IOEW SR 075 Ökonomische Alternativen zum Ausbau E..., Seiten 1 ...
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133<br />
ses vieler Salzstöcke besteht die Gefahr, daß der Salzgehalt des Trinkwassers ansteigt,<br />
wie es für die Stadt Lüchow schon festgestellt wurde (Paasche 1971).<br />
Der in den letzten Jahrzehnten eingesetzte Strukturwandel der Landwirtschaft in der<br />
gesamten Bundesrepublik hat den Landkreis Lüchow-Dannenberg als landwirtschaftlich<br />
geprägte Region stark beeinflußt. Von den 1960 existierenden 3.869<br />
landwirtschaftlichen Betrieben über 2 ha bestanden 1992 noch 1.452. Aufgrund der<br />
ursprünglich ungünstigen Hofstrukturen mit im Durchschnitt 15 ha LF besteht ein besonderer<br />
Anpassungsdruck. Durch Zupacht haben die heute noch wirtschaftenden<br />
Vollerwerbsbetriebe im Durchschnitt 60 ha LF. 57<br />
2.3.2 Betriebsstrukturen in der Landwirtschaft nach der Wende<br />
Die Betrachtung der Landwirtschaft in der Elbregion setzt ein Bewußtsein um die<br />
tiefgreifenden Veränderungen dieses Wirtschaftszweiges auf dem Gebiet der neuen<br />
Bundesländer voraus. Die Wiedervereinigung konfrontierte die Landwirtschaft dort<br />
mit vollkommen neuen ökonomischen Rahmenbedingungen. Der Umstrukturierungsprozeß,<br />
der daraufhin einsetzte, war gravierend und ist bis heute nicht abgeschlossen.<br />
Mitten in diesen Anpassungsprozeß erfolgte mit der Umsetzung der EG-<br />
Agrarreform Anfang 1993 eine weitere grundlegende Veränderung der administrativen<br />
und ökonomischen Rahmenbedingungen. So wird künftig die staatliche Unterstützung<br />
der Landwirtschaft nicht mehr wie bisher über den Preis und damit indirekt<br />
produktionsmengenabhängig, sondern unabhängig vom einzelbetrieblichen Ertragsniveau<br />
im wesentlichen flächenbezogen gewährt. Die Neugestaltung der EG-<br />
Agrarpolitik wird die Umstrukturierungsprozesse in den neuen Bundesländern erheblich<br />
beeinflussen (Werner/ Dabbert 1994).<br />
2.3.2.1 Rechtsform der Betriebe<br />
Ein Vergleich der landwirtschaftlichen Betriebsstruktur auf beiden <strong>Seiten</strong> der Elbe ist<br />
aufgrund unterschiedlicher Rechtsformen schwierig. Während auf niedersächsischem<br />
Gebiet Familienbetriebe im Haupt- und Nebenerwerb existieren, untergliedern<br />
sich die Betriebe auf dem Gebiet der neuen Bundesländer in einzelbetriebliche<br />
Unternehmen natürlicher Personen und Kapitalgesellschaften als juristische Personen.<br />
Dies ist das Resultat aus den Umwandlungen ehemaliger LPG'en und anderen<br />
Betrieben im Rahmen der Landwirtschaftsreform nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz<br />
(LAG) der Bundesregierung von 1990.<br />
Einen Überblick über die Verteilung der Betriebe auf die jeweiligen Unternehmensformen<br />
für die Landkreise der neuen Bundesländer gibt die nachfolgende Tabelle.<br />
Demzufolge befindet sich die Hauptanzahl der Betriebe im einzelunternehmerischen<br />
Haupt- und Nebenerwerb.<br />
57 mündl. Mittig. Dr. Mansfeld, AfA Lüneburg; s.a. LWK Hannover (1993): Betroffenheitsanalyse Dannenberger Marsch
134<br />
Tabelle 38: Relativer Anteil der landwirtschaftlichen Betriebe nach Rechtsform<br />
Kreis Juristische Perso- Natürliche Pernen*<br />
(%) sonen** (%)<br />
LK Prignitz (B) 12,5 87,5<br />
Landkreis Osterburg (S-A) 13,0 87,0<br />
Osterburg/Elbwische***(S-A) 10,3 89,7<br />
LK Ludwigslust (M-V) 23,0 77,0<br />
* = e.G., GmbH u.a. B = Brandenburg<br />
** = GbR, Haupterwerb, Nebenerwerb, Güter M-V = Mecklenburg-Vorpommern<br />
*** = Agrarregion des LK Osterburg entlang der Elbe S-A = Sachsen-Anhalt<br />
Entsprechende Daten für den Landkreis Hagenow liegen nicht vor.<br />
Die obige Tabelle verdeutlicht zunächst, daß eine Umwandlung der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe in Einzelunternehmungen (natürliche Personen) stattgefunden hat.<br />
Diese Entwicklung ist angesichts der derzeitigen agrarpolitsichen Situation und den<br />
historischen Vorgaben auf dem Gebiet der Neuen Bundesländer auch kritisch zu<br />
betrachten, da bei zu kleinen Betriebsgrößen und gleichzeitig hohen zu tätigenden<br />
Investionskosten die Wirtschaftlichkeit in Frage steht.<br />
2.3.2.2 Anzahl und Größe der Betriebe<br />
Für die im Jahre 1993 im Rahmen der Anpassungshilfe geförderten landwirtschaftlichen<br />
Betriebe Sachsen-Anhalts ergab sich für die damals erfaßten 307 (1993) bzw.<br />
270 (1992) Betriebe des Landkreises Osterburg nachfolgendes Verhältnis von Einzelunternehmungen<br />
zur landwirtschaftlichen Fläche 58 .<br />
Tabelle 39: Anteil der Einzelunternehmungen (natürliche Personen) an der landwirtschaftlichen<br />
Fläche (absolut/%)<br />
Landkreis Betriebe<br />
LF* (gesamt) ha Anteil EU** Anteil EU an LF<br />
(gesamt)<br />
ges. % ges. %<br />
1<br />
LK Osterburg 307 68.227,45 272 88,6 32.509,77 47,65<br />
davon Elbwische^ 104 (ohne Güter) 24.396 93 89,4 11.250 46,1<br />
*LF = Landwirtschaftliche Fläche<br />
"EU = Einzelunternehmung<br />
1 Quelle: ALF Stendal, Landkreis Osterburg 1993<br />
2 Quelle: Anpassungshilfe II/92, aus Peschke&Partner, 1992<br />
Anhand dieses Beispieles für den Kreis Osterburg wird die spezielle Situation deutlich<br />
(welche m.E. auf die gesamte Fläche der neuen Bundesländer übertragen werden<br />
kann), daß 4/5 der landwirtschaftlichen Betriebe Einzelunternehmungen bzw.<br />
natürliche Personen darstellen, sie jedoch lediglich knapp die Hälfte der landwirtschaftlichen<br />
Fläche bearbeiten. Die durchschnittlichen Betriebsgrößen bei juristischen<br />
Personen liegen demnach deutlich höher als diejenigen der natürlichen Personen<br />
(siehe im Anhang Tabelle 58: Mittlere Betriebsgröße nach Rechtsform<br />
der Betriebe (ha)). Damit ist die Position derjenigen Betriebe, welche eine einzelbetriebliche<br />
Unternehmensform als natürliche Person anstreben (z.B. Wiedereinrichter)<br />
im Rahmen des Umwandlungsprozesses der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern<br />
hinsichtlich der Konkurrenzfähigkeit auf dem deutschen und europäischen<br />
Agrarmarkt zunächst problematisch. Bei Betrieben mit der Rechtsform einer juristischen<br />
Person entstehen Größenordnungen, gegen die keine Wiedereinrichter an-<br />
58 Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften des Landbaus (1993): Umstrukturierung der Landwirtschaft in Sachsen-<br />
Anhalt, Stand Herbst 1993; Landwirtschaftliche Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
135<br />
pachten kann. Solche Betriebe sind häufig konzernartig strukturiert und decken vorund<br />
nachgelagerte Bereiche mit ab (Thomas 1994).<br />
Andererseits sind direkte Nachfolgebetriebe ehemaliger LPG'n gegenüber anderen<br />
Großbetrieben benachteiligt, weil sie mit ihren Altschulden und teilweise kleineren<br />
Quoten für Milch und sonstige Marktordnungserzeugnisse belastet sind.®<br />
Tabelle 40: Relativer Anteil landwirtschaftlicher Betriebe nach Größenklassen<br />
Kreis (Bundesland) Anzahl landw. davon unter 10 Anzahl landw.<br />
Betriebe unter ha (%) Betriebe über<br />
50 ha (%) 1.000 ha (%)<br />
LK Ludwigslust (M-V) 66,0 64,0 14,8<br />
LK Hagenow (M-V) 73,3 59,5 10,4<br />
LK Lüchow-Dan. (Ns) 66,2 53,5 k.A.*<br />
LK Lüneburg (Ns) 64,4 55,5 k.A*<br />
LK Perleb./Prign. (B) 69,6 62,2 k.A.*<br />
* Die Agrarstatistiken von Niedersachsen und Brandenburg weisen als höchste Erfassungskategorie<br />
der Betriebe "50 ha und mehr" aus.<br />
(Quellen: siehe im Anhang Tabelle 55: Landwirtschaftliche Betriebe nach<br />
Größenklassen der landwirtschaftlich genutzten Fläche)<br />
Vergleichbare Daten für den Landkreis Osterburg geben für 1992 einen Anteil von<br />
27,4% (74) der Betriebe zwischen 50-100 ha, 43,7% (118) der Betriebe mit mehr als<br />
100 ha an der Gesamtzahl der landwirtschaftlichen Betriebe an. Nebenerwerbsbetriebe<br />
haben eine mittlere Betriebsgröße von 20,1 ha (Peschke & Partner 1992).<br />
Diese Daten verdeutlichen, daß in den jeweiligen Kreisgebieten eine hohe Zahl an<br />
Betriebe unter 50 ha existiert. Unter der Berücksichtigung, daß wiederum über die<br />
Hälfte dieser Betriebe eine Betriebsgröße von weniger als 10 ha aufweisen, kann für<br />
die dargestellten Kreisgebiete eine kleinräumige landwirtschaftliche Struktur angenommen<br />
werden. In diesem Zusammenhang muß aber gleichzeitig berücksichtigt<br />
werden, daß gerade an dieser Kategorie (unter 50 ha) die Nebenerwerbsbetriebe<br />
einen hohen Anteil haben (s. Tabelle 57 im Anhang) und aufgrund der offiziellen<br />
Landwirtschaftspolitik immer mehr Haupterwerbsbetriebe in nächster Zeit in den Nebenerwerb<br />
abrutschen werden. Unter den derzeitigen Bedingungen werden diese<br />
Betriebe langfristig kaum existenzfähig bleiben.<br />
Die Daten weisen weiterhin die Elbanrainerkreise im Gebiet der Neuen Bundesländer<br />
bzw. die Regionen des direkten Grenzstreifens als spezifische kleinräumig<br />
landwirtschaftlich strukturierte Gebiete im Gegensatz zu der ansonsten größer dimensionierten<br />
Landwirtschaft des jeweiligen Bundeslandes aus. 60<br />
2.3.2.3 Beschäftigte in der Landwirtschaft<br />
Über den Anteil der Beschäftigten in der Landwirtschaft kann an dieser Stelle ebensowenig<br />
genaue Auskunft gegeben werden wie über den Grad der Arbeitslosigkeit in<br />
diesem Wirtschaftssektor. Verfügbare statistische Daten beziehen sich durchgehend<br />
auf den Anteil der Beschäftigten an der Gesamtzahl der sozialpflichtig Beschäftigten;<br />
59 Die ZEIT vom 29.10.1993: Unerwünschte Konkurrenz, Landwirtschaft: Die ostdeutschen Agrarbetriebe könnten den westdeutschen<br />
Kleinbauern überlegen sein. Doch sie werden von der Bonner Politik diskriminiert; Die ZEIT Nr. 44<br />
60 vgl. Die Zeit, Nr. 44: Während es die Vollerwerbsbetriebe in den alten Bundesländern auf eine Durchschnittsgröße von 33 ha<br />
bringen, kommen die mittlerweile rd. 6.000 Einzelbauern in den neuen Bundesländern im Schnitt auf eine Flächenausstattung<br />
von ca. 134 ha. In den 1.250 landwirtschaftlichen Personengesellschaften beträgt die durchschnittliche Betrietegröße<br />
420 ha, und die ca. 3.000 Kapitalgesellschaften verfügen über durchschnittlich 1.240 ha; a.a.O.
136<br />
dabei sind allerdings die in der landwirtschaft tätigen selbständigen Personen nicht<br />
mit erfaßt. Dasselbe gilt für die Arbeitslosenzahlen. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen,<br />
daß Arbeitslose nicht nach der Herkunft der früheren Beschäftigung sondern<br />
nach Berufsgruppen erfaßt werden. Somit kann bei der Anzahl der Arbeitslosen in<br />
land- und forstwirtschaftlichen Berufen nicht davon ausgegangen werden, daß ihre<br />
letzte Beschäftigung tatsächlich in der Landwirtschaft war. Umgekehrt sind ehemals<br />
in der Landwirtschaft Beschäftigte anderer Berufe ihren jeweiligen Berufsgruppen<br />
zugeordnet.<br />
Um trotzdem einen Eindruck von der derzeitigen Beschäftigtensituation in der<br />
Landwirtschaft zu vermitteln, werden an dieser Stelle Aussagen aus verschiedenen<br />
Gutachten zur Landwirtschaft wiedergegeben. Sie beziehen sich auschließlich auf<br />
die Kreisgebiete der neuen Bundesländer.<br />
Für den Landkreis Osterburg kommt eine Studie (Peschke & Partner 1992) zu der<br />
Voraussage, daß sich die Zahl der 7.900 vor der Wende in der Landwirtschaft tätigen<br />
Personen für das Jahr 1992 auf 2.100 Arbeitskräfte reduzieren wird (Dies bedeutete<br />
einen prozentualen Anteil von 5,0 an der Bevölkerung von 42.070 Menschen<br />
am 31.12.1992.). Während vor der Wende 10,8 Arbeitskräfte auf 100 ha<br />
landwirtschaftliche Fläche kamen, so errechnete sich der Arbeitskräftebestand für<br />
1992 auf knapp 3 Arbeitskräfte je 100 ha.<br />
Eine Studie zur Bewertung von Standortpotentialen im ländlichen Raum in Brandenburg<br />
(Werner/ Dabbert 1992) stellt den Landkreis Perleberg (Prignitz) an erste Stelle<br />
von allen Kreisen des Bundeslandes hinsichtlich ihrer Anzahl landwirtschaftlicher<br />
Betriebe. Somit ergab sich für 1992 eine Zahl von 237 Betrieben mit einer Quote<br />
aller in der Landwirtschaft beschäftigten Personen von 14,9% an der Gesamtbeschäftigungsquote.<br />
Die Arbeitslosenquote im September 1992 betrug 17,1 %. Bei<br />
einer Industrieflächenquote (Industriefläche / Siedlungsdichte) von 0,10%, einer<br />
Gewerbeflächenquote (Gewerbefläche / Siedlungsdichte) von 0,04% und einer<br />
Siedlungsdichte von 69 Personen/ km 2 liegt der Schluß nahe, daß ein großer Teil<br />
der Arbeitslosen aus dem landwirtschaftlichen Sektor stammt.<br />
Das statistische Jahrbuch 1993 von Mecklenburg-Vorpommern gibt für das Jahr<br />
1991 eine Zahl derjenigen in der Landwirtschaft Beschäftigten von 3.022 Personen<br />
im Landkreis Hagenow (4,3% des Bevölkerungsstandes am 31.12.1991) und 1.767<br />
Personen im Landkreis Ludwigslust (3,0% des Bevölkerungsstandes am<br />
31.12.1991) an. Laut Auskunft des Kreisbauernverbandes Ludwigslust lag die Zahl<br />
der in der Landwirtschaft beschäftigten Personen in 1989 bei 5.800 und in 1992 bei<br />
1.675. Dies stellt einen Rückgang derjenigen in der Landwirtschaft Beschäftigten<br />
des Kreisgebietes um ca. 70 % dar.<br />
Für den östlich der Elbe gelegenen Amtsbezirk Neuhaus, welcher nach einer Gebietsreform<br />
mittlerweile Niedersachsen zugeordnet ist (30.6.1993), wurde eine Reduktion<br />
des Beschäftigtenzahlen in der Landwirtschaft um 2/3 ermittelt. 61<br />
6t mündl. Mittl. Herr van Haaren, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Uelzen, 31.3.1994
137<br />
2.3.3 Betriebsformen<br />
2.3.3.1 Anteil der Betriebsformen an der landwirtschaftlichen Produktion<br />
Die Betriebsbereiche in der Landwirtschaft gliedern sich in die folgenden Betriebsformen:<br />
• Marktfrucht<br />
• Futterbau<br />
• Veredelung<br />
• Gemischtbetriebe<br />
Ein Betrieb zählt zu einer bestimmten Betriebsform, z.B. Marktfrucht, wenn 50% und<br />
mehr seines Standarddeckungsbeitrages aus der entsprechenden Produktionsrichtung,<br />
z.B. Marktfrüchte wie Getreide oder Hackfrüchte stammen. Betriebe, die ihr<br />
Einkommen zu über 50% aus der Rinderhaltung erzielen, gehören <strong>zum</strong> Futterbau.<br />
Gemischtbetriebe erzielen ihr Einkommen in keiner Produktionsrichtung zu mehr als<br />
49,5 %. Kennzeichen dieser Betriebe ist eine geringe Spezialisierung. Veredelungsbetriebe<br />
erzielen über 50% ihres Betriebseinkommens ausschließlich aus dem Bereich<br />
der Veredelung (Fleisch- und Milchproduktion).<br />
Die Futterbaubetriebe der Dannenberger Marsch (45) erzielen ca. 50% ihrer Einkommen<br />
aus der Milchproduktion. Der hohe Anteil von Marktfruchtbetrieben (29%)<br />
innerhalb dieses sich durch einen hohen Grünlandanteil auszeichnenden Gebietes<br />
(s.o.) deutet auf Grünlandumbruch und Zupacht von Ackerflächen außerhalb der direkten<br />
Marschbetriebe hin. Alle Gemischtbetriebe halten Milchkühe, was aufgrund<br />
des hohen Grünlandanteils nachvollziehbar ist. Die Bedeutung dieser Betriebsform<br />
wird für die Region als sehr hoch eingeschätzt, da in dieser Betriebsform nur sehr<br />
wenig Nebenerwerbsbetriebe zu finden sind. Die drei Veredelungsbetriebe erwirtschaften<br />
ihr Haupteinkommen aus der Schweinehaltung. 62<br />
Im Landkreis Osterburg befindet sich ein hoher Anteil der landwirtschaftlichen Betriebe<br />
im Bereich der Veredelung (67%). Im Zusammenhang mit den Daten <strong>zum</strong><br />
Viehbestand (s.u.) kann festgestellt werden, daß der Schwerpunkt der Veredelungswirtschaft<br />
bezogen auf das Kreisgebiet in der Schweinemast (s. im Anhang<br />
Tabelle 62: Viehbestand) in Kombination mit einem relativ hohen Ackerlandanteil<br />
(73,3 %, 1992) liegt.<br />
Im Bereich der Elbwische (Wische=Wiese) verschiebt sich der Bereich der Veredelung<br />
in Richtung Rinderhaltung. Hier liegt der Grünlandanteil bei ca. 40% in Kombination<br />
mit einem hohen Anteil an Rindern, u.a. Milchkühe (s. im Anhang Tabelle 62:<br />
Viehbestand) und einer geringen Anzahl an Schweinen.<br />
Bekannt ist die Wische durch ihren traditionellen Obst- und Gemüseanbau. Allerdings<br />
ist nach der Wende das flächendeckende Netz von Ankaufstellen und das<br />
System der staatlichen Aufkaufpreise zusammengebrochen.<br />
In den Landkreisen Hagenow und Ludwigslust liegt der Hauptanteil der Betriebe im<br />
Bereich des Futterbaus (Ludwigslust: 72%; Hagenow 56%) mit einem entsprechend<br />
hohen Anteil dieser Betriebsform an der landwirtschaftlichen Betriebsfläche<br />
62 Landwirtschaftskammer Hannover (1993): Betroffenheitsanalyse Dannenberger Marsch, a.a.O. Die Betriebserkundung<br />
umfaßte 105 Betriebe. 4 Betriebe verweigerten die Aussage, sodaß die jeweiligen Auswertungen (s. Tabellen im Anhang)<br />
nur 101 Betriebe umfassen.
138<br />
(Ludwigslust: 65,3%; Hagenow 60,2%; s. auch Tabellen im Anhang) Für den Landkreis<br />
Prignitz liegen hierzu keine genauen Daten vor.<br />
2.3.3.2 Anteil von Grünland und Ackerland an der landwirtschaftlichen<br />
Nutzfläche<br />
Für die niedersächsischen Elbanrainerkreise sowie für den Landkreis Osterburg ergibt<br />
ein deutlich höherer Anteil der Ackerfläche im Vergleich <strong>zum</strong> Grünland. Ein Blick<br />
auf die Dannenberger Marsch im Landkreis Lüchow-Dannenberg ergibt im Gegensatz<br />
<strong>zum</strong> Verhältnis auf Kreisebene einen Grünland-Ackerlandanteil von jeweils fast<br />
50:50%. Ein ähnlich umgekehrtes Verhältnis zeigt sich im Falle der Osterburger<br />
Elbwische im Vergleich <strong>zum</strong> Kreis Osterburg. In der Wische besteht ein Verhältnis<br />
Grünland-Ackerland von ca. 2/5 zu 3/5, während insgesamt der Landkreis einen<br />
Grünlandanteil von 1/4 an der landwirtschaftlichen Nutzfläche besitzt.<br />
Das Verhältnis im Landkreis Prignitz / Perleberg liegt bei 1/3 Grünland zu 2/3 Ackerland.<br />
Allerdings weist der Bereich der Elbeniederung dieses Kreises demgegenüber<br />
einen hohen Grünlandanteil auf. So umfaßt das Brandenburgische Elbtal ca. 55.000<br />
ha mit einer landwirtschaftlichen Nutzflächen von ca. 30.000 ha, dessen Grünlandanteil<br />
ca. 50% beträgt. Im engeren Elbetal befinden sich 60-70% Grünland, von<br />
welchem ca 2/3 der Fläche im Rahmen von Extensivierungsprogrammen bewirtschaftet<br />
werden, vorwiegend mit Mutterkuhhaltung (s.u.) 63 . Die regionalen Unterschiede<br />
im Grünlandanteil liegen im allgemeinen zwischen 51 und 100%. Diese<br />
Grünlandregionen werden charakterisiert als Regionen mit höheren Anteilen an natürlichen<br />
Standorteinschränkungen oder Natur- und Landschaftsschutzansprüchen<br />
(Werner/ Dabbert 1994). So stammen mehr als 75% des Futteraufkommens vom<br />
Grünland, deren Lage sich meist in Biosphärenreservaten oder Naturparken befindet.<br />
Die Flächen befinden sich überwiegend in extensiver Bewirtschaftung und steilen<br />
meist große zusammenhängende Grünlandniederungen, teilweise überflutungsgefährdetes<br />
Flußaue- oder Niedermoorgrünland oft in Vergesellschaftung mit leichten<br />
Ackerböden dar.<br />
In den mecklenburg-vorpommerschen Landkreisen Ludwigslust und Hagenow<br />
schließlich stehen sich jeweils ca. 1/3 Grünlandanteil ca. 2/3 Ackerlandanteil an der<br />
landwirtschaftlichen Nutzfläche gegenüber.<br />
Tabelle 41: Relativer Anteil von Acker- und Grünland an der<br />
landwirtschaftlichen Nutzfläche für die Kreisgebiete<br />
Kreise/Region Grünland (%) Ackerland (%)<br />
LK Lüchow-Dannenberg 22,4 77,4<br />
Dannenberger Marsch 40,8 59,2<br />
LK Lüneburg 19,5 80<br />
LK Prignitz 34,5 65,2<br />
LK Osterburg 25,8 73,2<br />
Osterburg/Wische 41,2 58,8<br />
LK Ludwigslust 32,7 66,8<br />
LK Hagenow 29,8 68,1<br />
(Für die absoluten Daten: s. im Anhang Tabelle 59: Landwirtschaftliche Nutzflächen)<br />
63 mündl. Mitteilung Herr Bahlke, Landwirtschaftsamt des Landkreises Prignitz, 7.4.1994
139<br />
2.3.3.3 Viehhaltung<br />
Die Ausnutzung des natürlichen Ertragspotentials sowie der Umfang und die Anteile<br />
der Nutzungsmöglichkeiten des Grünlandes sind entscheidend von dem vorhandenen<br />
bzw. möglichen Viehbesatz abhängig. In diesem Zusammenhang ist die regionale<br />
Verteilung der Grünlandnutzung u.a. abhängig von der Milchquotenausstattung<br />
pro ha Grünland.<br />
Die Milchquotenausstattung des Landkreis Prignitz / Perleberg lag im Dezember<br />
1992 zwischen 3.000 und 4.000 kg/ha Grünland. 64 Werner et al. (1994) (s.o.) kommen<br />
in ihrer Studie zu dem Ergebnis, daß sich in Regionen mit einer Milchquotenausstattung<br />
von unter 4.000 kg/ha Grünland eine extensive Bewirtschaftung auf über<br />
3/4 der Grünlandfläche durchsetzen könnte. Maximal die Hälfte des Grünlandes wäre<br />
über die Milchviehhaltung einschließlich Färsenaufzucht nutzbar.<br />
Die Prignitzer Elbtalauenämter Bad Wilznack, Lenzen und Wittenberge vereinigen<br />
ca. 35% des Rinderbestandes des Landkreises Prignitz auf ihre Amtsbezirke. Der<br />
Anteil der Milchkühe an diesem Rinderbestand beträgt ca. 24,5%. Der Rest teilt sich<br />
auf in Mast und Färsenaufzucht. Die Aufteilung des Rinderbesatzes auf betriebliche<br />
Unternehmensformen gibt die nachfolgende Tabelle wieder.<br />
Tabelle 42: Rinderbestände bezogen auf Betriebsformen für den Bereich<br />
der folgenden Elbtalauenämter: 65<br />
Elbtalauenämter Mutterkuhhaltung übrige Rinder<br />
Bad Wilznack gesamt: 1.097 gesamt: 4.637<br />
HE: 48<br />
HE: 667<br />
NE: 7<br />
NE: 270<br />
JP: 842<br />
JP: 3.700<br />
Lenzen gesamt: 2.938<br />
HE: 987<br />
NE: 68<br />
JP: 1.883<br />
Wittenberge gesamt: 149<br />
HE: 149<br />
gesamt: 7.182<br />
HE: 1.181<br />
NE: 187<br />
JP: 5.814<br />
gesamt: 96<br />
HE: 65<br />
NE: 31<br />
HE = Haupterwerbsbetrieb<br />
JP = Juristische Person (Rechtsform des Betriebes als e.G., GmbH oder GbR), i.a. als HE bewirtschaftet<br />
NE = Nebenerwerbsbertieb<br />
Insgesamt existieren im Elbtalauenbereich der Naturparkverwaltung mit dem Betriebszweig<br />
Mutterkuhhaltung:<br />
• Haupterwerbsbetriebe mit ca. 400 Stück<br />
• Nebenerwerbsbetriebe mit ca. 200 Stück<br />
• Betriebe Juristischer Personen mit ca. 1.000 Stück 66 .<br />
Die Zahlen verdeutlichen, daß der Hauptanteil der Rinderhaltung, besonders der<br />
Mutterkuhhaltung im Bereich der juristischen Personen zu finden ist. Neben der<br />
64<br />
65<br />
66<br />
Werner, Arnim et al. (1994): a.a.O.<br />
mündl. Mittig.: Herr Bahlke, Landwirtschaftsamt Prignitz, Stand 3.94<br />
mündl. Mittig. Herr Bahlke, LWA LK Prignitz: a.a.O.
140<br />
Mutterkuhhaltung arbeiten die übrigen Betriebe der Rinderhaltung in der Jungbullenzucht<br />
und der intensiven Milchproduktion 67 .<br />
Im Elbebereich des Landkreises Ludwigslust existiert hauptsächlich Milchwirtschaft,<br />
dies vor allem in den Großbetrieben. 68<br />
Tabelle 43: Rinderbestände bezogen auf die Betriebsformen im<br />
Landkreis Ludwigslust<br />
Unternehmensform Milchkühe übrige Rinder<br />
Familienbetrieb 1.672 1.345<br />
Juristische Person 10.712 18.352<br />
In Bezug auf den Viehbesatz pro Unternehmensform sind auch im Landkreis Osterburg<br />
die juristischen Personen gegenüber den natürlichen Personen besser mit Vieh<br />
ausgestattet (Peschke & Partner 1992), was bei der erheblich höheren Betriebsgröße<br />
erstgenannter zu erwarten ist.<br />
Von den in der Dannenberger Marsch untersuchten 101 Betriebe haben die 74 Betriebe<br />
der Viehhaltung die Milchwirtschaft als Hauptproduktionsverfahren. Sie halten<br />
insgesamt 1.644 Milchkühe und besitzen eine Milchquote von insgesamt 9.504.000<br />
kg, wovon 561.000 kg gepachtet und 157.000 kg geleast sind. 24 Betriebe fallen in<br />
die Betriebsgrößenklassen von 50.000 bis 100.000 kg, und 26 Betriebe in die Größenklasse<br />
von 100.000 bis 200.000 kg. Nur 13 Betriebe haben eine Milchquote von<br />
200.000 kg und nur 2 eine Quote über 300.000 kg.<br />
Die durchschnittliche Quote von 4015 kg/ha Grünland könnte, gemäß der Einschätzung<br />
von Werner et al. (1994) (a.a.O.) eine gute Voraussetzung für eine Extensivierung<br />
in der Grünland- und Milchwirtschaft bieten. Allerdings setzt die hohe Rate der<br />
gepachteten und geleasten Flächen dieser Möglichkeit auch Grenzen, denn solche<br />
Flächen liegen meist nicht mehr im direkten Elbebereich und wurden ja gerade aus<br />
dem Grunde zugepachtet, um die betriebliche Existenz zu wahren - meist über intensive<br />
Bewirtschaftung.<br />
Im gesamten niedersächsischen Bereich des Großschutzgebietes halten von den<br />
337 landwirtschaftlichen Betrieben ca. 75% Milchkühe. Grundsätzlich haben sich die<br />
Viehbestände in allen Kreisen des Untersuchungsgebietes der neuen Bundesländer<br />
seit der Wende drastisch reduziert. Eine Aufstellung der Rinderzahlen für den Landkreis<br />
Ludwigslust mag diese Entwicklung skizzieren.<br />
Tabelle 44: Entwicklung Rinderbestand im Landkreis Ludwigslust<br />
(1989-1992)*<br />
Rinderbestand 1989 1992<br />
Milchkühe 20.400 13.009<br />
Mutterkühe 180 3.110<br />
übrige Rinder (Haupts. Bullenmast)<br />
48.000 22.700<br />
* Quelle: mündl. Mittig. Herr Eggert, Kreisbauernverband Ludwigslust, 7.4.1994<br />
Die deutliche Zunahme der Mutterkuhhaltung verdeutlicht die zunehmende Tendenz<br />
bzw. Umstellung auf Extensivierung in der Grünlandwirtschaft. Für den Landkreis<br />
Osterburg stellt sich eine entsprechende Entwicklung folgendermaßen dar:<br />
67 mündl. Mittig. Bahlke, LWA LK Prignitz<br />
68 mündl. Mittig. Herr Eggert, Kreisbauernverband Ludwigslust, 7.4.1994
141<br />
Tabelle 45: Entwicklung des Rinderbestandes im Landkreis<br />
Osterburg 1989-1992<br />
Rinderbestand 1989 1992<br />
Rinder gesamt 64.517 35.215<br />
davon Milchkühe 24.560 17.077<br />
davon übrige Rinder 39.957 18.138<br />
Quelle: nach Peschke & Partner (1992)<br />
Damit ist bis 1992 der Rinderbestand insgesamt in diesem Landkreis auf ca. 55%<br />
und der Milchkuhbestand auf ca. 70% gesunken.<br />
2.3.4 Weiterverarbeitung<br />
In diesem Kapitel wird eine Darstellung der Weiterverarbeitung für Getreide aus<br />
zwei Gründen nicht erfolgen :<br />
a) Der Anteil an Getreidebau in der Landwirtschaft ist in den betreffenden Landkreisen<br />
nicht besonders hoch im Vergleich zu den anderen Betriebszweigen.<br />
b) In Kapitel 2 wurde der Schwerpunkt stark auf eben die Betriebszweige Grünlandwirtschaft<br />
und Viehhaltung, Obst- und Gemüseanbau gelegt. Dies geschah<br />
aufgrund der Vorgabe der naturräumlichen Potentiale der Region mit der entsprechenden<br />
landwirtschaftlichen Nutzung der Flächen sowie aus Gründen einer<br />
Eingrenzung der inhaltlichen und strukturellen Analyse im Rahmen der Untersuchung.<br />
Die Beispiele aus den anderen Produktionszweigen mögen allerdings die verallgemeinerbare<br />
Tendenz zur Zentralisierung in der Weiterverarbeitung und den damit<br />
verbundenen Auflagen an die Primärproduktion verdeutlichen.<br />
1. Beispiel: Osterburg und umliegende Region<br />
Im Kreis Osterburg sind die meisten Verarbeitungskapazitäten wie z.B. die Zuckerfabrik<br />
Goldbeck, der Schlachthof Stendal oder die Konservenfabrik Seehausen ausgefallen.<br />
Die in Osterburg ansässige Molkereigenossenschaft e.G. hat sich früh nach der<br />
Wende der Uelzena Milchwerke e.G. in Uelzen angeschlossen. Letzterer gehören<br />
auch die Genossenschaften in Lüchow und Gartow an. Die nicht in der Osterburger<br />
Molkerei verarbeitete Milch wurde in 1992 noch direkt ab Hof zur Molkerei nach Uelzen<br />
geliefert. Mit Erreichen seiner vollen Arbeitskapazität der Altmark-Käserei Uelzena<br />
GmbH Bismark (Probebetrieb) seit 1993 wird die zur Käseherstellung geplante<br />
Milchmenge hier angeliefert. In der Osterburger Molkerei wird der Käsebetrieb eingestellt.<br />
Ein weiterer wichtiger milchverarbeitender Betrieb sind die "Milchwerke Mittelelbe"<br />
GmbH Stendal, welche durch ein westdeutsches Unternehmen privatisiert und modernisiert<br />
wurde. Die Verarbeitungskapazität liegt bei 300.0001 Milch/Jahr.<br />
Die Schlachthöfe in Stendal und Salzwedel wurden aufgrund zu hoher Kosten geschlossen;<br />
die Schlachthöfe in Perleberg, Magdeburg, Burg und Dessau mußten<br />
diesem Beispiel folgen, da sie nicht dem technischen und hygienischen Standard<br />
der EG-Verordnungen entsprachen. Neue Schlacht- und Zerlegebetriebe werden im<br />
Rahmen von Fördermaßnahmen <strong>zum</strong> Aufbau einer modernen Verarbeitungsindustrie<br />
(Schlachthof-Strukturplan) in den Neuen Ländern gebaut oder sind<br />
in Planung. Durch diese Neuplanungen werden Schlachtkapazitäten geschaffen, die
142<br />
es kleinen regionalen Schlachthöfen schwer machen wettbewerbsfähig zu bleiben.<br />
Andererseits bedeuten solche Großstrukturen aufgrund des großen Einzugsgebietes<br />
weite Wege für die Schlachttiere und Landwirte. Gleichzeitig bedeuten die hohen<br />
Schlachtkapazitäten die Gefahr, daß bei den stark geschrumpften Tierbeständen im<br />
Osten die Betriebe nicht ausgelastet werden oder noch bestehende ältere Betriebe<br />
(auch in Westdeutschland) geschlossen werden 69 . Solche Bedingungen können<br />
eine regionale Vermarktung von Qualitätsfleisch erschweren.<br />
Tabelle 46: Übersicht über die nächstgelegenen Schlachtstätten für den Landkreis<br />
Osterburg<br />
Unternehmen/<br />
Schlachtstätte<br />
Entfernung<br />
von Osterburg<br />
(km)<br />
Tierart*<br />
Bemerkungen<br />
NFZ** Perleberg 40 S Neubau***<br />
Magdeburg 85 alter Schlachthof geschlossen;<br />
als Standort nach Schlachthofstrukturplan<br />
vorgesehen<br />
Moksel Dessau 140 R+S Neubau***<br />
Vogler Steine/Lüchow 70 S Bindung an NFZ**<br />
NFZ** Lüneburg 130 R<br />
NFZ** Braunschweig 130 R+S<br />
Vosding Laatzen 190 R+S<br />
Stendal<br />
*: R = Rinder, S = Schweine **: Nordfleisch-Zentrale<br />
***: Neubauten im Rahmen des Schlachthof Strukturplanes<br />
Quelle: Peschke & Partner (1992); eigene Ergänzungen IÖW<br />
als Standort nach Schlachthofstrukturplan<br />
vorgesehen; Betriebsgesellschaft<br />
1993 gegründet<br />
Der Anbau von Obst und Gemüse hat u.a. in der Wische des Landkreises Osterburg<br />
Tradition. Hier befindet sich z.B. das älteste Spargelanbaugebiet Deutschlands.<br />
1927 wurde in Osterburg die erste deutsche Erzeugergenossenschaft für Spargel<br />
gegründet, die etwa 80 % der Ernte nach Hamburg absetzte. Nach der Wende ist<br />
ein System von staatlichen Ankaufpreisen für Obst und Gemüse und ein Netz von<br />
Ankaufstellen für eine breite individuelle Obst- und Gemüseproduktion zusammengebrochen.<br />
Damit ging der Marktanteil der Kleinerzeuger stark zurück zugunsten<br />
ausländischer und westdeutscher Produkte.<br />
Derzeit ist die Wischeobst GmbH größte Produzentin von Obst und Gemüse (in<br />
1992 mit 450 ha Apfel, 20 ha Johannisbeeren, 20 ha Sauerkirschen, 110 ha Gemüse).<br />
1993 waren 70 ha Frischgemüse geplant. Würde ein Abnehmer gefunden werden,<br />
könnten zudem 80-100 ha Industriegemüse erzeugt werden. Die bisherigen<br />
Abnehmer haben die Konservierung eingestellt; die ortsansässige Konservenfabrik<br />
SEEKO hat ab 1990 auf die Herstellung tischfertiger Gerichte umgestellt.<br />
Derzeit ist in Wittenberge eine Fertiggerichteproduktionsfirma im Bau, welche Produkte<br />
aus der Region verarbeiten will, allerdings in aufgearbeiteter Form. Dies können<br />
die landwirtschaftlichen Betriebe allerdings oft nicht leisten. Bei Kartoffeln wäre<br />
eine Aufarbeitung wohl noch möglich, beim Gemüse nicht mehr.<br />
Zur Wischeobst GmbH gehört eine eigene moderne Fruchtsaftproduktion, in welcher<br />
u.a. klare und naturtrübe Apfelsäfte aus selbst angebauten Apfelbaumbeständen<br />
69 vergleiche F. Thomas (Protokoll einer Gesprächsrunde): Entwicklung von Schlachthofstrukturen und Verlagerung von Produktionsstandorten,<br />
in: Agrarbündnis 1994
143<br />
hergestellt werden. In Seehausen hat sich bei Beteiligung der Wischeobst GmbH die<br />
Erzeugerorganisation und Absatzgesellschaft mbH Obst und Gemüse "Altmark" zur<br />
Vermarktung von Frisch- und Industriegemüse gegründet. Das Gemüse wird auf den<br />
Großmärkten Hannover, Berlin und Hamburg vermarktet. Möglicherweise ist ein Zusammenwirken<br />
mit der Obst- und Gemüsevermarktung Sachsen-Anhalt GmbH in<br />
Löberitz angestrebt, welche eine dezentrale Organisationsstruktur der Erfassung auf<br />
Grundlage regionaler Erzeugergemeinschaften aufbauen will Peschke & Partner<br />
1992).<br />
2. Beispiel: Ludwigslust und umliegende Region<br />
Im Landkreis Ludwigslust existieren keine Molkereien. Die Milchlieferungen erfolgen<br />
hauptsächlich nach Schwerin (115 Mio kg/ Jahr) und nach Karstädt (Brandenburg).<br />
Ein Zweigwerk von Danone befindet sich in Hagenow. In Udahl bei Grevesmühlen<br />
ist eine neue Molkerei ("größte Europas") - möglicherweise von Hansano - geplant.<br />
70<br />
Die Landfleisch GmbH, der Zusammenschluß von landwirtschaftlichen Betrieben zu<br />
einer Gesellschaft, hat bis 1993 bis zu 40001/ Jahr selbst geschlachtet. Der Betrieb<br />
ist derzeit eingestellt; es ist nicht genau bekannt, wie es weitergeht. Zentrale<br />
Schlachthöfe sind u.a. geplant in Neustrelitz, Teterow und Anklam, also in größerer<br />
Entfernung zu dieser Region<br />
In Hagenow befindet sich ein Kartoffelveredelungswerk mit einer jährlichen Kapazität<br />
von 5000 t/Jahr. Ein Kartoffelschälbetrieb existiert in Göhlen.<br />
Die Eidekonservenfabrik in Parchim mit einer jährlichen Verarbeitungskapazität in<br />
1992 von 10.000 t/Jahr ist in Konkursgefahr. 71<br />
3. Beispiel: Perleberg und umliegende Region<br />
Im Landkreis Perleberg besteht derzeit noch eine alteingesessene Molkereigenossenschaft<br />
in Karstädt. Hier findet allerdings keine weitere Veredelung mehr statt,<br />
wiewohl generell die Zukunft dieses Unternehmens ungewiß ist, da es durch Preisüberbietungen<br />
größerer Molkereikonzerne auskonkurriert wird.<br />
In Dallmin existiert eine Stärkefabrik unter belgischer Leitung. Hier erfolgt eine Verarbeitung<br />
von ca. 250.000 t Kartoffeln/ Jahr. Diese hohe Kapazität kann aus der<br />
Region nicht abgedeckt, weswegen dort zusätzlich eine Verarbeitung von Kartoffeln<br />
aus dem niedersächsischen Raum erfolgt. Derzeit kaufen niedersächsische Bauern<br />
Anteile der Stärkefabrik. Gleichzeitig wird der Einsatz von Quoten in der Stärkeproduktion<br />
diskutiert.<br />
Die Ölmühle in Wittenberg ist geschlossen. Im Gespräch war zunächst eine neue<br />
Ölmühle am alten Standort; allerdings steht eine politische Leitlinie noch aus.<br />
Fast wäre eine Geflügelschlachthof in die Region gekommen; jetzt hat er allerdings<br />
seinen Standort in der Nähe der Autobahn. 72<br />
Grundsätzlich ist die Landwirtschaft des Untersuchungsgebietes im Bereich der<br />
neuen Bundesländer angesichts der Absatzschwierigkeiten und mangelnden Kapazitätsauslastung<br />
der neuen, unter zentraler Regie meist westdeutscher Konzerne<br />
stehenden vergrößerten Weiterverarbeitungsbetriebe in der Situation, sich auf den<br />
70<br />
71<br />
72<br />
mündl. Mittig. Herr Steffen, Nationalparkamt Mecklenburg-Vorpommern, Außenstelle Elbetal, 31.3.1994<br />
mündl. Mittig. Herr Eggert, Kreisbauernverband Ludwigslust, 7.4.1994<br />
mündl. Mittig. Landwirtschaftsamt Perleberg, 7.4.1994
144<br />
pazitätsauslastung der neuen, unter zentraler Regie meist westdeutscher Konzerne<br />
stehenden vergrößerten Weiterverarbeitungsbetriebe in der Situation, sich auf den<br />
übersättigten Märkten durchsetzen zu müssen. Letztlich können allerdings nur die<br />
Anbieter erfolgreich werden, die sich mit ihrer Produktion strategische Wettbewerbsvorteile<br />
sichern. Solche Vorteile bestehen in hoher Qualität und gesundheitlicher<br />
Unbedenklichkeit der Lebensmittel und dies auch bei Angebot großer einheitlicher<br />
Partien, wie sie die großen landwirtschaftlichen Betriebe produzieren. Für die<br />
Anbieter von Fleisch und Milchprodukte bedeutet das, Qualität durch definierte Produktionstechniken<br />
und organisatorische Maßnahmen gezielt zu erzeugen. Die Gewährleistung<br />
hoher Prozeßqualität setzt den vertikalen Verbund von den Erzeugern<br />
bis <strong>zum</strong> Vermarkter und Handel voraus.<br />
2.3.5 Situation des ökologischen Landbaus in der Untersuchungsregion<br />
Die Umweltvorteile des ökologischen Landbaus sind zwar deutlich, aber sein Anteil<br />
an der Landwirtschaft in Deutschland ist noch sehr gering, obwohl in den letzten<br />
Jahren ein deutliches Wachstum zu verzeichnen war. Abhängig von den zugrunde<br />
gelegten Kriterien werden 0,7% (Mitgliedsbetriebe der AGÖL 73 ) bis 1,5%<br />
(Anbaumethoden entsprechend der EG-VO 2092/91 über den ökologischen Landbau)<br />
der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet. Im Rahmen der Datenrecherche<br />
wurden die einzelnen Anbauverbände der AGÖL angeschrieben und<br />
um Informationen zu folgenden Fragestellungen gebeten:<br />
• Anzahl, Größe und Art (Betriebsform) der in den jeweiligen Anbauverbänden organisierten<br />
landwirtschaftlichen Betriebe in den Elbanrainerkreisen des betreffenden<br />
Bundeslandes,<br />
• Informationen über eventuell existierende regionale Vermarktungs- und Weiterverarbeitungsstrukturen.<br />
• Das Datenmaterial ist aus mehreren Gründen lückenhaft bzw. gibt nicht immer<br />
den derzeitigen und mit anderen Bundesländern vergleichbaren Stand wieder:<br />
• In offiziellen Berichten (z. B. Bundesagrarberichte, Landesagrarberichte) sind nur<br />
unzureichende Daten <strong>zum</strong> ökologischen Landbau zu finden. 74<br />
• Der Rücklauf der Anfragen war recht gering, was sicherlich damit zusammenhängt,<br />
daß sich die Recherche immer direkt auf die Elbanrainerkreise des Untersuchungsgebietes<br />
beschränkten und dort nicht immer Betriebe mit ökologischem<br />
Landbau vertreten waren. Außerdem wird die Verwaltung der Verbandsgeschäfte<br />
auf regionaler/ kommunaler Ebene oft in ehrenmatlicher Tätigkeit neben der eigenen<br />
Hofbewirtschaftung durchgeführt, so daß Anfragen auch aus personellen<br />
Engpässen oft nicht beantwortet werden können. Trotzdem müßte bei einer<br />
nachfolgenden Recherche an dieser Stelle noch einmal verstärkt bei den einzelnen<br />
Anbauverbänden nachgefragt werden.<br />
73 ArbeitsGemeinschaft Ökologischer Landbau (Mitgliedsverbände: demeter, Bioland, Biokreis e.V., Naturland, ANOG, ECO<br />
VIN, Gäa, ökosiegel)<br />
74 Der Agrarbericht der Bundesregierung umfaßt nur Flächen von Betrieben, welche Mitglieder in der Arbeitsgemeinschaft<br />
Ökologischer Landbau (AGÖL) sind. Die Zahl der ökologisch wirtschaftenden Betriebe ohne AGÖL-Mitgliedschaft, welche<br />
erheblich angewachsen sind, werden nicht mit erfaßt. Aus mehreren Gründen wird somit der Umfang des ökologischen<br />
Landbaus im Bericht der Bundesregierung unterbewertet. Gleichzeitig erfolgt keine Ausweisung der Zahl der Betriebe, welche<br />
bereits die Anerkennung als Ökolandbaubetrieb haben und denen, die sich in der Umstellungsphase befinden. Die<br />
grundsätzlich unterschiedlichen Einkommensverhältnisse aufgrund verschiedener Abschreibungsverluste kommen nicht<br />
<strong>zum</strong> Tragen, (s. hierzu: Uli Zerger (1994): Ökologischer Landbau im Agrarbericht der Bundesregierung; Anmerkungen, Kritik<br />
und Anregungen; in: Agrarbündnis e.V: .Landwirtschaft 1994 - Der kritische Agrarbericht (S. 209-213))
145<br />
a) Ökologischer Anbau<br />
Die nachfolgenden Informationen zur Situation der ökologisch produzierenden<br />
landwirtschaftlichen Betriebe umfassen den Stand derjenigen Betriebe, welche Mitglied<br />
sind in einem der in der AGÖL organisierten Anbauverbände. Sie geben somit<br />
noch nicht die Gesamtzahl aller Ökolandbau-Betriebe wieder. Sofern zusätzliche<br />
Daten recherchiert werden konnten, werden sie in die Darstellung mit aufgenommen.<br />
Tabelle 47: Mitgliedsbetriebe und Flächen der in der AGÖL zusammengeschlossenen<br />
Verbände in den betreffenden Bundesländern der<br />
Untersuchungsregion (Stand: 1.1.1994)<br />
Bundesland<br />
bewirtschaftete<br />
Fläche in ha<br />
in % von der Gesamtzahl<br />
Betriebe Fläche<br />
42 6.452 0,95 0,49<br />
Zahl der Betriebe<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
Brandenburg 97 13.360 1,58 1,04<br />
Sachsen-Anhalt 42 6.149 1,09 0,58<br />
Niedersachsen 400 15.890 0,45 0,59<br />
Gesamt neue Bundesländer<br />
256 36.495 0,95 0,69<br />
Gesamt alte Bundesländer<br />
4.685 125.234 0,78 1,06<br />
Gesamt Bundesgebiet 4.941 161.729 0,79 0,95<br />
Quelle: AGÖL (1994): Jahresbericht 1993<br />
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Zahl der Betriebe der jeweiligen<br />
Anbauverbände in den untersuchten Kreisgebieten. Diese Übersicht ist allerdings<br />
unvollständig, da sich nicht jeder Anbauverband auf unsere Anfrage geäußert<br />
hat.
