "Göttingsee". Beidseitig<br />

des Kanals befinden sich wertvolle Feuchtbiotope mit umfangreicher Fauna und Flora, die zur<br />

Zeit naturbelassene Biotope sind bzw. zur extensiven Viehwirtschaft genutzt werden. Das Ge-<br />

3 Aufzeichnungen aus einem Gesprächsprotokoll mit H. Alex, Naturschutzbehörde der Stadt Brandenburg


6 Ökologische Folgenwirkungen des Ausbaus<br />

biet zeichnet sich durch einen hohen Grundwasserstand aus. Der Ausbau der Havel und die dafür<br />

notwendigen Baustraßen durch die Feuchtgebiete würden nicht mehr reparierbare Schäden<br />

nach sich ziehen. Durch Ausbaggerungen auf eine Tiefe von 4 m würden Unterwasserböschungen<br />

in erheblichem Maße geschädigt bzw. beseitigt werden. De facto bedeutet der Ausbau der<br />

Havel ihre Eindeichung, verbunden mit einem enormen Arten- und Biotopschwund und einer<br />

Preisgabe dieses landschaftlich schönen und einmaligen Gebietes.<br />

Berliner Wasserstraßen - Trasse Nord<br />

Untere Havelwasserstraße - Jungfernsee bis Pichelsdorfer Gmünd: Am Ost- und West-ufer<br />

sind nahezu lückenlos Landschaftsschutzgebiete vorhanden. Die Pfaueninsel und die Insel Imchen<br />

sind Naturschutzgebiete. Dort befinden sich Laichschongebiete für Fische und Amphibien,<br />

für die besondere Schutzbestimmungen und Auflagen gelten und die sowohl während der Baggerarbeiten,<br />

als auch durch den Schiffsbetrieb empfindlich gestört werden können. Der Röhrichtbestand<br />

ist teilweise noch sehr gut erhalten. Große Bereiche der Unterhavel sind Wasserschutzzonen<br />

I und II. Die Trinkwassergewinnung erfolgt zu 80% durch Uferfiltrat und versorgt<br />

eine halbe Million Menschen mit Trinkwasser. Die Baggerarbeiten und die damit verbundene<br />

Schadstoffmobilisierung während des Ausbaus und der Schadstoffeintrag während des Schiffsbetriebs<br />

können eine Gefährdung der Brunnengalerien von Beelitzhof und Kladow darstellen.<br />

Pichelsdorfer Gmünd bis Spreemündung: Picheiswerder und das Gebiet um den Grimnitzsee<br />

sind Landschaftsschutzgebiete. Das östliche Ufer zählt zu den Trinkwasserschutzzonen der<br />

Wasserwerke Beelitzhof und Tiefwerder. In Tiefwerder befinden sich Überflutungswiesen, die<br />

als Fischlaichgebiete wertvoller und selten» Hechte gelten. Bei Ausbau für den zweischiffigen<br />

Verkehr ist mit einer Vertiefung der Fahrrrinne und Abgrabungen bzw. Begradigungen der Ufer<br />

zu rechnen.<br />

Spreemündung / Westhafenkanal und Westhafen: Am nördlichen Ufer dieses Bereiches befinden<br />

sich die Landschaftsschutzgebiete Spreewiesen und Plötzensee. Größere Abschnitte liegen<br />

in den Wasserschutzzonen von Tiefwerder und Jungfernheide. Auch hier trifft man die erwähnten<br />

Überflutungswiesen an. Der Neubau der Charlottenburger Schleuse würde eine Fläche<br />

von 13 ha in Anspruch nehmen: das hat einen geplanten Abriß von 4 Kleingartenkolonien zur<br />

Folge. Die Spreewiesen würden dem Neubau ebenfalls zum Opfer fallen.<br />

Berliner Wasserstraßen - Trasse Süd<br />

Der Teltowkanal ist die "grüne Lunge" der Bezirke Steglitz, Tempelhof und Neukölln. Im<br />

südlichen Abschnitt sind noch naturnahe Ufer vorhanden, während der nördliche Teil eher städtisch<br />

geprägt ist Die Naturschutzgebiete Bäkewiesen und Schlosspark Lichterfelde grenzen direkt<br />

an den Kanal. Am südlichen, natumahen Teltowkanal befinden sich Feuchtgebiete, geschützte<br />

Biotope und für den Biotop- und Artenschutz wertvolle Uferböschungen, die durch den<br />

Ausbau gefährdet würden.


7 Ökologische Folgenwirkungen des Ausbaus<br />

Griebnitzsee, Kohlhasenbrück und Teltower Abschnitt: Das nördliche Ufer des Griebnitzsees<br />

ist Bestandteil des Landschaftsschutzgebietes "Berliner Forst Wannsee". An den Ufern wurden<br />

erhebliche Bestände im Rahmen des Röhrichtschutzprogramms angesiedelt Die Bäkewiesen in<br />

Kohlhasenbrück weisen noch die in Berlin selten gewordenen Moorböden auf. Hier ist nach<br />

vorliegenden Ausbauplänen mit erheblichen Veränderungen und Abgrabungen des Ufers und<br />

somit mit der Zerstörung des relativ kleinen Schutzgebietes zu rechnen. Auf Teltower Gebiet<br />

wären mehrere Feuchtwiesen betroffen.<br />

Steglitz / Tempelhof: In diesem Bereich befinden sich das Feuchtgebiet Schönower Wiesen,<br />

das Landschaftsschutzgebiet an der Stadtgrenze nördlich des Ostpreußendamms und des Naturschutzgebietes<br />

Schlosspark Lichterfelde, welches Berlins ältestes Naturschutzgebiet ist An<br />

mehreren Abschnitten wird der Kanal von alten Alleen gesäumt.<br />

Spree: Der Teil der Spree, der in diesem Zusammenhang vom Ausbau betroffen ist, gehört<br />

zur landschaftlich geprägten Spree. Waldbestände wie Treptower Park und Plänterwald grenzen<br />

unmittelbar an. Der Plänterwald ist seit 1984 als Trinkwasser-Vorhaltsgebiet ausgewiesen.<br />

Elbe-Havel-Kanal<br />

Der Elbe-Havel-Kanal folgt in seinem heutigen Verlauf weitgehend ehemals natürlichen<br />

Wasserläufen. In den städtischen Bereichen sind die Ufer stark bewachsen. Hinter den Kanalverwallungen<br />

liegende Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Auf den Verwaltungen sind<br />

seit 50 Jahren Baumreihen vorhanden. Im Rahmen der beabsichtigten Baumaßnahmen ist eine<br />

Verbreiterung des Wasserspiegels auf 20m vorgesehen, dJh. bei einseitigem Ausbau ein Abtrag<br />

der Verwaltung und Beseitigung der vorhandenen Baumreihen und des dahinterliegenden Bewuchses.<br />

Ökologisch wertvoll ist dabei der 50jährige Ahorn-Eiche-Bestand, der dabei zerstört<br />

werden würde.<br />

2.2 Betrachtung ökologischer Gefährdungspotentiale<br />

Sauerstoffhaushalt der Gewässer und Fließgeschwindigkeit<br />

Der Eingriff in den Sauerstoffhaushalt der Gewässer wird deutlich, wenn man die vorhandene<br />

Querschnittsfläche mit der geplanten vergleicht. Am Beispiel des Sacrow-Paretzer-Kanals wäre<br />

es eine Vergrößerung der Querschnittsfläche von 117qm auf 178qm. Durch eine Veränderung<br />

der Kanalquerschnitte (Vertiefung) erfolgt eine Belastung des Sauerstoffhaushaltes durch:<br />

1. Ein ungünstiges Verhältnis von Wasseroberfläche zu Volumen des Wasserkörpers, d.h. der<br />

atmosphärische Sauerstoffeintrag über die Grenzfläche Wasser/Luft wird relativ zur Menge des<br />

Wassers eingeschränkt.<br />

2. Die Aufweitung des Kanalquerschnitts führt bei sonst unveränderten hydrologischen Daten<br />

zu einer deutlichen Verringerung der Fließgeschwindigkeit Damit wird der atmosphärische<br />

Sauerstoffeintrag zusätzlich reduziert (geringe Verwirbelung der Wasser-Luft-Grenzschicht).


8 Ökologische Folgenwirkungen des Ausbaus<br />

Konkret für den Sacrow-Paretzer-Kanal bedingt die Querschnittserweiterung einen geringeren<br />

Wasserdurchfluß der Potsdamer Havel. "Der Kanal bedingt heute schon durch sein gegenüber<br />

der Havel höheres Gefalle, daß ein Teil des Havelwassers über ihn abfließt". 4 Gefährdungspotentiale<br />

bestehen darin, daß die Wasserqualität durch die Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit<br />

der Potsdamer Havel gefährdet würde, da der Wasseraustausch vermindert<br />

würde. Die Gefahr der verstärkten Eutrophierung und damit auch der Gefahrdung dieser Region<br />

als Tourismusgebiet wird betont. 5<br />

Mit dem geringeren Sauerstoffeintrag sinkt die Selbstreinigungskraft der Gewässer. Der Effekt,<br />

daß ein Tieflandfluß unter natürlichen Bedingungen in den Sommermonaten meist ein<br />

Sauerstoffdefizit aufweist, wird durch die Verrringerung der Fließgeschwindigkeit noch verstärkt.<br />

Der bereits jetzt schon schlechte Zustand der Wasserqualität würde nochmals erheblich<br />

darunter leiden. Davon betroffen wäre auch die Entnahme von Uferfiltrat an Spree und Havel<br />

zu Trinkwasserzwecken.<br />

Wasserdargebot / Wasserbedarf<br />

Der Ausbau greift in das Wasserregime der Havel mit heute noch unbekannten Folgen ein.<br />

Durch die größeren Schleusen, der Verbreiterung der Wasserstraßen (48m mit Spundwänden,<br />

60m mit Deckwerken und schrägen Böschungen) und den damit verbundenen intensiveren<br />

Schiffsverkehr kommt es zu einem größeren Wasserabfluß. Gefährdungen bestehen im Zusammenhang<br />

mit der deutlichen Reduzierung der Sümpfungswässer aus dem Lausitzer Braunkohletagebau.<br />

Damit sinkt das Wasserdargebot der Spree als Hauptzufluß der Havel drastisch. "Die<br />

Spree als bedeutendster Nebenfluß der Havel liefert einen beträchtlichen Anteil der Abflußmenge,<br />

z.B. ist der Abfluß der Spree an der Mündung in die Havel etwa doppelt so groß wie der<br />

Havelabfluß. Insgesamt liefert die Spree sogar bei Niedrigwasser etwa 60%, bei Mittelwasser<br />

ca. 40% und bei Hochwasser rund 50% der Gesamtwassermenge der Havel". 6<br />

Ein grundsätzlicher Fehler besteht nach Prügel darin, daß bei Angleichung der ostdeutschen<br />

Wasserstraßen an die westdeutschen stillschweigend die Vergleichbarkeit der hydrologischen<br />

Verhältnisse vorausgesetzt werden. Das Verhältnis von Wasserdargebot und -bedarf (Angaben<br />

in Mrd. Kubikmeter/Jahr) unterscheiden sich jedoch erheblich - ostdeutsche Bundesländer 8,9-<br />

18/8, westdeutsche Bundesländer 160/42. Der quantitative Wasserhaushalt wird infolge einer<br />

Querschnittserweiterung der Havel durch ein erhöhtes hochwasserfreies Abflußvermögen des<br />

Flußbettes beeinflußt.<br />

Nach Buchta würde die Wahrscheinlichkeit eines natürlichen Hochwassers im Ausbaubereich<br />

gegen Null fallen. "Während der natürliche Havelquerschnitt in der Lage ist, ein Mittelwasser<br />

von 90 Kubikmeter/Sekunde in einem Bett von 135 qm Querschnitt abzuführen, könnte der<br />

heutige Havelquerschnitt der Unterhavel von ca. 265 qm (für 1000-Tonnen-Schiffe befahrbar)<br />

4 Buchta 1993, S.10<br />

5 vgl. Buchta 1993, S. 10<br />

6 Buchta 1993, S. 16


9 Ökologische Folgenwirkungen des Ausbaus<br />

schon 120 Kubikmeter/Sekunde ohne Ausuferung bewältigen. Eine Eintiefung des vorhandenen<br />

<strong>Pro</strong>fils gemäß Ausbauziel ohne Querschnittseinengung würde eine Abflußfläche von 300qm ergeben,<br />

was einen hochwasserfreien Abfluß von nahezu 150 Kubikmeter/Sekunde bedeuten<br />

würde. Ein Vergleich mit der Abflußstatistik der Havel zeigt, daß nach dem Ausbau ein mittleres<br />

Hochwasser (156 Kubikmeter/Sekunde) ohne Ausuferung abfließen könnte. Bei der schon<br />

vorhandenen Retentionswirkung der Havelseen würden nur hohe und anhaltende Hochwässer<br />

zur natürlichen Ausuferung führen, was zur Verschiebung des Artenspektrums der angrenzenden<br />

Flußaue führen wird". 7 Und weiter: "Durch die Baumaßnahmen sind Veränderungen des<br />

Grundwasserhaushaltes zu erwarten. Ein vergrößerter Wasserkörper des Oberflächenwassers<br />

beeinflußt den Grundwasserhaushalt nachhaltig. So wird die Versickerungsfläche am benetzten<br />

Umfang des Flußbettes größer, was zu einem verstärkten Wasseraustausch führen wird". 8<br />

Einfluß auf die Flußauendynamik<br />

Die natürlichen Flußauen zeichnen sich durch ein dynamisches Gleichgewicht aus. Auf den<br />

ständigen Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser haben sich eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten<br />

eingestellt und machen somit die Flußauen zu wertvollen Lebensbereichen. Der Ausbau<br />

der Havel würde dazu führen, daß die Dynamik des Flusses endgültig verloren gehen<br />

könnte und mit ihr die daran angepaßten Arten. Bereits heute gelingt es der Havel kaum noch,<br />

aufgrund der vergrößerten Querschnitte Langzeitüberschwemmungen zu erzeugen. 9<br />

Röhrichtbestand und -Schutzmaßnahmen<br />

Im Bereich des Sacrow-Paretzer-Kanals sowie anderer Bereiche der Berliner Havel wurden<br />

in den letzten Jahren umfangreiche Röhrichtschutzmaßnahmen vorgenommen. Grundsätzlich<br />

kann man sagen, daß die genannten Uferbereiche Mehrfachnutzungen ausgesetzt sind und Umweltreparaturen<br />

durch Sanierungsmaßnahmen einen hohen Aufwand erfordern. Es benötigt<br />

einen langen Zeitraum, bis Regenerationserfolge bisheriger Schutzmaßnahmen in Sicht sind.<br />

Während in noch ungeschützten Bereichen die Röhrichtbestände um ca. 10 <strong>Pro</strong>zent pro Jahr abnehmen,<br />

sind in geschützten Bereichen Zunahmen unterschiedlicher Größenordnungen festzustellen.<br />

An einigen Stellen, zum Beispiel im Forst Düppel, Jagen 95 (Alter Hof), hat sich innerhalb<br />

von sieben Jahren ein stabiler Röhrichtgürtel etabliert. Die Zunahme beträgt hier zum Teil<br />

durch Anpflanzungen 350 <strong>Pro</strong>zent, wobei in den letzten Jahren eine natürliche Ausbreitung erfolgte.<br />

Ursache des Röhrichtrückgangs ist das Zusammenwirken verschiedener Belastungsfaktoren<br />

insbesondere durch Eutrophierung und mechanische Beschädigungen. Wellenschutzmaßnahmen<br />

haben sich unter den gegebenen Bedingungen am besten bewährt, um vorhandene Röhrichtbestände<br />

zu stabilisieren und Neuanpflanzungen zu schützen. In Berlin - West wurden seit<br />

1983 jährlich ca. 3 Millionen DM für die Uferrenaturierung ausgegeben. Durch einen Ausbau<br />

der Havel zur Großwasserstraße würden bisherige Maßnahmen zunichte gemacht werden sowie<br />

7 Buchta 1993, S. 10<br />

8 Buchta 1993, S. 11<br />

9 vgl. Buchta 1993, S. 14ff


10 Ökologische Folgenwirkungen des Ausbaus<br />

die weitere Gefährdung des Röhrichts hervorgerufen werden. Das hätte zur Folge, daß die empfindlichen<br />

Sandufer erodieren, Gehölze entwurzeln und das gesamte Ufer nach und nach zerstört<br />

würde. Eine zusätzliche Bedeutung des Röhricht besteht an Uferstrecken mit Brunnengalerien<br />

zur Grundwassergewinnung, wie es sie fast überall im Berliner Gebiet gibt. An den durch<br />

den Wellenschlag freigelegten Uferbereichen werden bei Verschmutzung mit zurückgelassenem<br />

Unrat und Wasservogelexkrementen immer wieder kritische Keimzahlen im Wasser der betroffenen<br />

Brunnen festgestellt.<br />

23 Zur <strong>Pro</strong>blematik von Naturschutz und Verkehrswegebau<br />

Insbesondere der Bau bzw. Ausbau von Wasserstraßen führt zu erheblichen Eingriffen in den<br />

Naturhaushalt. Daher ist die Frage zu stellen, inwieweit die mit dem Wegebau verbundenen<br />

Umweltwirkungen ganz oder teilweise zu kompensieren sind oder ob durch den Bau des fraglichen<br />

Verkehrsweges die regionalen Plafonds infolge der damit verbundenen Umweltwirkungen<br />

überbeansprucht werden. Letzteres würde bedeuten, daß diese Eingriffe nicht zu dulden sind<br />

wegen der damit verbundenen irreversiblen Auswirkungen auf die Natur. "In diesem Fall existierte<br />

eine absolute Barriere für den geplanten Verkehrsweg, jedenfalls in dieser besonders<br />

schädlichen Variante. Er könnte um keinen Preis gebaut werden, weil der Preis für die Inanspruchnahme<br />

der natürlichen Lebensgrundlagen in diesem Fall unendlich wäre". 10<br />

In Bezug auf das <strong>Pro</strong>jekt 17 könnte dies bedeuten, daß die vermeintlich rückständige Infrastruktur<br />

hier eben auch ein Naturraumpotential darstellt, welches in den alten Bundesländern so<br />

nicht mehr existiert. Die Flüsse und Kanäle in den neuen Bundesländern stellen insofern ein<br />

Potential dar, das nicht gefährdet werden sollte. Betrachtet man die ökologischen Folgen der<br />

Regulierungsmaßnahmen im Westteil des Landes, so wird deutlich, daß diese mittlerweile einen<br />

erheblichen Umfang erreicht haben und als irreversibel anzusehen sind. 11 Die Anforderungen,<br />

die Hampicke 12 an zukünftige Infrastrukturprojekte aus der Sicht des Naturschutzes stellt, sprechen<br />

in diesem Sinne ebenfalls gegen den Ausbau der vom <strong>Pro</strong>jekt 17 betroffenen Wasserstraßen:<br />

* Bewahrung der letzten größeren zusammenhängenden Waldgebiete vor der Zerschneidung,<br />

z.B. Rothaargebirge, Pfälzer Wald;<br />

* Verzicht auf jeglichen weiteren Gewässerausbau, auch zu Verkehrszwecken;<br />

* Weitestgehende Entregulierung wenigstens eines oder weniger größerer Flüsse;<br />

* Wiederherstellung je eines repräsentativen, hinreichend langen Bachlau£s (einschließlich des<br />

jeweiligen Umfeldes, wie Überschwemmungsgelände) in jeder natunäumlichen Einheit;<br />

* Bewahrung und Wiederherstellung natürlicher Biotope im Küstenbereich und Ausrichtung des<br />

Küstenschutzes auf dieses Ziel;<br />

10 Ewers 1992. S. 6<br />

11 vgl. Henrichfreise 1992, S. 5<br />

12 Hampicke 1991, S. 200


11 Ökologische Folgenwirkungen des Ausbaus<br />

* Offensive Auslegung der Pflicht zu Ausgleichsmaßnahmen nach der Eingriffsregelung des<br />

Bundesnaturschutzes;<br />

* Bei allen Vorhaben Nutzung aller Möglichkeiten naturgerechter Ausführung, wie im Bereich<br />

der Straßenrandgestaltung;<br />

* Verzicht auf die Vereinnahmung oder Beschädigung ökologisch wertvoller Biotope, auch<br />

wenn sie nicht einmalig sind, soweit (auch teurere) Alternativen offenstehen: Beispiel: keine<br />

Deponien in alten Steinbrüchen oder auf "Ödland";<br />

* Absoluter Schutz (Tabuisierung) von Biotopen einer bestimmten ökologischen Wertstufe ab<br />

gegen Vereinnahmung oder Beschädigung durch Infrastrukturmaßnahmen; generelle Verpflichtung,<br />

diese, etwa unter Verlegung von Trassenführungen, zu schonen.<br />

2.4 Zusammenfassung<br />

Aus den Ausführungen wird deutlich, daß die Gefahrdungspotentiale bei einem Ausbau der<br />

Havel zur Großschiffahrtsstraße zum einen im Hinblick auf die natürlichen Gegebenheiten hoch<br />

sind, zum anderen sich auch deutliche wirtschaftliche Nachteile (Tourismus) ergeben können.<br />

Zudem sind eine Reihe von Gefährdungen wie die Fragen des Wasserhaushaltes noch in keiner<br />

Weise geklärt. Die Gutachten, die diese Fragen klären sollen, sind erst in Auftrag gegeben<br />

worden. Die UVPs sind ebenfalls noch nicht abgeschlossen und werden insbesondere nicht als<br />

Gesamt-UVP durchgeführt, sondern nur abschnittsweise.<br />

Die Gefährdungspotentiale insbesondere des Wasserhaushaltes sind dabei so gravierend, daß<br />

ohne eine gründliche Klärung dieser Frage schon allein aus diesen Gründen jeder Ausbau unterbleiben<br />

muß. Es stellt sich auch die Frage, inwieweit die in den neuen Bundesländern noch erhaltenen<br />

Naturraumpotentiale, die eben gerade deshalb erhalten wurden, weil die Infrastrukturentwicklung<br />

in der ehemaligen DDR noch nicht den Zerstörungsgrad erreicht hat, wie dies im<br />

Westen des Landes der Fall ist, nicht gerade deshalb besonders geschützt werden sollten. Dies<br />

wäre dann auch als Ausdruck des Umdenkens der bundesrepublikanischen Gesellschaft hinsichtlich<br />

des Umgangs mit den natürlichen Lebensgrundlagen zu verstehen.


12 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

3. Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

Die Binnenschiffahrt hat ihr Haupttransportaufkommen nach wie vor im Bereich der Massengüter.<br />

Ähnlich wie bei der Eisenbahn ist ihr Anteil an der Tranportleistung und am gesamten<br />

Transportaufkommen rückläufig. Der Straßengüterfernverkehr konnte infolge des<br />

Strukturwandels der Wirtschaft dagegen seinen Anteil ständig ausweiten.<br />

Die Chancen der Binnenschiffahrt, sich neue Märkte wie den Transport von Containern zu<br />

erschließen, sind im wesentlichen auf den Rhein beschränkt; hieran wird sich auch durch den<br />

Ausbau neuer Wasserstraßen nicht viel ändern. Dies liegt vor allem darin begründet, daß die<br />

Eisenbahn und insbesondere der Lkw den heutigen Transportbedürfnissen besser altsprechen.<br />

Verlagerungen auf die Binnenschiffahrt infolge des oft vorhergesagten<br />

"Verkehrsinfarktes" sind nicht zwangsläufig, da sowohl Bahn und Straßengüterverkehr noch<br />

über erhebliche Rationalisierungspotentiale verfügen und diese im Wettbewerb auch mobilisieren<br />

werden. Abgesehen von regionalen Entwicklungen ist daher auch zukünftig eher von<br />

einer abnehmenden Bedeutung der Binnenschiffahrt auszugehen.<br />

Die Wirtschaftlichkeit der <strong>Pro</strong>jektes 17 hängt in sehr hohem Maße davon ab, ob die Binnenschifffahrt<br />

tatsächlich die für sie prognostizierten Gütermengen realisieren kann. Nur wenn<br />

diese Transportmengen tatsächlich anfallen, entstehen die Nutzen aus den Transportkostenersparnissen,<br />

die über 75% der positiven Wirkungen des <strong>Pro</strong>jektes 17 ausmachen 1. Die zukünftige<br />

Stellung und Bedeutung der Binnenschiffahrt auf den Güterverkehrsmärkten ist daher eine wesentliche<br />

Größe, die im Zusammenhang mit der Entscheidung über das <strong>Pro</strong>jekt 17 geklärt werden<br />

muß, dies nicht nur im "globalen" Rahmen, sondern auch für bestimmte Transportrelationen<br />

und -märkte. Es ist wenig aussagekräftig, Entwicklungen der Binnenschiffahrt auf dem Rhein<br />

als Beispiel für eine mögliche Bedeutung der Schiffahrt in der Zukunft zu nennen, denn die<br />

Rahmenbedingungen sind für die Rheinschiffahrt völlig andere als für die Schiffahrt auf den übrigen<br />

Wasserstraßen.<br />

Der Binnenschiffahrt wird von <strong>Seiten</strong> der Verkehrspolitik in den letzten Jahren vor allem aus<br />

zwei Gründen verstärkt Bedeutung beigemessen: zum einen wird angenommen, daß bei ihr<br />

noch erhebliche Transportkapazitäten frei sind. Zum anderen sei sie in Relation zu Bahn und<br />

Straßengüterverkehr der aus ökologischer Sicht vorteilhafteste Verkehrsträger. Daher sei sie<br />

dazu geeignet, die Kapazitätsengpässe im Güterverkehr, die angesichts des prognostizierten<br />

Güterverkehrswachstums erwartet werden, zu mildern und gleichzeitig zu einer Reduktion der<br />

Umweltbelastungen des Transportsektors beizutragen. Voraussetzung hierfür ist aber, daß es der<br />

Binnenschifffahrt im Rahmen der zukünftig marktwirtschaftlich orientierten Verkehrspolitik<br />

gelingt, in Konkurrenz zu Schiene und Straße ein für die Verlader attraktives Angebot zu machen,<br />

um über das traditionelle Transportaufkommen hinaus zusätzliches Aufkommen zu akqui-<br />

1 Für weitere Ausführungen hierzu sei an dieser Stelle auf das Kapitel 8 verwiesen


13 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

rieren. Denn die Binnenschiffahrt hat seit Jahren einen abnehmenden Anteil am Transportaufkommen<br />

zu verzeichnen. Es stellt sich daher die Frage, ob die Bedeutung der Binnenschiffahrt<br />

auf den Transportmärkten in Zukunft weiter abnehmen wird oder aber ob ihr ein "Aufbruch"<br />

gelingen kann. Bevor die Aussichten für einen solchen Aufbruch erläutert werden sollen, wird<br />

im folgenden die Situation auf den Güterverkehrsmärkten dargestellt.<br />

3.1 Verkehrswertigkeit der Verkehrsträger<br />

Die jeweiligen Verkehrsträger zeichnen sich durch ein ganz spezifisches Leistungsprofil - die<br />

sogenannte Verkehrswertigkeit - aus, das sie jeweils für unterschiedliche Transportaufgaben<br />

prädestiniert. Wesentliche Kriterien für ein solches Leistungsprofil sind: Transportkosten,<br />

Transportdauer, Transportberechenbarkeit, Transportsicherheit, Disponierbarkeit, Mengen- und<br />

Flächenleistungsfähigkeit. 2 Die Binnenschiffahrt zeichnet sich im wesentlichen durch ihre Massenleistungsfähigkeit,<br />

durch niedrigere spezifische Transportkosten, durch eine geringe Transportgeschwindigkeit<br />

und durch eine geringe Netzdichte ihrer Verkehrswege aus. "Geringe<br />

Transportgeschwindigkeiten verbunden mit zumeist langer Bereitstellungsdauer, zeitweiliger<br />

Unterbrechung des Betriebs und die Bindung an einen nicht flächendeckenden Verkehrsweg<br />

sind die wesentlichen Nachteile der Binnenschiffahrt. Ihr größter Vorteil sind niedrige Frachtkosten<br />

im ungebrochenen Verkehr". 3 Entsprechend dieser Leistungskriterien hat die Binnenschiffahrt<br />

ihr hauptsächliches Transportaufkommen im Bereich der Massengüter. Sie sind auf<br />

geringe Transportkosten angewiesen, sind nicht zeitsensibel und können meist im direkten<br />

Transport vom Verlader zum Empfänger gebracht werden. "Die wichtigsten Verlader und Empfänger<br />

haben ihren Standort durchwegs am Fluß; Umladungen auf andere Verkehrsmittel verzögern<br />

und verteuern den Transport erheblich". 4<br />

Das Transportaufkommen der Binnenschiffahrt ist daher wesentlich von der volkswirtschaftlichen<br />

Bedeutung einiger bestimmter Industrien und Branchen abhängig. Geht deren <strong>Pro</strong>duktion<br />

zurück, dann hat dies auch unmittelbar Auswirkungen auf das Transportvolumen der Binnenschifffahrt.<br />

Die Daten zur Verkehrskonjunktur 1993 des ifo-Instituts belegen dies deutlich: "Für<br />

Eisenbahn und Binnnschiffahrt wirkte sich neben der allgemeinen konjunkturellen Abschwächung<br />

vor allem der Einbruch im Montanbereich außerordentlich negativ auf die aufkommensstarken<br />

Güterbereiche Kohle, Erze und Schrott sowie Eisen, Stahl und NE-Metalle<br />

aus". 5<br />

Ist dagegen gebrochener Verkehr notwendig, d.h. es gibt einen Vor- oder Nachlauf zum<br />

Transport mit dem Binnenschiff, dann erhöht dies die Transportkosten. Ist im ungünstigsten Fall<br />

Vor- und Nachlauf notwendig - dies wird als doppelt gebrochener Verkehr bezeichnet -, dann<br />

verringern sich die Vorteile des Binnenschifftransports für den Verlader erheblich, denn jeder<br />

2 vgl. Oaussen 1979<br />

3 Puwein 1992, S. 600<br />

4 Puwein 1992, S. 598<br />

5 Arnold-Rothmaier u.a. 1993, S. A23


14 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

Umschlag erhöht die Transportkosten beträchtlich. Abhängig vom Ausbaustand der Wasserstraßen<br />

werden in der Binnenschiffahrt Frachtraten zwischen 0,04 und 0,07 DM pro Tonnenkilometer<br />

angesetzt. Bei der Eisenbahn liegen die Frachtraten zwischen 0,08 und 0,16 DM pro Tonnenkilometer.<br />

Für den Fall, daß die Fracht zwischen Bahn und Binnenschiff auf einer Relation<br />

umgeschlagen werden muß, erhöhen sich die Kosten um 8,- DM pro Tonne. 6 Damit können die<br />

notwendigen Umschlagskosten die Transportkostenvorteile der Binnenschiffahrt recht schnell<br />

überkompensieren. Aufgrund der geringen Netzdichte des Wasserstraßennetzes im Gegensatz<br />

zu Bahn und Straße ist die Anzahl der Relationen begrenzt, auf denen sie günstige Transportkonditionen<br />

bieten kann. Durch die Einrichtung entsprechender Umschlagsstellen<br />

(Güterverkehrszentren) können die Umschlagskosten reduziert werden. Doch läßt sich dadurch<br />

dieser prinzipielle Nachteil nur mildern, nicht ausräumen.<br />

3.2 Binnenschiffahrt im Güterverkehr<br />

Die Binnenschiffahrt hat 1992 in der Bundesrepublik Deutschland7 225,6 Mio. Tonnen Güter<br />

transportiert und dabei eine Transportleistung von 53,1 Mrd. Tonnenkilometern erbracht. Gegenüber<br />

dem Voijahr stellt dies einen Rückgang beim Transportaufkommen von 3% und bei der<br />

Transportleistung von 2,8% dar. Eine ähnliche Entwicklung erwartet das ifo Institut auch für<br />

1993. "Im Jahr 1993 ist für die Binnenschiffahrt aufgrund konjunkturbedingt rückläufiger<br />

Transportmengen erneut mit Einbußen zwischen 2,5 und 3% zu rechnen. Verluste werden in<br />

allen wichtigen Massengutbereichen auftreten. Die einzige Ausnahme dürften die Transporte<br />

von Steinen und Erden bilden, für die ein Anstieg erwartet wird". 8<br />

Die Eisenbahnen in der Bundesrepublik hatten einen noch stärkeren Rückgang zu verzeichnen:<br />

sie tranportierten 1992 360,3 Mio. t. Güter und erbrachten eine Verkehrsleistung von 71,5<br />

Mrd. tkm. Damit verringerten sich die Werte bei den Eisenbahnen um 11,3% bei den beförderten<br />

Tonnen und um 11,8% bei der Transportleistung gegenüber dem Vorjahr. Für 1993 wird<br />

eine weitere Verringerung erwartet, die nach ifo Schätzung bei 4,6% liegen wird. Deutliche<br />

Wachstumsraten hat allein der Straßengüterfernverkehr zu verzeichnen. Er konnte sein Aufkommen<br />

gegenüber 1991 um 7,1% steigern - von 511,8 auf 547,9 Mio. t Für dieses Jahr erwartet<br />

das ifo Institut ein Wachstum von 2% - was bei der genannten Basis immer noch einen<br />

Aufkommenszuwachs von 10 Mio. t bedeutet. Die Transportleistung steigerte sich mit 9,2%<br />

zwischen 1991 und 1992 wiederum stärker als das Transportaufkommen, d.h. die Transportentfernungen<br />

steigen im Straßengüterfernverkehr weiter an.<br />

Die aufgezeigte Entwicklung ist zum einen durch konjunkturelle Einflüsse gekennzeichnet.<br />

Doch steht dahinter zum anderen auch ein Trend im Bereich des Güterverkehrs, der schon seit<br />

langer Zeit unabhängig von konjunkturellen Einflüssen abläuft: dieser Trend zeichnet sich durch<br />

6 PLANCO1992, S. 23<br />

7 Diese Werte sind die Gesamtzahl für West- und Ostdeutschland; eine genauere Betrachtung der Werte für Ostdeutschland<br />

erfolgt in einem späteren Kapitel<br />

8 Arnold-Rothmaier u.a. 1993, S. A29


15 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

einen stetig wachsenden Anteil des Straßengüterfernverkehrs und durch einen Rückgang von<br />

Bahn und Binnenschiff aus. Daher können auch die Aufkommensrückgänge bei Bahn und Binnenschiff<br />

nicht nur mit der derzeitigen konjunkturellen Situation erklärt werden, sondern müssen<br />

auch vor dem Hintergrund dieses Trends gesehen werden. "Die qualitativen Anforderungen<br />

an die Transportsysteme haben sich aufgrund der steigenden Wertigkeit und Differenziertheit<br />

der Güter grundlegend verändert. Zunehmende Spezialisierung der Transportgefäße und Verkürzung<br />

der Dispositionszeiten sind Ausdruck dieser Entwicklung. Die hohe Individualität des<br />

Einsatzes des Lkw's hat zu einer totalen Veränderung des Modal Split geführt". 9 Die folgende<br />

Grafik verdeutlicht diesen Trend. 10<br />

Entwicklung von Transportleistung<br />

und Modal Split<br />

1950 1992<br />

56%<br />

tgic^Bfr 0*<br />

24%<br />

Quelle: erstellt nach Der Bundesminister für Verkehr 1992<br />

•Eisenbahnen Q Binnenschiffahrt<br />

46%<br />

18%<br />

El Straßengüternahverkehr 11 Straßengüterfernverker<br />

Der Umfang der Kreise verdeutlicht das Wachstum der Transportleistung (in tkm). Es hat im<br />

Zeitraum zwischen 1950 und 1992 von 70,4 Mrd. tkm auf 342,3 Mrd. tkm zugenommen. Deutlich<br />

zu sehen ist, wie der Straßengüterfernverkehr seinen Anteil an der Transportleistung ausbauen<br />

konnte. Er hat seinen Anteil bei einem starken Wachstum der Verkehrsleistung insgesamt<br />

fast verfünffacht, während die Bahn, aber auch die Binnenschiffahrt, deutliche Verluste erlitten<br />

haben.<br />

9 Stabenau 1993, S. 170<br />

10 Die Grafik enthält aus Gründen der Vergleichbarkeit der Anteilszahlen auch die Werte für den StraBengüternahverkehr.


16 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

Eine weitere wesentliche Größe in diesem Zusammenhang ist die Beziehung zwischen dem<br />

Bruttoinlandsprodukt und der Verkehrsleistung. Während die Elastizität für den gesamten binnenländischen<br />

Güterverkehr in der Zeit zwischen 1950 und 1990 meist unter dem Wert 1 lagen,<br />

lagen die Elastizitäten für den Straßengüterverkehr ständig über dem Wert 1, d.h., die Steigerung<br />

des Bruttoinlandsprodukts hat in allen Zeiträumen ein überproportionales Wachstum im<br />

Straßengüterverkehr nach sich gezogen. Auch dies ist ein deutlicher Indikator dafür, daß der<br />

Straßengüterverkehr ständig an Bedeutung gewonnen hat, während umgekehrt Bahn und Binnenschiff<br />

an Bedeutung verloren haben. Die Tabelle zeigt die Werte jeweils für 5-Jahreszeiträume.<br />

Elastizitäten zwischen Verkehrsleistung und Bruttoinlandsprodukt*<br />

Verkehrsleistung im<br />

binnenländischen Güterverkehr Straßengüterverkehr<br />

1951 - 1955 0,60 1,58<br />

1956 -1960 0,56 1,03<br />

1961 -1965 0,88 1,39<br />

1966 -1970 1,17 1,11<br />

1971 -1975 0,18 2,13<br />

1976 -1980 1,00 1,36<br />

1981 -1985 0,66 1,61<br />

1986 -1990 1,08 1,65<br />

Quelle: Voigt 1993, Seite 319; *BIP zu Preisen von 1985<br />

Die Massengüter - die den größten Teil des Transportaufkommens der Binnenschiffahrt ausmachen<br />

- haben in den letzten Jahrzehnten ständig an Bedeutung verloren. Infolge des Strukturwandels<br />

der Wirtschaft haben sich die Transportmärkte stark verändert: Der Trend geht immer<br />

stärker in Richtung auf leichtgewichtige, höherwertige Güter. Bezeichnet wird diese Entwicklung<br />

mit dem Begriff des Güterstruktureffekts. "Der Güterstrukturwandel beschreibt die<br />

derzeitige Situation auf den Gütermärkten, bei der der Anteil der Massengüter am Transportaufkommen<br />

geringer wird. Diese Entwicklung ist eine Folge des Strukturwandels in der <strong>Pro</strong>duktion".<br />

11 Die Entwicklung zeigt, daß bei den Massengütern vor allem die Gütergruppen Kohle,<br />

Erze und Metallabfälle sowie Steine und Erden starke Anteilsverluste am Verkehrsaufkommen<br />

zu verzeichnen hatten. Dagegen hatten die Gütergruppen Fahrzeuge, Maschinen, Halb- und<br />

Fertigwaren und die Chemischen Erzeugnisse einen Bedeutungsgewinn zu verzeichnen. Betrachtet<br />

man einmal das Aufkommen je Gütergruppe in Mio. t. und die Aufteilung der Gütergruppen<br />

auf die einzelnen Verkehrsträger, dann ergibt sich für das Jahr 1990 das in der folgenden<br />

Tabelle dargestellte Bild.<br />

Die fett markierten Zahlen geben an, welcher Verkehrsträger den höchsten Transportanteil an<br />

der jeweiligen Gütergruppe hatte. Die zum Teil recht deutliche Konzentration einer Güter-<br />

Ii Wittenbring 1992, S. 22


17 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

gruppe auf einen Verkehrsträger zeigt, daß zwischen einigen Gütergruppen und einem Verkehrsträger<br />

eine hohe Affinität besteht. Die Binnenschiffahrt zeigt eine solche Affinität zu den<br />

Gütergruppen auf, deren Anteil am Transportaufkommen zurückgegangen ist (Erze und Metallabfälle)<br />

oder stagnieren (Mineralölerzeugnisse). An der Gütergruppe, die infolge des strukturellen<br />

Wandels der Wirtschaft am stärksten an Bedeutung gewonnen hat (Fahrzeuge, Maschinen,<br />

Halb- und Fertigfabrikate), ist der Transportanteil der Binnenschiffahrt unbedeutend.<br />

Verteilung der Gütergruppen auf die einzelnen Verkehrsträger in v.H.<br />

Gütergruppe Mio. t Schiene Straße Binnenschiff<br />

1. Land- und forstwirt- 52,2 20,1 65,5 14,4<br />

schaftliche Erzeugnisse<br />

2. Nahrungs-und Futtermittel 98,5 6,0 81,0 13,0<br />

3. Kohle 101,7 73,0 3,8 23,2<br />

4. Rohes Erdöl 65,9 « - „1<br />

5. Mineralölerzeugnisse 93,1 24,0 22,3 43,3<br />

6. Erze und Metallabfälle 82,1 43,1 5,8 51,1<br />

7. Eisen, Stahl und NE-Metalle 97,7 57,6 28,8 13,6<br />

8. Steine und Erden 156,8 16,8 42,0 41,2<br />

9. Düngemittel 17,1 41,5 15,8 42,7<br />

10. Chemische Erzeugnisse 80,0 25,0 54,9 20,1<br />

11. Fahrz./Masch./Halb- u. Fertigfa. 202,4 21,8 76,2 2,0<br />

Quelle: berechnet nach Der Bundesminister für Verkehr 1991,352ff.<br />

Anmerkung: 1) Rohes Erdöl wird bis auf ein geringes Aufkommen der Eisenbahn von 1,4 Mio. t mittels<br />

Rohrfernleitungen transportiert<br />

Entwicklung der Marktanteile der Hauptgütergruppen und des Anteils der Binnenschiffohrt<br />

Hauptgütergruppe Anteil am Verkehrsmarkt in % Anteil der Binnen-<br />

1960 /1990 Schiffahrt je Gütergruppe in %<br />

1960/1990<br />

1. Land- und forstwirt- 7,7 / 5,0 203 / 14,4<br />

schaftliche Erzeugnisse<br />

2. Nahrungs-und Futtermittel 4,9 / 9,4 18,2 / 13,1<br />

3. Kohle 22,2/ 9,7 27,8 / 23,0<br />

4. Rohöl 6,2 / 6,3 26,3 / 00,0<br />

5. Mineralölerzeugnisse 5,7 / 8,9 53,7 / 433<br />

6. Erze und Metallabfälle 13,2/ 7,9 41,6 / 51,0<br />

7. Eisen, Stahl, NE Metalle 8,1 / 9,3 18,7 / 13,6<br />

8. Steine und Erden 17,1/15,0 45,8 / 41,2<br />

9. Düngemittel 3,3 / 1,6 28,1 / 42,7<br />

10. Chemische Erzeugnisse 3,5 / 7,6 22,4 / 20,1<br />

11. Fahrz./Masch./Halb- u. Fertigfa. 8,1 /19,3 3,1 / 2,0<br />

Quelle: Allemeyer 1993, Seite 272


18 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

Die Veränderung des Anteils der jeweiligen Gütergruppen und die Veränderung des Transportaufkommens<br />

der Binnenschiffahrt faßt die zweite Tabelle auf Seite 18 zusammen. Sie zeigt<br />

deutlich die z.T. gegenläufige Entwicklung: An Gütergruppen, die insgesamt an Bedeutung<br />

verloren haben, konnte die Binnenschiffahrt ihren Anteil am Transportaufkommen halten bzw.<br />

ausbauen (z.B. Düngemittel). Bei Gütergruppen, deren Anteil am Verkehrsmarkt zugenommen<br />

hat, hat sie - wenn auch nur leichte - Anteilsverluste hinnehmen müssen.<br />

Betrachtet man die Vorrausschätzungen des ifo Instituts für das Güteraufkommen in Westdeutschland<br />

nach Güterabteilungen, dann zeigt sich, daß sich der Güterstruktureffekt weiter<br />

fortsetzen wird. Zwar sind auch hier wieder konjunkturelle Einflüsse von Bedeutung, doch müssen<br />

diese Veränderungen ebenfalls vor dem Hintergrund des langfristigen Trends gesehen werden.<br />

Die Gütergruppen, die für die Binnenschiffahrt von Bedeutung sind, gehen deutlich zurück.<br />

Entwicklung des Güteraufkommens in Westdeutschland<br />

nach Gütergruppen 1991/92 und Schätzung für 1992/93<br />

Laad- u. foratw. Eraef<br />

Nahrung*/Futtermittal<br />

Kohle<br />

Kohfil<br />

lUaoraMlerarag.<br />

Ena, Sclirott<br />

Eisen,Stahl,NI!-lfetaUe<br />

St«Ine,Erden. Banmata.<br />

Düngemittel<br />

eham. Erxeufsiaae<br />

gewerbl. Fertig aar an<br />

-8 -6 -4 -2 0 2 4 6<br />

Quelle: erstellt nach Arnold-Rothmaier u.a. 1993; ifo Wirtschaftskonjunktur 92<br />

Neben dem Güterstruktureffekt ist der Güterwerteffekt ein weiteres Charakteristikum, mit<br />

dem die Veränderungen auf den Transportmärkten beschrieben werden können. Er beschreibt<br />

das Ansteigen des Wertes je transportierter Tonne bzw. Volumeneinheit. Hierdurch sinkt die<br />

gesamtwirtschaftliche Transportkostenrelevanz des Güterverkehrs, da die expandierenden Gütergruppen<br />

als weniger transportkostenempfindlich gelten. Infolge von Veränderungen in der<br />

<strong>Pro</strong>duktion, der Substitution schwerer durch leichtere Materialien und dem Trend zu technologieintensiven<br />

<strong>Pro</strong>dukten nimmt das Gütergewicht ab. Entsprechend nimmt auch der Anteil der<br />

Transportkosten an den Gesamtkosten der Güterproduktion und -Verteilung ab. Nach Angaben


19 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) 12 liegt der Anteil der Transportkosten<br />

am Wert des Endprodukts im Durchschnitt unter fünf <strong>Pro</strong>zent; dies auch bei Berücksichtigung<br />

der in den Vorprodukten enthaltenen Transportanteile. Damit wird der Vorteil von Bahn und<br />

Binnenschiff, aufgrund großer Transportmengen eine Kostendegression zu erreichen, stark relativiert.<br />

33 Neue <strong>Pro</strong>duktionskonzepte<br />

In der Einführung sogenannter neuer <strong>Pro</strong>duktionskonzepte liegt ein weiterer Grund für die<br />