146<br />
Tabelle 48: Zahl der in Anbauverbänden organisierten Betriebe und deren landwirtschaftliche<br />
Nutzflächen den Kreisgebieten<br />
Landkreis/ LK Hagenow LK Ludwigslusburg<br />
LK Prignitz LK Oster-<br />
LK Lüchow - LK Lüneburg<br />
Anbauverb.<br />
Dannenbg.<br />
Naturland* 1 (Ackerbau,<br />
596 ha)<br />
Bioland** 9<br />
demeter** 2<br />
Neuland** 1 1<br />
Arbeitsgemeinschaft<br />
für<br />
biologischdynamischen<br />
Landbau*<br />
Biopark* 49 (8.393<br />
ha; darunter<br />
8 jurist.<br />
Pers., 41<br />
Wiedereinrichterlnn<br />
en)<br />
Gäa<br />
* Stand 1994<br />
" Stand 1991<br />
2 (Milch und<br />
Getreide,<br />
120 ha bzw.<br />
Milch, Kartoffeln,<br />
Getreide,<br />
Gemüse,<br />
115<br />
ha)<br />
1 (im Bereich<br />
des<br />
Naturpark<br />
Elbtalaue,<br />
Gemeinde<br />
Lenzen)<br />
1 (300ha,<br />
s.u.)<br />
1 (Nähe<br />
Stendal,<br />
Obst und<br />
Gemüse, 37<br />
ha<br />
Mit Stand vom 30.11.1993 werden in der Broschüre "Ökohöfe in der Mark Brandenburg",<br />
herausgegeben von der Grünen Liga Landesverband Brandenburg e.V. 75 zusätzlich<br />
zu den o.g. Höfen in der Tabelle für die Region Prignitz noch 3 weitere Höfe<br />
genannt (100 ha, Getreide, Kartoffeln, Schafsmilch, Schafkäse, Honig, Hofkäserei im<br />
Bau; 0,5 ha als e.V. Gemüse-, Kräuter-, Blumenanbau; 300 ha Getreide, Gemüse,<br />
Fleisch, Wurst, Initiierung einer Erzeugergemeinschaft für ökologische Betriebe in<br />
der Prignitz mit u.a. Getreidereinigung und -aufbereitung)<br />
Mit Stand vom Juni 1994 vereinigt der Verein "Biobauern im Wendland e.V." unter<br />
seinem eigenen Warenzeichen "Wendland-Kooperative" ca. 18 Betriebe. Seit Oktober<br />
1991 existiert daneben die "Wendland-Kooperative GmbH", welche für 13 Betriebe<br />
der o.g. 18 die Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte betreibt. Diejenigen<br />
Landwirte, die nicht in der GmbH vertreten sind, haben bereits stabile direkte<br />
Vermarktungswege (z.B. Endverbraucherinnen oder Marktstände). 76<br />
b) Vermarktung<br />
Anbauverbände und Vermarktungsinitiativen, die uns Informationen zur Verfügung<br />
gestellt haben, sehen die Vermarktungsfrage gegenwärtig als zentrales Problem im<br />
ökologischen Landbau. So wäre die Weiterentwicklung der regionalen Vermarktungsstrukturen<br />
sowie der Gewinn von weiteren Verbraucherinnen für ökologisch erzeugte<br />
Produkte eine Voraussetzung für eine sinnvolle Ausweitung des Anbaus. 77<br />
75 Grüne Liga Landesverband Brandenburg e.V. (1983): Ökohöfe in der Mark Brandenburg; Grüne Liga, Hegelaliee 6-10,<br />
14467 Potsdam<br />
76 mündl. Mittig. Wendland-Kooperative, Lüchow vom 9.6.1994<br />
77 schriftl. Mittig. der Arbeitsgemeinschaft für biologisch-dynamischen Landbau, Versuchs- und Beratungsring Berlin-<br />
Brandenburg e.V. vom 12.4.1994; mündl. Mittig. Herr Schwäre, Frau Wiegold, BÖL Vermarktungsprojekt zur Erarbeitung
147<br />
Dies scheint allerdings regional durchaus unterschiedlich zu sein, denn teilweise<br />
bestehen auch Vermarktungsstrukturen und -angebote, die mangels Betriebe derzeit<br />
nur ungenügend bedient werden können. 78 Ein weiteres Problem besteht in der Anforderung<br />
auf Vorverarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte, bevor sie in den<br />
Handel oder die Gastronomie kommen, was derzeit aufgrund fehlender Strukturen<br />
nicht genügend angeboten werden kann.<br />
Es bestehen allerdings bereits verschiedenste Ansätze zur Organisation von Weiterverarbeitung<br />
und Vermarktung von Produkten aus biologischem Anbau in der<br />
Untersuchungsregion. Ihre Darstellung erfolgt an dieser Stelle beispielhaft; sicherlich<br />
existieren weitere Initiativen bzw. befinden sich derzeit in Gründung.<br />
Ein Beispiel für eine Initiative auf Verbandsebene sind die seit den 90er Jahren bestehenden<br />
Marktgemeinschaften des Anbauverbandes Naturland, die regional bezogen<br />
die Erzeugnisse der Mitglieder über die Direktvermarktung und Eigeninitiative<br />
hinaus an den Naturkosthandel und -Verarbeitung vermarktet. Hier liegen die<br />
Schwerpunkte in:<br />
• Erfassung von zahlreichen Einzelpartien zu größeren, nach einheitlichen Kriterien<br />
sortierten Gesamtmengen,<br />
• Koordinierung des Vertragsanbaus für größere Verarbeiter und Vermarkter,<br />
• Steuerung des Anbaus in Zusammenarbeit mit der Fachberatung des Verbandes,<br />
• Vermittlung von Kontakten zwischen Verarbeitern und Vermarktern,<br />
• Vermittlung von Futterware und Saatgut und anderen Serviceleistungen an die<br />
Landwirte.<br />
Als regionale Initiative haben sich in Brandenburg Biobauern, Händler, Verarbeiterlnnen<br />
und Verbraucherinnen <strong>zum</strong> "Märkischen Wirtschaftsverbund" zusammengeschlossen<br />
und die Aktion "FairHandeln" gestartet. Ziele sind u.a. :<br />
• der Aufbau eines regionalen, überschaubaren Marktes für Produkte, die nach den<br />
Richtlinien der Anbauverbände demeter, Bioland und Gäa produziert werden,<br />
• Verbesserung und Erweiterung der Produktpalette für ein attraktives Angebot,<br />
• Förderung der Kooperation zwischen Erzeugerinnen, Verarbeitung, Handel und<br />
Verbraucherinnen.<br />
In der Westprignitz in der Nähe von Havelberg entsteht auf Initiative eines Bio-<br />
Landwirtes eine Erzeugergemeinschaft für ökologische Betriebe in der Prignitz, die<br />
u.a. mit einer Getreidereinigung und -aufbereitung ausgestattet werden soll. Ein anderer<br />
Hof in der Prignitz ist dabei, eine Hofkäserei einzurichten.<br />
In der Region Lüchow-Dannenberg existiert neben der Wendland-Kooperative seit 4<br />
Jahren die Milch-Kooperative Wendland GmbH. Hier sind derzeit 7 Biolandbetriebe<br />
Mitglied, die pro Jahr 1,5 Mio. Liter anliefern. Die Verarbeitung der Milch läuft in Kooperation<br />
mit der Molkerei in Lüchow. Im Auftrag der Milch-Kooperative sammelt die<br />
Molkerei die Milch getrennt von der konventionellen Milch ein und verarbeitet sie<br />
u.a. weiter zu Crème fraiche, Sahne und Quark aus kontrolliert biologischem Anbau.<br />
und Umsetzung von Konzepten zur Vermarktung ökologisch erzeugter landwirtschaftlicher Produkte aus den neuen Bundesländern,<br />
Oranienburg-Eden vom 31.3.1994<br />
78 schriftl. Mittig. Naturland Nordrhein-Westfalen Landesverband für naturgemäßen Landbau (hier für Sachsen-Anhalt) vom<br />
6.4.1994, mündl. Mittig. BÖL Vermarktungsprojekt vom 31.3.1994
148<br />
Für die Vermarktung ist die Wendland-Kooperative zuständig. Die Hauptabnehmer<br />
der Milch und Milchprodukte sind die Wendland-Kooperative und ein Großabnehmer<br />
in Hamburg. Der größte Teil der Milch wird im ökologischen Bereich vermarktet; der<br />
Rest kommt auf den konventionellen Markt. 79<br />
2.3.6 Ansatzpunkte für eine extensive und umweltgerechte Landwirtschaft im<br />
Rahmen der EG-Agrarpolitik in der Untersuchungsregion<br />
Im Rahmen der EG-Agrarreform wurden sogenannte flankierende Maßnahmen erlassen,<br />
die es u.a. ermöglichen, eine extensivere (in Bezug auf Stoffeinsatz) Landwirtschaft<br />
zu fördern. Die Fördermöglichkeiten und Kriterien werden in der<br />
"Verordnung (EWG) Nr. 2078/92 des Rates vom 30. Juni 1992 für umweltgerechte<br />
und den natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahren"<br />
geregelt. Die einzelnen Staaten und ihre Länder/Provinzen sind gehalten, diese<br />
Regelungen in Länderprogramme zu übernehmen, an denen sich jeder landwirtschaftliche<br />
Betrieb beteiligen kann. Die EG übernimmt 50% der Fördermittel (in besonders<br />
benachteiligten Gebieten 75%; hierzu zählen die Bundesländer Brandenburg,<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen). Die<br />
Programme müssen hierfür der EG zur Prüfung vorgelegt werden. Folgende Maßnahmen<br />
können über die Verordnung durch die EG teilgefördert werden:<br />
• Produktionsverfahren, die die umweltschädlichen Auswirkungen der Landwirtschaft<br />
verringern<br />
• Extensivierung von Pflanzen- und Tierproduktion (auch Umwandlung von Ackerflächen<br />
in extensives Grünland)<br />
• Aufrechterhaltung der Landwirtschaft auf Flächen, die brach zu fallen drohen<br />
• Pflege von brachgefallenen Flächen aus Gründen des Umwelt- und Naturschutzes<br />
• 20-jährige Stillegung von Flächen, die aus Gründen des Umwelt- und naturschutzes<br />
nicht weiter bewirtschaftet werden sollten<br />
• Qualifizierung von Landwirten in umweltfreundlichen Produktionsverfahren<br />
In Deutschland ist die Umsetzung der Verordnung über zwei Wege erfolgt bzw.<br />
möglich:<br />
1. Förderung über die Gemeinschaftsaufgabe (GA) "Verbesserung der Agrarstruktur<br />
und des Küstenschutzes":<br />
• extensiver Ackerbau<br />
• extensive Grünlandnutzung<br />
• ökologische Anbauverfahren (ob diese Maßnahme über die GA gefördert wird, ist<br />
vom Bund noch nicht entgültig entschieden)<br />
• Umwandlung von Ackerflächen in extensives Grünland. Der Förderungsschlüssel<br />
ist hierfür 50% (75%) EG, 30% (15%) Bund und 20% (10%) Bundesland<br />
(Angaben in Klammern gelten für die neuen Bundesländer).<br />
79 mündl. Mittig. Milch-Kooperative GmbH Lüchow vom 30.5.1994
149<br />
2. Förderung über Programme der einzelnen Bundesländer<br />
Für Maßnahmen der VO 2078/92, die nicht über die GA gefördert werden, können<br />
die einzelnen Bundesländer gebietsspezifische Programme erarbeiten, die ebenfalls<br />
bei entsprechender Prüfung von der EG kofinanziert werden (50% bzw. 75%). Im<br />
August 1993 waren folgende Programme der im Untersuchungsgebiet liegenden<br />
Bundesländer bei der EG angemeldet 80 :<br />
• Brandenburg: "Kulturlandschaftsprogramm des Landes Brandenburg"<br />
• Mecklenburg-Vorpommern: Entwurf bisher ohne Namen; es gibt ein Grünland-<br />
Extensivierungs-Programm<br />
• Niedersachsen: "Programme zur Förderung umweltverträglicher Produktionsverfahren<br />
- Gesamtkonzept zur Umsetzung der VO (EWG) 2078/92 in Niedersachsen"<br />
• Sachsen: "Umweltgerechte Landwirtschaft im Freistaat Sachsen"<br />
• Sachsen-Anhalt: "Gesamtkonzept zur Umsetzung der flankierenden Maßnahmen<br />
der EG-Agrarreform in Sachsen-Anhalt"<br />
Die Landesprogramme bündeln <strong>zum</strong> Teil schon bestehende Programme der Länder<br />
zur Förderung spezieller Naturschutzanforderungen, wie Streuobstwiesen, Feuchtwiesenprograme,<br />
Biotop- und Naturschutzprograme, etc. Die Förderbeträge sind im<br />
allgemeinen gestaffelt nach einer Grundförderung für eine allgemeine Extensivierung<br />
der Produktion und einer Zusatzförderung für spezielle Bewirtschaftung aus<br />
Naturschutzgründen. Mit der Bündelung bereits bestehender Programme gehen die<br />
entsprechenden finanziellen Mittel nicht immer mit einer Addition zusätzlicher EG-<br />
Mittel einher. Zum Teil ist die beantragte Geldmenge für die Umsetzung der EG-<br />
Verordnung nur unwesentlich höher als die frühere Summe aller Naturschutzprogramme<br />
des jeweiligen Bundeslandes.<br />
Da die Förderprogramme nur einen Einkommensverlust ausgleichen sollen, stellen<br />
sie noch keinen finanziellen Anreiz zur Extensivierung dar. Dieses wird von Naturschutzseite<br />
kritisiert (Weins 1994). Insbesondere trifft dies für den ökologischen<br />
Landbau zu. Die Fördersätze sind in Niedersachsen mit 300,- DM/ha für Acker- und<br />
Grünland und 1.400,- DM/ ha für Dauerkulturen niedrig angesetzt. Im ausgelaufenen<br />
Extensivierungsprogramm zur Umstellung auf den ökologischen Landbau wurden<br />
510,- DM/ha Ackerland, 360,- DM/ha sonstiger landwirtschaftlicher Fläche und<br />
1.416,- DM/ ha Dauerkulturen gezahlt. Die Reduzierung der Prämien wird damit begründet,<br />
daß der Anreiz gebremst werden soll, weil das Angebot an biologisch erzeugten<br />
Produkten die Nachfrage übersteigt 81 . Bei insgesamt sinkenden Erzeugerpreisen<br />
werden auch die Fördersätze tendenziell sinken, da sie nur die Verluste gegenüber<br />
den üblichen Marktpreisen ausgleichen sollen. Zudem sind Subventionen<br />
und Fördermittel immer von der Haushaltslage und politischen Entscheidungen abhängig.<br />
Schon jetzt fällt der geringe Förderrahmen im Zusammenhang mit der EG-<br />
VO 2078/92 auf. So ist für die extensive Grünlandnutzung in Niedersachsen ein Finanzrahmen<br />
von 6,5 Mllionen DM pro Jahr vorgesehen (ebenda). Bei einer Ge-<br />
80 Weins, Christof: Die ökologischen Begleitmaßnahmen der Landwirtschaft; in: Agrarbündnis e.V.: Landwirtschaft 94 - Der<br />
kritische Agrarbericht (S. 209-213)<br />
81 Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (1993): Gesamtkonzept zur Umsetzung der EG-<br />
VO 2078/92 in Niedersachsen, Entwurf vom 29.10.1993
150<br />
samtgrünlandfläche von 955.156 ha können 21.000 ha oder 2,2 % der Grünlandfläche<br />
mit 300,- DM/ ha bei Extensivierung gefördert werden. Diese Fläche entspricht<br />
in der Größenordnung dem Grünlandanteil im niedersächsischen Bereich des geplanten<br />
Großschutzgebietes Elbtalaue (Gesamtfläche Niedersachsens im Großschutzgebiet:<br />
52.670 ha; Grünlandanteil ca. 35 %: 18.434 ha). Da die Fördermittel<br />
für Gesamt-Niedersachsen zur Verfügung stehen sollen, werden sie nur <strong>zum</strong> Teil in<br />
das Untersuchungsgebiet fließen. Die Fördermittel für den ökologischen Landbau<br />
entsprechen 9.600 ha (= 0,3% der landwirtschaftlichen Nutzfläche) und für das<br />
Grünlandschutzprogramm des niedersächsischen Ministeriums für Umwelt und den<br />
Vertragsnaturschutz zusammen ca. 30.000 ha (=1,1 % der landwirtschaftlichen<br />
Nutzfläche oder 3,1 % des Grünlandes). Diese Zahlenbeispiele zeigen eindrücklich,<br />
daß nur ein geringer Anteil der Landwirtschaftsfläche über die derzeit zur Verfügung<br />
stehenden bzw. geplanten Fördermittel extensiviert wird.<br />
Weiterhin ist zu bemängeln, daß die EG-Verordnung nur für Marktfrüchte und Tiere<br />
gilt, für die Marktordnungen bestehen. Intensive Schweine- oder Geflügelmast kann<br />
also z.B. nicht über Fördermittel extensiviert werden. Auch investive Maßnahmen,<br />
die zu einer umweltgerechten Landwirtschaft beitragen können (z.B. Umstellung auf<br />
artgerechte und umweltschonende Tierhaltung), sind nicht förderfähig. Im Sinne einer<br />
Stärkung des ökologischen Landbaus und der regionalen Einbindung der Landwirtschaft<br />
ist auch die Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen<br />
zu fördern. Diese Maßnahmen berücksichtigt die VO 2078/92 nicht. Sie ist somit nur<br />
eine Starthilfe, die noch keine langfristige betriebsökonomische Umstellungsperspektive<br />
bietet 82 . Aufgrund der begrenzten Laufzeit der Förderprogramme von nur<br />
fünf Jahren, ist die ökonomische Basis der Betriebe insbesondere nach der Förderdauer<br />
gefährdet, da sie dann ihre Mehrkosten voll über höhere Erzeugerpreise dekken<br />
müssen. Wenn aber die Verbrauchernachfrage nicht im ausreichenden Maße<br />
steigt, wie es zur Zeit schon der Fall ist, sinken durch das große Angebot die Preise.<br />
Eine gezielte Förderung der Vermarktung ökologisch angebauter Produkte wäre also<br />
dringend notwendig. Die EG-VO 2078/92 und ihre Umsetzung auf Länderebene<br />
stellt hierfür keine finanziellen Mittel bereit.<br />
Diese Lücke zwischen dem Anreiz zur Umstellung auf Ökologische Landwirtschaft<br />
durch die EG-VO 2078/92 und dem Absatz ökologisch produzierter Lebensmittel auf<br />
einem z. Zt. begrenzten Markt kann durch regionale Vermarktungsinitiativen aufgefangen<br />
werden. Die Gefahr, daß sonst im ökologischen Landbau ein ähnlicher Rationalisierungsdruck<br />
mit der Tendenz zu Großstrukturen einsetzt wie in der konventionellen<br />
Landwirtschaft ist sonst sehr groß. Dadurch wären besonders kleinere Höfe<br />
in benachteiligten Lagen, wie z.B. in großen Teilen des Untersuchungsgebietes, in<br />
ihrer Existenz gefährdet.<br />
Insgesamt erweckt das Programm auf den ersten Blick den Eindruck, daß von der<br />
EG-Ebene aus die landwirtschaftliche Produktion generell in eine für die Umwelt<br />
verträgliche Richtung geschoben würde. Die Frage nach dem Finanzierungsmodus<br />
macht allerdings deutlich, daß nicht über landwirtschaftliche Produktion und Versorgung<br />
mit ökologisch hergestellten Produkten geredet wird, sondern über Ausnahmefälle.<br />
Das Problem der Weiterverarbeitung und Vermarktung findet in dem EG-<br />
Programm keine Berücksichtigung und wird damit zur Makulatur.<br />
50<br />
Andrea Fink-Keßler: Förderung umweltgerechter Landwirtschaft - Möglichkeiten und Grenzen der "Verordnung (EG) Nr.<br />
2078/92 des Rates für umweltgerechte und natürlichen Lebensraum schützende landwirtschaftliche Produktionsverfahrerf'Agrarbündnis<br />
e.V: Landwirtschaft 1994- Der kritische Agrarbericht
151<br />
2.4 Zusammenfassung: Stärken-Schwächen-Profil zur Bewertung des landwirtschaftlichen<br />
Potentials in der Untersuchungsregion<br />
Als Zusammenfassung der oben ausführlich dargestellten Ergebnisse dient das<br />
nachfolgende Stärken-Schwächen-Profil, welche sich in allgemeiner Form orientiert<br />
an den Faktoren:<br />
• Naturräumliche Gegebenheiten,<br />
• Agrarpol ¡tische Ausgangsbedingungen,<br />
• Agrarstrukturen Gegebenheiten,<br />
• Arbeitsmarktpolitische Gegebenheiten,<br />
• Betriebsformen und landwirtschaftliche Nutzfläche,<br />
• Angegliederte Industriezweige.<br />
Das Profil ist gleichzeitig die Ausgangsmatrix für anschließende konzeptionelle<br />
Überlegungen.<br />
Tabelle 49: Stärken-Schwächen-Profil zur Bewertung des landwirtschaftlichen Potentials<br />
in der Region "Elbtalaue"<br />
Faktoren Stärken Schwächen<br />
Naturräumliche<br />
Gegebenheiten<br />
Agrarpolitische<br />
Ausgangsbedingungen<br />
z.T. große zusammenhängende<br />
Grünlandniederungen<br />
eingestreut z.T. fruchtbare Akkerböden<br />
Sedimentanreicherung durch<br />
periodische Überschwemmungen<br />
der Uferregionen<br />
kleinstrukturierte Landschaft mit<br />
hohem Wert für floristische und<br />
faunistische Artenvielfalt<br />
Extensivierungsprogramme des Bundes<br />
und der Länder<br />
EG-Förderprogramm für eine umweltgerechte<br />
Landwirtschaft (VO EG NR.<br />
2078/92)<br />
zeitweilig erschwerte Nutzungsbedingungen<br />
durch Überschwemmungen<br />
und Qualmwässer<br />
sandige Böden mit geringem<br />
Wasserhaltevermögen und geringem<br />
Nährstoffgehalt<br />
historisch bedingte unterschiedliche<br />
Agrarstrukturen westlich und östlich der<br />
Elbe<br />
allmählicher Verlust vieler neueingerichteter<br />
Klein -und Mittelbetriebe und<br />
verschuldeter ehemaliger LPG'en auf<br />
dem Gebiet der neuen Bundesländer<br />
durch die "Anpassung" an die westdeutsche<br />
bzw. EG-Agrarpolitik<br />
Vermarktung und Weiterverarbeitung<br />
von Produkten aus kontrolliert biologischem<br />
Anbau werden in den Extensivierungsprogrammen<br />
des Bundes und<br />
der EG nicht berücksichtigt
152<br />
Fortsetzung Tabelle 49<br />
Faktoren Stärken Schwächen<br />
Agrarstrukturelle<br />
Gegebenheiten<br />
Arbeitsmarkt politi<br />
sehe Gegebenheiten<br />
Betriebsformen<br />
und landwirtschaftliche<br />
Nutzfläche<br />
Angegliederte<br />
Industriezweige<br />
Steigende Zahl einzelunternehmerischer<br />
landwirtschaftlicher Betriebe<br />
durch LPG-Umwandlungen<br />
Gründungen von Gruppenbetrieben<br />
wiedereinrichtender Landwirte, Genossenschaften<br />
und Kapitalgesellschaften<br />
als Potential für neue Formen landwirtschaftlicher<br />
Betriebe<br />
Existenz von Kristallisationspunkten für<br />
einen verstärkten ökologischen Landbau<br />
z.B. Wendland-Kooperative, Milch-<br />
KooperativeWendland, Lpg'en mit bereits<br />
vor der Wende praktizierten Extensivierungsmaßnahmen<br />
Verstärkte Ansätze zur Produktion im<br />
biologischen Landbau auf dem Gebiet<br />
der neuen Bundesländer<br />
Organisation der biologisch wirtschaftenden<br />
Betriebe auf den Kreisgebieten<br />
der neuen Bundesländer in bestehenden<br />
Anbauverbänden und unabhängigen<br />
Initiativen (z.B. Biopark, Märkischer<br />
Wirtschaftsverband)<br />
insgesamt wenig monostrukturierte<br />
Betriebe (Haupteinkommen vorwiegend<br />
aus der Milchwirtschaft)<br />
hohe Grünlandanteile an der landwirtschaftlichen<br />
Nutzfläche im Bereich der<br />
Elbtalaue<br />
hoher Anteil von Flächen, die bereits<br />
aufgrund von Programmen extensiv<br />
bewirtschaftet werden<br />
Erleichterung von Extensivierungsbestrebungen<br />
in der Milchwirtschaft<br />
durch bereits bestehende niedrige<br />
Milchleistung<br />
derzeit noch bestehende Weiterverarbeitungsbetriebe<br />
in der Region<br />
im konventionellen wie auch im ökologischen<br />
Bereich<br />
mangelnde Konkurrenzfähigkeit der<br />
neueingerichteten Einzelbetriebe gegenüber<br />
den Kapitalgesellschaften<br />
(geringere Betriebsfläche, Produktionskapital<br />
und Produktionsfaktoren)<br />
mangelnde Förderung von Großbetrieben<br />
(juristische Personen) hinsichtlich<br />
ihrer spezifischen arbeitsorganisatorischen<br />
Form<br />
hoher Anteil von Nebenerwerbsbetrieben<br />
bei den Einzelbetrieben<br />
in den Kreisen der neuen Bundesländer<br />
(hoher Konkurrenzdruck aufgrund<br />
marktwirtschaftlicher Bedingungen)<br />
kontinuierlicher Anstieg der Arbeitslosigkeit<br />
im landwirtschaftlichen Bereich<br />
Besonders hoher Anteil weiblicher Personen<br />
an der Arbeitslosenzahl in der<br />
Landwirtschaft<br />
kontinuierlicher Rückgang der Viehbestände<br />
auf dem Gebiet der neuen Bundesländer<br />
hoher Anteil von zusätzlich zugepachteten<br />
und geleasten Flächen<br />
außerhalb der Elbregionen bei den<br />
Landwirten auf niedersächsischem<br />
Gebiet<br />
hohe Pachtquoten mit kurzen Laufzeiten<br />
auf dem Gebiet der neuen Bundesländer<br />
Übernahme vieler Betriebe der Weiterverarbeitung<br />
auf dem Gebiet der neuen<br />
Bundesländer von westdeutschen Konzernen<br />
Neubau großdimensionierter Weiterverarbeitungsstätten<br />
auf dem Gebiet<br />
der neuen Bundesländer, deren Kapazität<br />
von der regionalen Produktion nicht<br />
ausgefüllt werden<br />
Schließung zahlreicher kleinerer Weiterverarbeitungsanlagen<br />
aufgrund hoher<br />
technischer und hygienischer Auflagen<br />
aus EG-Verordnungen
153<br />
2.5 Entwicklungsperspektiven in der Landwirtschaft<br />
Im folgenden soll das in Kapitel C-2 skizzierte Leitbild konkretisiert werden. Bestehende<br />
Anknüpfungspunkte und Entwicklungspotentiale werden aufgezeigt und für<br />
einige Produktbeispiele modellhaft ausgeführt. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der<br />
vertikalen Integration der Produktlinien in der Region. Hierdurch können regionale<br />
Beschäftigungseffekte entstehen, die über den landwirtschaftlichen Primärsektor<br />
hinausgehen und so zu einer ökologischen und ökonomischen Perspektive beitragen<br />
können.<br />
Die konzeptionellen Vorschläge können im Untersuchungsrahmen nur exemplarisch<br />
entwickelt werden. Die Umsetzung hängt neben den ökonomischen Rahmenbedingungen,<br />
die aufgrund der Datenlage und des begrenzten Untersuchungszeitraumes<br />
nicht auf einzelbetrieblicher Basis dargestellt werden konnten, in besonderer Weise<br />
von den vor Ort existierenden Akteuren ab. Entscheidend ist, das sich anbietende<br />
Entwicklungsmöglichkeiten genutzt werden und in einem Kommunikationsprozeß<br />
alle Beteiligten innovativ zusammenarbeiten, um die Chance für eine Modellregion<br />
Elbtalaue auszuschöpfen.<br />
2.5.1 Zum Verhältnis von Naturschutz und Landwirtschaft<br />
Die Interessensansprüche an die Region im Zusammenhang mit ihrer Bewirtschaftung<br />
sind vielfältiger, oft gegensätzlicher Natur. Im Zusammenhang mit den Problemen<br />
des Natur- und Umweltschutzes sind allgemein die Felder Recht, Verwaltung,<br />
regionale Vorgaben, wirtschaftliche Nutzung und praktischer Naturschutz zu nennen.<br />
Hier existieren verschiedene Konfliktpotentiale innerhalb einer Region.<br />
Die Auswirkungen der derzeitigen Agrarpolitik (Hofaufgabe, Flächenfreisetzungen,<br />
u.a.) drängen Landkreise und Kommunen <strong>zum</strong> Handeln. Innerhalb der Verwaltungen<br />
bestehen allerdings sich gegenseitig beeinflussende Interessen an Freiflächen. Die<br />
Umweltämter und Naturschutzbehörden sehen die Möglichkeit, den Anteil geschützter<br />
Flächen zu steigern, während Planungsämter und Wirtschaftsförderung Flächenreserven<br />
für Gewerbeansiedlungen und Infrastrukturmaßnahmen bereithalten wollen.<br />
Die Eigentumsverhältnisse spielen in beiden Fällen eine untergeordnete Rolle.<br />
Landwirtschaft als solche erhält in den Kommunen oft nur dort Unterstützung, wo sie<br />
den Zielen der Stadt dient, nämlich im Naturschutz- und Naherholungsbereich. Hier<br />
wird dann auch das Spannungsfeld zwischen Landwirtschaft und Landschaftspflege<br />
offensichtlich. Letztere ist nicht auf Produktion bezogen sondern auf die Umsetzung<br />
von Landschaftsplänen, u.ä. So wird in vielen Programmen von Kommunen und<br />
Kreisen eine Förderung der Landwirtschaft immer in Kombination mit einer<br />
"ökologisch ausgerichteten Dienstleistung" gewährleistet (Thomas 1993). Die Versorgung<br />
mit landwirtschaftlichen Produkten aus der Region und der Erhalt von Arbeitsplätzen<br />
in der Landwirtschaft stehen bei kommunalen und regionalen Aktivitäten<br />
meist hinten an.<br />
Positive kommunale Handlungsansätze im Hinblick auf eine auf Qualitätsproduktion<br />
ausgerichtete Landwirtschaft müßten neben Aktivitäten der Naturschutzverwaltungen<br />
dann auch aus dem Bereich der Wirtschaftsförderung kommen. Voraussetzung<br />
dafür wäre die Anerkennung der Landwirtschaft als eigenständiger Wirtschaftsfaktor<br />
in der Kommune und der Grundsatz zur Förderung einer Versorgung der besiedelten<br />
Bereiche u.a auch aus der regionalen landwirtschaftlichen Produktion. Positive Beispiele<br />
in dieser Hinsicht finden sich bereits in der Praxis. So wurde beispielsweise<br />
im Landkreis Wetterau nördlich von Frankfurt der Verein für eigenständige Regiona-
154<br />
lentwicklung (VER) vom Landkreis beauftragt, neue Initiativen in der Region zu aktivieren<br />
und zu beraten. Ziele sind die Verbesserung der Wirtschaftskraft, die Schaffung<br />
von Arbeitsplätzen in der Region und die Stärkung des regionalen Bewußtseins<br />
(Thomas 1993). Vom Kreis wird hauptsächlich nur der VER finanziert. Über dessen<br />
Organisations-, Koordinations- und Beratungsarbeit ist es wiederum vielen Betrieben<br />
möglich, vorhandene Landesmittel in Anspruch zu nehmen.<br />
Auch im Bereich der Elbtalaue wären solche kommunalen Aktivitäten möglich; die<br />
Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Lenzen (GWL) bspw. bietet hierfür viele Ansätze.<br />
Weiter unten werden einige Handlungsfelder als Ansatzpunkte für die regionale<br />
landwirtschaftliche Entwicklung näher beschrieben. Die Konzentration liegt<br />
hierbei auf den Bereichen Rindfleisch, Milch und Gemüse, Kartoffeln, Obst.<br />
Ein weiteres Konfliktfeld besteht zwischen Landwirtschaft und Naturschutz hinsichtlich<br />
der Landschaftsnutzung. Der Naturschutz ist meist um die Identifizierung und<br />
Erhaltung typischer historisch entwickelter Nutzungsformen und den Schutz von<br />
Kulturlandschaften bemüht. Der Begriff "Kulturlandschaft" findet allerdings immer<br />
noch viel zu wenig Berücksichtigung in der naturschutzpolitischen Diskussion, weshalb<br />
nach wie vor auf Begriffe und Einstufungen wie "Landschaftsschutzgebiet",<br />
"Naturschutzgebiet", "Nationalparke" u.a. mit ihren unterschiedlichen rechtlichen<br />
Auflagen und Bestimmungen zurückgegriffen wird. Wenn die spezifischen kulturräumlichen<br />
Gegebenheiten Ausgangspunkte jeglicher naturschutzpolitischer und<br />
damit u.a. auch regionalentwicklungspolitischer Diskussionen wären, dann erübrigt<br />
sich auch weitgehend das o.g. naturschutzrechtliche Begriffsinstrumentarium. Der<br />
bisher nur in den neuen Bundesländern rechtlich eingeführte Begriff<br />
"Biosphärenreservat" soll den Menschen und seine die Kulturlandschaft prägende<br />
Wirtschaftsweise ausdrücklich als Schutzziel mitberücksichtigen. Hier ist also eine<br />
sinnvolle Erweiterung erfolgt. Das bedeutet aber gleichzeitig, daß die sich wandelnde<br />
Schutzideologie (Natur-Kultur) zwangsläufig in Konflikt gerät mit den etablierten<br />
ordnungsrechtlichen Instrumentarien im Naturschutzrecht (s.o.). Letztere sind wenig<br />
wirkungsvoll im Hinblick auf die zukünftige Weiterentwicklung der gesamten Region,<br />
da sie statt eines dynamischen Prozesses in der Entwicklung eher auf die Überwachung<br />
eines Status Quo abzielen und wenig Spielraum für Entwicklungen zulassen<br />
(reaktive - proaktive Naturschutzpolitik). Gleichzeitig gerät diese Vorgehensweise<br />
zunehmend an ihre Organisations- und Effektivitätsgrenzen, u.a. durch:<br />
• rechtliche Defizite (z.B. werden "Bioshärenreservat" oder "ökologische Landwirtschaft"<br />
als proaktive Naturschutzinstrumente im Bundesnaturschutzgesetz nicht<br />
berücksichtigt),<br />
• Vollzugsdefizite im Rahmen der Überwachungspflicht der Umweltverwaltungen<br />
(Kapazitäten),<br />
• unzureichende "Ausgleichsmaßnahmen", da Ausgleichszahlungen keine direkte<br />
Wertschöpfung, sondern lediglich die Umverteilung von mehr oder weniger vorhandenen<br />
finanziellen Mitteln aus anderen Ressorts beinhalten (s. u.a. Umsetzung<br />
der VO EG 2078/92 zur umweltverträglichen Landwirtschaft in einzelnen<br />
Bundesländern),<br />
• mangelnde Einsicht und gegenseitiges Verständnis der jeweiligen Interessensgruppen<br />
in der Region.<br />
Im Prinzip werden letztlich nicht bestimmte Leistungen belohnt, sondern Nicht-<br />
Leistungen ausgeglichen (siehe z. B. Flächenstillegung).
155<br />
Im Gegensatz dazu sollte ein "landschaftsökologisches Qualitätsmanagement" auf 2<br />
Ebenen erfolgen:<br />
Abbildung 15: Landschaftsökologisches Qualitätsmanagement<br />
Ebene<br />
Aufgaben<br />
Naturraum Identifizierung und Bewertung von Anforderungen an das<br />
Naturraumpotential im Zusammenhang mit Nutzungsansprüchen<br />
Landschaftsnutzung Identifizierung, Moderation und Abstimmung der Nutzungsinteressen<br />
der einzelnen Akteursgruppen hinsichtlich landschaftsökologischer<br />
Nutzungspotentiale im Sinne einer<br />
nachhaltigen Bewirtschaftung<br />
Welche Konsequenzen können nun aus diesen Annahmen für die Region des Großschutzgebietes<br />
"Elbtalaue" abgeleitet werden?<br />
Ausgangsvoraussetzungen für die Akzeptanz und das Gelingen eines Großschutzgebietes<br />
sind neben der positiven Entwicklung des Naturraums gleichzeitig die Stärkung<br />
wirtschaftlicher Perspektiven in der Region.<br />
Neben einer naturraumverträglichen Form des Tourismus, welcher im Gegensatz zu<br />
den naturraumunverträglichen, "schneller" gewinnbringenden touristischen Projekten,<br />
wie z.B. Aquaparke auf eine langfristige Entwicklung setzt, muß eine Wertschöpfung<br />
aus den wirtschaftlichen Potentialen der Region selbst ermöglicht werden.<br />
Hier sind als Möglichkeiten die Unterstützung einer extensiven landwirtschaftlichen<br />
Entwicklung sowie eines ökologisch ausgerichteten Handwerks zu nennen.<br />
Extensivierung der Landwirtschaft<br />
Die Landwirtschaft hat im gesamten Elbegebiet standortbedingte Nachteile und kann<br />
deshalb schwer mit der derzeitigen Entwicklung im EG-Agrarbereich mithalten (s.o.),<br />
da eine intensive Landwirtschaft aufgrund der leichten Böden und der häufigen<br />
Überschwemmungen schnell an ihre Grenzen stößt. Gleichzeitig stellt sie aus ökologischen<br />
Gründen keine sinnvolle Perspektive für die Region dar. Als Alternative im<br />
Sinne einer nachhaltigen Wirtschaftsweise bietet sich der ökologischen Landbau an.<br />
Hierbei wird der gesamte Betrieb im Hinblick auf den Produktionsmitteleinsatz extensiviert<br />
im Gegensatz zu einzelflächenbezogenen Extensivierungen durch Naturschutz-<br />
und EG-Programme. Ausgleichszahlungen für naturschutzgerechte Landwirtschaft<br />
- als Übergangslösung im Hinblick auf eine ökologische Landwirtschaft<br />
eine gute Überbrückungshilfe, aber mit langfristig begrenzten Entwicklungschancen<br />
(s.o.) - bzw. Landschaftspflege sollten auf besonders schützenswerte Kernzonen<br />
beschränkt bleiben, da ansonsten wegen der Reglementierungen (statisches<br />
Schutzziel, s.o.) am Nachhaltigkeitsprinzip orientierte Entwicklungsmöglichkeiten<br />
behindert werden. Dort, wo eine landwirtschaftliche Nutzung durch naturräumliche<br />
Gegebenheiten nicht oder nur schwer möglich ist (Aue-, Überschwemmungsbereiche),<br />
kann die Landschaftspflege im Zusammenhang mit einer Abstimmung über die<br />
zukünftige Gestaltung des Gebietes sinnvolle Möglichkeiten bieten. Im Hinblick auf<br />
zahlreiche Bestrebungen in Richtung einer extensiven Landwirtschaft in der Untersuchungsregion<br />
sollte grundsätzlich die ökologische Bewirtschaftung den Aktivitäten<br />
der Landschaftspflege vorgezogen werden. Eine Extensivierung bei gleichbleibend
156<br />
hoher Arbeitsleistung und entsprechender Vergütung über veränderte Produktpreise<br />
bedeutet neben der Stärkung des Berufsbildes der Landwirtschaft auch die Stärkung<br />
eines regionalen Wirtschaftszweiges und der regionalen Wertschöpfung.<br />
Planungen zur Extensivierung der Landwirtschaft unter Naturschutzgesichtspunkten<br />
treffen häufig auf geringe Akzeptanz bei Landwirten. Hierfür sind verschiedene<br />
Gründe verantwortlich:<br />
• Die Planungen der Behörden werden häufig erst zu einem späten Stadium der<br />
Öffentlichkeit vorgestellt, so daß die Landwirte sich häufig nicht beteiligt fühlen.<br />
• Über Schutz- und Entwicklungsziele wird sich zwischen Naturschutzbehörden und<br />
-verbänden und den Landwirten häufig nicht verständigt.<br />
• Durch Schutzgebiete sollen häufig historisch statische Landschaftsbilder erhalten<br />
werden, die die Vielschichtigkeit der Beeinträchtigungen und Nutzungsinteressen<br />
nicht reflektieren.<br />
• Landwirten fehlt die Erfahrung in extensiver oder naturgemäßer Bewirtschaftung<br />
(z.B. von Feuchtwiesen), so daß Unsicherheit zur Ablehnung der Naturschutzbestrebungen<br />
führt.<br />
• Die landwirtschaftliche Beratung durch Kammern und Beratungsringe ist auf die<br />
konventionelle Landwirtschaft ausgerichtet. Im Bereich des ökologischen Landbaus<br />
oder partieller Extensivierungsmöglichkeiten kann die Landwirtschaft von<br />
solchen Einrichtungen derzeit wenig Unterstützung erwarten.<br />
• Biobauern wurden lange Zeit als "Spinner" angesehen, so daß neben dem wirtschaftlichen<br />
auch ein enormer sozialer Druck der Umstellungsbereitschaft entgegen<br />
stand. Mit zunehmender Anzahl von Betrieben im ökologischen Landbau<br />
steigt mittlerweile auch die gesellschaftliche Akzeptanz.<br />
• Unflexible Bewirtschaftungsvorschriften aber auch mangelnde Kenntnis bei den<br />
Landwirten von Auswirkungen bestimmter Bewirtschaftungsweisen oder Nutzungsterminen<br />
auf den Naturhaushalt mindern das Verständnis für bestimmte<br />
Vorschriften.<br />
Demgegenüber steht häufig die Ansicht von <strong>Seiten</strong> des amtlichen und ehrenamtlichen<br />
Naturschutzes, daß die konventionelle Landwirtschaft einer der Hauptfaktoren<br />
für die Naturzerstörung darstellt, ohne dabei weitere Hintergründe zu berücksichtigen:<br />
• Häufig werden historisch entstandene Kulturlandschaften als schützenswert eingestuft,<br />
die nicht nur durch intensive Bewirtschaftung, sondern auch durch<br />
"Nichtbewirtschaftung" instabil werden. Bei geänderter Nutzung sollte demgegenüber<br />
genau untersucht werden, ob diese neue Nutzungsform ökologisch unverträglich<br />
ist bzw. ob hierdurch mittelfristig eine andere, ebenso wertvolle Kulturlandschaft<br />
entsteht.<br />
• Landschaftspflege entspricht eigentlich nicht dem Selbstverständnis von Landwirtschaft,<br />
welche sich als Produzentin von Nahrungsmitteln auszeichnet.<br />
• Die Bedingungen des Agrarmarktes erfordern Rationalisierungsmaßnahmen von<br />
der Landwirtschaft, denen sie sich nur schwer entziehen kann.<br />
• Landwirte müssen bei ihren Entscheidungen immer zunächst die Wirtschaftlichkeit<br />
der Bewirtschaftungsmaßnahmen berücksichtigen.
157<br />
• Der Arbeitskräftebesatz der Höfe ist erheblich zurückgegangen. Im allgemeinen<br />
werden sie als Familienbetriebe (in den alten Bundesländern) geführt, so daß<br />
personalintensive alte Bewirtschaftungsformen häufig unterbleiben müssen.<br />
In einem großflächigen Gebiet wie dem geplanten Großschutzgebiet ist ein Erfolg für<br />
landwirtschaftliche Extensivierung nur möglich, wenn sich alle Interessensgruppen<br />
aktiv an dem Gelingen beteiligen. Dies setzt <strong>zum</strong> einen<br />
• eine Verständigung über ähnliche Ziele (z.B extensive Nutzung im Zusammenhang<br />
mit (Kultur-) Landschaftsschutz) verbunden mit<br />
• einer gemeinsame Sprache (z.B. Verständigung über die Flächennutzung, sinnvolle<br />
Finanzierung, Unterstützung des Absatzes von landwirtschaftlichen Produkten<br />
in der Region) voraus.<br />
Aus diesem Grunde sind Diskussions- und Kooperationsstrukturen zwischen Landwirtschaft<br />
und Naturschutz zu fördern, die zu gegenseitigem Verständnis und Interessenausgleich<br />
führen können. Im Zusammenhang mit Weiterverarbeitung und<br />
Vermarktung der landwirtschaftlichen Produkte sind weitere Akteursgruppen in diesen<br />
Prozeß mit einzubeziehen.<br />
Langfristiges Ziel sollte die ökologische-extensive Landwirtschaft sein. Bei der beabsichtigten<br />
großflächigen extensiven Nutzung ist der ökologischen Landbau ein<br />
sinnvoller Weg, um keine zu starke Trennung von intensiv genutzten Produktionsflächen<br />
und extensiv gepflegten Schutzgebieten zu bekommen. In Kernzonen werden<br />
neben der ökologischen Bewirtschaftung zusätzliche Naturschutzziele zu berücksichtigen<br />
sein, die eine Nutzungseinschränkung darstellen können. Hier sind auf<br />
jeden Fall Ausgleichszahlungen gerechtfertigt.<br />
Das Ziel einer Ökologisierung der Landwirtschaft kann nur schrittweise erreicht werden.<br />
Einerseits müssen Erfahrungen mit der neuen Bewirtschaftungsform erworben<br />
werden. Andererseits werden sich Vermarktungsstrukturen für ökologisch produzierte<br />
Produkte erst langsam entwickeln.<br />
Maßnahmen, bei denen Naturschutz und Landwirtschaft kooperieren können, sind:<br />
• Gesprächskreise <strong>zum</strong> Erfahrungsaustausch, um das Verständnis und die Sensibilität<br />
für Naturschutzbelange zu steigern, Erfahrungen über extensive und ökologische<br />
Bewirtschaftung auszutauschen und Unsicherheiten abzubauen.<br />
• Beobachtung der Flächen, um Entwicklungstendenzen zu erkennen und Nutzungsauflagen<br />
gegebenfalls flexibel handhaben zu können. Hierbei ist ein enger<br />
Kontakt mit den Naturschutzverwaltungen vor Ort notwendig. Ökologisch sinnvolle<br />
Entscheidungen sind häufig nur vor Ort möglich (z.B. flexible Mahdtermine bzw.<br />
gestaffelte Mahd der Flächen in Abhängigkeit z.B. von Brutentwicklung und Blütezeit).<br />
• Informationsveranstaltungen, in deren Rahmen bspw. über Erfahrungen in anderen<br />
Regionen oder Gebieten berichtet werden kann und Fragen der Vermarktung<br />
von Produkten aus kontrolliert biologischem Anbau erörtert werden können.<br />
• Kontaktherstellung zu Großverbrauchern (Kantinen, Anstaltsküchen, Gastronomie,<br />
Menüservice): Auf diese Weise kann die Nachfrage nach Produkten aus<br />
kontrolliert biologischem Anbau gesteigert und ein Absatz vermittelt werden (s.<br />
bspw. Ökobörse in Berlin). Durch direkte Gespräche zwischen Erzeugern und Kü-
158<br />
chenleitungen können gegenseitige Ansprüche und Vorstellungen am besten abgeglichen<br />
werden.<br />
• Gegenseitige Betriebsbesichtigungen zwischen landwirtschaftlichen Betrieben<br />
und Großküchen: Hierbei besteht die Möglichkeit, wechselseitig Betriebsabläufe<br />
und eventuell bestehende Probleme kennenzulernen.<br />
• Kontaktherstellung zu Verarbeitungsbetrieben, um die z.Teil notwendige Vorverarbeitung<br />
ökologischer Produkte (z.B. für Großküchen) organisieren zu können.<br />
• Zusammenschluß zu Liefergemeinschaften, um größere Mengen und eine breitere<br />
Sortimentspalette anbieten zu können.<br />
• Aufbau eigener Verarbeitungskapazitäten, falls dies betriebswirtschaftlich sinnvoll<br />
erscheint<br />
• Gründung von Erzeugergemeinschaften mit eigenem Warenzeichen.<br />
Diese umfangreiche Palette ist natürlich nur begrenzt von den Landwirten zusätzlich<br />
bzw. von den Naturschutzverbänden ehrenamtlich zu erbringen. Bestehende oder<br />
geplante Strukturen im offiziellen Naturschutz des Großschutzgebietes bzw. Biospärenreservates<br />
könnten hier aber Betätigungsfelder finden. Einige Aufgaben könnten<br />
auch von Kommunen aufgegriffen werden, z. B. durch die Wirtschaftsförderung oder<br />
durch die Ausrichtung kommunaler Kantinen (Schule, Kindergärten, Behörden,<br />
Krankenhäuser, Heime) auf Produkte aus kontrolliert biologischem Anbau.<br />
Wie sehen aber die Chancen für eine Umsetzung dieser Vorschläge aus?<br />
Auf dem Gebiet der neuen Bundesländer konnten in Gesprächen mit Behörden und<br />
Verbänden allgemein eine große Aufgeschlossenheit für neue Wege in der Landwirtschaft<br />
und dem Naturschutz festgestellt werden. Möglicherweise steht dies im<br />
Zusammenhang mit der Umbruchsituation dort und der Notwendigkeit, sich auf Experimente<br />
und Initiativen einzulassen.<br />
Im Bereich der alten Bundesländer wird oft noch der Eindruck einer Konservierung<br />
alter Strukturen und Besitzstände vermittelt, was in der derzeitigen Situation an seine<br />
Grenzen stößt. Allerdings bestehen auch neue Strukturen im ökologischen Landbau,<br />
auf die aufgebaut werden könnte, wie z.B. die Wendland-Kooperative, die<br />
Milch-Kooperative Lüchow im Zusammenhang mit der Molkerei Lüchow, Direktvermarktungswege,<br />
Kombinationen von Landwirtschaft mit touristischen und kulturellen<br />
Einrichtungen.<br />
2.5.2 Der ökologische Landbau<br />
Der betriebswirtschaftliche Vergleich von Betrieben aus ökologischem Landbau mit<br />
konventionell wirtschaftenden Betrieben zeigt, daß die im Durchschnitt geringeren<br />
Naturalerträge aufgrund geringerer Betriebsmittelintensität (Mineraldünger und<br />
Pflanzenschutzmittel) durch höhere Erzeugerpreise ausgeglichen werden. Nach dem<br />
Agrarbericht 1994 83 weisen Betriebe des ökologischen Landbaus ein annährend<br />
gleiches Durchschnittseinkommen auf, wie der Durchscnitt der Haupterwerbsbetriebe.<br />
In dem Bericht wird auch ein Vergleich mit einer Gruppe konventionell wirtschaftender<br />
Betriebe, die in Bezug auf Faktorausstattung, Standortbedingungen, Viehbesatz<br />
und Betriebssystem vergleichbar sind, vorgenommen. Gegenüber dieser Grup-<br />
83 Deutscher Bundestag - Drucksache 12/6750 vom 3.2.1994: Agrar- und Ernährunspolitischer Bericht der Bundesregierung
159<br />
pe lag das Betriebseirikommen der ökologisch wirtschaftenden Betriebe 1992/ 93 um<br />
8 % höher (vgl. auch Tabelle ).<br />
Die einzelbetrieblichen Ergebnisse unterliegen jedoch einer großen Spannbreite, da<br />
die Erzeugerpreise stark schwanken (bei Getreide beispielsweise zwischen 50 und<br />
150 DM/ dt 84 ). Dieses liegt u.a. darin begründet, daß nicht alle Erzeugnisse als<br />
ökologisch erzeugte Produkte vermarktet werden können. So konnte 1990 nur 20 %<br />
der kontrolliert biologisch erzeugten Milch als Biomilch mit einem entsprechend höheren<br />
Erzeugerpreis vermarktet werden. Der Rest wurde mit konventioneller Milch<br />
gemeinsam eingesammelt und erzielte entsprechend niedrige Preise 85 . Gegenüber<br />
dem Durchschnitt der Wirtschaftsjahre 1989/ 90 - 1991/ 92 konnte sich die Einkommenslage<br />
der Betriebe des ökologischen Landbaus nicht verbessern, was u.a. auf<br />
die leicht rückläufige Tendenz der Erzeugerpreise durch das steigende Angebot zurückzuführen<br />
ist. Es zeigt sich die Notwendigkeit einer Förderung der Verarbeitungsund<br />
Vermarktungskapazitäten, damit alle ökologisch wirtschaftenden Betriebe ihre<br />
Erzeugnisse zu (den höheren Produktionskosten entsprechend) höheren Preisen<br />
absetzen können. Durch den allgemeinen Rückgang der betrieblichen Einkommen in<br />
der Landwirtschaft können Betriebe des ökologischen Landbaus aber auch bei<br />
gleichbleibenden Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren ein höheres Betriebseinkommen<br />
als konventionell wirtschaftende Betriebe erzielen 86 . Durch die<br />
bestehenden Mittel zur Förderung extensiver und umweltgerechter Landwirtschaft<br />
auf Bundes- und EG-Ebene besteht allerdings die Gefahr, daß bei vielen Betrieben<br />
zwar ein Anreiz zur Umstellung auf den ökologischen Landbau geschaffen, der Absatz<br />
der Produkte aber nicht gesichert würde. Zur Erlangung befriedigender betriebswirtschaftlicher<br />
Ergebnisse sind dann Rationalisierungsschritte notwendig, die<br />
große Betriebe begünstigten. Der in der konventionellen Landwirtschaft zu beobachtende<br />
Strukturwandel würde somit den ökologischen Landbau ebenfalls betreffen.<br />
Zwei Argumente, die häufig gegen die Möglichkeit eines flächendeckenden ökologischen<br />
Landbaus werden, sind die geringeren Erträge, die die Ernährung nicht sichern<br />
würden und zu hohe Produktpreise, die von vielen Verbrauchern nicht gezahlt<br />
werden könnten. Untersuchungen von BECHMANN et. al. (1993) 87 zeigen, daß bei<br />
Vollumstellung auf ökologischen Landbau eine physiologisch ausgeglichene Ernährung<br />
gewährleistet wäre, das Nahrungsangebot sich aber verändern würde (die<br />
pflanzliche Produktion wäre die Ernährungsbasis, während die Erzeugung von<br />
Schweinen und Geflügel reduziert werden müßte). Unter der Annahme, daß die Verbraucherpreise<br />
und die Einkünfte in der Landwirtschaft unverändert bleiben, wären<br />
nach diesen Berechnungen 10,2 Mrd. DM als Einkommensaugleich für Mindererträge<br />
notwendig. Dieses Finanzvolumen könnte durch Umverteilung derzeitiger Agrarsubventionen<br />
(hauptsächlich aus dem Bereich der Stützung der Marktordnungspreise)<br />
bereitgestellt werden. Die Autorinnen gehen bei ihren überschlägigen Berechnungen<br />
von einer Schwankungsbreite von ca. 2 Mrd. DM aus.<br />
84 ebenda<br />
85 Umweltstiftung WWF - Projekt Wümmewiesen (Hrsg.): Leitfaden zur Extensivierung der (Grün-)Landwirtschaft, 1992,<br />
Verlag Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernbfatt e.V., Rheda-Wiedenbrück<br />
86 Deutscher Bundestag - Agrarbericht 1994: a.a.O.<br />
87 Bechmann, A., Meier-Schaidnagel, R., Rohling, I (1993): Landwirtschaft 2000 - Die Zukunft gehört dem ökologischen Landbau.<br />
Szenarien für die Umstellungskosten der Landwirtschaft in Deutschland
160<br />
Die politische Bereitschaft zur Orientierung der Agrarsubventionen an ökologischen<br />
Kriterien ist allerdings derzeit als gering einzuschätzen 88 . Der ökologische Landbau<br />
wird in den letzten Jahren auch in Verordnungen und Förderprogrammen definiert<br />
und als förderungsfähig eingestuft. Beispiele hierfür sind das Extensivierungsprogramm<br />
von 1988, die EG-VO 2092/91 <strong>zum</strong> ökologischen Landbau und die EG-VO<br />
2078/92 zur umweltgerechten Landwirtschaft. Der Finanzrahmen ist allerdings bisher<br />
im Vergleich <strong>zum</strong> Gesamtagraretat auf Bundes- und EG-Ebene gering. Dieses<br />
verdeutlicht auch der Begriff flankierende Maßnahmen für die EG-VO 2078/92. Im<br />
regionalen Bezug besteht somit für die Förderung des ökologischen Landbaus nur<br />
die Möglichkeit, über die Sicherung des Absatzes von kontrolliert biologisch erzeugten<br />
Produkten zu höheren Preisen (aufgrund der höheren Qualität) die Mindererträge<br />
der Landwirte auszugleichen. Wichtig ist dabei, daß das höhere Preisniveau<br />
sich auf den Erzeugerpreis niederschlägt und nicht in der Verarbeitungs- und<br />
Handelskette hängen bleibt. Die derzeit bestehenden Fördermittel zur Extensivierung<br />
der Landwirtschaft und gegebenenfalls zusätzliche Mittel des Vertragsnaturschutzes<br />
können dabei zur Unterstützung genutzt werden.<br />
2.5.2.1 Voraussetzungen für den ökologischen Landbau in der Region<br />
Bei der Betrachtung der gegenwärtigen landwirtschaftlichen Struktur in Deutschland<br />
lassen sich drei Betriebskategorien unterscheiden:<br />
a) der traditionelle bäuerliche Familienbetrieb, meist eingebettet in eine ländliche<br />
dörfliche Struktur,<br />
b) Betriebsneugründungen im ökologischen Anbau, z.T gemeinschaftlich bewirtschaftet,<br />
c) Umwandlungen kollektiver und staatlicher Betriebe in privatwirtschaftliche Einzelunternehmen<br />
bzw. Personengesellschaften und juristische Personen, vorwiegend<br />
in Ostdeutschland (Gengenbach 1994).<br />
Im Hinblick auf die EG-Agrarmarktpolitik und die Wiedervereinigung steht das Leitbild<br />
des "bäuerlichen (Familien-)Betriebes", welches gerade auch die Agraropposition<br />
und einige Umweltverbände lange Zeit vertraten, erneut zur Disposition. Standen<br />
vor Jahren die betrieblichen Produktionsstrukturen (Rationalisierung, Spezialisierung)<br />
im Zentrum der Diskussion, so dreht sich die derzeitige Auseinandersetzung<br />
um die Formen der betrieblichen Organisation und Leitung. Somit beeinflußt die<br />
Ambivalenz zwischen traditionellen Gegebenheiten, ökonomischen Vorgaben durch<br />
EG und Welthandelsabkommen und modernen ökologischen Notwendigkeiten bzw.<br />
gesellschaftlichen Entwicklungen die landwirtschaftliche Sozial- und Betriebsstruktur<br />
nachhaltig. Obgleich die Möglichkeiten zukünftiger Optionen für den Landbau vielfältiger<br />
Art sein können, sollen die nachfolgenden konzeptionellen Ansätze bezüglich<br />
struktureller Entwicklungsperspektiven in der Untersuchungsregion von folgenden<br />
Leitfragen ausgehen:<br />
a) Welche Art des Landbaus und der Lebensmittelproduktion ist unter Umweltschutz-<br />
und Gesundheitgesichtspunkten notwendig bzw. gewünscht?<br />
88 Die Frage, ob Subventionen für einen ökologischen Umbau der (Land-)Wirtschaft die richtigen Mittel sind oder ob nicht die<br />
konventionell erzeugten Lebensmittel mit den durch sie erzeugten Umweltkosten belegt werden müßten, soll hier nicht erörtert<br />
werden.
161<br />
b) In welcher Form kann ein solcher Landbau umgesetzt werden? Hier sind vor allem<br />
Fragen nach Kapital, Bodennutzung und bäuerlichen Lebens- und Arbeitsgemeinschaften<br />
von Bedeutung.<br />
c) Wie kann ein Verhältnis zu Konsumentinnen aufgebaut werden, welches geprägt<br />
ist vom Interesse der Kundinnen als "aktive Bio-Förderer", im Gegensatz zur lediglichen<br />
"Nutzung des Besseren"?<br />
Kleinstrukturierte Landwirtschaft in der unmittelbaren Elbeniederung<br />
Die landwirtschaftliche Struktur in der Elbeniederung des Untersuchungsgebietes ist<br />
überwiegend kleinbäuerlich in Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe strukturiert, entweder<br />
in alter Familientradition auf <strong>Seiten</strong> der alten Bundesländer oder als Wiedereinrichtungsbetriebe<br />
im Bereich der neuen Bundesländer. Dies gilt sowohl für den<br />
Bereich des konventionellen als des ökologischen Landbaus.<br />
Viele Betriebe im konventionellen Landbau in der Region haben Flächen außerhalb<br />
der Marsch- und Grünlandbereiche dazugekauft, -gepachtet oder geleast (vgl. Kapitel<br />
C-1.3.3) und liefern ihre Produkte hauptsächlich an Weiterverarbeitungskonzerne<br />
und Großabnehmer. Die ökologisch produzierenden Höfe, z.B. in der Wendland-<br />
Kooperative oder des Märkischen Wirtschaftsverbundes verarbeiten und vermarkten<br />
z.T. im Verbund und in Kombination mit einem Verkauf an Endverbraucherinnen,<br />
Naturkosthandel und in Kooperation mit einem "ökologischen Zweig" in der konventionellen<br />
Weiterverarbeitung (s. Milch-Kooperative und Molkerei Lüchow). Es bestehen<br />
weiterhin zahlreiche Initiativen für eine direkte Weiterverarbeitung bestimmter<br />
Produkte auf einzelnen Höfen oder Hofgemeinschaften.<br />
Hier wird ein wichtiger Unterschied zwischen den Strukturen der konventionellen<br />
und der ökologischem Landwirtschaft deutlich, in dem gleichzeitig eine zukünftige<br />
Chance für die Ausweitung und Stärkung einer ökologischen Anbaumethode bestehen<br />
kann: Unternehmen im ökologischen Landbau haben im Vergleich zu konventionellen<br />
Betrieben nicht mehr nur die Funktion der Primärproduktion mit gleichzeitiger<br />
Isolation aller nachfolgenden Weiterverarbeitungs- und Vermarktungsschritte,<br />
sondern sind eingebettet in ein Netzwerk bestehend aus Erzeugerinnen, Weiterverarbeitung,<br />
Handel und Kundinnen.<br />
Was bedeutet diese These für die zukünftigen Entwicklungsperspektiven der regionalen<br />
Landwirtschaft im Hinblick auf die eingangs gestellten Fragen nach<br />
• Art und Produktionsform des Landbaus,<br />
• organisatorische Umsetzung neuer, den ökologischen und sozialen Interessen<br />
angepaßte Betriebsform,<br />
• Interesse und Akzeptanz der Konsumentinnen?<br />
Unter Berücksichtigung bereits bestehender Initiativen zur wirtschaftlichen Förderung<br />
der landwirtschaftlichen Produktion (Wendland-Kooperative, Märkischer Wirtschaftsverbund,<br />
Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Lenzen) können nachfolgende<br />
Anforderungen an eine Förderung kleinstrukturierter ökologischer landwirtschaftlicher<br />
Produktion in der Region formuliert werden:<br />
• Die in vergangener Zeit vielfach schon praktizierte extensive (Grün-)Landnutzung<br />
in der Untersuchungsregion begünstigt eine Umstellung auf ökologischen Landbau<br />
bzw. motiviert zur Extensivierung von Flächen, welche sich derzeit noch in<br />
der konventionellen Nutzung befinden.
162<br />
• Um langfristig eine stabile und breite Produktionsbasis im ökologischen Landbau<br />
zu garantieren, müssen Kooperationen und Rationalisierungen im Betriebsmitteleinsatz<br />
angestrebt werden, die über geschlossene Familienbetriebe hinausgehen.<br />
Hier können auch neue Betriebsformen oder -gemeinschaften aus umgewandelten<br />
LPG'en wichtige Ansätze zur Arbeits- und Produktionsmittelaufteilung<br />
bieten (horizontale Integration, s. auch unten).<br />
• Kombinationen verschiedener Produktionszweige, wie sie bereits in Lenzen im<br />
Rahmen von Schafzucht in Kombination mit einem Färbergarten und einer Filzerei<br />
versucht werden, sollten unter Anerkennung einer Vernetzung regionaler Wirtschaftsverbunde<br />
und Wertschöpfung unterstützt und ausgeweitet werden<br />
(vertikale Integration).<br />
• Zur Gewinnung von Interesse und Akzeptanz für Produkte aus ökologischem<br />
Landbau müssen Konsumentinnen in Vorgänge und Grundsätze der Herstellung<br />
landwirtschaftlicher Produkte und deren Weiterverarbeitung miteinbezogen werden.<br />
Dies geschieht bereits über Anschauung und Information (Angebote zur<br />
Mithilfe, Ab-Hof-Verkauf, Verkaufsauto, Gästezimmer, Tage der offenen Tür ,<br />
Hoffeste, Besichtigungen...®®).<br />
• Im Rahmen der Weiterverarbeitung bestehen bereits Initiativen auf einzelnen<br />
Höfen oder Hofgemeinschaften zur Verarbeitung bestimmter Produkte. Gleichzeitig<br />
besteht allerdings auch die Notwendigkeit, innerhalb der Region neue Geschäftsbeziehungen<br />
zu Bäckereien, Molkereien und Metzgern aufzubauen. Hier<br />
müssen Wege <strong>zum</strong> Informationsaustausch bspw. über Warenqualität und flexiblen<br />
An- und Abtransport der landwirtschaftlichen Produkte gefunden werden. Ein<br />
direkter Kontakt von weiterverarbeitenden Kleinbetrieben zu Erzeugern ist sicherlich<br />
wünschenswert, denn durch diese persönliche Basis können Qualität und<br />
Service eher gewährleistet werden, wodurch ein Wettbewerbsvorteil gegenüber<br />
überregionalen Großhändlern erzielt werden kann. Denn laut Aussagen einer<br />
Bäckereibesitzerin gestalten sich Kommunikation, Anforderungen an den betrieblichen<br />
Ablauf der Bäckerei und Festlegung auf eine bestimmte durchrationalisierte<br />
Produktpalette mit dem Großlieferanten z.T. sehr unflexibel und unbefriedigend. 90<br />
Auch spezielle Bedürfnisse von Kundinnen können kaum berücksichtigt werden.<br />
Eine andere Möglichkeit für eine Schnittstelle zwischen Erzeugerinnen und Weiterverabeitung<br />
können Erzeugergemeinschaften als eigens für die Koordination<br />
gegründete GmbH oder ein Verein darstellen.<br />
Großstrukturen in der Landwirtschaft auf dem Gebiet der neuen Bundesländer<br />
Bereits 1990 wurde für die Betriebsstruktur im Rahmen der Agrarentwickiung in der<br />
ehemaligen DDR prognostiziert: "Neben bäuerlichen Familienwirtschaften könnte es<br />
auch Agrargenossenschaften geben. Damit wird es quasi einen Wettbewerb zwischen<br />
zwei agrarpolitischen Leitbildern geben. Es bleibt nur zu hoffen, daß dieser<br />
Wettbewerb kein unlauterer Wettbewerb wird, daß sowohl den bäuerlichen Familienbetrieben<br />
als auch den eingetragenen Agrargenossenschaften gleiche Chancen<br />
eingeräumt werden und die Rahmenbedingungen für die Entwicklung beider Betriebsformen<br />
paritätisch gestaltet werden." (Steding 1991)<br />
89 s. bspw. Grüne Liga Landesverband Brandenburg e.V.: Broschüre "Ökohöfe in der Mark Brandenburg"; Gahr-Kreppold,<br />
Theresa (1994): Der Familienbetrieb aus Sicht der Landwirtin; in : Ökologie&Landbau 89, S. 24- 26<br />
90 Mündliche Mitteilung einer Bäckereibesitzerin in Lübtheen, April 1994
163<br />
Auch im Bereich der Elbtalaue und der umliegenden Region existieren landwirtschaftliche<br />
Großbetriebe in der Form von juristischen Personen, welche z.T. erhebliche<br />
Anteile an der landwirtschaftlichen Fläche besitzen (s. auch C-1.33) Die Ansatzpunkte<br />
hinsichtlich einer ökologischen Produktion für kleinstrukturierte einzelbetriebliche<br />
Landwirtschaft wurden bereits oben diskutiert. Aber auch größere genossenschaftlich<br />
o.ä. organisierte Betriebe können Anknüpfungspunkte liefern für eine<br />
ökologische landwirtschaftliche Produktion. Neben den vergleichsweise großen Betriebsflächen<br />
sind es vor allem folgende betrieblichen Organisationsstrukturen, welche<br />
eine Umstellung auf ökologischen Landbau interessant erscheinen lassen:<br />
• Größere Betriebs- bzw. Hofflächen können Möglichkeiten bieten, ausgewogenere<br />
Fruchtfolgen zu praktizieren.<br />
• Durch die Kombination verschiedener Produktionszweige kann eine innerbetriebliche<br />
Kreislaufwirtschaft leichter praktiziert werden, als bei kleinen, weniger flexiblen<br />
Betrieben.<br />
• Maschinenparks können gemeinschaftlich und im Austausch mit Einzelbetrieben<br />
genutzt werden.<br />
• Aufgrund größerer Hofflächen, vielgestaltiger Produktion und höherem Kapitaleinsatz<br />
können Weiterverarbeitungsanlagen aufgebaut und gemeinschaftlich betrieben<br />
werden.<br />
• Die Arbeitsgemeinschaft auf dem Hof kann vielfältige öffentliche und soziale Aufgaben<br />
wahrnehmen, was Familienbetriebe vielfach nicht leisten können (z.B.<br />
Hofladen, Informationsveranstaltungen, Führungen...).<br />
• Aufgrund eingeteilter Arbeitsbereiche und -Zeiten können berechtigte Ansprüche<br />
auf Freizeit, Urlaub und Verdienst in einem sozialverträglichen Maße bzw. in Anlehnung<br />
an individuelle Bedürfnisse organisiert werden.<br />
• Im Rahmen einer gemeinschaftlichen, genossenschaftlichen o.ä. Arbeitsgemeinschaft<br />
bleibt Raum für Erwachsene und auch für die Kinder als mögliche nachfolgende<br />
Betriebsgeneration, Interessen und Neigungen nachzugehen und sich individuell<br />
zu entwickeln. In diesem Sinne wäre es wichtig, "die wirtschaftlichen und<br />
sozialen Bedingungen so zu gestalten, daß die eigene Persönlichkeitsentwicklung<br />
nicht zu kurz kommt und der ökologische Betrieb bereits selbst als Lernchance<br />
begriffen werden kann." (Gahr-Krepold 1994)<br />
Auch die Landschaftsschäden, die in der Vergangenheit gerade durch die Errichtung<br />
der Großstrukturen in der ehemaligen DDR verursacht wurden (große Feldschläge,<br />
Monokulturen, Erosionen, etc.), könten durch eine öklogische Bewirtschaftung der<br />
Großbetriebe vermindert werden, da landschaftsökologische Pflegearbeiten im<br />
Rahmen der Flächenbewirtschaftung eine große Rolle spielen. Die Gefahr besteht<br />
allerdings, das die ausgeräumte Agrarlandschaft von Nachfolgebetrieben als Freibrief<br />
für eine rein unter ökonomischen Gesichtspunkten betriebene durchrationalisierte<br />
Landbewirtschaftung genutzt wird, statt sie als Erblast zu verstehen und durch<br />
landschaftspflegerische Maßnahmen eine Revitalisierung der Landschaft zu bewirken.
164<br />
2.5.2.2 Betriebswirtschaftliche Situation und Arbeitsplatzpotentiale im ökologischen<br />
Landbau<br />
Durch den Zusammenbruch der alten landwirtschaftlichen Strukturen in der ehemaligen<br />
DDR und durch das Höfesterben auf dem Gebiet der alten Bundesländer wird<br />
ein hohes Potential an Arbeitskräften freigesetzt mit relativ wenig Perspektiven für<br />
die Zukunft. Die Situation der Arbeitslosigkeit in der Landwirtschaft für die Untersuchungsregion<br />
im Bereich der neuen Bundesländer wurde in der Analyse ansatzweise<br />
dargestellt. Demnach ist die Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten dort<br />
drastisch gefallen. Dies hat vielfältige Gründe und hängt sicherlich nicht nur allein<br />
mit der Umwandlung ehemaliger LPG'en zusammen, sondern auch mit dem Aufbrechen<br />
der z.T. stark bürokratisierten Strukturen der Produktionsgenossenschaften<br />
und Kooperationsbetriebe aus der Zeit der DDR. Zugleich werden den LPG'en früher<br />
zugeordnete Aufgaben (handwerkliche Dienste, kulturelle Angebote und sonstige<br />
Dienstleistungen) heute anders organisiert oder zur Zeit gar nicht abgedeckt.<br />
Der ökologische Landbau könnte in Verbindung mit der Förderung einer regionalen<br />
Versorgungsstruktur positive Arbeitseffekte in der insgesamt strukturschwachen<br />
Elbtalregion hervorrufen. Der erhöhte Arbeitskräftebedarf resultiert nicht nur aus der<br />
arbeitsintensiven Produktion der landwirtschaftlichen Güter. Ein weiterer Grund für<br />
den höheren Arbeitskräftebesatz in ökologischen Betrieben ist der größere Anteil an<br />
Weiterverarbeitung und Direktvermarktung auf dem Hof. Damit wird es den Betrieben<br />
möglich, etwas von den Verdienst- und Handelsspannen für sich zu erwirtschaften.<br />
Die Betriebsgewinne bzw. Einkommenserträge liegen denn auch gemäß dem<br />
Agrarbericht bei ökologisch produzierenden Betrieben höher als bei konventionellen<br />
- trotz höherer Unternehmensaufwendungen.<br />
Tabelle 50: Vergleich Betriebsmitteleinsatz und Gewinnspanne von Betrieben aus<br />
ökologischem und konventionellem Landbau<br />
Gliederung<br />
Faktorausstattung<br />
ökologischer konventioneller<br />
Landbau Landbau<br />
Arbeitskräfte (AK/ Betrieb) 1,75 1,56<br />
Arbeitskräftebesatz (AK/100 ha LF) 4,99 4,47<br />
dar.: regelm. beschäft. Personal (%) 82,6 80,1<br />
Flächenausstattung (ha LF/ AK) 20,03 22,36<br />
Investitionen Bruttoinvestitionen (DM/ Betrieb) 33.896 26.056<br />
Bruttoinvestitionen (DM/ ha LF) 969 747<br />
Nettoinvestitionen (DM/ ha LF) 197 69<br />
Aufwand Saat- und Pflanzgut (DM/ ha LF) 152 73<br />
Düngemittel 37 176<br />
Pflanzenschutz 3 80<br />
Viehzukäufe 152 125<br />
Futtermittel 167 327<br />
Löhne, Gehälter, Sozialabgaben 246 63<br />
Einkommen Gewinn (DM/ Unternehmen) 43.444 40.115<br />
Gewinn (DM/ ha LF) 1.242 1.150<br />
Gewinn (DM/ FAK*) 31.414 27.272<br />
Arbeitsertrag Unternehmerin 20.746 16.967<br />
* FAK=Familienarbeitskraft<br />
Quelle: Agrarbericht 1994 der Bundesregierung für das Betriebsjahr 1992/93
165<br />
Die vergleichende Statistik der Betriebsdaten für ökologisch und konventionell wirtschaftende<br />
Betreibe des Geschäftsjahres 1992/ 93 zeigt auf, daß die ökologische<br />
Betriebsführung durchaus auch ökonomische Perspektiven für die Höfe bietet. Dabei<br />
fallen vor allem folgende Unterschiede im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft<br />
auf:<br />
• die geringen Investitionskosten bei den Betriebsmitteln im ökologischen Landbau;<br />
• höhere Ausgaben für Löhne und Gehälter im ökologischen Landbau;<br />
höhere Arbeitskräftezahlen/ Betrieb und Arbeitskräftebesatz/ 100 ha LF im ökologischen<br />
Landbau.<br />
Arbeitsplatzpotentiale im Umfeld des ökologischen Landbaus bestünden vor allem<br />
im nachgelagerten Bereich:<br />
• Verarbeitung (Bäckereien, Mühlen, Metzgereien, Milch- und Gemüseverarbeitung),<br />
• Vermarktung im Direktverkauf, Genossenschaften, Erzeugergemeinschaften, Naturkostgroßhandel,<br />
Einzelhandel,<br />
• Aus- und Weiterbildung, Beratung der Konsumentinnen, Kontrolle der Lebensmittel.<br />
Positive Arbeitseffekte werden dann möglich, wenn Angebot und Nachfrage nach<br />
Produkten aus ökologischem Landbau, die im allgemeinen Handel nicht verkauft<br />
werden, zukünftig steigen. Im Handel würden sich Tätigkeitsfelder ausdehnen, da<br />
• Kundenbetreuung und -beratung intensiver werden,<br />
• Naturkostgeschäfte als Fachgeschäfte bestehen bleiben,<br />
• Direktvermarktung einen großen Anteil behält,<br />
• Regionalvermarktung in Zusammenarbeit mit regionaler Weiterverarbeitung angestrebt<br />
wird. 91<br />
2.5.3 Regionale Vernetzung und Vermarktung von Qualitätsprodukten<br />
Der Anteil der Bioprodukte am Nahrungsmittelabsatz liegt derzeit bei ein bis zwei<br />
Prozent. Zwischen fünf und zehn Prozent der Bevölkerung sind regelmäßige Kunden<br />
des Naturkosthandels. Das Absatz- und Käuferpotential wird aber nach einer Vielzahl<br />
von Marktstudien deutlich höher eingeschätzt GIB 1994). Da das Marktsegment<br />
- auch in den verschiedenen Untersuchungen - nicht klar abgegrenzt ist, sind genauere<br />
Aussagen nicht möglich. Der Anteil der Vollwertköstlerlnnen, die möglichst<br />
naturbelassene und gesunde Nahrung bevorzugen wird auf 30 % geschätzt (WWF<br />
1992). 91 % der Befragten aus der Food-Branche gingen in einer Befragung 1990 im<br />
Bereich gesunde und umweltbewußte Ernährung von einem Wachstum aus (GIB<br />
1994). Eine Verbraucherinnenbefragung in den neuen Bundesländern zu den Erzeugnissen<br />
des ökologischen Landbaus kommt im Gegensatz zu dieser Einschätzung<br />
zu dem Ergebnis, daß dort nur 13 % der 1.200 Befragten Haushalte über den<br />
91 s. auch Reents, Hans-Jürgen (1994): Chancen für zukunftsorientierte Arbeitsplätze durch ökologische Landwirtschaft; in:<br />
Ökologie«, Landbau 89, S. 42-«
166<br />
ökologischen Landbau informiert sind. Hier läßt sich als Schlußfolgerung ableiten,<br />
daß das Informationsdefizit <strong>zum</strong> ökologischen Landbau und seiner Erzeugnisse<br />
durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit abgebaut werden muß.<br />
Die prognostizierten Potentiale erschließen sich nicht von selbst. Bei Ausdehnung<br />
des ökologischen Landbaus, besonders wenn er schwerpunktmäßig in einer Region<br />
erfolgt, ist also das parallele Wachsen der Absatzmöglichkeiten für die wirtschaftliche<br />
Situation der Betriebe entscheidend. Sonst kann ein Verdrängungsprozeß einsetzen,<br />
der kleinere Höfe und Betriebe mit schlechteren Standort- und Strukturbedingungen,<br />
die bisher oft im ökologischen Landbau eine Nische gefunden haben,<br />
auch in diesem Bereich keine Existenzmöglichkeiten läßt.<br />
Bei der Vermarktung ist von <strong>Seiten</strong> der Landwirtschaft wichtig, daß der höhere Preis,<br />
den Konsumenten für Produkte aus dem ökologischen Landbau bereit sind zu zahlen,<br />
auch tatsächlich den Erzeugern zugute kommt. Untersuchungen zeigen, daß der<br />
höhere Preis für Produkte aus ökologischem Landbau nicht auf große Preisunterschiede<br />
im Landwirtschaftsbereich zurückzuführen ist, sondern die wesentlichen<br />
Aufschläge erst bei den nachgeordneten Verarbeitungs- und Handelsschritten erfolgen.<br />
Zum Teil erklärt sich dieses durch höhere Verarbeitungs-, Verpackungs- und<br />
Transportkosten. Andererseits bestehen bei Bioprodukten größere Handelsspannen,<br />
wie eine dänische Untersuchung zeigt, die den Preis für ökologisch und konventionell<br />
produziertes Weizenmehl aufschlüsselt. Während die Aufschläge für konventionell<br />
erzeugtes Mehl 3-4% betragen, ergab sich für Mehl aus kontrolliert biologischem<br />
Anbau eine Handelsspanne von 25% (Grennpeace 1992).<br />
Die Preisentwicklung ist für die einzelnen Produkte sehr unterschiedlich und stark<br />
von den Absatzmöglichkeiten des jeweiligen Betriebes abhängig, so daß verallgemeinerbare<br />
Aussagen schwer möglich sind. Von der Tendenz her ist der Getreidepreis<br />
langfristig sinkend, nachdem er bis <strong>zum</strong> Wirtschaftsjahr 1988/ 89 anstieg<br />
(Zerger 1993). Hier wird u.a. der Preisdruck durch ein zunehmendes Angebot - auch<br />
aus dem Ausland - deutlich. Andererseits zeigt das Beispiel der Münchener Großbäckerei<br />
"Hofpfisterei", daß der Absatz von Brotgetreide aus kontrolliert biologischem<br />
Anbau in erheblichem Maße steigerbar ist. Kartoffeln werden oft direkt vermarktet,<br />
wodurch sich hier eine andere Situation ergibt. Der Preis liegt etwa doppelt<br />
so hoch wie im konventionellen Bereich. Die Steigerung der Absatzmöglichkeiten ist<br />
regional sehr unterschiedlich. Die Wendland-Kooperative in Lüchow sieht bei ihren<br />
gegenwärtigen Absatzstrukturen einen Grenzwert für Kartoffeln erreicht. Milch kann<br />
oft nur <strong>zum</strong> konventionellen Auszahlungspreis abgesetzt werden, da entweder die<br />
getrennte Einsamlung oder die Weiterverarbeitung in der Region nicht möglich ist.<br />
Für Fleischprodukte ist ebenfalls entscheidend, ob sie bei Schlachtereien oder<br />
Metzgereien abgesetzt werden können, die einen entsprechend höheren Preis zahlen.<br />
Da die Vermarktung von Bio-Fleisch über den Naturkosthandel nicht organisiert<br />
ist, ist hier viel Eigeninitiative gefordert. Der Gemüseanbau ist sehr stark saisongeprägt,<br />
so daß bei insgesamt positiv zu bewertenden Absatzmöglichkeiten saisonale<br />
Überangebote auftreten können. In der Region gilt dieses besonders für Spargel,<br />
sowohl aus kontrolliert biologischem wie aus konventionellem AnbaiF.<br />
Die Erzeugerpreise sind dann hoch, wenn regionale Absatzmöglichkeiten bestehen.<br />
Sie sind umso stabiler, je direkter die Ware an den Endverbraucher verkauft werden<br />
kann. Dieser Vermarktungsweg stellt allerdings nur eine Vermarktungsnische da.<br />
Nicht alle Verbraucherinnen können sich auf die besonderen Bedingungen der Di-<br />
92 Mündliche Mitteilung der Wendland-Kooperative GmbH bzw. Herr Eggert, Kreisbauernverband Ludwigslust e.V.
167<br />
rektvermarktung, Hofläden oder Hausbelieferung einstellen. Auch der Naturkosthandel<br />
ist nicht beliebig expandierbar. Die künftige Gestaltung der Absatzwege hat also<br />
entscheidenden Einfluß auf die Steigerung der Marktanteile. "Möglicherweise wird<br />
mit der vertikalen Integration am Markt in Zukunft die Erzeugung und Vermarktung<br />
von Lebensmitteln vom Feld bis zur Ladenkasse vertraglich geregelt. Die entscheidende<br />
Frage für die Landwirte ist in diesem Zusammenhang, ob sie nur am Ende<br />
einer solchen Vertragskette stehen und nur noch ja oder nein sagen können, oder<br />
ob sie sich in Erzeugergemeinschaften zusammenschließen, um mit ihrem eigenen<br />
Markenprodukt den Markt zu durchdringen. Mit ihrem eigenen Markenprodukt sind<br />
sie am Markt nicht so leicht austauschbar und haben eine sehr viel bessere Position<br />
wie einzelne Erzeuger von austauschbaren Produkten. Diese Gedanken sind sehr<br />
stark von der Marketinggesellschaft für niedersächsiche Agrarprodukte verbreitet<br />
worden" (Thimm 1989).<br />
Neue Absatzwege zu erschließen bedeutet aber oft andere Anforderungen an die<br />
Landwirte und die Verarbeitung der Erzeugnisse. Nur im Einzelfall werden direkt ab<br />
Hof Produkte angeboten, die die Abnehmerinnen nachfragen. Im allgemeinen sollen<br />
die Lebensmittel vorverarbeitet sein. Haushalte wollen kein ungemahlenes Getreide,<br />
Großküchen keine ungeschälten Kartoffeln, der Handel keine lose Milch und Restaurants<br />
keine Schlachttiere. Auch wenn vorverarbeitete Lebensmittel gegen einige<br />
Prinzipien der Vollwertküche sprechen (Verarbeitung der Lebensmittel unmittelbar<br />
vor dem Verzehr), sollte man bei der Erschließung neuer Absatzwege die Kundenlnnenwünsche<br />
berücksichtigen. Eine Verhaltensänderung der Verbraucherinnen kann<br />
höchstens langfristig über Information und Aufklärung erfolgen. Dieses ist dann<br />
möglich, wenn ein Kontakt über die Ware zustande kommt. Als Zwischenglied zwischen<br />
den Landwirten und den Verbraucherinnen werden also Unternehmen benötigt,<br />
die aus den Produkten des ökologischen Landbaus marktfähige Ware machen.<br />
2.5.3.1 Handlungsfeld Rindfleisch<br />
Die Elbtalaue weist standortbedingt einen hohen Anteil Dauer-Grünland (Wiesen,<br />
Mähweiden und Weiden) auf, auch wenn viele fakultativen Grünlandstandorte besonders<br />
nach entsprechenden Meliorationsmaßnahmen bereits zu Ackerflächen<br />
umgebrochen wurden. Das Verhältnis Acker- zu Grünland beträgt im elbnahen Bereich<br />
der Kreise östlich und westlich der Elbe ca. 50:50, während es in den gesamten<br />
landwirtschaftlichen Flächen der Kreisgebiete im Durchschnitt bei ca. 70:30 liegt.<br />
Hieraus ergibt sich traditionell eine große Bedeutung der Viehhaltung in dieser Region,<br />
da mit den Wiesen und Weiden eine gute Futtergrundlage geboten ist.<br />
Heute ist neben der Weidehaltung während der Vegetationsperiode zunehmend<br />
Gras- und Maissilage die Futtergrundlage im Winter. Demgegenüber tritt die Heugewinnung<br />
deutlich zurück. Dieses ist <strong>zum</strong> einen witterungsbedingt, da zur Heuernte<br />
eine längere Schönwetterperiode notwendig ist als bei der Silage. Zum anderen haben<br />
sich die Ansprüche an die Qualität des Futters verändert. Die Steigerung der<br />
täglichen Milchleistung einer Kuh und das Bestreben bei der Fleischproduktion die<br />
Mastzeiten zu verkürzen sind nur bei hoher Energiekonzentration und keinem zu<br />
hohem Rohfasergehalt des Futters zu erreichen. Insbesondere die heute üblicherweise<br />
in der Landwirtschaft verwendeten Züchtungen sind sehr anspruchsvoll. Diese<br />
Ansprüche sind aber neben (importiertem) Kraftfutter besonders mit Maissilage als<br />
Futtergrunglage eher zu erreichen als mit Heu. Bei der Grassilage ist man bestrebt,<br />
möglichst junges Gras zu ernten, um eine ähnlich hohe Qualität wie bei Mais zu er-
168<br />
reichen. Dieses führt zu einer intensiveren Grünlandnutzung mit folgenden Entwicklungen:<br />
• stärkere Düngung des Grünlandes mit Mineraldünger zur Ertragssteigerung<br />
(dieses führt zu einer Veränderung und Verarmung der Pflanzengesellschaften),<br />
• frühzeitigere Nutzung (Grasschnitt oder Beweidung) und häufigere Nutzungsintervalle<br />
(4-5 Schnitte auf intensivem Grünland),<br />
• Drainage, um Fläche noch früher bewirtschaften zu können (bei längerer Trokkenheit<br />
im Sommer kann dann Bewässerung notwendig werden),<br />
• Umbruch von Grünland, daß durch die Entwässerung auch als Ackerfläche nutzbar<br />
ist, um weitere Anbauflächen für Futtermais zur Verfügung zu haben (in Überschwemmungsgebieten<br />
und Hanglagen kann es hierdurch zu verstärkter Bodenersion<br />
kommen).<br />
Die früher weitverbreitete vielfältige Viehhaltung mit Rindern, Schafen, Ziegen, Pferden<br />
und Schweinen ermöglichte eine differenzierte Nutzung des Grünlandes entsprechend<br />
seiner Nutzungsmöglichkeiten und Pflanzenzusammensetzung. Die verschiedenen<br />
Tierarten hatten unterschiedliche Ansprüche an Futter und Pflege. Der<br />
Bauer konnte die Wiesen und Weiden ihrem Potential entsprechend bewirtschaften<br />
und ein differenziertes Nutzungsmosaik entstand. Heute sind Rinder und Schweine<br />
die dominierenden Arten in der intensiven Viehhaltung. Die Bewirtschaftung der<br />
Wiesen und Weiden wird dem Rationalisierungsdruck angepaßt. Ertragsarme Flächen<br />
fallen ganz aus der Nutzung heraus und verbuschen (oder müssen durch<br />
Landschaftspflege erhalten werden), während die übrigen Flächen intensiver genutzt<br />
werden. Entsprechend sind die Grünlandnutzungen vereinheitlicht.<br />
Unter extensiven Bedingungen geworbenes Futter muß aber nicht grundsätzlich von<br />
schlechterer Qualität sein, wenn auch die Erträge geringer sind. Während zur Ertragsentwicklung<br />
bei zunehmender Intensivierung der Grünlandwirtschaft viele Untersuchungen<br />
erfolgten, gibt es bisher über die Auswirkungen der Extensivierung nur<br />
wenige wissenschaftliche Ergebnisse. Zusätzlich treten hier die Standortunterschiede<br />
wesentlich deutlicher zutage, so daß die Übertragbarkeit auf andere Gebiete<br />
nicht ohne weiteres möglich ist. Die Landwirtschaftskammern Weser-Ems 93 und<br />
Hannover 94 haben Untersuchungen zu Ertragsausfällen unter Naturschutzauflagen<br />
durchgeführt. Die Versuche in den "Borgfelder Wümmewiesen" ergaben einen 40-<br />
prozentigen Ertragsrückgang bei der "Naturschutznutzung" (keine Dünugng, späte<br />
erste Mahd) (WWF 1992). Bei den Versuchen der LWK Hannover konnten in der<br />
Naturschutzvariante gleiche Trockenmasseerträge im Jahresdurchschnitt erzielt<br />
werden, wie bei eineer mittelintensiven Nutzung (drei Schnitte, erste Mahd 15.6.,<br />
100 kg Stickstoff/ ha pro Jahr) (ebenda). Unter extensiven Bedingungen scheint es<br />
also große Ertragsschwankungen zugeben, wobei die Versuche auch zeigen, daß<br />
eine genau abgestimmte Nutzung die optimale Ertragsentwicklung stärker beeinflußt<br />
als bei intensiven Nutzungsformen. Hier sind also weitere Untersuchungen und Erfahrungen<br />
notwendig.<br />
Ein weiteres wichtiges Kriterium neben dem Ertrag ist die Futterqualität, die für die<br />
Futterverwertbarkeit durch das Vieh ausschlaggebend ist. Eiweißgehalt und Rohfa-<br />
93 "Versuch zur Ermittlung landwirtschaftlicher Nutzungsausfälle durch Naturschutzauflagen" im Naturschutzgebiet<br />
"Borgfelder Wümmewiesen" bei Bremen von 1985 -1989<br />
94 Landschaftspflegeversuche der Landwirtschaftskammer Hannover 1965 -1987; durchgeführt von v. Borstel (KTBL: Auswirkungen<br />
von Naturschutzauflagen auf die Grünlandbewirtschaftung; Arbeitspapier 131, Darmstadt, 1988)
169<br />
seranteil sind hierfür Meßwerte. Die Verdauungsleistung der Tiere ist aber in diesem<br />
Zusammenhang ebenfalls ein wichtiger Faktor. Rinder und Schafe sind von Natur<br />
aus durch ihren Wiederkäuermagen gut für die extensive Weidewirtschaft geeignet.<br />
Die heutigen Hochleistungsrinder sind allerdings viel stärker auf energiereiches<br />
Futter angewiesen, als die alten Haustierrassen, die auch (älteres) rohfaserreiches<br />
Gras noch gut verwerten können. Wenn die Verdauungsphysiologie der Tiere von<br />
Jugend an gefördert würde, könnte sie durchaus schlechtere Futterqualitäten gut<br />
verwerten (WWF 1992). Die Nutzung alter standortangepaßter Rinderrassen oder<br />
der sogenannten Robustrassen ausländischer Abstammung sind also für die extensive<br />
Grünlandwirtschaft besonders geeignet. In Norddeutschland gibt es allerdings<br />
kaum noch alte Züchtungen, da sie unter den intensiven Bewirtschaftungsbedingungen<br />
von Einkreuzungen mit Fleckvieh und Schwarzbunten verdrängt wurden.<br />
In anderen Regionen gibt es noch typische Rinderrassen, die auf ihre Eignung<br />
zu prüfen wären: Altes "Oldenburger"-Rind, Vogelsberger Rind, Vogesenrind,<br />
Murnau-Werdenfels, Limpurger, Hinterwälder, Rheinisches Glanrind. Hinzu kommen<br />
die Robustrassen ausländischer Abstammung: Galloway, Highland-Cattle, Shorthorn,<br />
Aberdeen-Angus (als Einkreuzung mit Fleckvieh oder Schwarzbuinten auch<br />
Deutsch-Angus), Fjäll-Rind, Welsh-Black. Hier sollten wegen der Gefahr der Krankheitseinschleppung<br />
(Stichwort: BSE) nur Tiere aus deutschen Züchtungen verwendet<br />
werden. Der hohe Preis für Zuchttiere erschwert den Aufbau großer Herden dieser<br />
Rassen.<br />
Das Leitbild einer umweltgerechten Landwirtschaft muß die natürlichen Bedingungen<br />
und Standortansprüche einerseits und die ökonomischen Anforderungen der<br />
Landwirtschaft integrieren. Der Erhalt des Grünlandes bei gleichzeitig <strong>zum</strong>indest in<br />
Teilbereichen zu extensivierender Nutzung muß eine Futtergrundlage für die Viehhaltung<br />
schaffen, und die Produkte Milch und Tiere bzw. Fleisch müssen gewinnbringend<br />
zu vermarkten sein.<br />
Die Rindermast hat einige Vorteile gegenüber der Milchviehhaltung auf extensivem<br />
Grünland, auch wenn sie unter heutigen Marktbedingungen häufig ebenfalls intensiv<br />
betrieben wird. Bei dem reduzierten Flächenbesatz (1,4 GVE/ ha 95 auf Naturschutzflächen<br />
gegenüber 2 GVE/ ha und mehr auf Intensivflächen) ist durch die geringere<br />
Betreuungsintensität der Arbeitsmehraufwand relativ geringer als bei der<br />
Milchviehhaltung. Auch die Nutzung von weniger hochwertigem Gras ist eher möglich.<br />
Besonders günstig ist hier die Mutterkuhhaltung zu bewerten. Bullenmast stellt<br />
höhere Ansprüche an die Futterqualität.<br />
In der Untersuchungsregion gibt es viele Betriebe mit Viehhaltung, so daß gute Voraussetzungen<br />
(vorhandene Gebäude und Erfahrungen) für eine extensive Rindermast<br />
bestehen. Da diese Betriebe meist als Gemischtbetriebe klassifiziert sind, ist<br />
die Futtergrundlage vielfältig. Auch unter dem Gesichtspunkt des ökologischen<br />
Landbaus ist eine extensive Viehhaltung günstig. Die Viehhaltung, besonders Rinderhaltung,<br />
ist integraler Bestandteil der Hofbewirtschaftung. Das Weidevieh düngt<br />
die Grünlandflächen und der anfallende Wirtschaftsdünger (Stallmist und Gülle)<br />
steht zur Düngung der Ackerflächen zur Verfügung<br />
Die Förderung der extensiven Viehhaltung muß allerdings durch Aktivitäten auf den<br />
Sektoren der regionalen Verarbeitung und Vermarktung begleitet werden. Nur wenn<br />
Preise über dem Marktdurchschnitt erzielt werden, kann der Mehraufwand durch die<br />
extensive Arbeitsweise ausgeglichen werden. Mit einer flächendeckenden umweltge-<br />
95 Großvieheinheiten pro Hektar; 1 GVE = 500 kg Lebendgewicht
170<br />
gerechten Landwirtschaft im Großschutzgebiet Elbtalaue ist die Möglichkeit der<br />
Qualitätsproduktion gegeben, die die Voraussetzung für gezielte regionale Verarbeitung<br />
und Vermarktung ist. Zur Förderung des Absatzes regionaler Qualitätsprodukte<br />
aus ökologischem Landbau bieten sich folgende Maßnahmen an:<br />
Gründung einer Erzeugergemeinschaft für "Qualitätsfleisch aus dem Elbetal"<br />
Die unter extensiven und artgerechten Bedingungen gehaltenen Rinder lassen sich<br />
nur zu einem höheren Preis vermarkten, wenn <strong>zum</strong> einen eine hohe Qualität<br />
(geringer Fettgehalt, Zartheit, geringer Bratenverlust) gewährleistet ist und <strong>zum</strong> anderen<br />
diese Qualität für den Verbraucher durch Kennzeichnung und Marketing erkennbar<br />
ist. Gegenüber der Fleischgüte haben die Haltungsbedingungen bisher kein<br />
so hohes Gewicht bei der Kaufentscheidung. Krankheitsprobleme (BSE, Schweinepest,<br />
etc.) und Skandale (unwürdige Tiertransporte), die hauptsächlich durch Massentierhaltung<br />
und entsprechende Fütterungs- und Verarbeitungsbedingungen verursacht<br />
werden, lassen aber die Sensibilität der Bevölkerung für artgerechte Tierhaltung<br />
steigen.<br />
Eine regionale Erzeugergemeinschafte mit einem Markenzeichen für Qalitätsfleisch<br />
aus artgerechter Tierhaltung 96 ist für die Vermarktung ein gutes Instrument. Der finanzielle<br />
und organisatorische Aufwand ist so eher zu leisten als bei einzelbetrieblichen<br />
Aktivitäten. In den landwirtschaftlichen Betriebsablauf lassen sich Anforderungen<br />
der Kundenlnnen oft schwer integrieren. Erzeugergemeinschaften können ein<br />
vielfältiges und über das Jahr konstantes Angebot gewährleisten. Damit sind sie<br />
auch für Großabnehmer, wie Großküchen, Gastronomie und Lebensmittelhandel<br />
interessanter, als für Einzelbetriebe, da sie regelmäßig beliefert werden wollen.<br />
Gleichzeitig kann eine Erzeugergemeinschaft eine stärkere Verhandlungsposition<br />
aufbauen, als dies bei einzelbetrieblicher Vermarktung möglich wäre. Gleiches gilt<br />
für das Verhältnis zu Verarbeitungsbetrieben.<br />
Direktvermarktung ab Hof<br />
Die Direktvermarktung von Obst und Gemüse ab Hof ist für viele Betriebe des ökologischen<br />
Landbaus ein lohnendes Standbein. Ein Fleisch- und Wurstangebot kann<br />
das Angebot abrunden. Untersuchungen zeigen, daß viele Kunden des Naturkosthandels<br />
und von Hofläden zwar wenig Fleisch konsumieren, allerdings wäre für ein<br />
qualitativ hochwertiges Fleischangebot aus artgerechter Tierhaltung eine Nachfrage<br />
durchaus vorhanden. Günstige Bedingungen für eine Direktvermarktung haben<br />
stadtnahe Höfe, so daß in der bevölkerungsarmen Elberegion hier nur einige Höfe<br />
eine Nische finden können. Aufgrund der Hygienevorschriften für den Fleischverkauf<br />
ist ein Kundenlnnenstamm von Vorteil, der eigene Vorratsmöglichkeiten hat und<br />
größere Partien (1/8, 1/4, 1/2) in zerlegtem Zustand abnimmt.<br />
Zusammenarbeit mit Metzgereien oder Schlachthöfen in der Region<br />
Der direkte Verkauf von Schlachtvieh an Metzgereien bringt im allgemeinen höhere<br />
Erlöse als der Verkauf an Schlachthöfe, da hier ein Handelsschritt ausgelassen wird.<br />
Für Qualitätsfleisch können Metzgereien einen höheren Preis erzielen, besonders<br />
96 Beispiele für entsprechende Markenzeichen sind Neuland (mit einem eigenem Netz von Metzgereien) und die Erzeugergemeinschaft<br />
Eichhof aus Osnabrück (deren Mastbedingungen allerdings nur teilweise extensiven oder ökologischen Kriterien<br />
entsprechen)
171<br />
wenn sie einen festen Kundenlnnenstamm haben und ein festes Qualitätssortiment<br />
anbieten.<br />
Metzgereien können auch mit der Schlachtung beauftragt werden, während der Hof<br />
ganz oder teilweise den Verkauf der Wurst und des Fleisches übernimmt. Hier sind<br />
die Hygienevorschriften für die Landwirtschaftsbetriebe leichter zu erfüllen.<br />
Denkbar wäre ebenfalls die getrennte Schlachtung und Zerlegung von extensiv gehaltenen<br />
Rindern in den Schlachthöfen der Region. Die Landwirte könnten dann die<br />
Vermarktung ihres eigenen Schlachtviehs selbst übernehmen, oder das Fleisch<br />
würde als besondere Handelsqualität verkauft.<br />
Vermarktung über die regionale Gastronomie<br />
Die Außerhausverpflegung hat mittlerweile einen hohen Stellenwert und ist weiter im<br />
Wachsen begriffen. Somit hat sie auch für die Vermarktung von Quatitätsfleisch eine<br />
hohe Bedeutung. Derzeit werden häufig Gerichte mit Produkten aus kontrolliert biologischem<br />
Anbau mit vegetarischen Gerichten gleichgesetzt, wodurch nur eine begrenzte<br />
Konsumentenlnnenschicht angesprochen wird. Durch die Kombination mit<br />
Gemüse aus kontrolliert biologischem Anabu und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung<br />
können also positive Absatzeffekte erreicht werden. Das Angebot regionaler<br />
Produkte, möglicherweise in Kombination mit Aktionswochen in Kantinen und Restaurants<br />
könnte gleichzeitig das Interesse für regionale Produkte im Zusammenhang<br />
mit Naturschutz und Landwirtschaft bei den Bewohnern und Gästen steigern.<br />
Kooperation mit dem Lebensmittelhandel<br />
Ebenso wie in Zusammenarbeit mit Metzgereien ist dieses mit Lebensmittelgeschäften<br />
möglich, die das Qualitätsfleisch aus der Region in ihr Sortiment mit aufnehmen.<br />
Auf Erzeugerseite ist hierfür die Gründung einer Erzeugergemeinschaft (s.o.) von<br />
Vorteil, die die Schlachtung organisiert und somit den Geschäften zerlegte Fleischpartien<br />
anbieten kann.<br />
2.5.3.2 Handlungsfeld Milch<br />
Für den Weg einer regionalen Verarbeitung und Vermarktung von Milch und Molkereiprodukten<br />
liefern die Milch-Kooperative GmbH in Lüchow im Wendland und die<br />
Molkereigenossenschaft Lüchow ein gutes Beispiel. Hier bestehen bereits Erfahrungen<br />
in der Verarbeitung und Vermarktung von Milch aus ökologischer Landwirtschaft.<br />
Milch kann oft nur <strong>zum</strong> konventionellen Auszahlungspreis abgesetzt werden, da<br />
entweder die getrennte Einsammlung oder die Weiterverarbeitung in der Region<br />
nicht möglich ist. Der von vielen Experten als gerechtfertigt angesehene Mehrpreis<br />
von 15-20 Pfennigen pro Liter für Biomilch kann dann nicht erzielt werden. Die Mitgliedsbetriebe<br />
der Milch-Kooperative erhalten für den als Biomilch vermarkteten<br />
Anteil 20 Pfennig über dem Auszahlungspreis für konventionelle Milch. Für die<br />
Restmenge,wird allerdings nur der konventionelle Milchauszahlungspreis gezahlt. 97<br />
Die Zusammenarbeit der Milch-Kooperative mit der Molkerei Lüchow zeigt, daß es<br />
Möglichkeiten gibt, beiden <strong>Seiten</strong> - Erzeugern und Weiterverarbeitung - gerecht zu<br />
werden. Da die Landwirte Mitglieder der Milch-Kooperative sind, kommt ihnen der<br />
Gewinn in Form eines höheren Milchabnahmepreises direkt zugute und bleibt nur zu<br />
einem kleinen Teil in der Zwischenkette hängen. Daß die Molkerei nur im Auftrage<br />
97 mündl. Mittig. der Wendland-Kooperative
172<br />
arbeitet und die Investitionskosten ebenso wie das Vermarktungsrisiko von der<br />
Milch-Kooperative getragen werden, zeigt allerdings auch, daß die bestehenden<br />
Verarbeitungsbetriebe sehr zögerlich auf dem Markt für Produkte aus ökologischer<br />
Landwirtschaft aktiv werden.<br />
Direktvermarktungsinitiativen bieten sich für die Milchwirtschaft analog <strong>zum</strong> Handlungsfeld<br />
Fleisch im Direktverkauf ab Hof, über Hofläden, Erzeuger-Verbraucher-<br />
Gemeinschaften und in der regionalen Gastronomie. Aufgrund der Hygienevorschriften<br />
erfordert dieses aber besondere Anforderungen bei der Gewinung und Lagerung<br />
der Milch (Kühlung, Milchkammer), die wegen der hohen Investionskosten oft von<br />
den Betrieben nicht zu erfüllen sind.<br />
Im Bereich der Weiterverarbeitung bestehen z.T. hofeigene Initiativen oder Zusammenschlüsse<br />
von Hofgemeinschaften. So existieren einzelne Hofkäsereien (z.B. auf<br />
einem Hof in der Prignitz) und Initiativen zur direkten Milchabfüllung am Betrieb. In<br />
der östlichen Elbregion noch ansässige Käsereien könnten durch die Umstellung auf<br />
ökologische Produkte Marktnischen erobern.<br />
Wichtig für die Absatzsteigerung von Milchprodukten aus kontrolliert biologischem<br />
Anbau ist ein großes und frisches Angebot, vergleichbar dem konventionellen Sortiment.<br />
Durch die Ausdehnung der Biomilchproduktion in der Elbregion wäre die<br />
hierfür benötigte Milchmenge vorhanden. Die Erzeugung von Vorzugsmilch 98 könte<br />
eine weitere Strategie im Sinne der Qulitätsproduktion sein.<br />
2.5.3.3 Handlungsfeld Gemüse - Kartoffeln - Obst<br />
Im Produktbereich Obst, Gemüse und Kartoffeln haben viele Betriebe bereits Erfahrungen<br />
mit der Direktvermarktung. Besonders bei Kartoffeln werden über diesen<br />
Weg große Mengen vermarktet. Damit ist dieser Bereich weitgehend ausgereizt.<br />
Absatzsteigerungen können hauptsächlich über die Abnahme durch den Handel und<br />
Großverbraucher erreicht werden.<br />