Entwicklung des Modal Split im Güterverkehr, da sie mit ganz spezifischen Anforderungen an<br />

die Transportleistungen verbunden sind. Die Rationalisierungseffekte, die durch die neuen <strong>Pro</strong>duktionskonzepte<br />

erreicht werden sollen, führen u.a. zu einer "Intensivierung der Zeitnutzung".<br />

13 Ziel ist eine zeitökonomische Optimierung des gesamten betrieblichen und auch des<br />

zwischen- und überbetrieblichen Ablaufs der <strong>Pro</strong>duktionsprozesse. Für den Transportsektor ist<br />

der zwischen- und überbetriebliche Ablauf von besonderer Bedeutung, denn auf dieser Ebene<br />

führt eine Optimierung des gesamten Ablaufs über einzelne Betriebe hinweg auch zu höheren<br />

Anforderungen an die Qualität des Transports.<br />

Der Begriff der just-in-time-production ist in den letzten Jahren zu einem Synonym für diese<br />

Veränderungen geworden. Er steht in etwa für folgende Philosophie: Um die eigenen Lagerbestände<br />

zu reduzieren, verlangen <strong>Pro</strong>duktionsbetriebe von den Zulieferern, daß diese ihre Vorprodukte<br />

synchron zur Fertigung anliefern. Mit dieser <strong>Pro</strong>duktionsorganisation sind bestimmte<br />

Anforderungen an die Qualität der Transporte verbunden. Versteht man just-in-time (J1T)<br />

zunächst einmal wörtlich, dann ist damit eine Anlieferung zum richtigen Zeitpunkt gemeint Für<br />

den Empfänger steht das Interesse im Vordergrund, eine Lieferung genau zu einem vereinbarten<br />

Zeitpunkt zu erhalten. Der Verlader hat die Möglichkeit, den Transportvorgang über einen längeren<br />

Zeitraum zu planen. Es kann ein Verkehrsmittel eingesetzt werden, bei dem der Transport<br />

mehr Zeit beansprucht. So ist die Eisenbahn dem Lkw bei der Transportgeschwindigkeit unterlegen,<br />

da sie aufgrund ihrer geringeren Netzbildungsfähigkeit keine Haus-zu-Haus-Beförderung<br />

anbieten kann, Züge gegebenfalls rangiert werden müssen etc. Dies muß aber bei diesem Verständnis<br />

von just-in-time kein Nachteil sein. Anders dagegen, wenn zur Anforderung der zeitpunktgenauen<br />

Anlieferung noch die hinzukommt, daß eine Belieferung innerhalb von 24 Stunden<br />

nach Bestellung zu erfolgen hat; dann ist der Lkw oft als einziges Verkehrsmittel in Lage,<br />

diesen Anforderungen gerecht zu werden.<br />

Just-in-time muß also nicht zwangläufig zu einem Wachstum des (Straßen-) Güterverkehrs<br />

führen. Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund der veränderten qualitativen Anforderungen an<br />

den Gütertransport ein anderes Verkehrsmittel eingesetzt wird - z.B. die Bahn durch den Lkw<br />

ersetzt wird. Zum anderen führt JIT zu mehr Verkehr, wenn die Transporteinheiten nicht mehr<br />

voll ausgenutzt werden oder kleinere Transportgefäße eingesetzt werden. Eine Befragung von<br />

12 DIW-Wochenbericht 40/1992, S. 500<br />

13 Holzapfel 1991, S. 234


20 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

39 Industrieunternehmen zu ihren Anforderungen an Transportleistungen im Rahmen von JIT-<br />

Konzeptionen ergab folgendes Bild.<br />

Anforderungen der Industrie an just-in-time-Konzepte<br />

Die Transportfrequenz ist größer geworden 64%<br />

Die absolute Menge der pro Transportvorgang 56%<br />

beförderten Ladung ist gesunken<br />

Die Auslastung der Transportträger ist 44%<br />

ungefähr gleich geblieben<br />

Die Auslastung der Transportträger pro 36%<br />

Transportvorgang hat sich reduziert<br />

Die Auslastung der Transportträger ist größer geworden 10%<br />

Die Transporte werden durch Transportträger mit geringerer 36%<br />

Kapazität (z.B. kleinere Lkw) durchgeführt<br />

JIT wird vorwiegend im 24 Stunden Rythmus eingesetzt 26%<br />

JIT ist auch in längeren Intervallen einsetzbar 80%<br />

JIT ist ein unverzichtbares Instrument im Rahmen 51%<br />

der Logistiksteuerung<br />

Quelle: Spelthahn u.a. 1993, Seite 39<br />

Setzt man diese Ergebnisse mit den oben gemachten Aussagen in Beziehung, dann muß davon<br />

ausgegangen werden, daß durch JIT mehr Güterverkehr, insbesondere Straßenverkehr, erzeugt<br />

wird. Denn nur bei 10 <strong>Pro</strong>zent der Befragten ist die Auslastung der Transportträger größer<br />

geworden und bei 44 <strong>Pro</strong>zent ist sie ungefähr gleich geblieben. Die anderen Angaben wie eine<br />

höhere Transportfrequenz, ein Rückgang der Auslastung, der Einsatz von kleineren Transportträgem<br />

und der Einsatz von JIT im 24 Stunden Rythmus führen zum Verkehrswachstum.<br />

Der BDI führte 1989 eine Befragung von Unternehmen 14 durch, in der ihre Anforderungen an<br />

die "Güterbahn der Zukunft" ermittelt werden sollten. Sicher lassen sich diese Ergebnisse nicht<br />

für den gesamten Transportmarkt verallgemeinern; aber sie geben doch gut die Anforderungen<br />

der Verlader an die Qualitäten der Transportleistungen wieder. So wird z.B. für den Inlandsverkehr<br />

überwiegend eine Transportzeit von maximal 24 Stunden gefordert, für einen Teil der Güter<br />

(15 bis 40%) werden sogar maximal 12 Stunden gefordert. Just-in-time-Logistik und die<br />

Tendenz zu höherwertigen Gütern haben die Transportzeitanforderungen an die Bahn erhöht<br />

Für die Unternehmen spielen Zeit und absolute Zuverlässigkeit im Güterverkehr eine wichtige<br />

Rolle.<br />

Während der Anteil von JIT-Transporten zur Zeit noch bei durchschnittlich 30 bis 50% liegt,<br />

erwarten die beteiligten Unternehmen einen Anstieg dieser Anteile auf 55-65% bis zum Jahr<br />

2000. Auch wenn dies erst einmal Anforderungen an die Güterbahn sind, so zeigt sich damit jedoch,<br />

welche Bedeutung der Transportgeschwindigkeit von den Unternehmen beigemessen<br />

14 BDI 1989, S. 7ff.


21 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

wird. Insbesondere bei Überlegungen, wie die Binnenschiffahrt in logistische Konzepte eingebaut<br />

werden kann, wird immer wieder darauf verwiesen, daß JTT zunächst einmal nur das Eintreffen<br />

der Güter zum richtigen Zeitpunkt bedeute; in dieser Argumentation wird die Transportgeschwindigkeit<br />

als untergeordnet angesehen. Betrachtet man die beiden hier vorgestellten Umfrageergebnisse,<br />

dann kann dies nicht bestätigt werden.<br />

Auf das Wachstum des Güterverkehrs verstärkend wirkt weiterhin die Reduktion der Fertigungstiefe<br />

in <strong>Pro</strong>duktionsunternehmen. Mit der Fertigungstiefe wird der Anteil der Eigenproduktion<br />

an den zur Herstellung des Endproduktes benötigten Teilen beschrieben. Der Trend<br />

geht dahin, die Fertigungstiefe für bestimmte Standorte bzw. Werke zu verringern, d.h., ein<br />

Standort spezialisiert sich auf eine bestimmte Anzahl von Fertigungsstufen. Die Konsequenz ist<br />

ein erhöhter Transportbedarf, da die Güter zwischen den verschiedenen Werken transportiert<br />

werden müssen. "Sofern (...) für die einzelnen Fertigungsstufen, die ja unterschiedliche Standortanforderungen<br />

haben, Standorte mit entsprechenden Standortanforderungen existieren, wandern<br />

die spezialisierten Fertigungen an diese für sie optimalen Orte. Dies um so mehr, als die<br />

Transportkostenempfindlichkeit der Güter geringer wird. An die Stelle der Standorteinheit als<br />

Kompromiß, bei dem kaum eine Fertigungsstufe ihren optimalen Standort hatte, tritt die Standortteilung<br />

mit ggfs. maximaler Standortaibitrage. Als Folge dieser Strategie wächst dar Markt<br />

für Zwischenwerkverkehre gegenwärtig stärker als der für Beschaffungs- und Verteilungsverkehre".<br />

15 Die Ausnutzung der Standortarbitrage, die ein Grund für die Verringerung der Fertigungstiefe<br />

ist, erfordert aber, daß die Kosten für die Raumüberwindung entsprechend gering<br />

sind. Denn erst dann wird es unter ökonomischen Gesichtspunkten sinnvoll, die Fertigungstiefe<br />

zu reduzieren und eine Standortdiversifizierung vorzunehmen.<br />

Schließlich sei noch das multiple sourcing genannt. Weil Hersteller von Endprodukten sich<br />

nicht von einem Zulieferer abhängig machen wollen, suchen sie sich für die Zulieferteile möglichst<br />

mehrere Quellen. Dadurch schafft der Nachfrager einen Wettbewerb zwischen den Zulieferern<br />

und hält sich auch die Möglichkeit offen, daß der Zulieferer kurzfristig gewechselt werden<br />

kann 16. Die hierfür erforderliche Flexibilität begünstigt eindeutig den Lkw, da nur mit ihm<br />

die Transportrouten leicht gewechselt werden können. Insgesamt ist daher das Fazit zu ziehen,<br />

daß die neuen <strong>Pro</strong>duktionskonzepte zusammen mit den veränderten logistischen Anforderungen<br />

der verladenden Wirtschaft einen deutlich positiven Impuls auf das Wachstum des Straßengüterverkehrs<br />

haben. Eisenbahn und Binnenschiffahrt haben es entsprechend schwer, in diesen<br />

neuen Marktbereichen Ladung zu akquirieren.<br />

15 Ihde 1991, S. 128<br />

16 vgl. Holzapfel 1991, S. 235


22<br />

Zusammenfassung der Charakteristika des zukünftigen Verkehrsmarktes<br />

Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

* Die Nachfrage nach Rohstoff- und Massenguttransporten (Montangüter) geht<br />

zurück und die nach Transportai von hochwertigen und "veredelten" Halb- und<br />

Fertigprodukten steigt.<br />

* Intrabetriebliche nehmen zu Gunsten interbetrieblicher Verkehre weiter ab.<br />

* Die Nachfrage nach schnellen und optimierten Transportabläufen nimmt zu.<br />

* Die Nachfrage nach SpezialVerkehren z.B. für temperaturgeführte Güter,<br />

Flüssigkeiten wächst.<br />

* " Just-in-time-Transporte", d.h. garantierte und präzise Transportzeiten, gewinnen<br />

an Bedeutung.<br />

* Die Nachfrage nach logistischen Dienstleistungen der Verkehrsträger steigt.<br />

* Die Sendungsgrößen nehmen tendenziell ab, die Sendungsfrequenzen zu.<br />

* Zusätzliches Wirtschaftswachstum führt zu einer verstärkten Nachfrage nach.<br />

Transportleistungen<br />

* Transporttarife sinken infolge der Deregulierung.<br />

* Der Anteil grenzüberschreitender Verkehre steigt infolge verstärkter internationaler<br />

Arbeitsteilung.<br />

* Die mittleren Transportentfernungen werden größer.<br />

* Der Anteil der Leerfahrten geht infolge der Deregulierung gegenüber der derzeitigen<br />

Situation zurück.<br />

* Höherer Wettbewerb führt zu verstärkten Rationalisierungen.<br />

Quelle: Hopfetal. 1990; eigene Ergänzungen<br />

3.4 Regionale Verteilung<br />

Ein weiteres wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Binnenschiffahrt ist die Verteilung der<br />

von ihr erbrachten Transportleistung auf die einzelnen Wasserstraßen. Die entsprechenden Daten<br />

zeigen sehr deutlich, daß der Rhein die mit Abstand bedeutendste Wasserstraße in der Bundesrepublik<br />

ist Die Binnenschiffahrt erbrachte ihren Anteil von 18,3% am Modal Split zum allergrößten<br />

Teil auf dem Rhein: auf ihm erbringt sie über 80% ihrer gesamten Verkehrsleistung 17.<br />

Die unterschiedliche Bedeutung der Wasserstraßen wird in der folgenden Grafik deutlich, die<br />

die Anteile der einzelnen Binnenwasserstraßen an der Verkehrsleistung zeigt.<br />

17 Hieran ändert auch die Binnenschiffahrt in den neuen Bundesländern nichts; sie hat in den letzten beiden Jahren<br />

eine Transportleistung von 1 Mrd. tkm erbracht. Dies bedeutet einen Anteil von unter 2% an der gesamten Transportleitung.


23 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

Binnenwasserstraßen des Bundesgebietes 1990<br />

Elbegebiet<br />

Wesergebiet<br />

Mittellandkanal<br />

Weatdt. Kanalgebiet<br />

Rheingebiet<br />

Donaugebiet<br />

Wasserstr. Berlin(W)<br />

Quelle: erstellt nach Binnenschiffahrt in Zahlen 1991<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Iis Mrd. tkm<br />

Die Daten geben Grund zu der Annahme, daß der Rhein aufgrund seiner spezifischen Eigenschaften<br />

für die Binnenschiffahrt eine Wasserstraße darstellt, die ihr sehr günstige <strong>Pro</strong>duktionsvoraussetzungen<br />

bietet Und dies kommt nicht in erster Linie dadurch, daß er zu einer leistungsfähigen<br />

Wasserstraße ausgebaut wurde, sondern weil er schon von vornherein die Voraussetzungen<br />

für einen wirtschaftlichen Binnenschiffsverkehr hatte. Umgekehrt heißt dies, daß die<br />

Binnenschiffahrt ihre spezifischen Vorteile nur auf wenigen Wasserstraßen umsetzen kann: "Ein<br />

betriebs- und volkswirtschaftlicher Kostenvorteil besteht am ehesten dann, wenn die Relation in<br />

voller Länge im Bereich natürlicher Wasserstraßen, die ohne großen Zusatzaufwand schiffbar<br />

sind, liegen". 18 Dies gilt es insbesondere bei Überlegungen zum Ausbau des Wasserstraßennetzes<br />

zu berücksichtigen; die auf dem Rhein gegebenen Einsatzmöglichkeiten sind in der Form<br />

- außer auf der Donau - auf keinem anderen europäischen Fluß gegeben und lassen sich schon<br />

gar nicht durch Ausbaumaßnahmen an Wasserstraßen schaffen.<br />

Auch bei den in der Binnenschiffahrt vorhandenen Kapazitätsreserven liegt der Rhein deutlich<br />

an der Spitze. Von den auf den Wasserstraßen ausgemachten freien Kapazitäten entfallen<br />

über 50% auf den gesamten Rhein. 19 Ein weiterer Punkt, der die Bedeutung des Rheins für die<br />

Binnenschiffahrt herausstellt, ist, daß die wesentlichen Innovationen der Binnenschiffahrt auf<br />

dem Rhein stattfanden bzw. hier ihre Hauptmärkte haben: der RoRo-Verkehr und der Container-Verkehr.<br />

Hierauf wird später noch näher eingegangen.<br />

18 Seufert/Schneider 1991, S. 779<br />

19 vgl. Zünkler 1992, S. 9


24 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

3.5 Wettbewerb zwischen Binnenschiff und Bahn<br />

Sowohl die Eisenbahn als auch die Binnenschiffahrt argumentieren gegenüber der jeweils<br />

anderen Seite, daß sie durch Vorleistungen oder andere Unterstützungen stärker begünstigt sei<br />

und dadurch zu niedrigeren Preisen anbieten könne, als dies bei einer Vollkostendeckung möglich<br />

wäre. So erhebt die Binnenschiffahrt gegenüber der Eisenbahn den Vorwurf, daß sie als ein<br />

Unternehmen, welches als Staatsunternehmen gegen den Konkurs abgesichert sei, mit nicht kostendeckenden<br />

Frachtpreisen auf den Markt gehen könne. Sie würde der Binnenschiffahrt damit<br />

Transportgut streitig machen, das günstiger auf dem Schiff zu transportieren sei. Dadurch entstehe<br />

ein ungerechtfertigter Vorsprung der Bahn, der zu volkswirtschaftlich ungünstigen Ergebnissen<br />

führe. Die Bahn dagegen argumentiert, daß ihre <strong>Pro</strong>duktionsanlagen vorhanden seien.<br />

Aus diesem Grund sei es betriebswirtschaftlich für sie günstiger, zu Selbstkosten deckenden<br />

Preisen zu fahren und so die fixen Kosten auf eine größere Leistungsmenge zu verteilen anstatt<br />

die Anlagen ungenutzt zu lassen. Außerdem müsse sie für ihre Fahrwege selber aufkommen.<br />

Der Binnenschiffahrt werde die Infrastruktur vom Staat zur Verfügung gestellt oder es handele<br />

sich um naturgegebene Wasserstraßen, für die nur geringe Kosten entstünden.<br />

Der Wettbewerb findet wesentlich auf Relationen statt, auf denen beide Verkehrsträger über<br />

"parallel" verlaufende Infrastrukturen verfügen. Somit kommt der staatlichen Infrastrukturpolitik<br />

eine große Bedeutung zu. Der Wettbewerb zwischen Bahn und Binnenschiff wäre dann gut<br />

zu heißen, wenn beide unter gleichen Bedingungen in den Wettbewerb eintreten würden. Eine<br />

Transportaufgabe würde dann vom jeweils kostengünstigsten Verkehrsträger übernommen.<br />

Aber hier besteht der Unterschied, daß von der Bahn betriebswirtschaftliche Rentabilität erwartet<br />

wird, wasserbauliche Maßnahmen aber wurden bzw. werden nicht unter diesem Aspekt betrieben.<br />

"Neue Kanäle wurden dagegen nie unter dem Gesichtspunkt der eigenwirtschaftlichen<br />

Rationalität gebaut, wenngleich dieses Ziel vor 1914 nicht aus den Augen verloren wurde. Aber<br />

eine Rentabilität und eine gewisse Kapitalverzinsung wurde damals nur bei den Märkischen<br />

Wasserstraßen und dem Rhein-Heme-Kanal erreicht Bei den seit dem ersten Weltkrieg ausgebauten<br />

und neugebauten Wasserstraßen wird dagegen eine betriebswirtschaftliche Rationalität<br />

nicht angestrebt und auch nicht erwartet Stets werden den Kosten nur die gesamtwirtschaftlichen<br />

Effekte gegenübergestellt,..., nicht die Einnahmen aus Befahrungsabgaben". 20<br />

Die gesamtwirtschaftlichen Effekte resultieren daraus, daß die Wasserwege vor allem zur Erreichung<br />

bestimmter wirtscbaftpolitischer Struktureffekte errichtet werden. Hierzu gehören die<br />

Förderung wirtschaftsschwacher Regionen, Schaffung und Erhaltung von Industriestandorten<br />

und Arbeitsplätzen, Dezentralisierung von <strong>Pro</strong>duktionsstandorten und die Bereitstellung vielfacher<br />

Möglichkeiten der Freizeitnutzung. Sie erfüllen weiterhin noch Aufgaben für die Wasserwirtschaft<br />

und die Energieversorgung. Aufgrund dieser im Gesamtinteresse liegenden wirtschaftspolitischen<br />

und politischen Ziele könne der Binnenschiffahrt auch nur ein Teil der Inve-<br />

20 Wulf 1989, S. 222


25 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

stitions- und Unterhaltungskosten direkt angelastet werden. Hier müsse der Staat einen<br />

"Staatsanteil" tragen. 21<br />

Wegekostenberechnung<br />

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat 1990 eine Wegekostenrechnung für das<br />

Jahr 1987 veröffentlicht, die im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt wurde.<br />

Das DIW ermittelte sowohl die Wegekosten als auch den Kostendeckungsbeitrag, der vom jeweiligen<br />

Verkehrsträger erbracht wurde. Der Beitrag der Binnenschiffahrt stammt lediglich aus<br />

den Schifffahrtsabgaben, da sie von der Mineralölsteuer befreit ist. Im Bereich der Binnenschiffahrt<br />

kam das DIW zu folgenden Ergebnissen.<br />

Wegekosten, Wegeeinnahmen und Wegekostendeckungsgrad<br />

bei den Binnenwasserstraßen 1987<br />

Wasserstraßenart Kosten Einnahmen Kostendeckungsgra d<br />

Mill. DM Mill. DM in v.H.<br />

Abgabepflichtige 1.014 104,4 10,3<br />

Wasserstraßen<br />

Nichtabgabepflichtige 211 - -<br />

Wasserstraßen<br />

* Rhein 137 - -<br />

* übrige<br />

74 - -<br />

Wasserstraßen<br />

Insgesamt 1.225 | 104,4 | 8,5<br />

Quelle: Enderlein u.a. 1990, Übersicht 28<br />

Für die Diskussion um den Ausbau im Rahmen des <strong>Pro</strong>jektes 17 ergeben sich aus den Argumenten<br />

von Wulf und dem Kostendeckungsbeitrag der Binnenschiffahrt einige interessante Gesichtspunkte:<br />

Von den Flüssen im Bereich des <strong>Pro</strong>jektes 17 gehen schon heute außerverkehrliche<br />

Nutzen wie z.B. aus der Freizeitnutzung, der Wertschätzung für die Erhaltung einer einmaligen<br />

Flußlandschaft, dem Lebensraum für seltene Arten usw. aus. Für den Ausbau der Wasserstraßen<br />

wird aber nur aus der Sicht der Binnenschiffahrt argumentiert Bedenkt man, daß neben<br />

dem geringen Deckungsgrad der Binnenschiffahrt durch einen Ausbau da* Wasserstraßen des<br />

<strong>Pro</strong>jektes 17 gleichzeitig ein großer Teil der außerverkehrlichen Nutzen vermindert wird, dann<br />

muß geprüft werden, ob nicht ein Verzicht auf den Ausbau gesamtwirtschaftlich gesehen sinnvoller<br />

ist. Das Argument der außerverkehrlichen Nutzen kann hier zu einem Argument gegen<br />

den Ausbau der Wasserstraßen werden. So werden denn auch in der Nutzen-Kosten-Analyse für<br />

das <strong>Pro</strong>jekt 17 keine außerverkehrlichen Nutzen ermittelt 22. Ob die außerverkehrlichen Nutzen<br />

21 vgl. Wulf 1989, S. 219ff.<br />

22 vgl. hierzu Kapitel 8 über die Nutzen-Kosten-Analyse für das <strong>Pro</strong>jekt 17.


26 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

durch den Ausbau der Wasserstraßen beeinträchtigt werden, wurde in der Nutzen-Kosten-Analyse,<br />

soweit dies aus der Studie von PLANCO hervorgeht, nicht untersucht.<br />

3.6 Innovationen in der Binnenschiffahrt<br />

Die Binnenschiffahrt hat in den letzten beiden Jahrzehnten versucht, über den Bereich der<br />

Massengüter hinaus Anteile am Transportaufkommen zu gewinnen. Das herausragendste Beispiel<br />

hierfür ist der Containerverkehr auf dem Rhein. Vor allem nach Einrichtung von Linienverkehren<br />

zwischen den ARA-Häfen (Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen) und den wichtigsten<br />

Wirtschaftszentren am Rhein ist es der Binnenschiffahrt gelungen, hier ein hohes Transportaufkommen<br />

zu realisieren.<br />

So wurden 1990 350.000 Container aus Rotterdam den Rhein hinaufgefahren. Insgesamt<br />

hatte die Binnenschiffahrt am Transport der Container aus den ARA-Häfen in das Hinterland<br />

und zurück in die Seehäfen einen Anteil von 14%. 23 Der Beginn des Containertransports Mitte<br />

der 70er Jahre "...basierte auf der Beobachtung, daß am Rhein ein hohes punktförmiges Stückgutaufkommen,<br />

containerisiert und mit punktförmigen Zielen, nämlich den Westhäfen vorlag,<br />

daß die Transportzeitsensibilität nicht so ausgeprägt war, weil die Seeseite ohnehin Unwägbarkeiten<br />

enthielt und insgesamt der Transport über See zeitaufwendig war". 24<br />

Der Erfolg der Containerschiffahrt hing im wesentlichen von den niedrigen Transportpreisen,<br />

der Einrichtung von Linienverkehren, einem hohen punktförmigen Aufkommen und punktförmigen<br />

Zielen sowie davon ab, daß auf dem Rhein mit sehr großen Schiffseinheiten gefahren<br />

werden kann. Auf dem Rhein können Container in bis zu 4x4 Lagen (vier Container nebeneinander,<br />

vier übereinander) transportiert werden; durch diese Größenverhältnisse sinken die<br />

Transportkosten deutlich. Und der Preis, den die Binnenschiffahrt den Verladern anbieten kann,<br />

ist letztlich ihr wichtigster Vorteil im Wettbewerb. Diesen kann sie aber nur aufgrund ihrer günstigen<br />

<strong>Pro</strong>duktionskosten halten. Es ist weiterhin zu bedenken, daß der Transport der etwa 2,5<br />

Mio. (TEU 25) Container von und zu den ARA-Häfen vom Lkw immer noch dominierend ist.<br />

Mit ihm werden über 60% da* über See ein- und ausgehenden Container entlang der Rheinschiene<br />

transportiert. 26 Diese Daten müssen berücksichtigt werden, wenn es darum geht, die<br />

Entwicklungsmöglichkeiten im Bereich des Containertransports auf anderen Binnenwasserstraßen<br />

zu beurteilen. Denn selbst unter für sie guten <strong>Pro</strong>duktionsbedingungen hat es die Binnenschiffahrt<br />

- ähnlich wie die Eisenbahn, die für einen Wettbewerb um den Containertransport in<br />

dieser Relation auch nicht gerüstet ist - schwer, dem Lkw seine dominierende Stellung streitig<br />

zu machen. Für viele Verlader sind demnach noch andere Kriterien als ein günstiger Transportpreis<br />

für die Verkehrsmittelwahl ausschlaggebend.<br />

23 Hendrich 1992, S. 130<br />

24 Allemeyer 1993, S. 282<br />

25 Twenty Foot Equivalent Unit<br />

26 Handelsblatt vom 5. Februar 1992


27 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

Die Binnenwasserstraßen im Rahmen des <strong>Pro</strong>jektes 17 sollen den Anforderungen der Wasserstraßenklasse<br />

Va/Vb entsprechen. Für den Transport von Containern ist vor allem die Durchfahrtshöhe<br />

der Brücken von Bedeutung, die bei der angestrebten Wasserstraßenklasse generell<br />

5,25m erreichen soll. Damit ist ein Containertransport von 4x2 Lagen möglich. Durch die begrenzte<br />

Zuladung erhöhen sich aber die Transportkosten, sodaß der Versand von Containern per<br />

Binnenschiff für die Verlader an Attraktivität verliert. Ein weiteres <strong>Pro</strong>blem der Containerschifffahrt<br />

außerhalb des Rheingebietes ist es, daß hier nicht mehr ein so starkes punktförmiges<br />

Aufkommen vorhanden ist Ein Kanal-Containerschiff ist aber erst mit 50 TEU befriedigend<br />

geladen. Dies hat dann zur Folge, daß sich der Abtransport der einzelnen Container solange verzögert,<br />

bis eine entsprechende Transportmenge zusammen gekommen ist, oder aber die Disposition<br />

dieser 50 TEU verschiedener Verlader muß sich zeitgenau auf die Abfahrt eines Schiffes<br />

einstellen. 27<br />

Denkbar wäre auch, analog zum Rhein auf anderen Binnenwasserstraßen Linienverkehre einzurichten.<br />

Vorbild könnte ein seit vier Jahren bestehender Containerdienst sein, der die Unterweser-<br />

und Emshäfen mit Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen verbindet. <strong>Pro</strong> Woche werden<br />

hier in der Regel zwei Abfahrten je Richtung angeboten. Die eingesetzten Schiffe haben jeweils<br />

Stellplätze für 48 bis 56 Container. 28 Ein solcher Containerdienst wäre z.B. zwischen Hamburg<br />

und Berlin denkbar und in der beschriebenen Größenordnung sicher auch durchführbar. Ob dafür<br />

aber tatsächlich ein Markt in Richtung Berlin und umgekehrt besteht, kann zur Zeit nicht gesagt<br />

werden. Die Aussage, daß sich auf den Wasserstraßen von und nach Berlin ein 'florierender<br />

Containerverkehr' - wovon die Wasser- und Sdiiffahrtsdirektion Ost ausgeht - entwickeln wird,<br />

ist zumindest mit Vorsicht zu genießen. Inwieweit die Binnenschiffahrt auf diesen Strecken den<br />

beiden anderen Verkehrsträgern ernsthaft Konkurrenz machen kann, bleibt abzuwarten. Die<br />

bisherigen Anzeichen sprechen erst einmal dagegen, daß die Binnenschiffahrt außerhalb des<br />

Rheingebietes auch bei Ausbau anderer Binnenwasserstraßen eine bedeutende Rolle im Containertransport<br />

spielen wird.<br />

Ein weiteres Marktsegment, in dem die Binnenschiffahrt versucht hat, Transportaufkommen<br />

zu gewinnen, sind die sogenannten Roll on/Roll off (RoRo) - Verkehre. Beim RoRo-Verkehr als<br />

einer Form des kombinierten Verkehrs handelt es sich um eine analoge Entwicklung zur<br />

"rollenden Landstraße" der Eisenbahn: Lkw oder nur die Sattelauflieger werden auf die Schiffe<br />

gefahren und dann per Schiff zum Bestimmungshafen gefahren. Bedeutende RoRo-Transporte<br />

finden heute auf der Donau, wo diese Verkehrsart auch zuerst eingeführt wurde, und auf dem<br />

Rhein statt. Hier liegt denn auch das größte Potential für diese Verkehrsart. Auch der RoRo-<br />

Verkehr ist auf entsprechend große Schiffseinheiten angewiesen, um kostengünstig sein zu können.<br />

Weiterhin werden innerhalb der Binnenschiffahrt Überlegungen angestellt, wieweit ihr Einsatz<br />

im Rahmen logistischer Konzeptionen ein weiteres zukünftiges Betätigungsfeld für die<br />

Binnenschiffahrt sein könnte. "Über längerfristige Perspektiven der Binnenschiffahrt nach-<br />

27 vgl. Allemeyer 1993, S. 283<br />

28 vgl. Hendrich 1992, S. 133


28 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

zudenken, erfordert aus heutiger Sicht die allgemeingültige Tendenz zu Logistik und Kooperation<br />

als wesentliche Rahmenbedingung in diese Überlegungen einzubeziehen". 29 Diese Transportaufgaben<br />

werden bis dato eher mit der Bahn und vor allem dem Straßengüterverkehr in Zusammenhang<br />

gebracht. Die Frage ist, inwieweit systembedingte Nachteile wie die geringere<br />

Transportgeschwindigkeit einen solchen Einsatz erlauben. Weiter oben wurde schon auf die Anforderungen<br />

der verladenden Wirtsdhaft an die Transportgeschwindigkeit eingegangen. Sieht<br />

man einmal von der geringen Netzdichte ab, die der Binnenschiffahrt nur den Einsatz auf relativ<br />

wenigen Hauptrouten erlaubt, so ist diese Frage nach der Transportzeit wesentlich. "Dabei soll<br />

das bisherige Image, der Transportträger für billige Massengüter zu sein, keinesfalls aufgegeben,<br />

sondern vielmehr dahingehend ergänzt werden, daß die Binnenschiffahrt darüber hinaus<br />

hochwertige und gleichzeitig preiswerte Transportleistungen für nicht extrem eilbedürftige<br />

Gutarten bzw. Transportaufgaben realisieren kann". 30 Laue vermerkt in diesem Zusammenhang,<br />

daß in vielen logistischen Systemen nicht primär Schnelligkeit, sondern zuallererst Zuverlässigkeit<br />

und Pünktlichkeit nachgefragt werden. Dies erscheint aber zumindest nach der bereits angeführten<br />

BDI-Umfrage zweifelhaft<br />

Für den Einsatz der Binnenschiffahrt ist damit die Frage entscheidend, in welchem Maße die<br />

Verlader tatsächlich von ihrer Anforderung an Schnelligkeit abrücken werden. Aber klar ist<br />

auch, daß die Binnenschiffahrt nur begrenzt für diesen Markt prädestiniert ist. Um hier konkurrenzfähig<br />

zu werden, muß sie noch erhebliche Anstrengungen unternehmen. Laue verweist darauf,<br />

daß die Entwicklungspotentiale der heutigen Binnenschiffahrtstechnologie bereits weitgehend<br />

ausgeschöpft sind und interpretiert dies als einen Indikator für einen bevorstehenden Entwicklungssprung.<br />

"Ein solcher Entwicklungssprung, der zum Gütertransport auf den Binnenwasserstraßen<br />

mit Katamaranen, Tragflügelschiffen oder Luftkissenfahrzeugen führen könnte,<br />

würde nicht nur einen Leistungssprung nach sich ziehen, sondern möglicherweise auch völlig<br />

neue Marktsegmente für die Binnenschiffahrt erschließen". 31 Steht tatsächlich ein solcher Entwicklungssprung<br />

in der Binnenschifffahrtstechnologie bevor, dann muß bei der Entwicklung der<br />

neuen Technologien auch die Forderung berücksichtigt werden, die Binnenschiffe an die Wasserstraßen<br />

anzupassen und nicht umgekehrt. Der bisher verfolgte Weg, lediglich die Wasserstraßen<br />

für immer größere Schiffseinheiten auszubauen, würde dann vollends seine Berechtigung<br />

verlieren. Schritte in Richtung angepaßter Schiffe zeigen u.a. die Entwicklungen der Roßlauer<br />

Schiffswerft.<br />

3.7 Möglichkeiten zur Verlagerung von Transportaufkommen?<br />

Angesichts des Leistungsprofils der Binnenschiffahrt ist die Hoffnung der Verkehrspolitik,<br />

die Binnenschiffahrt könne wesentliches Transportaufkommen außerhalb des Rheingebietes von<br />

der Straße holen, mit äußerster Skepsis zu sehen. Die hier immer wieder gebrauchten Bilder,<br />

29 Laue 1993, S. 121<br />

30 Laue 1993, S. 122<br />

31 Laue 1993, S. 125


29 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

wieviel Lkw-Ladungen oder Eisenbahnwaggons auf ein einziges Binnenschiff geladen werden<br />

könnten, sind nicht viel mehr als Zahlenspiele: Betrachtet man allein die Transportkapazität,<br />

dann stimmt diese Rechnung natürlich. Die entscheidende Frage ist aber, wie es zu einer Verlagerung<br />

dieser Gütermengen kommen soll. Hier stellt sich die Frage nach der Affinität des Verkehrsmittels<br />

zu bestimmten Gütergruppen, die Frage nach den Anforderungen der Verlader an<br />

die Transportqualität, die Frage der Transportrelationen usw.<br />

Die Binnenschiffahrt steht aufgrund ihrer Orientierung mit der Bahn in Konkurrenz, da sie<br />

beide ihre Domäne im Bereich der Massengüter haben. In den Fällen, in denen Kanäle parallel<br />

zu Eisenbahnstrecken gebaut oder ausgebaut werden, wird damit zunächst einmal zwischen diesen<br />

beiden die Konkurrenz verstärkt. Entsprechend wird in einem zweiten Schritt argumentiert,<br />

daß Binnenschiff könne Kapazitäten bei der Bahn freimachen, damit diese dann wiederum<br />

Transporte vom Lkw abziehen könnte. Dies setzt aber voraus, daß die Bahn von entsprechenden<br />

Kapazitätsengpässen überhaupt betroffen ist Denn nur dann wird sie nicht "um jeden Preis"<br />

versuchen, ihr Aufkommen zu halten. Bisherige Erfahrungen zeigen eher gegenteiliges Verhalten<br />

- beide versuchen durch einen relativ starken Preiskampf, Ladung zu gewinnen bzw. zu<br />

halten. 32<br />

Die verladende Wirtschaft hat, wie schon erwähnt, an die Transportleistung bestimmte qualitative<br />

Anforderungen. Wie empirische Studien zeigen, gehört hierzu u.a. der Transportpreis.<br />

Doch ist dieser allein selten ausschlaggebend. Weitere für die Verlader wichtige Kriterien sind<br />

Schnelligkeit, Flexibilität, Zuverlässigkeit und Sicherheit. 33 Werden vorwiegend Güter mit hohen<br />

qualitativen Anforderungen wie z.B. Schnelligkeit, Flexibilität und hohem logistischem Anforderungsprofil<br />

versand, die nur einen geringen spezifischen Anteil an den Transportkosten<br />

haben, dann ist die Preisrelevanz für die Transportmittelwahl gering. Für das Ziel der Transportverlagerung<br />

ist es daher wichtig zu sehen, welche Güter in welchen Mengen transportiert<br />

werden. Nur wenn die jeweiligen Güterströme betrachtet werden, lassen sich auch Aussagen<br />

über ein etwaiges Verlagerungspotential machen. Wird auf einer Relation ein hoher Anteil von<br />

Massengütern transportiert, dann kann durch den Ausbau einer Wasserstraße - der in der Regel<br />

eine Verringerung der Transportkosten der Binnenschiffahrt bedeutet - eine Verlagerung erreicht<br />

werden. Die alleinige Verringerung der Transportkosten kann dann für die Verlader der<br />

Grund sein, das Transportmittel zu wechseln. Bei den Gütern, bei denen neben den Transportkosten<br />

auch noch andere Kriterien entscheidend sind, reicht die alleinige Verringerung der<br />

Transportkosten nicht aus. Eine Verkehrspolitik, die sich auf den Ausbau der Infrastrukturen<br />

beschränkt, wird hier keine große Verlagerungswirkungen erzielen.<br />

Kessel + Partner 34 weisen in der Güterverkehrsprognose darauf hin, daß sie aufgrund der<br />

Ausbaumaßnahmen bei den Binnenwasserstraßen keine modalen Effekte erwarten. Die Senkung<br />

der Transportkosten in der Binnenschiffahrt wird neben der Liberalisierung der Transportmärkte<br />

32 Audi hier muß vom Rhein abgesehen werden, da die parallel verlaufenden Bahnstrecken tatsächlich an ihrer Kapazitätsgrenze<br />

angekommen sind.<br />

33 vgl. hierzu Wittenbring 1992, S. 27ff.<br />

34 Kessel + Partner 1991, S. 64


30 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

im Zuge des EG-Binnenmarktes dazu führen, daß Bahn und Straße in einen Preiswettbewerb<br />

mit der Binnenschiffahrt eintreten. Senkt die Binnenschiffahrt ihre Transportpreise, um zusätzliches<br />

Transportaufkommen für sich zu gewinnen, dann werden Bahn und Straße mit entsprechenden<br />

Preisnachlässen reagieren. Im Ergebnis wird es zu keiner Veränderung der relativen<br />

Preisverhältnisse kommen - dies wäre aber das Hauptargument für eine Verlagerung von Transporten<br />

auf das Binnenschiff.<br />

Wichtiges Kriterium für die Abschätzung des Verlagerungspotentials ist die sogenannte Leistungsstruktur<br />

der Verkehrsträger. Die Leistungsstruktur setzt die Leistungsfähigkeit der Verkehrsträger<br />

zueinander in Beziehung. Verändert sich im Zeitablauf das Leistungsprofil eines<br />

Verkehrsträgers und gewinnt Vorteile gegenüber den anderen Verkehrsträgern, dann kommt es<br />

zu Verschiebungen innerhalb dieser Leistungsstruktur. Bei entsprechend großer Umstellungselastizität<br />

der Verlader resultiert daraus die Verlagerung der Transportnachfrage zu dem Verkehrsträger<br />

mit dem verbesserten Leistungsangebot Ein wesentlicher Faktor für Veränderungen<br />

der Leistungsstruktur ist die Quantität und die Qualität des jeweiligen Wegenetzes; beide Größen<br />

werden über die staatliche Infrastrukturpolitik bestimmt So wurde die Attraktivität des Lkw<br />

wesentlich dadurch gesteigert, daß Investitionen im Bereich der Verkehrsinfrastruktur vornehmlich<br />

im Straßenverkehr, nicht aber in die Infrastruktur für Bahn und Binnenschiff getätigt<br />

wurden. Die seit den 70er Jahren in der Bundesrepublik starke Verlagerung des Gütertransports<br />

von Bahn und Binnenschiff auf die Straße ist in hohem Maße durch den Ausbau der Autobahnen<br />

begünstigt worden 35. In diesem Sinn wäre also das <strong>Pro</strong>jekt 17 eine Maßnahme, die zu Verlagerungswirkungen<br />

führen könnte. Doch muß berücksichtigt werden, daß die Verkehrswege in<br />

den neuen Bundesländern ja nicht nur für die Binnenschiffahrt verbessert werden, sondern auch<br />

die anderen Verkehrsträger leistungsfähiger werden. Wesentliche Veränderungen der Leistungsstruktur<br />

zugunsten der Binnenschiffahrt sind daher nicht zu »warten.<br />

Für eine Abschätzung der Verlagerungsmöglichkeiten ist zu berücksichtigen, daß die Verkehrsträger<br />

zueinander in Konkurrenz stehen. Deutliche Konkurrenz besteht im Bereich der<br />

Massengüter zwischen Bahn und Binnenschiff, im Bereich der übrigen Gütergruppen zwischen<br />

Lkw und Bahn. Es ist davon auszugehen, daß sich der Wettbewerb in Zukunft noch weiter verstärken<br />

wird. Im Rahmen des EG-Binnenmarktes hat und wird sich der Wettbewerb im Straßengüterverkehr<br />

und in der Binnenschiffahrt erhöht bzw. erhöhen. Stichworte hierfür sind die<br />

Aufhebung der Kabotage und der Tarifpflicht. Auch die anstehende Reform der Bahn wird dazu<br />

führen, daß sie sich noch weitaus stärker auf die Anforderungen der Transportmärkte wird einstellen<br />

müssen; hierdurch wird der Wettbewerb weiter zunehmen.<br />

Damit stellt sich für die Verkehrspolitik die Frage, wie sie die angestrebten Verlagerungen<br />

weg von der Straße erreichen will. Zwar stehen ihr hierfür Instrumente wie z.B. die Verteuerung<br />

von Straßentransporten über die Erhöhung der Mineralölsteuer etc. zur Verfügung. Doch muß<br />

das Ergebnis nicht imbedingt die Verlagerung von Güteraufkommen auf einen der beiden anderen<br />

Verkehrsträger sein, denn es sind durchaus auch andere Anpassungsreaktionen des Straßengüterverkehrs<br />

denkbar. Es gibt etliche Ansätze, im Straßengüterverkehr Rationalisierungspo-<br />

35 Schuchardt 1991, S. 74f.


31 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

tentiale zu mobilisieren. 36 Durch die Liberalisierung der Transportmärkte wird der Werkverkehr<br />

entfallen, der zur Zeit eine Auslastung von ca. 40% aufweist. Die Möglichkeit, dann auch<br />

Transporte für andere durchzuführen, wird eine "Effizienzsteigerung" nach sich ziehen. Entwicklungen<br />

im Bereich der Logistik könnten sogar eher dazu führen, daß der Straßengüterverkehr<br />

seine Stellung noch weiter ausbauen wird: "Die Logistik kann im Bereich des Verkehrs<br />

eingesetzt werden, um eine höhere und gleichmäßigere Auslastung der Transportmittel, eine<br />

optimale Auslastung der Verkehrswege, höhere durchschnittliche (System-) Geschwindigkeiten<br />

sowie raschere Übergänge zwischen den verschiedenen Verkehrssystemen zu erreichen. Hier<br />

entwickelt der Straßengüterverkehr seine Potentiale wesentlich schneller als Bahn und Binnenschiff.<br />

Der 'Logistikeffekt' wird auch dazu beitragen, daß die vielerorts vorhandene Befürchtung,<br />

die Straße stehe vor einem 'Infarkt' und könne nennenswerte Verkehrszuwächse nicht aufnehmen,<br />

obsolet wird". 37<br />

Fuhrunternehmen, Speditionen und auch Lkw-Hersteller haben ein originäres Interesse daran,<br />

genau diesen Infarkt zu vermeiden, denn nur wenn ihnen dies hinreichend gelingt, können sie<br />

wirtschaftliche Erfolge am Markt realisieren. Das Innovationspotential, daß dadurch mobilisiert<br />

wird, muß von der Verkehrspolitik berücksichtigt werden, wenn die weitere Entwicklung auf<br />

den Verkehrsmärkten beeinflußt werden soll. Und auch bei der Bahn lassen sich noch deutliche<br />

Kapazitätserhöhungen erreichen, ohne neue Strecken bauen zu müssen. So ließe sich z.B. durch<br />

folgende Maßnahmen die Kapazität des Schienensystems erhöhen: die Angleichung der Geschwindigkeiten<br />

im Personen- und Güterverkehr, höhere Taktfrequenzen und der Einsatz längerer<br />

Züge. 38 Audi hierdurch können neue Kapazitäten geschaffen werden, die auf den Transportmärkten<br />

um Ladung konkurrieren werden. Eine Abschätzung der tatsächlichen Verlagerungsmöglichkeiten<br />

darf nicht eine statische Betrachtung des heutigen status quo zur Grundlage<br />

haben, sondern muß das Verhalten von Verladern und Transportunternehmen auf den zukünftigen<br />

Märkten mit berücksichtigen.<br />

3.8 Zusammenfassung<br />

Es sollte der Frage nachgegangen werden, ob für die Binnenschiffahrt ein Aufbruch in dem<br />

Sinn möglich ist, daß sie in der Zukunft ihre Stellung auf den Transportmärkten deutlich verbessert.<br />

Denn nur wenn dies absehbar ist, wären überhaupt Überlegungen zum Ausbau des Wasserstraßennetzes<br />

gerechtfertigt. Wie gezeigt wurde, ist und bleibt die Binnenschiffahrt in allerarster<br />

Linie Transporteur von Massengütern. Dementsprechend ist ihr Anteil am gesamten Transportaufkommen<br />

und an der Transportleistung weiterhin rückläufig. Die Chancen, in neue<br />

Marktsegmente einzudringen, werden für Transporte außerhalb des Rheins als ungünstig eingeschätzt<br />