Eine Erzeugergemeinschaft als organisatorisches Dach bietet sich auch hier an.<br />
So kann eine breite und frische Produktpalette aus der Region angeboten werden.<br />
Für die Abnehmerinnen besteht nur ein Ansprechpartner, was ihren Betriebserfordernissen<br />
entgegen kommt. Mit der Erzeugergemeinschaft besteht eine professionelle<br />
Struktur für die Aufnahme der Bestellungen und für die Organisation der Belieferung.<br />
Auf regionale Initiativen, wie die Wendlandinitiative kann aufgebaut werden.<br />
Erfahrungen aus anderen Vermarktungsinitiativen zeigen, daß Großverbraucher<br />
häufig vorverarbeitete Produkte (geschälte Kartoffeln, geputztes und gewaschenes<br />
Gemüse) verlangen. Gründe hierfür sind die Personalkostenreduzierung und die<br />
interne Betriebsorganisation 99 . Hierauf muß eingegangen werden, indem Verarbeitungsbetriebe<br />
(z.B. Kartoffelschälbetriebe) für die getrennte Verarbeitung von biologischem<br />
Gemüse gewonnen werden oder die Erzeugergemeinschaft oder einzelne<br />
Betriebe selbst die Verarbeitung übernehmen. Auf den Höfen fehlt hierfür aber häufig<br />
die Zeit und die Investionen in Maschinen sind hoch. Auch der Bereich der Konservierung<br />
von Obst und Gemüse bietet Ansätze für eine Verarbeitung von Produkten<br />
aus ökologischem Landbau.<br />
98 Als Vorzugsmilch wird Rohmilch (unbehandelt) bezeichnet, die qualitativ hochwertig ist, keine für den Menschen ansteckenden<br />
Erreger enthällt, unter besonderen Anforderungen gewonnen und gelagert wird und auch die mit ihr in Kontakt stehenden<br />
Menschen dürfen keine Krankheitserreger haben. Diese Bedingungen werden regelmäßig amtsärztlich untersucht.<br />
99 Stiftung für die Natur Ravensberg (1994): Direktvermarktung biologischer Produkte an Großverbraucher; 32278 Kirchlengern
173<br />
Über die Erzeugergemeinschaft könnten weiterhin Lebensmittelgeschäfte beliefert<br />
oder eigene Läden eröffnet werden, die z.B. durch einen Pächter geführt werden,<br />
der sich zur Abnahme der regionalen Produkte verpflichtet ( Franchising-System).<br />
Als flußangepaßte Nutzungsvariante der Elbe wäre ein "Marktschiff" denkbar, daß<br />
von der Erzeugergemeinschaft betrieben wird und wöchentlich frisches Gemüse und<br />
Obst in Hafenstädte wie Hamburg und Magdeburg bringt. Der Verkauf erfolgt direkt<br />
vom Schiff. Hierdurch könnte der Bekanntheitsgrad eines regionalen Markenzeichens<br />
über die Region hinaus gesteigert werden.<br />
2.5.3.4 Handlungsfeld Ökologie im Handwerk<br />
Ökologische Vorbildbetriebe des Handwerks können wie die Herstellung regionaltypischer<br />
landwirtschaftlicher Produkte eine Gewinn im Hinblick auf ein natur- und<br />
umweltgerechtes Wirtschaften bedeuten. Ein ökologisches Bewußtsein im Handwerk<br />
in Kombination mit den Bereichen Landwirtschaft und Dorferneuerung (s. auch<br />
die speziellen Landesprogramme zu diesem Thema) könnten die vorhandenen naturräumlichen,<br />
siedlungshistorischen (z.B. Erhaltung intakter Ortsbilder bzw. Anpassung<br />
von Neubauten an die örtlichen Bedingungen) bzw. kulturellen Gegebenheiten<br />
stärken und eine Richtung weisen für eine nachhaltige zukünftige Entwicklung der<br />
Region.<br />
2.6 Zusammenfassung der Entwicklungsperspektiven<br />
Die Ausweisung eines Großschutzgebietes mit einer abgestuften Schutzkonzeption<br />
(Kernzonen, Pufferzonen, Randbereiche) erfordert von der Landwirtschaft eine Orientierung<br />
an den entsprechenden naturräumlichen Gegebenheiten und den abgestimmten<br />
Schutzzielen. Wünschenswert aus ökonomischer Sicht erscheint dabei,<br />
daß die Schutzzielfestlegung so gestaltet wird, daß ein möglichst großer Flächenanteil<br />
in der landwirtschaftlichen Nutzung verbleibt und reine Landschaftspflege - wenn<br />
überhaupt - nur auf die höchste Schutzkategorie beschränkt bleibt. Auch aus ökologischer<br />
Sicht ist eine landwirtschaftliche Nutzung innerhalb des Untersuchungsgebietes<br />
anzustreben, um die seit Jahrhunderten kontinuierlich gewachsene einzigartige<br />
Form der Kulturlandschaft zu erhalten.<br />
Der ökologische Landbau erfüllt unserer Einschätzung nach die ökonomischen und<br />
ökologischen Anforderungen am besten, indem er eine regenerative Nutzung der<br />
Naturraumpotentiale mit der Produktion von qualitativ hochwertigen und gesunden<br />
Lebensmittels verbindet. Konkrete Elemente einer derartigen Strategie sind in den<br />
unten aufgeführten Maßnahmefeldern dargestellt. Mit einem derartigen Ansatz<br />
könnten auch einige der bestehenden Konflikte zwischen Naturschutz und Landwirtschaft<br />
entschärft werden. Unmittelbar ist zunächst eine Verständigung über folgende<br />
Fragen notwendig:<br />
• Umwandlung von Ackerflächen in Grünland im Kerngebiet,<br />
• Sicherung der Milchquoten für die neu gewonnenen Grünlandflächen,<br />
• Höhe und Umfang der Ausgleichsmaßnahmen.<br />
Eine enge institutionelle Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz zur<br />
Verwirklichung dieses Ansatzes ist notwendig (Abbildung 16). Diese Kooperation<br />
darf sich jedoch nicht allein auf eine Verständigung über die Landschaftsnutzung<br />
beschränken, sondern sollte auf die ökonomische Stärkung des ökologischen Landbaus<br />
ausgerichtet sein. In diesem Zusammenhang sollte auch die traditionelle Tren-
174<br />
nung zwischen Landwirtschaftsförderung und allgemeiner Wirtschaftsförderung<br />
überwunden werden. Die kommunale/regionale Wirtschaftsförderung ist insbesondere<br />
aufgefordert, die nachgeordneten Wirtschaftsbereiche der Verarbeitung und<br />
Vermarktung entsprechend den Anforderungen an den Vertrieb von ökologisch produzierten<br />
Nahrungsmitteln zu fördern.<br />
Der regionale Absatz von landwirtschaftlichen Qualitätsprodukten stößt dann auf<br />
gute Bedingungen, wenn sich sowohl Privathaushalte als auch örtliche Großabnehmer,<br />
wie Kantinen, Großküchen, Gastronomiebetriebe im Sinne einer nachhaltigen<br />
Wirtschaftsweise auf die Verarbeitung von ökologischen Produkten umstellen. Auf<br />
diese Weise ergeben sich bspw. aus der konsequent ökologischen Betriebsführung<br />
im Fremdenverkehrsbereich mit einem hohen Anteil regionaler Produkte am Speisensortiment<br />
Synergieeffekte mit dem ökologischen Landbau, die insgesamt die regionale<br />
Wertschöpfung erhöhen. Maßnahmen im einzelbetrieblichen Bereich sollten<br />
also die anderen Akteursgruppen aktiv mit einbeziehen.<br />
Abbildung 16: Handlungsfeld Naturschutzpolitik<br />
Potentiale / Stärken<br />
• Verbindung von Naturschutzzieien,<br />
landwirtschaftlicher<br />
Produktion<br />
und Weiterverarbeitung<br />
der Produkte<br />
Verständigung über Naturschutzziele<br />
(Leitbilder) für<br />
landwirtschaftlich nicht genutzte<br />
Flächen<br />
• Fördermittel von EG,<br />
Bund und Ländern zur<br />
Extensivierung oder umweltgerechten<br />
Bewirtschaftung<br />
• Flexible Handhabung von<br />
Schutzauflagen<br />
Maßnahmen / Förderungsmöglichkeiten<br />
• Stärkung der Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz,<br />
z.B. durch Zusammenarbeit bei der Vermarktung und die<br />
Erarbeitung von Bewirtschaftungskonzepten in Kern-Schutzzonen<br />
• Förderung der Umstellung auf ökologischen Landbau in schon<br />
jetzt extensiv bewirtschafteten Bereichen<br />
• Vermeidung der Trennung in intensiv genutzte landwirtschaftliche<br />
Flächen und extensiv gepflegte Schutzgebiete<br />
Kombination der Landbewirtschaftung mit landschaftspflegerischen<br />
Tätigkeiten dort, wo landwirtschaftliche Nutzung nur<br />
schwer möglich ist (Aue, Überschwemmungsbereiche)<br />
• Ausgleichszahlungen zur Berücksichtigung von Naturschutzzielen<br />
in den Kernzonen des Schutzgebietes<br />
• Bereitstellung von Fördermitteln aus der Flächen-Extensivierung<br />
und dem Vertragsnaturschutz als flankierende Maßnahmen für die<br />
Umstellung auf ökologischen Landbau<br />
• Betriebsstrukturelle Verbesserungen bei ökologischer Produktionsweise<br />
(insbesondere in geschützten Gebieten), z.B. durch Vergabe<br />
von Milch- oder Mutterkuhquoten oder Investitionshilfen zur<br />
Erlangung einer ausgeglichenen Betriebsstruktur<br />
• Einsatz von Monitoring-Untersuchungen auf landwirtschaftlichen<br />
Flächen zur Erkennung von floristischen und faunistischen Entwicklungstendenzen<br />
und flexibler Handhabung von Nutzungsauflagen<br />
(enge Zusammenarbeit mit Naturschutzverwaltungen)
175<br />
Abbildung 17: Handlungsfeld Regionale Strukturpolitik / Wirtschaftsförderung<br />
Potentiale / Stärken<br />
• Große Bedeutung der Rinderhaltung<br />
(Mast, Mutterund<br />
Milchkuhhaltung), z.T.<br />
unter extensiven Bedingungen<br />
• Bestehende regionale<br />
Weiterverarbeitungs- und<br />
Vermarktungsstrukturen<br />
im ökologischen wie konventionellen<br />
Bereich<br />
(Molkereien, Käsereien,<br />
Mühlen, Bäckereien,<br />
Metzgereien, Gemüseverarbeitung,<br />
Schlachthöfe).<br />
• Regionale Wertschöpfungskette<br />
Maßnahmen / Förderungsmöglichkeiten<br />
• Förderung der bereits stark in der Region vertretenenProduktionszweige<br />
(Rindermast, Mutter- und Milchkuhhaltug) für den ökologischen<br />
Landbau<br />
• Regionale Schlachthöfe erhalten oder aufbauen entsprechend<br />
tiergerechter Bedingungen<br />
• Förderung der Betriebe bei notwendigen Modernisierungsmaßnahmen<br />
und insbesondere bei der Umstellung auf die Verarbeitung<br />
und Herstellung von regionalen Qualitätsprodukten oder Erzeugnissen<br />
aus ökologischem Anbau.<br />
• Unterstützung bei der Entwicklung und Vermarktung von regionalen<br />
Qualitätsprodukten zur Erschließung von Marktnischen<br />
• Stärkung der regionalen Wirtschaft durch die Förderung eines<br />
ineinandergreifenden Produktions-, Verarbeitungs- und Dienstleistungsnetzes<br />
(Landwirtschaft - Handwerk - Handel - touristische<br />
und nichtouristische Dienstleister)<br />
• Schaffung neuer Arbeitsbereiche (Arbeitsplätze) bei einer Stärkung<br />
des ökologischen Landbaus durch höheren Arbeitskräfteeinsatz<br />
in Produktion, Weiterverarbeitung, Handel, Vermarktung,<br />
Qualitätskontrolle und Kundinnenberatung<br />
• Orientierung der kommunalen Wirtschaftsförderung an ökologischen<br />
und regionalen Kriterien<br />
• Gründung bzw. Beauftragung von Institutionen der Regionalentwicklung<br />
zur:<br />
* Erarbeitung von Konzepten zur Stärkung regionaler wirtschaftlicher<br />
Potentiale<br />
* Aktivierung und Beratung von Initiativen in der Region<br />
* Moderation von Kontaktaufnahme, Kooperation und Informationsaustausch<br />
zwischen Betrieben der landwirtschaftlichen Produktion,<br />
Weiterverarbeitung, Vermarktung und den Konsumentinnen
176<br />
Abbildung 18: Handlungsfeld Einzelbetriebe / Vermarktungsstruktur<br />
Potentiale / Stärken<br />
• Existenz von sowohl einzelbetrtieblichen<br />
als auch<br />
großbetrieblichen Strukturen<br />
• Einzelbetriebe, die ökologische<br />
Landwirtschaft betreiben<br />
und teilweise in<br />
Vermarktungsgemeinschaften<br />
zusamengeschlossen sind<br />
• Großbetriebe mit Ansätzen<br />
für vielfältige Produktionszweige<br />
und nachgegliederten<br />
Weiterverarbeitungsschritten<br />
• Größere Anzahl von Höfen<br />
mit Direktvermarktung<br />
und Urlaubsangeboten<br />
Maßnahmen / Förderungsmöglichkeiten<br />
• Unterstützung der gleichberechtigten spezifischen Entwicklung<br />
von regional kleinstrukturierter Landwirtschaft und Großbetrieben<br />
• Gemeinschaftliche Anschaffung von Maschinen und Betrieb von<br />
Weiterverarbeitungsanlagen<br />
• Gründung von Erzeuger- oder Liefergemeinschaften<br />
• Aufbau neuer Geschäftsbeziehungen zu regionalen Weiterverarbeitungsbetrieben<br />
• Einbindung der Konsumentinnen in Vorgänge und Grundsätze<br />
über Herstellung und Weiterverarbeitung von Produkten aus regionalem<br />
ökologischen Landbau (z.B durch Erzeuger-<br />
Verbraucher-Gemeinschaften)<br />
• Gründung von Vereinen, Agenturen o.ä., welche eine Schnittstelle<br />
bilden zwischen Erzeugerinnen und Weiterverarbeitung und<br />
(Groß-) Verbrauchern:<br />
* Belieferung von Großabnehmern (Kantinen, Gemeinschaftsverpflegung<br />
und Gastronomie)<br />
* Aufbau eines eigenen Vermarktungsnetzes (Hofläden, Marktstände,<br />
Lieferservice) und Kooperation mit bestehende Geschäften<br />
(Bäckereien, Metzgereien, Lebensmittelhandel)<br />
• Umstellung auf ökologischen Landbau und damit großflächige<br />
Anwendung ausgewogener Fruchtfolgen<br />
• Kombination verschiedener Produktionszweige im Zusammenhang<br />
mit einer innerbetrieblichen Kreislaufwirtschaft<br />
• eigener Aufbau von Weiterverarbeitungsanlagen durch größere<br />
Hofflächen<br />
• Wahrnehmung öffentlicher und sozialer Aufgaben durch größere<br />
Hofgemeinschaften<br />
• Wahrnehmung individueller Freiräume durch Aufteilung der Hofarbeit<br />
innerhalb der Gemeinschaft<br />
• Entwicklung von spezifischen touristischen Angeboten im landwirtschaftlichen<br />
Bereich:<br />
* Zusammenarbeit von mehreren Betrieben bei Hofläden oder<br />
Freizeitangeboten, die den Urlaubern auch die Produktionsbedingungen<br />
des ökologischen Landbaus verdeutlichen.<br />
* Konzeptionelle Zusammenarbeit mit den Fremdenverkehrsbetrieben<br />
3. Analyse und Entwicklungsperspektiven des touristischen Angebots<br />
3.1 Ziele, Bergriffsklärungen und Aufbau<br />
Ziel der folgenden Ausführungen ist es, ein Grundgerüst zur Abschätzung der gegenwärtigen<br />
ökonomischen Bedeutung des Fremdenverkehrs darzulegen und Ansatzpunkte<br />
aufzuzeigen, wie der <strong>Ausbau</strong> des Tourismus als ein Baustein einer ökologischen<br />
Regionalentwicklung im Gebiet des geplanten Großschutzgebietes Elbtalaue<br />
vorangetrieben werden kann.
177<br />
Die Begriffe Fremdenverkehr und Tourismus werden im Rahmen dieser Arbeit als<br />
Synonyme für den gleichen, im folgenden definierten Sachverhalt verstanden. Unter<br />
Fremdenverkehr bzw. Tourismus werden generell Ortsveränderungen einer Person<br />
verstanden, die Freizeit- und Erholungszwecken dienen. Ebenfalls dem Tourismus<br />
zugeordnet werden Geschäftsreisen, Tagungsbesuche und ähnlich motivierte Anlässe.<br />
Von Fremdenverkehr spricht man auch dann, wenn eine Region vornehmlich<br />
das Ziel von Tagesbesuchern ist. Zu unterscheiden ist dann zwischen Übernachtungs-<br />
und Tagestourismus. 100 Nicht hinzu gezählt werden hingegen Ortsveränderungen,<br />
die im Zusammenhang mit einem Dauerarbeitsplatz oder Einkaufsfahrten<br />
stehen. Berufspendler- und Einkaufsfahrten sind damit definitorisch ausgeschlossen.<br />
Den Ausführungen liegen folgende Annahmen zugrunde:<br />
• Im Tourismus erzielbare Einkommen sind dann besonders interessant, wenn diese<br />
in der Region bleiben und dort zur Sicherung von Arbeitsplätzen beitragen.<br />
• Touristische Entwicklung sollte nicht als "Rettungsanker" , sondern als Baustein<br />
einer regionalwirtschaftlichen Förderung verstanden werden. Eine Monostrukturierung<br />
der Region hätte nämlich ebenfalls negative naturräumliche Wirkungen,<br />
wie auch aus der tourismusreformerischen Diskussion bekannt ist, die unter dem<br />
Schlagwort des "sanften Tourismus" geführt wird.<br />
• Der Einfluß einer Region auf die Nachfrage ist begrenzt. Gerade "sanfter" Tourismus<br />
erfordert in erster Linie eine Beeinflussung der lokalen Angebotsstruktur,<br />
die sich an den bekannten Erkenntnissen zu den Bedürfnissen der sogenannten<br />
"Ökotouristen" ausrichten müsste. Die Erzeugung einer umweltbewußten touristischen<br />
Nachfragestruktur ist ein komplexer Prozeß, der nicht alleine von den Regionen<br />
gesteuert werden kann. Regionen können andererseits durch eine umweltbewußte<br />
touristische Angebotsplanung <strong>zum</strong> "Trendsetter" werden und vorhandene<br />
Tendenzen auf der Nachfrageseite verstärken<br />
• Ein an den Kriterien der Umwelt- und Sozialverträglichkeit orientiertes touristisches<br />
Angebot sollte sämtliche Komponenten einer Leistung berücksichtigen. Im<br />
einzelnen sind hier zu nennen: Beherbergung, Gastronomie, Verkehr, touristische<br />
Infrastruktur, Ortsgestaltung/ Siedlungsstruktur, Landschaftsqualitäten, Service/<br />
Marketing. Sämtliche Bereiche sind in ihrer Quantität und Qualität zu erfassen<br />
und im Hinblick auf die angestrebten Ziele der regionalen Entwicklung zu bewerten.<br />
Um die oben genannten Zielsetzungen zu überprüfen, gehen wir wie folgt vor<br />
In Kapitel D1 wurde zunächst der Raum in seiner Größe beschrieben, der gegenwärtigen<br />
Stand der naturschutzfachlichen Rahmenplanung dargestellt und erste Hypothesen<br />
im Hinblick auf die sozio-ökonomische Situation des Raumes entwickelt.<br />
An dieser Stelle befassen wir uns mit den konzeptionellen Grundlagen eines<br />
"sanften Tourismus" und stellen am Beispiel der gegenwärtig verfügbaren Erkenntnisse<br />
zu den Wirkungen "harter" und "sanfter" touristischer Angebotsplanung dar,<br />
welche regionalökonomischen Auswirkungen diese beiden Entwicklungspfade allgemein<br />
aufweisen. Darauf aufbauend werden die folgenden Fragen behandelt:<br />
100 vgl. hierzu DWIF: Strukturanalyse des touristischen Arbeitsmarktes, München 1991, S. 4ff
178<br />
• Wie stellt sich die gegenwärtige Nachfragestruktur im Umfeld des Großschutzgebietes<br />
Elbtalaue dar?<br />
• Von welchem Nachfragepotential ist, gerade im Hinblick auf sanften Tourismus,<br />
auszugehen?<br />
• Welche regionalökonomische Bedeutung (bezogen auf die Anzahl der Arbeitsplätze)<br />
hat der Tourismus in dem Gebiet bereits heute, womit ist zukünftig zu<br />
rechnen?<br />
• Wie müßte die touristische Angebotsplanung ausgerichtet werden, damit zusätzliche<br />
Nachfragepotentiale erschlossen werden?<br />
Ein Fazit aus den konzeptionellen und empirisch gestützten Überlegungen zu den<br />
regionalökonomischen Chancen des Tourismus im geplanten Großschutzgebiet<br />
Elbtalaue schließt diesen Teil ab und stellt die wichtigsten Vorschläge übersichtsartig<br />
dar.<br />
3.2 Tourismusentwicklung als ein Baustein einer ökologische Regionalentwicklung<br />
- konzeptionelle Überlegungen<br />
Der Tourismus ist insbesondere in den neuen Bundesländern der einzig ernstzunehmende<br />
Hoffnungsschimmer für eine (kurzfristig wirksame) wirtschaftliche Belebung,<br />
wobei auch dieser (im Gegensatz zu den Niedersächsischen Teilgebiet) aufgrund<br />
der besonderen historischen Bedingung (Stichwort Sperrgebietsverordnung)<br />
quasi "aus dem Stand heraus" entwickelt werden muß.<br />
3.2.1 Zur Diskussion um die Ausweisung von Großschutzgebieten<br />
Biosphärenreservate sind großräumige Gebiete, die aufgrund des 1970 ins Leben<br />
gerufenen UNESCO-Programmes "Der Mensch und die Biosphäre" (MAB) von der<br />
UNESCO offiziell als Bestandteil eines internationalen Biosphärenreservat-Netzes<br />
anerkannt worden sind und eine größere internationale Bedeutung haben. Biosphärenreservate<br />
übernehmen nach Kaether (1994) folgende Funktionen:<br />
• Erhalt der historisch gewachsenen Kulturlandschaften,<br />
• Bewahrung genetischer Ressourcen,<br />
• Teilaufgaben einer international vernetzten langfristigen Umweltbeobachtung.<br />
Im Gegensatz zu Nationalparken seien in Biosphärenreservaten explizit auch wirtschaftliche<br />
Nutzungen möglich bzw. notwendig 101 . Bürget (1993) bezeichnet es als<br />
Ziel von Biosphärenreservaten, die Natur zu schützen sowie Kulturlandschaft zu<br />
pflegen und zu entwickeln. "Durch Forschung in Biosphärenreservaten sollen neue<br />
Wege für ein partnerschaftliches Zusammenleben von Mensch und Natur entwickelt,<br />
erprobt und beispielhaft umgesetzt werden."<br />
Die Vorteile, die eine Region durch die Ausweisung eines Großschutzgebietes gewinnen<br />
könnte, lassen sich (soweit dieses möglich ist) wie folgt benennen:<br />
- nicht monetarisierbare Vorteile<br />
101 Kaether weist jedoch auch daraufhin, daß bei der Nationalparkausweisung -beispielsweise Bayerischer Wald- wirtschaftliche<br />
Gründe - Belebung des Fremdenverkehrs - eine wichtige Rolle gespielt haben. Dadurch seien die eigentlichen Schutziele<br />
und die Prioritäten der Zielsetzung: 1. Natur schützen, 2. Bildung bieten, 3. Erholungsmöglichkeiten schaffen, gefährdet<br />
worden. Deshalb gehe man jetzt dazu über, den Nationalparken die Funktion von "Naturentwicklungslandschaften" zuzuweisen,<br />
und die wirtschaftliche Nutzung nur auf bestimmte Erschließungszonen innerhalb des Nationalparks zu beschränken.
179<br />
Hierzu zählen: Schutz von Wassereinzugsgebieten, Erhalt der genetischen Vielfalt<br />
und eines reichhaltigen Nahrungsmittelangebotes für die im Gebiet lebenden Tiere<br />
und Pflanzen und damit auch Erhalt der charakteristischen, für den Tourismus attraktiven<br />
Landschaft sowie Tier- und Pflanzenwelt. 102<br />
- direkt monetarisierbare Vorteile<br />
Hierzu zählen vor allen Dingen jene Vorteile, die für die Landwirtschaft und den<br />
Tourismus erwachsen. Gleichzeitig ist festzustellen, daß es bislang nur wenige Untersuchungen<br />
gibt, die diese Vorteile beziffern könnten, da es hier vielfältige methodische<br />
Probleme gibt. So lassen sich beispielsweise die Effekte der Ausweisung der<br />
Nationalpark niedersächsisches und schleswigholsteinisches Wattenmeer schon<br />
alleine deshalb nicht beziffern, weil es sich hier um ein bereits traditionell touristisch<br />
genutztes Gebiet handelt. Nach Kaether gibt es bislang nur eine wirtschaftswissenschaftliche<br />
Arbeit, die sich mit den ökonomischen Auswirkungen eines Großschutzgebietskonzeptes<br />
befaßt. Es handele sich um eine Arbeit von Prof. Kleinhenz<br />
(1982), der anhand einer empirisch ausgerichteten Untersuchung bei Nachfragern<br />
und Anbietern touristischer Leistungen im Gebiet des Nationalparks Bayerischer<br />
Wald versuchte, die Effekte zu beziffern. Danach ergäben sich folgende Effekte einer<br />
Schutzgebietsausweisung:<br />
• Erhöhung des Bekanntheitsgrades der Region und Verstärkung eines positiven<br />
Images. So war beispielsweise für 5,3 % aller Urlauber die Nationalparkausweisung<br />
entscheidener Grund für die Reisezielentscheidung, für weitere 26,2<br />
% war dies ein mitentscheidender Faktor, so daß insgesamt 30 % der touristischen<br />
Nachfrage auf diesen Imagefaktor zurückzuführen waren.<br />
• Für die Anbieter touristischer Leistungen ist die Nationalparkausweisung eine<br />
kostenlose Gemeinschaftswerbung, die dazu beitragen kann, daß die Übernachtungszahlen<br />
und die Kapazitätsauslastung steigt.<br />
• Für bestimmte Wirtschaftszweige ist der durch den Nationalpark bewirkte Besucherzuwachs<br />
von geradezu existentieller Bedeutung (im Bayerischen Wald betrifft<br />
dies inbesondere die Glasindustrie, so daß auch die nicht fremdenverkehrsabhängigen,<br />
konsumnahen Industrien und Handwerke vom Tourismus in<br />
einem Großschutzgebiet profitieren können).<br />
Andererseits zeigen die Ergebnisse auch, daß die regionalwirtschaftlichen Ergebnisse<br />
der Großschutzgebietsausweisung nicht überschätzt werden dürfen.<br />
- Möglichkeiten der Gewinnung zusätzlicher Finanzierungsquellen<br />
Als einer der zentralen Vorteile für die regionalökonomische Entwicklung wurde in<br />
den Gesprächen und in der Literatur hervorgehoben, daß in Großschutzgebieten<br />
eine potentiell größere Anzahl von Förderprogrammen zur Verfügung steht. Da es<br />
Ziel eines Großschutzgebietes ist, eine integrierte Entwicklung ("Partnerschaft von<br />
Mensch und Natur") zu ermöglichen, kann auf die Mittel verschiedenener Bereiche<br />
zurückgegriffen und können diese Mittel gebündelt werden. Zu nennen sind hier vor<br />
allen Dingen die Mittel des Europäischen Strukturfonds (EFRE; EAGFL; ESF), und<br />
spezifische EU-Programme, wie das Instrument der Gemeinschaftsinitiativen und<br />
102 Im Gebiet des geplanten Großschutzgebietes Elbtalaue gilt dies insbesondere für den Erhalt der Überwinterungsmöglichkeit<br />
der Gänse sowie die Brutgebiete der Störche, die bereits zu einem "Markenzeichen" für die Region geworden sind (so z. B.<br />
für die "Wendlandkooperative", einer Direktvermarktungsgesellschaft für die ökologisch erzeugten Lebensmittel der Region)
180<br />
Umweltfinanzierungsinstrumente, zu denen LIFE, LEADER u.a.m. gehören. Auf<br />
Bundes- und Länderebene sind eine Vielzahl von Fördermaßnahmen im Rahmen<br />
der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW-<br />
Mittel), Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes<br />
(GAK-Mittel), sowie Mittel nach dem AFG (ABM-Mittel, LKZ sowie § 249h-<br />
Mittel) zu nennen.<br />
Die Mittelvergabe und die Ausgestaltung der aus den genannten Förderprogrammen<br />
resultierenden bundesländerspezifischen Programme differiert erheblich. Es wäre<br />
die Aufgabe eines separaten Gutachtens, die unterschiedlichen Fördervoraussetzungen<br />
zu analysieren und in ihren Konsequenzen zu beurteilen. Nach den<br />
Ergebnissen der Expertenbefragung könne man beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Dorferneuerungsmittel mit Fremdenverkehrsförderungsmitteln kombinieren,<br />
unabhängig davon, ob ein Dorf bereits als Ganzes in die Dorferneuerung<br />
einbezogen wurde. In Brandenburg existiere diese Möglichkeit jedoch nicht.<br />
Hinzu kommt, daß die Möglichkeit auf mehr Mittel zurückgreifen zu können lediglich<br />
eine notwendige, nicht jedoch hinreichende Voraussetzung für die integrierte ländliche<br />
Entwicklung ist. Ebenso wichtig ist, daß bestimmte Mittelverwendungen Auflagen<br />
unterworfen werden, um auszuschließen, daß z.B. Strukturförderungsmittel für<br />
naturzerstörende Maßnahmen in Anspruch genommen werden. So wird in der Zeitschrift<br />
"Elbtalaue" davon berichtet, daß die Gemeinde Gorleben den Bau eines<br />
Sportboothafens in einem bisher unbebauten, naturräumlich sehr wertvollen Teil des<br />
Gorlebener Hakens plant, und hierfür EG-Strukturförderungsfördermittel im Wert von<br />
40 % der geplanten Investitionskosten in Anspruch nehmen kann. 103<br />
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Diskussion um die Ausweisung von<br />
Großschutzgebieten als ein positives Element regionaler Entwicklung noch am Anfang<br />
steht. Auch wenn die Wirkung auf die Wertschöpfung in einzelnen Wirtschaftsbereichen<br />
noch eine Vielzahl ungeklärter Fragen aufwirft, so sind mit der Ausweisung<br />
eines Großschutzgebietes für den Tourismus in der Summe positive Effekte zu<br />
erwarten.<br />
3.2.2 Fremdenverkehr im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie<br />
Fremdenverkehrspolitik auf der Ebene der Regionen und Gemeinden wird in der<br />
Mehrzahl aller Fälle als Wirtschaftsförderungsaufgabe verstanden. Insbesondere in<br />
strukturschwachen Regionen wie den Neuen Bundesländern wird Fremdenverkehrsförderung<br />
als ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der sozioökonomischen<br />
Lage der einheimischen Bevölkerung gesehen. Die Wertschöpfungsbeiträge<br />
sowie die Arbeitsplatz- und kommunalen Einnahmeeffekte sind wichtige<br />
Kennziffern, an denen die positiven wirtschaftlichen Beiträge des Tourismus festgemacht<br />
werden. Desweiteren wird es durch Fremdenverkehrsförderung ermöglicht,<br />
Infrastrukturen (beispielsweise Schwimmbäder, Verbesserung des ÖPNV) aufzubauen,<br />
die gleichzeitig auch die materielle Lebensqualität der Einheimischen deutlich<br />
verbessern. Insbesondere in strukturschwachen, dünnbsiedelten Regionen ist<br />
die touristische Nachfrage der entscheidende Faktor, um eine hinreichende Auslastung<br />
zu erreichen und ein wirtschaftliches Betreiberkonzept zu ermöglichen.<br />
Eine allein auf diese ökonomischen Effekte abzielende Fremdenverkehrsförderung<br />
hat jedoch in der Vergangenheit die ökonomischen und ökologischen Folgewirkun-<br />
103 "Sportboothafen gefährdet Elbe-Biber, in: Zeitschrift "Elbtaiaue aktuell", Nr.1/1994, S. 9
gen des touristischen Wachstum vernachlässigt. Solche Folgewirkungen sind beispielsweise:<br />
181
182<br />
• Naturzerstörung durch touristische Nutzung,<br />
• Verbauung und "Möblierung" der Landschaft,<br />
• Anstieg der Bodenpreise und Mieten,<br />
• Preisanstieg für Dienstleistungen und im Handel,<br />
• Entstehung einer Fremdenverkehrs-"Monokultur".<br />
Neben diesen unmittelbaren Effekten können jedoch auch langfristige soziale und<br />
ökologische Fehlentwicklungen eingeleitet werden, wie z.B.<br />
• Artenrückgang und und Schädigung ökosystemarer Grundfunktionen,<br />
• Erschöpfung und/oder Überlastung der natürlichen Ressourcen (z.B. Erschöpfung<br />
der Wasserreserven, Gewässer- und Luftverschmutzung, Lärmbelastung insbesondere<br />
durch Auto-Verkehr sowie vermehrtes Abfallaufkommen)<br />
• Defizite im Arbeitsplatzangebot (hoher Anteil saisonaler Arbeitsplätze),<br />
• Verdrängung der ortsansässigen Bevölkerung durch steigende Mieten,<br />
• Aufgabe landwirtschaftlicher Tätigkeiten und dadurch bedingt Verfall von Kulturlandschaft.<br />
Gänzlich ungeklärt (für die hier betrachtete Region jedoch bislang von weniger großer<br />
Bedeutung) ist der Umgang mit dem Phänomen der zeitlich-räumlichen Überlastung<br />
durch touristische Aktivitäten. Das Kernproblem der durch Tourismus bewirkten<br />
Umweltbelastungen liegt u.E. in der Frage, wie man mit den "Mengenproblemen"<br />
(zu viele Menschen wollen sich zur selben Zeit am selben Ort erholen) umgehen<br />
kann.<br />
3.2.3 Wirtschaftliche Chancen einer "sanften" touristischen Angebotsplanung<br />
Über die wirtschaftlichen Chancen eines "sanften" touristischen Entwicklungspfades<br />
ist bislang weniger bekannt, als über die eines "harten" touristischen Entwicklungspfades.<br />
Dies ist nicht verwunderlich, gibt es doch keine großräumig angelegten Modellbeispiele.<br />
Gleichzeitig steigt die Kritik am "harten" Entwicklungspfad, wie zahlreiche<br />
Untersuchungen des (nicht mehr existierenden Studienkreises für Tourismus)<br />
bis Anfang der 90er Jahre zeigen. Diese Kritik führt jedoch nicht notwendigerweise<br />
zur Abkehr von den "harten" massentouristischen Zielen.<br />
Aus der Vielzahl von Studien, die sich mit den Nachfrageentwicklungstendenzen auf<br />
dem Reisemarkt auseinandersetzten, lassen sich keine eindeutigen Schlußfolgerungen<br />
ziehen, die es erlauben würden die wirtschaftlichen Chancen einer "sanft"<br />
touristischen Angebotsplanung zu beurteilen. 104 Vielmehr deuten die Umfrageergebnisse<br />
darauf hin, daß die touristischen Nachfrager zwar eine intakte Natur erwarten,<br />
vielfach jedoch nicht wissen was darunter zu verstehen ist (Problembereich:<br />
104 vgl. insbesondere Studienkreis für Tourismus (Stft), Reiseanalyse 1989 und folgende Jahrgänge, Starnberg; ADAC: Mehr<br />
wissen - Mehr handeln, Bausteine für eine umweltverträgliche Tourimusentwicklung, München, 1991 ;Kirstges, T., Sanfter<br />
Tourismus - Chancen und Probleme der Realisierung eines ökologieorientierten und sozialverträglichen Tourismus durch<br />
deutsche Reiseveranstalter, München 1992; Opaschowski, H.W., Ökologie von Freizeit und Tourismus, Opladen, 1991;<br />
Wöhlert,K. Umweltbewußtsein und Umweltverhalten: "Sanftes" Tourismuspotential - Eine empirische Studie Materialien <strong>zum</strong><br />
Tourismusmarketing 3, Teil 2,Lüneburg, 1992; Robinet, K. u.a.: Auswirkungen eines wachsenden Umweltbewußtseins in<br />
Politik und bei den Verbrauchern auf das unternehmerische Verhalten der touristischen Anbieter, Ergebnisbericht <strong>zum</strong><br />
gleichnamigen unveröffentlichten Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums, August 1993
183<br />
Informationsdefizit); noch alleine Natur <strong>zum</strong> ausschlaggebenden Argument für die<br />
Zielortwahl wird (Problembereich: Vielschichtigkeit der Motive). Vielmehr ist davon<br />
auszugehen, daß eine - wie auch immer definierte - intakte Natur zu den Basiseigenschaften<br />
des "Produktes" Tourismus gehört.<br />
Wenn nachfrageseitig kaum Möglichkeiten zur Beurteilung der ökonomischen Chancen<br />
einer sanft touristischen Angebotsplanung bestehen, bietet sich ein anderer<br />
Weg an: Hierbei handelt es sich um die Erfassung der Erfahrungen jener touristischen<br />
Anbieter, die (nach bestimmten Kriterien gewichtet) bereits als umweltbewußt<br />
bezeichnet werden können.<br />
Dieser Weg beschritt eine für das Bundeswirtschaftsministerium 1993 erarbeitete<br />
Studie. Sie hat - bei allen methodischen Unsicherheiten - Anzeichen dafür zusammentragen<br />
können, daß sich für die Gruppe der Beherbergungsbetriebe, die für eine<br />
umweltbewußte Betriebsführung im Rahmen von Wettbewerben ausgezeichnet<br />
wurden, eine umweltbewußte Betriebsführung auch einzelwirtschaftlich auszahlt.<br />
Die Anzahl der in den alten Bundesländern bekannten Betriebe des Gastgewerbes<br />
mit einer umweltbewußten Betriebsführung, lag Anfang 1993 bei annähernd 300 (ca<br />
1 % aller Beherbungsbetriebe), von denen 157 im Frühjahr 1993 zu ihren Motiven<br />
und Erfahrungen befragt wurden. Dabei ergaben sich u.a. folgenden Ergebnisse<br />
(Robinet 1993):<br />
• Die umweltbewußte Betriebsführung hat sich für die Betriebe (bezogen auf die<br />
Anzahl aller befragten Betriebe) wie folgt ausgewirkt:<br />
• 43,3 Prozent kostenneutral,<br />
• 33,1 Prozent kostensenkend und<br />
• lediglich 19,1 Prozent kostensteigernd.<br />
• Von insgesamt 30 Betrieben, die Kostensteigerung angaben, konnten 46 Prozent<br />
sie über die Preise weitergeben.<br />
• Umweltbewußt wirtschaftende Betriebe haben in ihrer Mehrzahl eine überdurchschnittliche<br />
Kapazitätsauslastung bei durchschnittlichem Preisniveau zu verzeichnen.<br />
• In mehr als 80 Prozent der Betriebe werden die Gästereaktionen auf umweltorientierte<br />
Unternehmensführung als positiv gekennzeichnet. Die Gästereaktionen<br />
werden jedoch im Regelfall nicht aus "harten Fakten" wie beispielsweise sinkende<br />
Energie-und Wasserverbräuche abgeleitet, sondern anhand von Gesprächen. Sie<br />
sind aus Sicht der Betriebe das wichtigste Instrument, um die Reaktionen ihrer<br />
Gäste zu messen.<br />
• Bei rund einem Viertel aller Betriebe hat sich der Energie- und Wasserverbrauch<br />
verringert.<br />
• Daß der Anteil der Stammgäste wächst, wird von 33,5 Prozent aller Betriebe ursächlich<br />
mit ihrer umweltbewußten Betriebsführung in Verbindung gebracht.<br />
Auch auf der Ebene der in die Untersuchung einbezogenen westdeutschen Gemeinden<br />
und Regionen, die mit Umweltinitiativen positiv aufgefallen sind (u.a. Hindelang,<br />
Freudenstadt, Uhldingen/Bodensee, Altmühltal) wurde von positiven Reaktionen<br />
auf die Umweltschutzorientierung berichtet, wobei folgende Beobachtungen<br />
besonders hervorgehoben wurden:
184<br />
• Der Anteil der Stammgäste steigt.<br />
• Die Nachfrage nach naturkundlichen Führungen steigt.<br />
• Die Landwirte, die ökologisch wirtschaften und ihre Produkte direkt vermarkten,<br />
haben einen guten bis sehr guten Absatz zu verzeichnen.<br />
• Das vorhandenen ÖPNV-Angebote ist besser ausgelastet.<br />
• Die Nachfrage nach Leihfahrrädern steigt.<br />
Hinzuweisen ist auch auf die Erfahrung der "Gemeinschaft autofreier Schweizer<br />
Tourismusorte" (GAST), die in den neun ihr angeschlossenen Kommunen, den Autoverkehr<br />
aus den Ortskernen verbannte und in den Jahren zwischen 1984 und<br />
1989 einen Gästezuwachs von sechs Prozent zu verzeichnen hatte. Dies war doppelt<br />
so hoch wie im Durchschnitt der Schweiz. 105<br />
Auch weist beispielsweise BTE/ Futour 106 darauf hin, daß sich durch ein ökologisches<br />
Regional- und Tourismusentwicklungskonzept die regionale Wertschöpfung,<br />
z.B. durch Einsatz regional erzeugter Produkte in der Gastronomie deutlich steigern<br />
läßt. Beispiele aus dem Biosphärenreservat Rhön würden belegen, daß sich der<br />
Wareneinsatz regionaler Produkte von 5 % auf bis zu 60 % steigern läßt.<br />
3.2.4 Vergleich der Wirkungen "harter" und "sanfter" touristischer Entwicklungspfade<br />
Der Großschutzgebietscharakter einer Region wie die Elbtalaue und touristische<br />
Freizeitgroßprojekte schließen sich aus - die Zielvorstellungen sind nicht miteinander<br />
kompatibel. Dennoch zeichnet sich gegenwärtig eine Welle von Planungen für<br />
neue touristische Großprojekte ab und hier inbesondere für solche Anlagen, die das<br />
erfolgreiche niederländische Modell der Firma "Center-Parcs" kopieren wollen. Hierbei<br />
handelt es sich um auf Kurzurlaub angelegte Bungalowsiedlungen mit bis zu<br />
3000 Betten, in deren Zentrum sich ein sogenanntes "subtropisches Spaßbad", als<br />
Mischung aus "Einkaufspassage und Gewächshaus" 107 , befindet.<br />
Aufgrund der mit solchen Großprojekten verbundenen negativen ökologischen und<br />
sozio-kulturellen Auswirkungen, sollen diese hier als "harte" touristische Angebotsplanung<br />
bezeichnet werden.<br />
Auch für die hier betrachtete Region (das Großschutzgebiet Elbtalaue) sind uns<br />
zwei Planungen bekannt geworden, für die eine Planungsanzeige bei der zuständigen<br />
Raumordnungsbehörde abgegeben wurde (Akquapark Lenzen/ Brandenburg),<br />
bzw. die sich auf der Diskussionsebene (in Vielank/ Mecklenburg) befinden. Insbesondere<br />
über den geplanten "Aquapark Lenzen", einem Projekt mit 800 Bungalows/<br />
3000 Betten, ist bereits auf kommunaler Ebene viel diskutiert worden, wobei diese<br />
Planung nach Auskunft von Verwaltungsbeamten auf große Zustimmung in der Bevölkerung<br />
und der Stadtverordnetenversammlung gestoßen sei.<br />
105 zit. nach Kanschik, Nitschke: Die Entwicklung von Fremdenverkehr und Tourismus im Konflikt zwischen ökonomischen und<br />
ökologischen Zielen, Gutachten für den Deutschen Bundestag, Berlin, August 1993, S. 52<br />
106 BTE/ Futour: Großschutzgebiet Elbtalaue mit integriertem Nationalpark, Bestands- und Konfliktlösungsanalyse Tourismus,<br />
Gutachten im Auftrag des Nds. Wirtschaftsministeriums, Zwischenbericht Hannover/ München, 1994, S. 27<br />
107 vgl. Strasdas, Wolfgang: Ferienzentren auf Kosten der Natur?, Faltblatt des BUND, Bonn, 1. Auflage, 1 .März 1993
185<br />
Die Vielzahl von Planungen, die insbesondere in den neuen Bundesländern angesiedelt<br />
werden (insgesamt seien bereits bundesweit 50 Großprojekte -Stand März<br />
1993- bekannt geworden) hat Anlaß zu einer intensiven Fachdiskussion gegeben.<br />
Sie ist zusammenfassend wiedergegeben in einer Schriftenreihe des ILS (Milke u.a.<br />
1993). Zusammen mit den vor Ort geführten Gesprächen ergibt sich nachfolgende<br />
Übersicht. Hierbei handelt es sich um eine Gegenüberstellung ökologisch-ökonomischer<br />
Wirkungen des "harten" und "sanften" Entwicklungspfades, in die folgende<br />
Beurteilungskriterien eingegangen sind:<br />
• Arbeitsplätze in der Entstehungsphase,<br />
• Arbeitsplätze im Betrieb,<br />
• indirekte Arbeitsplatzeffekte,<br />
• Qualität der Arbeitsplätze,<br />
• Steuereinnahmen,<br />
• Planungsrisiko,<br />
• Realisierungsrisiko,<br />
• Betriebsrisiko,<br />
• Imageeffekte,<br />
• ökologische Auswirkungen,<br />
• sozio-kulturelle Effekte,<br />
• Zeitfaktor/ Realisierungszeitraum.<br />
Aus der nachfolgenden Übersicht (Abbildung 19) geht hervor, daß entgegen der<br />
vielfach geäußerten Hoffnungen, die Struktureffekte von Großprojekten geringer<br />
sind, als die der oben definierten "sanften" touristischen Angebotsplanung, die durch<br />
orts- und regionaltypische Unterkunftsmöglichkeiten und vergleichsweise geringere<br />
Umweltwirkungen gekennzeichnet ist.<br />
Hauptnachteil einer "sanften" touristischen Angebotsplanung ist jedoch im Zeitfaktor<br />
zu suchen. Unter den ungünstigen Rahmenbedingungen - wie sie in Kapitel D stichwortartig<br />
beschrieben wurden - erfordert der "sanfte" Weg einen sehr viel "längeren<br />
Atem". Angesichts der prekären sozio-ökonomischen Situation in der sich viele Gemeinden<br />
auf dem Gebiet der neuen Bundesländer befinden, ist davon auszugehen,<br />
daß die Unterstützung für den "sanften" Weg geringer ausfällt, wenn gleichzeitig<br />
eine Möglichkeit besteht, kurzfristig Projekte zu realisieren, auch wenn man durchaus<br />
die Nachteile solcher Projekte sieht.<br />
Unabhängig davon, ob die Planungen im Raum überhaupt auf einer realistischen<br />
Basis stehen (<strong>zum</strong>indest für den ins Auge gefaßten Standort Vielank am Rande eines<br />
Truppenübungsplatzes kann dies bezweifelt werden 108 ) ist an dieser Stelle<br />
darauf hinzuweisen, daß "sanfte" touristische Angebotsplanung, die sich auf lokale<br />
Ressourcen stützen will, in starkem Maße auf innovative Konzepte der Wirtschaftsice<br />
In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, daß die Großprojektplanung durch Steuervergünstigungen<br />
(Sonderabschreibungen für das Gebiet der neuen Bundesländer) begünstigt wird. Dies kann dazu führen, daß an sich unrentable<br />
Projekte an ungeeigneten Standorten durch (unseriöse) Bauträger errichtet werden, die sich wenige Jahre später als<br />
unvermietbar erweisen. Mit der dadurch bewirkten Urbanen Überformung müssen die Gemeinden dann leben, weil ihnen<br />
häufig die finanziellen Mittel für den Abriß fehlen.