36 Hier sei insbesondere auf die Aktivitäten zweier großer Nutzfahrzeughersteller hingewiesen, die in den folgenden<br />

Publikationen vorgestellt werden: Gerhard Wagner, Eberhard Hipp (1992): "Viele Lkw-Fahrten können gespart<br />

werden" und Reinhard Ball (1993): "Technologische Potentiale für einen umweltfreundlichen Güterverkehr".<br />

37 Hopf u.a. 1990, S. 131<br />

38 Schindler 1991, S.85


32 Binnenschiffahrt im Aufbruch?<br />

Als eine Chance für die Binnenschiffahrt, sich neue Marktsegmente zu erschließen, werden<br />

sehr häufig die sich verschlechternden Bedingungen im Straßengüterverkehr genannt. Stellvertretend<br />

hierfür Allemeyer: "Es könnte nämlich sein, daß sich das geschilderte Anforderungsprofil<br />

moderner Transportmärkte, dem das Leistungsprofil des Lkw so perfekt entspricht, nicht<br />

quasi naturgesetzlich entwickelt hat, sondern daß die das Anforderungsprofil prägenden <strong>Pro</strong>duktionsbedingungen<br />

(make or buy) und die diffuse Standortstruktur, der individuelle Behandlungsbedarf<br />

der Güter sich nur deswegen entwickelt haben, weil die Angebotsbedingungen des<br />

Lkw, seine Kosten, seine Ubiquität, die Anpassungsbereitschaft der Fahrer, die zeitliche und<br />

räumliche Grenzenlosigkeit seiner Infrastruktur, diese <strong>Pro</strong>duktionselemente erst ermöglichten,<br />

so daß mit verschlechterten Bedingungen für den Lkw in Zukunft womöglich eine Rückkehr zu<br />

anderen Anforderungsprofilen auch im Bereich moderner Kaufmannsgüter nicht ausgeschlossen<br />

ist"<br />

Wie oben ausgeführt wurde, sind die Verschlechterungen im Straßengüterverkehr aber nicht<br />

zwangsläufig. Wenn die Freiheit der Verkehrsmittelwahl der Verlader nicht eingeschränkt werden<br />

soll, dann entscheiden letztendlich die Märkte darüber, welche Transportmittel eingesetzt<br />

werden. Aus diesem Grund wird jeder Verkehrsträger versuchen, möglichst viele seiner Rationalisierungsreserven<br />

zu mobilisieren, um auf diesen Märkten bestehen zu können. Das hierbei<br />

das Binnenschiff unbedingt große Transportanteile für sich gewinnen kann, erscheint nicht sonderlich<br />

plausibel. Und die Ansätze, dem Trend zum Straßengüterverkehr entgegenzuwirken<br />

- Beispiel ist immer wieder der Container-Transport auf dem Rhein, lassen sich nicht verallgemeinern;<br />

sie sind und werden aller Wahrscheinlichkeit nach auf einzelne Fahrgebiete beschränkt<br />

bleiben. Der Bedeutungsverlust, den die Binnenschiffahrt in den letzten Jahrzehnten auf den<br />

Transportmärkten erfahren hat, kann dadurch nicht kompensiert werden.<br />

Auch der oft beschworene "Verkehrsinfarkt" wird daran nicht viel ändern, da den Transportunternehmen<br />

noch genügend andere Anpassungsmöglichkeiten bleiben als eine Verlagerung auf<br />

einen anderen Verkehrsträger, und diese alternativen Anpassungsmöglichkieten erscheinen zudem<br />

viel wahrscheinlicher vor dem Hintergrund des Entwicklungstrends auf den Verkehrsmärkten.<br />

"Das leistungsfähige Transportsystem ist der Straßengüterverkehr mit nach wie vor<br />

zunehmender Tendenz, selbst unter <strong>Pro</strong>gnosebedingungen, die starke Restriktionen von der politischen<br />

Seite beinhalten". 40 Wenn überhaupt, dann kann von einem Aufbruch der Binnenschiffahrt<br />

nur in einem sehr begrenzten Rahmen ausgegangen werden; als Argument für den Ausbau<br />

von Binnenwasserstraßen ist er ungeeignet.<br />

39 Allemeyer 1993, S. 273<br />

40 Stabenau 1993, S. 170


Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 33<br />

4. Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs<br />

Mit den ökologischen Folgekosten sollen Umweltauswirkungen erfaßt werden, die nicht in<br />

den Transportpreisen enthalten sind und daher auf Dritte abgewälzt werden.<br />

Eine Betrachtung der ökologischen Folgekosten zeigt, daß der Lkw die höchsten Schäden<br />

verursacht. Er ist deutlich umweltschädlicher als Eisenbahn und Binnenschiff. Wird ein Binnenschiff<br />

allein beim Betrieb auf den Binnenwasserstraßen in ihrem jetzigen Zustand betrachtet,<br />

dann verursacht es die geringsten ökologischen Folgekosten je erbrachter Leistungseinheit<br />

(tkm).<br />

Dies ändert sich aber, wenn das Argument der geringen Folgekosten für den Ausbau bzw.<br />

Bau von neuen Binnenwasserstraßen vorgebracht wird. Denn hier reicht eine alleinige Betrachtung<br />

dieser Folgekosten nicht aus; es müssen vielmehr auch die ökologischen Folgekosten<br />

des Ausbaus der Wasserstraßen mit in die Betrachtung einbezogen werden.<br />

Die Umweltwirkungen des Verkehrs lassen sich generell in drei Bereiche unterteilen 1:<br />

1. Die Herstellung der Verkehrsmittel und -einrichtungen (gesamte Infrastruktur),<br />

2. die Nutzung der Verkehrsmittel und<br />

3. die Beseitigung der ausgedienten Verkehrsmittel und -einrichtungen.<br />

Im Mittelpunkt der Diskussion um die Umweltbelastungen durch den Verkehr stehen aber<br />

fast ausschließlich die aus der Nutzung, dJh. dem Fahrbetrieb, entstehenden Umweltwirkungen.<br />

Der Bereich der Fahrzeug- und Infrastrukturerstellung sowie die Entsorgung der Fahrzeuge und<br />

Einrichtungen wird noch weitgehend ausgeblendet 2 Zu nennen sind z.B. die bei der Fahrzeugproduktion<br />

verbrauchten Energiemengen und die erzeugten Emissionen, Abwässer und Abfälle<br />

oder die Auswirkungen durch den Bau von Verkehrswegen. Für den Bereich der Entsorgung sei<br />

beispielhaft auf die Frage nach dem Recycling von Altautos oder auf den beim Bau von Verkehrsinfrastrukturen<br />

anfallenden Bauschutt hingewiesen. Zur "vollständigen" Abschätzung der<br />

vom (Güter-) Verkehr verursachten Umweltschäden bedarf es somit einer umfassenderen Betrachtung<br />

als der Fokussierung auf die aus dem Fahrbetrieb resultierenden Emissionen. Während<br />

die ökologischen Folgen des Wasserstraßenausbaus im Rahmen des <strong>Pro</strong>jektes 17 schon<br />

weiter oben beschrieben wurden, sollen im folgenden Umweltwirkungen aus dem Fahrzeugbetrieb<br />

und ihre ökonomische Behandlung im Mittelpunkt stehen.<br />

1 vgl. Rothengatter 1991, S.32<br />

2 Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages "Schutz des Menschen und der Umwelt" hat dieses Thema<br />

jüngst zum Gegenstand einer Expertenanhörung gemacht und damit erstmals diesen Bereich umfassend erläutert.<br />

Ergebnis der Anhörung war, daß unser heutiges Verkehrssystem viel zu materialintensiv ist


34 Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 34<br />

4.1 Konzept der Folgekosten<br />

Mit der Ermittlung ökologischer Folgekosten sollen Umweltbeeinträchtigungen in einer ökonomischen<br />

Größe - den Kosten bzw. entsprechenden monetären Beträgen - bewertet und ausgedrückt<br />

werden. Gleichzeitig sollen sie zeigen, daß die Ausdehnung von <strong>Pro</strong>duktion oder Konsumtion<br />

über ein bestimmtes Maß hinaus nicht mehr als ökonomisch rational zu begründen ist,<br />

da die verursachten Kosten gesamtwirtschaftlich höher sein können als die daraus entstehenden<br />

Nutzen.<br />

Externe Kosten fallen an, wenn die Marktpreise nicht die vollen Kosten der Inanspruchnahme<br />

einer Ressource oder eines Gutes widerspiegeln. Die anfallenden Kosten werden dann nicht allein<br />

vom Verursacher der Kosten, sondern auch von Dritten getragen. In einem marktwirtschaftlichen<br />

Wirtschaftssystem sollen die Kosten durch die Preise angezeigt werden. Ist dies der<br />

Fall, dann soll nach den Vorstellungen der Allokationstheorie eine optimale Nutzung der Ressourcen<br />

gewährleistet sein. Sind diese Kosten aber nicht oder nur unvollständig in den Preisen<br />

enthalten, dann kann auch vom Preissystem kein Einfluß auf bestimmte Effekte ausgeübt werden;<br />

es kommt zu externen Effekten bzw. es fallen externe Kosten an. "Beeinflussungen, die<br />

gewissermaßen direkt am Preissystem vorbei den direkten Nutzen betreffen, und die deshalb<br />

durch den Preismechanismus auch nicht koordiniert werden können, nennt man externe Effekte<br />

oder Externalitäten. •Extern' bezieht sich also nicht auf den einzelnen <strong>Pro</strong>duzenten oder Konsumraiten,<br />

außerhalb dessen Einfluß der Effekt liegt, sondern auf das Preissystem, das auf bestimmte<br />

Effekte nicht reagiert" . 3<br />

Im Verkehrsbereich führen externe Kosten zu folgenden, aus ökonomischer Sicht suboptimalen<br />

Entwicklungen: 4<br />

> Durch nicht internalisierte Kosten der Umweltnutzung entstehen Verkehrskosten mit zu niedrigem<br />

Niveau und falscher Struktur,<br />

> die aktuelle und die trendmäßig prognostizierte Verkehrsnachfrage fallen höher aus, als dies<br />

bei der Internalisierung der Fall wäre;<br />

> die technische Entwicklung im Hinblick auf den Umweltschutz wird fehlgeleitet;<br />

> Standortwahl und Logistik der Unternehmen entwickeln sich in Richtung auf einen überhöhten<br />

Verbrauch an Umweltressourcen.<br />

Um zu ökonomisch optimalen Ergebnissen zu kommen, müssen die externen Kosten in private<br />

Kosten überführt - internalisiert - werden. D.h., die von den einzelnen Verursachern jeweils<br />

ausgelösten externen Kosten sollen ermittelt und den jeweiligen Handlungen angelastet<br />

werden. Geschieht dies, dann können über den Markt wieder ökonomisch richtige Zustände erreicht<br />

werden. Für die Internalisierung der externen Kosten ist es daher eine wesentliche Voraussetzung,<br />

deren Höhe zu ermitteln.<br />

3 Weimann 1990, S. 19f<br />

4 vgl. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesminister für Verkehr 1992, S. 114


Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 35<br />

4.2 <strong>Pro</strong>bleme der Ermittlung externer Kosten<br />

Intention bei der Berechnung ökologischer Folgekosten ist u.a., die Dimension der Schäden<br />

aufzuzeigen, die durch die ökonomischen Aktivitäten verursacht werden. Sollen sie den Verursachern<br />

über korrigierte Preise zusätzlich zu ihren privaten Kosten angelastet werden, dann<br />

müssen sie zunächst einmal möglichst umfassend ermittelt werden. Um es mit E.U. von Weizsäcker<br />

auszudrücken: die Preise sollen die "ökologische Wahrheit" sprechen. 5 Ökologische<br />

Wahrheit meint, daß die Preise die tatsächlich verursachten Folgekosten miteinbeziehen sollen.<br />

Welche <strong>Pro</strong>bleme bei der Erfassung und <strong>Bewertung</strong> externer Kosten bestehen, verdeutlicht die<br />

folgende Abbildung. Die verschiedenen Ebenen zeigen, wie nach der Erfassung und <strong>Bewertung</strong><br />

externer Kosten nur ein bestimmter Teil der tatsächlich entstehenden Folgekosten dem Verursacher<br />

zugerechnet werden kann. Der andere Teil der tatsächlich gegebenen Kosten geht als Informationsverlust<br />

verloren.<br />

Informationsverluste bei der Erfassung und <strong>Bewertung</strong> von Folgekosten<br />

Tatsächliche Folgekosten<br />

Identifizierte Folgekosten<br />

Quantifizierte Folgekosten<br />

Bewertete Folgekosten<br />

Dem Verkehrssektor<br />

zugeordnete Folgekosten Informationsverlust<br />

Quelle: Walter 1988, Seite 72<br />

Der oberste Balken der Abbildung repräsentiert die tatsächlichen Folgekosten. Ihr Umfang ist<br />

aber nur unvollständig bekannt, da die Identifizierung z.B. vom naturwissenschaftlichen Kenntnisstand<br />

und den verfügbaren Meßmethoden abhängt. Ändert sich der Kenntnisstand oder werden<br />

die Meßmethoden genauer, verändert sich auch entsprechend der Umfang der identifizierten<br />

Folgekosten. Diese müssen in einem weiteren Schritt quantifiziert werden. Denkbar ist jedoch,<br />

daß sich gewisse Schädigungen nur qualitativ angeben lassen. Ein Beispiel hierfür sind die Cö2-<br />

5 von Weizsäcker 1992, S. 143


36 Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 36<br />

Emissionen: Es ist bekannt, daß sie zu einer Veränderung des Klimas beitragen; aber es ist zur<br />

Zeit kaum möglich, diese Veränderungen zu quantifizieren.<br />

Schließlich folgt der schwierige Schritt, die auftretenden Schäden zu bewerten, d.h. sie in<br />

Geldeinheiten auszudrücken. 6 Anschließend müssen dann die bewerteten Folgekosten den Verursachern<br />

angelastet werden. 7 Dies muß durch korrigierende Eingriffe des Staates geschehen,<br />

da der Markt aus sich selbst heraus diese Kosten nicht vermittelt So könnte beispielsweise der<br />

Preis für ein Gut um die Höhe der bewerteten Folgekosten korrigiert werden. Dies kann z.B.<br />

durch eine gesonderte Abgabe oder die Erhöhung einer bestehenden Steuer geschehen. Ein solcher<br />

Vorgang erfordert einen entsprechenden Beschluß durch das Parlament, die Legislative. Es<br />

ist aber nicht gesagt, daß die bewerteten externen Kosten auch wirklich in für die Verursacher<br />

interne Kosten umgewandelt werden. Die aus Sicht von Parteien notwendige Rücksicht auf bestimmte<br />

Interessengruppen kann dazu führen, daß die externen Kosten nur unvollständig den<br />

Verursachern angelastet werden. Den ökologisch wahren Preisen stehen daher etliche Hindernisse<br />

im Weg: Auf jeder Stufe des <strong>Bewertung</strong>s- und Umsetzungsprozesses geht ein Teil der<br />

tatsächlich vorhandenen Folgekosten verloren. Den Anspruch, wirkliche Knappheiten im Sinne<br />

der Ökonomie widerzuspiegeln, können die ökologischen Folgekosten damit nur sehr begrenzt<br />

einlösen.<br />

43 Die externen Kosten des Güterverkehrs - Ergebnisse der PLANCO-Studie<br />

In einer von der Deutschen Bundesbahn 1989 in Auftrag gegebenen Studie ermittelte die<br />

PLAN CD Consulting GmbH 8 die externen Kosten des Personen- als auch des Güterverkehrs;<br />

deren Ergebnisse sollen hier stellvertretend für den Bereich der Berechnung externer Kosten<br />

vorgestellt werden. Nach dieser Studie lagen die externen Kosten Mitte der 80er Jahre bei den<br />

landgebundenen Verkehrsträgern im ehemaligen Bundesgebiet bei mindestens 37 Mrd. DM im<br />

Jahr. Davon entfielen rund 31 Mrd. DM auf den Personenverkehr und rund 6,3 Mrd. DM auf<br />

den Güterverkehr.<br />

Diese Summen müssen als Untergrenze angesehen werden, da gegenwärtig nicht alle Schadensdimensionen<br />

einer Monetarisierung zugänglich sind: So wurden z.B. die den Treibhauseffekt<br />

verstärkenden C02-Emissionen, an denen der Verkehr maßgeblich beteiligt ist, nicht in die<br />

<strong>Bewertung</strong> miteinbezogen. Nach Angaben der Autoren fehlen zu ihrer <strong>Bewertung</strong> noch geeignete<br />

Berechnungsmodelle. Der C02-Ausstoß dürfte aber eines der wichtigsten Elemente der<br />

® Verfahren zur <strong>Bewertung</strong> externer Kosten: Zu ihrer Ermittlung gibt es eine Reihe von verschiedenen Ansätzen in<br />

der Ökonomie. Als wichtigste Ansätze sind der Schadenvermeidungsansatz, die Zahlungsbereitschaftsanalyse, der<br />

Ressourcenansatz, der Risiko-Ansatz, der Schadfunktionenansatz und die Marktdatendivergenzanalyse zu nennen.<br />

Eine Übersicht über die verschiedenen Ansätze findet sich zum einen in der angeführten PLANCO Studie. Weiterhin<br />

hierzu Rothengatter 1989, Leipert 1989, Hampidee 1991<br />

7 Auf ein weiteres <strong>Pro</strong>blem in diesem Zusammenhang soll hier nur hingewiesen weiden: die Ermittlung einer korrekten<br />

Verursachungsbeziehung zwischen Schaden und Schädiger stellt oft ein ebensogroßes <strong>Pro</strong>blem dar wie die<br />

Ermittlung der Folgekosten.<br />

8 PLANCO Consulting GmbH 1990: Externe Kosten des Verkehrs. Schiene, Straße, Binnenschiff.


Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 37<br />

externen Kosten des Verkehrs darstellen. Weiterhin wurden Externalitäten wie z.B. der Flächenverbrauch,<br />

die Landschaftsbeeinträchtigung, die Abfallbeseitigung von Fahrzeugen und<br />

verkehrsinduzierte Auswirkungen auf Flora und Fauna nicht oder nur zum Teil berechnet.<br />

Ermittelt wurden die externen Kosten des Verkehrs in dar PLANCO-Studie für die Bereiche<br />

Luftverschmutzung, Boden- und Wasserbelastung, Belastungen durch Lärm, Unfälle, Trennwirkungen<br />

und Flächenverbrauch. Da die infolge von Unfällen und Trennwirkungen verursachten<br />

externen Kosten nicht als ökologische Folgekosten anzusehen sind 9, werden sie hier aus<br />

den ermittelten Werten herausgerechnet. Damit ergeben sich für den Güterverkehr in der ehemaligen<br />

Bundesrepublik Deutschland folgende ökologische Folgekosten in Deutschrai Pfennigen<br />

(DPf).<br />

Externe Kosten des Güterverkehrs in DPf/tkm Mitte der 80er Jahre<br />

Schätzversion<br />

Luftverschmutzung<br />

I IIa üb<br />

Boden-und<br />

Wasserbelastung<br />

Lärm Flächen-<br />

verbrauch<br />

Lkw 1,37 1,93 2,36 0,40 0,35 0,06<br />

Bahn 0,19 0,27 0,33 — 0,68 0,02<br />

Schiff 0,20 0,28 0,34 — — —<br />

Quelle: PLANCO 1990, Seite 9<br />

Anmerkungen zur Ermittlung der externen Kosten 10<br />

Luftverschmutzung: Die Schätzversion I basiert auf wirkungsspezifischen Schätzungen der luftverschmutzungsbedingten<br />

Schäden. Da die Gesundheitsbelastungen, Tier-, Pflanzen- und Materialschäden<br />

nur unvollständig erfaßt sind, führt diese Schätzversion zu einer Unterbewertung der externen Kosten.<br />

Unbewertet blieben beispielsweise die Todesfalle infolge luftverschmutzungsbedingter Herz-Keislauf-<br />

Leiden (Schadfunktionenansatz).<br />

Den Schätzversionen II liegen Ergebnisse von in Berlin durchgeführten Befragungen nach der Zahlungsbereitschaft<br />

für bessere Luft zugrunde. Die Differenz zwischen IIa und üb beruht auf unterschiedlichen<br />

Hochrechnungsmodalitäten.<br />

Boden- und Wasserbelastung: Jährliche Aufwendungen für Abwasserauffang- und -reinigungsanlagen an<br />

Straßen; Restschäden durch nicht verhinderte Schadstoffinfiltration blieben unbewertet<br />

(Vermeidungskosten).<br />

Lärmbelastung: Jährliche Aufwendungen für den Einbau von Schallschutzfenstern zur Verhinderung<br />

nächtlicher Lärmbelastungen von mehr als 55dB(A). Schäden in ungeschützten Bereichen blieben unbewertet<br />

(Vermeidungskosten).<br />

Flächenverbrauch: Kosten für ökologische Ausgletehsmaßnahmen, die zur Beseitigung der durch Verkehrsanlagen<br />

verursachten Störungen im Naturhaushalt (Trenn- und Versiegelungseffekte) notwendig<br />

werden.<br />

® Die externen Kosten der Unfälle wurden anhand der <strong>Pro</strong>duktionsausfälle infolge vorübergehender oder dauerhafter<br />

Arbeitsunfähigkeit Verunglückter ermittelt. Die Trennwirkungen wurden anhand von Zeitverlusten von Anwohnern<br />

bewertet, die durch Warten an stark befahrenen Straßen bestehen.<br />

1 0 PLANCO 1990. S. 10


38 Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 38<br />

Die Anmerkungen verdeutlichen noch einmal die <strong>Pro</strong>bleme bei der Ermittlung externer Kosten:<br />

Nicht nur, daß einige Externalitäten - wie erwähnt - nicht berücksichtigt sind; auch die<br />

gewählten <strong>Bewertung</strong>sgrundlagen sind durchaus diskussionsbedürftig: So ist u.a. fraglich,<br />

warum als Maßstab bei der Lärmbelastung nur die Verhinderung von nächtlicher Lärmbelastung<br />

von mehr als 55dB(A) gewählt wurde. Am Tage entstehender Lärm fließt nicht in die externen<br />

Kosten mit ein.<br />

Externe Kosten des Güterverkehrs<br />

in DPf je tkm<br />

Quelle: erstellt nach PLANCO1990, Seite 9<br />

Straße Bahn Schiff<br />

Folgt man den Berechnungen von PLANCO, dann gibt es eine eindeutige Hierarchie bezüglich<br />

der externen Kosten. Die mit dem Lkw erbrachte Leistungseinheit verursacht eindeutig die<br />

höchsten externen Kosten. Bei der Schätzversion IIa und üb erhöht sich die Differenz noch zu<br />

den externen Kosten von Bahn und Binnenschiff - dies liegt an der hier zugrundegelegten höheren<br />

Wertschätzung für bessere Luft. Die Bahn folgt dann mit den nächsthöheren Folgekosten<br />

vor der Binnenschiffahrt, wobei der Abstand zwischen den beiden deutlich geringer ist.<br />

Auf die ökologischen Folgekosten von Bahn und Binnenschiff soll hier näher eingegangen<br />

werden, da sie im Zusammenhang mit dem Ausbau von Wasserstraßen sowohl von Befürwortern<br />

als auch von Gegnern immer wieder als ein zentrales Argument zur Stützung ihrer jeweiligen<br />

Argumentation genutzt werden. Im Gegensatz zu den von PLANCO berechneten Folgekosten<br />

wird für den Vergleich der drei Verkehrsmittel häufig der spezifische Energieverbrauch<br />

angegeben. Dieser wird aber nur in physikalischen Größen angegeben; eine Angabe über die<br />

mit dem Kraftstoffverbrauch verbundenen Umweltschädigungen und eine <strong>Bewertung</strong> dieser<br />

Schäden wird nicht vorgenommen. Da zum einen die Luftverschmutzung die wesentlichste


Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 39<br />

Schadenskategorie der Binnenschiffahrt ist and zum anderen zwischen Energieverbrauch und<br />

Luftverschmutzung eine direkte Abhängigkeit unterstellt werden kann, erlauben auch die Energieverbrauchswerte<br />

Rückschlüsse auf die Umweltverträglichkeit. Betrachtet man den spezifischen<br />

Primärenergieverbrauch der Verkehrsträger Straße und Schiene im Verhältnis zum Binnenschiff,<br />

so ergibt sich folgendes Bild:<br />

Verhältnisse des spezifischen Primärenergieverbrauchs<br />

Studien Binnenschiff Schiene Straße<br />

1)EG<br />

2) Bundestag<br />

3) Bahnkommission<br />

4) WWF<br />

5) DIW<br />

6) Verein für<br />

1<br />

lß<br />

0,5<br />

0,6<br />

12<br />

4,0<br />

3,7<br />

3,2<br />

5ß<br />

4,8<br />

4,3<br />

Binnenschiffahrt<br />

Quellen<br />

1) Grünbuch der Europäischen Gemeinschaft 1992<br />

2) Bundestagsdrucksache 11/1568; hier ist allerdings der Endenergieverbrauch angegeben<br />

3) Regierungskommission Bahn 1991, Seite 53<br />

4) Hiess/Korab (im Auftrag des WWF Österreich) 1992, Seite 17<br />

5) Voigt 1993, Seite 312<br />

6) Verein für Binnenschiffahrt 1922, Seite 26<br />

Die einzelnen Angaben liegen in einer recht großen Bandbreite; dies liegt u.a. daran, welche<br />

Auslastungsgrade, Transportgeschwindigkeiten etc. den Berechnungen zugrunde gelegt werden.<br />

Wie die Tabelle zeigt, wird der Energieverbrauch der Bahn in zwei Fällen gegenüber dem Binnenschiff<br />

als geringer angegeben: Dies ist einmal die Studie von Hiess und Korab im Auftrag<br />

des WWF. Der Vergleich ist aber auf die Verhältnisse in Österreich bezogen. Der schlechtere<br />

spezifische Verbrauchswert der Binnenschiffahrt resultiert u.a. auf der starken Unpaarigkeit der<br />

Güterströme (geringere Auslastung) und dem starken Gefälle auf der Donau. In der Bundestagsdrucksache<br />

werden die Werte als Endenergieverbrauch angegeben. Dabei wird nicht der<br />

Umwandlungsverlust bei der Stromerzeugung berücksichtigt. Damit ist auch dieser Wert nur<br />

bedingt mit den anderen vergleichbar und scheint zudem die Bahn zu positiv darzustellen.<br />

Der Vergleich zeigt insgesamt, daß das Binnenschiff beim Energieverbrauch etwas günstiger<br />

liegt als die Bahn. Unterstellt man, wie schon gesagt, daß der Energieverbrauch und die Umweltbelastung<br />

(Luftschadstoffe und C02) direkt voneinander abhängig sind, und geht weiter davon<br />

aus, daß die von der Binnenschiffahrt verursachten ökologischen Folgekosten vor allem im<br />

Bereich der Luftschadstoffe anfallen (siehe PLANCO-Studie), dann verursacht die Binnenschiffahrt<br />

aufgrund des geringeren Energieverbrauchs die geringsten spezifischen Folgekosten. Folgendes<br />

ist hierzu aber anzumerken:<br />

1) Die Folgekosten beziehen sich auf die Leistungseinheit Tonnenkilometer. Die Aussage dieser<br />

Werte beschränkt sich also darauf, bei welchem Transportmittel der Transport einer Tonne über


40 Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 40<br />

einen Kilometer welche ökologischen Folgekosten verursacht Für eine Beurteilung der Umweltschädlichkeit<br />

von Gütertransporten reicht es aber nicht aus, nur diese auf einen Tonnenkilometer<br />

bezogenen Werte zu vergleichen. Bedingt durch die geringe Netzdichte der Binnenwasserstraßen<br />

muß z.B. das Binnenschiff oft einen viel längeren Weg fahren als die Bahn, um zum<br />

Bestimmungsort zu gelangen. Dementsprechend können dann auch die gesamten Emissionen,<br />

die während dieses Transports anfallen, bei der Binnenschiffahrt insgesamt höher sein als bei<br />

der Bahn.<br />

2) Die Kennzahlen zum spezifischen Energieverbrauch sind nur auf den ersten Blick eine taugliche<br />

Fundierung für die Forderung nach Verlagerung der Gütertransporte. Denn bei dieser Forderung<br />

"... wird übersehen, daß die Maßgröße tkm, auf die sich die Verbrauchswerte beziehen,<br />

völlig unterschiedlich sein kann, wenn es sich z.B. um die Feinverteilung von Arzneimitteln an<br />

Apotheken einerseits und den Erztransport in Sechserverbänden andererseits handelt. Beide<br />

Transportbeispiele bringen tkm und einen zugehörigen spezifischen Energieverbrauch, aber im<br />

Ergebnis absurde Vergleiche. Der Einsatz des energiewirtschaftlich günstigsten Binnenschiffs<br />

anstelle von Bahn und Lkw wird stets nur in einem kleinen Marktsegment möglich sein". 11<br />

3) Die aus dem Fahrzeugbetrieb resultierenden Folgekosten treffen keine Aussage über die Folgekosten<br />

des Gesamtsystems Binnenschiff/Wasserstraße; sie gelten lediglich für ein auf ein»<br />

gegebenen Binnenwasserstraße fahrendes Schiff. Die daraus resultierenden ökologischen Folgekosten<br />

sind aber kein geeignetes Argument, um den Bau bzw. Ausbau von Wasserstraßen zu<br />

rechtfertigen, denn die Umweltwirkungen des Infrastrukturausbaus sind nicht in diesen Folgekosten<br />

enthalten.<br />

4.4 Einschätzung der Ergebnisse<br />

Die Existenz ökologischer Folgekosten verdeutlicht, daß die den Verursachern angelasteten<br />

Kosten zu gering sind und es aus ökonomischer Sicht zu eine Übernutzung knapper Ressourcen<br />

kommt. Weiter läßt sich an Hand der Ergebnisse sagen, daß der Einsatz von Bahn und Binnenschiff<br />

weniger Folgekosten verursacht als der Einsatz des Lkw. Im Vergleich von Bahn und<br />

Binnenschiff schneidet das Binnenschiff etwas günstiger ab. Auch wenn die in dem PLANOO-<br />

Gutachten ermittelten externen Kosten nicht den tatsächlichen Kosten entsprechen, so ist doch<br />

davon auszugehen, daß die Struktur der Folgekosten zwischen den drei Transportmitteln stimmig<br />

ist. Es erscheint als sehr unwahrscheinlich, daß der Lkw in Zukunft weniger externe Kosten<br />

verursachen wird als Bahn oder Binnenschiff; selbst Berechnungen, die den tatsächlichen Kosten<br />

näher kämen als die bisherigen, dürften daran nichts ändern. Eher im Gegenteil: wenn die<br />

002-Emissionen mit in die externen Kosten einbezogen werden könnten, dürften die vom Lkw<br />

verursachten Folgekosten stärker steigen als die von Bahn und Binnenschiff.<br />

1 1 Allemeyer 1993, S. 281


Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 41<br />

Andere Gutachten über die ökologischen Folgekosten mögen im einzelnen andere Werte ermitteln.<br />

In Anbetracht dessen, daß die Berechnung von Folgekosten immer etwas mit dem gewählten<br />

<strong>Bewertung</strong>sansatz und seiner Handhabung zu tun hat, sind unterschiedliche Ergebnisse<br />

nicht weiter verwunderlich. Hier ist aber vielmehr die Aussage von Bedeutung, daß der Lkw<br />

höhere Folgekosten verursacht als Bahn oder Binnenschiff und dies als eine stabile Struktur angesehen<br />

werden kann. Damit muß der Lkw Hauptansatzpunkt einer Umweltpolitik im Güterverkehr<br />

sein, denn er verursacht nicht nur die höheren externen Kosten, sondern hat ja auch den<br />

größten Anteil am Modal-Split. Nimmt man die ökologischen Folgekosten und setzt sie in Beziehung<br />

mit den Verkehrswertigkeiten der einzelnen Verkehrsmittel, dann lassen sich Aussagen<br />

darüber treffen, wann welches Transportmittel einzusetzen wäre. Die nachfolgende Abbildung<br />

gibt darüber einen Überblick. Diese Aussagen beziehen sich auf ein bestehendes Verkehrswegenetz;<br />

sie sagen nichts darüber aus, ob und wann für welches Verkehrsmittel die Infrastruktur<br />

ausgebaut werden sollte.<br />

Güterverkehrswirtschaftliches Arbeitsmodell<br />

Ausgangspunkt für das güterverkehrswirtschaftliche Arbeitsmodell ist die Überlegung, daß<br />

ein Transportmittel nur dann für eine Transportaufgabe eingesetzt werden sollte, wenn es aufgrund<br />

seiner spezifischen Eigenschaften verbunden mit den vom ihm verursachten externen Kosten<br />

am besten dafür geeignet ist. In diesem Fall stellt es gesamtwirtschaftlich die optimale Verkehrsmittelwahl<br />

dar. Für Lkw, Bahn und Binnenschiff ergeben sich damit folgende Einsatzbereiche:<br />

Bei Flächentransporten, auf denen Stückgüter zu befördern sind, ist der Lkw das geeignetste<br />

Verkehrsmittel. Er weist die höchste Netzbildungsfähigkeit auf, ist wegen seiner hohen<br />

Disponierbarkeit und den relativ kleinen Transporteinheiten vorteilhafter. Bei Stückguttransporten<br />

über lange Strecken bietet sich vor allem der kombinierte Verkehr an. Bahn und<br />

auch Binnenschiff können auf langen Strecken zwischen zwei Verladepunkten ihre Vorteile<br />

ausspielen. Insbesondere der Einsatz von Containern, in denen Stückgüter zu größeren Einheiten<br />

zusammengefaßt werden, kommt Bahn und Binnenschiff entgegen. Die Anlieferung zum<br />

Ausgangspunkt und die Verteilung am Zielort ist dann wieder per Lkw zu erledigen. Da die<br />

Sendungen hier wieder kleiner sind und der Lkw die höhere Netzibildungsfähigkeit aufweist,<br />

kommt ihm diese Transportaufgabe zu. Beim Transport von Massengütern sind Bahn und Binnenschiffahrt<br />

dem Lkw überlegen. Sie können aufgrund ihrer Massenleistungsfahigkeit eine<br />

Kostendegression beim Transport umsetzen. Dies ist vor allem bei den transportkostensensiblen<br />

Massengütern eine wesentliche Entscheidungsgröße. Das <strong>Pro</strong>blem der geringeren Netzbildungsfähigkeit<br />

ist hier nicht so wesentlich: Industrien, die auf den günstigen Transport von Massengütern<br />

angewiesen sind, richten ihre Standorte entsprechend aus.


42 Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 42<br />

Güterverkehrswirtschaftliches Arbeitsmodell<br />

Gut<br />

Stückgut—<br />

tranaport<br />

Maaaen-<br />

tranaport<br />

Btnni<br />

Quelle: Claussen 1979, Seite 208<br />

Fl&chentransport Streckentransport<br />

Straße<br />

(Straße)<br />

(Schiene)<br />

kombinierter<br />

Verkehr<br />

Schiene (k.t.)<br />

Binnenschiffahrt<br />

Mit diesem güterverkehrswirtschaftlichen Arbeitsmodell wurde aber lediglich qualitativ festgelegt,<br />

welches Verkehrsmittel für welche Transportaufgabe am besten geeignet ist. Eine wichtige<br />

Schlußfolgerung für eine Verkehrs- und Umweltpolitik daraus ist, einen in diesem Sinn<br />

"optimalen" Einsatz der Transportmittel zu erreichen. Doch nicht nur der qualitative Aspekt,<br />

sondern auch der quantitative Aspekt - d.h. das gesamte Verkehrsaufkommen und die Fahrleistungen<br />

- sind für die Umweltbelastung von entscheidender Bedeutung. Selbst wenn für jede<br />

Transportaufgabe nur das jeweils geeignetste Transportmittel eingesetzt würde, kommt es bei<br />

einem weiterem Wachstum des Güterverkehrs zu einer Zunahme der Umweltbelastungen. So<br />

sehen Holzapfel und Schallaböck 12 vier Strategien zur Verminderung der Umweltbelastungen<br />

als unbedingt geboten an, bei denen die Verlagerung auf ökologisch günstigere Verkehrsmittel<br />

aber erst an dritter Stelle steht:<br />

1) Verminderung der Verkehrs- und Transportmengen,<br />

2) Verminderung der Verkehrs- und Transportentfernungen,<br />

3) Verlagerung zu ökologisch günstigeren Verkehrsmitteln,<br />

4) Übergang auf unaufwendigere und energieeffizientere Fahrzeuge.<br />

Damit kommt der Verkehrs- und Umweltpolitik eine zweifache Steuerungsaufgabe zu: sie<br />

muß zum einen auf das jeweils eingesetzte Transportmittel, zum anderen aber vor allem auf die<br />

transportierten Gütermengen und die Transportentfernungen Einfluß nehmen. Stellt es sich die<br />

1 2 Holzapfel/Schallaböck 1992, S. 175


Ökologische Folgekosten des Güterverkehrs 43<br />

Verkehrspolitik zur Aufgabe, Transportmengen und -entfernungen zu vermindern, dann stellt<br />

sich auch die Frage nach dem Bau bzw. Ausbau von Verkehrswegen in einem anderem Licht<br />

dar, denn die Erleichterung von Transportvorgängen steht diesem Ziel entgegen.


44 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

5. <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs<br />

5.1 <strong>Pro</strong>gnosen für die neuen Bundeslander<br />

Die Basis der Verkehrsprognose des BVWP für die neuen Bundesländer<br />

Ein zentraler Punkt der vorliegenden Güterverkehrsprognosen und insbesondere für das <strong>Pro</strong>jekt<br />

17 Deutsche Einheit sind die Annahmen hinsichtlich der Perspektiven der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung in den neuen Bundesländern und den mittel- und osteuropäischen Staaten. Da aufgrund<br />

des wirtschaftlichen Strukturbruchs in den ehemals planwirtschaftlich orientierten Staaten<br />

Vergangenheitswerte der wirtschaftlichen Entwicklung keine bzw. nur eine sehr geringe Aussagefähigkeit<br />

haben, sind Langfristprognosen extrem unsicher. Dies wird auch in den Gutachten<br />

zur Verkehrsentwicklung betont. Zugleich werden aber Grundannahmen getroffen, die insgesamt<br />

von sehr positiven wirtschaftlichen Entwicklungen ausgehen. D.h. die Analysen beruhen<br />

in der Regel auf best-case-Annahmen mit der Konsequenz, daß damit entsprechend hoher Verkehr<br />

errechnet wird.<br />

Die wirtschaftlichen Konsequenzen, die der Umbruch in den neuen Ländern hatte, wurden<br />

bereits in den Kurzfristprognosen regelmäßig völlig unterschätzt. Mithin kann die Aussage gestützt<br />

werden, daß insbesondere die langfristigen <strong>Pro</strong>gnoseprobleme immens sind und als<br />

Grundlage für eine dementsprechende Infrastrukturentwicklung in Frage zu stellen sind. Die<br />

Basis für die Verkehrsinfrastrukturelle Entwicklung sind insofern auch weniger <strong>Pro</strong>gnosen zu<br />

der wirtschaftlichen Entwicklung, als vielmehr Ziele, die politisch vorgegeben werden.<br />

<strong>Pro</strong>gnosen zur wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern<br />

Im folgenden werden die <strong>Pro</strong>gnosen bzw. Szenarien für die wirtschaftliche Entwicklung in<br />

den neuen Bundesländern und insbesondere auch des Berliner und Brandenburger Raums kurz<br />

dargestellt und auf mögliche <strong>Pro</strong>blembereiche hin untersucht. Dabei handelt es sich zum einen<br />

um die Grundlagen des Kessel + Partner Gutachtens, die Strukturdatenprognose für die Bundesverkehrswegeplanung,<br />

und um die <strong>Pro</strong>gnos - Szenarien hinsichtlich der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung in den neuen Bundesländern und speziell im Raum Berlin-Brandenburg. 1<br />

Die Strukturdatenprognose basiert für die neuen Länder auf dem Postulat des 'Nicht Mezzagiorno',<br />

also darauf, daß letztlich die Politik entsprechende Maßnahmen ergreift, um die Einheitlichkeit<br />

der Lebensverhältnisse sicherzustellen. Dabei muß darauf hingewiesen werden, daß<br />

die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse ein relativer Begriff ist, auch in den alten Bundesländern<br />

existieren z.T. erhebliche Unterschiede im wirtschaftlichen Leistungsvermögen der verschiedenen<br />

Regionen und diese Spannen werden auch künftig zwischen Ost und West existie-<br />

1 Kessel + Partner 1991; <strong>Pro</strong>gnos AG u.a. 1992


45 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

ren. Die <strong>Pro</strong>gnos-Studie hingegen entwickelt Szenarien zu der wirtschaftlichen Entwicklung bei<br />

unterschiedlichen Grundannahmen und kommt damit zu veränderten Wirtschaftsdaten für die<br />

neuen Bundesländer im Jahre 2010 und damit letztlich auch zu anderen Verkehrsentwicklungsdaten.<br />

Ein zentraler Punkt ist, darauf hinzuweisen, daß es sich bei der Begründung der Basis für die<br />

Güterverkehrsprognose von Kessel + Partner um ein politisch gesetztes Ziel handelt, das der<br />

Staat durch seine Handlungen zu erreichen sucht. Dies ist durchaus legitim, bedeutet aber letztlich,<br />

daß unterstellt wird, daß der Staat in der Lage ist, gesetzte Ziele auch zu erreichen, in diesem<br />

Fall also vergleichbare Verhältnisse in den neuen Bundesländern zu schaffen. Ohne diese<br />

Grundannahme ist die <strong>Pro</strong>gnose der Güterverkehrsströme der Kessel und Partner Studie so nicht<br />

möglich.<br />

Damit eröffnet sich aber zugleich die Möglichkeit, andere Szenarien zu entwickeln, die sich<br />

ebenfalls an politisch gesetzten Zielen orientieren; dies könnte eben auch die Reduktion von<br />

Güterverkehren bedeuten. Ein Beispiel dazu soll weiter unten dargestellt werden: Es handelt<br />

sich dabei um die energiepolitischen Orientierungen des Landes Berlin, das sich dem internationalen<br />

Klimabündnis angeschlossen hat und dementsprechend eine C02 Reduktion um 50% bis<br />

zum Jahre 2010 erreichen will. Zwar ist dieses durchaus ehrgeizig zu nennende Ziel mittlerweile<br />

deutlich abgeschwächt worden, dennoch hat diese energiepolitische Vorgabe in der Folge<br />

erhebliche Konsequenzen hinsichtlich des Transportsektors: zum einen durch die Emissionen<br />

des Verkehrssektors (hierzu die Ergebnisse der Enquete Kommission Klima), zum anderen aber<br />

auch aufgrund der durch diese Orientierung ausgelösten bzw. verhinderten Transportströme.<br />

5.2 Die wirtschaftlichen Grundlagen der Güterverkehrsprognose 2010<br />

von Kessel + Partner - Die Strukturdatenprognosen<br />

Grundlage für die Güterverkehrsprognose sind die Strukturdatenprognosen für die alten und<br />

neuen Bundesländer sowie die für die jeweiligen benachbarten Staaten. 2 Sie beinhalten ihrerseits<br />

Aussagen über die regionale Bevölkerungsentwicklung und die regionale und sektorale<br />

Beschäftigtenstruktur, also Schätzungen über die demographische und wirtschaftliche Entwicklung<br />

in den betrachteten Räumen. Für die neuen Bundesländer wird, wie bereits dargestellt,<br />

aufgrund der Unsicherheiten über die Entwicklung des Umstrukturierungsprozesses von der<br />

sog. 'Angleichungshypothese 1 ausgegangen. 3 Dies trifft insbesondere auf die wirtschaftlichen<br />

Grunddaten zu.<br />

Hinsichtlich der Entwicklung der Güterverkehrsströme wird folgende Vorgehensweise gewählt:<br />

"Für die Güterverkehre, die die alten Bundesländer betreffen, liegt eine Fortschreibungs-<br />

2 vgl. IWW1991<br />

3vgl.rWW1991,S.2


46 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

basis vor. ...Für die neu hinzugekommenen Ströme ist dagegen ein Strukturbruch gegeben.<br />

Es müssen also hier synthetisch neue Güterverkehrsströme erzeugt werden". 4<br />

Schematische Darstellung des Ablaufs der<br />

Untersuchungen für den BVWP<br />

<strong>Pro</strong>gnosen Aber die regionale Bevölkerungsentwicklung und die<br />

regionale und sektorale Beschäftigtenstruktur<br />

Strukturdatenprognose<br />

Güteraufkommensprognose<br />

Ermittlung des modal split<br />

Begionaliaierung der Daten Uber<br />

daa Verkehrsaufkommen<br />

Hnum dieser Daten In Nutzen—Kosten—Analjae<br />

fOr Verkehrswegebauten (<strong>Pro</strong>jekt 17)<br />

Das Gutachten von Kessel + Partner geht auf die <strong>Pro</strong>bleme ein, die mit den Umwälzungen in<br />

den neuen Bundesländern und Mittel- und Osteuropa verbunden sind und betont, daß eine Beobachtungsbasis<br />

hinsichtlich der Grundstruktur der Verkehrsverflechtungen fehle. 5 Es wird in<br />

dem Gutachten entsprechend betont, daß die von Kessel und Partner vorgelegte Güterverkehrsprognose<br />

Szenariocharakter habe.<br />

"Die stattdessen eingesetzten Szenarientechniken beruhen auf einem Gerüst von Annahmen<br />

und Modellen, die politische Zielvorstellungen und marktbezogene Realisierungen vor dem empirischen<br />

Hintergrund der gegebenen Ausgangslage in den Untersuchungsgebieten und der<br />

Entwicklungspfade in vergleichbaren Räumen konsistent verknüpfen. Für Ostdeutschland wurden<br />

die Annahmen so gesetzt, daß sie mit allgemeinen, politisch akzeptierten Zielsetzungen,<br />

(insbesondere: Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im geeinten Deutschland) vereinbar<br />

sind". 6<br />

Dies bedeutet aber, daß die prognostizierten Entwicklungen mögliche Entwicklungen sind:<br />

"Aufgrund des hohen Unsicherheitsgrades über die Entwicklung von wirtschaftlichen Entwicklungsfaktoren<br />

in Ostdeutschland und seinen östlichen Nachbarn sind andere Zukunftsaussagen<br />

4vgl.IWW1991,S.3<br />

5 Kessel + Partner 1991, S. 1<br />

® IWW1991, S. 2


47 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

gleichfalls denkbar". 7 Damit stellen die in der Güterverkehrsprognose vorgelegten Daten eine<br />

von einer Vielzahl anderer möglicher Entwicklungen dar. Bei den vorgelegten Daten zur Güterverkehrspropnose<br />

für den gesamten östlichen Raum handelt es sich somit um eher weiche Daten,<br />

deren Eintreffen lediglich bei sehr hohen wirtschaftlichen Wachstumsraten zu erreichen ist<br />

Zur Fragwürdigkeit entsprechender Strukturdatenprognosen in Zeiten großer perspektivischer<br />

Unsicherheit äußern sich die Autoren folgendermaßen: "... versteht man unter <strong>Pro</strong>gnosen die<br />

Fortschreibung von analytisch erfaßten Vergangenheitstrends, so ist diese Frage zu verneinen.<br />

Versteht man hingegen das Entwerfen von Zukunftsbildern auf der Grundlage von erforschten<br />

Gesetzmäßigkeiten und Entwicklungshypothesen, so ist eine <strong>Pro</strong>gnose auch im Falle starker<br />

Strukturbrüche möglich". 8<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Bundesländer<br />

in den Strukturdatenprognosen<br />

Bei der Güterverkehrsprognose wird davon ausgegangen, daß das Güterverkehrsaufkommen<br />

wesentlich von der Wirtschaftsaktivität und der Bevölkerungsdichte in den verschiedenen Regionen<br />

abhängt Insofern bilden die regionalen und sektoralen Strukturdatenprognosen - <strong>Pro</strong>duktion,<br />

Beschäftigung und Bevölkerung - die wesentliche Bezugsgröße. 9 Zentrale Leitgröße ist<br />

allerdings die "Nettoproduktion der Wirtschaftssektoren" die als Haupterklärungsgröße das<br />

Transportaufkommen bestimmt 10 Damit wird deutlich, daß die Aussagen über die Verkehre der<br />

Zukunft ganz zentral von den Schätzungen zum BIP abhängen, mit der Folge, daß mit unterschiedlichen<br />

Entwicklungen des BIP auch unterschiedliche Verkehrsentwicklungen zu erwarten<br />

sind. Von daher sind Annahmen über die weitere wirtschaftliche Entwicklung grundlegend für<br />

das Verkehrsaufkommen, zumindest solange hier nicht Entkoppelungstendenzen zwischen wirtschaftlicher<br />

Entwicklung und Transportaufkommen festzustellen sind.<br />

Für die neuen Bundesländer wird eine in wirtschaftlicher Hinsicht sehr positive Entwicklung<br />

angenommen. Dabei wird die Grundlage für die Abschätzung für die neuen Bundesländer wie<br />

folgt dargelegt: "Die gedankliche <strong>Pro</strong>jektion eines 'Mezzogiorno* Ostdeutschland verbietet sich<br />

jedoch aus mehreren Gründen. Das Grundgesetz schreibt die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse<br />

in den Bundesländern vor. Auch zeigt sich in allen relevanten politischen Gruppen der<br />

ernsthafte Wille, Ostdeutschland nicht zum Armenhaus verkümmern zu lassen, sondern seinen<br />

Entwicklungsstand an den der westdeutschen Länder heranzuführen". 11 Auf der Basis dieser<br />

Annahmen wird dann ein Szenario entwickelt, mit dem die neuen Bundesländer die wirtschaftliche<br />

Leistungskraft der alten Bundesländer erreichen werden:<br />

1) Die Vorgabe wird gemacht, daß der Rückstand des BIP je Kopf bis zum Jahre 2010 aufgeholt<br />

sein wird. In Ostdeutschland wird bei vollständiger Verifizierung der Angleichungshypothese -<br />

7 vgl. IWW 1991, S. 2<br />

® vgl. IWW1991, S. 7<br />

9 vgl. Kessel + Partner 1991, S. 35<br />

1 0 vgl. Kessel + Partner 1991, S. 36<br />

1 1 vgl. IWW 1991, S. llf.


48 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

ausgehend vom Stand des geschätzten Bruttoinlandproduktes im Jahre 1990 - bis 2010 ein<br />

durchschnittliches jährliches Wachstum des realen Bruttoinlandsproduktes je Kopf der Bevölkerung<br />

von 5,9% notwendig sein, wenn die gleiche Größe in den alten Bundesländern um durchschnittlich<br />

2,3% wächst. 12<br />

2) Die sektorale Wirtschaftsstruktur - aggregiert nach den Bereichen Landwirtschaft, <strong>Pro</strong>duktion,<br />

Dienstleistungen - wird sich stark an die westdeutsche Struktur annähern. Für die ostdeutsche<br />

Wirtschaft ist mit einer radikalen Umorientierung der sektoralen Struktur zu rechnen. Dabei<br />

kommt es:<br />

- zu einem wesentlichen Rückgang des Anteils des Sektors Land- und Forstwirtschaft (von 11%<br />

auf 3% der Gesamtbeschäftigung im Jahre 2010)<br />

- zu einem Abwärtstrend des Anteils der <strong>Pro</strong>duktion (von 47% auf 37% im Jahre 2010)<br />

- zu einer starken Expansion des Anteils des tertiären Sektors (Dienstleistung) von 42% auf<br />

60%<br />

3) Die <strong>Pro</strong>duktionstiefe wird über die Zeit durch zunehmende Spezialisierung und Arbeitsteilung<br />

- mit einem entsprechend wachsenden Vorleistungsaustausch - stark zurückgehen.<br />

4) Die Arbeitsproduktivitäten werden sich nach einer heftigen Phase des wirtschaftlichen Umbruchs<br />

rasch an das westdeutsche Niveau anpassen, so daß auch die Zahlung vergleichbarer<br />

Löhne möglich sein wird. 13<br />

Wie von den Autoren betont wurde, sind allerdings durchaus auch andere Entwicklungen<br />

denkbar, sie werden in den Gutachten nicht weiter erörtert. Vor allem zwei von den alten Bundesländern<br />

verschiedene Entwicklungen wären denkbar:<br />

- Zum einen erscheint es aufgrund des in zentralen Bereichen anhaltenden Umbruchs in der ostdeutschen<br />

Wirtschaft fragwürdig, inwieweit die genannten Wachstumsraten ausreichend sein<br />

werden, um dieses Ziel zu erreichen. Zudem stellt sich die Frage, ob derartige Wachstumsraten<br />

über einen solchen Zeitraum durchhaltbar sein werden, ähnliche Entwicklungen in den alten<br />

Bundesländern konnten bislang nicht beobachtet werden. Allein der massive und in wesentlichen<br />

Bereichen noch anhaltende Rückgang der <strong>Pro</strong>duktion und damit die niedrige Basis könnten<br />

eine solche Entwicklung ermöglichen, ohne dann allerdings an das westdeutsche Niveau<br />

herankommen zu können.<br />

- Zum anderen stellt sich die Frage, inwieweit sich die Wirtschaftsstrukturen zwischen Ost und<br />

West in der Tat angleichen werden. Der extreme Rückgang der Industrie in den neuen Bundesländern,<br />

also die massiven Deindustrialisierungstendenzen deuten vielmehr darauf hin, daß sich<br />

auch dieses Ziel als sehr hochgesteckt erweisen wird. Wesentlich für die meisten Bereiche des<br />

Güterverkehrs sind insbesondere die Unternehmensstrukturen und für einige Güterbereiche auch<br />

die Bevölkerungszahl. Zu betonen ist die Bedeutung der Entwicklung der Industrieunternehmen<br />

in den neuen Bundesländern für das erwartete Güteraufkommen.<br />

12vgl.IWW1991,S.21<br />

1 3 vgl. ebenda S. 12


49 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

Aussagen zu den wirtschaftlichen Perspektiven in Mittel- und Osteuropa<br />

in der Strukturdatenprognose<br />

Grundlage dieser, in bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung sehr positiven Einschätzungen<br />

sind die Aussagen, daß keine wesentlichen politischen Verwerfungen in den betroffenen<br />

Regionen entstehen und daß der Westen Bemühungen um die Integration der Mittel- und Osteuropäischen<br />

Staaten in den europäischen Einigungsprozeß unternimmt. Negative Entwicklungen<br />

werden deshalb nicht berücksichtigt, weil u.a. die Folgen einer politischen Explosion in der<br />

UdS<strong>SR</strong> so gravierend wären und so schwor vorauszusehen, daß es für einen solchen Fall wenig<br />

Sinn hätte, eine Strukturdatenprognose für dieses Land und seine Nachbarn zu wagen. 14<br />

Es wird in der Strukturdatenprognose davon ausgegangen, daß in den ehemaligen RGW-Ländern<br />

Wirtschaftsreformen bis zum Jahre 2010 realisiert sind, die zu einer entsprechenden wirtschaftlichen<br />

<strong>Pro</strong>sperität führen werden. Es zeigen sich für die <strong>Pro</strong>duktion und besonders für den<br />

Dienstleistungsbereich kräftige Zuwächse in allen Ländern. 15 Nach Angaben des Strukturgutachtens<br />

lag das Bruttoinlandsprodukt der DDR mit 6.500 US-$ je Kopf an erster Stelle, danach<br />

die CSFR mit 5.800 US-$; Ungarn ca. 5.200 US-$ und UdS<strong>SR</strong> und Polen jeweils 3.900 US-$ je<br />

Kopf. Als durchschnittliche Wachstumsraten des BIP werden von 1988 bis 2010 1,5% in der<br />

UdS<strong>SR</strong>, 2,1 % in Polen, 2,5% in der CSFR und in Ungarn und 2% in Bulgarien erwartet. 16<br />

Das Verkehrsmittelwahlmodell<br />

Auf der Grundlage der Strukturdatenprognosen und den Annahmen über die Entwicklung der<br />

Verkehrsströme in regionaler Hinsicht wird das Verkehrsmittelwahlmodell eingesetzt, welches<br />

aus der Sicht der Transportnachfrager formuliert ist und "das Entscheidungsverhalten der verladenden<br />

Wirtschaft in Abhängigkeit von der Gutart und den relativen Transporteigenschaften<br />

von Bahn, Lkw und Binnenschiffahrt untereinander beschreibt". 17 Dabei wird von Kessel +<br />

Partner insbesondere betont, daß die "zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen den Modalsplit der<br />

Verkehrsträger nur unwesentlich beeinflussen".<br />

Wie an anderer Stelle erwähnt wird, hat das DIW eine deutlich andere Modal-Split-Aufteilung<br />

vorgenommen, in dem Sinne, daß insbesondere auf die Binnenschiffahrt ein deutlich geringerer<br />

Güteranteil entfällt. Der Grund dafür ist die Einschätzung, daß sich die wirtschaftlichen<br />

Struktureffekte sehr viel stärker zugunsten des Lkw entwickeln werden und die Binnenschiffahrt<br />

ihre spezifischen Nachteile nicht kompensieren kann. Die Veränderung des Modal Split<br />

hat dann auch Auswirkungen auf die <strong>Pro</strong>gnosen des Güterverkehrsaufkommens für das Binnenschiff<br />

und ist neben den Veränderungen der Wirtschaftsstrukturdaten der zweite Parameter, der<br />

reduzierend auf das Verkehrsaufkommen der Binnenschiffahrt wirkt.<br />

1 4 vgl. ebenda S. 74<br />

1 5 vgl. ebenda S. 14<br />

1 6 vgl ebenda S. 78<br />

1 7 vgl Kessel + Partner 1991, S. 3


50 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

Die infrastrukturelle Basis der <strong>Pro</strong>gnosen<br />

Für den Bezugsfall wurde eine unterschiedliche Qualität der Verkehrsnetze auf den Gebieten<br />

der alten und neuen Bundesländer angenommen, da bereits beschlossene BVWP Vorhaben<br />

nicht in Frage gestellt werden sollen. Die in den neuen Bundesländern vorgesehenen Neubaumaßnahmen<br />

sollen hingegen mit ihren Nachfrage- Ertrags- und Kosteneffekten in die <strong>Bewertung</strong><br />

eingehen. 18 Der Bezugsfall stellt für die weiteren Arbeiten im Rahmen der Güterverkehrsprognose<br />

den Basisfall dar, der alle beschlossenen Infrastrukturmaßnahmen enthält, die bis<br />

zum Jahre 2010 realisiert werden sollen. 19 Damit ist das realisierte <strong>Pro</strong>jekt 17 bereits Bestandteil<br />

der Güterverkehrsprognose. Mit anderen Worten, es geht gar nicht um die Entscheidung<br />

über das <strong>Pro</strong>jekt 17 und die Frage, welche Verkehre gehen mit welcher Infrastruktur einher,<br />

sondern die ausgebaute Havel ist die Basis für die Angebotsbedingungen der Binnenschiffahrt<br />

und damit auch für die <strong>Pro</strong>gnose des Modal-Splitt.<br />

Die ostdeutschen Wasserstraßen bei Kessel + Partner und die Auswirkungen auf die<br />

Transportkosten<br />

Kessel+Partner nehmen für das ostdeutsche Netz an, daß es auf den Hauptwasserstraßen annähernd<br />

den gleichen Qualitätsstandard erreichen wird wie das westdeutsche Netz auf vergleichbaren<br />

Wasserstraßen. "Aufgrund der natürlichen Gegebenheiten sind die Transporteigenschaften<br />

auf der Elbe, der Saale und den weiter nach Osten führenden Wasserstraßen deutlich<br />

schlechter als auf den Hauptverbindungen im Westen, dem Rhein. Die geplanten umfangreichen<br />

Ausbaumaßnahmen zielen in erster Linie auf eine Kapazitätserweiterung in den Sinne hin, daß<br />

die Abladetiefe auf den einzelnen Flüssen und Kanälen erhöht werden sollen." 20<br />

Die Auswirkungen auf die Preise werden wie folgt eingeschätzt: "Absolut gesehen werden<br />

diese Ausbaumaßnahmen in Form sinkender Transportkosten marktwirksam, da aufgrund der<br />

Ausbaumaßnahmen größere Einheiten gefahren werden können. In den Modal-Split-Rechnungen<br />

wird aber davon ausgegangen, daß aufgrund der Liberalisierung und der Aufhebung der Tarifbindung<br />

ein reger Preiswettbewerb zwischen den Verkehrsträgern stattfinden wird, der je<br />

nach Marktlage regional unterschiedlich sein kann". 21<br />

"Insofern ist davon auszugehen, daß Preisnachlässe bei Binnenschiffstransporten entsprechende<br />

Preisreaktionen der Konkurrenten hervorrufen, sodaß die relativen Preise zwischen<br />

Bahn-, Schiff- und Lkw-Transporten stabil bleiben. Ausbaumaßnahmen, wie bei dem <strong>Pro</strong>jekt<br />

17, die eine Kosteneinsparung der Schiffstransporte bewirken, 'führen zu keiner Änderung der<br />

relativen Kosten und damit zu keinen nennenswerten modalen Effekten." 22<br />

1 8 Kessel + Partoer 1991, S. 19<br />

1 9 vgl. Kessel + Partner 1991, S. 34<br />

2 0 vgl. Kessel + Partner 1991, S. 64<br />

2 1 vgl. Kessel + Partner 1991, S. 64<br />

2 2 vgl. Kessel + Partner 1991, S. 64


51 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

Erwartungen bezüglich der Ost West Transportentwicklung<br />

Nach diesen <strong>Pro</strong>gnosen wird das gesamte Transportvolumen zwischen alten und neuen Bundesländern<br />

eine völlig neue Dimension annehmen, indem es auf fast 200 Mio. t. anwachsen soll.<br />

Demgegenüber wird der Binnenverkehr in den neuen Bundesländern im Jahre 2010 auf rund ein<br />

Drittel gegenüber dem Basisjahr reduziert. Dieser Effekt zieht sich durch fast alle Güterbereiche<br />

(Ausnahme Investitions- und Verbrauchsgüter) hindurch, wobei die deutlichste Reduktion erwartungsgemäß<br />

im Bereich (Braun-) Kohle zu finden ist. 23<br />

Ebenso ist nach dieser <strong>Pro</strong>gnose zu erwarten, daß die 1988 beobachteten Transporte zwischen<br />

den alten Bundesländern und den ehemaligen RGW-Staaten in einer Größenordnung von 16<br />

Mio. t. auf über 100 Mio. t. im Jahre 2010 anwachsen werden. Auch für die neuen Bundesländer<br />

sind im Ostverkehr deutlich überproportionale Steigerungen zu erwarten, obwohl hier schon<br />

traditionell gute Handelsbeziehungen bestanden. Dieser Effekt ist auf den für 2010 angenommenen<br />

wirtschaftlichen Aufschwung sowohl in der Bundesrepublik als auch in den RGW-Staaten<br />

zurückzuführen. 24<br />

53 Das <strong>Pro</strong>gnos-Gutachten - aktuelle Szenarien<br />

zur wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern<br />

Der Güterverkehrsprognose von Kessel + Partner liegt allein die Annahme der Angleichung<br />

der Lebensverhältnisse zugrunde und unterstellt die dazu notwendigen wirtschaftlichen Wachstumsraten<br />

der Wirtschaft in den neuen Bundesländern. Das <strong>Pro</strong>gnos-Gutachten über die wirtschaftliche<br />

Entwicklung in den neuen Bundesländern entwickelt Szenarien über die mögliche<br />

wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern, und zwar ein Aufhol- und eine Rückstandsszenario.<br />

Dabei werden unterschiedliche Annahmen über die wirtschaftliche Entwicklung<br />

gemacht und entsprechend werden unterschiedliche Ergebnisse dargestellt. Diese dargestellten<br />

Szenarien verdeutlichen, daß sehr unterschiedliche Perspektiven für die neuen Bundesländer,<br />

aber auch Berlin, vorstellbar sind, und verhindern damit den Eindruck, daß bestimmte Dinge<br />

quasi naturgegeben geschehen. Dies gilt sowohl für die wirtschaftliche Entwicklung als auch für<br />

die induzierten Verkehre und eröffnet Vorstellungen hinsichtlich der Bandbreiten über perspektivische<br />

Entwicklungen. Dies bedeutet für das <strong>Pro</strong>jekt 17, daß die prognostizierten Verkehre bei<br />

einem anderen Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung deutlich reduziert werden müssen, da<br />

einer verminderten wirtschaftlichen Entwicklung entsprechend ein verminderter Transportbedarf<br />

gegenübersteht.<br />

2 3 vgl. Kessel + Partner 1991, S. 61<br />

2 4 vgl. Kessel + Partner 1991, S. 61


52 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

Perspektiven der Bevölkerungsentwicklung<br />

Die Bevölkerungsentwicklung wird in dem <strong>Pro</strong>gnos-Gutachten unabhängig von der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung gesehen. Demnach nimmt die Bevölkerung um 1,2 Mio. ab. Dies wird<br />

nicht nach dem pessimistischen und optimistischen Szenario differenziert.<br />

Bevölkerung Ostdeutschland (inkl. Berlin) in Mio.<br />

1990<br />

1995<br />

2000<br />

2005<br />

2010<br />

<strong>Pro</strong>gnos u.a. 1992, Seite 592ff<br />

Die den BWVP-<strong>Pro</strong>gnosen zugrundeliegenden Daten hingegen gehen von deutlich höheren Be-<br />

völkerungszahlen aus:<br />

1988<br />

2000<br />

2010<br />

ZTVu.a. 1991, Seite 1<br />

18,15<br />

17,45<br />

16,98<br />

16,78<br />

16,74<br />

18,7 Mio.<br />

17,9 Mio.<br />

18,2 Mio.<br />

Ebenfalls von deutlichen Unterschieden gekennzeichnet sind die <strong>Pro</strong>gnosen zu den Erwerbstätigen<br />

in den neuen Bundesländern: Geht die Strukturdatenprognose, also die Basis für<br />

die Kessel + Partner Zahlen, im Jahre 2010 von 7,2 Mio. Beschäftigen aus, so schwankt dieser<br />

Wert in dem <strong>Pro</strong>gnos-Gutachten zwischen 6,8 Mio.Beschäftigten im Aufholszenario und 6,1<br />

Mio.im Rückstandsszenario. 25<br />

Zentrale Aussagen zu den Entwicklungsperspektiven Ostdeutschlands:<br />

Das Auf holszenario<br />

Es entwickelt sich ein selbsttragender Aufschwung ab 1995 bis 2000 mit Wachstumsraten von<br />

13 -14%, danach bis 2005 ca 7% und schließlich bis 2010 ca. 3,6 %.<br />

Ergebnis: BIP je Kopf der Bevölkerung liegt bei 94%, die Arbeitsproduktivität bei 91% des Niveaus<br />

der alten Bundesländer. 26<br />

Das Rückstandsszenario<br />

Die Wachstumsraten in den neuen Bundesländern sind geringer, insbesondere die extremen<br />

Wachstumsphasen des ersten Szenarios fallen deutlich geringer aus.<br />

Ergebnis: Das BIP je Kopf wird im Vergleich zu den alten Bundesländern nur rund 80% erreichen,<br />

die Beschäftigung wird gegenüber dem Aufholszenario um 750.000 niedriger liegen.<br />

Direkt damit verbunden sind ein deutlich geringerer Industrialisierungsgrad, insbesondere das<br />

Investitionsgütergewerbe bleibt hinter den Erwartungen zurück.<br />

2 5 vgl. <strong>Pro</strong>gnos u.a. 1992, S. 584 und 590<br />

2 6 vgl. <strong>Pro</strong>gnos u.a. 1992, S. 583


53 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

Verkehrliche Konsequenzen<br />

In beiden Szenarien bleibt das BIP hinter dem der alten Bundesländer zurück. Somit ergibt<br />

sich eine deutlich andere Aussage als die der Strukturdatenprognose für die wirtschaftliche<br />

Entwicklung in den neuen Bundesländern. Dies bedeutet, daß die Annahmen der Güterverkehrsprognose<br />

über die erwarteten Verkehre so nicht mehr realistisch sind, insbesondere nicht bezüglich<br />

der Verkehrsentwicklung in Ostdeutschland.<br />

Auch hier wird deutlich, daß es sich bei der Strukturdatenprognose um eine Zielprognose<br />

handelt, die etwas darüber aussagt, welche Entwicklung gewünscht wird und weniger darüber,<br />

welche Entwicklung realistisch ist. Dabei ist hervorzuheben, daß das <strong>Pro</strong>gnos Gutachten nicht<br />

als zu pessimistische wirtschaftliche Entwicklung dargestellt werden kann. Es macht vielmehr<br />

deutlich, welche Schwierigkeiten der deutsche Einigungsprozeß noch nach sich ziehen wird und<br />

löst sich von den vereinfachenden Annahmen der direkten Nachwendezeit, wie z.B. Helmut<br />

Kohls Aussage von den 'blühenden Landschaften'.<br />

Dies bedeutet aber auch, daß die Untersuchungen der Kessel + Partner Studie nochmals<br />

überprüft werden müssen, denn es ist fragwürdig, irreversible Infrastrukturausbaumaßnahmen<br />

auf zu optimistischen Annahmen basieren zu lassen. Diese Annahmen führen, wie später gezeigt<br />

werden wird, zu deutlichen Überschätzungen der Nutzen für die Ausbaumaßnahmen.<br />

5.4 Zur grundsätzlichen <strong>Pro</strong>blematik von <strong>Pro</strong>gnosen<br />

Werden <strong>Pro</strong>gnosen aus der Vergangenheit überprüft, so wird deutlich, daß die Einstellung<br />

gegenüber <strong>Pro</strong>gnosen zunehmend kritischer wurde angesichts der Trümmerstätte nicht eingetroffener<br />

Voraussagen' 27. Der Umgang mit <strong>Pro</strong>gnosen ist insbesondere auch deshalb von Bedeutung,<br />

da die <strong>Pro</strong>gnosen die Grundlage für die Infrastrukturausgaben des Bundes und der<br />

Länder sind und insofern erhebliche Investitionen (Verausgabung öffentlicher Mittel) und<br />

zugleich auch erhebliche Natureingriffe die Folge sind.<br />

Grundsätzlich ist festzuhalten, daß <strong>Pro</strong>gnosen relativ sicher sind in Phasen, in denen sich ein<br />

wachsendes System innerhalb einer Struktur bis zur Kapazitätsgrenze ausdehnt. Nähert sich das<br />

System aber kritischen Stellen als strukturellen Bruchzahlen, so bieten sich an solchen Verzweigungspunkten<br />

meist mehrere mögliche Lösungsrichtungen an. 28 Daraus folgt,"... daß vor<br />

dem Hintergrund unklarer und schwer abzusehender gesamtwirtschaftlicher Trends Langfristprognosen<br />

im Gegensatz zu ihrer Apostrophierung eher kurzfristig Bestand haben und in ihrem<br />

Informationswert deshalb mittel- bis langfristig mit größter - zumindest mit größerer - Zurückhaltung<br />

zu bewerten sind". 29 Bruchstellen in diesem Sinne könnten z.B. die Konsequenzen aus<br />

der Debatte der Klimaproblematik (hinsichtlich des Energiesystems), aber auch die Infragestellung<br />

der verkehrlichen Orientierungen sein.<br />

2 7 Vgl. Schühle 1986, S. 77<br />

2 8 vgl. Schühle 1986, S. IV<br />

2 9 vgl. Schühle 1986, S. 327


54 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

Werden so schon die <strong>Pro</strong>bleme der kurzfristigen Konjunkturprognose mit einem <strong>Pro</strong>gnosehorizont<br />

von nur einem Jahr deutlich, so erscheinen Zweifel an der Treffsicherheit erst recht bei<br />

Langfristprognosen angezeigt, die über zehn bis zwanzig und mehr Jahre die globale oder sektorale<br />

Wirtschaftsentwicklung zu prognostizieren versuchen. Dabei kann das Beispiel der Energieprognosen<br />

einen wichtigen Anhaltspunkt für entsprechende Entwicklungen geben. Ende der<br />

60er und Anfang der 70er Jahre sahen die Energieprognosen eine erhebliche Steigerung des<br />

Primärenergieverbrauchs voraus. Entsprechend dieser <strong>Pro</strong>gnosen ging die Bundesregierung in<br />

ihrem Energieprogramm 1972 davon aus, daß im Jahre 1982 ein Primärnenergieverbrauch von<br />

550 Mio. t. SKE (Steinkohleeinheiten) zu erwarten sei. Der reale Verbrauch betrug in diesem<br />

Jahr in der Bundesrepublik hingegen 370 Mio. t. SKE. 30 Mit der <strong>Pro</strong>gnose über den zu<br />

erwartenden Primärenergieverbrauch wurde entsprechend auch das Atomenergieprogramm der<br />

Bundesregierung begründet. Das Argument war, daß die lichter ausgehen würden, wenn nicht<br />

der Energiesektor entsprechend ausgebaut würde. Ohne den Widerstand gegen das<br />

Atomprogramm der Regierung wäre zu erwarten gewesen, daß diese Ausbauprogramme erfolgt<br />

wären. Dies hätte zwei Konsequenzen nach sich ziehen können:<br />

- auf der einen Seite den Aufbau erheblicher Überkapazitäten im Energiesektor, was letztlich<br />

sehr teuer geworden wäre,<br />

- oder auf der anderen Seite die Nachfrageanpassung an das ausgebaute Energieangebot. Das<br />

hätte u.U. auch bedeuten können, daß sich zusätzlich energieabhängige Industriestrukturen entwickeln<br />

und wäre letztlich auch eine industriepolitische Entscheidung dahingehend gewesen,<br />

sich auf energieintensive Grundstoffindustrien zu orientieren.<br />

Insgesamt läßt sich an diesem Beispiel aufzeigen, daß eine Politik, die sich diesen <strong>Pro</strong>gnosen<br />

angepaßt hätte bzw. hätte anpassen können, zu erheblichen Fehlentwicklungen beigetragen<br />

hätte. Gerade die Verhinderung bzw. auch Verzögerung des Baus von Kraftwerken hat die Verschwendung<br />

von Ressourcen verhindert und eine industriepolitische Fehlentwicklung vermieden.<br />

Damit stellt sich die Frage, inwieweit sich langfristige Infrastrukturentscheidungen auf der<br />

Basis sehr unsicherer Zukunftsprognosen rechtfertigen lassen. Dies gilt ganz konkret für die<br />

Frage der Anpassung an die aktuellen Verkehrsprognosen. Auch wenn berücksichtigt wird, daß<br />

<strong>Pro</strong>gnosen gerade in diesem Bereich von politischen Zielvorstellungen beeinflußt sein dürfen,<br />

so wird doch die grundsätzliche <strong>Pro</strong>blematik einer ausreichenden Fundierung äußerst schwerwiegender<br />

Investitions- (oder Nicht-Investitions-) entscheidungen unmittelbar deutlich.<br />

Bei den <strong>Pro</strong>gnosen sind unterschiedliche Vorgehensweisen denkbar, was auch an dem Vorgehen<br />

im Rahmen der Strukturdatenanalyse der Bundesverkehrswegeplanung deutlich wird, die<br />

eine durchaus 'normative' Zielprognose darstellt. Es werden zunächst die Zielwerte für die abhängigen<br />

Variablen festgelegt und dann nach den Bedingungen gefragt, die zur Zielerreichung<br />

realisiert werden müssen. Im Falle der Strukturdatenprognose für die neuen Bundesländer heißt<br />

das vorgegebene Ziel "Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse'. Im Sinne dieser normativen <strong>Pro</strong>gnosen<br />

wäre dann auch die Formulierung anderer, z.B. ökologieorientierter Ziele denkbar, die<br />

sich an den Grenzen der Belastbarkeit durch den Verkehr orientieren und diese als Ausgangsba-<br />

30vgt.Schühle 1986, S. 77


55 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

sis für die weiteren <strong>Pro</strong>gnosen machen. Dies gilt insbesondere für die Bundesverkehrswegeplanung,<br />

in der, wie an anderer Stelle dargelegt, grundsätzlichere Überlegungen über die Perspektiven<br />

im Verkehrsbereich nicht angestellt werden. Dem Bundesverkehrswegeplan wird das<br />

Szenario von Kessel und Partner zugrundegelegt, bei dem lediglich moderate Preisanhebungen<br />

im Bereich des Lkw-Verkehrs vorgesehen werden. Eine entschiedenere Politik der Verkehrsverteuerung<br />

und der Nutzung ordnungspolitischer Vorstellungen werden eben nicht berücksichtigt.<br />

Dabei stellt sich die Frage, was denn letztlich die Aufgabe der Verkehrspolitik ist. Folge des<br />

BVWP ist, daß im Wege der Anpassungsplanung entsprechende Kapazitätserweiterungen vorgenommen<br />

werden. Eigentlich sollte deutlich werden, "...in welchen Bereichen infolge dieser<br />

Entwicklungen <strong>Pro</strong>bleme zu erwarten sind, wo also konkret verkehrspolitischer Handlungsbedarf<br />

gegeben ist". 31 Dieser Handlungsbedarf könnte eben auch darauf bezogen sein, daß<br />

Schritte unternommmen werden, diese Verkehre zu vermeiden.<br />

5.5 Güterverkehrsprognosen für die Binnenschiffahrt<br />

Am Beispiel des Elbe-<strong>Seiten</strong>kanals lassen sich die <strong>Pro</strong>bleme der <strong>Pro</strong>gnosen deutlich aufzeigen,<br />

wie überhöhte Gütertransportbedarfe auf diesem Kanal zur Rechtfertigung des Baues<br />

dienten. So wurde das realisierbare Transportpotential in den 60er Jahren mit 10 -12 Mio. t. beziffert.<br />

Verschiedene weitere Untersuchungen kurz vor der Eröffnung des Kanals kamen zu<br />

deutlich geringeren Transportvolumina. Drei Jahre nach der Eröffnung dieses Kanals konnten<br />

lediglich 4,3 Mio. t. realisiert werden, mit der Folge, daß die in traditioneller' Weise gerechnete<br />

Wirtschaftlichkeit dieser Maßnahmen nicht gegeben ist.<br />

Dies hat aber auf die Argumentation der zuständigen Behörden keinen Einfluß. So wies das<br />

Wasser- und Schiffahrtsamt in Uelzen darauf hin, daß die "allgemeine Unsicherheit von Langfristprognosen,<br />

besonders im Transportsektor" hoch sei, zum anderen bestätige das Auseinanderfallen<br />

von erwarteter und realisierter Entwicklung, "daß Entscheidungen über den Bau eines<br />

Kanals nicht vom kurzfristigen Tagesgeschehen abhängig gemacht werden können und für verkehrspolitische<br />

Entscheidungen die heute üblichen Nutzen-Kosten-Analysen oder Nutzwertanalysen<br />

nur als ein, wenn auch wichtiges Kriterium, anzusehen sind". 32 Mit dieser Argumentation<br />

wird allerdings auch deutlich, daß die Begründungrai und Rechtfertigungen für den Bau<br />

vielfaltig sein können, wenn der erwartete Verkehr nicht eintrifft, mithin die NKA z.B. die Einstufung<br />

in den vordringlichen Bedarf nicht mehr rechtfertigen kann bzw. gar die Wirtschaftlichkeit<br />

nicht mehr gesichert ist Es zeigt sich, daß diese Instrumente nicht allein ausschlaggebend<br />

sind, vielmehr auch politische Vorgaben wesentlich sind.<br />

Mit einer solchen Argumentation wird allerdings der Beliebigkeit von Entscheidungen das<br />

Wort geredet, wenn aus diesem Begründungsbündel für den Bau der Kanäle jeweils beliebig die<br />

3 1 vgl.Schühlel986,S.97<br />

3 2 vgl. Schühle 1986, S. 169


56 <strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs - die Strukturdatenprognosen<br />

Argumente herausgegriffen werden. Dies läßt darauf schließen, daß die Argumente für die<br />

Durchsetzung eines solchen <strong>Pro</strong>jektes letztlich nur begrenzt von Interesse sind, in dem Sinne,<br />

daß sie im wesentlichen zur Stützung der politischen Entscheidung genutzt werden. Damit wird<br />

aber auch der Versuch der Rationalität der Entscheidungsfindung, wie sie durch das Instrument<br />

der Nutzen-Kosten-Analyse zumindestens versucht wird, in Frage gestellt.<br />

<strong>Pro</strong>gnosen im Bereich der Binnenschiffahrt<br />

Tendenziell wurde die Entwicklung im Güterverkehrssektor bis 1970 eher unter-, nach 1970<br />

eher überschätzt. Es zeigt sich hier schon deutlich, daß es sich bei den Güterverkehrsprognosen<br />

im Grunde lediglich um Trendextrapolationen handelt Trendänderungen der aktuellen Entwicklung<br />

werden nicht erkannt, sondern die Vergangenheitsentwicklung wird mehr oder weniger<br />

direkt fortgeschrieben. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, daß Konstanz der Strukturen<br />

ebenso unterstellt wird wie die bereits erkennbarer struktureller Veränderungen.<br />

Die <strong>Pro</strong>bleme der Verkehrsprognosen bestehen vorrangig bei der Vorausschätzung des BIP<br />

als mit Abstand bedeutendste, indirekte oder direkte Leitvariable hinsichtlich der Entwicklung<br />

der Wirtschaftsstrukturen und des internationalen Austausches und im Hinblick auf den Modal-<br />

Split der unterschiedlichen Güterverkehrsträger. 33 In allen Bereichen ist festzustellen, daß die<br />

Schätzungen mit <strong>Pro</strong>blemen behaftet sind. Die Schätzungen des BIP über lange Fristen ist<br />

höchst fragwürdig, da dessen Entwicklung wiederum von einer Vielzahl anderer Variablen abhängt.<br />

Zudem ist festzuhalten, daß verrschiedene Güterbereiche sich unterschiedlich im Trend<br />

verhalten und insofern diese Abschätzung ebenfalls vorgenommen werden muß. Deutlich wird<br />

dies am Beispiel der Gütergruppe Steine, Erden bei der die <strong>Pro</strong>gnosen zum einen des Verkehrsaufkommens<br />

als auch des Modal-Split sich in starkem Maße unterschieden haben, wie die<br />

folgende Tabelle aufzeigt.<br />

3 3 vgl. Schühle 1986, S. 319


58 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

6. Die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland und<br />

Berlin und die Auswirkungen auf die Binnenschiffahrt<br />

6.1 Die wirtschaftliche Entwicklung<br />

Zur Vorgehenswelse<br />

Entwicklungstrends der Binnenschiffahrt bis 19%<br />

Zunächst wird kurz die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern und Berlin<br />

skizziert. Danach wird die Entwicklung des Güterverkehrs in Ostdeutschland unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Binnenschiffahrt dargestellt. Um langfristige Tendenzen im Bereich der<br />

Binnenschiffahrt zu verdeutlichen, wird die Entwicklung der Binnenschiffstransporte von und<br />

nach Berlin (West) von 1970 bis 1990 dargestellt und die Entwicklung des Binnenschiffstransportes<br />

im Jahres 1991 nach den Zahlen der BEHALA dargestellt, da für dieses Jahr noch keine<br />

amtlichen Daten vorliegen.<br />

<strong>Pro</strong>gnosedaten<br />

Im Anschluß an die Vergangenheitsdaten werden dann die <strong>Pro</strong>gnosen des Güterverkehrsaufkommens<br />

für die Binnenschiffahrt hinsichtlich der Transporte von und nach Berlin dargestellt,<br />

und zwar anhand der Daten des Entwurfs für ein Hafen- und Wasserstraßenkonzept Berlin, in<br />

dem die <strong>Pro</strong>gnosedaten der Senatsverwaltung für Verkehr dargestellt werden. Danach werden<br />

die Daten des Güterfernverkehrs von und nach Berlin aus den PLANCO Berechnungen dargestellt<br />

und schließlich den Daten der Verkehrsverflechtungsmatrizen für die Binnenschiffahrt des<br />

DIW gegenübergestellt<br />

Neue Bundesländer<br />

Die deutsche Vereinigung hatte für die Wirtschaft in den neuen Bundesländern gravierende<br />

Auswirkungen. War die Wirtschaft geprägt durch altindustrielle Strukturen, ein deutliches<br />

Übergewicht des produzierenden Gewerbes und der massiven Konzentration von Betrieben auf<br />

bestimmte Standorte, so hatte die Öffnung der Märkte unter den Bedingungen des Einigungsvertrages<br />

erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmen. Dabei ist besonders hervorzuheben,<br />

daß die Umstellung von einem abgeschotteten Markt auf Konkurrenzmärkte nicht in dem Maße<br />

gelang, um die Betriebe zu sichern und daß zudem die Lieferbeziehungen in den ehemaligen<br />

RGW-Raum auf Dauer zusammengebrochen sind.<br />

Zu beobachtende Folge dieser Entwicklungen sind deutliche Rückgänge der wirtschaftlichen<br />

Aktivitäten, die radikale Schrumpfung der Betriebe, mithin sind deutliche Deindustrialisierungstendenzen<br />

in den neuen Bundesländern festzustellen. Die wirtschaftlichen Strukturen der<br />

neuen Bundesländer werden insofern, trotz der Diskussion um den Erhalt der sog. industriellen


59 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

Kerne, nur noch wenig Ähnlichkeit mit den Strukturen der Vorwendezeit haben. Dies bedeutet<br />

aber auch, daß die Verkehrsstrukturen nicht mehr mit denen der Vorwendezeit vergleichbar sein<br />

werden. Auch für den Wirtschaftsraum Berlin zieht der Fall der Mauer fundamentale Veränderungen<br />

nach sich. Dies ist dabei nicht allein ein <strong>Pro</strong>blem des Ostteils der Stadt, sondern hat auch<br />

gravierende Auswirkungen auf den Westteil der Stadt.<br />

Berlin (West)<br />

Die besondere Situation West-Berlins als Insel hatte, zudem unterstützt durch die Art der<br />

Wirtschaftsförderung (Berlinförderung), etliche Besonderheiten hinsichtlich der Industriestrukturen<br />

der Stadt zur Folge. Trotz der mehrfachen Novellierung der Berlinförderung gelang es<br />

nicht, die für Berlin typische Wirtschaftsstruktur eher wertschöpfungsarmer Industrieunternehmen,<br />

die wenig mit der regionalen Wirtschaft verflochten sind, aufzubrechen und einen modernen<br />

know-how-intensiven Industrietypus zu fördern. Vielmehr beherrschte bei der Beurteilung<br />

der Westberliner Industrie das Schlagwort der verlängerten Werkbänke die Diskussion. Die von<br />

dem jeweiligen Senat angestrebte Entwicklung der Stadt zu einer Dienstleistungsmetropole gelang<br />

aufgrund bestimmter Lagenachteile nicht<br />

Eine Konsequenz nach dem Fall der Mauer war, insbesondere auch aufgrund des Wegfalls<br />

der Berlinförderung die folgende: Die Industrie West-Berlins geriet unter erheblichen Anpassungsdruck,<br />

da mit dem Auslaufen der Subventionierung die Kostensituation der Unternehmen<br />

sich zum negativen hin veränderte. Die Meldungen hinsichtlich der Schließungen von Zweigwerken<br />

in Berlin und aktuell die Abwanderung von Unternehmen in das Umland verdeutlichen<br />

zum einen den Anpassungsdruck auf die Westberliner Industriestruktur und zum anderen die<br />

Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklung in diesem Bereich.<br />

Berlin (Ost)<br />

Noch gravierender als im Westteil der Stadt stellt sich die Situation der Industrie im Ostteil<br />

dar. Wie in den übrigen neuen Bundesländern hatte die Wirtschafts- und Währungsunion extreme<br />

Auswirkungen auf die Industriebetriebe in Ost-Berlin, die schlagartig der westlichen<br />

Konkurrenz ausgesetzt wurden und in der Folge erhebliche Absatzeinbußen zu verzeichnen<br />

hatten. Konsequenz bis heute: die Industriebetriebe in Ostberlin haben ihre <strong>Pro</strong>duktion entweder<br />

erheblich zurückgefahren oder sind mittlerweile stillgelegt worden.<br />

Insgesamt ist festzuhalten, daß es sich um einen massiven wirtschaftlichen Strukturbruch<br />

handelt, der eine Fortschreibung von Vergangenheitsdaten unmöglich macht und damit <strong>Pro</strong>gnosen<br />

über die Perspektiven der wirtschaftlichen Entwicklung problematisch erscheinen läßt Damit<br />

werden aber zugleich auch Aussagen zur Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs fragwürdig,<br />

wenn sie sich auf Vergangenheitsdaten beziehen, da mit der Veränderung der wirtschaftlichen<br />

Strukturen sich ebenfalls die Transportrelationen und -mengen verändern. Die wirtschaftliche<br />

Bedeutung der Industrie wird für Berlin abnehmen. Berlin steht insofern vor erheblichen Strukturwandlungen<br />

hin zu einer eher dienstleistungsorientierten Stadt; diese Tendenz würde sich bei<br />

einem Regierungsumzug nochmals deutlich verstärken. Diese Entwicklungstendenzen haben


60 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

auch deutliche Auswirkungen auf die Transportstrukturen, in dem Sinne, daß die binnenschiffaffinen<br />

Gütergruppen eher abnehmen werden.<br />

6.2 Die Lage des Güterverkehrs in den neuen Bundesländern,<br />

insbesondere Binnenschiffahrt<br />

Die derzeitige Situation des Güterverkehrs in Ostdeutschland 1 ist immer noch gekennzeichnet<br />

von den Umbrüchen infolge der deutschen Vereinigung. Hatte die Reichsbahn zu Zeiten der<br />

DDR eine dominierende Stellung im Gütertransport, so entwickelt sich unter den neuen Voraussetzungen<br />

der Straßengüterverkehr immer stärker zum Verkehrsträger Nummer Eins.<br />

Das Transportaufkommen im gesamten Güterverkehr (ohne Straßengüternahverkehr) nahm<br />

1992 in Ostdeutschland wieder zu, nachdem es sich seit 1989 drastisch vermindert hatte. Der<br />

Zuwachs beruht vor allem auf der Zunahme des Wechselverkehrs zwischen den neuen und alten<br />

Bundesländern. Der Binnenverkehr in den neuen Bundesländern hatte hingegen erneut Einbußen<br />

zu verzeichnen. Der Güterfernverkehr nahm um 2% auf 196 Mio. t. zu. Daran hatte, wie<br />

auch im Jahr zuvor, der Straßengüterfernverkehr den größten Anteil: er konnte sich, vor allem<br />

durch die Substitution von Transporten der Bahn und Binnenschiffahrt nochmals um über 55%<br />

ausweiten. Damit hat er einen Anteil von 41% am Güterfernverkehr in den neuen Bundesländern<br />

und liegt nicht mehr weit vom westdeutschen Anteil (47%) entfernt. Die Eisenbahn hatte<br />

dagegen wiederum einen starken Rückgang ihres Aufkommens um 21% zu verzeichnen - dies<br />

vor allem durch die Einbußen im Kohletransport. Für die Binnenschiffahrt, bei der sich nach einem<br />

starken Einbruch 1991 und 1992 das Aufkommen wieder leicht erhöhte, erwartet das ifo<br />

Institut auch für 1993 einen leichten Anstieg der Transportmengen. Ausgangsbasis für dieses<br />

Wachstum sind die 1992 transportierten 8,2 Mio. Gütertonnen. Nach Gütergruppen bettachtet<br />

resultiert die positive Entwicklung 1992 aus gesteigerten Transporten im Bereich Steine/Erden<br />

und Baumaterialien, bei Mineralölprodukten und bei der Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse<br />

und Düngemittel. Dem stand ein Rückgang bei Erzen und Kohle - durch die weiter gefallene<br />

Rohstahlproduktion und bei Braunkohletransporten - gegenüber. Für 1993 wird vom ifo Institut<br />

vor allem durch die Baukonjunktur ein Anstieg von ca. 3 bis 4% erwartet. Hierzu tragen<br />

insbesondere die Transporte von Kies und Sand bei, die das Transportaufkommen der Binnenschiffahrt<br />

in den neuen Bundesländern mengenmäßig dominieren.<br />

1 Die folgenden Darstellungen beruhen auf dem Bericht zur Verkehrskonjunktur des ifo-Instituts im Monatsbericht<br />

2/1993 (Arnold-Rothmaier u.a. 1993).