186<br />
förderung angewiesen ist. Es reicht nämlich im Regelfall nicht aus, lediglich Fördermittelberatung<br />
bereitzustellen, sondern es ist eine gezielte Beratung und Aktivierung<br />
der Bevölkerung erforderlich, will man die Chancen wahrnehmen, die der Tourismus<br />
in einem Raum bietet. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen,<br />
daß in anderen Regionen der fünf neuen Bundesländer gegenwärtig fünf Modellprojekte<br />
"Einkommenssicherung durch Dorferneuerung" laufen, in denen eine<br />
"Rundumberatung" bis hin zur Begleitung der Antragsteller zu Banken und Behörden<br />
geleistet wird 109 . Würden solche Projekte nicht nur Pilotstandard, sondern Element<br />
der Wirtschaftsförderung, könnte sich möglicherweise der Zeitbedarf <strong>zum</strong> Aufbau<br />
"sanfter" touristischer Strukturen verkürzen.<br />
Abbildung 19: Vergleich der Wirkungen unterschiedlicher Entwicklungspfade für<br />
die touristische Erschließung in einer Region<br />
Beurteilungskriterium<br />
Arbeitsplätze in der<br />
Erstellungsphase<br />
Arbeitsplätze im<br />
Betrieb und<br />
Betten pro Vollzeitarbeitsplatz<br />
indirekte Arbeitsplatz-<br />
Effekte<br />
(Z.B.Einkäufe,<br />
Restaurantbesuche)<br />
Qualität der Arbeitsplätze<br />
"harter" Entwicklungspfad 1 ) "sanfter" Entwicklungspfad 2 )<br />
Rodung der Gelände, Erstellung der<br />
Bungalows (Fertigbauten), Erstellung<br />
des "Herzstücks" (Spaßbad) erfolgt mit<br />
Hilfe auswärtiger Spezialfirmen, ortsansässige<br />
Bauindustrie/ das Bauhandwerk<br />
ist im Regelfall nicht auf<br />
diese Anforderungen eingerichtet<br />
12,7<br />
bei 3000 Betten an einem Standort<br />
= 236 VZA<br />
bei innenorientiertem Konzept nur geringe<br />
Zusatzeinnahmen für örtliche<br />
Gastronomie, Einzelhandel, Landwirtschaft;<br />
Einkauf der benötigten Waren<br />
erfolgt zentral, Berücksichtigung lokaler<br />
Angebote eher unwahrscheinlich, da<br />
Serienprodukte gefragt werden<br />
Managementaufgaben werden von<br />
auswärtigen Arbeitskräften durchgeführt,<br />
für die lokale Bevölkerung bleiben<br />
häufig nur unqualifizierte Tätigkeiten,<br />
vielfach wird die Sozialversicherungsgrenze<br />
nicht überschritten<br />
(weniger als 10 Stunden pro Woche),<br />
Sonn-und Feiertagsarbeit, Reinigungsarbeiten<br />
Restaurierung, Umbau, Erstellung<br />
neuer Beherbergungskapazitäten<br />
kommt im Regelfall zu einem nicht<br />
unerheblichen Teil der ortsansässigen<br />
Bauindustrie/ Bauhandwerk<br />
zugute - positiver Beitrag zur Regionalentwicklung<br />
5,4<br />
bei 3000 Betten an dispersen<br />
Standorten =555 VZA<br />
Der Wertschöpfungsmultiplikator<br />
dieser Form des Tourismus wird mit<br />
1,7 beziffert. Damit trägt der Tourismus<br />
zur Stabilisierung der ökonomischen<br />
Situation des örtlichen<br />
Einzelhandels, der Gastronomie und<br />
des Handwerks bei; die Wertschöpfungsquote<br />
könnte sogar noch gesteigert<br />
werden, wenn es gelingt,<br />
dauerhafte regionale Liefer-<br />
Leistungsverflechtungen zu etablieren;<br />
so daß (bei 3000 Betten) durch<br />
diesen Weg rechnerisch ca. 800 bis<br />
1000 (Vollzeit-) Arbeitsplätze langfristig<br />
entstehen könnten (ohne<br />
konjunkturelle Effekte, die während<br />
der Bauphase entstehen)<br />
Familienbetriebe, Mangementaufgaben<br />
durch einheimische Fachkräfte;<br />
jedoch ebenso häufig unqualifizierte<br />
und sozial nicht abgesicherte<br />
Tätigkeiten wie beim "harten Weg"<br />
1) Erschließung über Urbane Ferienzentren der 2. Generation, innenorientierte Konzepte, mit großen Bungalowsiedlungen, Restaurants<br />
und Läden innerhalb der Anlage, mit einem "Spaßbad" als Zentrum der Anlage<br />
2) Orts-und regionaltypische touristische Entwicklung, gekennzeichnet durch mittelgroße Hotels und Pensionen, Ferienwohnungen<br />
in bestehenden Einrichtungen und unter Einbezug von Maßnahmen der Dorferneuerung Fortsetzung -> b.w.<br />
109 Mündliche Mitteilung Fremdenverkehrsverband West-Mecklenburg, Frau Ohlhöft, April 1994
187<br />
Fortsetzung: Abbildung 19<br />
Steuereinnahmen<br />
Planungsrisiko<br />
Realisierungsrisiko<br />
Betriebsrisiko<br />
Imageeffekte<br />
ökologische Auswirkungen<br />
sozio-kulturelle<br />
Effekte<br />
Große Teile der Gewerbesteuern können<br />
durch erhöhte Abschreibungen<br />
kompensiert werden, nur Teile der<br />
Grunderwerbssteuern und der Grundsteuern<br />
verbleiben im Kreis; lediglich<br />
Fremdenverkehrsabgaben (z.B. 1<br />
DM/pro Übernachtung) verbleiben<br />
vollständig bei der Gemeinde (bei<br />
1 Mio. Übernachtungen ergibt dies DM<br />
1 Mio/a)<br />
Anteile an der Einkommenssteuer hängen<br />
von der Art der Arbeitsplätze ab,<br />
Teilzeit- und sozialversicherungsfreie<br />
Beschäftigungsverhältnisse erbringen<br />
nur geringe Einkommenssteueranteile<br />
hoch, vielfältige Prüfaufgaben durch<br />
Verwaltung, Genehmigungsaufwand<br />
sehr hoch<br />
in Abhängigkeit vom Betreiberkonzept;<br />
ist die Finanzierung nicht gesichert,<br />
kann es dazu kommen, daß die Arbeiten<br />
noch in der Erstellungsphase abgebrochen<br />
wenden - Investitionsruinen<br />
können entstehen<br />
hohe Anfangsinvestitionen erfordern<br />
kontinuierlich hohe Auslastung; kann<br />
dieses nicht gewährleistet werden,<br />
besteht die Gefahr des Entstehens von<br />
Investitionsruinen, mit denen die Gemeinde<br />
alleine gelassen wird<br />
nicht eindeutig abschätzbar, da unterschiedliche<br />
Zielgruppen angesprochen<br />
werden, können sowohl positiv sein<br />
(das Angebot schafft sich seine Nachfrage),<br />
als auch negativ sein<br />
(vorhandene Stammgäste fühlen sich<br />
durch Zusatzbelastung [beispielsweise<br />
Verkehr] gestört)<br />
Störwirkungen abhängig von der<br />
Standortwahl, auf jeden Fall:<br />
- hohe Wasserverbrauchsintensität<br />
- hohes Abwasseraufkommen<br />
- hohe Energieintensität<br />
- hohe Verkehrsintensität<br />
- hohe Abfallintensität<br />
jedoch technische Maßnahmen des<br />
Umweltschutzes leichter zu realisieren,<br />
da auflagenorientierte Steuerung bei<br />
nur wenigen Akteuren zu realisieren ist.<br />
Veränderung des traditionellen Ortsund<br />
Landschaftsbildes durch urbane<br />
Überformung; an den jeweiligen Standorten<br />
von Großprojekten aufgrund der<br />
damit einhergehenden Verkehrsbelastungen<br />
Minderung der Wohnqualität;<br />
in der Planungsphase häufig Spaltung<br />
der Bevölkerung in Gegner/Befürworter<br />
die Steuermehreinnahmen dürften<br />
auf Dauer angelegt höher sein, die<br />
Erhebung von Fremdenverkehrsabgaben<br />
auf lokale Widerstände<br />
stoßen. Im Hinblick auf die Art der<br />
Arbeitsplätze, gelten ähnliche Einschränkungen<br />
wie bei Großprojekten<br />
eher abschätzbar, geringerer Genehmigungsaufwand<br />
für eher "kleinteilige" Vorhaben ist<br />
das Realisierungsrisiko geringer<br />
einzuschätzen, da es eher möglich<br />
ist, ggfs. Nachfolger zu finden<br />
Besitzerwechsel wird bei wirtschaftlichen<br />
Schwierigkeiten des bisherigen<br />
Betreibers leichter zu realisieren<br />
sein, für die Gemeinde ist das Risiko<br />
geringer<br />
nicht abschätzbar, nicht zuletzt auch<br />
abhängig vom Zielgruppenkonzept<br />
und der Art der gewählen Vermarktung<br />
der Region<br />
Störwirkungen abhängig von der<br />
Standortwahl, vergleichsweise geringere<br />
Mengeneffekte in bezug auf<br />
die Umweltbelastungen<br />
technische Maßnahmen des Umweltschutzes<br />
eher schwierig umzusetzen,<br />
da eine Vielzahl von Akteuren<br />
zu berücksichtigen ist<br />
landschaftsangepaßte Architektur<br />
eher möglich, positive Ausstrahlung<br />
auf Dorferneuerungsmaßnahmen,<br />
vegleichsweise geringere, mit Tourismus<br />
einhergehende, Verkehrsbelastungen,<br />
Auseinandersetzungen<br />
auf der kommunalen Ebene dürften<br />
weniger spannungsreich ausfallen
188<br />
Fortsetzung Abbi dung 19<br />
Zeitfaktor/<br />
Realisierungszeitra<br />
um<br />
Quelle: Darstellung des IÖW1994<br />
lange Genehmigungsverfahren, jedoch<br />
dann schnelle Realisierung, kurzfristig<br />
sichtbare Erfolge der Wirtschaftsförderungspolitik<br />
Die Realisierung der positiven regionalwirtschaftlichen<br />
Effekte dieser<br />
Art von Erschließung erfordert einen<br />
"langen Atem"; benötigt längere<br />
Zeiträume , ist in starkem Maße auf<br />
die Investitions- und Risikobereitschaft<br />
der lokalen Akteure angewiesen<br />
3.3 Zur Ausgangssituation für den Tourismus im geplanten Großschutzgebiet<br />
Elbtalaue<br />
3.3.1 Entwicklung und Struktur der touristischen Nachfrage<br />
Die Entwicklung und Struktur der touristischen Nachfrage läßt sich quantitativ nur für<br />
den niedersächsischen Teil des Gebietes der Elbtalaue darstellen, da für die Gebiete<br />
in den neuen Bundesländern eine diesbezügliche Erhebung erst für den Sommer<br />
1994 geplant ist. Es ist jedoch von der Annahme auszugehen, daß sich die Struktur<br />
der (künftigen) Nachfrage in dem Teil der Elbtalaue, der den neuen Bundesländern<br />
zuzuordnen ist, nicht grundsätzlich von der im niedersächsischen Teilgebiet unterscheidet.<br />
Entsprechend lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung und Struktur<br />
der Nachfrage nach touristischen Leistungen im Gebiet des geplanten Großschutzgebiets<br />
Elbtalaue treffen:<br />
• Die Anzahl der Übernachtungen stieg zwischen 1985 und 1989 beständig an und<br />
hat infolge der Grenzöffnung 1990-92 noch einmal einen Schub erfahren, ging jedoch<br />
1992 um 5 % gegenüber dem Vorjahr zurück; nach offiziellen Angaben<br />
(ohne "Schwarzvermietungen") belief sich die Anzahl der Übernachtungen 1992<br />
auf ca. 600.000 für das niedersächsische Teilgebiet (BTE/ Futour 1994, 15 f) Andere<br />
Angaben sprechen von einer Verdoppelung der Übernachtungen im Zeitraum<br />
1975-1990 (Droß/ Drüche 1993).<br />
• Räumlich konzentriert sich der Tourismus auf die Orte Gartow (30 %) und Hitzakker<br />
(40 %), die zusammen annähernd 70 % der Übernachtungen bei einem Bettenanteil<br />
von knapp 61 % zu verzeichnen haben.<br />
• Überdurchschnittlich gut (gemessen an der Kapazitätsauslastung) war 1992 die<br />
Entwicklung in Lüchow (143,9 Tage), während sie in Dannenberg am schlechtesten<br />
war (vgl. Tabelle)<br />
• Die durchschnittliche Verbleibdauer liegt bei 3,5 Tagen; dies spricht dafür, daß<br />
die Region bevorzugt von Kurzurlaubern aufgesucht wird.<br />
In Bezug auf die Nachfragestruktur werden folgende Aussagen getroffen:<br />
• ein großer Teil der Gäste reist aus Hamburg und Berlin an,<br />
• das Ruhrgebiet ist nach Hamburg und Berlin das drittwichtigste Herkunftsgebiet<br />
der Gäste,<br />
• der Anteil an Gästen aus Süddeutschland ist dagegen bisher sehr gering,<br />
• die Region wird v.a. für Wochenend-, Kurz- und Langzeiturlaube aufgesucht,<br />
weniger für Tagesausflüge,
189<br />
• viele Berliner und Hamburger besitzen in der Region Zweitwohnsitze oder belegen<br />
Dauercampingplätze,<br />
• im Gegensatz <strong>zum</strong> angeblichen Klischee der Region als "Billigreisegebiet" gehören<br />
viele Gäste den mittleren und höheren Einkommensklassen an,<br />
• weniger Familien mit Kindern, sondern eher erfolgreiche Angestellte und Freiberufler<br />
sowie Rentner bilden die Hauptgästegruppen." (BTE/ Futour, 1994, S. 16)<br />
Tabelle 51: Touristische Kennwerte im niedersächsischen Teilgebiet des Großschutzgebietes<br />
Elbtalaue (Stand 1992)<br />
Gemeinde<br />
Einwohner Anzahl<br />
Betten<br />
Camping-<br />
Stellplätze<br />
Gäste<br />
Übernachtungen<br />
Betten-<br />
Auslastung<br />
in Tagen<br />
Fremdenverkehrsintensität<br />
Gartow 4.028 1.467 150 27.430 177.019 105,6 4394,7<br />
Lüchow 18.361 676 k.A. 16.426 97.225 143,9 529,5<br />
Dannenberg 13.724 721 100 20.722 80.213 81,7 584,5<br />
Hitzacker 7.160 1.293 260 86.587 228.393 128,2 3189,8<br />
Bleckede 8.562 343 164 14.935 61.382 131,4 716,9<br />
Scharnebeck 11.270 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A.<br />
Neuhaus 6.250 39 0 k.A. k.A. k,A. k.A.<br />
Quelle: BTE/Futour, 1994, S. 16<br />
3.3.2 Nachfragepotentiale<br />
Diese Entwicklung und Struktur der Nachfrage dürfte nicht zufällig sein. Folgende<br />
Einflußfaktoren werden in der Literatur genannt:<br />
• Innerdeutsche Grenze<br />
• Image und Bekanntheitsgrad<br />
• Erreichbarkeit<br />
Die innerdeutsche Grenze zog auf westlicher Seite einen "Grenztourismus" nach<br />
sich, während auf der östlichen Seite das Grenzgebiet Sperrgebiet war. Darüber<br />
hinaus war die Region auf westlicher Seite eines der "Naherholungsgebiete" der<br />
West-Berliner.<br />
Die Auswirkungen der Grenzöffnung auf die Region lassen sich gegenwärtig noch<br />
nicht endgültig abschätzen. Aus niedersächsischer Sicht zeichnen sich dem Bericht<br />
von BTE zufolge folgende positive/ negative Entwicklungsmöglichkeiten ab:<br />
• Positiv zu bewerten sei eine Vergrößerung des Ausflugsangebotes (z.B. Lenzener<br />
Wische, Festung Dömitz, Burg Lenzen).<br />
• Gleichzeitig entstehen auf ostelbischer Seite neue touristische Infrastrukturen,<br />
wodurch sich die Konkurrenzsituation verschärft.<br />
• Die Auswahlmöglichkeiten für die Naherholung der Berliner und Hamburger sind<br />
größer geworden, und dies dürfte sich mittel- bis langfristig negativ auf die Nachfrageentwicklung<br />
auswirken.<br />
• Die innerdeutsche Grenze hat insbesondere für Tagesausflügler einen "Reiz"<br />
ausgeübt ("einmal über die Elbe gucken"); dieser "Reiz" ist nun entfallen.
190<br />
Im Hinblick auf die Frage des Images ist unbestritten, daß die Elbtalaue einen hohen<br />
naturräumlichen Wert aufweist. Kontrovers diskutiert wird die Frage der touristischen<br />
Eignung der Region (Image, Vermarktbarkeit). Hierzu werden im Zwischenbericht<br />
von BTE/ Futour folgende Positionen präsentiert:<br />
• "Aus 'norddeutscher Sicht' ist die wendländische Elbe als traditionelles Radfahr-,<br />
Jugendgruppen-, und Kurzreisegebiet mit einer Reihe von positiven Images besetzt:<br />
Die Elbtalaue ist als naturnahe Landschaft und durch die durch Gorleben<br />
entstandene alternative Kulturszene bekannt.<br />
• Aus der 'Entfernung' heraus wird dies etwas anders gesehen und mit einer gewissen<br />
Berechtigung gefragt, wodurch sich die ländliche Region niedersächsisches<br />
Elbufer eigentlich von anderen attraktiven ländlichen Regionen, z.B. der Nuthe-<br />
Nieplitz-Niederung (Brandenburg), der Region Spreewald etc. unterscheidet. Der<br />
geringe Anteil süddeutscher Gäste bestätigt den geringen Bekanntheitsgrad der<br />
Region als attraktives Urlaubsgebiet außerhalb Norddeutschlands." (BTE/ Futour,<br />
1994, S. 18)<br />
Diese Kontroverse ist insoweit aufschlußreich, als damit auch die Grundfrage der<br />
Positionierung der Region auf dem touristischen Markt angesprochen wird. Die<br />
Grundfrage ist nämlich, welche Zielgruppen die touristischen Entscheidungsträger in<br />
der Region mit ihrem touristischen Angebot gegenwärtig und künftig ansprechen<br />
können, was sie dafür tun müßten, und mit welchen wirtschaftlichen Erfolgen sie<br />
dann rechnen könnten.<br />
Im Hinblick auf die Zielgruppen werden große Hoffnungen auf das Potential der<br />
"Öko-Touristen" bzw. der umweltbewußten Reisenden gelegt. Ihre Anzahl wird je<br />
nach methodischer Ausrichtung entsprechender Marktforschungsstudien auf 5-25 %<br />
aller bundesdeutschen Reisenden geschätzt, ohne daß jedoch Näheres über ihre<br />
Herkunft und Zielortwahl bekannt ist. 110 Mißt man dieses Potential an den vorhandenen<br />
"sanft touristischen" Angeboten, die es als Gesamtkonzept noch kaum gibt,<br />
liegt die Vermutung nahe, daß es ein noch nicht ausgeschöpftes Nachfragepotential<br />
gibt. Andererseits besteht das Problem im Tourismus vor allen Dingen in der "Zahl".<br />
"Ein Naturfreund auf dem Krottenkopf - welch schöne Vorstellung! Eine Gruppe von<br />
zehn Naturfreunden am Piz Palü - warum nicht? Ein Haufen von 300 Naturfreunden<br />
auf dem Weg <strong>zum</strong> Scheinberg (Ammengauer Alpen) - eine Katastrophe." 111<br />
Dies bedeutet, daß insbesondere bei der Angebotsplanung für den Tourismus die<br />
Zusammenhänge zwischen der Zahl der Touristen, Naturraumbelastung und sozialer<br />
Verträglichkeit beachtet werden müssen. Gelingt es bei der Angebotsplanung,<br />
die Anforderungen an die Umweltverträglichkeit zu beachten und sie in ein stimmiges<br />
Marketingkonzept umzusetzen, dürfte das Gebiet der Elbtalaue durchaus Chancen<br />
haben, am Nachfragepotential für Öko-Tourismus zu profitieren.<br />
Dabei kann sich eine zielgruppengerechte Angebotsplanung für der Gebiet der Elbtalaue<br />
auf folgende allgemeine Nachfrageentwicklungstendenzen stützen:<br />
• Berliner und Hamburger haben die höchste Kurzreiseintensität aufzuweisen; die<br />
geographische Mittellage der Region zwischen Hamburg und Berlin wird deshalb<br />
zu Recht in den regionalen Tourismuskonzeptionen der Gebietskörperschaften<br />
110 Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den in Umfragen erhobenen Nachfragepotentialen vgl. Robinet, K. 1993, a.a.O.,<br />
S. 40 ff.<br />
111 Ruhesamen, 1992, S. 45, zit. nach Hopfenbeck/Zimmer, 1993, S. 52
191<br />
(z.B. Lübtheen, Lenzen, Hagenow) als Standortvorteil hervorgehoben<br />
(Opaschowski 1993).<br />
• Die Reisenden werden zunehmend sensibler im Hinblick auf negative Auswirkungen<br />
der Motorisierung; die relative (Auto-) Verkehrsarmut im Gebiet der Elbtalaue<br />
ist deshalb als Stärke zu bewerten, auf die die Region aufbauen kann. Partielle<br />
Engpässe - z.B. Elbuferstr. auf niedersächsischem Gebiet, keine Verkehrsberuhigung<br />
der Innenstädte (Dannenberg, Hitzacker, Lenzen, Dömitz) sind jedoch ab<strong>zum</strong>ildern.<br />
112<br />
• Generell gibt es einen Trend <strong>zum</strong> "Erlebniskonsum", das emotionale Erlebnis wird<br />
auch im Konsum gesucht. "Nur wandern", "Nur Radfahren" wird von vielen Touristen<br />
als "langweilig" begriffen. Unabhängig davon, wie man diesen Trend bewertet:<br />
Gerade naturorientierte Urlaubskonzeptionen und -angebote sollten sich dieser<br />
Herausforderung stellen (beispielsweise durch "Naturerlebnisräume", in denen<br />
um Verständnis für Naturschutzmaßnahmen geworben wird.)<br />
• Der Urlaubsmarkt fächert sich immer stärker auf.<br />
Diese Tendenz läßt sich nach Opaschowski (1993) an den sogenannten<br />
"Reisepionieren" beobachten und ist Ergebnis einer zunehmenden Individualisierung.<br />
Reisepioniere seien "Wegbereiter eines neuen Reisestils", die ihre eigenen<br />
Vorstellungen von Reisen und Urlaubserleben entwickeln, und die vorläufig noch in<br />
der Minderheit sind 113 . Bei den herausgestellten "Reisepioniertypen" sollen diejenogen<br />
Gruppen besonders hervorgehoben werden, die sich gut für eine "sanfte" touristische,<br />
zielgruppengerechten Fremdenverkehrskonzeption der Elbtalaue eignen:<br />
• Kurzurlauber (immer häufiger, dafür kürzer); Großstädter mit Hochschulbildung,<br />
kurz: die Gutverdienenden, die Reiseziele der kurzen und guten Wege bevorzugen<br />
und Erlebnisse beim Einkaufsbummel oder beim Essen landestypischer<br />
Spezialitäten suchen.<br />
• "Ökotouristen" (immer auf der Suche "nach intakter Natur, sauberer Landschaft<br />
und Feriengebieten mit kontrollierter Umweltqualität"); Ökotouristen sind nicht unbedingt<br />
umweltbewußt, sondern ökotouristisch (Kanada, Australien als bevorzugte<br />
Ziele). Es handelt sich um junge, berufstätige und gut verdienende Großstädter<br />
mit Hochschulbildung.<br />
• "Intervaller" (nicht jedes Jahr, "mal verreisen, mal zu Hause bleiben"); Hierzu gehören<br />
vor allen Dingen Familien mit Kindern, die es sich aus finanziellen Gründen<br />
nicht leisten können, jedes Jahr Urlaub zu machen. Ihre Anzahl nimmt in den<br />
letzten Jahren zu 114 , und diese Gruppe stelle auch die genügsamste Urlaubsgruppe<br />
dar: "Sie geben sich schon zufrieden, wenn sie ein Zimmer mit einer<br />
schönen Aussicht haben und es für die Kinder einen Spielplatz in der Nähe gibt,<br />
wenn sie sowohl fernsehen als auch wandern können".<br />
112 BAT-Freizeitforschungsinstitut, Urlaub 90/91<br />
113 vgl. auch Opaschowski, a.a.O., 1993, S. 160 ff.<br />
114 Opaschowski betont, daß die durchschnittlichen Kosten einer 2-Wochen Reise bei DM 1300/pro Person liegen; ein vier<br />
Personen-Arbeitnehmerhaushalt mit mittlerem Einkommen könne jedoch It. statistischem Bundesamt (1991) im Jahr nur DM<br />
2044,- für den gesamten Familienurlaub ausgeben. Hieraus folge, daß für die Durchschnittsverdiener die jährliche Urlaubsreise<br />
zu teuer geworden sei, und sie sich eigentlich nur alle zwei bis drei Jahre eine Urlaubsreise leisten können.<br />
(Opaschoski, 1993, a.a.O. S.40). Dieser Befund steht nicht im Widerspruch zu den allgemeinen Tendenzen auf dem<br />
Reisemarkt, denen zufolge der Reisemarkt zu den Wachstumsmärkten gehört, weist jedoch auf eine zunehmende soziale<br />
Spaltung der Gesellschaft hin.
192<br />
• "Nomaderi" (kurzer Aufenthalt an einem Ort und Weitereise); über ihre Herkunft,<br />
ihren Familienstand und ihr Alter wird nichts ausgesagt, jedoch seien diese "die<br />
eigentlich umwelt-und sozialverträglichen" Touristen; man "begnüge sich mit dem<br />
Notwendigen, bescheide sich mit einer Kochgelegenheit, ist glücklich über vorhandene<br />
Fahrradwege. Man ist durch das Lesen von Reiseführern gut über Land<br />
und Leute informiert und sucht den direkten Kontakt zu den Einheimischen". Sie<br />
würden sich am wohlsten in Skandinavien und in der Türkei fühlen.<br />
3.3.3 Regionalwirtschaftliche Aspekte der Tourismusentwicklung - Modellberechnungen<br />
Je nach methodischer Vorgehensweise wird der Anteil des Tourismus am Bruttosozialprodukt<br />
der Bundesrepublik Deutschland auf zwischen 4,5 und 3 Prozent geschätzt.<br />
Auf der Ebene der Gemeinden und Regionen können die touristischen Umsätze<br />
10 bis 20 % der Wirtschaftskraft ausmachen. Eine weitere wichtige Kennziffer<br />
stellt die Anzahl der Arbeitsplätze dar.<br />
Zur Ermittlung der wirtschaftlichen Bedeutung im Gebiet des Elbetals bedarf es einer<br />
Vielzahl von Informationen, die jedoch in der Regel lediglich auf der Ebene der<br />
Landkreise und dies auch nur für die Landkreise in den alten Bundesländern zur<br />
Verfügung stehen. Um dennoch Aussagen zur gegenwärtigen und möglichen künftigen<br />
Bedeutung des Tourismus im Gebiet des Elebtals zu treffen, wurden auf der<br />
Basis der Daten für den Landkreis Lüchow-Dannenberg Modellberechnungen angestellt.<br />
Sie verfolgen den Zweck, Anhaltspunkte dahingehend zu geben, welche<br />
Größenordnung der Tourismus im Gebiet der Elbetal vor allen Dingen auf dem Gebiet<br />
der neuen Bundesländern einnehmen könnte. Diese Modellrechnungen orientieren<br />
sich an den in einschlägigen Gutachten ermittelten Kennziffern und Berechnungsweisen<br />
und gliedern sich in folgende Arbeitschritte 115 •<br />
• Ermittlung und Berechnung des Nettoumsatzes,<br />
• Berechnung der Wertschöpfung und des Einkommensbeitrags aus übernachtendem<br />
Fremdenverkehr und Ausflugsverkehr, 116<br />
• Berechnung des fremdenverkehrsabhängigen Einkommens bezogen auf die Gesamtwirtschaft<br />
in einem Raum, 117<br />
• Berechnung der potentiellen Arbeitsmarkteffekte. 118<br />
Zur Interpretation der im folgenden präsentierten Berechnungen, die sich auf die<br />
dem Landkreis Lüchow-Dannenberg zuzuordnenden Gemeinden Gartow, Lüchow,<br />
Dannenberg und Hitzacker beziehen, ist an<strong>zum</strong>erken:<br />
115 Zu verweisen ist hier insbesondere auf die Arbeiten des Deutschen Wirtschaftswisenschaftlichen Instituts für Fremdenverkehr<br />
an der Unversität München (DWIF), u.a. Koch, A: (1985): Die Ausgaben für den Fremdenverkehr in der BRD sowie<br />
Schriftreihe des DWIF, Heft 39 (1987): Die ökonomische Bedeutung des Ausflugs- und Geschäftsreiseverkehr und DWIF,<br />
1989: Wirtschaftsfaktor Tourismus, erschienen beim Deutschen Reisebüro Verband, Frankfurt/Main,<br />
116 Den Nettoumsatz multipliziert man mit der angenommenen Wertschöpfung (42 %) und dem Einkommensmultiplikator (1,7)<br />
dividiert diese Summe durch die Anzahl der Einwohner eines Landkreises bzw. Region und erhält so den Einkommensbeitrag<br />
aus übernachtendem Fremdenverkehr und Ausflugsverkehr.<br />
117 Die im zweiten Arbeitschritt ermittelte Summe setzt man ins Verhältnis <strong>zum</strong> durchschnittlichen BIP/pro Einwohner und erhält<br />
so den Anteil des fremdenverkehrsbedingten Einkommens an der Gesamtwirtschaft im Landkreis.<br />
118 Zur Berechung der potentiell voll finanzierbaren Vollarbeitsplätze benötigt man Angaben <strong>zum</strong> Jahreseinkommen je Erwerbstätigen.<br />
Den rechnerisch ermittelten Einkommensbeitrag aus dem Fremdenverkehr dividiert man nun durch das Jahreseinkommen<br />
pro Beschäftigten und erhält somit die Anzahl der Arbeitsplätze. Diese setzt man ins Verhältnis zur Anzahl der SVpflichtig<br />
Beschäftigten in einer Region, inkl. der Teilzeitbeschäftigten und erhält so den Arbeitsmarktanteil des Tourismus.
193<br />
• Abgebildet werden die Struktureffekte des Tourismus<br />
• Nicht abgebildet werden die vorübergehend auftretenden Effekte, die bei der Erstellung<br />
einer touristischen Infrastruktur auftreten. Sie dürften in erster Linie der<br />
Bauindustrie zugute kommen, während die Struktureffekte dem Gastgewerbe<br />
(Beherbungsbetriebe und Gaststätten), in Teilen dem Handel, dem Handwerk<br />
(Instandhaltung) und der Landwirtschaft (Vermarktung, Urlaub auf dem Bauernhof)<br />
zugute kommen<br />
• Bei vielen in die Berechnung eingegangenen Werten handelt es sich um begründete<br />
Schätzwerte, da aktuellere Daten nicht zur Verfügung standen. Wir gehen<br />
davon aus, daß wir eine vorsichtige Modeiiirechnung vorgelegt haben, da<br />
"Schwarzvermietungen", die in Teilen im Bereich von Ferienwohnungen und Privatzimmern<br />
auf bis zu 30 % geschätzt werden, nicht einbezogen wurden. Da andererseits<br />
letztgenannte Unterkunftsarten aufgrund der niedrigeren Unterkunftspreise<br />
ein geringeres Ausgabenniveau pro Person aufzuweisen haben,<br />
dürften sich die Nichtberücksichtigung der "Schwarzvermietung" ausgleichen.<br />
• Im Hinblick auf die ermittelte Anzahl von potentiell ausgelasteten Vollzeitarbeitsplätzen<br />
ist zu berücksichtigen, daß die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten<br />
und die durch Nebenerwerb gesicherten Einkommen im Tourismus besonders<br />
hoch sind, so daß diese Werte eher zu niedrig als zu hoch angesetzt sind.<br />
Unter Berücksichtigung dieser einschränkenden Anmerkungen, haben wir für das<br />
hier betrachtete Gebiet einen Einkommensanteil von 3,2 % und eine Anzahl der<br />
theoretisch aus dem Tourismus finanzierten Arbeitsplätze in Höhe von rd 1.400 ermittelt.<br />
Bezogen auf die Anzahl der SV-pflichtig Beschäftigten im Landkreis Lüchow-<br />
Dannenberg (nach Arbeitsortprinzip) liegt der Anteil bei rund 11 %. Damit stellt der<br />
Tourismus bereits heute einen gewichtigen Faktor im niedersächsischen Teil des<br />
Elbetals dar.<br />
Tabelle 52: Anzahl der Einwohner und Wirtschaftskraft der Landkreise im Gebiet<br />
des Großschutzgebietes Elbtalaue<br />
Anzahl der Ein- BIP/ pro Jahresein- Anzahl der Erwohner<br />
Einwohner kommen je werbstätigen<br />
31.12.1993 Beschäftigen 119<br />
LK Lüchow- 50236 24140120 44573 121 12700<br />
Dannenberg<br />
LK Lüneburg 142655 29800 50.062 43442<br />
LK-Prignitz 71255 122 o. A. o. A. 21933<br />
LK- Hagenow 69066 o. A. o. A. 18764<br />
LK- Ludwigslust 53322 o. A. o. A. 17045<br />
LK Osterburg 420700 o. a. o. A. 0. A.<br />
Quellen: Statistische Berichte und Fachserien der Statistischen Landesämter in den Bundesländern Mecklenburg-<br />
Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Niedersachsen, Angaben zur Zahl der SV-pflichtig Beschäftigten jeweils<br />
nach dem Arbeitsortprinzip, jeweils die aktuellsten im Frühjahr 94 verfügbaren Daten und eigene Berechnungen des IÖW<br />
119 Zuordnung nach Arbeitsortprinzip<br />
120 Gesamte Bruttowertschöpfung in 19901,1 Mrd DM; für die Berechung des BIP/EW (=BWS/EW) wird ein Inflator von 5%<br />
für die Jahre 1991-1992 zugrundegelegt und die durch Multiolikation ermittelte Summe durch die Anzahl der Einwohner<br />
(Spalte 2) geteilt.<br />
121 Schätzung unter Zugrundelegung eines Inflators (5% 1990-1991, 2,5 % 1992) p.a. bezogen auf den Ausgangswert des<br />
Jahres 1989, dem letzten statistisch verfügbaren Jahren im Wert von DM 39443/pro Beschäftigten<br />
122 31.12.1992
194<br />
Tabelle 53: Touristische Kennziffern für das Gebiet der Elbtalaue<br />
LK Lüchow-<br />
Dannenberg 1)<br />
LK Lüneburg 2) 556 61382 (nur<br />
Bleckede)<br />
LK Ludwiglust 3) 126<br />
(Großprojekt<br />
mit 3000 Betten<br />
in Diskussion ;<br />
konkrete Planung<br />
für die<br />
Errichtung eines<br />
Hotels (bis<br />
100 Betten) in<br />
Dömitz)<br />
Ort/Region Anzahl Betten Anzahl<br />
Übernachtungen<br />
Jahresdurchschnittliche<br />
Kapazitätsau<br />
s-lastung<br />
Anzahl<br />
Tagesgäst<br />
e<br />
Campingstellplätze<br />
Übernachtungen<br />
4157 582850 38,4% 7) 100.000 510 150-<br />
200.000<br />
11)<br />
44,0% 7) k.A. 82 25- 35.000<br />
11)<br />
355 70-<br />
140.000<br />
11)<br />
17476 70-80 % 8) 83.000<br />
(1993)<br />
geplant<br />
60.000<br />
/p.a.<br />
(Festung<br />
Dömitz)<br />
LK Hagenow 4) 74 10.800 9) 40% 9) k.A. -<br />
LK Prignitz 5) 268<br />
+ Elbtalklinik<br />
226 Betten<br />
(Großprojekt<br />
"Akqua-Park"<br />
mit 800 Bungalows<br />
und 3000<br />
Betten geplant<br />
11493<br />
79488<br />
11,7% 10) k.A. k.A. 6797<br />
LK Osterburg 6) 80 10.000 9) 40 % 9)<br />
Quellen:<br />
BTE/Futour, 3/1994 S. 4 und S. 15;Ortsprospekte und Zimmernachweise in den einzelnen Regionen, Ergebnisse mündlicher<br />
Befragungen und eigener Berechnungen<br />
I) mit den Orten: Gartow, Lüchow,Dannenberg und Hitzacker<br />
2} mit den Orten: Bleckede, Neuhaus, Scharnebeck<br />
3) mit den Orten: Dömitz/Rüterberg/Neu-Kaliß/Altjabel/Heiddorf und Vielank<br />
4) mit den Orten: Amt Vellahn, Amt Boizenburg Land, Boizenburg Stadt, Amt Lübtheen<br />
5) mit den Orten: Stadt Wittenberge, Amt Lenzen, Bad-Wilsnack<br />
6) mit den Orten: Seehausen und Werben<br />
7) Rechnerischer Wert ermittelt aus Anzahl Betten * 365, dividiert durch Anzahl Übernachtungen<br />
8) Gespräch Frau Ohlhöft, Fremdenverkehrsverband West- Mecklenburg, siehe auch Anmerkung 10)<br />
9) Schätzungen auf Grundlagen eigener Berechungen und der Gespräche<br />
10) Nach Angaben der Fremdenverkehrsverantwortlichen in der Region liegt die Auslastung jedoch real bei 70 -80 %. Sie wird im<br />
wesentlichen durch den Geschäftsreiseverkehr bestimmt. Hauptnachfragegruppen sind Monteure und Bauarbeiter. Die Differenz<br />
zwischen rechnerischer Auslastung und angegebener Auslastung kommt u.E. dadurch zustande, daß gerade bei Privatvermietern,<br />
die das Angebot in den neuen Bundesländern prägen, ein "Schwarzvermietungsanteil" von bis zu 40 % zugrunde gelegt<br />
werden muß.<br />
II)<br />
Schätzungen auf der Basis 2-4 Belegungen pro Stellplatz * 100 Belegungstage/a
195<br />
Tabelle 54: Abschätzung der wirtschaftlichen Effekte des Tourismus im Gebiet des<br />
Lüchow-Dannenberger Teils des Gebiets des Elbetals<br />
Anzahl Übernachtungen 582850<br />
Ausgaben pro Übernachtungsgast/Tag<br />
DM133,-<br />
Umsatz aus Übernachtungstourismus<br />
DM77.519.050,-<br />
Anzahl Tagesgäste 100 000<br />
Ausgaben pro Tagesgast<br />
DM33,70<br />
Umsatz aus Tagestourismus<br />
DM3.370.000,-<br />
Anzahl Campingübernachtungen 150-200.000<br />
Ausgaben pro Camper/Tag<br />
DM45,23<br />
Umsatz aus Campingtourismus<br />
DM6.784.500,-<br />
Umsatz aus Übemachtungs- und Tagestourismus<br />
= Nettoumsatz<br />
Einkommensbeitrag bei einer Wertschöpfungsquote<br />
von 42 %<br />
Wertschöpfung multipliziert mit dem Einkommensmultiplikator<br />
(1,7)<br />
durchschnittlicher Einkommensbeitrag je Einwohner<br />
(43.273 EW in den <strong>zum</strong> Elbetal gehörenden<br />
Gemeinden)<br />
Anteil der FV-abhängigen Einkommen am Jahreseinkommen/je<br />
Beschäftigten (DM 44.573)<br />
Anzahl der fremdenverkehrsabhängigen Vollzeitarbeitsplätze<br />
(gesamte Wertschöpfung: Jahreseinkommen<br />
je Beschäftigten)<br />
DM87.673.550<br />
DM36.882.891<br />
DM62.598.915<br />
DM 1.446,-/EW/a<br />
3,2 %<br />
1.404 Vollzeitarbeitsplätze<br />
Quelle: Modellrechnungen nach Angaben des DWIF (1985,1987) und BTE 1989 sowie BTE/ Futour 1994, eigene<br />
Erhebungen, Schätzungen und Berechnungen<br />
1400 Arbeitsplätze gegenwärtig auf niedersächsischem Gebiet, bzw. ein Anteil von<br />
11 % bezogen auf die Anzahl der SV-pflichtigen Beschäftigten im LK Lüchow-<br />
Dannenberg zeigen u.E., daß einerseits der Tourismus zu einem wichtigen Standbein<br />
der regionalwirtschaftlichen Entwicklung geworden ist, andererseits jedoch die<br />
regionalwirtschaftlichen Effekte nicht überschätzt werden dürfen. Der Tourismus<br />
kann immer nur ein Baustein sein und sollte (nicht zuletzt auch aus Umwelt- und<br />
Naturschutzgründen) nicht <strong>zum</strong> dominierenden Wirtschaftszweig werden. Bei den<br />
errechneten Werten für den LK Lüchow-Dannenberg ist zu bedenken, daß der 1992<br />
erreichte Stand Ergebnis einer beinahe 30-jährigen Entwicklungsgeschichte ländlichen<br />
Strukturwandels ist, der mit erheblichen öffentlichen Fördermitteln vorangetrieben<br />
wurde.<br />
3.3.4 Struktur des touristischen Angebotes<br />
Bei der Beschreibung der Struktur des touristischen Angebotes gilt es zwischen dem<br />
niedersächsischen Teilgebiet (inkl. Amt Neuhaus) und den ostelbischen Teilgebieten<br />
(ohne Amt Neuhaus) zu unterscheiden.<br />
3.3.4.1 Niedersächsisches Teilgebiet<br />
Für das niedersächsische Teilgebiet wurde von BTE/ Futour folgendes Stärken-<br />
Schwächen-Profil ausgewiesen:
196<br />
Abbildung 20: Stärken und Schwächen des touristischen Angebotes<br />
Gastronomie und Beherberung<br />
touristische Infrastruktur<br />
Service<br />
Kultur<br />
Verkehr<br />
Ortsbild<br />
Landschaftsbild<br />
Quelle: BTE/ Futour, 1994, S. 9<br />
Stärken<br />
Schwächen<br />
hochwertige gastronomische Angebote<br />
teilweise teure Standardküche<br />
mit gutem Preis-<br />
Gaststättensterben in kleineren Ge-<br />
Leistungsverhältnis,<br />
meinden<br />
breites Angebot an Übernachtungsmöglichkeiten<br />
teilweise "biedere" Einrichtung der<br />
Gaststätten und Gästezimmer<br />
gute Erschließung der Landschaft Streulage der Angebote macht Nutzung<br />
durch Wander-, Reit- und Radwege<br />
unattraktiv<br />
Fülle an Informationsmaterial und Übersicht über herausragende Veranstaltungen<br />
Veranstaltungen für kultur- und<br />
geht verloren<br />
naturinteressierte Gäste<br />
kaum Angebote für Kinderbetreuung<br />
viele siedlungshistorische Denkmäler<br />
Veranstaltungen der "alternativen"<br />
sind gut erhalten<br />
Kultur werden nur wenig gefördert<br />
mehrere Kulturveranstaltungen mit Kulturprogramm ist nicht langfristig<br />
überregionaler Bedeutung<br />
gesichert<br />
keine Beeinträchtigungen durch schlechte Erreichbarkeit über Straße<br />
Hauptverkehrsachsen<br />
(ÖPNV, Pkw) und über Schiene<br />
attraktive Ortskerne<br />
Beeinträchtigungen durch Durchgangsverkehr<br />
guterhaltene Rundlinge<br />
und städtebauliche<br />
"Sünden"<br />
abwechslungsreiche Landschaft in wenigen Teilbereichen monotone<br />
einmalige Flußlandschaft<br />
Forste und ausgeräumte Agrarlandschaften<br />
3.3.4.2 Osteibisches Teilgebiet<br />
Das folgende Stärken-Schwächen-Profil beruht auf den Gesprächen mit Fremdenverkehrsverantwortlichen<br />
und den Ortsbereisungen im April und Mai 1994.<br />
Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß aufgrund der besonderen historischen<br />
Bedingungen ein touristisches Angebot so gut wie nicht existent ist. Ausnahmen bilden<br />
das Gebiet um Bad Wilsnack (Elbtalklinik - Kurtourismus); der Rudower See mit<br />
seinem Campingplatz und die Festung Dömitz als Ziel von Tagesbesuchern. Die<br />
touristisch nutzbaren Angebote - insbesondere Beherbergungskapazitäten - befinden<br />
sich gegenwärtig vorwiegend auf dem niedersächsischen Teilgebiet.<br />
Beherbergung<br />
In den ostelbisch gelegenen Gebieten liegt das Bettenangebot gegenwärtig bei ca.<br />
12 % des niedersächsischen Bettenangebotes (insgesamt 548 Betten gegenüber<br />
4713 Betten). Die Kapazitätsauslastung wird von den Fremdenverkehrsverantwortlichen<br />
mit bis zu 80 % angegeben, was in erster Linie damit begründet<br />
wird, daß der Geschäftsreiseverkehr (z.B. Monteure) die Nachfragestruktur dominiert.<br />
Dieser Nachfrageüberhang führt zu einem äußerst ungünstigen Preis-<br />
Leistungsangebot. Während auf niedersächsischer Seite eine Übernachtung pro<br />
Person im Durchschnitt bei ca. 40,- bis 50,- DM/ Nacht in Hotels und Pensionen<br />
liegt, muß auf der gegenüberliegenden Seite der Elbe mit einem durchschnittlichen<br />
Preisniveau von DM 60,-/ Person u. Nacht gerechnet werden. Der Komfort ist jedoch<br />
im Regelfall nicht vergleichbar mit dem auf westlicher Seite.
197<br />
Neu entstehende Beherbergungskapazitäten im Bereich Hotelunterkunft (in den<br />
letzten vier Jahren entstanden ca. 150 Betten durch Neubauten; bzw. stehen kurz<br />
vor der Realisierung) müssen aufgrund der Finanzierungskonditionen (hoher Anteil<br />
an Fremdkapital) zu einem Preis von ca. DM 80 -100,-/ Person u. Nacht angeboten<br />
werden.<br />
Damit gerät die Region jedoch in eine Preiszone, die als überdurchschnittlich gekennzeichnet<br />
werden muß. Da andererseits durch ökologisch ausgerichtete Angebote<br />
insbesondere gut bis überdurchschnittlich verdienende Reisende angesprochen<br />
werden, besteht die Chance, durch ein stimmiges regionales und betriebliches Umweltmanagement<br />
im Gebiet des geplanten Großschutzgebietes hier auch ein wirtschaftlich<br />
tragfähiges Konzept des "sanften Tourismus" zu entwickeln und umzusetzen.<br />
Eine Chance besteht auch, sich im Bereich des Campingtourismus zu profilieren.<br />
Campingplätze werden häufig von Familien und jungen Menschen frequentiert. Beispiele<br />
aus dem Ausland (Schweden) zeigen, daß es möglich ist, gerade diesen - für<br />
die Region anvisierten - Zielgruppen herausragende Angebote auch für Schlechtwettertage<br />
zu machen. Der Trend, demzufolge in den alten Bundesländern immer<br />
mehr Campingplätze als Anlagen für Dauercamper angelegt werden und Zeltgäste<br />
und Durchreisende kaum Platz finden, könnte eine Chance für die neuen Bundesländer<br />
darstellen, sich gerade auf diesem Gebiet positiv abzuheben, indem ansprechend<br />
gestaltete Schlechtwetter-Aufenthaltsangebote unterbreitet werden<br />
(Zielgruppe "Nomaden" und "Intervaller").<br />
Hierzu ist es erforderlich, vorhandene Campingplätze aufzuwerten. Kleinere naturnahe<br />
Zelt- und Rastplätze sind entlang der Wasserwege (z.B. Elbe-Müritz-Kanal,<br />
Rudowersee) unter Beachtung der Erkenntnisse eines umweltverträglichen Campingplatzbetriebes<br />
anzulegen. Insbesondere sind Entsorgungsanlagen für die teilweise<br />
hochgiftigen Toilettenabwässer aus Wohnmobilen und Campingwagen bereitzustellen.<br />
Gegenwärtig nur schlecht beurteilen läßt sich die Frage, inwieweit "Urlaub auf dem<br />
Bauernhof als Familienurlaubsform - als zusätzliches Standbein für landwirtschaftliche<br />
Betriebe - eine Realisierungschance in den östlichen Teilgebieten<br />
hat. Dazu sind die Ausgangsbedingungen zu unterschiedlich (LPG-Struktur, "Agrarfabriken"<br />
im Osten, siehe Teil Landwirtschaft). Nur eine kleinräumig angelegte Analyse<br />
könnte hier die Angebotspotentiale aufzeigen. Dies war im Rahmen des Gutachtens<br />
nicht möglich. Die Verknüpfung zwischen Tourismus und Landwirtschaft<br />
dürfte möglicherweise eher darin zu sehen sein, daß die landwirtschaftlichen Betriebe<br />
ihre Produkte verstärkt an die gastronomischen Einrichtungen der Region vermarkten<br />
und über diesen Weg die regionale Wertschöpfung erhöht wird (siehe auch<br />
nachfolgende Ausführungen).<br />
Gastronomie<br />
In den alten Bundesländern gibt es einen Trend <strong>zum</strong> "gesunden/ vollwertigen" Essen.<br />
Touristen suchen vor allen Dingen das "Besondere", das "regionaltypische Angebot".<br />
Das gastronomische Angebot zeichnet sich jedoch durch eine gewisse<br />
"Phantasielosigkeit" ("viel Fleisch, wenig Frisches") aus. Es handelt sich vielfach um<br />
Standardangebote. Der Bezug zur Elbe fehlt völlig, obwohl sich viele Lokale mit<br />
"Elbtalblick", "Elbeblick" etc. bezeichnen. Vielfach sind die Lokale noch nicht hinreichend<br />
modernisiert. Andererseits darf auch nicht verschwiegen werden, daß die
198<br />
Anforderungen, die der Tourismus stellt, vielfach nicht kompatibel sind mit dem finanziellen<br />
Leistungsvermögen der Betriebsinhaber/innen. Viele der Betriebsinhaber/innen<br />
bedienen nicht nur Touristen, sondern - sofern es sich um eine Dorfgaststätte<br />
handelt - müssen sich auch auf die Einheimischen einstellen. Tourismus ist<br />
ein Saisongeschäft; die Dorfschänke ist jedoch nicht selten Dorftreffpunkt. Frische<br />
Lebensmittel zu einem vertretbaren Preis lassen sich nicht vorrätig halten, wenn die<br />
Nachfrage eher gering ist. Dieser Zielkonflikt läßt sich nicht einfach aufheben, hier<br />
muß in Gesprächen nach Lösungen mit den Gastronom/innen gesucht werden (z.B.<br />
Gemeinschaftseinkauf u. Vorratshaltung).<br />
Insgesamt gilt es, das gastronomische Angebot entsprechend den Anforderungen<br />
einer umweltbewußten und marktgerechten Betriebsführung (mit den bereits genannten<br />
Anforderungen an Energiesparmaßnahmen, Abfallvermeidung, Wasserverbrauch-<br />
und Abwasserbelastungs-Minderung) auszurichten. Geeignete Instrumente<br />
sind hier Betriebsberatungen, Wettbewerbe und Qualifizierungsmaßnahmen. Darüber<br />
hinaus ist an einen Gesprächskreis "umweltbewußte Gastronomie im Elbetal"<br />
zu denken. Als Initiatoren können die Fremdenverkehrsverbände, sowie die regionalen<br />
Gliederungen der Standesvertretungen (DEHOGA, Bauernverband) auftreten.<br />
Auch eine externe Projektgruppe (Stichwort "Regionalentwicklung über humankapitalintensive<br />
Förderungsmaßnahmen") kommt als Initiator für solche Konzeptionen in<br />
Frage.<br />
Touristische Infrastruktur<br />
Unter touristischen Infrastrukturen sind eine Vielzahl unterschiedlicher ortsfester<br />
Einrichtungen zu verstehen:<br />
• Wander-, Reit- u. Radwege<br />
• Häfen, Bootsanlegestellen, Rastplätze<br />
• Hallenbäder<br />
• Tennisplätze<br />
• Mountainbikebahnen u.a.m.<br />
In Hinblick auf solche Infrastrukturen läßt sich die Region auf der östlichen Seite<br />
bislang weitgehend als "weißer Fleck" bezeichnen. In den letzten vier Jahren wurde<br />
jedoch insbesondere das Wegenetz ausgebaut, wurden Fahrrad- und Wasserwanderwegekarten<br />
herausgegeben. Kritisch ist allerdings zu bemerken, daß jede Region/<br />
Gebietskörperschaft für sich plant und kaum Informationen über die Aktivitäten<br />
der Nachbargemeinden vorliegen. Die unzureichende "Vernetzung" der Region ist<br />
verglichen mit den Nachfrage-Entwicklungstendenzen (Stichwort "Reisepioniere,<br />
Nomaden") jedoch nicht hilfreich, weil sich beispielsweise Radfernwanderer Regionen<br />
und nicht nur einzelne Orte als Ziel aussuchen.<br />
Unzureichende Vernetzung weist auch die Planung für den Wassersport auf. Es<br />
liegt eine "unverbindliche Rahmenrichtlinie möglicher Standorte wassersportlicher<br />
Einrichtungen unter Berücksichtigung des Naturschutzes im Elbetal zwischen Quitzöbel<br />
und Sassendorf' als Untersuchungsergebnis des Arbeitskreises 'Wassersport/<br />
Naturschutz" im Elbetal aus dem Jahre 1991 vor. Diese hat jedoch keine Rechtswirkung.
199<br />
Aktuell besonders umstritten und in der genannten Rahmenrichtlinie als strittig ausgewiesen<br />
ist der Standort Gorleben. Hier plant die Gemeinde Gorleben (nach Informationen<br />
der BUND-Kreisgruppe Lüchow-Dannenberg) mit finanzieller Unterstützung<br />
aus dem Strukturfond der EG die Anlage eines Sportboothafens, obgleich Lenzen<br />
oder Dömitz besser geeignete Standorte wären.<br />
Das Gebiet der Elbtalaue weist von seinen naturräumlichen Voraussetzungen darauf<br />
hin, daß es sich eher für den Sommerurlaub eignet. Saisonverlängernde Maßnahmen<br />
wie der Bau wetterunabhängiger Einrichtungen wie Hallenbäder/ Sporthallen/<br />
Sauna etc. dürften vorläufig aus finanziellen Gründen nicht auf der Prioritätenliste<br />
der Gebietskörperschaften stehen. Andererseits ist festzustellen, daß Hinweise auf<br />
benachbarte Einrichtungen, wie z.B. Wendland-Therme (Gartow) in den Prospekten<br />
fehlen. Auch ist besonders kritisch einzuwenden, daß die vorhandenen Einrichtungen<br />
nicht an das ÖPNV-Netz, angeschlossen sind.<br />
Eine Möglichkeit, wetterunabhängige Einrichtungen wie Hallenbäder/ Sauna in den<br />
ostelbischen Teilgebieten zu schaffen, besteht darin, in Verhandlungen mit potentiellen<br />
Investoren darauf einzuwirken, daß solche Einrichtungen bei Hotelneubauten<br />
und -ausbauten für die Allgemeinheit gegen Eintrittsgelder geöffnet werden. Dies<br />
dürfte auch die ökologisch günstigere Lösung sein.<br />
Altgemeine Infrastruktur<br />
Die allgemeinen Infrastrukturdefizite auf dem Gebiet der neuen Bundesländer sind<br />
bekannt. Für den Tourismus jedoch besonders problematisch stellt sich das (auch in<br />
den fünf Jahren deutscher Einheit noch nicht bewältigte) Fehlen von Telefonleitungen<br />
dar. In weiteren regionalpolitischen Überlegungen ist dem Aspekt des Anschlusses<br />
der Region an die moderne Informations- und Kommunikations-Technik<br />
auch im Hinblick auf neuartige touristische Dienstleistungen ein besonderer Augenmerk<br />
zu schenken. Beispielsweise zeichnen sich auf dem niedersächsischen Teilgebiet<br />
Kapazitätsüberhänge bei den Beherbergungsangeboten ab, während es auf<br />
dem Gebiet der neuen Bundesländer ausgesprochene Angebotsengpässe gibt. Wer<br />
jedoch z.B. nach einem Tagesbesuch der Festung in Dömitz steht und eine Unterkunft<br />
sucht, erfährt nicht ohne weiteres, daß auf der anderen Elbseite in Dannenberg<br />
noch Unterkunftskapazitäten bereitstehen. Über ein elektronisches benutzerfreundliches<br />
Abfragesystem (beispielsweise installiert in Eingangsbereichen von<br />
Banken/ Sparkassen) ließe sich dieses Problem jedoch lösen. Wichtig sind solche<br />
Einrichtungen auch deshalb, weil die durch Werbung/ Marketing induzierte Nachfrage<br />
u.U. zeitlich nicht Schritt hält mit dem Aufbau entsprechender Beherbergungskapazitäten<br />
in den östlich gelegenen Teilgebieten des Großschutzgebietes.<br />
Verkehr (ÖPNV)<br />
Touristen werden zunehmend sensibel für durch die Motorisierung bewirkte Lärmund<br />
Luftbeeinträchtigung. Bislang zeichnet sich das Großschutzgebiet noch durch<br />
eine relative Verkehrsarmut aus, was im wesentlichen darin begründet liegt, daß ein<br />
Anschluß an das Bundesautobahnnetz fehlt. Ein Anschluß an das IC-Netz besteht<br />
zwar über Stendal sowie Wittenberge. Insgesamt zeichnet sich die Region jedoch<br />
durch den Standortnachteil schlechte Erreichbarkeit aus. Der Öffentliche Personenverkehr<br />
muß als außerordentlich schlecht - auch im Vergleich zu anderen ländlichen<br />
Räumen (z.B. Nordfriesland) - gekennzeichnet werden. Willkürlich herausgegriffene
200<br />
Beispiele zeigen auch die schlechte innere Erschließung der Region mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln:<br />
• Beispielsweise kommt der letzte Zug aus Lüneburg um 18.35 Uhr in Dannenberg<br />
an. Der Bahnhof liegt jedoch, wie viele Bahnhöfe der Strecke Lüneburg-<br />
Dannenberg, außerhalb des Ortes. Ein Anschluß mit dem Bus in den Ort ist häufig<br />
nicht gegeben.<br />
• Um von Dömitz nach Dannenberg zu kommen, benötigt man in der Regel ein Taxi,<br />
da die Busse nur außerordentlich selten fahren und auch hier keine Abstimmung<br />
mit dem Zugfahrplan der Strecke Ludwigslust-Dömitz (2-Stunden-Takt) besteht.<br />
• Wer am Samstag beispielsweise von Dannenberg mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
die Wendland-Therme in Gartow besuchen möchte, kommt wohl gegen 13.00<br />
hin - nicht jedoch mit dem Bus am selben Tag wieder zurück!<br />
• Ein Ausflugsverkehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln (z.B. Dömitz-Rühstedt)<br />
scheitert bereits an den fehlenden Verbindungen, ganz zu schweigen von Möglichkeiten<br />
der Fahrradmitnahme.<br />
Wenn bedacht wird, daß in Großstädten wie Hamburg ca. 37 % aller Haushalte ohne<br />
PKW leben und gleichzeitig die Ballungsräume Hamburg und Berlin die wichtigsten<br />
Herkunftsgebiete für Kurzreisende im Gebiet der Elbtalaue sind, läßt sich ein<br />
Eindruck vermitteln, welches Nachfragepotential ein sanftes Tourismuskonzept, welches<br />
auch auf die Bedürfnisse autoloser Urlaubsgäste zugeschnitten wird, erschließen<br />
könnte. In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, daß die<br />
Schließung von Streckenlücken - z.B. Uelzen-Salzwedel - und die Verlängerung der<br />
Strecke Dannenberg-Dömitz-Ludwigslust erhebliche Vorteile mit sich brächte.<br />
Ortsbifd/ Siedlungsstrukturen<br />
Wie überall in den neuen Bundesländern wurde die Orts- und Stadtteilgestaltung<br />
erheblich vernachlässigt, während sich gleichzeitig dörfliche Strukturen erhalten haben,<br />
die Seltenheitswert besitzen. Charakteristisch sind beispielsweise<br />
• Rundlinge<br />
• Wurtendörfer<br />
• Marschhufendörfer<br />
• Elbdeichdörfer<br />
Im Zuge von Dorferneuerungsmaßnahmen bietet es sich an, Unterkunftskapazitäten<br />
im Zuge der Erneuerung und des Erhalts regionaltypischer Bausubstanz zu sichern.<br />
Fördernd für solche Verknüpfungen von Sanierungs- und Aufbaumaßnahmen könnte<br />
beispielsweise die Kombination von Dorferneuerungs- und Fremdenverkehrs-<br />
Fördermitteln wirken. 123 Gleichzeitig könnten hiermit Grundsteine für eine regionaltypische<br />
Qualifizierung gelegt werden (Sanierung von Altbausubstanz, für die bislang<br />
polnische Bauarbeiter einen Wettbewerbsvorteil aufweisen).<br />
123 Eine Untersuchung geeigneter Fördermöglichkeiten war im Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich; auch lassen sich<br />
keine allgemeinen Aussagen <strong>zum</strong> Investitionsautwand treffen. Der Investitionsaufwand dürfte vom Zustand der Gebäude und<br />
von der Verfügbarkeit der Gebäude und Grundstücke (Stichwort: ungeklärte Eigentumsverhältnisse) abhängig sein.
201<br />
Der Erhalt der für die Region typischen Ortsbild- und Siedlungsstrukturen kann in<br />
einem später zu realisierenden Schritt einen wichtigen Baustein für "Paketangebote"<br />
bilden. So könnte man daran denken, Fahrrad- und Reitwandertouren von Rundlingsdorf<br />
zu Rundlingsdorf anzubieten und in den Dörfern originelle Unterkunftsangebote<br />
bereitstellen (Vorbild: "Heuhotels" in Niedersachsen - so im Elbetal:<br />
"Übernachten in Rundlingsdörfern").<br />
Landschaftsbild<br />
Sowohl auf westlicher wie auch auf östlicher Seite ist dieser Angebotsfaktor die herausragende<br />
Stärke. Jedoch zeigen entsprechende Überlegungen, daß mit "Natur<br />
pur" allein noch kein Nachfragepotential erschlossen werden kann.<br />
"Ziel des Tourismus im Elbtalgebiet müßte es sein, die Natur in der jetzigen Form als<br />
Kulturlandschaft den künftigen Generationen als Betriebskapital zu hinterlassen"<br />
(Hopfenbeck/ Zimmer 1993, 92). Hierzu bedarf es vor allen Dingen auch der Anwendung<br />
geeigneter raumordnender- und landschaftsplanerischer Instrumente und<br />
eine gebietskörperschaft- und bundesländerübergreifende Planung, sowie des<br />
Schaffens von Instrumenten des Interessenausgleichs. Eine Großschutzgebietsausweisung<br />
(als System unterschiedlicher Schutzgebietstypen, wie sie in Punkt D-1-<br />
1 beschrieben wurden) ist hier ein geeigneter Schritt, um dem Ziel eines nachhaltigen<br />
Tourismus entgegenzukommen.<br />
KulturI Erlebnisangebote<br />
Unter Kultur sind unterschiedliche Sachverhalte zu verstehen, ein einheitlicher Kulturbegriff<br />
existiert bislang nicht. In einer Arbeit über den Landkreis Lüchow-<br />
Dannenberg^ wird zwischen folgenden Kulturformen unterschieden:<br />
• Traditionelle Kultur (Vereinswesen, Schützenvereine, Musik- u. Trachtengruppen,<br />
Heimatpflegevereine, Rundlingsverein),<br />
• Neue ländliche Kultur (Künstlerszene),<br />
• Außerschulisches Bildungswesen (Tagungshäuser, Heimvolkshochschule),<br />
• Neue Partizipationsformen,<br />
• Neue Formen der Erfüllung von Verkehrsbedürfnissen (Mitfahrinitiative: "Steig zu<br />
- komm mit!"),<br />
(Wendland-<br />
• Zusammenschluß von Landwirten zu Erzeugergemeinschaften<br />
kooperative, Erzeugerinnen-Verbraucher-Genossenschaften),<br />
• Frauenhäuser, Frauenbewegung (neue Frauenbewegung),<br />
• Landfrauenbewegung.<br />
Insbesondere die für einen peripheren Landkreis herausragenden künstlerischen<br />
Angebote - hinzuweisen ist beispielsweise auf die von einem sogenannten<br />
"alternativen" Trägerkreis getragene "Aktion Wunde(r)punkte" - hat im Landkreis<br />
Lüchow-Dannenberg zunächst lokale Ablehnung hervorgerufen, wird jedoch zunehmend<br />
als ein den Tourismus förderndes Element angesehen.<br />
124 Vgl. Droste, Michael, Drücker, Ansgar, a.a.O., S. 175 ff.
202<br />
Unter dem Gesichtspunkt, touristische Angebotskulturen zu beschreiben, werden<br />
insbesondere solche Angebote hervorgehoben, die überregionale Ausstrahlung<br />
besitzen. Zu nennen sind hier beispielsweise:<br />
• Prignitzer Sommer - eine Serie von Konzertveranstaltungen an unterschiedlichen<br />
Orten,<br />
• Konzerte auf der Plattenburg (Amtsbezirk Bad Wilsnack),<br />
• Künstlertreffen.<br />
Abgerundet werden solche Angebote durch Führungskonzepte und "Themenradeln",<br />
wobei hier insbesondere die westelbischen Fremdenverkehrs-Gemeinden aktiv sind.<br />
Auf den ostelbisch gelegenen Teilgebieten des Großschutzgebietes gibt es hingegen<br />
noch große Defizite.<br />
Auffällig ist, daß das die Region eigentlich polarisierende Thema (die unterschiedliche<br />
Entwicklung und die unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen für die Regionalentwicklung<br />
und den Tourismus) ausgespart bleibt. Während sich beispielsweise<br />
aus dem Widerstand gegen die geplante Wiederaufbereitungsanlage Gorleben<br />
eine sog. "alternative Kulturszene" entwickelt hat (Workshops, Aktion Wunde(r)punkte,<br />
Ausstellungen im freien Landschaftsraum), die insbesondere die Touristen<br />
aus den Großstädten anspricht, findet sich eine entsprechende kreative Auseinandersetzung<br />
mit den durch die Grenzöffnung bewirkten Strukturveränderungen<br />
nicht. Stattdessen wird in den Prospekten auf eine "Urlaubsidylle" - Radfahren,<br />
Wasserwandern, Reiten - verwiesen, die sich aufgrund fehlender Basiskomponenten<br />
im touristischen Angebot kurzfristig nicht umsetzen läßt.<br />
Eine Ausnahme bildet allenfalls die sogenannte "Dorfrepublik Rüterberg"; ca. 15 km<br />
nördlich von Dömitz gelegen, in der man in der Dorfgaststätte und durch Besuch<br />
beim Dorfchronisten Herrn Rasenberger Wissenwertes erfährt, welches <strong>zum</strong> Verständnis<br />
dieses Raumes erheblich beitragen kann. 125 Zu überlegen ist, wie man<br />
die herausragende Besonderheit des Großschutzgebietes - seine ehemalige<br />
Grenzlage und die hieraus resultierende sozio-kulturelle Spannung zwischen Ostund<br />
West - <strong>zum</strong> Ausgangspunkt eines kulturpolitischen Konzeptes macht, welches<br />
insbesondere kulturell-politisch interessierte Großstädter ansprechen soll.<br />
Image/ Marketing<br />
Das geplante Großschutzgebiet Elbtalaue ist bislang, sozio-ökonomisch betrachtet<br />
eine Fiktion. Es handelt sich auch in der Wahrnehmung der politisch-administrativen<br />
Instanzen nicht um einen einheitlichen Raum . Andererseits suchen Touristen [und<br />
hier insbesondere die von Opaschowski so bezeichneten Reisepioniergruppe<br />
"Nomaden" (vgl D-4.3.3)] sich Regionen und nicht Orte als Reiseziel aus. Man fährt<br />
beispielsweise in den Naturpark Altmühltal oder macht eine Donau-<br />
Radwanderertour und fährt nicht nach Eichstätt. Hieraus ist zu schließen, daß es<br />
eines einheitlichen "Markennamens" bedarf, um die Region auf dem Tourismusmarkt<br />
bekannt zu machen. Des weiteren ist aus der Reisemarktforschung bekannt, daß die<br />
Reisezielwahl häufig weniger abhängig ist von den tatsächlich vorhandenen Quali-<br />
125 An dieser Stelle sei auch noch einmal Herrn Rasenberger gedankt, der sich an einem Sonntagnachmittag die Zeit nahm, uns<br />
die Geschichte dieses ehemaligen "Gefängnisses mit Passierschein" näher zu bringen und uns damit auch Einblicke in die<br />
sozio-ökonomische Situation des ehemaligen Sperrgebietes ermöglichte, die ohne dieses Erlebnis sicherlich nicht so einfach<br />
erschlossen worden wären.
203<br />
tätsmerkmalen einer Region als vielmehr von dem Image, das eine Region genießt.<br />
Für neu auf dem Tourismusmarkt zu positionierenden Gebieten gilt es deshalb zunächst<br />
einmal Images aufzubauen. 126<br />
Im Hinblick auf die "Produktentwicklung" liegen bereits einige Vorstellungen in der<br />
Region selber, bezogen auf einzelne Teilräume, vor. Zu nennen sind hier: das Marketingkonzept<br />
des Landkreises Lüchow-Dannenberg, das durch das Land Brandenburg<br />
prämierte Modellprojekt "Zwischen Elbfähre und Hünengrab (Amt Lenzen), das<br />
Konzept "das grüne Band" (Kultur- und Fremdenverkehrsverein Bad Wilsnack), das<br />
Tourismuskonzept für die Landkreise Ludwigslust und Hagenow der Wirtschaftsförderungsgesellschaft<br />
Borken sowie Leitlinien zur touristischen Entwicklung der Stadt<br />
Lübtheen.<br />
Wie unschwer zu erkennen beziehen sich die Konzepte jeweils auf einen Teilraum.<br />
Ein Gesamtkonzept besteht bislang ebenso wenig, wie eine bundesländerübergreifende<br />
Planung und Abstimmung, die mit den naturschutzfachlichen Vorstellungen<br />
<strong>zum</strong> geplanten Großschutzgebiet Elbtalaue abgeglichen wäre. Dies schlägt sich<br />
selbstverständlich auch in den Werbematerialien nieder, die jeweils nur für den Teilraum<br />
vorliegen. Beworben wird das Gebiet unter folgenden "Markenzeichen":<br />
• Naturpark Elbufer-Drawehn/ Niedersachsen mit Amt Neuhaus),<br />
• Westprignitz ("Da wo die Havel in die Elbe fließt")/ Brandenburg,<br />
• Landkreis Osterburg/ Altmark (Die Altmark - mittendrin, Landschaft und Geschichte<br />
entdecken)/ Sachsen-Anhalt,<br />
• Mecklenburgs Westen - ursprüngliche Vielfalt (Schweriner<br />
Mecklenburg)/ Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Land, West-<br />
Das Image mit dem sich die Region mit ihren vier Teilräumen auf dem Tourismarkt<br />
positionieren will, ist das eines naturbelassenen und kulturell vielfältigen Raumes .<br />
Dies entspricht auch dem Potential des Raumes mit dem Flußraum Elbe und den<br />
vielen regionaltypischen Dörfern und Kleinstädten sowie einem auf westlicher Seite<br />
gut ausgebauten Wegenetz für Radfahren und Reiten.<br />
Was jedoch fehlt ist ein Gesamtüberblick über den Raum, mit dem sich insbesondere<br />
Gäste aus den süddeutschen Regionen oder gar Ausländerinnen einen Eindruck<br />
von der Vielfältigkeit verschaffen könnten. Zu überlegen wäre deshalb, ob es gelingen<br />
kann einen einheitlichen Slogan zu generieren, unter dem Gebietskörperschaften<br />
ihr Gebiet bewerben. Dies setzt jedoch voraus, daß ein Prozeß in Gang gesetzt<br />
wird, der es erlaubt eine gemeinsame Sichtweise im Hinblick auf die Ausgangslage<br />
und die angestrebten Ziele sowie die dazu gehörigen Maßnahmen zu entwickeln.<br />
Diesen Prozeß wollen wir als "Binnenmarketing" bezeichnen. Ein geeignetes Instrument,<br />
um den Prozeß des Binnenmarketing zu befördern, ist das einer bundesländer-<br />
und kreisgrenzenüberschreitenden Regionalkonferenz, aus der sich Arbeitskreise<br />
entwickeln könnten, die die Verantwortung für die Umsetzung der gemeinsam<br />
entwickelten regionalwirtschaftlichen Vorstellungen übernehmen.<br />
123 Zur Bedeutung von Images vgl. auch Wellhoener, Barbara: Das Image von Reisezielen - eine Studie <strong>zum</strong> Schwerpunktthema<br />
der Reiseanalyse 1990 des Studienkreises für Tourismus, Starnberg 1992
204<br />
3.4 Ausblick - Perspektiven für den Tourismus im Bereich des geplanten<br />
Großschutzgebietes und erste Maßnahmenvorschläge<br />
Es hat sich gezeigt, daß im geplanten Großschutzgebiet Elbtalaue zwei unterschiedlich<br />
strukturierte Ausgangssituationen vorfindbar sind, die es möglicherweise<br />
erschweren, eine einheitliche, dem Naturraum angepaßte Nutzungsstrategie zu<br />
entwickeln. Darüber hinaus wurde deutlich, daß die durch Tourismus erzielbaren<br />
Effekte, sich - ohne nachhaltige Naturraumbeeinträchtigungen - auf annähernd 10<br />
bis 12 % aller Arbeitsplätze im Raum belaufen können. Damit nimmt der Tourismus<br />
einen wichtigen, wenngleich nicht dominierenden Stellenwert im Untersuchungsgebiet<br />
ein.<br />
Die Entwicklung eines leistungsfähigen und dem Naturraum angepaßten Tourismus<br />
dürfte nach unserer Einschätzung, durch die Ausweisung eines Großschutzgebietes<br />
Elbtalaue positiv beeinflußt werden. Die Ausweisung eines Großschutzgebietes<br />
setzt jedoch voraus, daß Eingriffe in den Wasserhaushalt durch wasserbauliche<br />
Maßnahmen ebenso unterlassen werden, wie die Etablierung flächen-,<br />
(autoverkehrs-) und energieintensiver Freizeitgroßprojekte. Darüber haben hinaus<br />
haben die empirisch gestützten Überlegungen gezeigt, daß ein dem Naturraum angepaßter<br />
Tourismus - ein sogenannter "sanfter Tourismus" - auch höhere Struktureffekte<br />
aufweisen dürfte, als ein auf Großprojekten basierender Tourismus.<br />
Als ein zentrales Problem erweist sich jedoch der Engpaßfaktor privates Kapital.<br />
Hier wäre über alternative Formen der Finanzierung (Öko-Bank) Mittel zu beschaffen.<br />
Auch im Rahmen einer Großschutzgebietsausweisung kommen eine Vielzahl<br />
von Förderprogrammen für die Regionalentwicklung in Frage, bei denen zu überprüfen<br />
wäre, wie sie am besten für die Region gebündelt werden können. Darüber hinaus<br />
ist darauf zu verweisen, daß es im Regelfall nicht alleine ausreicht, Förderprogramme<br />
zur Überwindung von Finanzierungsengpässen bereitzustellen, sondern es<br />
vielmehr auch erforderlich sein dürfte, den potentiellen lokalen Investoren eine konkrete<br />
- personalintensive - Beratung zukommen zu lassen.<br />
Eine Analyse der wesentlichen allgemeinen Nachfrageentwicklungstendenzen zeigt,<br />
daß die umweltbewußten Touristen ein nicht zu unterschätzendes Nachfragepotential<br />
für das Großschutzgebiet darstellen. Um dieses Potential zu erschließen, bedarf<br />
es jedoch einer abgestimmten regionalen Strategie bestehend aus verschiedenen<br />
Bausteinen und unter Einbezug unterschiedlicher Akteure.<br />
Die Bausteine lassen sich entlang der "Produktlinie" Tourismus identifizieren und<br />
analysieren. Im einzelnen wurden hier betrachtet: Beherbergung, Gastronomie, Verkehr,<br />
Freizeitinfrastrukturen, Natur- und Kulturraumpotential sowie Image/ Marketing.<br />
Jeder dieser Bereiche wird im Sinne eines Stärken/ Schwächen-Profils beschrieben<br />
und es werden Vorschläge entwickelt, die zusammenfassend in den<br />
nachfolgenden Übersichten wiedergegeben sind.
205<br />
Abbildung 21:1. Maßnahmenbereich "Vermittlung von Unterkünften"<br />
Ziele Problembeschreibung Umsetzungsschritte<br />
Erhöhung der Kapazitätsauslastung<br />
Transparenz des Angebotes<br />
einfache und problemlose<br />
Zugänglichkeit von Informationen<br />
Kapazitätsüberhänge im<br />
niedersächsischen Teilgebiet<br />
bestehendes Angebotsdefizit<br />
(qualitativ und<br />
quantitativ) in den östlichen<br />
Teilgebieten<br />
mögliche Kapazitätseng<br />
pässe bei gesteigerter<br />
Marketingaktivität<br />
Informationsdefizite bei<br />
spontanen Übernachtungswünschen<br />
elektronisches Reservierungssystem,<br />
daß vor Ort<br />
möglichst Tag und Nacht<br />
arbeitet<br />
länderübergreifende Bündelung<br />
der Informationen<br />
Verbesserung der Außendarstellung<br />
Abbildung 22: 2. Maßnahmenbereich "Erhöhung der Unterkunftskapazitäten im<br />
östlichen Teilgebiet"<br />
Ziele Problembeschreibung Umsetzungsschritte<br />
Erhalt dörflicher Strukturen Dauerbelegung durch Geschäftsreisende<br />
Förderung von Dachgeschoßausbau<br />
<strong>Ausbau</strong> geht vor Neubau<br />
Bevorzugung einheimischer<br />
Investoren<br />
keine Großprojekte (wie<br />
fehlende Konkurrenz<br />
ungünstiges Preis-<br />
Leistungs-Verhältnis<br />
bzw.<br />
<strong>Ausbau</strong> von Nebengebäuden<br />
Förderung der Investitionbereitschaft<br />
etwa das Akquazentrum in mangelnde Beherbergungskapazität<br />
Lenzen etc.)<br />
keine Zersiedlung<br />
das "Besondere" der<br />
Siedlungsformen als<br />
"Kapital" erhalten<br />
Spezialkenntnisse der Altbausanierung<br />
erwerben,<br />
die später überregional<br />
"vermarktet" werden können<br />
gezielte Beratung<br />
(Erschließung neuer<br />
Marktpotentiale, Fördermittelakquise,<br />
Werbung,<br />
Unterkunftsausstattung)<br />
angepaßte gemeindeübergreifende<br />
Bauleitplanungen,<br />
Abstimmung<br />
der Raumordnungsplanungen<br />
Akquisition von Dorferneuerungsmitteln<br />
kombiniert<br />
mit GA - Mitteln<br />
"Fremdenverkehr"
Abbildung 23: 3. Maßnahmenbereich "umweltbewußte Betriebsführung"<br />
Ziele Problembeschreibung Umsetzungsschritte<br />
Energie sparen<br />
veränderter Wasserverbrauch<br />
und dadurch geringeres<br />
Abwasseraufkommen<br />
Abfallvermeidung<br />
qualitative Verbesserung<br />
mit umweltbewußter Betriebsführung<br />
lassen sich<br />
nur in bestimmten Marktsegmenten<br />
Wettbewerbsvorteile<br />
(Imageeffekte)<br />
erzielen<br />
umweltbewußte Betriebsführung<br />
Auslobung von Wettbewerben<br />
als Innovationsanreiz<br />
und werbewirksame<br />
Auszeichnung von<br />
Betrieben<br />
Informationsbereitstellung -<br />
zielgruppenorientiertes<br />
führt nicht auto-<br />
Marketing<br />
der vorhandenen und neu<br />
entstehenden Kapazitäten matisch zu Kostenentlastungen<br />
und ist mit über die ökonomischen<br />
Beratung und Information<br />
umweltgerechte Standortwahl<br />
zeitlichem Mehraufwand und ökologischen Vorteile<br />
Förderung der Anreise mit verbunden<br />
einer umweltbewußten Betriebsführung<br />
ÖPNV und des Radfahrens<br />
Checkliste<br />
"umweltbewußte Betriebsführung"<br />
Einsatz von Dorferneuerungsmitteln<br />
Abbildung 24: 4. Maßnahmenbereich "umweltverträgliche Campingplätze"<br />
Ziele Problembeschreibung Umsetzungsschritte<br />
keine Zersiedlung<br />
geregelte Entsorgung der<br />
hochgiftigen Abwässer<br />
zu hohe Belegung durch<br />
Dauercamper in den westlichen<br />
Bundesländern,<br />
planungsrechtliche Instrumente<br />
entwickeln<br />
Schlechtwetter- Aufenthaltsräume<br />
aus Wohnmobil- und konzipieren<br />
dadurch Chance in diesem<br />
Camping-Toiletten Gebiet besonders attraktive<br />
und anbieten<br />
Plätze für die Rei-<br />
Kochgelegenheiten anbie-<br />
Integration der Plätze in<br />
die Natur/ Landschaft sepioniergruppe<br />
ten<br />
Aufwertung bestehender "Nomaden" zu schaffen Ansiedlung kleiner naturnaher<br />
Zelt- und Rastplätze<br />
Campingplätze<br />
allgemein zu geringe Attraktivität<br />
der bestehenden entlang der Wasserwege<br />
Schaffung neuer umweltverträglicher<br />
Campingplätzche<br />
Verkehrsnetz gewähr-<br />
Plätze<br />
Anbindung an das öffentlileisten
Abbildung 25: 5. Maßnahmenbereich "Gastronomie"<br />
Ziele Problembeschreibung Umsetzungsschritte<br />
Verarbeitung regionaler<br />
Lebensmittel<br />
Förderung des Absatzes<br />
ökologisch produzierter<br />
Nahrungsmittel<br />
gezielte Kooperation mit<br />
touristischen Anbietern<br />
Ausrichtung des Angebots<br />
auf die touristischen Zielgruppen<br />
eine gewisse "Phantasielosigkeit"<br />
im derzeitigen<br />
Angebot<br />
zuviel Fleisch, zu wenig<br />
"Frisches"<br />
Widerspruch Angebot und<br />
Nachfrage: Der Trend zur<br />
"gesunden, vollwertigen<br />
Kost" gilt insbesondere für<br />
die Zielgruppen, für die<br />
sich das Gebiet profilieren<br />
will.<br />
begrenzte lokale Kaufkraft<br />
Fortbildungsveranstaltunge<br />
n<br />
neutrale Beratung der<br />
Gaststätten- und Restaurantinhaber<br />
Förderung der Kommunikation<br />
zwischen landwirtschaftlichen<br />
Direktvermarktern<br />
und Abnehmern<br />
aus dem Gaststättengewerbe<br />
- evtl. Bereitstellung eines<br />
Koordinators<br />
Förderung der Kooperation<br />
der Gastronomiebetriebe<br />
Abbildung 26: 6. Maßnahmenbereich "Verkehr"<br />
Ziele Problembeschreibung Umsetzungsschritte<br />
An- und Abreise mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln<br />
Bewegung im Feriengebiet<br />
mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
Förderung des Fahrradfahrens<br />
mangelnde Information<br />
über die Erreichbarkeit mit<br />
öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
unzureichende innere Erschliessung<br />
mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln<br />
Lücken im Bahnnetz z.B.<br />
Uelzen-Salzwedel oder<br />
Dannenberg -Dömitz-<br />
Ludwiglust<br />
kein ausreichenden Fahrradroutenkonzept<br />
unzusammenhängende<br />
und zu wenige Radwege<br />
Überlastung der Elbuferstr.<br />
Verbesserung der Information<br />
über vorhandene<br />
öffentliche Verkehrsmittel<br />
Schließung von Streckenlücken<br />
im Bahnnetz<br />
Erhöhung der Taktfrequenzen<br />
im ÖPNV<br />
Bereitstellung von Fördermitteln<br />
für die Erarbeitung<br />
von Info-Materialien<br />
und Verkehrskonzepten.<br />
Erarbeitung einer die Ländergrenzen<br />
überschreitenden<br />
Radwegekonzeptionen<br />
Fahrradmitnahmemöglichkeiten<br />
in öffentlichen Verkehrsmitteln
208<br />
Abbildung 27: 7. Maßnahmenbereich "Aufbau einer 'sanften' Freizeitinfrastruktur"<br />
Ziele Problembeschreibung Umsetzungsschritte<br />
Schaffung von Wassersportgelegenheiten<br />
Bereitstellung von Hallenbädern<br />
Qualifikations- und Ausbildungsverbesserung<br />
der<br />
Fremdenführerinnen<br />
Bootsanlegestellen<br />
mangelndes Angebot<br />
mangelnde Attraktivität in<br />
der Vor- und Nachsaison<br />
mangelnde Information<br />
über das vorhandene Angebot<br />
unverbindliche Rahmenrichtlinie<br />
für mögliche<br />
Standorte wassersportlicher<br />
Einrichtungen unter<br />
Berücksichtigung des Naturschutzes<br />
hat keine<br />
Rechtswirkung<br />
Getrennte und widersprüchliche<br />
Regionalplanungen<br />
Hinweise in Prospekten auf<br />
wetterunabhängige<br />
Schwimmgelegenheiten<br />
Hausschwimmbäder in<br />
Hotelneubauten der Allgemeinheit<br />
öffnen<br />
(Verhandlungsbedarf)<br />
Hinweise auf bestehende<br />
Einrichtungen geben und<br />
Anbindung dieser Einrichtungen<br />
an den ÖPNV<br />
Zusammenarbeit mit Vereinen<br />
auf Ortsebene<br />
aktive einheitliche Informationsstrategien<br />
entwickeln<br />
Fördermittel für umweltverträgliche<br />
Lösungen bereitstellen<br />
Personenfähren, Fahrradwege,<br />
Naturlehrpfade,<br />
Wanderwege<br />
Abbildung 28: 8. Maßnahmenbereich "gemeinsame Außendarstellung"<br />
Ziele Problembeschreibung Umsetzungsschritte<br />
abgestimmte transparente<br />
Informationspraxis<br />
Zielgruppenorientierung<br />
hin zu einer ökologischen<br />
Beispielregion<br />
mangelnde Information<br />
über Erreichbarkeit der<br />
Region mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln<br />
uneinheitliche Werbung<br />
Errichtung eines Besucherleitsystems<br />
(einheitliche<br />
Kartierung, Beschilderung<br />
und Führungskonzeption)<br />
Förderung eines gemeinsamen<br />
Erhöhung des Erlebniswertes<br />
zielgruppenorien-<br />
(bislang vier verschiedene<br />
Vermarktung der charakteristischen<br />
Raumbezüge in der Vermarktungtierten<br />
Marketings<br />
Regionalkonferenz - Vermen<br />
Siedlungsfor-<br />
keine Konzentration auf ständigung zwischen allen<br />
(Rundlinge, Elbdeich- bestimmte Zielgruppen beteiligten Trägern<br />
, Wurten- und Marschhufendörfewicklung<br />
eines Werbekon-<br />
Ausschreibung der Ent-<br />
Werbekostenersparnis<br />
zeptes für die Gesamtregion<br />
und gesteigerte Werbungseffektivität<br />
Einbeziehung der Erreichbarkeit<br />
der Region mit Bus<br />
Bahn und Fahrrad in die<br />
Außendarstellung
209<br />
E<br />
Verkehrsbezogene Analyse und Perspektiven<br />
der Region 'Dresden'<br />
1. Größe, Abgrenzung und charakteristische Merkmale der Region<br />
'Dresden'<br />
Die Region 'Dresden' liegt im südöstlichen Randbereich Deutschlands am Schnittpunkt<br />
wichtiger Straßen und Schienenstrecken und stellt das kulturelle und wirtschaftliche<br />
Zentrum Sachsens dar. Die Region bildet als Schnittstelle der Fernverbindungen<br />
Hamburg-Prag und Paris-Warschau in großräumiger Perspektive die<br />
Brücke <strong>zum</strong> (süd-) osteuropäischen Ausland. Es handelt sich bei dem Untersuchungsraum<br />
im vorliegenden Fall um das Stadtgebiet der sächsischen Landeshauptstadt<br />
Dresden sowie der angrenzenden Gemeinden Radeberg, Radebeui,<br />
Freital, Heidenau, Pirna, Meißen und Coswig. Die Region hatte in dieser Abgrenzung<br />
im Jahr 1990 eine flächenmäßige Ausdehnung von 346 qkm und eine Bevölkerungszahl<br />
von 698.575 Einwohnerinnen und Einwohnern.<br />
Vor allem das Stadtgebiet Dresdens sowie sein elbaufwärts angrenzendes Umland<br />
("Sächsische Schweiz") stellen ein außergewöhnliches, traditionsreiches kulturlandschaftliches<br />
Ensemble dar. Die naturräumlich-topographische Ausgangssituation<br />
wird durch die Flußlandschaft der Elbe und die angrenzenden Höhenzüge des Elbsandsteins<br />
geprägt, die sowohl aus landschaftsökologischer Sicht wie auch für Tourismus<br />
und Naherholung von überragender Bedeutung sind. In gesellschaftlichökonomischer<br />
Hinsicht ist die (für die Großstädte der ehemaligen DDR eher untypische)<br />
reichhaltige Mischung aus Handwerk und Produktion, Wissenschaft und Forschung<br />
sowie kulturellen Beständen Charaktermerkmal der Region.
210<br />
Abbildung 29: Lage und Einordnung der Region 'Dresden'<br />
j Autobahn<br />
E=3 Eisenbahn<br />
KflNiaSTEIN<br />
Quelle: AG Ludwlg-Bölkow-Systemtechnik u.a. 1992<br />
Charakteristische Merkmale der Region sind im wesentlichen:<br />
• die naturräumliche Situation des Elbtals<br />
• der Landschaftsraum in der Umgebung Dresdens (Sächsische Schweiz, Moritzburger<br />
Teichgebiet, Lößnitzhöhen u.a.)<br />
• das knotenpunktförmig auf die Stadt Dresden zulaufen Verkehrsnetz,<br />
• die politisch-administrative Funktion Dresdens als Landeshauptstadt,<br />
• die Funktion der Kernstadt als wirtschaftliches Zentrum,<br />
• die Funktion der Kernstadt als kulturelles und soziales Zentrum.<br />
Im Gegensatz zu anderen Großstädten der ehemaligen DDR ist Dresden von mehreren<br />
Mittelzentren umgeben, deren Einzugsbereich in engen Verflechtungsbeziehungen<br />
<strong>zum</strong> Oberzentrum Dresden steht. Im Hinblick auf die weitere Entwicklung der<br />
Stadtregion wird eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen Kernbereich und Peripherie<br />
angestrebt; diese scheint allerdings durch die sürmische Gewerbeentwicklung in<br />
den Außenbereichen während der ersten Jahre nach der Wende in Frage gestellt.<br />
Noch zu Zeiten der DDR verlief die Bevölkerungsentwicklung von Kernstadt und
211<br />
Umland extrem gegenläufig (vgl. IÖR 1993). Die Stadtstruktur Dresdens selbst ist<br />
gekennzeichnet durch verdichtete Bebauung aus der Gründerzeit in den Kernbereichen,<br />
teilweise großflächige und monostrukturierte Stadterweiterungen aus der Zeit<br />
des sozialistischen Städtebaus sowie eine verstärkte Hinwendung zur städtebaulichen<br />
Rekonstruktion und Zentrenorientierung in den letzten Jahren.<br />
Abbildung 30: Zentrenstruktur der Region 'Dresden'<br />
A<br />
Quelle: AG Ludwig-Bölkow-Systemtechnik u.a. 1992<br />
. Planungsziele der Stadtentwicklungsplanung sind:<br />
• Fortführung der begonnenen Maßnahmen in Stadtumbau und Stadterweiterung,<br />
• Weiterentwicklung der polyzentralen, durchmischten Siedlungsstruktur,<br />
• Ausweisung von Gewerbegebieten entlang der Verkehrsachsen insbesondere<br />
des Schienen- und Stadtbahnnetzes.<br />
2. Das Konfliktfeld Verkehr und Umwelt<br />
Die Bedeutung des Verkehrssektors als Umweltbelaster ist in den vergangenen Jahren<br />
sowohl absolut wie auch im Vergleich zu Industrie, Kraftwerken und Haushalten<br />
spürbar gestiegen. Dies wurde aktuell am Beispiel des sogenannten Sommersmogs
212<br />
sehr kontrovers diskutiert, der Belastung der unteren Atmosphärenschicht mit troposphärischem<br />
Ozon. Hauptursache hierfür wie für einen großen Teil der Schadstoffbelastungen<br />
der Luft sind die Abgasemissionen der Straßenfahrzeuge; der Anteil<br />
des Verkehrs an den NOx-Emissionen in Deutschland liegt bei ca. 70%, in den<br />
Städten und ihren Kernräumen liegt dieser Anteil noch höher. Auch die Belastung<br />
mit Kohlenmonoxid, organischen Kohlenwasserstoffen und anderen Schadsubstanzen<br />
geht zu einem großen Teil auf den Verkehr zurück. Der Straßenverkehr gilt außerdem<br />
als wichtigste Quelle der Lärmbelastung in Städten und Gemeinden (vgl.<br />
<strong>SR</strong>U 1994).<br />
Weitere relevante Umweltbelastungen im Zuge des Verkehrsanstiegs sind insbesondere<br />
der Raumbedarf der Verkehrsanlagen sowie die indirekten Auswirkungen<br />
auf Natur und Umwelt (den Menschen eingeschlossen), die von den Verkehrsinfrastrukturen<br />
ausgehen. Der Flächen verbrauch für Verkehrswege ist in den vergangenen<br />
Jahren kontinuierlich gestiegen, der Anteil naturnaher, unzerschnittener Räume<br />
mit einer Größe von mehr als 100 km2 ist weiter rückläufig (vgl. BFANL, Raumordnungsbericht<br />
1993). Neben den Auswirkungen des Fahrbetriebs auf die den Fahrweg<br />
unmittelbar angrenzenden Flächen (<strong>Seiten</strong>streifenaltlast) trägt vor allem die<br />
Zerschneidungswirkung von Straßen (und geringfügiger: Schienen) zu ökologischen<br />
Schäden bei.<br />
Die wachsenden Umweltbelastungen des Verkehrs sind auch Indiz dafür, daß die<br />
Industriegesellschaft ihre wachsenden Mobilitätsanforderungen nicht mehr im Griff<br />
hat; es steht insofern stellvertretend für eine Vielzahl ökonomisch-technischer, sozialer<br />
und ökologischer Probleme der industriellen Lebensweise und ihrer Mobilitätszwänge.<br />
Die sektoralen Ansätze der Umwelt- und Verkehrspolitik haben hier bisher<br />
noch keine Entlastung realisieren können. Schon seit Anfang der 80er Jahre werden,<br />
vor allem im Zusammenhang mit dem heute weitgehend verdrängten Waldsterben,<br />
Lösungsansätze zur Reduzierung verkehrsbedingter Umweltbelastungen diskutiert.<br />
Die Emissionsminderungsziele der Bundesregierung im Verkehrssektor wurden<br />
jedoch bei weitem nicht erreicht, die NOx-Belastung wird in den nächsten Jahren<br />
weiter steigen, bevor erst gegen 2005 eine Abschwächung erwartet wird (Ifeu<br />
1992). Erst knapp die Hälfte des bundesdeutschen Pkw-Gesamtbestands sind mit 3-<br />
Wege-Katalysatoren ausgestattet. Die Emissionsminderung bei Pkw wird außerdem<br />
durch wachsende Anteile des Lkw-Verkehrs kompensiert, der bei einem 10-<br />
prozentigen Anteil an den Fahrleistungen bereits für ca. 40% der Stickoxidemissionen<br />
des Verkehrs verantwortlich ist. Bei Energieverbrauch und C02-Emissionen ist<br />
die Erwartung noch weitaus pessimistischer: hier wird mit anhaltendem Wachstum<br />
bzw. langfristig Stagnation auf hohem Niveau gerechnet (BfLR 1993). Ursache<br />
hierfür sind die Festigkeit der Rahmenbedingungen des Verkehrs (vor allem ausdifferenzierte,<br />
transportintensive Raum- und Siedlungsstrukturen und eine wachsende<br />
Arbeitsteiligkeit der Wirtschaft), die extreme Schere in der Preisentwicklung von privatem<br />
und öffentlichem Verkehr, zunehmend anspruchsvollere Konsum- und Mobilitätsmuster<br />
vieler (nicht aller) Menschen sowie eine weiterhin dem Prinzip der Bedarfsdeckung<br />
folgende Verkehrs- und Infrastrukturpolitik. Dies stützt insgesamt den<br />
Status-Quo des Verkehrswachstums: in einem verkehrsabhängigen Umfeld bleiben<br />
alle potentiellen <strong>Alternativen</strong> strukturell begrenzt.<br />
Wachsende Zielkonflikte zwischen ökologischen und ökonomischen Interessen, die<br />
hohen Folgekosten und die geringe Effizienz des Verkehrssystems geben verstärkt<br />
Anlaß zur Suche nach Auswegen. Dabei lassen sich kurzfristig wirksame Maßnahmen<br />
im Bereich der Ordnungs- und Verkehrspolitik - wie sie etwa zur Wiederherstel-
213<br />
lurig der Straßenverkehrsordnung, <strong>zum</strong> Abbau von Belastungsspitzen und zur Förderung<br />
von Verkehrsalternativen notwendig sind - mit einer gewissen Erfolgsaussicht<br />
umsetzen. Ob die im Zusammenhang mit einer Verschärfung der Luftreinhaltepolitik<br />
in den Städten anvisierten Restriktionen für den Kfz-Verkehr (BlmSchG) Besserung<br />
versprechen, bleibt abzuwarten. Die Vermittlung grundlegender Einschnitte<br />
in die Verkehrsbudgets von Haushalten und Unternehmen weist derzeit noch zentrale<br />
Defizite auf: Politische Unentschlossenheit, das Schielen nach der<br />
"Volksmeinung" (Tempolimit), konzeptionelle Lücken z.B. mit Blick auf ökonomische<br />
Zwänge sowie die Trägheit des individuellen Handelns kommen hinzu.<br />
Technische Innovationen können zwar wichtige Beiträge zur Umweltentlastung bringen,<br />
wie die Beispiele Japan oder USA z.T. gezeigt haben. Dies setzt aber die frühzeitige<br />
Entwicklung konsistenter Leitbilder und konfliktfähiger politischer Strategien<br />
voraus. Wenn an dieser Stelle mit Priorität strukturelle Lösungsansätze diskutiert<br />
werden, so geschieht dies in Kenntnis der begrenzten Wirkung technischer Minderungsmaßnahmen,<br />
vor allem dann, wenn sie in ein allgemeines Szenario des Verkehrs-<br />
und Wirtschaftswachstums eingebettet sind und weiterhin wachsende Mobilität<br />
versprechen. Im übrigen führt Kompensation durch Mengenwachstum immer<br />
häufiger zu einer begrenzten Problemlösungskompetenz; dies gilt bekanntlich auch<br />
für andere Handlungsfelder der Umweltpolitik. Ordnungspolitische, technische und<br />
fiskalische Lösungen für einen umweltverträglicheren Verkehr müssen auf lange<br />
Sicht durch weitergehende Ansätze zur Neugestaltung der Raum- und Siedlungsstrukturen<br />
und zur Förderung eines verkehrsarmen Wirtschaftens ergänzt werden.<br />
Vor diesem Hintergrund werden in der vorliegenden Untersuchung mögliche verkehrliche<br />
und verkehrswirtschaftliche Entwicklungspfade für die Region 'Dresden<br />
und Umland' diskutiert. Parallel <strong>zum</strong> Anstieg der privaten Motorisierung hat die Umweltbelastung<br />
in der Region 'Dresden und Umgebung' - dies gilt vor allem für den<br />
Verkehrssektor - deutlich zugenommen. Neben der durch die Raumheizung bedingten<br />
S02-Belastung der Luft sind die Lärm- und Schadstoffemissionen des Straßenverkehrs<br />
heute die Hauptquellen der Umweltbelastung. Auch hier sind Kompensationen<br />
größeren Umfangs absehbar (Entlastung bei Industrie-, Kraftwerks- und<br />
Raumheizungsemissionen, Zuwächse im Verkehr). Die Deposition der Verkehrsemissionen<br />
im Straßenraum trägt außerdem zu direkter Schadwirkung und unmittelbarer<br />
Belästigung der Bevölkerung bei. Folglich hat sich auch die Wahrnehmung der<br />
Verkehrssituation und ihrer Belastungen, die im Zuge des Jahres 1991 durch Befragungen<br />
erhoben worden ist, erheblich in Richtung 'unzuträglich' bzw. 'chaotisch'<br />
verschoben (IVSÖ der HfV). Hiervon sind insbesondere betroffen innerhalb der<br />
Stadt Dresden die Nord-Süd-Verbindung, die Teplitzer Str., die Otto-Buchwitz-Str.,<br />
im Umland außerdem die Straßenzüge entlang der Bundesstraßen 172 und 170.<br />
Die Exposition des Stadtraumes in der Elbtallage kann die Schadstoffbelastung der<br />
Luft in ungünstigen Witterungssituationen verstärken, da in solchen Fällen der vertikale<br />
Luftmassenaustausch eingeschränkt ist und eine weitere Frischluftzufuhr nur<br />
über die quer verlaufenden Frischluftschneisen möglich ist. Diese sind daher bei der<br />
weiteren Bebauungsplanung als Tabuzonen zu behandeln und als Elemente eines<br />
vernetzten Systems offener Grünzüge weiterzuentwickeln. Auch in den umliegenden<br />
Gemeinden verschärft sich die Umwelt- und Verkehrsbelastung im Zuge der Motorisierungsentwicklung,<br />
was sich neben der allgemeinen Belastung der Lebensqualität<br />
auch in einer Beeinträchtigung des hohen Potentials für Tourismus und Fremdenverkehr<br />
niederschlägt. Obwohl beispielsweise die Sächsische Schweiz im Straßen-
214<br />
verkehr gut erreichbar ist, verschärfen sich diesbezügliche Probleme in der Umlandregion.<br />
Geeignete <strong>Alternativen</strong> <strong>zum</strong> Pkw im Freizeitverkehr wurden bisher noch<br />
nicht systematisch entwickelt.<br />
3. Entwicklungsperspektiven der Verkehrsträger, Bedeutung der<br />
Verkehrswirtschafti 27<br />
3.1 Einordnung der Verkehrsentwicklung in den gesellschaftlichen Wandel<br />
Wie kaum an einem anderen gesellschaftlichen Handlungsfeld wurden deutschdeutsche<br />
Teilung und Vereinigung am Beispiel des Verkehrswesens deutlich. Innerhalb<br />
nur weniger Jahre erfolgte in der ehemaligen DDR eine Anpassung des stark<br />
regulierten und reglementierten Verkehrsmarktes an das moderne, mit zunehmenden<br />
Anteilen privatwirtschaftliche Verkehrswesen der Bundesrepublik. Wichtigste<br />
Kennziffer dieses Anpassungsprozesses ist der Anstieg der privaten Motorisierung<br />
(s.u.). Die Zahl der Haushalte mit Pkw-Besitz stieg in Dresden zwischen den Jahren<br />
1987, 1990 und 1991 von 42% über 68% auf über 71% (Angaben nach SrV, Institut<br />
für Verkehrssoziologie und -Ökologie der Hochschule für Verkehrswesen). Der öffentliche<br />
Verkehr kann seine Verkehrsanteile nach einem Rückgang Anfang der 90er<br />
Jahre heute knapp behaupten, während erhebliche Verlagerungen zwischen Fußgängerverkehr<br />
und Pkw-Verkehr stattfinden. Im Güterverkehr ist neben dem wirtschaftsstrukturell<br />
bedingten Rückgang der Gesamtnachfrage der Bedeutungswandel<br />
zwischen Strasse und Schiene signifikant.<br />
3.2 Die Bedeutung der Eisenbahn<br />
Fernverkehre<br />
Durch die Stadt Dresden verläuft eine der bedeutendsten und leistungsfähigsten<br />
Eisenbahnverbindungen im ostdeutschen Raum. Sie verbindet diese Region mit<br />
dem südeuropäischen Raum auf der Relation Dresden-Prag-Budapest-<br />
Bukarest/Sofia. Die West-Ost-Verbindung war bisher vorwiegend von nationaler<br />
Bedeutung, wird jedoch künftig verstärkt auch internationale Verkehre abwickeln.<br />
Diese Achse verläuft durch Dresden über Görlitz und weiter nach Polen und zur<br />
ehemaligen Sowjetunion.<br />
Das städtische Eisenbahnnetz ist insofern auch durch Fernverkehrsverbindungen<br />
geprägt, als die Fremdenverkehrsströme die Stadt Dresden teilweise über die<br />
Schiene erreichen. Dresden ist im gesamten internationalen Personenverkehr auf<br />
den obengenannten Strecken Ausgangs- bzw. Endpunkt von Personenverkehrsströmen.<br />
Die Mitbenutzung der Fernbahngleise durch den Regional- und Nahverkehr<br />
stellt ein wichtiges Element des <strong>Ausbau</strong>s der Bahn in der Region Dresden<br />
dar, ebenso die Auflösung der Engpaßsituation am Dresdner Hbf (Erweiterung<br />
der Gleisanlagen für die verschiedenen Sparten).<br />
127 Die folgende Darstellung orientiert sich im wesentlichen an folgenden Arbeiten: Arbeitsgruppe Ludwig-Bölkow-Systemtechnik<br />
Ottobrunn, Global Challenges Network (mit Planungsgruppe 504) Manchen, Transport and Communications Assessment<br />
Center Dresden: Umweltorientierte Verkehrsstrategien für den Ballungsraum "Dresden/Oberes Elbtal, Phase I, Dezember<br />
1992; Hochschule für Verkehrswesen "Friedrich List", Forschungsgruppe "Umwelt und Verkehr": Umweltorientierte Strategien<br />
für Transport, Kommunikation und Tourismus in Euorpa", Dresden 1992; DaimlerBenz Forschungsinstitut Berlin: Verkehrsumfeld<br />
und Verkehrsstrukturen in der DDR, Berlin 1990.
215<br />
SV-Bahn-System (Stadt- und Vorortbahn)<br />
Der parallel zu den Fernlinien verlaufende S-Bahn- und Vorortbahnverkehr ist für<br />
die städtischen Verkehrsbeziehungen, die Verbindung <strong>zum</strong> Umland und für den<br />
Pendlerverkehr von großer Bedeutung. Das SV-Bahn-Netz ist teils deckungsgleich<br />
mit dem überlasteten Gleisnetz des Fernverkehrs, teils befindet es sich im<br />
Parallelverlauf. Daraus resultieren eine Reihe von Behinderungen für den SV-<br />
Bahn-Verkehr, die nur bei gesonderter Einordnung eines SV-Bahn-Gleisnetzes<br />
abgebaut und zu Vorteilen für den innerstädtischen Eisenbahnverkehr gestaltet<br />
werden können. Alternative Konzepte sehen die nachträgliche Einordnung einer<br />
das Stadtgebiet weitreichend erfassenden Stadtbahn vor, die in großen Abschnitten<br />
als U-Bahn konzipiert ist.<br />
Die Taktzeiten der Sv-Bahn betragen in der Spitzenzeit 30 min, auf der Relation<br />
Dresden-Pirna 15 min. Der Zugverkehr wird im wesentlichen mit Doppelstockwagen<br />
(DR-Bauart) durchgeführt. Bisher erfüllt die SV-Bahn noch nicht alle Qualitätsmerkmale<br />
nach DB-S-Bahn-Standard. Es fehlen vor allem:<br />
• ein durchgäniges und abgestimmtes Taktsystem auf allen Linien,<br />
• unabhängiger Zugbetrieb auf eigenen Gleiskörpern,<br />
• ein integriertes Tarif- und Informationssystem,<br />
• die Einbindung der regionalen Verkehre in einen Verkehrsverbund.<br />
Die bisherigen Planungen sehen einen <strong>Ausbau</strong> und eine Modernisierung der SV-<br />
Bahn vor, die folgende Maßnahmen enthält:<br />
• Erhöhung der Haltestellenanzahl, dadurch bessere Verbindung der SV-Bahn mit<br />
den flächenerschließenden Verkehren (Straßenbahn, Bus),<br />
• Schaffung eigener Gleiskörper/Trassen für den Personenverkehr auf der Relation<br />
Pirna-Coswig einschließlich des sechsgleisigen <strong>Ausbau</strong>s des Streckenabschnitts<br />
Dresden Hbf - Dresden-Neustadt,<br />
• Elektrifizierung des Nordteils des SV-Bahn-Netzes im Zusammenhang mit der<br />
Elektrifizierung des Fernbahnsabschnitts Dresden-Görlitz,<br />
• Anbindung des Flughafens Dresden-Klotzsche an die SV-Bahn.<br />
In organisatorischer Hinsicht sind insbesondere die Zusammenführung der zahlreichen,<br />
nach der Wende entstandenen privaten und öffentlichen Verkehrsanbieter zu<br />
einer regionalen Verkehrsgesellschaft bzw. einem regionalen Verkehrsverbund<br />
sinnvoll, damit die Abstimmung von Investitionen, Fahrplan- und Tarifsystem in Angriff<br />
genommen werden kann. Politische Aktivitäten zur Gründung eines Verkehrsverbundes<br />
laufen bereits.<br />
Neben den alltäglichen Berufs-, Ausbildungs- und Besorgungsverkehren sollte die<br />
SV-Bahn bzw. die Nebenstrecken der Eisenbahn in der Region verstärkt für touristische<br />
Zwecke genutzt und erschlossen werden. Dies betrifft insbesondere Streckenteile<br />
in Richtung Sächsische Schweiz (Bad Schandau-Sebnitz) sowie in Richtung<br />
Erzgebirge (Dresden-Altenberg, Freital-Kipsdorf).