61 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

Aufkommen der Binnenschiffahrt in Ostdeutschland<br />

zwischen 1990 und 1993<br />

1990 1991 1992 199S<br />

Quelle: erstellt nach Arnold-Rotmaier u.a. 1991 und 1992; ifo Wirtschaftskonkjunktur<br />

Notwendiges Wachstum!<br />

Kessel + Partner gehen in ihrer Güterverkehrsprognose von einer Steigerung des Transportaufkommens<br />

bei der Binnenschiffahrt um 148% aus (von 28,9 Mio. t. aus dem Jahr 1988 als<br />

Summe der Transporte aus dem Binnen-, Auslands-, Transitverkehr in den neuen Bundesländern<br />

und dem Wechselverkehr zwischen alten und neuen Bundesländern auf 71,7 Mio. t. im<br />

Jahr 2010 2). Gegenüber der <strong>Pro</strong>gnosebasis aus dem Jahre 1988 hat sich das Transportaufkommen<br />

aber drastisch verringert - nach Angaben des ifo Instituts betrug das Transportaufkommen<br />

im Jahr 1992 in den neuen Bundesländern 8,2 Mio. t. Geht man von dieser Basis aus, dann ist<br />

das von Kessel + Partner angegebene Wachstum viel zu gering, um die für das Jahr 2010 erwarteten<br />

Aufkommenswerte noch zu erreichen. Um von der heutigen Basis aus den Wert von<br />

71,7 Mio. t. zu erreichen, den Kessel + und Partner für die Hauptverkehrsbeziehungen der<br />

neuen Bundesländer im Jahr 2010 erwartet, müßte das Aufkommen um 774% steigen!<br />

2 Kessel + Partner 1991, S. 65


62 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

Jährliche Wachstumsraten und Transportaufkommen im Jahr 2010<br />

jährliche Wachstumsrate 3% 5% 9% 11% 13,5%<br />

Mio. t. im Jahr 2010 13,55 18,79 35,39 48,34 70,59<br />

Die Tabelle zeigt, welche jährliche Wachstumsrate notwendig wäre, um das von Kessel +<br />

Partner prognostizierte Transportaufkommen für die Binnenschiffahrt von 71,7 Mio. t. für das<br />

Jahr 2010 zu erreichen. Erst bei einem jährlichen Wachstum von 13,5% wird dieser Aufkommenswert<br />

in etwa erreicht Solch eine hohe Wachstumsrate ist aber vor dem Hintergrund der<br />

wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern und den in Kapitel 3 beschriebenen<br />

Entwicklungen auf den Gütertransportmärkten als unrealistisch zu bezeichnen. Es bedarf schon<br />

aus heutiger Sicht für die Binnenschiffahrt sehr hoher Wachstumsraten, um allein die Basiswerte<br />

der Güterverkehrsprognose im Jahr 1988 wieder zu erreichen!<br />

6.3 Die Entwicklung der Binnenschiffahrtstransporte von und nach Berlin<br />

Im folgenden wird zunächst die Bedeutung der Binnenschiffahrt im Jahre 1989, danach die<br />

langfristigen Entwicklungen der Binnenschiffahrt von und nach Berlin (West) dargestellt. Die<br />

Beschränkung auf die Westberliner Zahlen erfolgen zum einen aufgrund der Datenlage; hinreichend<br />

aussagekräftige Daten liegen nur für Berlin (West) vor. Zum anderen können anhand dieser<br />

Daten in begrenztem Umfang Fortschreibungen unternommen werden, da sich diese Transporte<br />

schon vor 1989 unter marktwirtschaftlichen Bedingungen ergeben haben.<br />

Die Situation der Binnenschiffahrtstransporte in Berlin (West und Ost) im Jahre 1989<br />

Es wurden 1989 11 Mio. t. per Binnenschiff empfangen und versandt, davon 7,1 Mio. im<br />

Westteil der Stadt. Der Anteil der Binnenschiffahrt am gesamten Güterverkehrsaufkommen betrug<br />

in Berlin West 33%. 3 Gütertransportmenge 1989 im Binnenschiffsverkehr:<br />

* 7,2 Mio. t. in den Häfen und Zugangsstellen im Westteil der Stadt,<br />

* 3,5 Mio. t. in den Häfen und Zugangsstellen im Ostteil der Stadt.<br />

Diese Daten stellen eine Situationsanalyse dar, die allein bezogen ist auf das Jahr 1989. Wie<br />

im folgenden gezeigt wird, ist 1990 ein Strukturbruch zu verzeichnen, der es fraglich erscheinen<br />

läßt, inwieweit diese Daten für <strong>Pro</strong>gnosen ein geeigneter Bezugspunkt sind.<br />

3 vgl. Kalender 1992: S. 25f.


63 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

Daten zur Entwicklung der Binnenschiffohrt in Berlin (West) von 1970 -1990<br />

Tm längerfristigen Vergleich der Binnenschiffstransporte lassen sich folgende Tendenzen aufzeigen:<br />

4<br />

Gütereingänge gesamt<br />

Gütertransporte nach Berlin (West) haben sich deutlich verringert von 6,8 Mio. t. im Jahre 1970<br />

auf 3,9 Mio. im Jahre 1989 und 2,9 Mio. t. im Jahre 1990, d.h. im Jahre 1990 wurden nur noch<br />

42% der Menge transportiert, die 1970 transportiert wurde. Die wesentlichen Gütergruppen, die<br />

die Gesamtentwicklung beeinflußt haben, waren dabei:<br />

Gütereingänge im Binnenschiffsverkehr<br />

1970, 1989 und 1990 nach Gütergruppen<br />

Landir. Erzeugnisse<br />

Kohle<br />

Erdöl;mme.Erzeugnisse<br />

Eisen; Stahl; NE - Metalle<br />

Steine und Erden<br />

Sonstige<br />

Quelle: erstellt nach Statistisches Landesamt Berlin 1992<br />

Steine und Erden<br />

Rückgang von ca. 4 Mio. t. (1970) auf 1,7 Mio. t. (1989) und nochmaliger Rückgang 1990 auf<br />

0,92 t<br />

Erdöl, Mineralöl etc.<br />

Die transportierte Menge sank von 1970 mit lß Mio. t. auf 1990 0,64 Mio. t. Dabei sind einige<br />

Schwankungen festzuhalten, ein deutlicher Rückgang ist erst nach 1989 festzustellen.<br />

Feste mineralische Brennstoffe (Kohle etc.)<br />

Diese Güterabteilung konnte eine fast kontinuierliche Zunahme der Transporte verzeichnen, erst<br />

im Jahre 1990 kommt es zu einem deutlichen Rückgang:<br />

1970 0,75 Mio. t; 1989 1,29 Mio. t; 1990 1,05 Mio. t.<br />

4 Daten aus: Statistisches Landesamt Berlin 1992


64 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

Güterausgänge<br />

Entgegengesetzt zu den Trends der Gütereingänge entwickelten sich die Güterausgänge, wobei<br />

allerdings auch in diesem Fall ein erheblicher Strukturbruch im Jahre 1990 festzuhalten ist.<br />

Güterausgänge gesamt:<br />

1970 wurden Güter im Umfang von 0,52 Mio. t per Schiff aus der Stadt transportiert. Die<br />

Menge steigerte sich bis zum Jahre 1989 auf 3,2 Mio. t, um im Jahre 1990 deutlich auf 1,4 Mio.<br />

t. abzusacken. Die die Entwicklung dominierende Güterabteilung ist dabei<br />

Steinen und Erden:<br />

Hier stieg das Aufkommen von 0,08 Mio. t. im Jahre 1970 auf 2,8 Mio. 1.1989, um dann auf 1,1<br />

Mio. t. im Jahre 1990 zurückzugehen.<br />

Alle anderen Gütergruppen spielen beim Güterausgang aus dem ehemaligen Berlin West im<br />

Bereich der Binnenschiffahrt eine untergeordnete Rolle. Als Erklärungsansatz für diese Entwicklung<br />

kann dabei dienen, daß die Binnenschiffahrt offenbar eine Entsorgungsfunktion im<br />

Bereich des Bauschuttes eingenommen hat, nachdem die letzten innerstädtischen Mülldeponien<br />

geschlossen wurden und der Bauschutt auf Deponien in das Umland transportiert wird.<br />

Güterausgänge im Binnenschiffsverkehr<br />

1970, 1989 und 1990 nach Gütergruppen<br />

Landir. Erzeugnisse<br />

Kohle<br />

Erdöl;mine.Erzeugnisse<br />

Eisen;Stahl;NE—Metalle<br />

Steine und Erden<br />

Sonstige<br />

Quelle: erstellt nach Statistisches Landesamt Berlin 1992<br />

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3<br />

BEHALA - die Entwicklung der Gütertransporte Im Jahre 1991<br />

Amtliche statistische Daten für die Entwicklung der Binnenschiffahrt für das Jahr 1991 liegen<br />

noch nicht vor. Einen Einblick in die Entwicklungstendenzen gibt der Geschäftsbericht dieses<br />

Jahres der Berliner Hafen- und Lagerhaus-Betriebe (BEHALA). Danach sind die Gütereingänge<br />

in ihrem Bereich innerhalb eines Jahres um 22% zurückgegangen (nicht allein Schiffs-


65 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

transporte), der Güterausgang um mehr als 32%. Zentrale Faktoren für diese Entwicklungen im<br />

Bereich der Binnenschiffahrt sind die deutlich verringerten Bauschutttransporte.<br />

Die Zahlen der BEHALA verdeutlichen, daß der Trendbruch, der in der offiziellen Statistik<br />

für das Jahr 1990 festzustellen ist, sich auch im Jahre 1991 fortgesetzt hat Die Umschlagsleistungen<br />

haben von 1990 auf 1991 um 25% abgenommen, betroffen waren dabei insbesondere<br />

die festen Brennstoffe (Rückgang fast 60%, allerdings insofern eine Sondertendenz als diese<br />

nicht mehr über die Westberliner Häfen abgewickelt werden) und Bauschutt mit fast 50%. 5<br />

Diese Tendenz, so der Geschäftsbericht, scheint sich fortzusetzen.<br />

Land Brandenburg - Güterumschlagsleistungen 1989 und 1991<br />

Die Situation der Brandenburger Häfen hat sich entsprechend den wirtschaftlichen Bedingungen<br />

in den neuen Bundesländern ähnlich dramatisch nach unten entwickelt wie es im Westteil<br />

der Stadt Berlin zu verzeichnen war. Die folgende Tabelle gibt diese Entwicklung wieder.<br />

Güterumschlagsleistungen ausgewählter Häfen (in 1.0001)<br />

1989 1991<br />

Potsdam 593,5 76,1<br />

Brandenburg 566,6 323,8<br />

Königs Wusterhausen 3.268,2 2.047,6<br />

Velten 227,3 120,0<br />

Wittenberge 257,3 29,0<br />

Frankfurt/Oder 310,9 29,3<br />

Eisenhüttenstadt 2.851,3 1.215,7<br />

Schwedt (Werkshafen) 310,0<br />

Gesamtumschlag aller Häfen (DDR) 21.348,4<br />

davon heutiges Land Brandenburg (ohne Schwedt) 8.075,1<br />

ca. 38%<br />

Quelle: Theurer 1992, Seite 19<br />

6.4 Die Binnenschiffahrt von und nach Berlin in den <strong>Pro</strong>gnosen<br />

3.841,5<br />

Wie den Ausführungen zu den Entwicklungen in Berlin (West) zu entnehmen war, ist der<br />

Gesamtumschlag der Binnenschiffahrt seit 1970 bis 1989 im wesentlichen konstant geblieben,<br />

wobei allerdings auf die erheblichen Strukturverschiebungen zwischen Güteraus- und Gütereingang<br />

hingewiesen wurde. Letztlich stabilisiert wurde das Frachtaufkommen der Binnenschiffahrt<br />

durch die Bauschutttransporte auf die Deponien des Umlandes. Aus der Vergangenheitsbetrachtung<br />

des Binnenschiffsverkehrs nach Berlin ist hervorzuheben, daß sich daraus keine po-<br />

5 vgl. BEHALA 1992: Seitellf.


66 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

sitiven <strong>Pro</strong>gnosen hinsichtlich des Ladungspotentials der Binnenschiffahrt ableiten lassen.<br />

Vielmehr deutet einiges darauf hin, daß die Binnenschiffahrt (Berlin West) ihre Bedeutung vor<br />

allem in der Entsorgungsfunktion innehatte, die insbesondere durch die spezielle Situation von<br />

Berlin West begründet war, in dem Sinne, daß Bauschutt gebündelt zusammengeführt und über<br />

festgeschriebene Verträge auf bestimmte Deponien verbracht wurde. Mit der Öffnung der Grenzen<br />

ist offensichtlich auch eine Flexibilisierung der Verbringung eingetreten, die die Binnenschiffe<br />

benachteiligt, da die Transportrelationen nicht binnenschiffsgeeignet sind.<br />

Dies kann auch bezüglich der Transporte per Binnenschiff nach Berlin festgehalten werden,<br />

die Lage des Westteils der Stadt vor dem Fall der Mauer hatte für die Binnenschiffahrt einen<br />

Vorteil bedeutet, da durch die Westorientierung Westberlins die Transportrelationen definiert<br />

waren. Diese Relation muß nun aber nicht auf Dauer die bestimmende bleiben, vielmehr deuten<br />

einige Fakten darauf hin, daß die Ost-West Relationen an Bedeutung verlieren könnten.<br />

Die <strong>Pro</strong>gnosedaten des Entwürfe für ein Hafen- und Wasserstraßenkonzept Berlin<br />

Nach dem "Entwurf für ein Hafen- und Wasserstraßenkonzept Berlin" wird für Berlin eine<br />

Umschlagsmenge über Kai in Höhe von 21,5 Mio. t. vorausgesagt. 6 Dies bedeutet in etwa eine<br />

Verdoppelung der per Binnenschiff nach Berlin transportierten Güter gegenüber dem Jahre<br />

1989. 7<br />

In dem oben angeführten Hafen- und Wasserstraßenkonzept für das Land Berlin werden folgende<br />

Angaben bezüglich der Entwicklung einzelner Gütersegmente bis zum Jahre 2010 dargestellt.<br />

8 Diesen Zahlenangaben liegen verschiedene Studien zugrunde, die von der Senatsverwaltung<br />

für Verkehr in Auftrag gegeben worden sind.<br />

- Baumaterialien:<br />

Basis sind die Zunahmen der Bautätigkeit in der Stadt um jährlich 5-10%, und damit eine Erhöhung<br />

der durch das Binnenschiff transportierten Menge von 3 auf 7,9 Mio. t. im Jahre 2010<br />

- feste Brennstoffe:<br />

Substitution der Braunkohle durch Steinkohle, Folge: Veränderung der Transportrelationen,<br />

Anstieg der per Binnenschiff transportierten Mengen von 2,5 auf 4 Mio. t. im Jahre 2010.<br />

- Bauschutt<br />

Durch durch die Bautätigkeit anfallende Abrißarbeiten ist mit einem Zuwachs von 3,9 Mio. t.<br />

im Jahre 1989 auf 6 Mio. t. im Jahre 2010 zu rechnen.<br />

- Mineralölprodukte<br />

Erhöhung des binnenschiffaffinen Transportpotentials von 0,6 Mio. t. (1989) auf 0,7 Mio. t.<br />

-Schrott<br />

Zuwachs 0,4 Mio. t<br />

® vgl. Entwurf für ein Hafen - und Wasseistraßenkonzept Berlin - Kurzfassung - Berlin, Oktober 1992 S. 3<br />

7 vgl Kalender 1992: S. 26<br />

8 vgl. Entwurf für ein Hafen- und Wasserstraßenkonzept Berlin Kurzfassung. Berlin, Oktober 1992 S. 4f


67 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

- Schwergut und Gefahrgut<br />

0,2 Mio. t<br />

- Stückgut<br />

Steigerungspotential für Containerverkehr und stückige Güter 0,5 Mio. t. im Jahre 2010<br />

Zu differenzieren ist in diesem Fall danach, daß es sich um Transportpotentiale handelt, die<br />

erst realisiert werden müssen. Die Analyse des Ist-Zustandes hat verdeutlicht, daß erhebliche<br />

Veränderungen im Hinblick auf die verkehrliche Bedeutung der Binnenschiffahrt aufgetreten<br />

sind. Allerdings werfen diese Abschätzungen auch einige Fragen auf. So ist zu bemerken, daß<br />

auf der einen Seite von einem dauerhaften Bauboom in Berlin ausgegangen wird, allein die<br />

Baustoffe und die Bauschutttransporte hätten nach diesen Angaben ein Aufkommen fast 14<br />

Mio. t, und dies trotz der real zu beobachtenden Entwicklung, daß auch die Bauschutttransporte<br />

per Binnenschiff deutlich zurückgegangen sind.<br />

Auch die Erwartungen bezüglich der im Hafenkonzept einbezogenen Steinkohlelieferungen<br />

müssen in Frage gestellt werden. So existiert auf der einen Seite das Ziel, die G02 Emissionen<br />

deutlich zu reduzieren, was zu einem Rückgang des Einsatzes von Kohlen führen müßte, und<br />

auf der anderen Seite wird ein Hafenkonzept entwickelt, das einen ungebrochenen, ja wachsenden<br />

Steinkohleeinsatz zur Grundlage der Infrastrukturplanungen macht<br />

Die Eingangsdaten für die Nutzen-Kosten-Analyse von PLANCO<br />

Die <strong>Pro</strong>gnose von Kessel + Partner kommt zu der Aussage, daß sich die Transportleistung<br />

des Binnenschiffs um 87% 9 bis zum Jahre 2010 erhöhen wird, diese Steigerung ist allerdings<br />

nicht speziell bezogen auf die neuen Bundesländer.<br />

Gemäß der Analyse von PLANCO, die sich auf die Kessel + Partner Zahlen stützt, sollen im<br />

Jahre 2010 ca. 14,3 Mio. t im Güterfernverkehr per Binnenschiff von und nach Berlin transportiert<br />

werden.<br />

Güterfernverkehr von und nach Berlin im Jahr 2010<br />

(ohne Lokalverkehr, alle Gütergruppen)<br />

Straße<br />

Bahn<br />

Binnenschiff<br />

Insgesamt<br />

Millionen Tonnen Verkehrsanteile<br />

Vers Empf Summe Vers Empf Summe<br />

12,2 21,3 33,5<br />

53,7 50,2 51,4<br />

6,1<br />

4,4<br />

22,7<br />

11,2<br />

9,9<br />

42,4<br />

17,3<br />

14,3<br />

65,1<br />

26,9<br />

19,4<br />

100,0<br />

26,4<br />

23,4<br />

100,0<br />

26,6<br />

22,0<br />

100,0<br />

Quelle: Schweiin 1992, Seite 106 (Werte stammen von PLANCO-Untersuchungen)<br />

9 vgl. Kessel + Partner 1991, S. 73


68 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Güterfernverkehr Berlin<br />

im Jahr 2010 nach PLANCO<br />

Quelle: erstellt nach Schwenn 1992, Seite 106<br />

Versand Empfang<br />

In Mio t<br />

Straße<br />

Balm<br />

• Schiff<br />

Die Güterfernverkehrsprognose des DIW für das Jahr 2010<br />

Im Rahmen einer Studie zur "Verminderung der Luft- und Lärmbelastungen im Güterfernverkehr<br />

2000/2010" 10 kommt das DIW zu deutlich anderen Ergebnissen als die Güterverkehrsprognose<br />

von Kessel+Partner. Dabei benutzt das DIW die gleichen Ausgangsdaten<br />

(Strukturdatenprognose) wie Kessel + Partner, unterstellt allerdings unterschiedliche Entwicklungen<br />

in den verschiedenen Güterbereichen. So kommt das DIW zu dem Ergebnis, daß im gesamten<br />

Güterfernverkehr ein um 10% geringeres Verkehrswachstum und ein anderer Modal-<br />

Split zu erwarten ist.<br />

Diese veränderten Annahmen haben nun aber weitreichende Folgen. Das DIW geht dabei davon<br />

aus, daß Kessel+Partner in ihrer Abschätzung die Entwicklung des Lkw-Verkehrs deutlich<br />

unterschätzen und die Bahn und die Binnenschiffahrt deutlich überschätzen. 11 Bezogen auf den<br />

Gütertransport der Binnenschiffahrt allgemein wird vom DIW eine Reduktion der transportierten<br />

Menge um den Faktor 0,7 bis 0,8 erwartet Für die Binnenschiffstransporte nach Berlin kann<br />

nochmals mit deutlich geringeren Aufkommenswerten gerechnet werden, wie die Auswertung<br />

der entsprechenden Binnenschifffahrtsmatrizen des DIW ergibt Diese Verkehrsverflechtungsmatrizen<br />

der Binnenschifffahrt stellen die Güterverkehrsverflechtungen, zwischen den 161 Ver-<br />

1° Verminderung der Luft- und Lärmbelastungen im Güterfernverkehr 2000/2010. FuE Vorhaben des<br />

Umweltbundesamtes Nr. 10405962. Bearb.: DIW (Berlin), IVU (Berlin), EFEU (Heidelbeg). Die Untersuchung ist<br />

noch nicht abgeschlossen.<br />

1 1 DIW Wochenbericht 40/92 S. 497


69 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

kehrsregionen dar, in die die Bundesrepublik und das benachbarte Ausland im Rahmen der Güterverkehrsprognose<br />

aufgeteilt werden. 12<br />

Aus den Auswertungen der Verkehrsverflechtungsmatrizen der Binnenschiffahrt ergibt sich,<br />

daß 6,5 Mio. t. Güter im Jahre 2010 per Binnenschiff nach Berlin transportiert werden. Einen<br />

Überblick über die Güterstrukturen gibt die folgende Tabelle:<br />

Nach Berlin (in t)<br />

1) landwirtschaftliche <strong>Pro</strong>dukte: 106.909<br />

2) Nahrungsmittel 608.093<br />

3) Kohle 1.056.675<br />

4) Rohöl 0<br />

5) Mineralölerzeugnisse 1.793.637<br />

6) Eisenerz 368<br />

7) NE Erze, Schrott 62.186<br />

8) Eisen, Stahl 200.470<br />

9) Steine, Erden 1.906.210<br />

10) Chemische Erzeugnisse 316.440<br />

11) Investitionsgüter 56.090<br />

12) Verbrauchsgüter 444 004<br />

Summe 6.551.062<br />

Quelle: Umweltbundesamtes, FuE-Vorhaben Nr. 10405962<br />

1 2 Zur Erklärung: Die Bundesrepublik und das angrenzende Ausland sind in Verkehrsregionen aufgeteilt, anhand derer<br />

das Transportaufkommen (Empfang/Versand) der Regionen prognostiziert wird. Dabei werden Transportbeziehungen<br />

zwischen den Regionen abgeleitet Im Rahmen dieses Gutachtens wurden die Verkehrsbeziehungen der<br />

Binnenschiffahrt für die Region Berlin ausgewertet


70 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

Güteraufkommen der Binnenschiffahrt<br />

nach Berlin im Jahr 2010<br />

Landw. <strong>Pro</strong>dukte ^<br />

Nahrungimittel^j^rv<br />

Kohle<br />

Rohöl<br />

Miner alöoerzeugnisae<br />

Eisenerz<br />

NE Erze. Sehrott<br />

Eisen, Stahl<br />

Steine, Erden<br />

Chemische Erzeugnisse<br />

Inveatitonsgüter<br />

3<br />

Verbrauchsgüter<br />

\ 0 0,5 i 1,5 2 2,5<br />

ES in Mio. t<br />

Der Versand per Binnenschiff im Güterfernverkehr aus Berlin in andere Wirtschaftsregionen<br />

beträgt dabei insgesamt 2,2 Mio. t, was bedeutet, daß die Relationen von und nach Berlin ungleichgewichtig<br />

sind mit der Folge entsprechender Leerfahrten. Die Güterstrukturen des Versandes<br />

aus Berlin werden in der folgenden Tabelle dargestellt.<br />

Aus Berlin (in t)<br />

1) landwirtschaftliche <strong>Pro</strong>dukte: 7.200<br />

2) Nahrungsmittel 211.865<br />

3) Kohle 2.892<br />

4) Rohöl 0000<br />

5) Mineralölerzeugnisse 5.958<br />

6) Eisenerz 156<br />

7) NE Erze, Schrott 82.676<br />

8) Eisen, Stahl 149.716<br />

9) Steine, Erden 1.093.709<br />

10) Chemische Erzeugnisse 150.934<br />

11) Investitionsgüter 64.844<br />

12) Verbrauchsgüter 338.964<br />

Summe 2.108.914<br />

Quelle: Umweltbundesamtes, FuE-Vorhaben Nr. 10405962


71 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

Güteraufkommen von Berlin<br />

im Jahr 2010<br />

landw. <strong>Pro</strong>dukte<br />

Nahrungsmittel<br />

Kohle<br />

BohOl<br />

Mineral&lerzeugnisae<br />

Eiseners<br />

NE Erze, Schrott<br />

Eisen, Stahl<br />

Steine/Erden<br />

Chemische Erzeugnisse<br />

Investitionsgüter<br />

Verbrauchsgüter<br />

0,2 0,4 0.6 0.8<br />

Bin Mio. t<br />

Vergleich der <strong>Pro</strong>gnosedaten für die Binnenschiffahrt von und nach Berlin<br />

Bei einem Vergleich zwischen den Werten, die PLANCO bei seiner Berechnung genutzt hat<br />

und den Daten der Verkehrsverflechtungsmatrizen der Binnenschiffahrt des DIW ergeben sich<br />

erhebliche Unterschiede. Statt der 14 Mio. t. im Güterfernverkehr, die bei PLANCO in die NKA<br />

eingehen, ergibt sich aus unseren Berechnungen aus den Binnenschiffahrtsmatrizen des DIW<br />

ein Aufkommen in Höhe von 8,7 Mio. t. im Güterfernverkehr von und nach Berlin. Bei diesen<br />

genannten Zahlen ist zu beachten, daß es sich um die Güterfernverkehre handelt und diese Zahlen<br />

insofern nicht oder nur sehr begrenzt vergleichbar sind mit den Zahlen der Ladungspotentiale<br />

bei den verschiedenen Gütergruppen (z.B. des Entwurfes für ein Hafen- und Wasserstraßenkonzept<br />

Berlin).<br />

Dies bedeutet, daß nach den Daten da- Verkehrsverflechtungsmatrizen der Binnenschiffahrt<br />

für das Jahr 2010 des DIW in Relation zu den Daten, die bei PLANCO in die NKA eingehen,<br />

nur 60% des Güteraufkommens realisiert werden können.<br />

6.5 Zusammenfassung<br />

Es wird für die neuen Bundesländer allgemein und für Berlin und Brandenburg speziell deutlich,<br />

daß die Binnenschiffahrt bei den Gütertransporten erhebliche Verluste zu verzeichnen hat<br />

Insbesondere ist festzuhalten, daß der Gütertransport nach Berlin seit langem rückläufig ist und<br />

daß im Jahr 1990 ein nochmaliger tiefer Einbruch erfolgte. Aus der Analyse der Vergangenheitsdaten<br />

lassen sich insofern keine Anhaltspunkte liefern, die darauf hindeuten, daß eine Renaissance<br />

der Binnenschiffahrt in der Region bevorstehen würde. Vielmehr deuten einige An-


72 Wirtschaftliche Entwicklung und Binnenschiffahrt<br />

zeichen darauf hin, daß für Berlin mit dem Fall der Mauer bisher eher künstliche Vorteile der<br />

Binnenschiffahrt in Frage gestellt wurden, die sich aufgrund der Sondersituation der Stadt ergeben<br />

hatten.<br />

Geht man nicht von den Gütertransporten des Binnenschiffes in den neuen Bundesländern<br />

des Jahres 198S aus, das als Basisjahr für <strong>Pro</strong>gnosen nicht geeignet ist, sondern von den Entwicklungen<br />

nach der deutschen Vereinigung, so wird deutlich, daß die Binnenschiffahrt sehr<br />

hohe Wachstumsraten realisieren muß, um an die prognostiziert»! Werte bei Kessel+Partner<br />

bzw. entsprechend auch bei PLANOO zu erreichen. Folgende Faktoren sind wesentlich für die<br />

genannten Entwicklungstendenzen:<br />

- der wirtschaftliche Zusammenbruch in den neuen Ländern und der schwierige Umstellungsprozeß<br />

auch der Westberliner Industrie und damit einhergehend der Rückgang des Transportvolumens<br />

insgesamt, insbesondere auch bei der Bahn. In Erinnerung gerufen seien dabei auch<br />

die besonderen Transportstrukturen in den neuen Bundesländern (Braunkohletransporte mit der<br />

Bahn).<br />

- die Veränderung der Transportrelationen, in dem Sinne, daß z.B. unsortierte Bauschuttlieferungen<br />

nicht mehr nach Deetz verbracht werden, sondern sich eine Diversifizierung der Relationen<br />

ergeben hat, die nicht mehr binnenschiffahrtsgeeignet sind. Dies gilt auch für die sich<br />

entwickelnden neuen Lieferbeziehungen im Bereich der Industrie.<br />

- die zu erwartende deutliche Veränderung der Wirtschaftsstrukturen mit der Folge, daß sich die<br />

binnenschiffaffinen Güter eher reduzieren werden und von daher das Ladungspotential in Frage<br />

zu stellen ist.<br />

Nach den bisher vorliegenden Zahlen ist festzuhalten, daß die <strong>Pro</strong>gnoseprobleme erheblich<br />

sind und daß die Schätzungen in Frage zu stellen sind. Zudem wird deutlich, daß die Grundlagen<br />

der Planungen des Hafen- und Wasserstraßenkonzeptes teilweise den Vorgaben anderer<br />

Politikbereiche (C02 Reduktion) widerspricht.<br />

Weiterhin ist festzuhalten, daß die im Güterfernverkehr per Binnenschiff von und nach Berlin<br />

transportierten Güter nach Angaben von PLANCO 14 Mio. t. betragen. Unsere Auswertung der<br />

Binnenschiffahrtsmatrizen des DIW kommt zu dem Ergebnis, daß das zu erwartende Verkehrsaufkommen<br />

des Binnenschiffs im Fernverkehr von und nach Berlin deutlich geringer ist<br />

als die von PLANCO errechneten Zahlen. Mit 8,7 Mio. t. im Fernverkehr von und nach Berlin<br />

werden lediglich 60% des Wertes erreicht, der von PLANOO unterstellt wird. Dies bedeutet<br />

letztlich im Hinblick auf die Nutzen- Kosten- Analyse des <strong>Pro</strong>jektes 17, daß die Eingangswerte<br />

(Gütermenge) sich als zu hoch erweisen.


Energiesparen = Verkehrsvermeidung 73<br />

7. Energiesparen = Verkehrsvermeidung<br />

An einem Beispiel soll aufgezeigt werden, daß Verkehrsvermeidungsstrategien möglich sind,<br />

wenn in bestimmten Gebieten eine ökologieorientierte Politik betrieben wird. Es wird deutlich,<br />

daß durchaus Handlungsoptionen bestehen in dem Sinne, daß die Verkehrsentwicklung in der<br />

Zukunft nicht zwangsläufig vorgegeben ist. Dies soll im folgenden am Energiesektor aufgezeigt<br />

werden, der, wie in den <strong>Pro</strong>gnosen für das Jahr 2010 im Berliner Hafenkonzept deutlich wird,<br />

eine wesentliche Rolle hinsichtlich des erwarteten Verkehrsaufkommens spielt. An den gesamten<br />

erwarteten Gütertransporten per Binnenschiff nach dem "Entwurf für ein Hafen- und<br />

Wasserstraßenkonzept Berlin' haben die Steinkohletransporte einen Anteil, der bei ca. 30% liegt<br />

oder in absoluten Zahlen 4 Mio. t beträgt Dabei wird davon ausgegangen, daß gegenüber dem<br />

aktuellen Energieträgermix Braunkohle durch Steinkohle substituiert wird, mithin keine wesentliche<br />

Reduktion des Energieträgereinsatzes bzw. auch keine Substitution durch den Energieträger<br />

Gas erfolgt<br />

Inwieweit die Abschätzung des Hafenkonzeptes realistisch ist, hängt dabei von der energiepolitischen<br />

Konzeption des Landes Berlin ab. Im Rahmen des Klimabündnisses ist Berlin die<br />

Selbstverpflichtung eingegangen, bis zum Jahre 2010 die C02 Emissionen zu halbieren. Um<br />

diesem Ziel näherzukommen, gibt es im wesentlichen zwei Möglichkeiten:<br />

- auf der einen Seite die Energieeinsparung, bei der entsprechend der Brennstoffbedarf reduziert<br />

würde,<br />

- auf der anderen Seite die Energieträgersubstitution.<br />

Denkbar ist auch eine Kombination aus beiden Strategien. Diese werden jedoch in jedem<br />

Falle langfristiger Natur sein müssen, da die Abschreibungszeiträume für Energieerzeugungsanlagen<br />

kurzfristigen Umorientierungen entgegenstehen. Dies stellt sich für Berlin so dar, daß<br />

erst nach dem Jahre 2010 der Kraftwerkspark Berlin erneuert werden muß, womit dann aber<br />

langfristig ein deutlich erweiterter Handlungsspielraum existiert.<br />

Einige Grunddaten<br />

Zunächst ist zu differenzieren zwischen Primärenergieverbrauch und Endenergieverbrauch:<br />

Der Primärenergieverbrauch in Berlin betrug im Jahre 1990 390 PetaJoule (PJ) (13,3 Mio. t.<br />

Steinkohleeinheiten -SKE-), dabei je Einwohner in Ostberlin 122 Gigajoule (GJ) und damit um<br />

12% höher als in Westberlin mit 109 GJ. Wichtigste Energieträger in Ostberlin sind die festen<br />

Brennstoffe mit einem Verbrauchsanteil von einem Drittel, im Westen ist dies»- Anteil noch<br />

höher mit 37%. Die Ursache dafür liegt in der Inselversorgung des Westteils Berlins und dem<br />

dadurch fehlenden Zugriff auf das Strom-Verbundnetz.<br />

Beim Endenergieverbrauch (der ca. 68% des Primärenergieverbrauchs ausmacht) sieht es<br />

hingegen völlig anders aus, hier muß nach den verschiedenen Sektoren unterschieden werden.<br />

In Ost-Berlin entfällt auf die festen Brennstoffe ca. 1/3, im Westteil der Stadt hingegen spielt<br />

Strom eine zentrale Rolle.


74 Energiesparen = Verkehrsvermeidung 74<br />

Westberlin<br />

Stromproduktion der Bewag, Zusammensetzung der Primärenergieträger:<br />

Steinkohlen 64,1%<br />

Heizöle 21,8%<br />

Erdgas 7,3%<br />

Braunkohle 5,5%<br />

Dampf Ruhleben 1,3%<br />

Ostberlin<br />

Stromproduktion der EBAG:<br />

Bislang wurde die Stromversorgung im wesentlichen durch Strombezüge aus dem Verbundnetz<br />

sichergestellt, d.h. am gesamten Stromaufkommen der EBAG waren die Bezüge mit 77% beteiligt.<br />

Die Kraftwerke der EBAG produzierten 1084 Mill. kWh.<br />

Energieträgerstruktur:<br />

Braunkohle 50,2%<br />

Heizöl 26,1%<br />

Erdgas 23,7%<br />

Aktualisierung von Energieszenarien und Erarbeitung eines energiepolitischen Handlungskonzeptes<br />

für Berlin 1<br />

Das Gutachten versucht, die Implikationen verschiedener Strategien aufzuzeigen, wobei drei<br />

Szenarien entwickelt werden, ein Trendszenario in dem keine wesentlichen Maßnahmen ergriffen<br />

werden, ein Maßnahmenszenario, bei dem eine deutliche C02 Reduktion erreicht werden<br />

kann und ein Reduktionsszanario, bei dem das angestrebte Ziel im wesentlichen erreicht werden<br />

kann.<br />

Die Szenarien basieren auf einem identischen Satz von demographischen und ökonomischen<br />

Leitdaten, 2 die im wesentlichen den <strong>Pro</strong>gnosen des Senats des Landes Berlin entnommen wurden,<br />

danach wird ein Bevölkerungswachstum von ca. 300.000 Menschen erwartet und insgesamt<br />

eine positive wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern und in Mittel- und<br />

Osteuropa. Für alle Szenarien läßt sich nachweisen, daß der Anteil der festen Energieträger<br />

deutlich abnehmen wird. Dies gilt dann insbesondere für Ostberlin, wo der Anteil der Braunkohle<br />

rapide sinken wird. In absoluten Werten bleibt die Nutzung von Steinkohle im Trend- und<br />

im Maßnahmenszenario im wesentlichen konstant. Bei der Verfolgung der Strategie des Reduktionsszenarios<br />

wird die Nutzung der festen Energieträger gegen null reduziert<br />

Die drei Szenarien verdeutlichen die <strong>Pro</strong>bleme des Landes Berlins und dessen begrenzten energiepolitischen<br />

Handlungsspielraum in dem Sinne, daß das Ziel der geforderten C02 Minde-<br />

1 Borch u.a. 1992. Studie im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Berlin, Juli<br />

1992<br />

2 Borch u.a. 1992, S. 19


Energiesparen = Verkehrsvermeidung 75<br />

rung bis zum Jahr 2010 mit den dem Senat zur Verfügung stehenden Mitteln nicht erreicht werden<br />

kann. Das Ergebnis dieser Berechnungen bis zum Jahr 2010 ist dabei, daß im<br />

- Trendszenario bei Steigerung des Primärenergieverbrauches um 11% (427 PJ) die C02 Emissionen<br />

um 2% steigen.<br />

- Maßnahmen-Szenario bei Reduktion des Primärenergieverbrauches um 6% die C02 Emissionen<br />

um 14% sinken (auf 26,4 Mio. t)<br />

- Reduktionsszenario bei Reduktion des Primärenergieverbrauches um 1/4 die C02 Emissionen<br />

um 45% auf 16,8 Mio. t abnehmen können.<br />

Die anspruchsvollste Variante mit einer Reduktion um 45%, also das Reduktionsszenario, basiert<br />

dabei in starkem Maße auf Energieträgersubstitution, d.h. der Veränderung der eingesetzten<br />

Energieträger und nicht auf besonderen erfolgreichen Sparstrategien, da aufgrund der unterschiedlichen<br />

C02-Freisetzung bei der Verbrennung der verschiedenen Energieträger C02-Entlastungspotentiale<br />

erschlossen werden können. Das Ergebnis des Reduktionsszenarios ist, daß<br />

der Energieträger Kohle quasi als Primärenergieträger auf null zurückgefahren wird und stattdessen<br />

Erdgas eingesetzt wird, so nicht eingespart wird. Für den Transportbedarf hätte dies zur<br />

Folge, daß die Kohletransporte nach Berlin quasi zum Erliegen kämen, mithin Verkehre in erheblichem<br />

Umfang weggbrechen würden.<br />

Betrachtet man die Angaben des Hafenkonzeptes für das Jahr 2010, so würden 4 Mio. t.<br />

Steinkohle nicht transportiert werden müssen. Davon wäre dann nicht nur die Binnenschiffahrt<br />

betroffen, sondern insbesondere auch die Bahn, Gewinner wären die (Gas)Transporte per Pipeline.<br />

Dieses Szenario wird allerdings von den Autoren als wenig realistisch und in Teilbereichen<br />

auch als problematisch angesehen, da dieser Effekt im wesentlichen aufgrund der Energieträgersubstitution<br />

erreicht würde und weniger durch die Nutzung der Einsparpotentiale. Dabei<br />

kann bei dieser Option nicht abgeschätzt werden, welche Konsequenzen dies für die Gasmärkte<br />

hätte.<br />

Aber auch in den beiden anderen Szenarien wird deutlich, daß die Primärenergieträgerstruktur<br />

sich deutlich verändert, daß insbesondere der Bereich Kohle, aber auch Mineralöle anteilsmäßig<br />

deutlich verlieren werden.<br />

Dabei ist in den gesamten Überlegungen zu berücksichtigen, daß diese Studie allein über<br />

einen Zeitraum von ca. 20 Jahren orientiert war, grundlegendere Veränderungen des Energiesystems<br />

allerdings erst über eine längere Frist zu erreichen sind. Für Berlin würde dies bedeuten,<br />

daß grob gesprochen erst ab dem Jahre 2010 die großen mit Kohle befeuerten Kraftwerksblöcke<br />

abgeschrieben sein werden, sodaß dann Ersatzbauten realisiert werden können, die eine andere<br />

Struktur haben könnten.<br />

Für Orientierungen über die Notwendigkeiten der längerfristig zu erreichenden Reduktionsziele<br />

können dabei die von der Enquete-Kommission 'Schutz des Klimas...' vorgegebenen Ziele<br />

herangezogen werden. Die vorgegebenen und nach Ansicht der Enquete-Kommission auch er-


76 Energiesparen = Verkehrsvermeidung 76<br />

reichbaren Reduktionsziele, die in Deutschland notwendig sind, um im internationalen Kontext<br />

wesentliche Schritte zur Reduktion der G02 Emissionen und zur Klimastabilisierung beizutragen,<br />

bedeuten für den Einsatz des Energieträgers Kohle eine Reduktion um fast 75 % (vgl. die<br />

Grafik auf der folgenden Seite).<br />

Aus diesen Vorgaben wird deutlich, daß es wünschenswert und auch realistisch ist, die in<br />

Deutschland notwendigen Schritte zur Klimastabilisierung über lange Fristen tatsächlich zu realisieren.<br />

Die <strong>Pro</strong>gnosen der Senatsverwaltung für Verkehr im Rahmen des Entwurfes für ein<br />

Wasserstraßen- und Hafenkonzept über das erwartete Aufkommen an Gütern (Kohle) passen<br />

nicht mit den Anforderungen der Studie 'Energieszenarien' der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung<br />

und Umweltschutz zusammen. Die Verfolgung des Zieles Klimaschutz geht nicht<br />

konform mit dem Ausbau von Häfen und Wasserstraßen, die zum Ziel haben, die Transporte zu<br />

verbilligen und die entsprechenden Kohletransporte letztlich auch durchzuführen. Durch den<br />

Ausbau der Havel zur Wasserstraße werden Transportkostensenkungen ermöglicht und damit<br />

letztlich auch die Energie verbilligt, ein Ergebnis, das jeder auf Reduktion orientierten Energiepolitik<br />

diametral entgegensteht, die notwendigerweise aush die Verteuerung der Energie beinhaltet.


Energiesparen = Verkehrsvermeidung 77<br />

C02-Emissionen<br />

in%<br />

200-<br />

J_<br />

in% 1/ inMnLt<br />

-200-arfr«<br />

xar<br />

p p p a a a b g g a a c i<br />

1987 1990 199S 2000 2005 2050 Jahr<br />

Trendentwiddung Wettweit<br />

Reduktionsziel Weitweit<br />

AeduJctionsziei der westlichen und östfidien Industrieländer<br />

Begrenzung der Emissionen der Entwicklungsländer<br />

Abb. 1: Energiebedingte C02-Emissionen bis zu den Jahren 2005 und 2050 nach dem Reduktionsplan<br />

der Enquete-Kommission: Reduktionsziele für die Industrieländer und Ziele für die<br />

Begrenzung der Zuwächse von Emissionen aus den Entwicklungsländern (vgl. Tab. 1).<br />

Alle Angaben in Milliarden Tonnen und in <strong>Pro</strong>zent, bezogen auf die Gesamtemissionen<br />

von rund 20,5 Milliarden im Basisjahr 1987. Die eingezeichneten Kurven sind nicht als<br />

exakte Vorgaben im Sinne von Szenario-Rechnungen zu verstehen, sondern dienen cer<br />

Illustration möglicher Verläufe, um zu den anvisierten Zielen zu gelangen. Die Zuordnung<br />

der weltweiten C02-Emissionen auf die Ländergruppen der Industrieländer (rund 80 <strong>Pro</strong>zent<br />

Anteil im Jahr 1987) und der Entwicklungsländer (rund 20 <strong>Pro</strong>zent im Jahr 1987)<br />

erfolgte überschlägig, eine differenzierte Aufteilung ist im Rahmen der Verhandlungen<br />

über die Internationale Konvention über Klima und Energie in den Anhängen über Geberund<br />

Nehmerländer festzulegen (vgl. Nr. 3, Artikel. I „Begriffsbestimmungen").<br />

Quelle: Deutscher Bundestag 1990, S. 869<br />

16<br />

10,25<br />

3.25


78 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

8. Die Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Im ersten Teil dieses Kapitels soll zunächst das Instrument der Nutzen-Kosten-Analyse kurz<br />

vorgestellt werden. Diese Ausführungen sind dann Grundlage für die im zweiten Teil folgende<br />

Auseinandersetzung mit der Nutzen-Kosten-Analyse von PLANCO zum Verkehrsprojekt 17<br />

Deutsche Einheit.<br />

8.1 Intention und Methodik der Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Mit dem Instrument der Nutzen-Kosten-Analyse sollen die positiven und negativen Auswirkungen<br />

staatlicher Investitionsmaßnahmen ermittelt und den Kosten gegenübergestellt werden,<br />

um so ihre Wirtschaftlichkeit zu überprüfen; dabei können nur diejenigen Auswirkungen<br />

berücksichtigt werden, die sich monetarisieren lassen. Aus den ermittelten Nutzen und<br />

Kosten wird das Nutzen-Kosten-Verhältnis gebildet; es gibt an, wieviel Nutzen pro Kosteneinheit<br />

erreicht wird.<br />

Mit der derzeitigen Systematik der Nutzen-Kosten-Analyse für den Bundesverkehrswegeplan<br />

werden die Auswirkungen von Verkehrswegebauten u.a. auf die Höhe der Transportkosten,<br />

auf die Kosten der Wegeerhaltung, regionalökonomische Effekte und in begrenztem<br />

Umfang die Auswirkungen auf die Umwelt ermittelt<br />

Nicht ermittelt werden die ökologischen Auswirkungen, die sich aus der Steigerung des<br />

Verkehrsaufkommens ergeben. Im Gegenteil: ein Mehr an Verkehr bringt positive Effekte.<br />

Bis zur Kapazitätsgrenze bringt ein höheres Verkehrsaufkommen auch einen höheren Nutzen,<br />

da sie meistens an die Höhe des Verkehrsaufkommens gekoppelt sind. Und auch die<br />

Umweltwirkungen der Infrastrukturmaßnahmen selbst werden nur über die Kosten für etwaige<br />

Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt.<br />

Die Nutzen-Kosten-Analyse (NKA) ist ein Instrument, das - analog zur Investitionsrechnung<br />

privater Unternehmen - staatlichen Entscheidungsträgern Empfehlungen und Hilfen bei der Entscheidung<br />

über öffentliche Investitionsprojekte geben soll. Durch ihre Anwendung soll mehr<br />

Rationalität in die staatliche Einnahmen- und Ausgabenpolitik gebracht werden. Die Nutzen-<br />

Kosten-Analyse setzt auf gesamtwirtschaftlicher Ebene an, um die Vor- und Nachteile bestimmter<br />

Maßnahmen zu erfassen. Dabei macht die <strong>Bewertung</strong> unter gesamtwirtschaftlichen<br />

Aspekten deutlich, daß<br />

es sich hier (primär) um Entscheidungen handelt, die nicht üb» den Markt getroffen werden<br />

(können) und daher Gegenstand politischer Entscheidungsprozesse sind;<br />

- auch solche Auswirkungen erfaßt werden, die der Markt nicht berücksichtigt und bewertet.<br />

Somit handelt es sich hier um eine soziale Rechnung, die von privaten Rechnungen etwa der<br />

Unternehmen (wenn z.B. private Investitionen beurteilt werden sollen) erheblich abweichen<br />

kann;


79 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

- die <strong>Bewertung</strong> über eine rein finanzwissenschaftliche (Einnahmen/Ausgaben-) Betrachtung<br />

hinausgeht". 1<br />

Intention bei der Durchführung einer Nutzen-Kosten-Analyse ist es, zum einen ein <strong>Pro</strong>jekt<br />

generell und zum anderen verschiedene Ausbauvarianten auf ihre Wirtschaftlichkeit hin zu<br />

überprüfen, um so mit einem gegebenen staatlichen Mitteleinsatz insgesamt möglichst große<br />

positive Auswirkungen, d.h. ein Maximum an gesamtwirtschaftlichen Nutzen zu erzeugen. Um<br />

ermitteln zu können, wie das Verhältnis von Kosten und Nutzen ist, müssen auch die Nutzen in<br />

Geldeinheiten ausgedrückt werden. Während sich die Kosten relativ einfach in Geldgrößen ausdrücken<br />

lassen, müssen die Nutzen über unterschiedliche <strong>Bewertung</strong>sverfahren in Geldgrößen<br />

überführt werden. Dies führt vor allem bei der <strong>Bewertung</strong> von Umweltauswirkungen zu <strong>Pro</strong>blemen.<br />

Aus der Gegenüberstellung der Nutzen und Kosten ergibt sich das gesamtwirtschaftliche<br />

Nutzen-Kosten-Verhältnis als Beurteilungskriterium. Es enthält 2<br />

- im Zähler die Summe aller projektbedingten Effekte,<br />

- im Nenner die Summe aller projektbedingten einmaligen Kosten. 3<br />

Durch die Gegenüberstellung dieser beiden Größen, die zuvor durch die Barwertbildung 4<br />

vergleichbar gemacht werden müssen, läßt sich anhand des Nutzen-Kosten-Verhältnisses die<br />

"Wirtschaftlichkeit" einer Maßnahme mit der anderer Maßnahmen vergleichen. Ein Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />

von z.B. 4 heißt, daß durch jede investierte DM ein Nutzen von vier DM erreicht<br />

wird. Die Nutzen-Kosten-Analyse ist aber nur ein Instrument unter anderen, das bei der<br />

politischen Entscheidung über Investitionsprojekte Entscheidungskriterien liefern soll. Ein anderes<br />

Instrument ist z.B. die ökologische Risikoanalyse. Daher bedeutet ein positives Nutzen-<br />

Kosten-Verhältnis allein noch nicht, daß ein <strong>Pro</strong>jekt nur wegen seiner mit der Nutzen-Kosten-<br />

Analyse errechneten Wirtschaftlichkeit auch realisiert werden sollte; um dies beurteilen zu können,<br />

müssen die Ergebnisse aller Untersuchungen berücksichtigt werden. Die Entscheidung<br />

über die Realisierung solcher <strong>Pro</strong>jekte bleibt letztendlich immer eine politische Entscheidung,<br />

die auch durch das vermeintlich objektive und wissenschaftliche Instrumentarium der Nutzen-<br />

Kosten-Analyse nicht ersetzt werden kann.<br />

Eine wesentliche Grundlage für die Nutzen-Kosten-Analyse ist das Zielsystem: in ihm wird<br />

festgelegt, auf welche Auswirkungen hin die geplanten Maßnahmen untersucht werden sollen.<br />

Darin definierte Ziele sind im Verkehrsbereich z.B. die Senkung der Transportkosten, regionale<br />

Auswirkungen und Umweltauswirkungen. Die einzelnen Ziele finden sich im Kriterienraster der<br />

Nutzen-Kosten-Analyse wieder, das weiter unten dargestellt wird. Mit der Aufstellung der Ziele<br />

1 Brümmerhoff 1992, S. 152<br />

2 Ernst, Lohrberg u.a. 1980, S. 171<br />

3 Die Veränderung der laufenden Kosten werden mit dem Nutzen NW2 erfaßt Je nachdem, ob sich die laufenden<br />

Kosten infolge der Baumaßnahmen erhöhen oder verringern, fällt dieser Nutzen positiv oder negativ aus. Siehe<br />

dazu auch weiter unten den entsprechenden Abschnitt.<br />

4 Da Kosten und Nutzen nicht in denselben Perioden anfallen, werden sie bezogen auf ein Vergleichsdatum - meist<br />

der Baubeginn des jeweiligen <strong>Pro</strong>jektes - mittels der Barwertbildung vergleichbar gemacht. Siehe hierzu den<br />

Abschnitt über die Diskontierungsrate.


80 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

wird der Rahmen abgesteckt, über den eine Aussage bezüglich der "Wirtschaftlichkeit" getroffen<br />

wird.<br />

Eine Auseinandersetzung mit Nutzen-Kosten-Analysen muß daher schon auf der Ebene dieser<br />

Ziele ansetzen, denn sie sind letztendlich aus dar Politik abgeleitet. Zwar besteht generell die<br />

Anforderung an das Zielsystem, daß es allen wohlfahrtsrelevanten Effekten offen steht. Aber<br />

welche Effekte Einfluß auf die Wohlfahrt haben, ist letztendlich wiederum Ergebnis eines politischen<br />

<strong>Bewertung</strong>sprozesses. So liegt der positiven <strong>Bewertung</strong> von kostengünstigeren Transportmöglichkeiten<br />

die Vorstellung zugrunde, daß ein höheres Maß an Verkehr die gesamtwirtschaftliche<br />

Wohlfahrt positiv beeinflußt.<br />

Will man also die Wirtschaftlichkeit des <strong>Pro</strong>jektes 17 beurteilen, so müssen sowohl das Zielsystem<br />

der Nutzen-Kosten-Analyse als auch die Meßvorschriften für die einzelnen Indikatoren<br />

der jeweiligen Ziele betrachtet werden. Eine Kritik nur an den jeweiligen Eingangsgrößen<br />

(Verkehrsaufkommen, Diskontrate, Abschreibungszeitraum etc.) bezieht sich lediglich auf die<br />

Berechnung der zu ermittelnden Nutzen. Sie setzt sich aber nicht mit den Zielen der Verkehrspolitik<br />

auseinander. Beispiel hierfür ist z.B. die Auseinandersetzung des ifo-Instituts 5 mit der<br />

Nutzen-Kosten-Analyse von PLANCO für den Rhein-Main-Donau-Kanal. Diese Auseinandersetzung<br />

bleibt auf der Ebene der Eingangsgrößen, wie z.B. über die Höhe der Diskontrate oder<br />

die Höhe des Verkehrsaufkommens. Sie findet aber nicht auf der Ebene der Zielfunktionen statt.<br />

Unter ökologischen Gesichtspunkten scheint aber eine Auseinandersetzung mit dem Zielsystem,<br />

das letztendlich die Vorgaben der Verkehrspolitik darstellt, mindestens ebenso geboten wie die<br />

Auseinandersetzung mit den Eingangsdaten. Hierauf wird im zweiten Teil näher eingegangen.<br />

Während die Investitionskosten von den öffentlichen Haushalten getragen werden, können<br />

die Nutzen sowohl bei Konsumenten als auch bei privaten Unternehmen anfallen: "Als Nutzer<br />

staatlichen Handelns kommen hierbei grundsätzlich sowohl Konsumenten als auch private Unternehmen<br />

in Frage. Im ersten Fall stellt der öffentliche Sektor Konsumgüter bereit, die das<br />

Versorgungsniveau der privaten Haushalte direkt erhöhen. Im zweiten Fall werden öffentliche<br />

Vorhaben die <strong>Pro</strong>duktionsbedingungen im Unternehmenssektor verbessern. Es kommt dort zu<br />

Kostenersparnissen im Herstellungsprozeß bestimmter Güter und, bei vollkommener Konkurrenz,<br />

zu Preisrückgängen auf den zugehörigen Märkten. Letztendlich führt auch dies, allerdings<br />

nur mittelbar, zu einer Anhebung der individuellen Konsummöglichkeiten". 6<br />

Im Falle des <strong>Pro</strong>jektes 17 fallen die höchsten Nutzen bei der Binnensschiffahrt an, die infolge<br />

der Ausbaumaßnahmen mit geringeren Kosten produzieren, d.h. in diesem Zusammenhang<br />

transportieren kann. Inwieweit sie diese Kostenvorteile an ihre Kunden weitergibt, hängt von<br />

der Situation auf den jeweiligen Märkten ab: Je nach Wettbewerbssituation wird sie die ihr entstandenen<br />

Kostenvorteile weitergeben. Verbilligte Transportmöglichkeiten für die Wirtschaft<br />

und die damit immer verknüpften Standortvorteile haben also nicht nur zur Bedingung, daß, wie<br />

5 Hahn u.a. 1982<br />

6 Hanusch 1987, S.l


81 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

in unserem Fall, die Binnenschiffahrt billiger produzieren kann; es hängt auch davon ab, ob es<br />

für sie eine Veranlassung gibt, diese Vorteile weiterzugeben.<br />

Das Zinssatzproblem in der Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Die für ein <strong>Pro</strong>jekt ermittelten Kosten und Nutzen fallen nicht alle in derselben Zeitperiode<br />

an. Daher ist es für eine Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit eines <strong>Pro</strong>jektes notwendig, die<br />

Nutzen und Kosten auf denselben Zeitpunkt zu beziehen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen,<br />

daß eine Kosten- oder Nutzeneinheit in einer früheren Periode to von den Wirtschaftssubjekten<br />

höher bewertet wird als in einer späteren Periode tj. Dem Zins als Diskontierungsfaktor<br />

kommt damit in der Nutzen-Kosten-Analyse die Aufgabe zu, diese zeitliche Wertschätzung zum<br />

Ausdruck zu bringen. Mit der Höhe des festgesetzten Zinssatzes wird eine wesentliche Grundlage<br />

für die Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit festgelegt: Wird ein hoher Zinssatz gewählt,<br />

dann führt dies zu einer geringeren <strong>Bewertung</strong> der zukünftigen Kosten und Nutzen; wird<br />

dagegen ein niedriger Zinssatz gewählt, werden die zukünftigen Kosten und Nutzen entsprechend<br />

höher bewertet. Gerade bei <strong>Pro</strong>jekten, die eine lange Lebensdauer haben und bei denen<br />

die Kosten in den ersten Perioden anfallen, die Nutzen aber über einen längeren Zeitraum anfallen<br />

- wie dies insbesondere bei Investitionen in Binnenwasserstraßen der Fall ist - führt ein<br />

niedriger Zinssatz eher zu einer positiven Entscheidung über die Wirtschaftlichkeit eines <strong>Pro</strong>jektes.<br />

Während der bei privaten Investitionsentscheidungen maßgebliche Zinssatz ein marktgegebenes<br />

Datum ist, stellt er im Rahmen von Nutzen-Kosten-Analysen eine politische Entscheidungsvariable<br />

dar. "Jede vom Analytiker getroffene Zinsannahme, ob sie nun als Ausdruck der<br />

Konsumentscheidung, als "landesüblicher" Zins oder anders interpretiert wird, ist also recht<br />

willkürlich". 7<br />

Um diese unterschiedliche Gewichtung von "Heute" und "Morgen" zu verdeutlichen, wird in<br />

etlichen Ausführungen zur Nutzen-Kosten-Analyse empfohlen, die Berechnungen mit unterschiedlichen<br />

Zinssätzen durchzuführen. So empfiehlt die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser<br />

(LAWA) in ihren Richtlinien zur Durchführung von Nutzen-Kosten-Analysen in der Wasserwirtschaft<br />

1979, in Sensitivitätsanalysen sollte mit einer Bandbreite des Zinssatzes von 3 bis<br />

höchstens 6% gerechnet werden; dadurch würden die rationalen Werturteile der Entscheidungsträger<br />

abgedeckt. 8<br />

Brümmerhof führt folgendes Beispiel an, um die Auswirkungen verschiedener Diskontraten<br />

zu zeigen 9: Es werden drei <strong>Pro</strong>jekte X, Y und Z miteinander verglichen. Die Kosten betragen<br />

jeweils 15.000 DM und fallen im ersten Jahr an. Die Erträge verteilen sich bei den einzelnen<br />

<strong>Pro</strong>jekten auf 5,10 und 20 Jahre.<br />

7 Brümmerhoff 1992, S. 167<br />

8 LAWA 1979, S. 14<br />

9 Brümmerhoff 1992, S. 165; da Brümmerhoff in seiner Tabelle als Auswertung die Nutzen-Kosten-Differenz angibt,<br />

wurden hier aus Gründen der Vergleichbarkeit die Nutzen-Kosten-Verhältnisse berechnet.


82 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Gegenwartswert und Nettonutzen<br />

<strong>Pro</strong>jekte X Y Z<br />

Kosten (DM) 15000 15000 15000<br />

Anzahl d. Jahre 5 10 20<br />

Jährlicher Nutzen 3464,62 1942,57 1203,64<br />

Gegenwartswert des<br />

Nutzenstroms in DM<br />

Zinssatz (%)<br />

3 15867 16571 17907<br />

5 15000 15000 15000<br />

10 13134 11936 10247<br />

Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />

3 1,06 1,10 1,20<br />

5 1,00 1,00 1,00<br />

10 0,88 -3064 0,68<br />

Bei einer Diskontrate von 5% ist das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) jeweils 1, bei einer<br />

Diskontrate von 3% weisen alle <strong>Pro</strong>jekte ein positives NKV auf, wobei das <strong>Pro</strong>jekt Z das<br />

höchste NKV aufweist. Ist die Diskontrate mit 10% gewählt, dann ist das NKV für alle <strong>Pro</strong>jekte<br />

kleiner als 1, für das <strong>Pro</strong>jekt X ist es am geringsten. Dies Beispiel zeigt anschaulich die Bedeutung<br />

der gewählten Diskontrate. Der in diesem Beispiel geringste Diskontsatz bringt bei dem<br />

<strong>Pro</strong>jekt mit der längsten Laufzeit das höchste NKV. Genau umgekehrt verhält es sich beim<br />

höchsten Diskontsatz: hier bringt das <strong>Pro</strong>jekt mit der kürzesten Laufzeit das höchste Nutzen-<br />

Kosten-Verhältnis bzw. die geringsten Einbußen. Die Auswirkungen der Diskontrate auf das<br />

Nutzen-Kosten-Verhältnis werden zum einen um so größer, je länger die Laufzeit ist; zum anderen<br />

hat die Höhe der Diskontrate einen entscheidenden Einfluß.<br />

Schließlich soll noch darauf hingewiesen werden, daß die Rechtfertigung der Diskontierung<br />

im Rahmen von Nutzen-Kosten-Analysen ein in der Ökonomie äußerst kontrovers diskutiertes<br />

Thema ist. So vertritt Hampicke die Position, daß mechanische Diskontkalkulationen über lange<br />

Zeiträume, er nennt hier 50 Jahre, schon von daher kein ausschließliches Entscheidungskriterium<br />

sein können, weil davon Interessen künftiger Generationen berührt werden, welche<br />

"ohnehin nur auf der Basis von Werturteilen, nicht aber nur von innerökonomischen Kalkülen<br />

berücksichtigt werden können. Insofern sind derartige Langfristdiskontierungen recht irrelevant".<br />

10<br />

Die Laufzeit der Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Die Nutzen des <strong>Pro</strong>jektes 17 werden für einen Zeitraum von 85 Jahren ermittelt. Die Begründung<br />

für diesen langen Zeitraum liegt in den Abschreibungszeiten für die Bauwerke. Für das<br />

gesamte <strong>Pro</strong>jekt wird eine mittlere Abschreibungsdauer ermittelt, die sich aus den Abschreibungszeiten<br />

der einzelnen Bauwerke zusammensetzt. Die Wahl des Betrachtungszeitraums er-<br />

10 Hampicke 1989, S. 36


83 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

scheint daher auf der einen Seite gerechtfertigt, denn die Bauwerke erlauben es, den veranschlagten<br />

Nutzen auch über diesen Zeitraum zu realisieren. Auf der anderen Seite kann aber<br />

nicht vorausgesetzt werden, daß die prognostizierten Verkehre auch in der angesetzten Höhe<br />

während des gesamten Zeitraums anfallen.<br />

Schon eine <strong>Pro</strong>gnose bis zum Jahr 2010 ist mit großen Unsicherheiten behaftet. Von Verkehrswissenschaftlern<br />

werden <strong>Pro</strong>gnosen über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren nicht als<br />

hinreichend sicher angesehen. 11 So schreibt Baum in einem Gutachten mit dem Titel<br />

Verkehrswachstum und Deregulierung in ihren Auswirkungen auf Straßenbelastung, Verkehrssicherheit<br />

und Umwelt" als Begründung, warum er sich bei seinen Untersuchungen im Jahr<br />

1989 nicht auf eine <strong>Pro</strong>gnose bis zum Jahr 2010 stützt: "Ein <strong>Pro</strong>gnosezeitraum von mehr als 20<br />

Jahren muß als hochriskant angesehen werden. Nach den Erfahrungen waren bei vorangegangenen<br />

<strong>Pro</strong>gnosen die Schätzungen schon nach wenigen Jahren korrekturbedürftig. Revisionsbedürftigkeit<br />

und -intensität steigen mit zunehmendem Zeithorizont Dies spricht für die kürzere<br />

Perspektive bis zum Jahr 2000, für die wir uns entschieden haben." 12 Da demnach eine sehr<br />

große Unsicherheit, die durch die Umbruchsituation in Deutschland und Osteuropa noch wesentlich<br />

verschärft wird, über das Verkehrsaufkommen für einen Großteil des Betrachtungszeitraums<br />

des <strong>Pro</strong>jektes 17 besteht, ist damit ebenso unsicher, ob die Nutzen auch in der erwarteten<br />

Höhe anfallen werden.<br />

Es ist daher angebracht zu fragen, ob ein <strong>Bewertung</strong>szeitraum für die erwarteten Nutzen, der<br />

sich an der Abschreibungsdauer der Bauwerke orientiert, nicht zu einer zu positiven <strong>Pro</strong>jektbewertung<br />

führt. Betrachtet man einmal rückwärtig die Entwicklung des Verkehrsbereiches und<br />

vor allem der Binnenschiffahrt, dann lassen sich sehr starke Veränderungen feststellen: Transportrelationen<br />

haben sich oftmals geändert bzw. an Bedeutung gewonnen oder verloren aufgrund<br />

von Verschiebungen der Wirtschaftsstruktur; zum anderen hat sich die Transporttechnik<br />

deutlich verändert. Vor allem die Schiffsgrößen haben durch die technischen Entwicklungen ein<br />

enormes Größenwachstum erfahren. Dies hat immer wieder zu Forderungen der Binnenschiffahrt<br />

geführt, die Wasserstraßen entsprechend auszubauen.<br />

Aufgrund dieser historischen Erfahrungen ist nicht vorstellbar, daß nicht auch in Zukunft<br />

bauliche Veränderungen an den Wasserstraßen vorgenommen werden bzw. zumindest entsprechende<br />

Forderungen gestellt werden. Wird aber nach 20 Jahren z.B. eine erneute Vertiefung der<br />

Fahrrinne vorgenommen oder müssen Schleusen vergrößert werden, dann verringern sich die<br />

Nutzen der jetzt geplanten Baumaßnahmen erheblich. Daher erscheint es fraglich, den jetzigen<br />

Baumaßnahmen für einen derart langen Zeitraum Nutzen zuzuschreiben. So schreiben z.B.<br />

Deecke und Kappel zur Nutzen-Kosten-Analyse von PLANOO über eine geplante Außenweservertiefung:<br />

"Die Nutzen wurden auf einen zu langen Zeitraum von 100 Jahren berechnet.<br />

Würde beispielsweise nach 20 Jahren ein erneuter Ausbau der Weser vorgenommen werden, so<br />

ist der Nutzen ab diesem Zeitpunkt mit Null anzusetzen. Auch ist nicht bekannt, welche Schiffe<br />

mit welchen Tiefgängen in beispielsweise 40 oder 50 Jahren eingesetzt werden, wie sich der<br />

11 vgl. hierzu auch das Kapitel "<strong>Pro</strong>gnosen in Zeiten des Umbruchs"<br />

12 Baum 1990, S.27f


84 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

seewärtige Weithandel quantitativ entwickelt oder in welchem Ausmaß <strong>Pro</strong>duktivitätssteigerungen<br />

im Hafenumschlag zu verzeichnen sein werden. Alles dies sind für die Kosten-Nutzenrechnung<br />

relevante Größen. Der Zeitraum, für den volkswirtschaftliche Nutzen berechnet werden,<br />

sollte daher auf 20 Jahre beschränkt werden". 13 Solch eine Verringerung des <strong>Bewertung</strong>szeitraums<br />

würde erheblichen Einfluß auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis haben.<br />

Arten der Nutzen<br />

Um die verschiedenartigen Wirkungen eines <strong>Pro</strong>jektes ermitteln zu können, müssen die Nutzen<br />

kategorisiert werden. Die hierzu verwendeten Kategorien in der Nutzen-Kosten-Analyse<br />

können mit den drei Begriffspaaren "direkt- indirekt", "tangibel- intangibel" und<br />

"real- pekuniär" angegeben werden. 14<br />

* Direkte Wirkungen: Sie sind unmittelbar mit dem <strong>Pro</strong>jekt verbunden. Es handelt sich bei<br />

den direkten Nutzen um jene Auswirkungen der Maßnahme, um deretwillen die Durchführung<br />

der Maßnahme in erster Linie erwogen wird.<br />

* Indirekte Wirkungen: Sie gehen über das enge <strong>Pro</strong>jektziel hinaus. Indirekte Wirkungen<br />

können z.B. bei einem Staudammprojekt in der Veränderung von Menge und Qualität des<br />

Fischbestandes, in den Zerstörungen der natürlichen Landschaft oder in der Umlenkung von<br />

Touristenströmen bestehen.<br />

* Reale Effekte: Sie rufen gesamtwirtschaftlich eine Veränderung der Versorgung mit Gütern<br />

hervor - unmittelbar oder mittelbar über eine Verbesserung der <strong>Pro</strong>duktionsbedingungen.<br />

* Pekuniäre Effekte: Sie bestehen in Preisveränderungen, die das <strong>Pro</strong>jekt durch Nachfrageverschiebungen<br />

nach komplementären oder substitutiven Gütern auslöst. Beispiel: Durch die Einführung<br />

von Gas sinkt die Nachfrage nach Elektrizität. Pekuniäre Effekte dürfen unter allokativen<br />

Zielsetzungen nicht berücksichtigt werden. Sie stellen Transfers von Renten durch Veränderung<br />

der relativen Preise, hingegen keine realen Kosten oder Nutzen dar. Werden sie<br />

dennoch berücksichtigt, kommt es zu einer Doppelzählung.<br />

* Tangible und intangible Wirkungen: Als tangible Wirkungen eines <strong>Pro</strong>jektes werden alle<br />

diejenigen bezeichnet, die meßbar sind. Eine tangible Wirkung stellt z.B. die Kostenersparnis<br />

durch verringerte Transportzeiten dar. Intangibel sind dagegen all jene Wirkungen, die sich<br />

der Quantifizierung und (ökonomischen) <strong>Bewertung</strong> entziehen. Eine solche Wirkung ist z.B.<br />

in der Zerstörung eines Landschaftsbildes zu sehen. Allerdings gibt es Versuche, solche<br />

zunächst intangiblen Effekte doch einer ökonomischen <strong>Bewertung</strong> zugänglich zu machen, um<br />

sie mit in die Nutzen-Kosten-Analyse aufnehmen zu können.<br />

13 Deecke/Kappel 1992, S. 42<br />

14 Brümmerhoff 1992


85 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Kriterien für die gesamtwirtschaftliche <strong>Bewertung</strong><br />

Neben der Zielfunktion und den eingehenden Daten stellen die verwendeten <strong>Bewertung</strong>skriterien<br />

und ihre Definition den entscheidenden Teil einer Nutzen-Kosten-Analyse dar. Mit ihrer<br />

Auswahl wird festgelegt, welche Auswirkungen des <strong>Pro</strong>jektes in die gesamtwirtschaftliche <strong>Bewertung</strong><br />

eingehen. Das spätere Ergebnis einer Nutzen-Kosten-Analyse trifft daher, wie schon<br />

gesagt, nur eine Aussage über die Wirtschaftlichkeit des <strong>Pro</strong>jektes innerhalb dieses Rahmens.<br />

Alle anderen Auswirkungen des <strong>Pro</strong>jektes, die sich nicht monetarisieren lassen bzw. deren Monetarisierung<br />

nicht unternommen wird, sind dementsprechend nicht in der Nutzen-Kosten-<br />

Analyse enthalten. Die intangiblen Effekte werden in andere Untersuchungen wie die ökologische<br />

Risikoanalyse "abgeschoben". Damit ist die Gefahr gegeben, daß das Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />

als ökonomisches Kriterium die letztliche Entscheidung dominiert, da es als ein vermeintlich<br />

"härteres" Entscheidungskriterium angesehen wird. Hier soll weder gefordert werden,<br />

alle Effekte unbedingt zu monetarisieren, noch behauptet werden, daß dies möglich ist. Umgekehrt<br />

stellt sich aber die Frage, wie die politischen Entscheidungsinstanzen eine Wertung zwischen<br />

einer solchen ökonomischen Kennzahl und den qualitativen Beschreibungen intangibler<br />

Effekte - insbesondere in Anbetracht einer hohen Wirtschaftlichkeit - vornehmen.<br />

Höhere Entscheidungsrationalität durch die Nutzen-Kosten-Analyse?<br />

Intention bei der Durchführung von Nutzen-Kosten-Analysen ist es, in die Entscheidungsprozesse<br />

über öffentliche Investitionsprojekte stärker rationale Argumente einfließen zu lassen.<br />

Doch ist dies durch den Einsatz der Nutzen-Kosten-Analyse nicht von vornherein gewährleistet;<br />

ob sie tatsächlich zu mehr Rationalität führt, hängt sehr stark davon ab, wie sie durchgeführt<br />

wird. Die Nutzen-Kosten-Analyse vermittelt auf den ersten Blick den Eindruck von Objektivität<br />

und Wissenschaftlichkeit. Dabei wird aber oft nicht gesehen, daß sie z.T. dazu genutzt wird, bestimmte<br />

<strong>Pro</strong>jekte nur noch "wissenschaftlich" abzusegnen. Und gegenüber einer kritischen Öffentlichkeit<br />

werden die Untersuchungsergebnisse als ein unumstößliches Faktum in die Diskussion<br />

eingebracht. Die "nachgewiesene" Wirtschaftlichkeit erscheint derart zwingend, daß an der<br />

Verwirklichung der Maßnahmen kein Weg mehr vorbei führt. Dabei hängt gerade die Nutzen-<br />

Kosten-Analyse stark davon ab, welche Annahmen der Untersuchung zugrunde gelegt werden.<br />

Bei der Überprüfung von Nutzen-Kosten-Analysen durch den österreichischen Bundesrechnungshof<br />

wurden u.a. folgende Möglichkeiten festgestellt, die Ergebnisse zu beeinflussen: 15<br />

- Nichtzulassen von politisch unerwünschten Varianten,<br />

- benachteiligende Ausformulierung von unerwünschten Varianten,<br />

- Unterdrückung oder Herabminderung von Zielen, die für die gewünschte Variante nachteilig<br />

sein können,<br />

- willkürliche Maßstabswahl und -Verschiebungen besonders im Rahmen von Kosten-Wirksamkeits-Analysen,<br />

15 Bauer 1986, S. 41


86 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

- einseitige Ausrichtung der die Zielgewichtung vornehmenden Entscheidungsträger und Experten,<br />

- gezielt irreführende Informationen dieser Entscheidungsträger und Experten über das Zielsystem<br />

und den Gewichtungsvorgang,<br />

- gezielte Über- und Untergewichtung von Teilzielen zur Herbeiführung des gewünschten Gesamtergebnisses,<br />

- selektive oder verzerrende Weitergabe der Untersuchungsergebnisse an den Entscheidungsträger<br />

und<br />

- simple Nichtbeachtung der Untersuchungsergebnisse bei der Entscheidung.<br />

Wie die Aufstellung zeigt, unterliegt die Nutzen-Kosten-Analyse starken Beeinflußungsmöglichkeiten.<br />

Und von daher ist auch ihr Stellenwert als Hilfsmittel skeptisch zu sehen, die besagte<br />

Rationalität in die staatliche Einnahmen- und Ausgabenpolitik zu bringen. Der Einsatz der Nutzen-Kosten-Analyse<br />

führt nicht automatisch zu der Versachlichung und Fundierung von politischen<br />

Entscheidungen. "Ob also die Nutzen-Kosten-Analyse viel zur Versachlichung der politischen<br />

Diskussion beiträgt, muß insgesamt als fraglich angesehen werden. Vielmehr kann die<br />

scheinbare Verwissenschaftlichung der Auseinandersetzung gerade dazu beitragen, daß Außenstehenden<br />

die grundsätzlichen Zusammenhänge verborgen bleiben und daß daher die Interessenpolitik<br />

noch stärker zum Durchbruch kommt". 16<br />

Noch deutlicher wird Bauer, der über den Eindruck solcher Untersuchungen auf die Öffentlichkeit<br />

schreibt: "Leider ist es ja so, daß die Öffentlichkeit relativ leicht von als wissenschaftlich<br />

apostrophierten Untersuchungen zu blenden ist. Wenn dann noch ein solcher Untersuchungsbericht<br />

mit vielen Tabellen und ellenlangen Formeln garniert ist, sind relativ bald auch<br />

potentielle Kritiker dieser Untersuchung eingeschüchert: sie trauen sich nicht zu opponieren,<br />

weil sie ja die Formeln nicht verstanden haben. Auf der anderen Seite schwingen die Nutznießer<br />

solcher Untersuchungen triumphierend die dicken Berichte und werfen mit Zahlen - auf zwei<br />

Kommastellen genau - um sich, vergessend oder verschweigend, daß der Untersuchungsspielraum<br />

der getroffenen Aussagen oft in die -zig <strong>Pro</strong>zent geht". 17<br />

Es bleibt zu ergänzen, daß der Öffentlichkeit oftmals nicht einmal die Untersuchungen zugänglich<br />

gemacht werden, sondern nur die Ergebnisse veröffentlicht werden. Und diese werden<br />

häufig gleich mit dem Hinweis darauf versehen, Nicht-Fachleute könnten die Berechnungen<br />

doch nicht verstehen, weil sie viel zu kompliziert seien. Mit diesen Anmerkungen zum Aussagewert<br />

von Nutzen-Kosten-Analysen soll die Bedeutung solcher Untersuchungen nicht generell<br />

in Frage gestellt werden. Nutzen-Kosten-Analysen können eine wertvolle Entscheidungshilfe<br />

bei der Abwägung des Für und Wider von Investitionsprojekten liefern, indem sie deren mögliche<br />

Wirkungen aufzeigen. Doch kann das Instrument immer nur dann zu einer Versachlichung<br />

beitragen, wenn es entsprechend sorgfältig eingesetzt wird und im Enscheidungsprozeß seine<br />

Grenzen berücksichtigt werden.<br />

16 Blankart 1991, S. 353<br />

17 Bauer 1986, S. 42


87 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Kriterienraster der Nutzen-Kosten-Analysen für den BVWP<br />

Das aufgeführte Kriterienraster 18 liegt den derzeitig durchgeführten Nutzen-Kosten-Analysen<br />

für die Bundesverkehrswegeplanung zugrunde. Sie sind damit auch die Grundlage für die von<br />

PLANGO durchgeführte Nutzen-Kosten-Analyse der einzelnen Wasserstraßenprojekte in den<br />

neuen Bundesländern. Allerdings wurden für die Nutzen-Kosten-Analysen im Rahmen des gesamtdeutschen<br />

Bundesverkehrswegeplans die <strong>Bewertung</strong>smethoden für einige Nutzenelemente<br />

abgestimmt und anhand neuerer Forschungsergebnisse aktualisiert. 19 Die angegebenen Abkürzungen<br />

stehen für die im jeweiligen Bereich ermittelten Einzelnutzen.<br />

1. <strong>Pro</strong>jektnutzen<br />

1.1 Transportkostensenkung NB1, NB2, NB3<br />

1.2 Kosten der Wegehaltung NW1, NW2<br />

1.3 Beiträge zur Verkehrssicherheit NS<br />

1.4 Verbesserung der Erreichbarkeit NE<br />

1.5 Regionale Effekte NR1, NR2, NR3, NR4<br />

1.6 Umwelteffekte NU1, NU2, NU3<br />

1.7 Verkehrsfremde Funktionen NF<br />

Summe der <strong>Pro</strong>jektnutzen<br />

2. Investitionskosten K<br />

3. Zusammenfassung<br />

Nutzen/Kosten-Verhältnis<br />

18 Bundesministerium für Verkehr 1986, S. 8<br />

19 PLANCO 1991: Methoden zur Modernisierung des BVWP. In diesem Gutachten werden die veränderten <strong>Bewertung</strong>smethoden<br />

zu den Bereichen Beförderungsqualität der Verkehrsträger, regionale Effekte, Geräuschbelastungen<br />

und Abgasbelastungen erläutert.


88 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

8.2 Das <strong>Pro</strong>jekt 17 in der Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Nach diesen allgemeineren Ausführungen zur Nutzen-Kosten-Analyse soll jetzt konkreter auf<br />

die für das <strong>Pro</strong>jekt 17 erstellte Analyse eingegangen werden. Die folgende Tabelle gibt einen<br />

Überblick über die verschiedenen Auswirkungen des <strong>Pro</strong>jektes; dazu werden die weiter oben<br />

beschriebenen Arten der Nutzen benutzt.<br />

Nutzen und Kosten des <strong>Pro</strong>jektes 17<br />

real<br />

direkt tangibel<br />

Nutzen<br />

Veränderung der Transportkosten<br />

der Binnenschiffahrt<br />

direkt intangibel verbesserte Standort-<br />

Bedingungen<br />

Kosten<br />

Investitionskosten,<br />

laufende Kosten<br />

Veränderung der<br />

hydrologischen<br />

Situation<br />

indirekt tangibel Rückgang des<br />

Tourismus<br />

indirekt intangibel Auswirkungen auf<br />

Naturlandschaft,<br />

Artenvorkommen etc.<br />

pekuniär Veränderungen z.B. der Baustoffpreise<br />

infolge geringerer<br />

Transportkosten<br />

Im folgenden werden diejenigen Kriterien der Nutzen-Kosten-Analyse 20 näher erläutert, für<br />

die in der PLANCO-Studie Nutzen ermittelt wurden. Grundlage für die Erläuterungen ist die<br />

Nutzen-Kosten-Analyse für die Ausbauvarinate "einschiffige Kanalbrücke, 190 m Schleuse<br />

Rothensee, Doppelschleuse Hohenwarthe und Streckenausbau auf 2,80m". Da diese Variante<br />

mit 6,6 das höchste Nutzen-Kosten-Verhältais der untersuchten Ausbauvarianten 21 hat, wurde<br />

sie von PLANCO aufgrund der ökonomischen Untersuchung zur Realisierung empfohlen.<br />

20 Die Definition der Nutzen wurden aus der Schriftenreihe 69 des Bundesministeriums für Verkehr entnommen.<br />

21 Weitere Ausbauvarianten waren die zweischifSge Kanalbrücke und eine Elbestaustufe. Sie unterschieden sich von<br />

der Variante "einschiffige Kanalbrücke" nur durch die Maßnahme zur wasserstandsunabhängigen Überquerung<br />

der Elbe bei Magdeburg.


89 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

1.<br />

1.1<br />

1.2<br />

1.5<br />

1.6<br />

<strong>Pro</strong>jektnutzen in Mio. DM in %<br />

Transportkostensenkung<br />

Kosten der Wegehaltung<br />

Regionale Effekte<br />

Umwelteffekte<br />

Summe der <strong>Pro</strong>jektnutzen<br />

8697<br />

490<br />

2254<br />

58<br />

11499<br />

2. Investitionskosten 1734<br />

3. Zusammenfassung<br />

Nutzen/Kosten-'Verhältnis 6,6<br />

75,6<br />

4,3<br />

19,6<br />

0,5<br />

100,0<br />

Von den 3,2 Mrd. DM Investitionskosten wurden 1,2 Mrd. DM indisponible Ersatzanteile 22<br />

abgezogen. Dadurch gehen in die Nutzen-Kosten-Untersuchung nur 2,05 Mrd. DM (Barwert<br />

gleich 1,73 Mrd. DM) ein. Diese hohen indisponiblen Ersatzanteile haben einen starken Einfluß<br />

auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis.<br />

Bei den Nutzen dominieren diejenigen aus der Transportkostensenkung infolge der Ausbaumaßnahmen;<br />

sie machen über 75% der gesamten Nutzen aus. Kosten der Wegeerhaltung, regionale<br />

Effekte und Umwelteffekte haben einen wesentlich geringeren Einfluß auf das Ergebnis.<br />

Selbst wenn in diesen Bereichen überhaupt keine Nutzen anfallen würden, wäre das<br />

<strong>Pro</strong>jekt nach den Berechnungen von PLANCO immer noch wirtschaftlich.<br />

In den Nutzen-Kosten-Analysen für den Bundesverkehrswegeplan werden die Nutzen und<br />

Kosten einheitlich mit einer Diskontrate von 3% abdiskontiert. Weiterhin werden darin <strong>Pro</strong>jekte,<br />

die ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3 oder höher aufweisen, als vordringlicher Bedarf<br />

eingestuft. Im Fall des <strong>Pro</strong>jektes 17 beträgt die betrachtete Laufzeit 85 Jahre 23. In der Nutzen-<br />

Kosten-Analyse wurden nicht für alle Kriterien Nutzenwerte ermittelt: PLANCO geht davon<br />

aus, daß durch das <strong>Pro</strong>jekt 17 in den Bereichen "Beiträge zur Verkehrssicherheit", "Verbesserung<br />

der Erreichbarkeit" und "verkehrsfremde Funktionen" keine Nutzen infolge der Baumaßnahmen<br />

anfallen. Die Aufstellung gibt zunächst einen Überblick über die von PLANCO ermittelten<br />

Nutzen und die vom Bundesministerium für Verkehr vorgegebenen Kosten (jeweils in<br />

ihren Barwerten).<br />

Zu 1.1 Transportkostensenkungen<br />

Transportkostensenkungen treten generell dann auf, wenn durch die Ausbaumaßnahme eine<br />

bestimmte Transportleistung mit einem geringerem Einsatz an <strong>Pro</strong>duktionsfaktoren erstellt werden<br />

kann. Verringerte Transportkosten entstehen in Folge von<br />

2 2 Für die Definition der indisponiblen Ersatzanteile siehe weiter unten.<br />

2 3 Sie ergibt sich aus den Abschreibungszeiten für die einzelnen Bauwerke; siehe hierzu den entsprechenden Abschnitt<br />

weiter oben.


90 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

- Beschleunigung,<br />

- Entfernungsverkürzung,<br />

- Erhöhung der Fahrzeugauslastung und<br />

- dem möglichen Einsatz größerer Schiffe.<br />

Bauliche Veränderungen der Verkehrswege können Ersparnisse an Vorhaltungskosten und an<br />

Betriebsführungskosten bewirken. Vorhaltungskosten lassen sich z.B. vermindern, indem sich<br />

die Schiffsumlaufdauer gegenüber dem Vergleichsfall 24 durch erhöhte Fahrgeschwindigkeiten<br />

oder durch verkürzte Wartezeiten an Abstiegsbauwerken verkürzt. Darüberhinaus können bauliche<br />

Veränderungen eine verbesserte Auslastung von Schiffen oder den Einsatz größerer Schiffe<br />

ermöglichen, so daß die projektbedingten Ersparnisse auch leistungsabhängige Beförderungskosten<br />

umfassen können. Für die relationsspezifischen Kostenrechnungen werden Daten über die<br />

Umlaufdauer, die Anzahl der Umläufe pro Fahrzeug und Jahr sowie die erforderliche Anzahl<br />

von Fahrzeugen pro Jahr benötigt. 25 Im Falle des <strong>Pro</strong>jektes 17 sind die verringerten Transportkosten<br />

auf die Beschleunigung der Transportvorgänge - hier vor allem durch die Kanalbrücke<br />

über die Elbe auf die bessere Auslastung und den erwarteten Einsatz größerer Schiffe in Folge<br />

der Fahrrinnenvertiefung und der Verbreiterung der Wasserstraßen zurückzuführen.<br />

NBj Senkung der Kosten der Fahrzeugvorhaltung<br />

Die Fahrzeugvorhaltungskosten umfassen die zeitabhängigen Sachkosten. Dazu gehören vor<br />

allem die Verzinsung des in den Fahrzeugen gebundenen Kapitals, die zeitabhängige Fahrzeugabschreibung<br />

und die zeitabhängigen Instandhaltungskosten der Fahrzeuge. Bei diesen Kosten<br />

ergeben sich dann Ersparnisse, wenn ein gegebenes Transportvolumen mit höheren Geschwindigkeiten,<br />

größeren Schiffseinheiten, höheren Auslastungen und/oder auf kürzeren Routen<br />

transportiert werden kann. Der Ausbau im Rahmen des <strong>Pro</strong>jektes 17 würde sowohl zu höheren<br />

Geschwindigkeiten als auch zu höherer Auslastung führen. Die Nutzen aus der Veränderung<br />

der Vorhaltungskosten ergeben sich aus der Kostendifferenz zwischen Planungs- und Vergleichsfall:<br />

NBX = VKyg - VKP 1<br />

mit VK = Vorhaltungskosten; vg = Index für Vergleichsfall; pl = Index für Planungsfall.<br />

Die Vorhaltungskosten VK sind die Summe der Kosten für die über alle Schiffsgrößenklassen<br />

hinweg benötigten Fahrzeuge multipliziert mit dem jeweiligen Vorhaltungskostensatz. Der<br />

Bestand an Schiffen in den jeweiligen Schiffsgrößenklassen, die nach der Tragfähigkeit der<br />

Schiffe in t. (TT = Tragfähigkeitstonnen) festgelegt werden, beeinflußt damit die gesamten<br />

Vorhaltungskosten für den Planungs- und den Vergleichsfall. Ist der Bestand der Binnenschiffahrtsflotte<br />

für den Vergleichsfall bekannt, so werden für den Planungsfall <strong>Pro</strong>gnosedaten über<br />

die Entwicklung des Schiffsbestandes eingesetzt. PLANGO geht davon aus, "daß sich der Trend<br />

zu höheren Tragfähigkeiten bei rückläufiger Gesamtzahl der Schiffseinheiten weiter fortset-<br />

2 4 Im Vergleichsfall wird gegenüber dem Pianungsfall davon ausgegangen, daß die Baumaßnahmen nicht durchgeführt<br />

werden.<br />

2 5 Bundesministerium für Verkehr (Hg.) 1986


91 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

zen" 26 wird. Nach den Ergebnissen einer Globalprognose des Gesamtbestandes der bundesdeutschen<br />

Binnenschiffe wird eine durchschnittliche Tragfähigkeit der Schiffe von 1.280 TT im Jahr<br />

2000 und 1.400 TT im Jahr 2010 ausgegangen. Diese Daten müssen aber noch an die tatsächlichen<br />

Gegebenheiten auf den jeweiligen Teilen des Binnenwasserstraßennetzes angepaßt werden,<br />

denn die streckenspezifischen Gegebenheiten haben Einfluß auf den durchschnittlichen<br />

Anteil der Schubschiffahrt und die Anteile der Größenklassen. So wird für die im Bereich des<br />

<strong>Pro</strong>jektes 17 fahrenden Schiffe eine geringere durchschnittliche Tragfähigkeit erwartet: sie soll<br />

hier im Jahr 2010 bei 1287 TT liegen; dies bedeutet einen Anstieg um 452 TT gegenüber dem<br />

Vergleichsfall.<br />

Der Nutzen NB! entsteht also infolge der geringeren Anzahl von benötigten Schiffen, die für<br />

die Abwicklung des prognostizierten Transportaufkommens benötigt werden. Wesentlich ist<br />

aber nicht die geringere Anzahl, sondern wesentlich sind die geringeren Vorhaltungskosten bei<br />

größeren Schiffen. Damit sind die von der Schiffsgrößenklasse abhängenden Vorhaltungskosten<br />

die entscheidende Größe für die Höhe der Nutzen NB^ Nach den Berechnungen von PLANCO<br />

reduzieren sich die durchschnittlichen Transportkosten aller Relationen je Tonne um ca. 8,4<br />

DM. Davon entfallen auf den Nutzen NBj 5,13 DM. Jeder Tonne Transportaufkommen, die<br />

über die ausgebauten Wasserstraßen transportiert wird, wird damit ein durchschnittlicher Nutzen<br />

von 5,13 DM zugerechnet. Werden weniger Güter transportiert als in der <strong>Pro</strong>gnose angenommen,<br />

verringert sich der dem <strong>Pro</strong>jekt 17 zurechenbare Nutzen durch die Senkung der Fahrzeugvorhaltungskosten.<br />

NB2 Senkung der Kosten des Fahrzeugbetriebes<br />

Die Betriebsführungskosten setzen sich aus den zeitabhängigen Personal- und den leistungsabhängigen<br />

Sachkosten zusammen. Hierzu gehören vor allem die Arbeitseinkommen des Fahrund<br />

Begleitpersonals, die leistungsabhängigen Fahrzeugabschreibungen sowie die Antriebsund<br />

Betriebsstoffe. Positive und negative Ersparnisse entstehen auch bei den Nutzen NB2 dadurch,<br />

daß sich die zur Bewältigung der Verkehrsnachfrage erforderliche Verkehrsleistung, die<br />

Geschwindigkeit von Kraftfahrzeugen und/oder die Qualität der Verkehrsabwicklung ändert. 27<br />

Auf den Nutzen NB2 entfallen pro transportierter Tonne durchschnittlich 3,2 DM Transportkostenerspamis<br />

für den Planungsfall. Auch die Summe der Nutzen NBj ist unmittelbar von der<br />