216<br />
3.3 Straßenbahn, Bus und Bergbahnen<br />
Die Flächenwirksamkeit des städtischen Straßenbahnbetriebes ist ein weiteres markantes<br />
Zeichen der Verkehrsentwicklung in Dresden. Der Sraßenbahnbetrieb ist<br />
nach dem Leipziger Betrieb der zweitgrößte Sachsens und gehört nach Netzlänge<br />
und Fahrzeugzahl zu den größten Betrieben der Bundesrepublik. Das Gleisnetz<br />
umfaßte 1992 ca. eine Länge von 150 km und hat heute noch ca. 130 km unter Betrieb.<br />
Die Straßenbahn ist das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel in der Stadt<br />
Dresden, ihre Flächenerschließung ist einer der großen Standortvorteile des Verkehrssystems;<br />
große Teile des Stadtgebietes liegen im 300 m-Radius um die Haltestellen.<br />
Die Straßenbahn hat aber in der Vergangenheit ebenso wie der Busbetrieb extrem<br />
unter der mangelnden Wartung und Instandhaltung gelitten, obwohl der Verschleiß<br />
der Anlagen extrem hoch gewesen ist. Für die nächste Zukunft sind Netzausbau und<br />
die Modernisierung der Fahrwege geplant, da der Anteil eigener Bahnkörper bei nur<br />
ca. 26 % liegt; es überwiegt die zweigleisige Streckenführung im Straßenraum<br />
(Mittellage). Behinderungen zwischen dem motorisierten Individualverkehr (MIV),<br />
dem Straßengüterverkehr, dem Busverkehr und dem Straßenbahnverkehr sind auf<br />
ca. 50 % innerstädtischer Verkehrstrassen vorhanden, auf denen Straßenbahnlinien<br />
verlaufen. Der Betriebszustand der Gleisanlagen führte zu Langsamfahrtstreckenanteilen<br />
von bis zu 35 %, die teils erhebliche Auswirkungen auf die Durchlaßfähigkeit<br />
und Geschwindigkeit des übrigen Straßenverkehrs ausüben, an deren Abbau jedoch<br />
intensiv gearbeitet wird. Bereits bis 1996 sollen ca. 60% des Streckennetzes auf<br />
eigenem Gleiskörper geführt werden, Netzergänzungen in Höhe von ca. 18 km sind<br />
ebenfalls geplant, u.a. im Stadtkern sowie im radialen und tangentialen Netz.<br />
Die wichtigsten Maßnahmen im Straßenbahnnetz sind:<br />
• Schaffung eigener Gleiskörper<br />
• Zweigleisiger <strong>Ausbau</strong> eingleisiger Streckenabschnitte<br />
• Bevorrechtigung im Verkehrsfluß gegenüber dem MIV<br />
• Verbesserung des Tarif- und Fahrplansystems<br />
• Einbindung in einen Verkehrsverbund<br />
• Schaffung leistungsfähiger Betriebshöfe.<br />
Die Stadt Dresden verfügt weiterhin über ein flächendeckendes Busliniennetz. Dieses<br />
umfaßte 1992 in seiner Gesamtausdehnung ca. 275 km. In sinnvoller Aufteilung<br />
auf die Fläche erbringt das Bussystem in der Stadt Dresden vorrangig Zubringerdienste<br />
zur Straßenbahn, <strong>zum</strong> SV-Bahn-Netz sowie Verkehrsleistungen zwischen<br />
Stadtnebenzentren und dem Stadtzentrum sowie zwischen Wohn- und Arbeitsort.<br />
Erschwerend wirkte sich zurückliegend die hohe Verschleißquote im Bussektor und<br />
die in der Vergangenheit mangelnde Wartungs- und Instandhaltungskapazität aus.<br />
In die Flächendeckung städtischer Buslinien greifen teils die Überland-<br />
Linienverkehre ein, die bedingt für innerstädtische Verbindungen genutzt werden.<br />
Die dem zugrunde liegende flächenhafte Arbeitsteilung hat sich günstig auf die Nutzer<br />
des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ausgewirkt. Die für den mit Bussen<br />
betriebenen ÖPNV wichtige Bevorrechtigung dieser Fahrzeuge im öffentlichen<br />
Fahrverkehr hat keine entscheidende Durchsetzung gefunden. Somit erlebt der<br />
ÖPNV keine Aufwertung gegenüber dem MIV. Die im Bussektor vertretbare Fahrplandichte<br />
hat zu hohen Nutzerquoten geführt. Der modal split gibt darüber Aus-
217<br />
kunft: Bislang wurden ca. 43 % der Fahrten mit dem ÖPNV (nicht nach Bus/Bahn<br />
untergliedert) durchgeführt. Festzustellen ist, daß dieser Anteil rückläufig ist.<br />
Dresden verfügt, konzentriert an einem Standort in Dresden-Ost, über zwei Bergbahnen<br />
(Standseilbahn/Schwebebahn). Diese Bahnen sind Teil des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs und erbringen Personenbeförderungsleistungen zwischen<br />
den auf Elbniveau gelegenen Stadtgebieten und den höher gelagerten Wohngebieten<br />
Dresden/Weisser Hirsch und Dresden-Loschwitz.<br />
Die Bahnen vermindern in dieser Region den motorisierten Straßenverkehr, werden<br />
umweltfreundlich betrieben und besitzen zudem infolge ihrer Bauweise und ihrer<br />
Einordnung in die Landschaft am Elbtal auch einen besonderen touristischen Wert.<br />
Gemeinsam mit der Personenschiffahrt auf der Elbe bestehen hier weitere originäre<br />
<strong>Alternativen</strong> <strong>zum</strong> herkömmlichen ÖPNV und <strong>zum</strong> motorisierten Individualverkehr.<br />
3.4 Straßenanbindung und Straßenverkehrsnetz<br />
Die Eigenschaft der Region Dresden als Knotenpunkt des Verkehrsnetzes trifft auch<br />
für ihre Anbindung an wichtige Straßenverbindungen zu. Dazu gehören auf <strong>Seiten</strong><br />
des Autobahnnetzes insbesondere die<br />
• A4 Dresden - Bautzen<br />
• Dresden - Chemnitz - Erfurt - Eisenach<br />
• Dresden - Chemnitz - Plauen - Hof<br />
• A 13 Dresden - Berlin / Cottbus / Frankfurt/Oder<br />
• A 14 Dresden - Leipzig - Halle.<br />
Die südliche Verbindung in Richtung Tschechische Republik ist zur Zeit noch nicht<br />
in gleicher Qualität gegeben und läßt erhebliche Fernverkehre auf wichtigen Bundesstraßen<br />
sowohl die Stadt Dresden queren als auch wertvolle Naturräume passieren<br />
(z. B. E 55 Dresden - Grenze CR/Zinnwald). Mit dem geplanten Neubau der<br />
Autobahnverbindung zwischen Dresden und Prag werden innerstädtische Verkehrssituationen<br />
bedingt entlastet, jedoch stadttypische Verkehrsverhältnisse in das<br />
südliche Umland verlagert. Besonders erschwerend für die Verkehrsabwicklung sind<br />
der qualitativ ungenügende Straßenzustand und der Zustand der Brücken im Verlauf<br />
von Straßenverkehrswegen.<br />
Im Bereich der Bundesstraßen sind folgende Abschnitte von besonderer Bedeutung<br />
bzw. stark befahren;<br />
• B 6 Dresden - Bautzen<br />
• Dresden - Meißen<br />
• B 170Dresden - Zinnwald<br />
• B 172 Dresden - Pirna<br />
Das historisch gewachsene Straßenverkehrsnetz der Stadt Dresden weist den Vorzug<br />
der ringförmigen Umschließung des Stadtzentrums mit sternförmig auf den Ring<br />
hinführenden Trassen auf. Diese "gewachsene Begrenzung" des Stadtzentrums ist<br />
als Voraussetzung für künftige Verkehrsverringerung innerhalb dieses Stadtringes<br />
zu betrachten. Dies würde jedoch voraussetzen, daß die Ringverkehre nicht durch<br />
<strong>Ausbau</strong> in "Ringautobahn-Verkehre" umgewandelt werden.
218<br />
Abbildung 31: Innerstädtisches Hauptstraßennetz Dresdens<br />
Quelle: AG Ludwig-Bölkow-Systemtechnik u.a. 1992<br />
1992 umfaßte das Straßenverkehrsnetz der Stadt Dresden ca. 1100 km, davon sind<br />
ca. 250 km Hauptnetzstraßen. Ca. 10 % des Hauptvekehrsstraßennetzes verfügen<br />
über zwei- oder mehrspurige Richtungsfahrbahnen mit standardgerechtem <strong>Ausbau</strong><br />
(Anteil steigend), auf ca. 35 % der Hauptstraßen liegen Fahrbahnen eingeengt neben<br />
dem Gleisbereich (Anteil rückläufig), mehr als die Hälfte des Hauptnetzes sind<br />
vierspurige Straßen mit Straßenbahngleisen im Fahrbahnquerschnitt oder zweispurige<br />
Straßen. Vom Straßenzustand gehen erhebliche Störungen des Verkehrsablaufs<br />
aus. Der öffentliche Verkehr wird stark beeinträchtigt, eine Vielzahl von negativen<br />
Umwelteinflüssen entsteht. Hinzu kommen Spitzenbelegungen an den Knotenpunkten<br />
in teilweisen Größenordnungen von 6000 PKW/h und mehr.<br />
Von der Kapzität her ist das Straßennetz einschließlich der Elbquerungen jedoch im<br />
Prinzip ausreichend, allerdings sind die technischen Mängel teilweise gravierend.<br />
Durch die Bündelung und die Führung vieler Ost-West-Verkehrsströme durch den<br />
Stadtkern wird die Innenstadt in unvertretbar hohem Maße vomn Verkehr belastet,<br />
der jedoch zu überwiegenden Anteilen lokaler Verkehr ist. Die Straßenräume selbst<br />
wurden nach dem Krieg überdimensioniert ausgebaut und sind städtebaulich wenig<br />
attraktiv.
219<br />
Abbildung 32: Touristische Zielgebiete und Verkehrssituation in der Region<br />
=<br />
Moritzburg<br />
ViLif<br />
Pill«<br />
.Dresdner Heide<br />
Wald<br />
t ** V V^<br />
S<br />
BroBsedllU^"»'»!<br />
Stolpe»<br />
, Hohnstein '<br />
'Weesenstein<br />
KÖNIQSTEIN/<br />
BAD SCHANDAU'<br />
m J<br />
Sächsische<br />
Blz<br />
Barenburg'<br />
% Os<br />
'¿•SZinnwald'<br />
I + I Touristische Zentren<br />
Y//X- Touristische Zielgebiete<br />
Kritische Verkehrsstraßen<br />
Quelle: AG Ludwig-Bölkow-Systemtechnik u.a. 1992<br />
3.5 Schiffahrtsweg Elbe<br />
Zum internationalen Schiffsgüterverkehr auf der Elbe wurde bereits an anderer<br />
Stelle ausführlich eingegangen. Die städtische Relation auf dem Schiffahrtsweg Elbe<br />
ist vom Personen- und Ausflugsverkehr geprägt. Die Hauptanlegestelle ist direkt<br />
im Zentrumsbereich gelegen und trägt dazu bei, den Schiffsverkehr Stadt- und nutzerwirksam<br />
zu entwickeln. Im Bereich der Personenschiffahrt ist Dresden Ausgangsund<br />
Endpunkt des Schiffsverkehrs. Hinzu kommen Schiffseigener, die in der Personenschiffahrt<br />
die Stadt Dresden linienmäßig berühren. Die Fahrgastschiffahrt stellt<br />
im Raum Dresden einen besonderen Anziehungspunkt dar. Es handelt sich hierbei<br />
vorrangig um den Ausflugsverkehr. Im Stadtgebiet befindet sich außerdem der Binnenhafen<br />
Oberelbe. Sein jährlicher Güterumschlag ist rückläufig. Die Hafenkapazität<br />
übersteigt den gegenwärtigen Bedarf an Güterumschlag erheblich. Gleichfalls im<br />
Stadtgebiet, in Dresden-Laubegast, befindet sich eine Schiffswerft mit einem bisherigen<br />
Aufgabenspektrum, das die in Dresden beheimatete Flotte übersteigt.
220<br />
Mit dem Schiffahrtsweg Elbe ist der für einige Stadtgebiete bedeutsame Fährverkehr<br />
verbunden. An ausgewählten Orten im Stadtgebiet werden Personenfähren sowie<br />
eine Autofähre betrieben. Der Fährverkehr schafft deutliche Wegezeitverkürzungen<br />
und Verminderungen des motorisierten Individualverkehrs. Der Fährverkehr erhält in<br />
Dresden seine besondere Berechtigung daraus, daß in Relation zur Längenausdehnung<br />
der Stadt von ca. 20 km im Elbeverlauf nur 7 Brücken zur Verfügung stehen<br />
(einschließlich der Brücke im Verlauf der A 4/A 7). Größere Entfernungen wie zwischen<br />
der Albertbrücke und der Brücke in Dresden-Blasewitz ("Blaues Wunder")<br />
sowie im weiteren südlichen Elbeverlauf, wo keine Brücke in stadtnaher Region zur<br />
Verfügung steht, erfordern bisher den Fährverkehr. 1992 wurden jährlich ca. 2000<br />
Personen/Tag im Fährverkehr befördert. Rückläufige Tendenzen sind in der sich<br />
allgemein verändernden Verkehrsnachfrage zu suchen.<br />
3.6 Flughafen<br />
Der Flughafen Dresden-Klotzsche erlebt seit der Wende eine deutliche Aufwertung.<br />
Die bisher jahreszeitlich differierende Anzahl von ausschließlich internationalen<br />
Fluglinien erfährt eine wesentliche Ergänzung durch Inlandsflüge und weitere internationale<br />
Fluglinien, die teils auch mit kleineren Verkehrsflugzeugen bedient werden.<br />
Galt der Flughafen Dresden-Klotzsche in der Vergangenheit oft als Ausweichflughafen<br />
für Berlin-Schönefeld, so ist er heute durch einen eigenen Stellenwert in<br />
innerdeutschen Flugverkehr in Anspruch genommen.<br />
Mit der Zunahme des Flugbetriebes hat sich die Umweltsituation im Gebiet Dresden-<br />
Klotzsche zugespitzt. Die Lärmsituation hat sich wesentlich erweitert, die Zeitspanne<br />
zwischen Starts und Landungen verringert sich parallel zur Verdichtung des Flugbetriebes.<br />
Der Flughafen Dresen-Klotzsche verfügt über eine 2,5 km lange Start- und<br />
Landebahn, die auch den Flugbetrieb mit Großraummaschinen gestattet. Der Flughafen<br />
schafft eine wichtige Anbindung Dresdens an europäische Metropolen und<br />
gestattet, bei zeitgünstigen Flugverkehren im innerdeutschen Raum, die wirtschaftlichen,<br />
politischen und kulturellen Aktivitäten in der Stadt Dresden und in seinem<br />
Umland (einschließlich seiner Wirkung auf das Land Sachsen) entscheidend zu beleben.<br />
Die Anbindung des Flughafens an die Stadt ist gegenwärtig mit dem Flughafen-Cityliner<br />
und künftig mit den am Bedarf orientierten kleineren Fahrzeugen gewährleistet<br />
(Buslinie).<br />
3.7 Individualverkehr (Fußgängerverkehr, Radverkehr, motorisierter Verkehr)<br />
Das Stadtzentrum Dresdens wird durch eine Ringverkehrsanlage begrenzt. Dies<br />
ermöglicht grundsätzlich das fußläufige Erreichen der in diesem Gebiet gelegenen<br />
Zielorte. In der zurückliegenden Zeit wurden begünstigende Voraussetzungen für<br />
den Fußgängerverkehr geschaffen. Dazu gehören die Fußgängerverbindung von<br />
Dresden-Hbf <strong>zum</strong> Albertplatz, vom Postplatz <strong>zum</strong> Großen Garten u. a. m. Die Belegung<br />
durch Fußgänger auf der Relation Dresden-Hbf-Altmarkt (im Zuge der Verbindung<br />
Dresden-Hbf-Albertplatz) betrug 1992 in der Frühspitze ca. 1000 Personen/h in<br />
Richtung Hauptbahnhof und 3.800 Personen/h in Richtung Attmarkt. Nachmittags lag<br />
die Belegung bei 3.300 Personen/h bzw. 2.500 Personen/h.<br />
Der im Zuge dieser Gestaltung begonnene <strong>Ausbau</strong> eines Behindertenwegenetzes<br />
wirkt sich weit über diesen Personenkreis hinaus vorteilhaft aus, weil er nutzerfreundlich<br />
auf alle Fußgänger wirkt. Die Gestaltung von Fußgängerbereichen, die<br />
den Autoverkehr zur Ausnahme machen, konnte in anderen Regionen der Stadt<br />
nicht fortgesetzt werden. Unzureichend gestaltete sich zurückliegend die Situation
221<br />
bei ampelgeregelten Fußgängerüberwegen. Die geringe Zahl der zur Verfügung<br />
stehenden Anlagen stand im Widerspruch zu den Bedürfnissen der Fußgänger nach<br />
höherer Verkehrssicherheit. In kurzer Zeit konnten wesentliche Verkehrsknotenpunkte<br />
und Straßenquerungen mit Lichtsignalanlagen versehen werden.<br />
Der Radverkehr hatte 1992 einen Anteil von ca. 10 % am Gesamtfahrtenaufkommen<br />
in der Stadt Dresden. Ein gesondertes Radwegenetz steht nur im Umfang von ca.<br />
100 km bzw. weiteren 55 km in kombinierter Geh- und Radbahn zur Verfügung. Es<br />
sind überwiegend Einzelradwegstrecken vorhanden, die teils durch Kombination mit<br />
Fußwegen und Versehrtenwegenetzen eine Erweiterung und schrittweise, aber<br />
noch immer weit lückenhafte Netzbildung erfuhren. Die Anbindungen des Radverkehrs<br />
an den öffentlichen Verkehr sind nur unzureichend ausgebildet (geringe Abstell-,<br />
keine Unterbringungs-, begrenzte Mitnahmemöglichkeiten, begrenzte tarifliche<br />
Vorteile usw.). Insgesamt trägt die Stadt Dresden noch alle Merkmale einer wenn<br />
nicht fahrradfeindlichen, so doch <strong>zum</strong>indest wenig fahrradfreundlichen Stadt.<br />
Der motorisierte Individualverkehr hat in den zurückliegenden Jahren seit der Wende<br />
eine sprunghafte Entwicklung genommen. Diese "Zulassungsexplosion" hat zu<br />
einem Motorisierungsgrad von ca. 350 PKW/1000 Einwohner im Jahr 1992 geführt<br />
(1989 noch ca. 215 PKW/1000 Einwohner). Das markante Merkmal der damit verbundenen<br />
städtischen Verkehrsprozesse ist der noch hohe Anteil an Zweitakt-<br />
Fahrzeugen der Typen Wartburg und Trabant (ca. 30 % am gesamten städtischen<br />
Privatfahrzeugpark, mit gleichwohl abnehmeder Tendenz). Die auf diese Weise verursachten<br />
Emissionen prägen die lufthygienische Situation maßgeblich.<br />
Der sprunghafte Anstieg zugelassener 4-Takt-Fahrzeuge könnte nur dann einen<br />
Beitrag zur - relativen - Entspannung der Belastungssituation leisten, wenn der Anteil<br />
von Fahrzeugen mit "geregeltem 3-Wege-Katalysator" überdurchschnittlich hoch<br />
liegt. Bisher sind aber nur ca. 35 % der Neuzulassungen mit geregeltem Kat ausgestattet,<br />
was u.a. an dem hohem Anteil an Gebrauchtwagen aus Altbeständen liegt.<br />
Daher ist auch hier mit einer weiteren Wachstumsentwicklung der NO x -Emissionen<br />
im Bereich des MIV zu rechnen.<br />
Außerdem trägt das Wachstum des Pkw-Bestands unabhängig von der Emissionssituation<br />
aufgrund der nach wie vor begrenzten Kapazitäten der Straßenverkehrsanlagen<br />
zu konfliktreichen Verkehrssituationen bei. Bereits in den Jahren vor der<br />
Wende hat sich der PKW-Verkehr bei einem Motorisierungsgrad von ca. 215<br />
PKW/1000 Einwohner von den überfüllten Hauptverkehrsstraßen auf das untergeordnete<br />
Straßennetz verlagert. Die Aufnahmekapazität und Durchlaßfähigkeit dieses<br />
Nebenstraßennetzes ist jedoch relativ gering, die Fahrbahnbeschaffenheit ist unzureichend,<br />
und es ist von den Verkehrsabläufen her nicht auf ein entsprechend hohes<br />
Vekehrsaufkommen ausgelegt. Der parallele Zusammenbruch des Haupt- und des<br />
Nebenstraßennetzes ist daher abzusehen bzw. teilweise Realität.<br />
Die weitere Entwicklung des MIV wird beeinflußt durch:<br />
• die anhaltende Tendenz zur privanten Motorisierung eines großen Teils der<br />
Haushalte,<br />
• die hinzukommende Tendenz zur Beschaffung von Zweitwagen,<br />
• die Zunahme der Motorleistung der beschafften Pkw.<br />
Zu vergleichbar problematischen Auswirkungen trägt der Anstieg des Stellflächenbedarfs<br />
bei. Mit steigenden Verkehrsanteilen des MIV steigt der Bedarf an Stellflä-
222<br />
chen für Privat-PKW. Über das verträgliche Maß hinaus wird der öffentliche Straßenraum<br />
als Stellplatz genutzt. Fußwege, Parkanlagen, Grünflächen, Spielplätze<br />
werden zu Abstellflächen der PKW. Teilweise ist ein Auseinanderfall zwischen<br />
Stellplatzbedarf und Stellplatzangebot um mehr als 50 % zu verzeichnen. Die Stadt<br />
Dresden verfügt über keine Parkhäuser und nur über ungenügende P+R-Systeme.<br />
Weiterhin sind Parkplatzangebote im Stadtzentrum (Altmarkt/Kulturpalast/Neustädter<br />
Markt/Pirnaischer Platz u. a.) vorhanden, von denen ihrerseits erhebliche verkehrserzeugende<br />
Wirkungen ausgehen. Es dominiert im Stadtgebiet das ebenerdige<br />
Abstellen der Kfz. Nach Schätzungen werden damit 5 % der Fläche der Stadt Dresden<br />
beansprucht. Wichtige zentralörtliche Funktionen der Stadt Dresden sind ohne<br />
ein angemessenes Konzept zur Regelung und Bewirtschaftung der naturgemäß<br />
knappen Parkraumreserven nicht denkbar.<br />
4. Ansätze zur Integration räumlicher und verkehrlicher Entwicklungsziele<br />
Die Verkehrsregion "Dresden / Oberes Elbtal" zeigt ein zunehmend zersplittertes<br />
Bild, das auf heterogene Raumbezüge und zunehmende funktionale Verlagerungen<br />
zurückgeht, die sich nicht erst seit der Wende ergeben haben. In den letzten Jahren<br />
treten sie jedoch mit verstärkter Dynamik auf. Neben den Kernfunktionen der Stadt<br />
und ihrem notwendigen Verkehr wird das städtische Verkehrsgeschehen von hohen<br />
Anteilen des Transitverkehrs (einscl. Güterverkehr) überlagert; hinzu kommt der<br />
Pendlerverkehr aus den angrenzenden Gemeinden (Wohnstandorten) sowie der<br />
Freizeitverkehr. Für diese verschiedenen Verkehrsfunktionen und -arten sind jeweils<br />
spezifische Konzepte zu entwickeln, die zu einer Stadt- umweltgerechteren Situation<br />
insgesamt beitragen.<br />
Aus der Sicht einer ökologisch orientierten Regionalentwicklung erscheinen uns die<br />
nachfolgend genannten Punkte von besonderer Bedeutung, die in den Gestaltungsszenarien<br />
am Beispiel dieser Region weiter ausgeführt werden sollen:<br />
• Siedlungsstruktur und Flächennutzung als Ausgangspunkt einer verkehrsarmen<br />
Entwicklung<br />
• Regionale Wirtschaftskreisläufe zur Verminderung des Personen- und Güterverkehrs<br />
• Innovationen für die Verkehrswirtschaft, Erhöhung der lokalen Problemlösungskompetenzen
223<br />
F DIE PERSPEKTIVEN ÖKOLOGISCHER<br />
REGIONALENTWICKLUNG BEI UNTERSCHIEDLICHEN<br />
RAHMENBEDINGUNGEN<br />
1. Zur Anwendung der Szenariomethode<br />
Die Methode der Szenariotechnik ermöglicht es, sich zukünftige Situationen szenisch<br />
aus<strong>zum</strong>alen und Entwicklungen unter Berücksichtigung unterschiedlichster<br />
Faktoren zusammenhängend darzustellen. So können Entscheidungsalternativen<br />
verdeutlicht und damit ein gewisses Maß an Orientierung erreicht werden. Der hier<br />
verwendete Szenarioansatz beruht auf konzeptionellen Überlegungen, die im Rahmen<br />
des Projektes 'Blickwende in der Technologiepolitik' erarbeitet wurden (vgl. v.<br />
Gleich u.a. 1992, S. 343 ff.).<br />
Vor dem Hintergrund der Aufgabenstellung dieses Gutachtens ist es sinnvoll, die<br />
Szenarien auf zwei Ebenen anzusiedeln. Einerseits werden in zwei Rahmenszenarien<br />
denkbare Varianten der Güterverkehrsentwicklung unter besonderer Berücksichtigung<br />
des Elbeausbaus als Wasserstraße beschrieben. Diese Rahmenbedingungen<br />
sind durch regionale Politik zwar nicht veränderbar, gleichwohl beeinflussen<br />
sie in grundsätzlicher Weise die Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten in den<br />
untersuchten Regionen. Die regionalen Gestaltungsmöglichkeiten und Chancen und<br />
Risiken ihrer Realiserung bis <strong>zum</strong> Jahre 2010 unter verschiedenen Rahmenbedingungen<br />
darzustellen sind zentrales Element der regionalen Gestaltungsszenarien.<br />
Die Gestaltungsszenarien werden für die beiden Untersuchungsregionen getrennt<br />
entwickelt und dargestellt. Es soll ein Bild divergierender Möglichkeiten entstehen,<br />
zu denen sich die Menschen in der Region eine Meinung bilden können. Die Szenarien<br />
sind ein wichtiges kommunikatives Element zur Veranschaulichung komplexer<br />
Zusammenhänge und sollen Entscheidungsträgern und Bürgern Handlungsalternativen<br />
aufzeigen.<br />
Da die Analyseschwerpunkte für die beiden Teilregionen verschieden sind, ergeben<br />
sich auch unterschiedliche Schwerpunkte hinsichtlich der Handlungsfelder. Insgesamt<br />
ergibt sich folgende methodische und thematische Konstruktion:<br />
• Rahmenszenario I: <strong>Ausbau</strong> der Elbe 'um jeden Preis'vor dem Hintergrund einer<br />
eigendynamischen Güterverkehrsentwicklung<br />
• Gestaltungsszenario I.A ' Region Elbtalaue': Chancen und Risiken einer ökologischen<br />
Regionalentwicklung<br />
• Gestaltungsszenario I.B 'Region Dresden': 'Chancen und Risiken einer ökologischen<br />
Verkehrs- und Raumentwicklung'<br />
• Rahmenszenario II: Flußangepaßte Binnenschiffahrt auf der Elbe vor dem Hintergrund<br />
einer ansatzweisen Neuordnung des Güterverkehrs<br />
• Gestaltungsszenario ILA 'Region Elbtalaue': Chancen und Risiken einer ökologischen<br />
Regionalentwicklung<br />
• Gestaltungsszenario II.B 'Region Dresden': Chancen und Risiken einer ökologischen<br />
Verkehrs- und Raumentwicklung
224<br />
2. Polarisierte Entwicklung<br />
2.1 Rahmenszenario I: <strong>Ausbau</strong> der Elbe 'um jeden Preis'vor dem Hintergrund<br />
einer eigendynamischen Güterverkehrsentwicklung<br />
Die Güterverkehrsentwicklung hatte bereits seit Mitte der 90er Jahre im Zuge der<br />
deutschen Vereinigung und der Integration der mittelosteuropäischen Staaten in die<br />
Europäische Union einen stümischen Verlauf genommen. Hauptverantwortlich hierfür<br />
war nach dem Auslaufen der vereinigungsbedingten wirtschaftlichen Konjunktur<br />
in Deutschland das ökonomische Wachstum in Europa (vor allem in den jüngeren<br />
Mitgliedstaaten Portugal, Griechenland, aber auch in Polen, der Tschechischen Republik,<br />
Ungarn und Rumänien), die Verlagerung zahlreicher Produktionsfunktionen<br />
(grundstoff- und arbeitsintensive Massenfertigung) nach Mittel- und Osteuropa sowie<br />
der deregulierte Verkehrsmarkt, der in erheblichem Umfang zusätzliche Frachtraumkapazitäten<br />
nach Deutschland brachte.<br />
Diese Entwicklung hatte sehr unterschiedliche Konsequenzen für die einzelnen Verkehrsträger.<br />
Mit wenigen Ausnahmen auf nationalen und internationalen Märkten<br />
verloren die Massenverkehrsträger Schiene und Binnenschiff große Marktanteile und<br />
lagen im Jahr 2002 bereits bei einem Anteil von weniger als 10% (Schiene) bzw.<br />
15% des Güteraufkommens. Über 70% des Güteraufkommens wurden im Straßengüterverkehr<br />
transportiert, wobei nicht nur der Anteil internationaler bzw. grenzüberschreitender<br />
Transporte stetig wuchs, sondern auch ausländische Firmen einen bedeutenden<br />
Anteil an der Verkehrswirtschaft erlangt hatten. Auf regionaler Ebene<br />
hatte die Schiene allein Wachstumsraten im Bereich der Abfalltransporte, ebenso im<br />
Bauschuttbereich, wo es in beiden Fällen gelungen war, regionale (geringwertige)<br />
Wertschöpfungsketten zu stabilisieren.<br />
Insgesamt ergab sich durch diese Entwicklung eine spürbare Zunahme der Umweltbelastung<br />
durch den Verkehr. Zum einen wurde die Pkw-Flotte in Ostdeutschland<br />
sowie den angrenzenden osteuropäischen Standards immer noch bevorzugt mit Gebrauchtwagen<br />
aus den westdeutschen Beständen aufgefüllt, die geringeren Emissionsminderungsstandards<br />
genügten. Weit mehr als die Hälfte der verkehrsbedingten<br />
Umweltbelastung ging jedoch zulasten der Lkw, deren Anteil an den Fahrleistungen<br />
im Straßenverkehr schon auf über 15 % angestiegen war. Punktuelle Belastungen<br />
wurden außerdem durch das starke Wachstum des Luftverkehrs erzeugt, dessen<br />
<strong>Ausbau</strong> wesentlich schneller voranging als die Wiederherrichtung der Straßen- und<br />
Schieneninfrastruktur.<br />
Das Binnenschiff konnte auch auf der Elbe nur partiell am Zuwachs der Güterverkehrsnachfrage<br />
partizipieren. Standortvorteile ergaben sich <strong>zum</strong> einen durch die<br />
Weiterleitung von Seehafenhinterlandverkehren aus Hamburg in Richtung Sachsen,<br />
<strong>zum</strong> anderen durch die Bedienung von integrierten Transportketten derjenigen Verlader,<br />
die ihren Standort im Einzugsbereich der Elbe gewählt hatten und von ihren<br />
Transportbeziehungen her große Affinitäten zur Elbschiffahrt aufwiesen, so unter<br />
anderem die Distributionszentren zweier großer Versandhäuser. Im kombinierten<br />
Verkehr war das Binnenschiff den kürzeren Transportzeiten der Schiene unterlegen.<br />
Um ein weiteres Abflachen der Marktanteile zu verhindern, wurde trotzdem auf einen<br />
offensiven <strong>Ausbau</strong> der Elbe gesetzt.
225<br />
Elbeausbau<br />
Die bereits 1991 begonnenen stromregelnden Maßnahmen wurden ab 1995 systematisch<br />
auf allen Elbabschnitten durchgeführt, die Seichtstellen aufwiesen. Ziel dieser<br />
Maßnahmen war es, an mindestens 345 Tagen im Jahr mehr als 1,60 m Fahrinnentiefe<br />
und 50 m Fahrinnenbreite zu gewährleisten.<br />
Nach Vollendung der Unterhaltungsarbeiten an bereits vorhandenen Strombauwerken<br />
am Ufer und im Flußbett, wurden im Jahre 1995 zahlreiche neue Buhnen gebaut<br />
und Kopf- und Sohlschwellen im Flußbett ergänzt. Damit wurde an einigen Stellen<br />
die Fließgeschwindig erheblich beschleunigt, was wiederum zu einer verstärkten<br />
Sohlenerosion und einer Vertiefung der Fahrrinne von bis zu 20 cm.<br />
Schwerpunkt dieser stromregelnden Maßnahmen waren die Seichtstellen bei Torgau<br />
und Magdeburg. Aufgrund dieser Maßnahmen traten in den regulierten Flußabschnitten<br />
eine veränderte Wasserstandshydraulik (Hebungen und Senkungen des<br />
Wasserspiegels) auf.<br />
Für die besonders kritische Stromstrecke im Stadtgebiet von Magdeburg (drei Felsschwellen<br />
mir Stromschnellen, Teilung in zwei Arme) wurde ab 1996 aufgrund einer<br />
Empfehlung der Bundesanstalt für Wasserbau mit dem Bau einer Staustufe begonnen,<br />
die 1997 bereits fertigestellt wurde. Der Aufstau erfolgte nur bei Niedrigwasser,<br />
was aber fast jedes Jahr dazu führte, daß der freie Durchfluß der Elbe oft mehrere<br />
Monate unterbunden war.<br />
Entwicklung der Binnenschiffahrt<br />
Die durch die Baumaßnahmen erreichten Tauchtiefen verbesserten die Bedingungen<br />
für eine wirtschaftliche Binnenschiffahrt nur in geringem Maße. Erwartungen auf einen<br />
Boom der Elbeschiffahrt, die im Vorfeld der Baumaßnahmen immer wieder von<br />
<strong>Seiten</strong> der Binnenschiffahrtsverbände geweckt wurden, konnten sich nicht erfüllen.<br />
Aufgrund der Konkurrenz zu anderen Verkehrsträgern, insbesondere dem LKW aber<br />
auch einer modernisierten Güterbahn, gelang es der Elbeschiffahrt nicht, in nennenswertem<br />
Umfang neue Märkte zu erschließen. Gleichzeitig ging der Transport<br />
traditioneller Massengüter (Kohle, Kies, Stahl) weiter zurück. Einzig der Schiffsverkehr<br />
zwischen Hamburg und der tschechischen Republik konnte Zunahmen verzeichnen.<br />
Deutsche Binnenschiffer sind auf dieser Route jedoch kaum vertreten.<br />
2.2 Gestaltungsszenario I.A' Region Elbtalaue': Chancen und Risiken einer<br />
ökologischen Regionalentwicklung<br />
Ökologische Folgen der <strong>Ausbau</strong>maßnahmen<br />
Durch die Staustufe bei Magedeburg wurde der flußtypische Geschiebetrieb unterbrochen.<br />
Es kam zu einer Rückhaltung des Materials oberhalb des Wehres und infolge<br />
geringer Geschiebefrachten zu einer Eintiefung der Flußsohle. Diese wiederum<br />
veränderte den Grundwasserhaushalt der Auenwälder unterhalb von Magdeburg.<br />
Der Aufstau der Elbe führte insgesamt zu einer Nivellierung der Wasserstandsdynamik.<br />
Der natürliche Wechsel zwischen Überschwemmungsperioden und Niedrigwasser<br />
wurde erheblich gestört. Das insbesondere für den Fortbestand der Aue<br />
wichtige Trockenfallen auch der niedrig liegenden Bereiche entfiel und Dauernässe<br />
stellte sich ein. Unter diesen Bedingungen konnten sich die landschaftstypischen<br />
Lebensgemeinschaften der Aue nicht erhalten. Beinträchtig wurden in Folge dessen<br />
auch die Nahrungsgrundlagen der bedeutsamen Rastvogelvorkommen.
226<br />
Im Jahre 2000, also bereits 4 Jahre nach Vollendung der <strong>Ausbau</strong>maßnahmen, wurde<br />
deutlich, daß das Landschafts- und Naturpotential der Region 'Elbtalaue' wesentlich<br />
beeinträchtigt war.<br />
Folgen der <strong>Ausbau</strong>maßnahmen für die regionale Entwicklung<br />
Angesichts der Forcierung der <strong>Ausbau</strong>maßnahmen und der absehbaren ökologischen<br />
Folgen wurde die Orientierung auf eine ökologische Gesamtentwicklung der<br />
Region aufgeben. Vereinzelt wurden zwar Ansätze einer umweltschonenden und<br />
extensiven Landwirtschaft fortgesetzt, die Maßnahmen <strong>zum</strong> Elbeausbau bestärkten<br />
jedoch insgesamt die Kräfte, die auf eine traditionelle Intensiv-Landwirtschaft im<br />
Rahmen der EG-Marktordnung setzten. Besonders drastisch war der Umschwung im<br />
Fremdenverkehrsgewerbe. Die begonnene Ausrichtung auf umweltschonende Formen<br />
der Urlaubsgestaltung in Kooperation mit der Naturparkverwaltung wurde als<br />
zunehmendes Risiko angesehen. Bereits seit 1995 verfolgte man eine Doppelstrategie:<br />
Zum einen versuchte man über einige Großprojekte, wie den Akquapark Lenzen<br />
und den Sportboothafen Gorleben freizeitaktive Kurzurlauber zu gewinnen, <strong>zum</strong> war<br />
man bei den Langzeiturlaubem bemüht die Zielgruppe der Ruhe und Naturnähe suchenden<br />
Klientel anzusprechen. Insbesondere in den Sommermonaten führte dies<br />
zu erheblichen Reibungen zwischen den einzelnen Urlaubergruppen.<br />
Nachdem die <strong>Ausbau</strong>maßnahmen an der Elbe vollendet waren und sich erste negative<br />
Auswirkungen in Flora und Fauna der Elbtallandschaft zeigten, blieben die durch<br />
die unklare Angebotsstruktur bereits verunsicherten naturorientierten Urlauber nach<br />
und nach aus. Mit dem Ausfall dieses Marktpotentials waren für das Hotel- und<br />
Gastgewerbe erhebliche Einbußen verbunden. Der Auslastungsgrad für die bereitgestellten<br />
Kapazitäten verschlechterte sich erheblich, da sich die Umsätze nun auf<br />
die traditionellen saisonalen Spitzen und die "Schön-Wetter-Kurzurlauber" konzentrierten.<br />
Auch viele 'sanfte' Infrastruktureinrichtungen, wie Fahrradwege, Naturlehrpade,<br />
Abenteuerspielplätze, für deren Aufbau die Gemeinden erhebliche finanzielle<br />
Anstregungen unternommen hatten, wurden immer weniger frequentiert. Die hiermit<br />
verbundene personelle Betreuung durch Einrichtungen der öffentlichen Hand und<br />
private Vereine wurde nach und nach eingestellt.<br />
Die Orientierung auf die klassischen Marktsegmente in den Bereichen Landwirtschaft<br />
und Tourismus war mit erheblichen ökonomischen Risiken verbunden. Der Verzicht<br />
auf eine qualitative Ausrichtung dieser Bereiche führte dazu, daß die Wettbewerbssituathn<br />
in großem Maße durch quantitative und funktionale Leistungsmerkmale bestimmt<br />
wurden. Da diese Leistungsmerkmale bundesweit von zahlreichen anderen<br />
Anbietern auch angeboten wurden, verstärkte sich der Konkurrenzdruck erheblich.<br />
Unter diesen Wettbewerbsbedingungen setzte ab 1996 ein Konzentrationprozeß sowohf<br />
in der Landwirtschaft als auch im Fremdenverkehrsgewerbe ein. Viele kleine<br />
und familienorientierte Betriebe gaben auf. Um im Preiswettbewerb mithalten zu können,<br />
wurde in den größeren Betrieben in erheblichem Umfang personengebundene<br />
Leistungen zurückgeschraubt. Aufgrund dessen gingen ab 1998 in diesem Bereichen<br />
auch wieder zahlreiche Arbeitsplätze verloren, die Arbeitsplatzperspektiven verschlechterten<br />
sich insgesamt. Der Prozeß der Abwanderung insbesonderer junger<br />
Arbeitskräfte, der bis Mitte der neunziger Jahre gestoppt schien, setzte sich weiter<br />
fort.<br />
Die Ausrichtung der regionalen Landwirtschaft und des Tourismus auf klassische<br />
Marktsegmente hatte zunehmend negative Rückwirkungen auf die Umweltsituation.<br />
Durch die Intensivlandwirtschaft wurde insbesondere in Folge von Stoffeinträgen der<br />
Wasserhaushalt der Region erheblich belastet. Die Verdichtung der Nutzungsiriter-
227<br />
valle führte zu einer Beeinträchtigung von Ruhezeiten und Rückzugsräumen der Tiere.<br />
Dieser Effekt wurde noch durch eine erhebliche Zunahme des motorisierten Urlauberverkehrs<br />
und das rücksichtslose Verhalten der 'erlebnisorientierten' Besucher<br />
verstärkt.<br />
Die ökologischen Folgen des Elbeausbaus und einer klassischen, rein wachtumsorientierten<br />
Regionalentwicklung verstärkten sich gegenseitig, mit dem Effekt, daß die<br />
einmalige Auenlandschaft existenziell gefährdet war. Der Aufbau eines bundesländerübergreifenden<br />
Schutzgebietssystems wurde abgebrochen. Damit entgingen der<br />
Region zahlreiche Förderungsmöglichkeiten durch EU, Bund und Länder. Angesichts<br />
dieser Entwicklungen zogen sich die Naturschutzverbände aus der Regionalentwicklung<br />
zurück und konzentrierten sich auf die Durchsetzung der restriktiven Vorgaben<br />
des Natur- und Landschaftsschutzes.<br />
2.3 Gestaltungsszenario I.B 'Region Dresden' Chancen und Risiken einer<br />
einer ökologischen Verkehrs- und Raumentwicklung<br />
In den ersten vier Jahren nach der Wende hatten sich Bürgerschaft und Stadtverwaltung<br />
in Dresden das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Verkehrsverhältnisse vor dem Hintergrund<br />
der Erfahrungen Westdeutschlands neu zu ordnen, von vornherein eine<br />
umweltverträgliche Entwicklung anzusteuern und "Fehler der Vergangenheit" nicht zu<br />
wiederholen. Dazu sollten gerade auch die vor Ort vorhandenen Kompetenzen zur<br />
Entwicklung von Verkehrslösungen ('im Geiste Friedrich-LJsts') und die Tradition der<br />
Region als wichtiger Schnittpunkt des Eisenbahnnetzes genutzt werden.<br />
Unter dem Druck einer im Vergleich zu anderen Großräumen der neuen Bundesländer<br />
sehr positiven wirtschaftlichen Entwicklung erschien das Risiko jedoch zu groß,<br />
den absehbaren ökonomischen Aufschwung durch Engpässe in der Verkehrsinfrastruktur<br />
zu gefährden. Der ökologische Ansatz in der kommunalen und regionalen<br />
Verkehrspolitik ("städtebaulich orientierte Verkehrsentwicklungsplanung") wurde<br />
zwar offiziell nicht aufgegeben, doch wurden die in der Öffentlichkeit stark umstrittenen<br />
Maßnahmen (Bewirtschaftung des Parkraums, Einführung einer Nahverkehrsabgabe<br />
zugunsten des <strong>Ausbau</strong>s der Straßenbahn, Stop der Autobahn Dresden-<br />
Prag) zunächst fallengelassen. Auf diese Weise konnten der Baubeginn der Untertunnelung<br />
des 26er Rings, der Baubeginn der Autobahn sowie in der Region der Bau<br />
der Ortsumfahrung Dippoldiswalde sichergestellt werden. Auch die Errichtung eines<br />
telematischen Verkehrsleitsystems wurde für diesen Fall in Aussicht gestellt, das aus<br />
dem Sonderfonds "Transeuropäische Netze" der EU in Form eines zu 75% rückzahlbaren<br />
Kredits finanziert werden sollte.<br />
Mit dieser Entwicklung war aber gleichzeitig eine erhebliche Zunahme von Konflikten<br />
festzustellen, denn weder wurden die funktionalen Engpässe des Verkehrssystems<br />
in der Stadt beseitigt noch verbesserten sich Unfallproblematik, Immissionssituation<br />
und Lebensqualität. Daraus resultierte eine spürbare gesellschaftliche Polarisierung<br />
bezüglich der Verkehrsentwicklung, die ihren sichtbaren Ausdruck in der Zunahme<br />
von Demonstrationen, spontanen Straßenbesetzungen und -blockaden durch nichtorganisierte<br />
Jugendliche und Rentner sowie einschlägige Interessengruppen fand.<br />
Die Verkehrspolizei wird zunehmend in die Regelung gesellschaftspolitischer Konflikte<br />
um den Verkehr einbezogen.<br />
Das zentrale Problem aus Sicht einer ökologisch orientierten Regionalentwicklung<br />
bestand in der zunehmenden raumstrukturellen Polarisierung der Stadtregion.<br />
Raum-funktionale Ausdifferenzierung, gespaltene Raumentwicklung zwischen dem
228<br />
Brachfallen von Kernbereichen und der wachsenden Neuausweisung in Außenbereichen<br />
sowie die sehr unterschiedliche Entwicklung der einzelnen (Neben-) Zentren<br />
waren die wichtigsten Merkmale dieser Polarisierung. Während die Revitalisierung<br />
der Innenstadt bescheidene, aber sichtbare Fortschritte machte, wurden mehr als<br />
drei Viertel der neuen Verkaufsflächen für den Handel außerhalb der Stadt Dresden<br />
angesiedelt Im gewerblichen Bereich wurde vom ursprünglichen Ziel der bevorzugten<br />
Wiedereinrichtung und Ausweisung von Nutzflächen entlang des Schienennetzes<br />
aufgrund der zahlreichen Altlasten Abstand genommen. Die Planung neuer Gewerbe-<br />
und Sondergebietsflächen erfolgte mit Priorität im Norden der Stadtregion, wo<br />
sich bereits der Flughafen Dresden-Klotzsche als Magnet für arrondierte gewerbliche<br />
Nutzungen erwiesen hatte. Außerdem wurde an einigen Stellen bereits die Elbtalaue<br />
als einziger topographisch "freier" Korridor Dresdens ins Umland für Bebauungsplanungen<br />
in Anspruch genommen.<br />
Als Folge dieser zunehmenden Fragmentierung (Zersplitterung) der Raumstruktur<br />
hatte die Verkehrsbelastung auf regionaler und städtischer Ebene erheblich zugenommen.<br />
Stadteinwärts war die Belastung des Straßennetzes im Berufspendlerverkehr<br />
in dem Maße gestiegen, wie sich der ursprüngliche Bedeutungsgewinn der<br />
Kemstadt als Wohnstandort gegenüber den Umlandgemeinden (noch vor Wendezeiten)<br />
zugunsten einer verstärkten Außenorientierung gewandelt hatte. In umgekehrter<br />
Richtung erzeugte der Funktionsverlust von Kernstadt und Nebenzentren gegenüber<br />
den neuen Baugebieten im Außenbereich einen stetig wachsenden Verkehrsstrom<br />
der Freizeit- und Einkaufsverkehre an die Peripherie der Kemstadt. Die Antwort der<br />
städtischen Verkehrsplanung bestand im wesentlichen darin, die angemessenen Infrastrukturen<br />
bereitzustellen, wobei dabei durchaus auf eine ausgewogene Relation<br />
zwischen öffentlichem Verkehr und Pkw-Verkehr geachtet wurde. Auf eine ringsförmig<br />
zu schließende Innenstadtumfahrung konnte in Dresden jedoch nicht verzichtet<br />
werden.<br />
Die Verkehrswirtschaft hatte mit Vorrang Flächen am Rande des Stadtzentrums belegt,<br />
die aber nur noch teilweise mit Schienenanschluß ausgestattet waren. Die neuen<br />
logistischen Anforderungen der Verlader waren jedoch ohnehin auf eine Leistungsqualität<br />
ausgerichtet, die vom Schienenverkehr nicht oder nur stark begrenzt<br />
erfüllt werden konnte. Außerdem waren die ortsansässigen Speditionen gegenüber<br />
einigen großen osteuropäischen Nachfragern bei der Vergabe von Fahrplantrassen<br />
der Bahn in einen strukturellen Nachteil geraten (vesäumte Bildung von Anbieterkonsortien),<br />
so daß die Möglichkeiten für ein verstärktes Ausweichen auf die Bahn auch<br />
strukturell begrenzt waren. Da die Fernverkehre bei der Trassenvergabe einen höheren<br />
Preis als die Nahverkehre erzielten, wurde der aufkommensträchtige Nahverkehr<br />
(Ziel- und Quellverkehr der Region Oberes Elbtal, teilweise auch Binnenvekehr) gegenüber<br />
dem Femverkehr hier weiter benachteiligt.<br />
3. Ausgewogene Entwicklung<br />
3.1 Rahmenszenario II: Flußangepaßte Binnenschiffahrt auf der Elbe vor<br />
dem Hintergrund einer ansatzweisen Neuordung des Güterverkehrs<br />
Ziele und Elemente der Neuordnung<br />
Als übergeordnetes Leitbild einer ökologisch orientierten Verkehrsentwicklung wurde<br />
eine ökologisch raumordnerische Perspektive gewählt. Ausschlaggebend hierfür war<br />
die Absicht, daß der Verkehrssektor auch entsprechende Entlastungsbeiträge für
229<br />
übergeordnete Entwicklungsziele besteuern sollte. Vor diesem Hintergrund bestanden<br />
die folgenden Anforderungen an den Verkehrssektor:<br />
• Integration der Verkehrsfunktion (auch der Binnenschiffahrt) in andere räumliche<br />
Entwicklungsziele,<br />
• Ausgleich der lokalen/regionalen und überregionalen Nutzungsansprüche und<br />
• Integration und (ökologische) Optimierung der verschiedenen Verkehrsträger im<br />
Rahmen eines funktionalen Gesamtsystems.<br />
Dieser Ansatz konnte zunächst nur auf der Basis einer Reduzierung der Gesamttransportmengen<br />
sinnvoll dargestellt werden, da die Transportvolumina Anfang<br />
der 90er Jahre viel zu hoch waren. Als Leitlinie wurde ein jährliches Reduktionsziel<br />
von 2,5% Minderung der Verkehrsleistung angestrebt. Darüber hinaus ging es vorrangig<br />
um die Frage, wir die Interessen des Transitverkehrs gegenüber den in den<br />
Elbanrainer-Regionen angesiedelten ökonomischen und ökologischen Ansprüchen<br />
angemessen berücksichtigt werden konnten.<br />
Flußangepaßte Binnenschiffahrt<br />
Nach Jahren der Vorbereitung durch verschiedene Forschungsprojekte des Bundes<br />
wurde 1996 durch die Bundesregierung ein Technologieförderprogramm 'Flußangepaßte<br />
Binnenschiffe' aufgelegt und mit Mitteln aus der Wirtschaftsstrukturförderung<br />
kombiniert. Ziel dieses Programmpakets war es, <strong>zum</strong> einen in relativ kurzer Zeit einen<br />
neuen Schiffstyp bauen zu lassen und dessen wirtschaftliche und technische<br />
Leistungsfähigkeit unter Realbedingungen zu überprüfen. Zum anderen sollten<br />
hiermit die noch vorhandenen Binnenschiffahrtswerften in den ostdeutschen Bundesländern<br />
gestärkt werden. Die parallele Freigabe von Investitionszuschüssen wurde<br />
an die Auflage gebunden, entsprechende Aufträge an die ostdeutschen Werften zu<br />
erteilen.<br />
Die technischen Entwicklungsaufgaben konnten in relativ kurzer Zeit gelöst werden.<br />
Die bisherige Bauform der Leichter konnte beibehalten werden, sie wurden nur mit<br />
geringerem Baugewicht und kürzeren Abmessungen erstellt. Für den Einsatz bei geringen<br />
Tauchtiefen wurde ein neues Schubboot entwickelt. (Schubboote haben einen<br />
festen bzw. nahezu gleichbleibenden Tiefgang, während der des Güterschiffes erheblichen<br />
Schwankungen ausgesetzt ist.) Das technische Problem bestand darin,<br />
Schubboote so zu konzipieren, daß sie bei nur 15m Länge und einem Tiefgang von<br />
nur einem Meter ihre volle Leistungskraft entwickelten (Normalerweise führt die Verkürzung<br />
eines Schubers zu einer Erhöhung des Tiefgangs).<br />
Die Entwicklung von Schubkombination mußte neben den geringen Tauchtiefen auf<br />
der Elbe desweiteren beachten, daß das Hebewerk Rothensee nur eine nutzbare<br />
Länge von 85 Metern aufweist. Von daher bestand die Vorgabe, Leichter mit einer<br />
Länge von ca. 70 Metern und 11,40 Breite mit ca. 15 Meter langen Schubboten zu<br />
kombinieren.<br />
Nach dem ersten Bau derartiger Schubkombinationen stellte sich folgende Praxis<br />
ein: Bis <strong>zum</strong> Hebewerk Rothensee wurde mit zwei kleinen Leichtem gefahren, dort<br />
wurden die beiden Leichter getrennt abgeschleust, um danach die Fahrt mit beiden<br />
Leichtern wieder fortzusetzen. Nach dem <strong>Ausbau</strong> des Mittellandkanals war die Elbe<br />
auch mit einem Doppelverband befahrbar, was die Wirtschaftlichkeit erheblich erhöhte.<br />
Hier kamen auch die in der Duisburger Versuchsanstalt für Binnenschiffbau (VBD)<br />
entwickelten Gelenkkupplungen <strong>zum</strong> Einsatz, die den Schilfsverband praktisch zu<br />
einem Motorgüterschiff verbinden.