Höhe des Transportaufkommens abhängig. Tritt dies nicht in dem erwarteten Umfang auf, dann<br />

vermindert sich der Nutzen NB2 ebenfalls.<br />

NBj: Fahrzeugvorhaltungskosten 17806,5 Barwert: 5357,5<br />

NB2: Betriebsführungskosten 11111,7 Barwert: 3351,5<br />

Gesamtnutzen 28918,2 Barwert: 8709,0<br />

2 6 PLANCO 1992, S. 3.9<br />

2 7 Bundesministerium für Veikehr 1986, S. 34


92 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Damit kommt den Nutzen, die durch die Reduzierung der Transportkosten entstehen, das<br />

größte Gewicht bei der <strong>Bewertung</strong> der Wirtschaftlichkeit zu. Ihr Anteil an den Gesamtnutzen<br />

liegt bei 75%. Dies zeigt, welche Bedeutung dem prognostizierten Transportaufkommen zukommt.<br />

Würde das erwartete Transportaufkommen nicht eintreten, dann würde dadurch die<br />

Wirtschaftlichkeit des <strong>Pro</strong>jektes stark beeinflußt Dies wird weiter unten im Rahmen der vorgenommen<br />

Sensitivitätsanalysen noch deutlicher gezeigt<br />

Um die jeweiligen Abschnitte des <strong>Pro</strong>jektes 17 in Bezug auf den von ihnen ausgehenden<br />

Nutzen besser beurteilen zu können, wäre es sinnvoll gewesen, in der Nutzen-Kosten-Analyse<br />

zwischen Maßnahmen zur Reduzierung der Umlaufdauer und Maßnahmen zur Reduzierung der<br />

Anzahl der Umläufe zu unterscheiden. Erst dann ließe sich nämlich entscheiden, ob der Streckenausbau<br />

auf eine Abladetiefe von 2,8 m, um den es bei der Betrachtung ökologischer Schädigungen<br />

in erster Linie geht, einen relevanten Teil der erwarteten Nutzen ausmacht. Von<br />

PLANCO wird zwar in der Studie angeführt, daß auch für Einzelkomponenten und Streckenabschnitte<br />

gesamtwirtschaftliche <strong>Bewertung</strong>srechnungen durchgeführt wurden und hierbei die<br />

Wirtschaftlichkeit jeweils nachgewiesen wurde 28. Aber diese Berechnungen werden im Abschlußbericht<br />

nicht aufgeführt So läßt sich im einzelnen nicht feststellen, ob bestimmte Streckenabschnitte<br />

auch zu einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3 und höher führen.<br />

Das Ausmaß der Naturbeeinträchtigung dürfte sich in den einzelnen Abschnitten des <strong>Pro</strong>jektes<br />

sehr stark voneinander unterscheiden. Es kann davon ausgegangen werden, daß z.B. die Kanalbrücke<br />

über die Elbe zu geringeren Beeinträchtigungen der Natur führt, für die Binnenschiffahrt<br />

aber einen hohen Nutzen bringt. " Herausragende Ergebnisse im Rahmen des Gesamtprojektes<br />

erzielen die Realisierung der Kanalbrücke sowie der wasserstandsunabhängige Anschluß<br />

der Magdeburger Häfen". 29 Auf anderen Abschnitten, z.B. im Bereich der Havel, dürften die<br />

Eingriffe in die Natur wesentlich gravierender sein als im Fall der Kanalbrücke. Von diesen Abschnitten<br />

ist aber ein geringerer Nutzengewinn zu erwarten. Um dies beurteilen zu können, wäre<br />

eine Gegenüberstellung der ökonomischen <strong>Bewertung</strong> einzelner Teilabschnitte mit den jeweiligen<br />

ökologischen Auswirkungen notwendig.<br />

Zu 1.2 Kosten der Wegeerhaltung<br />

NWj Einsparung von Erneuerungshosten für Verkehrswege<br />

"Kosten zur Erneuerung der Verkehrswege fallen während der Nutzungsdauer der Maßnahme<br />

im Planungsfall nicht an. Durch die Investitionsmaßnahmen des Planungsfalls können hingegen<br />

Erneuerungsinvestitionen entbehrlich werden, die zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit des<br />

Verkehrsweges im Vergleichsfall erforderlich wären". 30 Diese durch die <strong>Pro</strong>jektrealisierung<br />

eingesparten Erneuerungskosten, die bei Nichtrealisierung des <strong>Pro</strong>jektes angefallen wären, werden<br />

innerhalb der verwendeten Nutzen-Kosten-Analyse dem <strong>Pro</strong>jekt als positive Nutzen zugerechnet.<br />

2 8 PLANCO 1992, S. 4.10<br />

2 9 PLANCO 1992, S. 4.10


93 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

NW2 Änderung der Instandhaltungskosten fiir Verkehrswege<br />

"Die Instandhaltungskosten der Verkehrswege umfassen die jährlichen Kosten für den Betrieb<br />

und die Instandhaltung, soweit die Wirksamkeit der Maßnahmen die Dauer eines Jahres<br />

nicht überschreitet. Positive oder negative Nutzenbeiträge ergeben sich aus der Differenz zwischen<br />

den jeweils relevanten Planungs- und Vergleichsfällen". 31 An den gesamten Nutzen des<br />

<strong>Pro</strong>jektes 17 haben die Nutzen NWj und NW2 einen Anteil von 4,5%. Folgende Summen werden<br />

für sie angegeben:<br />

NWj: Erneuerungskosten der Wege 778,0 Barwert: 431,6<br />

NW2: Instandhaltungskosten der Wege 202,5 Barwert: 57,9<br />

Gesamt 980,5 Barwert: 489,5<br />

Zu 1.5 Regionale Effekte<br />

Unter diesem Kriterium wird die Beurteilung nach regionalpolitischen Gesichtspunkten vorgenommen.<br />

Das Kriterium "räumliche Vorteile" ist in vier Unterpunkte gegliedert - für die aber<br />

im Gutachten keine gesonderten Zahlen ausgewiesen werden; für die räumlichen Vorteile wird<br />

nur eine Gesamtgröße angegeben.<br />

Zu den vier Kriterien der räumlichen Vorteile 32 gehören der Nutzen NRj: Erzielung von<br />

konjunkturneutralen Beschäftigungseffekten während der Bauzeit und der Nutzen NR2: Erzielung<br />

von konjunkturneutraler Beschäftigung während der Betriebszeit Hierdurch soll berücksichtigt<br />

werden, daß unabhängig vom konjunkturellen Beschäftigungsniveau im gesamträumlichen<br />

Durchschnitt in strukturell benachteiligten Regionen <strong>Pro</strong>duktionsfaktoren unbeansprucht<br />

bleiben können, da es ihnen an interregionaler Mobilität fehlt Durch Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur<br />

kann die Standorlgunst solcher Regionen verbessert werden. Infolge der verbesserten<br />

Verkehrsanbindung kann es zur Ansiedlung von Betrieben kommen, "die unbeanspruchten<br />

<strong>Pro</strong>duktionsfaktoren zu Arbeitsplätzen verhelfen". 33 Diese Arbeitsplätze werden dann<br />

als Indikator für konjunkturneutrale Beschäftigungsnutzen angesehen.<br />

Weiterhin gehören zu den räumlichen Vorteilen die Nutzen NR3: Verbesserung von Verbindungen<br />

zwischen zentralen Orten und NR4: Förderung internationaler Beziehungen. Zu dem<br />

Nutzen NR3 schreibt PLANCO in der Nutzen-Kosten-Analyse: "Die gesamtwirtschaftliche <strong>Bewertung</strong><br />

muß auch berücksichtigen, daß sich die Bedeutung projektbedingter Nutzen reziprok<br />

zum räumlichen Wohlstandsniveau verhält. Dieses drückt sich in der Anbindung und Erschließung<br />

von Orten mit zentraler Versorgungsfunktion für ihr jeweiliges Umland und in materiellen<br />

Bedingungen solcher zentralen Orte aus. Demgemäß erfahren projektbedingte Nutzen eine<br />

3 0 Bundesministerium für Verkehr 1986, S. 35<br />

3 1 Bundesministerium für Verkehr 1986, S. 35<br />

3 2 vgl. Bundesmimsterium für Verkehr 1986, S. 38<br />

3 3 Bundesministerium für Verkehr 1986, S. 38


94 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

raumordnerische Gewichtung". 34 Die Förderung internationaler Beziehungen wird aufgrund der<br />

Erkenntnis mit in die <strong>Bewertung</strong> aufgenommen, daß die Verbesserung der internationalen Verkehrsverbindungen<br />

durch den Ausbau der Infrastruktur einen Beitrag dazu liefert, die internationale<br />

Arbeitsteilung weiter voranzutreiben. Die hierdurch entstehenden Integrationseffekte<br />

sowie die Verbesserung der Voraussetzungen zu einer optimalen Allokation der <strong>Pro</strong>duktionsfaktoren<br />

auf internationaler Ebene könnten einen wichtigen Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen<br />

Entwicklung einer auf den internationalen Warenaustausch ausgerichteten Volkswirtschaft leisten.<br />

35<br />

Insgesamt werden bei den räumlichen Vorteilen Nutzen in Höhe von 7.093 Mrd. DM erwartet.<br />

Dies entspricht einem Barwert von 2.269,5 Mrd. DM. "Regionale Vorteile schlagen mit<br />

19,52 % Nutzenanteil zu Buche, von Bedeutung sind hierbei insbesondere die raumordnerischen<br />

Vorteile NR3". 36 Eine genaue Aufteilung der Nutzen NR wird nicht angegeben.<br />

Ein wichtiger Faktor für die regionalen Nutzen sind die jeweiligen Präferierungsfaktoren. Sie<br />

dienen dazu, Gewichtungen zwischen verschiedenen Regionen vorzunehmen, um damit die unterschiedliche<br />

regionale Bedeutung der Infrastrukturprojekte erfassen zu können. Durch diese<br />

Präferierungsfaktoren bekommen die regionalen Nutzen insbesondere bei <strong>Pro</strong>jekten in den<br />

neuen Bundesländern eine wesentliche Bedeutung. Aufgrund des "Nachholbedarfs" der neuen<br />

Länder sind die regionalen Präferierungsfaktoren gegenüber den durchschnittlichen Faktoren für<br />

die alten Bundesländer deutlich höher. In dem Bericht zur 'Modernisierung von Methoden des<br />

BVWF 37 führt PLANCO selbst Beispiele an, die die unterschiedlichen Ausmaße der regionalen<br />

Nutzen zwischen neuen und alten Bundesländern darstellen. Während die Nutzen NR in Regionen<br />

wie Neubrandenburg und Chemnitz hohe gesamtwirtschaftliche Bedeutung erlangen, bleiben<br />

sie z.B. in einer Region wie Mönchengladbach fast ohne Einfluß 38. Mag dies auch für eine<br />

Zeit von 10 bis 20 Jahren berechtigt sein, so ist nicht verständlich, warum diese Nutzen ab dem<br />

Jahr 2010 noch über 60 Jahre konstant anfallen sollen. Denn während z.B. in der Güterverkehrsprognose<br />

2010 von einer Angleichungshypothese zwischen alten und neuen Bundesländern bis<br />

zum Jahr 2010 ausgegangen wird, werden die Präferierungsfaktoren, durch die der Rückstand<br />

der neuen Bundesländer zum Ausdruck kommen soll, weit über diesen Zeitpunkt hinaus als<br />

konstant angesehen. Dies dürfte sich vor allem auf die Höhe des Nulzens NR2 aus der Beschäftigungswirkung<br />

während der Betriebsphase auswirken.<br />

Doch selbst wenn die Präferierungsfaktoren für die regionalen Nutzen als zu hoch angesetzt<br />

werden, so hat dies doch nur geringen Einfluß auf die Wirtschaftlichkeit des <strong>Pro</strong>jektes 17. Da<br />

die Nutzen NR "nur" knapp 20% des Gesamtnutzens ausmachen, wäre das <strong>Pro</strong>jekt 17 selbst bei<br />

Wegfall aller Nutzen aus dem Bereich NR noch wirtschaftlich: das Nutzen-Kosten-Verhältais<br />

würde dann immer noch bei 5,3 liegen. Da dies aber schon allein wegen der Beschäftigungswir-<br />

3 4 Bundesministerium für Verkehr 1986, S. 51<br />

3 5 vgl. Bundesministerium für Verkehr 1986, S. 52<br />

3 6 PLANCO 1992, S. 4.10<br />

3 7 PLANCO 1991<br />

3 8 PLANCO 1991, S. 31


95 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

kungen während der Bauzeit nicht zutrifft, würden eventuell berechtigte Veränderungen an diesen<br />

Nutzen nur geringen Einfluß auf die Wirtschaftlichkeit haben.<br />

Zu 1.6 Umwelteffekte<br />

Unter dem Punkt "Umwelteffekte" soll eine monetäre <strong>Bewertung</strong> der Beiträge zum Umweltschutz<br />

vorgenommen werden. Sie wird anhand der folgenden vier Kriterien vorgenommen:<br />

NU! Verminderung von Lärm<br />

NU2 Verminderung von Abgasbelästigung<br />

NU3 Verminderung von verkehrsbedingten Trennwirkungen<br />

NU4 Verminderung von Beeinträchtigungen der<br />

Wohnqualität und der Kommunikation<br />

Die <strong>Bewertung</strong>smethoden für die Nutzen NU| und NU2 sind in dem schon erwähnten Gutachten<br />

"Modernisierung von Methoden der BVWP" gegenüber dem BVWP 1985 weiter verfeinert<br />

worden. Dies führt dazu, daß bei den jetzigen <strong>Bewertung</strong>en die Nutzen aus der Umweltentlastung<br />

durch vermiedenen Lärm oder Abgase höher bewertet werden als bei den Nutzen-<br />

Kosten-Analysen für den BVWP 1985.<br />

NU2 Verminderung von Abgasbelastungen<br />

In der Nutzen-Kosten-Analyse für das <strong>Pro</strong>jekt 17 werden lediglich Nutzen der Art NU2 in<br />

Höhe von 188,8 Mio. DM ermittelt Diese entsprechen einem Barwert von 57,5 Mio. DM. Die<br />

Nutzen NU2 ergeben sich daraus, daß durch die Ausbaumaßnahmen eine effizientere Kraftstoffnutzung<br />

ermöglicht wird; hierdurch kommt es zu einer Verringerung der Emissionen. Die<br />

vermiedenen Schädigungen werden dem <strong>Pro</strong>jekt 17 als Nutzen in Rechnung gestellt.<br />

Da der Nutzen NU2 mit einem Betrag von 1,5 Mio. DM zwischen 1998 und 2002 und 2,4<br />

Mio. DM ab dem Jahr 2003 nur einen Anteil von einem halben <strong>Pro</strong>zent am Gesamtnutzen des<br />

<strong>Pro</strong>jektes hat, soll hier auf eine Auseinandersetzung mit der Methodik zur Erfassung der Nutzen<br />

aus veränderten Umweltbelastungen verzichtet werden. Für eine gründliche Darstellung des Ansatzes<br />

sei auf das Gutachten von PLANCO "Modernisierung von Methoden des BVWP" 39 verwiesen.<br />

Die Kosten des <strong>Pro</strong>jektes 17<br />

In der Nutzen-Kosten-Analyse gibt PLANCO die Kosten für die <strong>Pro</strong>jektvariante mit der einschiffigen<br />

Kanalbrücke mit 3.255 Mio. DM an. Hiervon werden 1.217 Mio. DM als indisponible<br />

Ersatzanteile angesehen. Nach Abzug dieser Kosten bleibt eine für die Nutzen-Kosten-<br />

Analyse relevante Investitionssumme von 2048 Mio. DM über. Diese Kosten wurden PLANCO<br />

vom Bundesministerium für Verkehr vorgegeben; sie beruhen auf Erfahrungswerten, die beim<br />

3 9 PLANCO 1991


96 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Bau anderer Wasserstraßenprojekte gewonnen wurden. Folgende Punkte sind bei der Beurteilung<br />

der derzeit angesetzten Kosten zu bedenken:<br />

1) Die Kosten für das <strong>Pro</strong>jekt 17 wurden zu einem Zeitpunkt geschätzt, als wesentliche Untersuchungen<br />

noch nicht abgeschlossen waren. Wie die Erfahrung mit anderen Infrastruktur-<br />

<strong>Pro</strong>jekten ähnlicher Dimension (z.B. dem Rhein-Main-Donau-Kanal) gezeigt hat, können sich<br />

die Baukosten im Laufe der Bauzeit drastisch erhöhen. PLANOO gibt daher auch Nutzen-Kosten-Verhältnisse<br />

für die Fälle an, daß die Investitionskosten um 20% oder 30% überschritten<br />

werden. Dies führt zu NKVen von 5,5 bzw. 5,!. 40 Damit hat allein schon die Erhöhung der<br />

Baukosten einen erheblichen Einfluß auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis. Für den Fall, daß sich<br />

die Baukosten um 30% erhöhen, sinkt das NKV um den Wert 1,5. Der Höhe der Baukosten<br />

kommt damit bei einer Sensitivitätsanalyse eine große Bedeutung zu.<br />

An der Kanalbrücke zur Überquerung der Elbe wird die Dimension der Kostensteigerung<br />

deutlich. Die Brücke war in der Nutzen-Kosten-Analyse mit rund 600 Mio. DM veranschlagt<br />

worden. Mittlerweile wird hier aber von <strong>Seiten</strong> des Bundesverkehrsministeriums mit Kosten in<br />

Höhe von 1 Mrd. DM gerechnet. Dies bedeutet eine Verteuerung von über 65% und dürfte sicher<br />

noch nicht den Endpunkt darstellen. Zwar kann diese Steigerungsrate nicht einfach auf das<br />

gesamte <strong>Pro</strong>jekt übertragen werden, da die Kanalbrücke in Relation zu anderen Abschnitten<br />

einen besonders aufwendigen Bauabschnitt darstellt. Dennoch wird hieran deutlich, daß es sich<br />

bei den bisherigen Kostenschätzungen, die der durchgeführten Nutzen-Kosten-Analyse zugrundeliegen,<br />

zwar um begründete "Hausnummern n handelt, die aber für die letztendlich anfallenden<br />

Kosten im besten Falle als untere Orientierungen dienen können. Da für den Bau der Brücke<br />

noch mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen ist, erscheint eine Kostensteigerung um 65%<br />

für das gesamte <strong>Pro</strong>jekt als realistische Perspektive.<br />

2) Die laufenden Kosten zum Unterhalt der Wasserstraßen sind insofern berücksichtigt, als eine<br />

Veränderung der Unterhaltskosten erwartet wird (siehe oben Nutzen NW2). Demnach führt die<br />

<strong>Pro</strong>jektdurchführung zu einer Senkung der laufenden Kosten. Aber auch hier wird keine Aufstellung<br />

der laufenden Kosten angegeben, so daß letztlich nicht überprüft werden kann, ob die<br />

getroffenen Annahmen plausibel sind. Bedenkt man aber, daß z.B. bei mangelndem Wasserangebot<br />

eventuell zusätzliches Wasser in die Havel gepumpt werden muß, so ist schwerlich vorstellbar,<br />

daß sich die laufenden Kosten verringern. Im Gegenteil: sie dürften sich deutlich erhöhen.<br />

Die in die Nutzen-Kosten-Analyse eingehende Berechnung für die laufenden Instandhaltungskosten<br />

dürfte somit lediglich für den günstigsten aller möglichen Fälle erstellt worden<br />

sein; bei anderen Varianten ist es daher möglich, daß hier nicht mehr positive, sondern negative<br />

Nutzen 41 entstehen.<br />

4 0 PLANCO1992, S. 4.10<br />

4 1 PLANCO gibt bei den Nutzen dann negative Werte an, wenn die Kosten, z.B. für die Instandhaltung der Wege,<br />

infolge der durchgeführten Baumaßnahmen gegenüber dem Vergleichsfall steigen. Diese negativen Nutzen werden<br />

von den übrigen Nutzen abgezogen, bevor das Nutzen-Kosten-Verhältnis gebildet wird; sie verringern<br />

dementsprechend die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen <strong>Pro</strong>jektes.


97 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

3) Die indisponiblen Ersatzanteile werden mit rund 1,2 Mrd. DM im Falle des <strong>Pro</strong>jektes 17 angegeben.<br />

Sie werden in der Nutzen-Kosten-Analyse nicht berücksichtigt, da sie für die Entscheidung,<br />

ob das <strong>Pro</strong>jekt ausgeführt werden soll oder nicht, als nicht relevant angesehen werden.<br />

Denn die indisponiblen Ersatzanteile 42 sind Kosten für Baumaßnahmen, die auch im Vergleichsfall<br />

zur Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit der Wasserstraßen bzw. Bauwerke erforderlich<br />

werden würden. 43<br />

Im Falle des <strong>Pro</strong>jektes 17 trägt der Abzug dieser Kosten aber erheblich zum hohen Nutzen-<br />

Kosten-Verhältnis bei. Auch wenn er im Rahmen einer Investitionsrechnung formal gerechtfertigt<br />

ist, so muß hier doch folgendes berücksichtigt werden: gerade dadurch, daß bei den ostdeutschen<br />

Wasserstraßen nur geringfügige Instandhaltungen vorgenommen wurden, ist eine Landschaft<br />

erhalten geblieben, die bei entsprechend durchgeführten Instandhaltungen nach westdeutschem<br />

Maßstab während der letzten 40 Jahre heute so nicht mehr existieren würde. Genau diese<br />

unterlassenen Instandhaltungen werden aber bei Abzug der indisponiblen Ersatzanteile von der<br />

Investitionssumme zum Vorteil des <strong>Pro</strong>jektes gewandt.<br />

4) Die in der Nutzen-Kosten-Analyse eingerechneten Kosten stellen lediglich die Kosten dar,<br />

die vom Bund getragen werden. Um die von PLANCO errechneten Nutzen aus dem <strong>Pro</strong>jekt 17<br />

zu realisieren, sind aber noch weitere Investitionen notwendig. So reichen z.B. die Umschlagskapazitäten<br />

der vorhandenen Berliner Häfen nicht aus, um das prognostizierte Güteraufkommen<br />

im Kaiumschlag abzufertigen. Nach vorliegenden Schätzungen wird ein Kapazitätsdefizit für<br />

eine Umschlagsmenge von etwa 7,0 bis 9,0 Mio. t. entstehen. 44 Die Investitionen, die für die<br />

Realisierung eines Großteils der Nutzen notwendig sind, werden aber überwiegend vom Land<br />

Berlin getragen. Für den geplanten Südhafen in Berlin werden zur Zeit 400 Mio. DM als Investitionsbedarf<br />

angegeben. Ähnlich verhält es sich im Land Brandenburg: auch hier besteht z.T.<br />

»heblicher Investitionsbedarf, um die Hafenanlagen und die damit verbundene Infrastruktur für<br />

die prognostizierten Gütermengen auszurichten. Mit anderen Worten: nur mit den vom Bund<br />

bereitgestellten Mitteln können die veranschlagten Nutzen nicht realisiert werden, da die Schiffe<br />

zwar zu günstigeren Kosten fahren können, die Güter aber gar nicht in Höhe des prognostizierten<br />

Volumens umgeschlagen werden können. Daher müßten diese Kosten bei der <strong>Bewertung</strong><br />

der Maßnahmen mitberücksichtigt werden, denn die Abgrenzung der Kosten resultiert bei der<br />

derzeitigen Berechnungsweise daher, ob die Mittel aus dem Bundes- od» aus Landeshaushalten<br />

stammen. Es wird aber keine Betrachtung der auf allen Ebenen anfallenden Kosten vorgenommen.<br />

4 2 vgl. hierzu den Abschnitt über die Kosten des <strong>Pro</strong>jektes 17<br />

4 3 PLANCO 1992, S. 4.2<br />

4 4 Entwurf für ein Hafen- und Wasserstraßenkonzept Berlin, Oktober 1992, S. 6


98 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Fehlende Kosten in der Nutzen-Kosten-Analyse<br />

* Kosten für den Ausbau der Häfen in Berlin und Brandenburg;<br />

* Rückläufige Einnahmen im Tourismus;<br />

* Deponierung belasteten Sediments, z.B. des Plauer Sees;<br />

* wasserdichte Absperrung der Baggerstellen im Plauer See bei der Fahrrinnenvertiefung,<br />

um die Emission der Schadstoffe zu vermindern;<br />

* Kosten für erhöhten Gewinnungs- und Aufbereitungsaufwand von Trink- und Brauchwasser<br />

* verstärkter Unterhaltungsaufwand an Gewässerbett, Bauwerken und Hafenanlagen;<br />

* erhöhter Betriebsaufwand (z.B. Pumpleistung an Sparschleusen)<br />

* Kosten zum Ausgleich des Wasserdefizits;<br />

* Maßnahmen zur Verbesserung des Sauerstoffgehalts in der Havel (Belüftung, wie z.B. in<br />

der Saar);<br />

* Verlust an Lebensräumen und damit Aussterben der daran gebundenen Tiere und Pflanzen<br />

in der gesamten Region;<br />

Quelle: Buchta 1993, eigene Angaben<br />

Umweltbelange in der Nutzen-Kosten-Analyse für den Bundesverkehrswegeplan<br />

Viel entscheidender für die Umweltauswirkungen der geplanten Verkehrswege als die oben<br />

im Zusammenhang mit den Nutzen NU2 erwähnten modernisierten <strong>Bewertung</strong>smethoden ist die<br />

Frage, ob die im Rahmen der Nutzen-Kosten-Analysen erfaßten Umweltwirkungen für eine<br />

Entscheidung über gesamtwirtschaftliche Vor- und Nachteile eines <strong>Pro</strong>jektes hinreichend sind.<br />

Denn sie beziehen sich - bis auf Trennwirkungen 45, die aber vor allem im Bereich von Straßenbauten<br />

relevant sind - ausschließlich auf in Betrieb befindliche Fahrzeuge. Die Auswirkungen<br />

des Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur finden aber nur über die Ausgleichsmaßnahmen, die in<br />

den Investitionskosten mitberücksichtigt sein sollen, Eingang in die Nutzen-Kosten-Analyse.<br />

Gerade diese stellen aber die entscheidenden Umweltwirkungen des Verkehrsträger Binnenwasserstraße<br />

dar. Denn während die ökologischen Folgekosten des Binnenschiffs im Fahrbetrieb<br />

unter denen von Bahn und Straße liegen, so haben Ausbaumaßnahmen an Binnenwasserstraßen<br />

oft erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt (siehe Kapitel 2). Es ist daher relativ uninteressant,<br />

die verminderte Luftbelastung verschiedener Binnenschiffstypen innerhalb der Nutzen-<br />

Kosten-Analyse miteinander zu vergleichen, um anhand dieses Vergleichs Aussagen über die<br />

Umweltrelevanz machen zu können, während die viel relevanteren ökologischen Auswirkungen<br />

durch den Bau bzw. Ausbau der Infrastruktur allenfalls im Rahmen der Investitionskosten berücksichtigt<br />

werden. Da die für das <strong>Pro</strong>jekt veranschlagten Kosten nicht differenziert werden, ist<br />

nicht einmal ersehbar, welche Summe für die Ausgleichsmaßnahmen angesetzt wurde. Dies<br />

würde aber Rückschlüsse auf die vom Bundesministerium für Verkehr angenommenen Aus-<br />

4 5 Mit Trennwirkungen werden im wesentlichen die infolge von stark belasteten Ortsdurchfahrten Schwierigkeiten<br />

personeller Kommunikation verstanden (Bundesministerium für Verkehr 1986, S. 54).


99 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

gleichsmaßnahmen erlauben und gleichzeitig zeigen, welche ökologischen Folgen erwartet<br />

werden und wie sie in Kosten bewertet werden.<br />

Als Begründung für die über die Ausgleichsmaßnahmen nicht hinausgehende Berücksichtigung<br />

der Umweltauswirkungen in der Nutzen-Kosten-Analyse wird in den Erläuterungen der<br />

<strong>Bewertung</strong>sverfahren für den Bundesverkehrswegeplan folgendes angegeben: "Ebenso stellt die<br />

Schonung unberührter Naturräume für die Gesellschaft einen Wert dar, der grundsätzlich bezifferbar<br />

ist. Jedoch mangelt es noch an Erkenntnissen, die eine wissenschaftlich unanfechtbare<br />

<strong>Bewertung</strong> in geeigneten Preisen möglich machen. Eine <strong>Bewertung</strong> aller <strong>Pro</strong>jektwirkungen in<br />

geeigneten Preisen läßt sich also nicht durchführen. Vielmehr bleiben ergänzende <strong>Bewertung</strong>en<br />

in nicht-monetären Skalen erforderlich, die in die abschließende Investitionsentscheidung ebenfalls<br />

einfließen". 46<br />

Durch den Einsatz geeigneter Verfahren soll es demnach möglich sein, den Wert der Natur zu<br />

beziffern, um ihn dann mit in die Nutzen-Kosten-Betrachtung einbeziehen zu können. Dahinter<br />

steht die aus der Sicht des Naturschutzes bedenkliche Einschätzung, daß der Wert der Umwelt<br />

grundsätzlich beziffeibar, d.h. in Geldeinheiten ausdrückbar ist. Eine Monetarisierung zieht aber<br />

bestimmte Implikationen nach sich: werden Güter monetarisiert, dann werden sie dadurch auch<br />

tauschbar und somit substituierbar gemacht. Bei Naturgütern stößt dies auf ganz spezifische<br />

<strong>Pro</strong>bleme, von denen hier nach Hampicke 47 folgende angeführt seien:<br />

"- Monetarisierung heißt, eine quantitative Tauschrelation herzustellen: Die Menge x von Gut A<br />

tauscht sich auf dem Markt oder zwischen zwei Personen mit der Menge y von Gut B. Es bestehen<br />

fundamentale ethische Zweifel, ob bestimmte Dinge überhaupt einer solchen Tauschrelation<br />

zugeführt werden dürfen, zu ihnen gehört Leben und Würde des Menschen. Die Frage, ob für<br />

Teile der außermenschlichen Natur dasselbe gilt, kann im vorliegenden nicht geklärt werden.<br />

(••)<br />

- Monetarisieren und anschließend tauschen heißt, daß sich die Eigentümer der zu tauschenden<br />

Dinge gegenüberstehen müssen. Dies ist logisch unmöglich, wenn sie verschiedenen, einander<br />

nicht überlappenden Generationen angehören. Da Naturgüter in starkem Maße intergenerationelle<br />

Bedeutung besitzen, sind hier dem Tauschkalkül enge Grenzen gesetzt. Über den Umfang<br />

des den späteren Generationen zu vererbend»! Naturreichtums kann nur auf Grund von Werturteilen<br />

entschieden werden.<br />

- Monetarisiert werden können nur solche Güter (unabhängig davon, ob sie natürlich oder<br />

künstlich sind), deren Tausch einen Sinn ergibt, die also substitutiv und nicht komplementär<br />

sind. Viele Naturgüter sind aber einander komplementär, wie Tier- und Pflanzenarten sowie<br />

Landschaftsstrukturen; oft macht nur das Ökosystem als ganzes einen Sinn. Dies läßt die gegenseitige<br />

vergleichende <strong>Bewertung</strong> seiner Teile und damit die Monetarisierung nicht zu".<br />

Folgt man diesen Aussagen von Hampicke zur Begrenztheit der Monetarisierung, dann wird<br />

es auch zukünftig für die Entscheidung über Infrastrukturprojekte, die in erheblichem Umfang<br />

4 6 Bundesministerium für Verkehr 1986, S. 7; eigene Hervorhebung<br />

4 7 Hampicke 1989, S. 37f.


100<br />

Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Naturschutzbelange betreffen, anderer Kriterien bedürfen als dem in Geld ausgedrückten Nutzen.<br />

Denn durch die Monetarisierung wird z.B. eine Landschaft, ein Ökosystem gegen die <strong>Pro</strong>duktionskosten<br />

der Binnenschiffahrt abgewogen. Hätten sich die letzteren entsprechend verringert<br />

und würden dadurch den Nutzen des Ökosystems übersteigen, dann müßte nach der Entscheidungsregel<br />

der Nutzen-Kosten-Analyse die Senkung der <strong>Pro</strong>duktionskosten vorgezogen<br />

werden. Damit würden aber über den Maßstab Geld zwei 'Güter' verglichen, die überhaupt nicht<br />

austauschbar sind. Hierzu noch einmal Hampicke: "Schon wegen eines einzigen der oben diskutierten<br />

Punkte, nämlich der intergenerationellen Existenz, ist es im allgemeinen sinnlos, Elementen<br />

der Natur, wie Tier- und Pflanzenarten, Ökosystemen und Landschaften einen Geldbetrag<br />

zuzuordnen, der ihren Wert im vollen Sinne erfaßt, sozusagen ausschöpft. Ist dies mit Monetarisierung<br />

gemeint, so ist festzustellen, daß sie weder möglich noch erforderlich ist. Der<br />

Wert von Tier- und Pflanzenarten ist vielmehr formal mit "unendlich hoch" anzusetzen - dies ist<br />

nur eine andere Formulierung dafür, daß es ungerecht ist, sie ohne zwingenden Grund auszurotten".<br />

48<br />

Weiterhin wird durch das Instrumentarium der Nutzen-Kosten-Analyse nicht das <strong>Pro</strong>blem des<br />

Verkehrsvolumens erfaßt. Im Gegenteil: Wie im Fall des <strong>Pro</strong>jektes 17 kann es durch effizientere<br />

Kraftstoffausnutzung zu positiven Umwelteffekten kommen. Der errechnete Nutzen entsteht<br />

dadurch, daß die spezifischen Emissionen abnehmen. Je mehr Verkehr für den Planungsfall angenommen<br />

wird, desto größer wären die Nutzen aus der "Entlastung" der Umwelt. Hierbei wird<br />

aber in keiner Weise berücksichtigt, daß die Gesamtbelastung durch das dann gestiegene Verkehrsaufkommen<br />

zugenommen hat Angesichts der heutigen Umweltprobleme ist dies ein mehr<br />

als zweifelhaftes Ergebnis.<br />

8.3 Sensitivitätsanalysen<br />

Im folgenden werden einige Sensitivitätsanalysen dargestellt, bei denen die Nutzen entsprechend<br />

einem jeweils verminderten Transportaufkommen verändert bzw. andere Kosten für das<br />

<strong>Pro</strong>jekt angenommen wurden. Sie sollen zeigen, welche Auswirkungen sich dadurch auf das<br />

Nutzen-Kosten-Verhältnis ergeben können. Das von PLANCO errechnete Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />

hängt von ganz spezifischen Rahmenbedingungen bzw. -daten ab: Vor allem die Summe<br />

der Transportkostenersparnisse, die sich aus den Nutzen NB1 und NB2 zusammensetzen, haben<br />

wesentlichen Einfluß auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis; sie sind direkt vom Transportaufkommen<br />

abhängig.<br />

Die von uns durchgeführten Berechnungen können nicht für sich in Anspruch nehmen, exakt<br />

berechnete Nutzen-Kosten-Analysen zu sein. Da die von PLANCO verwendeten Eingangsdaten<br />

nicht zugänglich sind (z.B. die betriebswirtschaftlichen Daten der Binnenschiffahrt), wurden<br />

Berechnungen mit einigen vereinfachten Annahmen durchgeführt. Diese betreffen aber vor allem<br />

die Nutrenkategorien NR und NW2. Bei den Nutzen NBX und NB^ die zusammen über<br />

4 8 Hampicke 1989, S. 38


101 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

75% des Gesamtnutzens ausmachen, liegt die Einschränkung lediglich darin, daß mit durchschnittlichen<br />

Transportkostenersparnissen gerechnet wurde; d.h., relationsspezifische Berechnungen<br />

waren hier nicht möglich. Trotzdem zeigen diese Berechnungen die Größenordnungen<br />

auf, die sich bei der Veränderung der zugrundegelegten Daten ergeben.<br />

Als Grundlage für die weiteren Berechnungen soll hier zunächst die von PLANCO durchgeführte<br />

Berechnung gezeigt werden. Grundlage aller Berechnungen ist die Variante "Einschiffige<br />

Kanalbrücke, 190m Schleuse Rothensee, Doppelschleuse Hohenwarthe, Streckenausbau<br />

2,80m". Sie hat ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 6,6 zum Ergebnis.<br />

In der ersten Berechnung wurden die Daten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung<br />

(DIW) für die Binnenschiffahrt im Jahr 2010 verwandt (s.o.). 49 Hiermit würde sich das<br />

Transportaufkommen im Bereich des <strong>Pro</strong>jektes 17 auf 26,8 Mio. t. reduzieren. Durch die damit<br />

verbundene Verringerung der einzelnen Nutzen, vor allem der Nutzen NB1 und NB2 ergibt sich<br />

ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 4,2. Die Aufkommenszahlen des DIW führen somit zu einer<br />

Verminderung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses um den Betrag 2,4.<br />

Die zweite Berechnung baut auf der ersten auf, d.h. es wurde das gleiche Transportaufkommen<br />

wie in der ersten Berechnung zugrunde gelegt. Hier wurde weiterhin eine Erhöhung der<br />

Baukosten um 65% auf 3.379 Mio. DM angenommen; in dieser Summe sind keine indisponiblen<br />

Ersatzanteile enthalten. Vermindertes Transportaufkommen und Steigerung der Baukosten<br />

verändern das Nutzen-Kosten-Verhältnis auf den Wert 2,5. Die angenommene Erhöhung der<br />

Baukosten führt nochmals zu einer Verringerung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses um den Betrag<br />

1,7.<br />

In einer dritten Berechnung wurde zusätzlich zu den angenommen Veränderungen der<br />

zweiten Berechnung von einer Bauzeitverlängerung um fünf Jahre ausgegangen. Diese drei<br />

Faktoren - verringertes Transportaufkommen, höhere Baukosten und eine Verlängerung der<br />

Bauzeit - ergeben ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 2,18. Die Rechnungen zeigen recht deutlich<br />

die Auswirkungen veränderter Rahmendaten auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis. PLANCO<br />

hatte dies selbst schon in dem Gutachten angedeutet, indem für eine Baukostenerhöhung und<br />

Bauzeitverlängerung korrigierte Werte in den Anmerkungen zur Nutzen-Kosten-Analyse angegeben<br />

wurden. 50 Das Nutzen-Kosten-Verhältnis von 6,6 geht von "idealen" Rahmenbedingungen<br />

aus, die so nicht zu erwarten sind. Insbesondere das zu hohe Transportaufkommen hat maßgeblichen<br />

Einfluß auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis.<br />

4 9 Quelle: Verminderung der Luft- und Lärmbelastungen im Güterfernverkehr 2000/2010. FuE Vorhaben des Umweltbundesamtes<br />

Nr. 10405962. Bearb.: DIW (Berlin), IVU (Berlin), IFEU (Heidelbeg). Die Untersuchung ist<br />

noch nicht abgeschlossen.<br />

5 0 PLANCO 1992, S. 4.10


102 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

Berechnungsverfahren<br />

Die Berechnungen beruhen auf folgenden Annahmen. Die durchschnittlichen Transportkostenersparnisse<br />

lassen sich mit den von PLANCO für das <strong>Pro</strong>jekt 17 angegebenen Nulzen NBj und NB2 wie<br />

folgt angeben: Bei einem angenommenen Transportaufkommen von 44,6 Mio. t ergeben sich insgesamt<br />

für den Nutzen NBj 229,9 Mio. DM pro Jahr; dies sind 5,13 DM pro transportierter Tonne.<br />

Analog dazu ergeben sich insgesamt 143,2 Mio. DM Nulzen NB2 pro Jahr, dies ergibt 3,23 DM pro<br />

transportierter Tonne. Addiert ergeben diese beiden Werte die gesamtwirtschaftliche Transportkostenersparnis<br />

von 8,36 DM pro Tonne^. Ein verringertes Transportaufkommen wurde derart umgesetzt,<br />

daß die Nutzen NBj und NB2 entsprechend um die jeweiligen Beträge (Anzahl der Tonnen x<br />

Transportkostenersparnis) reduziert wurden. Bei den Nutzen NWj und NW2 wurden keine Veränderungen<br />

angenommen, da sie nicht vom Transportaufkommen abhängen. Sie fallen immer als Nutzen<br />

an, wenn das <strong>Pro</strong>jekt realisiert würdet Für die Nutzen NR und NU2 wurden die Veränderungen linear<br />

zum Transportaufkommen verändert Die in der PLANCO-Studie angegebenen Werte wurden<br />

bei dem angenommenen Aufkommen als Wert pro Tonne berechnet; diese spezifischen Werte wurden<br />

dann wieder mit den entsprechenden neuen Zahlen für das Transportaufkommen mulitiplizierL<br />

Diese Beziehung kann zumindest für den Nutzen NU2 als gegeben angesehen werden, da die Nulzen<br />

aus der angenommenen Entiastung nur entstehen können, wenn Schiffe fahren. Bei den Nutzen aus<br />

den räumlichen Vorteilen wurde der Nutzen NRj in keiner der Berechnungen verändert Da er sich<br />

aus Nutzen während der Bauphase ergibt, sind die hierdurch entstehenden Nutzenwerte nicht vom<br />

Transportaufkommen abhängig. Die Nutzen NR2 , NR3 und NR^ hängen wieder vom jeweiligen<br />

Transportaufkommen ab und werden hier entsprechend dem oben genannten Verfahren als spezifischer<br />

Wert für jede einzelne Tonne berechnet, um sie dann mit dem "neuen" Aufkommen zu multiplizieren.<br />

Für die Nutzenwerte, die schon vor der Beendung der Baumaßnahmen anfallen - sie gehen fast<br />

ausschließlich auf die frühere Fertigstellung der Trogbrücke über die Elbe zurück, die bereits 1998<br />

fertiggestellt sein soll - wurden die Werte auch wieder pro Tonne berechnet und dann mit dem jeweiligen<br />

Aufkommen multipliziert.<br />

Im Falle von angenommenen Kostensteigerungen wurden diese auf der Grundlage der Neuinvestitionen<br />

- d.h. ohne die indisponiblen Ersatzanteile - berechnet PLANCO geht in der Nutzen-Kosten-<br />

Analyse davon aus, daß die Kosten nicht über die Bauzeit gleichverteilt anfallen. Die für die jeweiligen<br />

Jahre von PLANCO angegebenen Baukosten wurden mit der angenommen Steigerungsrate mulitipliziert<br />

Damit bleibt die von PLANCO unterstellte Kostenverteilung in ihrer Struktur erhalten.<br />

5 1 PLANCO 1992, S. 4.11<br />

5 2 Weiter oben wurde auf die Nutzen NW2 eingegangen; eine Verringerung dieser Nutzen ließe sich durchaus<br />

rechtfertigen; aus Gründen der Vereinfachung und weil sie nicht ausschlaggebend für die Wirtschaftlichkeit des<br />

<strong>Pro</strong>jektes sind, sollen sie hier unverändert bleiben.<br />

5 3 Da PLANCO in der Studie keine Differenzierung der einzelnen Nutzenkomponenten angibt und auch aus dem<br />

Gutachten nicht hervorgeht, ob der Nutzen NR4 überhaupt berechnet wurde, können hierfür auch keine gesonderten<br />

Berechnungen angestellt werden. Dies ist hier aber auch nicht von größerer Bedeutung, da bis auf NR1 alle<br />

Nutzen aus diesem Bereich vom Transportaufkommen abhängen. Von daher ist hier für diese vereinfachte Berechnung<br />

keine weitere Differenzierung notwendig.


PLANCO - Nutzen-Kosten-Berechnung für <strong>Pro</strong>jekt 17 "einschiffige Kanalbrücke"<br />

NKA-Verhältnis 6,62<br />

Transportanfkommen 44,60 Mio. t<br />

1593<br />

1594<br />

1595<br />

1596<br />

1597<br />

1598<br />

1599<br />

2.001 2.000<br />

2JJ02<br />

2.003<br />

2004<br />

2005<br />

200«<br />

2007<br />

2008 2009 2010 2011 2012<br />

2013<br />

2014<br />

2015<br />

201«<br />

2017<br />

2018 201» 2020 2021 2822<br />

2023<br />

2024<br />

2025<br />

2026<br />

2027<br />

2028<br />

2029<br />

2030<br />

2031<br />

2032<br />

2033<br />

2034<br />

2035<br />

2036<br />

2037<br />

2038<br />

2039<br />

2040<br />

2041<br />

2042<br />

2043<br />

2044<br />

2045<br />

2046<br />

2047<br />

2048<br />

2049<br />

2050<br />

2051<br />

2052<br />

2QS3<br />

2054<br />

2055<br />

2056<br />

2057<br />

2058<br />

2059<br />

2061 2060<br />

2062 2<strong>063</strong><br />

2064<br />

2065<br />

2066 2067<br />

2068<br />

2069<br />

2070<br />

2071<br />

2072<br />

2073<br />

2074<br />

2075<br />

2076<br />

2077<br />

2078<br />

•ESOm | IfarWI | ABl I .W ' | .SWX | SVil , AU | I j<br />

24480 244«) 24430<br />

184,60"<br />

184.60<br />

184«) 9130 9130<br />

237.67<br />

224,03 230.75<br />

256,42 248,95 154,60 150,10 145,72 6957 6754<br />

109JO 10950<br />

10950<br />

22830 10950<br />

22832 22230<br />

272,80<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

2283O<br />

22830 y»«"<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830 22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

228,80<br />

22830<br />

22830<br />

2283O<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

22830<br />

2223O<br />

22830<br />

7140<br />

7140<br />

7140<br />

TWO 7140<br />

14347<br />

143,17<br />

143,17<br />

143,17<br />

M347<br />

I4347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

143.17<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

143,17<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

143,17<br />

14347<br />

I4347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

143,17<br />

143,17<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

143,17<br />

143,17<br />

143,17<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

14347<br />

143,17<br />

14347<br />

143.17<br />

143,17<br />

143,17<br />

143,17<br />

143,17<br />

8,00<br />

8.00<br />

8,00<br />

8¿»<br />

6«» WO<br />

6400<br />

64,00<br />

64,00 S2JXÍ 52,00 5100 OSO 5240<br />

31¿0 31^0 3U60 31,60 3W0<br />

26,40 26.40<br />

26,40 26.40<br />

26,40 26,40<br />

3130 3130<br />

3130 3130<br />

6540 140 24840<br />

6540 140 242£0<br />

65,10 140 25640<br />

55,00 140 24550<br />

55,00 140 24550<br />

CT 8830 140 47336<br />

2.79 8830 2,40 47336<br />

CT 8830 2,40 52936<br />

2,73 8830 2,40 52936<br />

CT 8830 2.40 52936<br />

2,79 8830 2*40 52936<br />

CT 8830 2,40 52936<br />

2,70 2230 2,40 51736<br />

CT 8830 2,40 51736<br />

CT 8830 2,40 51736<br />

23 8830 2.40 51736<br />

CT 8830 2,40 51736<br />

CT 8830 2.40 46536<br />

CT 8830 2,40 46536<br />

8830 2.40 46236<br />

CT 8830 2,40 46536<br />

170 8830 2,40 46536<br />

CT 8830 2,40 49696<br />

CT 8830 2.40 49656<br />

CT 8830 2.40 49656<br />

CT 8830 2.40 49656<br />

CT 8830 2,40 49656<br />

CT 8830 2,40 46536<br />

CT 8830 2,40 46536<br />

CT 8830 2.40 46536<br />

CT 8830 2.40 46536<br />

CT 3830 2.40 46536<br />

CT 8830 2,40 46536<br />

CT 8830 2.40 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 2,40 46536<br />

179 8830 2.40 46536<br />

CT 8830 2,40 46536<br />

CT 8830 2,40 46536<br />

CT 8830 2.40 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 2,40 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

ira 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46336<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8230 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 , 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

CT 8830 140 46536<br />

25,63 2438<br />

27.72<br />

24,16<br />

207.70<br />

2651<br />

201.65 202,09.<br />

18257<br />

188.46<br />

34157 332.01 360.47 34957<br />

32938 339.78<br />

32027 30350 295.05 286,45 272,11<br />

23530 270,01<br />

22853 777,76<br />

215.79 20940 217,21 21038 204.74 198,78 19259 175,45 171*34 16538<br />

L5539 16047<br />

15135 14654<br />

13841 14246<br />

134.47<br />

13045 126.75 123.06 119.48 116,00<br />

112,62<br />

IO934 10645 103,06 100,06<br />

9744 9432 9147 8850<br />

8330 8631<br />

8136 785» 76j69 74.45<br />

7048 7238<br />

68,14 6645 «432 6235<br />

52,77 60,54<br />

57,06<br />

53.79 55.40<br />

5232 50.70 4932 47,79 46,40 45,05<br />

43.73<br />

4132<br />

42.46<br />

40,02<br />

37,72<br />

3236<br />

2048.00 1786,14 17709351 1109455 772,001 2CJ0 7069,40 12740 I 57&U.70 1182336


Berechnung 1:40% weniger Transportaufkommen<br />

NK -Verhaitiiis 4,17<br />

Transportaufkommen 26,76 Mio. t<br />

Jahr Kosten | Barwert | NB1 | NB2 | NW1 | NW2 | MR | NU2 | Gc samtmflzen | Barwert<br />

1993 244,80 237,67 26,40 26,40 25,63<br />

1994 244,80 230,75 26,40 26,40 24,88<br />

1995 244,80 224,03 26,40 26,40 24,16<br />

1996 288,60 256,42 3140 3140 27,72<br />

1997 288,60 248^5 3140 3140 26,91<br />

1998 184,60 154,60 6S.94 4230 65,10 030 174,84 146,«<br />

1999 184,60 150,10 65,94 4230 65,10 030 174^4 142,16<br />

2000 184,60 145,72 6*94 4230 8,00 65,10 030 18234 14434<br />

2001 913 69,97 65^4 4230 8,00 55,00 030 172,74 13239<br />

2002 91,30 67,94 65,94 4230 8,00 55,00 030 172,74 128^3<br />

2003 13748 85*90 8,00 2,70 5238 1,44 28830 20847<br />

2004 137,28 85,90 8,00 2,70 5238 1,44 2883 20241<br />

2005 13748 85,90 64,00 2,70 5238 1,44 34430 234,45<br />

2006 13748 85,90 64,00 2,70 5238 1,44 34430 227,62<br />

2007 13748 8530 64,00 2,70 5238 1,44 34430 2204*9<br />

2008 137,28 85,90 64,00 2,70 52^*8 1,44 34430 214,56<br />

2009 137,28 SSfiO 64,00 2,70 5238 1,44 34430 20831<br />

2010 137,28 85,90 52,00 2,70 5238 1,44 33230 195,19<br />

2011 13748 8530 52,00 2,70 5238 1,44 33230 18931<br />

2012 13748 85,90 52,00 2,70 5238 1,44 33230 183,99<br />

2013 13748 8530 52,00 2,70 5238 1,44 33230 178,63<br />

2014 13748 8530 52,00 2,70 5238 1,44 33230 173,42<br />

2015 137,28 85,90 2,70 S238 1,44 28030 142,02<br />

2016 13748 8*90 2,70 5238 1,44 28030 137,89<br />

2017 137,28 8530 2,70 5238 1,44 28030 13337<br />

2018 13748 85,90 2,70 524>8 1,44 28030 129^7<br />

2019 137,28 8530 2,70 523« 1,44 28030 126,19<br />

2020 137,28 85,90 31,60 2,70 5238 1,44 311,90 13632<br />

2021 137,28 8530 31,60 2,70 5238 1,44 3114*0 13235<br />

2022 137,28 8530 31,60 2,70 524*8 1,44 311,90 128^0<br />

2023 13748 8530 31,60 2,70 5238 1,44 31130 124,76<br />

2024 137,28 85,90 31,60 2,70 524« 1,44 311^0 121,12<br />

2025 13748 85,90 2,70 5238 1,44 28030 105,68<br />

2026 137,28 85,90 2,70 5238 1,44 28030 102,60<br />

2027 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 99,61<br />

2028 137,28 8530 2,70 5238 1,44 28030 96,71<br />

2029 137,28 8530 2,70 5238 1,44 28030 934*0<br />

2030 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 91,16<br />

2031 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 88^1<br />

2032 137,28 8530 2,70 5238 1,44 28030 85^3<br />

2033 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 83,42<br />

2034 137,28 8530 2,70 5238 1,44 28030 80,99<br />

2035 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 78,64<br />

2036 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 7635<br />

2037 13748 85,90 2,70 5238 1,44 28030 7442<br />

2038 13748 85,90 2,70 5238 1,44 28030 71^6<br />

2039 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 6937<br />

2040 137,28 85,90 2,70 524*8 1,44 28030 6733<br />

2041 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 6536<br />

2042 13748 85,90 2,70 5238 1,44 28030 63£4<br />

2043 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 62,08<br />

2044 137,28 8530 2,70 5238 1,44 28030 6047<br />

2045 137,28 85,90 2,70 5238 1,44 28030 5831<br />

2046 137,28 8530 2,70 5238 1,44 28030 5631<br />

2047 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 55,15<br />

2048 13748 85^)0 2,70 5238 1,44 28030 5335<br />

2049 137,28 8530 2.TO 524*8 1,44 28030 51^9<br />

2050 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 50,47<br />

2051 137^8 8530 2,70 5238 1,44 28030 49,00<br />

2052 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 4738<br />

2053 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 46,19<br />

2054 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 44,84<br />

2055 13748 85,90 2,70 5238 1,44 28030 4334<br />

2056 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 4247<br />

2057 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 41,04<br />

2058 13748 SSfiO 2,70 524*8 1,44 28030 3934<br />

2059 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 38,68<br />

2060 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 3736<br />

2061 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 36,46<br />

2062 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 35,40<br />

2<strong>063</strong> 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 3437<br />

2064 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 3337<br />

2065 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 32,40<br />

2066 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 31,45<br />

2067 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 3034<br />

2068 13748 85,90 2,70 5238 1,44 28030 29,65<br />

2069 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 28,78<br />

2070 13748 85,90 2,70 5238 1,44 28030 274*5<br />

2071 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 27,13<br />

2072 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 2634<br />

2073 13748 8530 2,70 5238 1,44 28030 2537<br />

2074 13748 8530 2,70 524*8 1,44 28030 2433<br />

2075 13748 854» 2,70 524*8 1,44 28030 24,"<br />

2076 13748 8530 2,70 524*8 1,44 28030 23,40<br />

2077<br />

13748 8530 2,70 524*8 1,44 28030 22,72<br />

2078<br />

2079<br />

2048,001 1786,14| 10625,611 665637| 778,001 202301 4420,40 | 112301 227954*81 744442


Berechnung 2:40% weniger Transportaufkommen<br />

Baukosten erhöhen sich um 65% auf 3,38 Mrd. DM<br />

NK. -Verhältnis 2.53<br />

Transportaufkommen<br />

jar kosten 1 Harmrt | NB1 | ~NBz—r NW1 | swi—T" • mr | NUT | Barwert<br />

—IWT" " lji>J'' 391Tb - 2MU<br />

1994 40332 380,73 26,40 26,40 24,88<br />

1995 40232 368,73 26,40 26,40 24,16<br />

1996 476,19 423,09 3130 3130 27,72<br />

1997 476,19 410,77 3130 3130 2631<br />

1998 30439 255,09 6534 4230 65,10 030 174,84 146,43<br />

1999 30439 247,66 6534 4230 65,10 030 174,84 142,16<br />

2000 30439 240,45 6534 4230 8,00 65,10 030 18234 14434<br />

2001 150,65 115.46 6534 4230 8,00 55,00 030 172,74 13239<br />

2002 150,65 112,10 6534 4230 8,00 55,00 030 172,74 12833<br />

2003<br />

13738 8530 8,00 2,70 5238 1,44 28830 20837<br />

2004 13738 8530 8.00 2,70 5238 1,44 28830 20231<br />

2005 13738 8530 64,00 2,70 5238 1,44 34430 234,45<br />

2006 13738 8530 64,00 2,70 5238 1,44 34430 227,62<br />

2007 13738 8530 64,00 2,70 5238 1,44 34430 22039<br />

2008 13738 8530 64,00 2,70 5238 1,44 34430 21436<br />

2009 13738 8530 64,00 2,70 5238 1,44 34430 20831<br />

2010 13738 8530 52,00 2,70 5238 1,44 33230 195,19<br />

2011 13738 8530 52,00 2.70 5238 1,44 33230 18931<br />

2012 13738 8530 52,00 2,70 5238 1,44 33230 18339<br />

2013 13738 8530 52,00 2,70 5238 1,44 33230 178,63<br />

2014 13738 8530 52,00 2,70 5238 1,44 33230 173,42<br />

2015 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 142,02<br />

2016 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 137,89<br />

2017 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 13337<br />

2018 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 12937<br />

2019 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 126,19<br />

2020 13738 8530 31,60 2,70 5238 1,44 31130 13632<br />

2021 13738 8530 31,60 2,70 5238 1,44 31130 13235<br />

2022 13738 8530 31,60 2,70 5238 1,44 3U30 12830<br />

2023 13738 8530 32,60 2,70 5238 1,44 31130 124,76<br />

2024 13738 8530 31,60 2,70 5238 1,44 31130 121,12<br />

2025 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 105,68<br />

2026 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 102,60<br />

2027 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 99,61<br />

2028 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 96,71<br />

2029 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 9330<br />

2030 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 91,16<br />

2031 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 8831<br />

2032 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 8533<br />

2033 13738 8*90 2,70 5238 1,44 28030 83.42<br />

2034 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 8039<br />

2035 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 78,64<br />

2036 13738 8530 2.70 5238 1,44 28030 7635<br />

2037 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 74,12<br />

2038 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 7136<br />

2039 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 6937<br />

2040 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 6733<br />

2041 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 65,86<br />

2042 13738 8530 2.70 5238 1,44 28030 6334<br />

2043 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 62,08<br />

2044 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 6037<br />

2045 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 5831<br />

2046 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 5631<br />

2047 13738 8530 2,70 5238 1,44 280,30 55,15<br />

2048 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 5335<br />

2049 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 5139<br />

2050 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 50,47<br />

2051 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 «,00<br />

2052 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 47,58<br />

2053 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 46,19<br />

2054 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 44,84<br />

2055 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 4334<br />

2056 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 4237<br />

2057 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 41,04<br />

2058 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 3934<br />

2059 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 38,68<br />

2060 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 3736<br />

2061 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 36,46<br />

2062 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 35,40<br />

2<strong>063</strong> 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 3437<br />

2064 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 3337<br />

2065 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 32,40<br />

2066 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 31,45<br />

2067 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 3034<br />

2068 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 29,65<br />

2069 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 28,78<br />

2070 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 2735<br />

2071 13738 8*90 2,70 5238 1,44 28030 27,13<br />

2072 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 2634<br />

2073 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 2537<br />

2074 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 2433<br />

2075 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 24,11<br />

2076 13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 23,40<br />

2077<br />

13738 8530 2,70 5238 1,44 28030 22,72<br />

2078<br />

3378311 2946,231 10625,61 | 665637| 778,00| 20230 | 4420,401 11230 1 22795381 744432


Berechnung 3:40% weniger Transportanfkommen<br />

Bankosten erhöhen sich auf 3,37 Mr


105 Nutzen-Kosten-Analyse<br />

8.4 Zusammenfassung<br />

Die von PLANCO durchgeführte Nutzen-Kosten-Analyse bescheinigt dem <strong>Pro</strong>jekt 17 eine<br />

hohe Wirtschaftlichkeit; dies kommt in dem hohen Nutzen-Kosten-Verhältnis von 6,6 zum<br />

Ausdruck. Dabei sind aber die in die Nutzen-Kosten-Analyse eingehenden Werte, wie die Ausführungen<br />

in diesem Gutachten gezeigt haben, deutlich zu hoch angesetzt:<br />

1) Die der Güterverkehrsprognose 2010, aus der die Werte für das Verkehrsaufkommen im Bereich<br />

des <strong>Pro</strong>jektes 17 entnommen wurden, zugrundeliegenden wirtschaftlichen Grunddaten<br />

sind zu optimistisch. Die Konsequenz daraus ist ein überhöhtes Verkehrsaufkommen, das insbesondere<br />

für die Binnenschiffahrt viel zu hoch angesetzt ist.<br />

2) Die Kosten für die Baumaßnahmen wurden zu einem Zeitpunkt vorgegeben, als im wesentlichen<br />

nur mit Pauschalwerten gearbeitet werden konnte. Die vom Bundesverkehrsministerium<br />

für die Nutzen-Kosten-Analyse vorgegebenen 3,2 Mrd. DM Investitonskosten sind zu niedrig<br />

angesetzt. Dies wird z.B. an der Trogbrücke bei Magdeburg schon deutlich. Für sie waren ursprünglich<br />

Kosten in Höhe 600 Mio. DM veranschlagt; der Wert wurde inzwischen nach oben<br />

korrigiert und liegt jetzt bei 1 Mrd. DM. Dies bedeutet eine Kostensteigerung von 65%. Überträgt<br />

man einmal diese Kostensteigerung auf das ganze <strong>Pro</strong>jekt 17, dann ergeben sich hier bei<br />

Abzug der indisponiblen Ersatzanteile Baukosten in Höhe von 3,37 Mrd. DM, die in die Nutzen-Kosten-Analyse<br />

eingehen müßten.<br />

3) Die zeitliche Orientierung des <strong>Pro</strong>jektes erscheint außerordentlich ehrgeizig. Da sie ein wesentlicher<br />

Faktor für das Nutzen-Kosten-Verhältnis ist, wurde im Rahmen der Sensitivitätsberechnungen<br />

eine Bauzeitverlängerung von fünf Jahren angenommen.<br />

Mit den hier beschriebenen veränderten Annahmen ergibt sich für das <strong>Pro</strong>jekt 17 ein Nutzen-<br />

Kosten-Verhältnis von rund 2,2. Damit wäre das <strong>Pro</strong>jekt 17 nicht mehr im Bereich des vordringlichen<br />

Bedarfs einzuordnen, da dieser erst für <strong>Pro</strong>jekte mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis<br />

von 3 und höher gilt. Für eine Betrachtung der Wirtschaftlichkeit muß weiterhin berücksichtigt<br />

werden, daß mehrere Kostenfaktoren, die mit dem <strong>Pro</strong>jekt 17 zusammenhängen, in der<br />

Nutzen-Kosten-Analyse gar nicht erfaßt sind. Eine Einbeziehung dieser Kostenbestandteile<br />

würde das Nutzen-Kosten-Verhältnis noch einmal deutlich reduzieren. Hierzu gehören u.a.:<br />

- Die Gefährdungspotentiale im Bereich des Wasserhaushaltes und der Wasserqualität können<br />

zur Zeit nicht abgeschätzt werden.<br />

- Die Kosten für die Erweiterung der Häfen, die direkt im Zusammenhang mit dem <strong>Pro</strong>jekt 17<br />

entstehen, sind nicht berücksichtigt.<br />

- Die Schäden an den Naturraumpotentialen sind nicht bezifferbar.<br />

- Die entgangenen Nutzen von Naturfreunden, Kleingärtnern u.a. werden nicht erfaßt.


106 Notwendige Umorientierung in der Verkehrspolitik<br />

9. Notwendige Umorientierung der Verkehrspolitik<br />

Die Begutachtung des Verkehrsprojektes 17 Deutsche Einheit unter ökologischen und ökonomischen<br />

Aspekten macht deutlich, daß im Bereich der Verkehrspolitik erhebliche Umorientierungen<br />

1 notwendig sind, um den Verkehrssektor auf ein ökologisch verträgliches Maß zu begrenzen.<br />

Im Rahmen dieser Umorientierungen des Verkehrssektors kann die Binnenschiffahrt<br />

eine Rolle spielen, wenn sie für die Transportaufgaben und -relationen eingesetzt wird, bei<br />

denen sie tatsächlich das ökologisch unbedenklichere Gütertransportmittel darstellt. Das Binnenschiff<br />

ist aber nur dann das umweltverträglichere Transportmittel, wenn keine<br />

"Anpassungen" der Flüsse an die Schiffe erfolgen müssen. Dies bedeutet letztlich, daß die<br />

Flüsse der Faktor sind, die das Maß vorgeben und nicht umgekehrt. Mit der Verwirklichung des<br />

<strong>Pro</strong>jektes 17 würde aber genau das Gegenteil praktiziert.<br />

Begründet wird das <strong>Pro</strong>jekt zum einen damit, daß es hochwirtschaftlich sei - was nach den<br />

obigen Ausführungen sehr in Zweifel zu ziehen ist Zum anderen wird es mit dem Argument<br />

begründet, daß man Berlin, Ostdeutschland und Osteuropa nicht von den Standards der westdeutschen<br />

Wasserwege abkoppeln dürfe, da sonst letztlich der Aufschwung Ost nicht zustandekomme<br />

und die wirtschaftliche Entwicklung gefährdet sei. Wie gezeigt wurde, gehören wirtschaftliche<br />

Entwicklung und Binnenschiffahrt heutzutage nur noch sehr begrenzt zusammen.<br />

Zudem wird nicht berücksichtigt, was der Ausbau auf den westdeutschen Standard in ökologischer<br />

Hinsicht bedeutet und welche ökologischen Folgekosten dadurch auch in Westdeutschland<br />

verursacht wurden. Am Beipiel des Oberrheins wird deutlich, daß die Folgekosten des<br />

Wasserstraßenausbaus immens sind und es sich dabei um irreversible Eingriffe handelt, die<br />

letztlich auch aus ökonomischer Sicht teuer werden. Die Erkenntnis, daß die verkehrsinfrastrukturelle<br />

Entwicklung in Westdeutschland ein wesentlicher Faktor für die Degradation der<br />

Umwelt ist, wird außer acht gelassen. Bei allen umweltrelevanten Hinterlassenschaften der<br />

ehemaligen DDR besteht das "Guthaben" der neuen Bundesländer gerade in den Naturraumpotentialen,<br />

die u.a. nicht durch die Verkehrsinfrastruktur in Anspruch genommen worden sind,<br />

wie eben die Elbe, die Oder und die Havel.<br />

Die Verkehrspolitik steht in einem Spannungsverhältnis zwischen den mittlerweile unübersehbaren<br />

ökologischen Auswirkungen des Verkehrs und den "wohlstandsfördernden" Wirkungen<br />

des Verkehrs. Die wohlstandsfördernden Aspekte des Verkehrs sind im Bewußtsein der<br />

Wirtschaft und der politischen Instanzen fest verankert - jeder zusätzliche Verkehr wird begrüßt.<br />

Insofern wirkt die Botschaft Friedrich Lists bis heute, die auf die Formel gebracht werden kann:<br />

mehr Verkehr gleich mehr Wohlstand, und dies trotz aller Kenntnis über die ökologischen Auswirkungen<br />

des Verkehrs, die zur Wohlstandsminderung beitragen.<br />

Auf der anderen Seite steht generell die Frage nach den ökologischen Grenzen der heutigen<br />

Wirtschaftsweise. Deutlich wird dies u.a. an der CX^-<strong>Pro</strong>blematik, die als ein Indikator dafür<br />

dienen kann, daß die stofflichen Umsätze in den entwickelten Industriegesellschaften zu hoch<br />

sind. Aufgrund des begrenzten Wissens über die Wirkungen dieser stofflichen Entwicklungen,<br />

1 Zu den notwendigen Umorientierungen im Verkehrssektor umfassend Hesse/Lucas 1990: Verkehrswende. Ökologische<br />

und soziale Orientierungen für die Verkehrs Wirtschaft. Berlin


107 Notwendige Umorientierung in der Verkehrspolitik<br />

insbesondere aufgrund der Summations- und Synergieproblematik, sind die Folgen nur sehr unvollständig<br />

bekannt: "Die umweltpolitische Konsequenz aus diesem systematischen Unwissen<br />

über die ökologischen Folgen anthropogener Emissionen kann nur lauten, sämtliche Emissionen<br />

so schnell zurückzufahren, wie es die Anpassungsfähigkeit der Gesellschaft erlaubt".^<br />

Daraus ergeben sich zwei Folgerungen: der Verkehrssektor ist zum einen wesentlicher Teil<br />

der Umweltproblematik und zum anderen in seiner Dimension ein Ausdruck eines auf stoffliche<br />

Verschwendung angelegten Systems. Aus der von umweltorientierter Seite vorgebrachten Forderung<br />

nach drastischer Reduktion der Stoffflüsse - am deutlichsten bislang dargestellt am Beispiel<br />

Energieverbrauch von der Enquete-Kommission 'Schutz der Erdatmosphäre' - folgt für den<br />

nachgelagerten Verkehrssektor, daß mit einer Orientierung am Ziel der Reduktion der<br />

Stoffflüsse auch seine Bedeutung abnehmen würde. Dom wenn die Vorstellungen der Enquete<br />

Kommission bis zum Jahre 2050 umgesetzt würden, so wäre damit auch eine radikale Verringerung<br />

des Transportaufkommens, insbesondere von Kohle, verbunden^. Hier wird der Zusammenhang<br />

zwischen der Art der wirtschaftlichen Entwicklung und dem Transportaufkommen<br />

deutlich. Somit kann eine Politik der Reduktion der eingesetzten Stoffe zugleich auch eine<br />

deutliche Reduktion des Verkehrsaufkommens bedeuten.<br />

Die heutige Diskussion im Verkehrsbereich ähnelt der Energiediskussion in den 70er Jahren.<br />

Damals wurde auch auf <strong>Pro</strong>gnosen verwiesen, die einen massiven Ausbau der Kernenergie<br />

notwendig erscheinen ließen. Die prognostizierten Verbrauchswerte sind aber nicht eingetroffen.<br />

Durch den Widerstand der Bevölkerung gegen die Ausbauplanungen konnten damit aus<br />

heutiger Sicht Fehlinvestitionen verhindert werden, ohne daß damit der gesellschaftliche Wohlstand<br />

- auch in der traditionellen Form - in Frage gestellt wurde. Es konnten in der Folge erhebliche<br />

Einsparpotentiale im Energiebereich genutzt und somit die Effizienz des Energieeinsatzes<br />

gesteigert werden. Zwar hat dies bei den Unternehmen im Energiebereich bis heute in weiten<br />

Bereichen noch nicht dazu geführt, das Verkaufsziel "Energiemenge" in Frage zu stellen und<br />

verstärkt auf Energiedienstleistungen zu orientieren, dennoch sind in Teilbereichen durchaus<br />

Veränderungen erkennbar.<br />

Eine Entwicklung in Richtung Verminderung und größerer Effizienz ist auch für den Verkehrsbereich<br />

unabdingbar: es muß auf der einen Seite zu einer größeren Effizienz der Nutzung<br />

der Verkehrsleistungen kommen und auf der anderen Seite Ziel einer solchen Politik sein, Verkehre<br />

zu vermeiden. Dies war als die zweifache Steuerungsaufgabe beschrieben worden, die<br />

sich heute der Verkehrspolitik stellt<br />

Dabei stellt sich grundsätzlich die Frage, was die derzeitige Verkehrspolitik leisten kann und<br />

welche Orientierungen sie vorgibt. Die Verkehrspolitik ist noch immer ausgerichtet auf die<br />

Entwicklung der Infrastrukturen, um den jeweils prognostizierten Verkehren ausreichend Fahrwege<br />

zur Verfügung zu stellen und Engpässe im Verkehrsbereich zu vermeiden. Ihre Möglichkeiten<br />

zur Beeinflussung des Verkehrssystems liegen somit im wesentlichen im Ausbau der Infrastruktur;<br />

hierüber steuert sie schließlich die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Verkehrs-<br />

2 Ewers 1992, S. 11<br />

3 Kohle wird deshalb als Beispiel genommen, da sie als tännenschiffaffines Gut gilt, gleichzeitig aber hinsichtlich der<br />

Klimarelevanz in Frage steht. Klimapolitik würde entsprechend eben auch bedeuten, daB die Verbrauchsmengen<br />

an Kohle deutlich reduziert werden müßten.


108 Notwendige Umorientierung in der Verkehrspolitik<br />

träger. Es stellt sich aber die Frage, wie groß der Erfolg einer solchen Politik bei der Verlagerung<br />

von Gütertransporten auf das Binnenschiff sein kann, denn dies ist eines der Hauptargumente<br />

für den Ausbau der Wasserstraßen. In der Güterverkehrsprognose 2010 für Deutschland<br />

von Kessel + Partner wird dazu folgendes festgestellt:<br />

"Es ist davon auszugehen, daß Preisnachlässe bei Binnenschifftransporten entsprechende<br />

Preisreaktionen der Konkurrenten hervorrufen, sodaß die relativen Preise zwischen Bahn-,<br />

Schiff- und Lkw-Transporten stabil bleiben". Ausbaumaßnahmen wie das <strong>Pro</strong>jekt 17, die eine<br />

Kosteneinsparung der Schiffstransporte bewirken, "...führen zu keiner Änderung der relativen<br />

Kosten und damit zu keinen nennenswerten modalen Effekten."^<br />

Das <strong>Pro</strong>jekt 17 ist somit ein <strong>Pro</strong>jekt zur Verbilligung von Transporten und wird nach bisherigen<br />

Erfahrungen, nach denen eine Verbilligung von Verkehren zugleich auch eine Zunahme<br />

von Verkehren bedeutet, letztlich eher zu einem "Verkehrserzeugungsprojekt" denn zu einem<br />

"Verkehrsverlagerungsprojekt". Generell ist festzustellen, daß es der Verkehrspolitik derzeit an<br />

einer konsistenten Gesamtstrategie im Verkehrsbereich mangelt^, um den Verkehrssektor auf<br />

ein ökologisch verträgliches Maß zu begrenzen. Allerdings wird die Verkehrspolitik alleine<br />

auch nicht in der Lage sein, die wesentlichen <strong>Pro</strong>bleme zu lösen. Vielmehr muß ein breites<br />

Spektrum an Instrumenten eingesetzt werden, um zu einer Reduktion des Güterverkehrs zu<br />

kommen. Mögliche Maßnahmen sind dabei u.a.:®<br />

- Ordnungspolitik: Maßnahmen, die die Marktordnung verändern, indem sie zu Kostenerhöhungen<br />

und/oder Einschränkungen des Angebots führen, Zulassungsvorschriften für technische<br />

Standards der Fahrzeuge (Kraftstoffverbrauch, Emissionen etc.), Einschränkungen in<br />

Form von Fahrverboten, Geschwindigkeitsvorschriften etc.<br />

- Preispolitik. Erhöhung von Steuern, Gebühren und Abgaben für stark umweltbelastende<br />

Verkehrsmittel, Straßenbenutzungsgebühren, Förderungsmaßnahmen für den kombinierten<br />

Verkehr.<br />

- Investitionspolitik: kein weiterer Ausbau des Straßennetzes, Rückbau von Straßenflächen vor<br />

allem in Städten, Errichtung von Güterverkehrszentren.<br />

- Organisation: Ausdehnung von Direkt- und Ganzzugverkehren im Güterverkehr, Verbesserung<br />

der transportbegleitenden Logistik durch die Bahn.<br />

- Technologiepolitik. Förderung der Entwicklung von effizienteren Fahrzeugen.<br />

- Flächennutzungspolitik: Förderung von verkehrsreduzierender Flächennutzung.<br />

Die Aufizählung verdeutlicht, daß eine verkehrsvermeidende Strategie zwar vorrangig von der<br />

Verkehrspolitik betrieben werden müßte, letztlich aber auch durch andere Politikbereiche gestützt<br />

werden muß. Die Anwendung von umweltpolitischen Instrumenten im Verkehrsbereich,<br />

mit denen versucht würde, die entstehenden externen Kosten zu internalisieren, könnte durchaus<br />

einen Beitrag zur Verkehrsreduktion leisten, indem über die Preispolitik (Ökosteuern) Verkehre<br />

verteuert würden. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß entsprechende Preiserhöhungen nur<br />

begrenzte Auswirkungen auf den Güterverkehr haben, da der Transportkostenanteil an den gesamten<br />

Kosten der <strong>Pro</strong>dukte nur gering ist.<br />

4 vgl. Kessel + Partner 1991S. 64<br />

5 Ewers 1992, S. 3<br />

6 vgl. Voigt 1993, S. 301 und Hopf 1990, S. 2


109 Notwendige Umorientierung in der Verkehrspolitik<br />

Eine derartige Umorientierung des Verkehrssektors, wie sie hier als notwendig angesehen<br />

wird, ist ohne Zweifel mit erheblichen Veränderungen und Eingriffen in das bisherige System<br />

verbunden. Andererseits muß dies aber nicht bedeuten, daß damit wirtschaftliche Entwicklung<br />

grundsätzlich in Frage gestellt wird. Ewers stellt hierzu fest: "Bei den tradierten, unter den Bedingungen<br />

billigen Transports etablierten Lebens- und Verbrauchsgewohnheiten der Bevölkerung<br />

bzw. <strong>Pro</strong>duktions- und Verteilungsentscheidungen der gewerblichen Wirtschaft muß jede<br />

Verteuerung von Transporten kurzfristig als Wohlfahrtseinbuße erlebt werden bzw. zu Wachstumseinbußen<br />

führen, weil sich unter den neuen Transportpreisen die alten <strong>Pro</strong>duktions- und<br />

Verbrauchsgewohnheiten als zu aufwendig erweisen. Mittel- bis langfristig jedoch sind die Lebens-<br />

und Verbrauchsgewohnheiten der Bevölkerung als auch die <strong>Pro</strong>duktions- und Iieferstrukturen<br />

der geweiblichen Wirtschaft anpassungsfähig in dem Sinne, daß umweltintensive<br />

Verbrauchsgewohnheiten, <strong>Pro</strong>duktionsstrukturen und Vorleistungsverflechtungen durch weniger<br />

umweltintensive substituiert werden. Die Wirtschaft schlägt einen anderen Wachstumspfad<br />

ein, die Bevölkerung verändert ihre Lebens- und Verbrauchsgewohnheiten, ohne daß man sagen<br />

könnte, der neue Wachstumspfad sei dem alten in einem qualitativen Sinne unterlegen".^<br />

In diesem Sinne muß eine Politik der Verkehrsverminderung nicht mit vermindertem Wohlstand<br />

einhergehen. Vielmehr kann die List'sche Formulierung Wohlstand durch Verkehr' so<br />

nicht mehr aufrechterhalten werden. Und unter diesen Gesichtspunkten muß dann auch der Bau<br />

und Ausbau von Verkehrswegen anders betrachtet werden: das <strong>Pro</strong>jekt 17 ist mit den notwendigen<br />

Umorientierungen zukünftiger Verkehrspolitik nicht kompatibel.<br />

7 vgl. Ewers 1992, S. 15


110 Literatur<br />

Literatur<br />

ALLEMEYER, W. 1993. Welchen Beitrag kann die Binnenschiffahrt zur Bewältigung des<br />

steigenden Güterverkehrs im geeinigten Europa beitragen?. In: Frank, H. J. & Walter, N.<br />

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ARNOLD-ROTHMAEER, H., HAHN, W. & RATZENBERGER, R. 1992: Verkehrskonjunktur<br />

1992: Abgeschwächtes Wachstum im Westen - beginnende Erholung im Osten, ifo Wirtschaftskonjunktur.<br />

A1-A34. München<br />

ARNOLD-ROTHMAIER, H., RATZENBERGER, R. & SCHNEIDER, J 1993: Verkehrskonjunktur<br />

1993: Weitere Abschwächung im Westen - anhaltende Erholung im Osten, ifo Wirtschaftskonjunktur<br />

2/93. A1-A41. München<br />

BAUER, C. 1986: Nutzen-Kosten-Untersuchungen - fruchtbringende Entscheidungshilfe oder<br />

Tarnkappen für politische Willkür? Der öffentliche Sektor, 30-48.<br />

BAUM, H. 1990: Verkehrswachstum und Deregulierung in ihren Auswirkungen auf Straßenbelastung,<br />

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BDI (Hg.) 1989: Die Bahn der Zukunft - Politik in der Pflicht. Vorschläge des BDI für eine<br />

Konsolidierung der Eisenbahn. Köln.<br />

BENNDORF, J. 1990: Erhaltung und Wiederherstellung naturnaher Fließgewässer als Voraussetzung<br />

für ihre Mehrzwecknutzung. Wasserwirtschaft- Wassertechnik, 132-156.<br />

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BERLINER HAFEN- UND LAGERHAUS-BETRIEBE 1992: Geschäftsbericht für die Zeit<br />

vom 1. Januar bis 31. Dezember 1991. Berlin<br />

BLANKART, C.B. 1991: Öffentliche Finanzen in der Demokratie. München<br />

BORCH, G., MATTHES, F.C., ZIESING, H.-J. 1992: Aktualisierung von Energieszenarien<br />

und Erarbeitung eines energiepolitischen Handlungskonzepts für Berlin. Abschlußbericht.<br />

Berlin<br />

BRÜMMERHOFF, D. 1992: Finanzwissenschaft. München<br />

BUCHTA, R. 1993: Ökologische Auswirkungen des <strong>Pro</strong>jektes Nr. 17. Risikoanalyse. Berlin<br />

BUNDESVERBAND DER BINNENSCHIFFAHRT (Hg.) 1992: Binnenschiffahrt in Zahlen.<br />

Duisburg<br />

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DER BUNDESMINISTER FÜR VERKEHR (Hg.) 1986: Gesamtwirtschaftliche <strong>Bewertung</strong><br />

von Verkehrswegeinvestitionen. Bonn.<br />

DER BUNDESMINISTER FÜR VERKEHR (Hg.) 1992: Verkehr in Zahlen 1992. Bonn<br />

DEUTSCHER BUNDESTAG 1990: Schutz der Erde. Eine Bestandsaufnahme mit Vorschlägen<br />

zu einer neuen Energiepolitik. Band 2. Bonn<br />

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Wege des Eisenbahn-, Straßen-, Binnenschiffs- und Luftverkehrs in der Bundesrepublik<br />

Deutschland für das Jahr 1987. Berlin


Literatur 111<br />

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Hamburg (Hg.): Jahrbuch der Hafenbautechnischen Gesellschaft. Bonn<br />

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im vereinten Deutschland. Einige kritische Anmerkungen angesichts der Konsequenzen für<br />

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Hampicke, U, Schulz, W.: Möglichkeiten und Grenzen der Monetarisierung von Natur und<br />

Umwelt. Berlin<br />

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HANUSCH, H. 1987: Nutzen-Kosten-Analyse. München<br />

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HESSE, M., LUCAS, R. (1990): Verkehrswende. Ökologische und soziale Orientierungen für<br />

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Altner, G. u. a. (Hg.): Jahrbuch Ökologie 1992. München<br />

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HUBER, J. 1991: Gesamtdeutsche Verkehrswegeplanung und investitionspolitische Perspektiven.<br />

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345-354,43.<br />

IHDE, G. B. 1991: Transport, Verkehr, Logistik. 2. Aufl. München.<br />

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112 Literatur<br />

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für eine "dauerhaft umweltgerechte Mobilität". Grünbuch zu den Auswirkungen des<br />

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LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT WASSER (LaWa) 1979: Leitlinien zur Durchführung<br />

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LAUE, U. 1992: Logistische Herausforderung und Chancen der Binnenschiffahrt. Renaissance<br />

eines Verkehrsträgers?. Internationales Verkehrswesen, 121-124.<br />

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PETSCHOW, U., MEYERHOFF, J. & EINERT, D. 1992: Ökologisch-ökonomische <strong>Bewertung</strong><br />

der Elbekanalisierung. Berlin<br />

PIEPER, E. 1992: Die Bedeutung der Binnenschiffahrt für die Wirtschaft Zeitschrift für Binnenschiffahrt,<br />

731-733.<br />

PLANCO CONSULTING GMBH 1990: Externe Kosten des Verkehrs. Schiene, Straße, Binnenschiff.<br />

Essen<br />

PLANCO CONSULTING GMBH 1991: Modernisierung von Methoden der BVWP. Gutachten<br />

im Auftrag des Bundesministers für Verkehr. Essen<br />

PLANCO CONSULTING GMBH 1992: <strong>Bewertung</strong> vordringlicher Wasserstraßenprojekte in<br />

den neuen Bundesländern. Gutachten im Auftrag des Bundesministers für Verkehr. Essen<br />

PROGNOS AG, ARP, LAHMEYER INTERNATIONAL 1992: Raumordnerisches Strukturkonzept<br />

für das Land Brandenburg. Berlin, Basel, Frankfurt/M.<br />

PRÜGEL, M. 1992: <strong>Bewertung</strong> des <strong>Pro</strong>jektes 17 - Deutsche Einheit<br />

PUWEIN, W. 1992: Der Main-Donau-Kanal und seine Bedeutung für Österreichs Güterverkehr.<br />

WIFO-Monatsberichte, 596-603.<br />

RINGLER, A. 1991: Die Vereinigung als Chance für den deutschen Naturschutz (Teil I). Naturschutz<br />

und Landschaftsplanung, 50-62.<br />

ROTHENGATTER, W. 1991: Folgen für Umwelt- und Verkehrssicherheit. In: Staatsministerium<br />

Baden-Württemberg (Hg.): Erstickt Europa am Verkehr?, Stuttgart


Literatur 113<br />

SCHÄLE, E. 1990: Gedanken und Vorschläge als Diskussionsbeitrag zum künftigen Binnenwasserverkehr<br />

zwischen West- und Mitteldeutschland. Schiffahrt und Technik, 92-95.<br />

SCHUCHARDT, W. 1991: Güterverkehr und EG-Binnenmarkt. Zwischen Deregulierung und<br />

umweltpolitischem Handlungsbedarf. 69-76.<br />

SCHÜHLE, U. 1986: Verkehrsprognosen in prospektiven Test -Grundlagen und Ergebnisse einer<br />

Untersuchung der Genauigkeit von Langfristprognosen verkehrswirtschaftlicher Leitvariablen.<br />

Berlin<br />

SCHULZ, W. & SCHULZ, E. 1991: Zur umweltpolitischen Relevanz von Nutzen-Kosten-<br />

Analysen in der Bundesrepublik Deutschland. Zeitschrift für Umweltpolitik 3/91,299-337<br />

SCHWENN, H.-J. 1992: Die Rolle der Binnenschiffahrt im multimodalen Transportverbund<br />

der Zukunft. In: LINDE, H. 1992: Verkehrs-Notizen No. 1 - Perspektiven der Binnenschiffahrt.<br />

Workshopbericht. Berlin<br />

SENATOR FÜR VERKEHR UND BETRIEBE BERLIN (Hg.) 1992: 6. Berliner Verkehrswerkstatt.<br />

Hafen- und Wasserstraßenkonzepte für die Region Berlin. Berlin<br />

SEUFERT, C. & SCHNEIDER, J. 1991: Binnenschiff und Bundesbahn: Kooperation oder<br />

Konfrontation? Aufgezeigt am praktischen Beispiel des Rhein-Main-Donau-Kanals. Die<br />

Bundesbahn, 777-779.<br />

SPELTHAHN, S., SCHLOSSBERGER, U. & STEGER, U. 1993: Umweltbewußtes Transportmanagement<br />

Bern<br />

STABENAU, H. 1993: Logistikkonzepte in gesamtwirtschaftlicher Sicht. In: Frank, H. J. &<br />

Walter, N. (Hg.): Strategien gegen den Verkehrsinfarkt, Stuttgart<br />

STATISTISCHES LANDESAMT BERLIN 1992: Binnenschiffahrt von und nach Berlin 1990.<br />

Berlin<br />

THEURER, E. 1992: Stand der Diskussion zu einem integrierten Hafenkonzept für die Region<br />

Berlin aus der Sicht des Landes Brandenburg. In: 6. Berliner Verkehrswerkstatt. Hafen- und<br />

Wasserstraßenkonzepte für die Region Berlin. Berlin<br />

VOIGT, U. 1993: Verkehrspolitische Handlungsoptionen aus ökologischer Sicht In: Frank, H.<br />

J. & Walter, N. (Hg.): Strategien gegen den Verkehrsinfarkt, Stuttgart.<br />

WAGNER, G. & HIPP, G. 1992: Viele Lkw-Fahrten können gespart werden. Internationales<br />

Verkehrswesen, 148-152.<br />

WALTER, N. 1988: Folgekosten des Verkehrs. In: Beckenbach, F. & Schreyer, M. (Hg.): Gesellschaftliche<br />

Folgekosten. Frankfurt/M.<br />

WEIMANN, J. 1990: Umweltökonomik. Berlin<br />

WEYAND, M. 1985: Ein praktisches Beispiel der Nutzen-Kosten-Analyse anhand des RMD-<br />

Kanals. Saarbrücken.<br />

WISSENSCHAFTLICHER BEIRAT BEIM BUNDESMINISTER FÜR VERKEHR -GRUPPE<br />

A VERKEHRSWIRTSCHAFT 1992: Marktwirtschaftliche Instrumente zur Reduktion von<br />

Luftschadstoffemissionen des Verkehrs. Zeitschrift für Verkehrswissenschaft, 114-136<br />

WITTENBRING, P. 1992: Wirkung einer Internalisierung negativer externer Effekte des Straßenverkehrs<br />

auf die Güterverkehrsnachfrage. Göttingen<br />

ZIMMERMANN, C. 1992: Maßnahmen für eine verstärkte Nutzung der Binnenwasserstraßen<br />

und Binnenhäfen für den Gütertransport. Zeitschrift für die Binnenschiffahrt, 1056-1066.


114 Literatur<br />

ZIV, IWW, IVT 1991: <strong>Pro</strong>gnose der regionalen Strukturdaten für die ostdeutschen Bundesländer.<br />

Berlin, Karlsruhe, Heilbronn<br />

ZÜNKLER, H. 1992: Zur Nutzung der freien Transportkapazitäten der Binnenschifffahrt. Zeitschrift<br />

für Binnenschiffahrt. 6-14


Publikationen des Instituts für ökologische<br />

Wirtschaftsforschung<br />

Das IÖW veröffentlicht die Ergebnisse seiner Forschungstätigkeit in einer Schriftenreihe, in Diskussionspapieren<br />

sowie in Broschüren und Büchern. Des Weiteren ist das IÖW Mitherausgeber der Fachzeitschrift<br />

„Ökologisches Wirtschaften“, die allvierteljährlich im oekom-Verlag erscheint, und veröffentlicht<br />

den IÖW-Newsletter, der regelmäßig per Email über Neuigkeiten aus dem Institut informiert.<br />

Schriftenreihe/Diskussionspapiere<br />

Seit 1985, als das IÖW mit seiner ersten Schriftenreihe „Auswege aus dem<br />

industriellen Wachstumsdilemma“ suchte, veröffentlicht das Institut im Eigenverlag<br />

seine Forschungstätigkeit in Schriftenreihen. Sie sind direkt beim IÖW zu<br />

bestellen und auch online als PDF-Dateien verfügbar. Neben den Schriftenreihen<br />

veröffentlicht das IÖW seine Forschungsergebnisse in Diskussionspapieren<br />

– 1990 wurde im ersten Papier „Die volkswirtschaftliche Theorie der Firma“<br />

diskutiert. Auch die Diskussionspapiere können direkt über das IÖW bezogen<br />

werden. Informationen unter www.ioew.de/schriftenreihe_diskussionspapiere.<br />

Fachzeitschrift „Ökologisches Wirtschaften“<br />

Ausgabe 2/2010<br />

IÖW-Newsletter<br />

Das IÖW gibt gemeinsam mit der Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung<br />

(VÖW) das Journal „Ökologisches Wirtschaften“ heraus, das in vier<br />

Ausgaben pro Jahr im oekom-Verlag erscheint. Das interdisziplinäre Magazin<br />

stellt neue Forschungsansätze in Beziehung zu praktischen Erfahrungen aus<br />

Politik und Wirtschaft. Im Spannungsfeld von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft<br />

stellt die Zeitschrift neue Ideen für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges<br />

Wirtschaften vor. Zusätzlich bietet „Ökologisches Wirtschaften online“ als Open<br />

Access Portal Zugang zu allen Fachartikeln seit der Gründung der Zeitschrift<br />

1986. In diesem reichen Wissensfundus können Sie über 1.000 Artikeln durchsuchen<br />

und herunterladen. Die Ausgaben der letzten zwei Jahre stehen exklusiv<br />

für Abonnent/innen zur Verfügung. Abonnement unter: www.oekom.de.<br />

Der IÖW-Newsletter informiert rund vier Mal im Jahr über Neuigkeiten aus dem Institut. Stets über<br />

<strong>Pro</strong>jektergebnisse und Veröffentlichungen informiert sowie die aktuellen Termine im Blick –<br />

Abonnement des Newsletters unter www.ioew.de/service/newsletter.<br />

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Weitere Informationen erhalten Sie unter www.ioew.de oder Sie kontaktieren die<br />

IÖW-Geschäftsstelle Berlin<br />

Potsdamer Straße 105<br />

10785 Berlin<br />

Telefon: +49 30-884 594-0<br />

Fax: +49 30-882 54 39<br />

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