230<br />
Die wirtschaftliche Lage der Binnenschiffahrt als Innovationshemmnis<br />
Trotz der Entwicklung eines leistungsfähigen Prototyps eines flußangepaßten<br />
Schubverbandes führte dies in den neunziger Jahren nicht zu einer massenhaften<br />
Umrüstung der bisherigen Flottenbestände. Hauptgrund hierfür war die insgesamt<br />
schlechte wirtschaftliche Lage der deutschen Binnenschiffahrt. Das durch den Bundestag<br />
1994 verabschiedete Tarifaufhebungsgesetz führte zur Aufhebung der bisherigen<br />
Tarifsysteme in Deutschland, obwohl in den Niederlanden, Belgien und Frankreich<br />
die sog. Tour-de-Role-Systeme fortbestanden, die es ertaubten, neben den<br />
festen Frachten auch Ladungszuteilungen zu bekommen. Den Flotten der westeuropäischen<br />
Nachbarstaaten wurde aufgrund des Wegfalls der Kabotagevorbehalte ab<br />
1995 ein freier Zutritt zu den deutschen Binnenschiffahrtsmärkten ermöglicht.<br />
Schließlich nahm bis Mitte der neunziger Jahre der Wettbewerb osteuropäischer<br />
Flotten zu, die vielfach deutsche Umwelt- und Sozialstandards unterliefen. Festgestellte<br />
Verstöße wurden in der Regel nicht wirkungsvoll sanktioniert. Hinzu kam<br />
noch die Konkurrenz mit anderen Verkehrsträgern (Bahn und Lkw), die ihre logistisches<br />
Leistungsangebot erheblich verbesserten. Diese Entwicklung führte insgesamt<br />
zu weiteren Überkapazitäten und zu einer systematischen Erlösverschlechterung bei<br />
der deutschen Binnenschiffahrt, was die Bereitschaft zu unternehmerischen Risiken<br />
in Form von Investitionen erheblich beeinträchtigte.<br />
Moderate Anpassung der Elbe an die Anfordernisse der Schiffahrt<br />
Von den ursprünglichen Plänen zur Anpassung der Elbe an die Standardnormen der<br />
Binnenschiffahrt wurde angesichts der technischen <strong>Alternativen</strong> im Schiffsbau Abstand<br />
genommen. Insbesondere wurden die Staustufenplanungen bei Magdeburg<br />
nicht weiterverfolgt; stattdessen wurden 1996 zur Verbesserung der Verhältnisse am<br />
Domfelsen konventionelle flußbauliche Maßnahmen präferiert (Sohl- und Kopfschwellenverbau<br />
kombiniert mit einem Felsabtrag). Die Strombaumaßnahmen<br />
(Instandsetzung von Buhnen), wie sie bereits im Bundesverkehrswegeplan des Jahres<br />
1992 vorgesehen waren, wurden abgeschlossen. Durch die Beschleunigung der<br />
Fließgeschwindiskeit kam es an verschiedenen Stellen zu einer Vertiefung der Sohle.<br />
Als Folge hiervon wurden einige angrenzenden Feuchtgebieten aufgrund von<br />
Grundwasserabsenkungen trockengelegt. Um diese negativen ökologischen Auswirkungen<br />
zu stoppen, wurden zusätzliche Mittel für besondere flußbauliche Maßnahmen<br />
zur Stabilisierung des Flußbettes (Bau von Sohlenschwellen, Zugabe von Kies)<br />
bereitgestellt.<br />
3.2 Gestaltungsszenario II.A 'Region Elbtalaue': Chancen und Risiken einer<br />
ökologischen Regionalentwicklung<br />
Naturschutzfachliche Rahmenplanung<br />
Entsprechend eines früheren Beschlusses der Elbe-Anliegerländer wurden die Vorarbeiten<br />
und Fachplanungen zur Ausweisung eines länderübergreifenden Großschutzgebietes<br />
mit integriertem Nationalpark (Nationalparkverfahren) zügig abgeschlossen<br />
und ab 1995 realisiert. Der integrierte Nationalpark entstand auf den Flächen<br />
der Länder Niedersachsen und Brandenburg und wurde von einer länderübergreifenden<br />
Arbeitsgemeinschaft nach gleichen Maßstäben entwickelt. Parallel hierzu<br />
wurde die Schutzkategorie Biosphärenreservat beantragt. Das vom Naturschutzbund<br />
Deutschland (NABU) erarbeitete Zonierungskonzept wurde sowohl in Brandenburg<br />
als auch in Niedersachsen umgesetzt. Dieses Konzept sieht eine Kernzone und eine<br />
Pufferzone vor. Die Kernzone besteht im wesentlichen aus den noch regelmäßig
231<br />
Oberfluteten Auenflächen und den Bereichen, die bisher bereits unter Naturschutz<br />
standen. Kernzone und Pufferzone bilden zusammen den Nationalpark, der Einschluß<br />
der dazwischen liegenden Nutzungsbereiche ergibt insgesamt das Biosphärenreservat.<br />
Angesichts des engen Ineinandergreifens von Schutz- und Nutzungsinteressen im<br />
Rahmen der naturschutzfachlichen Gesamtplanung, wurde seitens der Naturschutzverbände<br />
frühzeitig signalisiert, daß man das Großschutzgebiet nicht im Gegensatz<br />
zu ökonomischen Entwicklungszielen sähe, sondern als zentrales Element einer<br />
ökonomisch-ökologischen Regionalentwicklung auffasse. Nach anfänglichen Bedenken<br />
seitens der Landwirte im Kreis Lüchow-Dannenberg gelang es 1995, eine erste<br />
Regionalkonferenz der Elbanrainerkreise unter <strong>zum</strong> Thema 'Das Großschutzgebiet<br />
Elbtalaue als eine Chance für Landwirtschaft und Tourismus' einzuberufen. Auf dieser<br />
Konferenz wurden konkrete Möglichkeiten einer umweltschonenden Landwirtschaft,<br />
eines 'sanften Tourismus' und einer verbesserten Verkehrsanbindung mit<br />
umweltfreundlichen Verkehrsmitteln vorgestellt. Beschlossen wurde die Gründung<br />
einer regionalen Entwicklungsgesellschaft, die folgende Maßnahmen konzeptionell<br />
vorbereiten und die hierfür notwendigen Finanzierungsquellen erschließen sollte:<br />
• Förderung von regionalen Lieferverflechtungen und ökologischen Vorreiterunternehmen,<br />
• Gründung einer Beratungsagentur für ökologische Innovation und Qualifikation,<br />
• Sicherung einer kontinuierlichen Information durch die lokalen und regionalen<br />
Medien,<br />
• Stärkung traditioneller Elbverbindungen, um weiter Marktpotentiale für Landwirtschaft<br />
und Tourismus zu aktivieren,<br />
• Entwicklung eines regionalen Markenzeichens für touristische und landwirtschaftliche<br />
Produkte,<br />
• gemeinsames Regional-Marketing von Landwirtschaft und Tourismus<br />
Desweiteren wurden verschiedene Modellprojekte initiiert, von denen man sich Ausstrahlungs-<br />
und Multiplikatoreffekte auf andere Bereiche versprach. In der Abschlußerklärung<br />
der Konferenz wurden zwei Grundgedanken noch einmals besonders<br />
herausgestellt "Die eingeleitete länderübergreifend Regionalentwicklung in der Elbtalaue<br />
solle erstens dazu beitragen, die nach wie vor drastischen Unterschiede in<br />
den Einkommens- und Lebensverhältnissen links und rechts der Elbe abzubauen<br />
und zweitens sollen mit der Erschließung ökologischer Marktpotentiale vor allem in<br />
den Bereichen Landwirtschaft und Tourismus neue Arbeitsplätze geschaffen werden."<br />
Die Beschlüsse der Regionalkonferenz fanden mehrheitliche Zustimmung in den<br />
Gemeinden und bei der Bevölkerung. Allgemein wurde der vorgezeichnete Weg als<br />
eine Chance begriffen, diesem strukturschwachen Raum unter maßgeblicher Beteiligung<br />
der ortsansässigen Wirtschaftsakteure neue Impulse zu verleihen.<br />
Ökologische Entwicklung der Landwirtschaft<br />
Die Beschlüsse der Regionalkonferenz stießen im landwirtschaftlichen Bereich zunächst<br />
auf ein sehr unterschiedliches Echo. In der kleinstruktrierten, familienorientierten<br />
Landwirtschaft des Kreises Lüchow-Dannenberg wurden die ökonomischen<br />
Chancen des ökologischen Landbaus zunächst als gering eingeschätzt. Aufgrund
232<br />
alten Konflikte mit dem Naturschutz, stieß die Idee einer gemeinsamen Entwicklungsstrategie<br />
basierend der Ausweisung des Großschutzgebietes auf viele Vorbehalte,<br />
in denen immer die Angst mitschwang, ein Stück Eigenständigkeit zu verlieren.<br />
Die bereits ökologisch-produzierenden Höfe hatten sich schon in der Vorbereitung<br />
der Regionalkonferenz erheblich engagierten. Damit reproduzierten sich die alten<br />
politischen 'Lager 1 , die auch bei anderen politischen Anlässen immer wieder zu Polarisierungen<br />
führten. Ganz anders stellte sich die Situation in der Landwirtschaft der<br />
Ostgemeinden dar. Auf dem Gebiet der neuen Bundesländer war die Landwirtschaft<br />
nach wie vor durch Großstrukturen und großflächige Anbaumethoden geprägt. Aufgrund<br />
des abrupten Sprungs in die EU-subventionierten Märkte mit ihren Überangeboten<br />
und erheblicher Modernisierungsdefizite sowie großer Personalüberhänge<br />
standen hier viele der ehemaligen LPGs, die inzwischen privatisiert wurden, vor großen<br />
wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Vor diesem Hintergrund war für viele<br />
Bethebe der Vertragsnaturschutz eine wichtige Möglichkeit, die ökonomische Situation<br />
zu verbessern. Die gemachten Erfahrungen in den Jahren 1992 bis 1994 waren im<br />
wesentlichen positiv und so bestand bei den Ostbetrieben der Landwirtschaft eine<br />
sehr viel größere Bereitschaft, sich im Rahmen der geplanten Schutzgebietsausweisungen<br />
zu arrangieren. Dies schlug sich auch in einer aktiven Beteiligung bei der<br />
Vorbereitung der Regionalkonferenz nieder. Der Beschluß der Regionalkonferenz, im<br />
landwirtschaftlichen Bereich eine regionale Vernetzung und Vermarktung von Qualitätsprodukten<br />
in Angriff zu nehmen, wurde damit nur von einem Teil der Landwirte<br />
getragen.<br />
In Folge der Regionalkonferenz wurden die Umstellungsaktivitäten zunächst auf zwei<br />
Bereiche konzentriert:<br />
Erstens. Auf der Basis der vorhandenen betrieblichen Infrastrukturen und Kenntnisse<br />
begannen einige Betriebe mit der extensiven und artgerechten Aufzucht von Rindern.<br />
Die Rinderzucht war dabei in den 'Gemischtbetrieb' der Höfe integriert: Die<br />
Futtergrundlage wurde durch den eigenen Hof erwirtschaftet, das Weidevieh düngt<br />
die Grünlandflächen und der anfallende Wirtschaftsdünger (Stallmist und Gülle)<br />
stand zur Düngung der Ackerflächen zur Verfügung. Schnell stellte sich heraus, daß<br />
die extensive Viehhaltung kein ökonomischer Selbstläufer war, sondern durch die<br />
aktive Erschließung von Verarbeitungs- und Vermarktungspotentialen begleitet werden<br />
mußte. Hierzu wurden seitens der Landwirte mit Unterstützung der Wirtschaftsförderung<br />
verschiedene Instrumente entwickelt. Als wesentlichster Schritt stellte sich<br />
die Gründung einer Erzeugergemeinschaft 'Qualitätsfleisch aus der Region Elbtalaue'<br />
heraus. In Verbindung mit der Öffentlichkeitsarbeit für den Naturpark erlangte<br />
diese in den umliegenden Städten einen hohen Bekannheitsgrad. Ihr gelang es in<br />
relativ kurzer Zeit, einen festen Kundenstamm aus gehobener Gastronomie und Lebensmittelfachhandel<br />
aufzubauen. Für die Erschließung des kleineren regionalen<br />
Marktes wurden regelmäßig die Metzgereien und regionaler Gastronomie über<br />
Schlachttermine und Ordermöglichkeiten informiert.<br />
Zweitens: Die Erfahrungen mit der Verarbeitung und Vermarktung von Milch aus<br />
ökologischer Landwirtschaft im Kreis-Lüchow-Dannenberg ermutigte auch 3 Betriebe<br />
in Brandenburg zu einer entsprechenden Umstellung. Aufgrund der bereits bestehenden<br />
Weiterverarbeitungsstrukturen konnte das ökonomische Risiko der Umstellung<br />
gemindert werden.<br />
Für die Umstellungen wurden insgeamt aus folgenden Förderprogrammen Mittel beantragt<br />
und bewilligt:
233<br />
1. Gemeinschaftsaufgabe (GA) "Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes"<br />
für folgende Maßnahmen. Förderung der extensiven Grünlandnutzung<br />
und ökologischer Anbauverfahren. Umwandlung von Ackerflächen in extensives<br />
Grünland. Der Förderungsschlüssel betrug hierfür 50% (75%) EG, 30% (15%)<br />
Bund und 20% (10%) Bundesland (Angaben in Klammern gelten für die neuen<br />
Bundesländer).<br />
2. Programme der einzelnen Bundesländer: Für Maßnahmen der VO 2078/92, die<br />
nicht über die GA gefördert werden, erarbeitet die Elbanrainer-Länder ein gebietsspezifisches<br />
Förder-Programm für die "Region Elbtalaue". Ab 1996 wurden diese<br />
Förderungen nach entsprechender Prüfung von der EU kofinanziert (50% bzw.<br />
75%).<br />
Die eingeleitete Entwicklung hatte auch erhebliche Ausstrahungskraft in andere Bereiche:<br />
• durch die Direktvermarktung ab Hof und ein erweitertes Programm Ferien auf<br />
dem Bauernhof wurden die Bevökerung und die Urlauber mit den Arbeits- und<br />
Lebensbedingungen in der lanwirtschaft vertraut gemacht und lernten insbesondere<br />
die Praxis einer naturnahen Bewirtschaftung kennen.<br />
• durch die Erschließung regionaler Absatzwege erhöhte sich insgesamt die Wertschöpfung<br />
in der Region. Gleichzeitig wurden durch die ökologische Qualität der<br />
regionalen Produkte das Gesamtimage der Region verbessert.<br />
'Sanfter' Tourismus<br />
Die touristische Ausgangssituation stellte sich 1995 für die Ost- und Westgemeinden<br />
der Region recht unterschiedlich dar. In den Westgemeinden mußten aufgrund der<br />
deutschen Vereinigung vielfältig gewordeneren Möglichkeiten des Hamburger und<br />
Berliner Stammpublikums zur Naherholung Kapazitätseinbußen hingenommen werden.<br />
Ein weiteres Problem waren die erheblichen Kapazitätslücken außerhalb der<br />
saisonalen Spitzen (verlängerte Wochenenden, Sommerferien). In den Ost-<br />
Gemeinden stellte sich eine grundsätzlich andere Problematik. Bis auf das touristisch<br />
relativ gut erschlossene Bad Wilsnack waren die Beherbergungskapazitäten und der<br />
<strong>Ausbau</strong>stand der Freizeitinfrastruktur unzureichend. Sowohl im Westen als auch im<br />
Osten der Region drohten jedwede Investitionen an Kapitalmangel zu scheitern.<br />
Mit der Ausweisung als Großschutzgebiet eröffneten sich der Region neue Möglichkeiten,<br />
Fördermittel im Rahmen der Regional- und Strukturförderung zu beantragen.<br />
Die Bundesländer Niedersachsen und Brandenburg gingen als erste dazu über, die<br />
Vergabe von finanziellen Mitteln von der Einlösung ökologisch ausgerichter Anforderungen<br />
abhängig zu machen, die sich in Übereinstimmung mit dem regionalen Entwicklungskonzept<br />
befanden. Damit konnte ein wesentlicher Engpaß faktor für die angestrebten<br />
Umstellungen beseitigt werden.<br />
Herausragend waren vor allem folgende Maßnahmen zur Verbesserung und Vermittlung<br />
des Angebots:<br />
• West-Gemeinden: Aufbau eines elektronischen Reservierungssystems in Zusammenarbeit<br />
mit den örtlichen Kreditinstituten<br />
• Ost-Gemeinden: Förderung von Investitionen <strong>zum</strong> Bau von Einliegerwohnungen<br />
und zur Erhöhung der Qualitätsstandards des Angebots<br />
• Erstellung einer Checkliste 'Umweltbewußte Betriebsführung', Auszeichnung von<br />
Betrieben durch den Fremdenverkehrsverein
234<br />
• Verbesserung des gastronomischen Angebots, Aufnahme regionale Spezialitäten<br />
in die Speisekarten<br />
• Förderung der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte aus<br />
der Region<br />
• Erstellung eines regionalen Marketingkonzeptes, 'Natur erleben, Natur bewahren<br />
- Urlaub in den Elbtalauen'<br />
• Bundesweite Marketingaktion in Kooperation mit den Naturschutzverbänden<br />
Diese Aktivitäten der touristischen Anbieter und der Fremdenverkehrsvereine wurden<br />
durch die Gemeinden vielfältig unterstützt. Das touristische Angebot wurde durch<br />
den <strong>Ausbau</strong> einer umweltschonenden Freizeitinfrastruktur abgerundet. Die Fahrradinfrastruktur<br />
wurde erheblich ausgebaut, durch die Kombination von Elbfährbetrieb,<br />
öffentlichem Nahverkehr und Fahrradverkehr wurde die Attraktivität der umweltschonenden<br />
Verkehrsmittel erheblich gesteigert, die Informationen zur Erreichbarkeit der<br />
Region mit öffentlichen Verkehrsmitteln wurde verbessert.<br />
Im Zuge der genannten Maßnahmen gelang es bis <strong>zum</strong> Jahre 2005 ca. 50 % des<br />
touristischen Produkt- und Dienstleistungsangebote auf ökologisch Kriterien auszurichten<br />
und damit das Konffiktpotential mit dem Naturschutz wesentlich zu entschärfen.<br />
Mit der Ausweisung des Großschutzgebietes 'Elbtalaue' war eine touristische<br />
Entwicklung der Region eingeleitet worden, die Viele nicht für möglich gehalten hatten.<br />
Die touristischen Betriebe hatten sich ein neues Stammpublikum erschlossen<br />
(Familien mit jüngeren Kindern, Naturfreunde, Radwanderer, Wanderer), die auch<br />
das ganze Jahr über die Region besuchten und damit zu einer guten Auslastung der<br />
Kapazitäten beitrugen. Die verbesserte Ertössituation des Hotel- und Gaststättengewerbes<br />
schlug sich positiv auf die Anzahl und Qualität der Arbeitsplätze nieder.<br />
Durch die Erhöhung der Bettenkapazitäten um ca. 1500 entstanden insgesamt ungefähr<br />
500 neue Dauerarbeitsplätze. Die qualitativ orientierte touristische Entwicklung<br />
trug darüber hinaus in erheblichem Maße zur Stabilisierung der ökonomischen Situation<br />
des örtlichen Einzelhandels, der Gastronomie und des Handwerks bei. Die Wertschöpfungsrate<br />
konnte insbesondere dort gesteigert werden, wo es gelang, dauerhafte<br />
regionale Ueferverflechtungen aufzubauen.<br />
3.3 Gestaltungsszenario II.B 'Region Dresden': Chancen und Risiken einer<br />
ökologischen Verkehrs- und Raumentwicklung<br />
Als Leitbild einer ökologischen Verkehrs- und Raumentwicklung hatten sich die verantwortlichen<br />
Handlungsträger eine zweistufige Strategie <strong>zum</strong> Ziel gesetzt: <strong>zum</strong> einen<br />
sollten die Rahmenbedingungen der Verkehrsentwicklung insbesondere auf den<br />
Ebenen der räumlichen Planung und der ökonomischen Entwicklung dahingehend<br />
beeinflußt werden, daß die Verkehrsnachfrage in der Region systematisch reduziert<br />
werden konnte. Zum anderen bestand die Aufgabe, durch ein geschicktes kommunikatives<br />
Management die Regelung der verbleibenden Verkehrsnachfrage möglichst<br />
efftzient, bedürfnisgerecht und umweltschonend zu organisieren. Dies wurde beispielhaft<br />
am lokalen und regionalen Güterverkehr erprobt.<br />
Auf der ersten Stufe wurden zwei Schwerpunkte bearbeitet. Als erster Schritt wurde -<br />
dem Prinzip "Dichte" folgend - ein integriertes Modell einer regionalen Flächen- und<br />
Verkehrsentwicklung entworfen, mit dem die verkehrserzeugenden Wirkungen eines<br />
unkontrollierten Flächenverbrauchs eingedämmt werden sollten. Maßnahmen dieses<br />
Programms waren die Orientierung in der Wohnbauflächenausweisung an vorgege-
235<br />
benen, in der Kernstadt realisierten Dichtwerten (GFZ) sowie die bevorzugte Ausweisung<br />
von Wohnbauflächen entlang der Korridore des öffentlichen Verkehrs, so beispielsweise<br />
in der Stadt Radeberg sowie den Randgemeinden der Dresdner Heide.<br />
Dadurch konnten kompakte Bauflächen mit einem hohen spezifischen Nutzungsgrad<br />
realisiert werden, außerdem wurden autolose Wohnformen strukturell begünstigt,<br />
nachdem auch die rechtlichen Voraussetzungen hierfür geschaffen waren (Änderung<br />
der Landesbauordnung) und die Verkehrsbetriebe von Beginn an in die Flächennutzungsplanung<br />
einbezogen worden waren. Ein entsprechendes Projekt nach dem<br />
1993 ins Leben gerufenen sogenannten "Bremer Modell" konnte jedoch aufgrund<br />
juristischer Probleme (Belegungsbindung für Mieter ohne Pkw) noch nicht starten.<br />
Die restriktiven Maßnahmen gegen den Flächenverbrauch konnten nur gegen den<br />
heftigen Widerstand einiger einflußreicher Investorengruppen durchgesetzt werden,<br />
die ihrerseits Planungen nach dem geringsten Realisierungswiderstand favorisiert<br />
hatten. Veränderte gesetzliche Grundlagen, vor allem die 1998 novellierte Baunutzungsverordnung<br />
(BauNVO) sowie die Einführung von Preisen als lokales und regionales<br />
Steuerungsinstrument ermöglichten den beschleunigten Zugriff der Stadt<br />
Dresden auf Flächenreserven sowie die Abschöpfung planungsbedingter Wertsteigerungen<br />
zugunsten der öffentlichen Hand. Dadurch wurde die "kompakte Stadt" <strong>zum</strong>indest<br />
in Ansätzen möglich. Immer mehr setzte sich die Erkenntnis durch, daß eine<br />
Steuerung der Verkehrsentwicklung primär über eine Steuerung der Flächennutzung<br />
und nicht über einen <strong>Ausbau</strong> der Verkehrsinfrastruktur zu erfolgen hatte.<br />
Als zweiter Schritt wurde - dem Prinzip "Mischung" folgend - auf die Stärkung regionaler<br />
Wirtschaftskreisläufe und eine Ankopplung der kompakten Siedlungsentwicklung<br />
an eine regional stärker eigenständige Ökonomie verfolgt. Dies wurde exemplarisch<br />
in der Nahrungsmittelversorgung versucht. Dazu konnten sowohl einige landwirtschaftliche<br />
Erzeuger und Genossenschaften in der Region gewonnen werden als<br />
auch zwei Lebensmitteleinzelhandelsketten, die mit zahlreichen Standorten in der<br />
Stadtregion vertreten waren. Federführend auf <strong>Seiten</strong> der Landeshauptstadt war die<br />
Wirtschaftsförderung, die hier im Verbund mit der Stadtentwicklungsplanung agierte.<br />
Im Kombination mit einer Strategie der Stärkung der Nebenzentren im Stadtgebiet<br />
als Distributionsstandorte wurde eine regionale Beschaffungsoption verfolgt, die dazu<br />
beitrug, daß die Güterfernverkehr in der Güterabteilung Nahrungs- und Futtermittel<br />
sowie bei veredelten (Fertig-) Produkten um ca. 40% zurückging. Gleichzeitig wurde<br />
ein Beitrag zur Stärkung der Wertschöpfung im Primärsektor geleistet. Freie Initiativen<br />
übernahmen die Distribution der Lebensmittel in denjenigen Vierteln, die aufgrund<br />
ihrer zu geringen Einwohnerdichte kein ausreichendes Potential für kommerzielle<br />
Einrichtungen (Läden) boten.<br />
Regionale Entwicklungsperspektiven der Verkehrswirtschaft<br />
Neue Ansatzpunkte im Verkehrsmanagement wurden mit Priorität zur Verbesserung<br />
der Standortbedingungen der lokalen Verkehrswirtschaft angegangen. Dabei stellten<br />
sich für die Dresdner Wirtschaftsförderung zwei grundlegende Innovationsziele:<br />
• erstens die Verbesserung der Transportabwicklung durch logistische Konzepte,<br />
wobei die örtlichen Verkehrs- und Logistikdienstleister in die Problemlösung einbezogen<br />
werden sollten (Entwicklung örtlich angepaßter, maßgeschneiderter Problemlösungen);<br />
• zweitens die Anpassung des Güter- und Wirtschaftsverkehrs an städtische Strukturen<br />
und die Reduzierung der vom Schwerverkehr ausgehenden Belastungen
236<br />
(Herstellung des Systemcharakters, Mobilisierung von Synergie-Effekten, bessere<br />
Nutzung des vorhandenen Verkehrsraumes).<br />
Im ersten Bereich ging es vor allem um neue Angebotskonzepte, insbesondere hinsichtlich<br />
der Neuordnung der Güterverteilung in der Stadt bzw. in die Stadt und einer<br />
verbesserten Verknüpfung von Nah- und Fernverkehr. Dabei spielt die Kooperation<br />
lokaler und regionaler Akteure eine herausragende Rolle. Die Verbesserung der<br />
Standortbedingungen für die örtliche Verkehrswirtschaft wurde auch als Beitrag zur<br />
Stärkung der lokalen und regionalen Wirtschaftsstruktur gesehen.<br />
Das zweite Ziel war auf die Anpassung des Güter- und Wirtschaftsverkehrs an städtische<br />
Strukturen und auf die Reduzierung der vom Schwerverkehr ausgehenden<br />
Belastungen gerichtet Die für die Unternehmen unmittelbar kostenwirksame Optimierung<br />
des Logistiksystems (Routenkoordination, Auslastungsplanung, Fahrtenreduzierung<br />
etc.) hatte sich verstärkt in Form von gesamtwirtschaftlichen Effekten ausgewirkt.<br />
Diese regionale Güterverkehrspotitik konnte in gemeinsamer Aktion von Planung,<br />
Wirtschaftsförderung und Unternehmen nur gelingen, weil der Staat über die<br />
EU-weite Einführung einer Schwerverkehrsabgabe und die stufenweise Anhebung<br />
der Treibstoffsteuern finanzielle Anreize zur Einsparung von Transporten gegeben<br />
hatte, die eine Beteiligung an solchen Modellen auch für die Unternehmen interessant<br />
erscheinen ließen. Gleichzeitig wurden die Zulassungsvorschriften und -normen<br />
für den internationalen Güterverkehr verschärft, so daß harmonisierte Wettbewerbsbedingungen<br />
für eine faire ordnungspolitische Flankierung sorgten.<br />
Bausteine der Innovationspolitik<br />
Neue Angebotskonzepte der Verkehrswirtschaft, die sich auf den spezifischen Bedarf<br />
örtlich tragender Branchen bzw. führender Unternehmen richteten, waren der wichtigste<br />
Baustein dieser Innovationsstrategie. Aus ökologischer Sicht waren dabei vor<br />
allem jene Leistungen und Kooperationen von Interesse, die eine Effizienzsteigerung<br />
(Bsp. verbesserte Auslastung von Fahrzeugen) bzw. Reduzierung des Straßengüterverkehrs<br />
mit sich bringen. Neue Transportketten für aufkommensstarke 'Leitgüter 1 in<br />
den Regionen erhöhen die Verträglichkeit und Abstimmung zwischen Warenfluß und<br />
Stadtgestalt, Umwelt und Lebensqualität. Dazu gehören auch stärkere Kooperationen<br />
mit der Bahn.<br />
Ein weiteres Innovationsbeispiel war die Standortpolitik des Verkehrsgewerbes, das<br />
sich zunehmend auf Restriktionen für den Straßenverkehr in dem Dresdner Innenstadtzentrum<br />
einstellen mußte. Mit den Standorten des ehemaligen Rangierbahnhofs<br />
Dresden-Friedrichstadt, des früheren Reichsbahnausbesserungswerkes, des Dresdner<br />
Binnenhafens und eines an der Autobahn gelegenen Autohofes wurde ein vernetztes,<br />
dezentrales Güterverkehrszentrum eingerichtet, das die Verbindung an die<br />
nationalen Korridore des Schienengüterverkehrs bzw. kombinierten Verkehrs herstellte<br />
und die für das Stadtzentrum bestimmten Lieferungen neu zusammenstellte.<br />
Solche Angebotsinnovationen wurden mittelfristig auch als möglicher Angebotsbaustein<br />
in die Leistungspalette der kommunalen/regionalen Verkehrsunternehmen integriert,<br />
vor allem in jenen Betriebssparten, die eine hohe Affinität <strong>zum</strong> ÖPNV aufweisen<br />
und an vorhandene Qualifikationen und Strukturen in den ÖV-Betrieben anknüpfen.<br />
Die Dresdner Straßenbahn erhielt wieder Beiwagen zur Güter- und Kleingepäckbeförderung.<br />
Technische Innovationen waren insbesondere im Bereich neuer Umschlagtechniken<br />
entwickelt worden. Kleinteilige Behälterkonzepte hatten dazu beitragen, die Systemschwächen<br />
der Bahn als klassischen gebrochenen Verkehr zu reduzieren und durch
237<br />
rationellen Umschlag die Schnittstelle Schiene/Straße entsprechend den Zeitvorgaben<br />
der Versender attraktiv zu machen; dabei wurden gezielt auch Verbundlösungen<br />
mit örtlichen Anbietern gesucht (Bsp. Metallgewerbe), um einen hohen Wertschöpfungsanteil<br />
und Synergieeffekte in der Region zu halten. Nichtmotorisierte Lastentransporter,<br />
Behälter- und Fördersysteme sowie mobile, standortunabhängige Umschlagsysteme<br />
(Road-Railer u.ä.) konnten zur Ausdifferenzierung und räumlichen<br />
Streuung des logistischen Angebotes genutzt werden.<br />
Stadtverträglichere Fahrzeuge, insbesondere kleine Lieferwagen für die Bedienung<br />
städtebaulich sensibler Lagen mit Nutzungsmischungen, nichtmotorisiertem Personenverkehr<br />
etc., gehörten ebenfalls in dieses Programm. Seit im benachbarten Bundesland<br />
Thüringen der "Hotzenblitz" auch als Kleinlaster in Serie gegangen ist, hat<br />
der Wettbewerb der Fahrzeughersteller eine große Modellvielfalt und breite Angebotspalette<br />
hervorgebracht. Die Wirtschaftsförderung konnte durch Beratungsleistungen<br />
die Fahrzeugbeschaffung in den Unternehmen fördern, gleiches galt für die<br />
Akquisition von Fördermitteln, Modellvorhaben u.ä..<br />
Neue Kommunikations- und Kooperationsformen<br />
Neue Kommunikations- und Kooperationsformen wurden vor allem im Bereich der<br />
sogenannten 'public-private-partnership', also der Zusammenarbeit von Kommune<br />
und Unternehmung angestrebt; hierbei hatte die Wirtschaftsförderung eine Schnittstetlenfunktion<br />
zwischen den unterschiedlichen Akteuren und Interessen eingenommen.<br />
Dabei ging es jedoch nicht nur um Interessenvertretung, sondern auch um<br />
Konfliktmanagement und Ausgleich verschiedener Nutzungsansprüche. Kooperationen<br />
unter den Unternehmen konnten dazu beitragen, die Verkehrsabläufe verbessern.<br />
Mit den zunehmenden Verkehrsmengen und -problemen stiegen trotzdem die Nutzungskonflikte<br />
und politischen Meinungsverschiedenheiten in de Region. Da die gewohnten<br />
Formen der Regulation der verschiedenen Nutzungsansprüche als nicht<br />
mehr zeitgemäß empfunden wurden, griffen die Wirtschaftsförderer <strong>zum</strong> Instrument<br />
der Güterverkehrsrunde, eines interdispziplinäre Austauschs zwischen privaten und<br />
öffentlichen Akteuren des Güterverkehrs. Auch wenn die Erfahrungen mit anderen<br />
'public-private-partnership'-Konzepten wenig erfolgversprechend waren, so war der<br />
"Runde Tisch" für den Güterverkehr bei seinen Adressaten doch gut aufgenommen<br />
worden.<br />
City-Logistik<br />
Kooperationsaufgaben stellten sich auch hinsichtlich der Entflechtung innerörtlicher<br />
Verkehrsbeziehungen. Gebietsbezogene logistische Angebote (z.B. City-Logistik), die<br />
auf die Harmonisierung von Güterströmen und die Reduzierung von Fahrtenzahl, -<br />
häufigkeit und Transportleistung zielen, waren Ende der 90er Jahre in allen großen<br />
Städten außerordentlich populär, auch wenn ihre reale Wirkung sich in Grenzen hielt.<br />
Unter 'City-Logistik' wurde dabei die Ordnung der auf die Innenstadt bezogenen<br />
Transportströme verstanden, insbesondere hinsichtlich des Übergangs von einer<br />
räumlich gestreuten Verteilung bestimmter Einzelgüter zu einer räumlich gleichgerichteten<br />
Verteilung mehrerer, für bestimmte Empfänger oder Empfangsräume zusammengestellter<br />
Lieferungen. Zu diesen Transporten gehörte allerdings nicht nur<br />
der Güterverkehr mit Lkw, sondern auch der auf wirtschaftliche Tätigkeiten bezogene<br />
Dienstleistungsverkehr (z.B. Kurierfahrten), zunehmend auch haushaltsorientierte<br />
Dienstleistungsfahrten (Bsp. Pizza-Taxi). Logistische Problemlösungen waren zunächst<br />
überwiegend auf die Ausschöpfung innerbetrieblicher Rationalisierungspoten-
238<br />
tiale ausgerichtet Sie hatten aufgrund der Möglichkeiten der neuen Informationsund<br />
Steuerungstechnologien zur Neustrukturierung der Transportketten in den Unternehmen<br />
und zur Entwicklung komplexer Systeme der Beschaffungs-, Produktionsund<br />
Distributionslogistik geführt.<br />
Logistische Dienstleistungszentren, Frachtraum-/Transportbörsen<br />
Um logistisches Know-how und entsprechenden Service auch für unterkapitalisierte<br />
kleine und mittlere Unternehmen bereitstellen zu können, wurden zunehmend logistische<br />
Dienstleistungen nachgefragt. Gerade für Unternehmen ohne eigenen Fuhrpark<br />
bzw. logistische Infrastrukturen waren diese Angebote sehr interessant. Als<br />
Bestandteil bzw. kleinräumige Ergänzung des fernverkehrsorientierten Güterverkehrszentren<br />
wurde die Vermittlung von Frachtraum im Rahmen sogenannter Laderaum-<br />
bzw. Frachtraumbörsen organisiert. Erweitert zu sogenannten logistische<br />
Dienstleistungszentren konnten diese Börsen auch als Satellit größerer GVZ wie des<br />
Hauptstandortes in Dresden (ehem. DR-AW) oder des GVZ Erfurt fungieren und waren<br />
- als flächensparende Verbundlösungen - auch städtebaulich besser integrierbar.
239<br />
G<br />
Empfehlungen für die Umsetzung eines regionalen<br />
Entwicklungskonzeptes<br />
Die Ausgangsbasis und die politischen Möglichkeiten für ökologisch orientierte regionale<br />
Entwicklungskonzepte sind in den beiden untersuchten Teilregionen sehr<br />
unterschiedlich. Bei der Region 'Elbtalaue' handelt es sich um einen ländlich geprägten,<br />
strukturschwachen Raum mit geringer wirtschaftlicher Dynamik mit Schwerpunkten<br />
auf der Landwirtschaft und dem Tourismus. Dagegen entwickelt sich die Region<br />
'Dresden' zu einer dynamischen Stadtregion mit vielfältigen wirtschaftlichen Aktivitäten.<br />
Vor diesem Hintergrund haben die Naturkapitalausstattung und darauf aufbauende<br />
naturschutzfachliche Planungen unterschiedlichen Stellenwert für die ökonomische<br />
Entwicklung. Während in der Untersuchungsregion I. Elbtalaue dieses zu<br />
einem wichtigende und tragenden Faktor der Regionalentwicklung werden kann,<br />
kann dies für die Unersuchungsregion II. Dresden nur für einen Teil der ökonomischen<br />
Aktivitäten gelten. Vor diesem Hintergrund empfehlen wir, die Anstrengungen<br />
zur Umsetzung eines ökologisch-ökonomischen Entwicklungskonzeptes<br />
auf die Region Elbtalaue zu konzentrieren. Von daher befaßt sich die nachfolgende<br />
Ausgestaltung von Handlungsfeldern und -instrumenten mit den Bedingungen<br />
und Möglichkeiten in dieser Region.<br />
Die folgenden Empfehlungen werden auf Basis der Ergebnisse des vorliegenden<br />
Gutachtens unterbreitet. In diese Empfehlungen sind aber auch die zahlreichen Anregungen,<br />
Impulse und Denkanstöße eingeflossen, die wir von unseren Interviewpartnern<br />
und den anregenden Diskussionen auf dem Elbe-Symposium der Michael<br />
Otto Stiftung in Dessau erhalten haben (Michael Otto Stiftung 1994). Ebenso fließen<br />
Erfahrungen und Kenntnisse ein, die das IÖW insbesondere im Rahmen der regionalisierten<br />
Strukturpolitik Nordrhein-Westfalens gewinnen konnte (vgl. MWMT 1992,<br />
Lucas 1993). Der Katalog von empfehlenden Maßnahmen bezieht sich ausdrücklich<br />
nur auf mögliche Instrumente des regionalen Entwicklungsprozesses. Dabei stehen<br />
stehen folgende Handlungsfelder im Mittelpunkt:<br />
• Grundorientierung eines regionalen Entwicklungskonzeptes<br />
• Öffentlichkeitsarbeit<br />
• ökologisch orientierte Wirtschaftsförderung<br />
1. Grundorientierungen für ein regionales Entwicklungskonzeptes<br />
Die wichtigsten endogenen Potentiale (regionale Stärken) für die wirtschaftliche<br />
Entwicklung der Region sind die dort lebenden Menschen mit ihren Qualifikationen<br />
und ihrer Einsatzbereitschaft, die Unternehmen mit ihrem technischen, kaufmännischen<br />
und organisatorischen Know-How und die Einrichtungen des Naturschutzes,<br />
mit ihren konkreten Kenntnissen in Pflege und Erhalt des natürlichen Potentials.<br />
Positive regionalwirtschaftliche Impulse können von einer engeren Vernetzung des<br />
Tourismus, der Landwirtschaft und des Handwerks sowohl untereinander als auch<br />
innerhalb der Sektoren ausgehen.<br />
In diesen Wirtschaftsbereichen wird derzeit mit unterschiedlichen Zielvorstellungen<br />
gearbeitet und gehandelt. Der regionale Bezug ist sowohl in ökonomischer als auch
240<br />
in ökologischer Hinsicht - auf das Natur- und Landschaftspotential - wenig verankert.<br />
Die Ausweisung eines Großschutzgebietes mit integriertem Nationalpark eröffnet<br />
der Region besondere Entwicklungschancen, die jedoch bisher kaum in regionalem<br />
Zusammenhang diskutiert und bewertet wurden.<br />
Vor diesem Hintergund empfehlen wir die Einberufung einer Regionalkonferenz.<br />
Die jeweiligen Wirtschaftsminister der Elbanrainerländer sollten hier als Schirmherren<br />
fungieren. Die Zuständigkeit der Wirtschaftsminister ist aus fachlicher Sicht notwendig,<br />
da Konzepte der Regionalentwicklung ein wesentliches Element einer regionalisierten<br />
Strukturpoltik darstellen. Diesbezügliche Erfahrungen der Bundesländer<br />
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sollten beachtet werden (vgl. für NRW:<br />
MWMT 1992 und für Niedersachsen: Danielzyk 1994). 128 Unterhalb der Ebene der<br />
Regionalkonferenzen können Fachforen in den Bereichen Landwirtschaft, Tourismus<br />
und Verkehr dazu beitragen, insbesondere die Kommunikation und Kooperation<br />
zwischen den Unternehmen und den Vertretern der Naturschutzverbände zu verbessern.<br />
2. Öffentlichkeitsarbeit<br />
In den von uns durchgeführten Interviews mit Wirtschaftsakteuren ist deutlich geworden,<br />
daß der Leitgedanke einer ökologisch-ökonomischen Wirtschaftsentwicklung<br />
und die daraus resultierenden Chancen für einzelne Unternehmen und<br />
Branchen noch unzureichend bekannt ist. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als<br />
es sich hierbei <strong>zum</strong> einen um einen relativ neuen Ansatz handelt, <strong>zum</strong> anderen aber<br />
die Naturschutzverbände als mögliche Protagonisten einer solchen Position kaum<br />
Erfahrungen besitzen. Die Öffentlichkeitsarbeit der Umweltverbände orientiert sich<br />
bisher eher an klassischen Schutzzielen. Sie ist hinsichtlich der Wirtschaftsakteure<br />
wenig zielgruppenorientiert und spricht eher allgemein die kritische Öffentlichkeit an.<br />
Es wird zu überlegen sein, ob die Inhalte einer ökonomisch-ökologischen Regionalentwicklung<br />
mit den gleichen Werbemitteln präsentiert werden sollte, wie z.B. das<br />
Großschutzgebiet Elbtalaue. Es wird empfohlen, zur Lösung dieses Problems eine<br />
qualifizierte Werbe- oder Kommunikationsagentur zu Rate zu ziehen. Ein Handikap<br />
für die Verankerung einer Integration von ökonomischen und ökologischen Zielsetzungen<br />
dürften im Bereich Landwirtschaft die recht einseitigen Auffassungen einiger<br />
Interessenvertreter sein. Hier sollte überlegt werden, ob nicht in Kooperation mit den<br />
verschiedenen Landwirtschaftsministerien und qualifizierten Landwirtschaftsberatern<br />
Informationsveranstaltungen durchgeführt werden, in denen insbesondere über Fördermöglichkeiten<br />
des ökologischen Landbaus informiert wird.<br />
Sogenannte Vorreiterunternehmen sollten in die Öffentlichkeitsarbeit unbedingt einbezogen<br />
werden, um aus ihren Erfahrungen mit ökologischer Betriebsführung und<br />
ökologischen Produkten und Dienstleistungen lernen zu können.<br />
Die konsequente Pflege von Kontakten zu den regionalen Medienvertretern sollte<br />
einen besonders hohen Stellenwert erhalten. Anzustreben ist eine regelmäßige Rubrik<br />
in den Tageszeitungen, in der über den Fortgang des regionalen Entwicklungs-<br />
Grundgedanken dieser Art von Regionalförderung ist es, einen konsensueaen Prozeß der regionalen Akteure über die<br />
zukünftige Entwicklung der Regionen einzuleiten. Auf der Grundlage eines gemeinsam getragenen Leitbildes und einvernehmlichen<br />
Schwerpunktsetzungen entstanden dann sog. regionale Entwicklungskonzepte. Die förderwürdigkeit einzelner<br />
Projekte wurde in der Folge erhöht, wenn ein Projekt sich auf das Gesamtkonzept bezog und auf einem Konsens der regionalen<br />
Akteure baruhte.
241<br />
konzeptes zu berichtet wird. Denkbar ist auch eine Zeitungsbeilage, die von den<br />
verschiedenen Zeitungen in der Region übernommen und verteilt werden könnte.<br />
Wichtig wäre es auch, ein Medium zu schaffen, daß nicht auf einzelne Landkreise<br />
der Region beschränkt ist.<br />
Erfolgreiche Wirtschaftsunternehmen zeichnen sich häufig dadurch aus, daß sie<br />
über die interne und externe Kommunikation das Zugehörigkeitsgefühl zur Firma<br />
stärken, eine "Corporate Identity" schaffen. Übertragen auf die Regionalentwicklung<br />
wirft dies die Frage auf, ob wichtige Akteure und im Idealfall große Teile der Bevölkerung<br />
überhaupt einen Bezug zur Region herstellen und - darauf aufbauend -sich<br />
eine Basis für ein 'Wir-Gefühl' entwickeln kann. Die schwierigen wirtschaftlichen<br />
Aufgaben, insbesondere in den ostdeutschen Gemeinden, werden ohne eine gewisse<br />
Aufbruchstimmung nicht zu bewerkstelligen sein. Die Öffentlichkeitsarbeit zu einem<br />
regionalen Entwicklungskonzept wird dies nicht alleine initiieren können - damit<br />
wäre sie auch überfordert - allerdings sollte sie jede sich bietende Gelegenheit nutzen,<br />
um Menschen und Unternehmen auf dem eingeschlagenen Weg einer ökologischen<br />
Regionalentwicklung zu ermutigen. Eine gemeinsame Außendarstellung unter<br />
Berücksichtigung historischer Bezüge, ein regionales Produktmarketing in der<br />
Landwirtschaft und im Tourismus sowie die Regionalkonferenz und die Fachforen<br />
sind auch wichtige Instrumente für die Stärkung einer regionale Identität.<br />
3. Ökologisch orientierte Wirtschaftsförderung<br />
Ökologische Wirtschaftsförderung ist eine Querschnittsaufgabe, die in die verschiedenen<br />
Aufgabengebiete der Wirtschaftsförderung zu integrieren ist. Einige wichtige<br />
Bausteine einer ökologischen Wirtschaftsförderung sind in nachfolgender Übersicht<br />
dargestellt:<br />
BAUSTEINE EINER ÖKOLOGISCHEN<br />
WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG<br />
• Förderung von integrierten und vorsorgenden Umwelttechniken<br />
• Wissenstransfer: Ökotechniken und Ökomärkte<br />
• Initierung und Koordination ökologischer Qualifikationsangebote<br />
• Ökologische Arbeitsfelder im 2. Arbeitsmarkt<br />
• Aufbau eines ökologischen Netzwerkes:<br />
projektbezogen<br />
problembezogen<br />
produktbezogen
242<br />
Ein ökologisches Standortprofil der Region Elbtalaue kann sich nur in dem Maße<br />
entwickeln, wie Unternehmen und öffentliche Hand bereit sind, den Aspekten eines<br />
integrierten und vorsorgenden Umweltschutzes einen hohen Stellenwert einzuräumen.<br />
Die Marktfähigkeit ökologischer Produkte und Dienstleistungen ist in hohem<br />
Maße an die 'ökologische Glaubwürdigkeit' der Anbieter gebunden. Von daher verbietet<br />
sich ein oberflächliches Marketing, welches lediglich versucht, auf der „Öko-<br />
Welle" mitzuschwimmen. Auch aus wettbewerbstheoretischen Überlegungen ist es<br />
für die Wirtschaftsförderung angebracht, sich intensiver mit der Entwicklung in den<br />
ökologischen Marktsegmenten zu befassen. Allgemein besteht die Aufgabe der<br />
Wirtschaftsförderung darin , neue umwelttechnische Entwicklungen zu fördern oder<br />
neue Ideen zu vermitteln (z.B. durch Förderung von Demonstrationsvorhaben). Derartige<br />
Prozesse basieren auf guten Informationen, einer unkomplizierten Verständigung<br />
mit den wichtigsten Partnern des regionalen Entwicklungsprozesses (s. nachstehende<br />
Übersicht) und regionalen Fühlungsvorteilen zu den Unternehmen.<br />
PARTNER DES REGIONALEN UND ÖRTLICHEN KONSENSES<br />
• Industrie und Handelskammern, Handwerkskammern, Landwirtschaftskammer,<br />
Fremdenverkehrsverbände, Kreishandwerkerschaft<br />
• Stadt- und Kreisverwaltungen, kommunale Eigenbetriebe<br />
• Arbeitsämter<br />
• Arbeitgeberverbände, einzelne Unternehmen<br />
• DGB/DAG<br />
• Umweltverbände, Bürgerinitiativen<br />
• regionale Medien<br />
PARTNER DES ÜBERREGIONALEN KONSENSES<br />
• diverse Fachministerien der Elbanrainerländer<br />
• Wirtschaftsförderungsgesellschaften der Länder<br />
• ökologisch-orientierte Unternehmensverbände und Banken<br />
• Verbraucherverbände<br />
Ein gutes Wirtschaftsklima auf der Basis gegenseitigem Vertrauens und die differenzierten<br />
Kenntnisse der Probleme vor Ort sind entscheidende Faktoren, auf denen<br />
letzlich Wettbewerbsvorteile gründen. Die Bedingungen hierfür können durch den<br />
zusätzlichen Aufbau regionaler, themenzentrierter Netzwerke, die von Fall zu Fall<br />
projektbezogen, problembezogen oder produktbezogen eingerichtet werden können,<br />
noch verbessert werden. Durch derartige Netzwerke können wiederum Synergieeffekte<br />
entstehen, die die weitere Entwicklung der Region befruchten.
243<br />
MÖGLICHE SYNERGIEEFFEKTE<br />
• Vermarktung des vorhandenen Wissens für neue Anwendungen<br />
• ("zweites Bein")<br />
• Kooperation mit Wissenschaft und/oder anderen Unternehmen<br />
• ("Verbundprojekte")<br />
• Erfahrungsaustausch bei Existenzgründungen<br />
• Umsetzung des "Umweltwissens" in neue Projekte und<br />
benachbarte Märkte<br />
Im Rahmen dieser Aufgabenstellungen empfehlen wir den Aufbau einer regionalen<br />
Wirtschaftsförderungsgesellschaft. Transfer- Beratungs- und Förderleistungen<br />
müssen auf der Ebene der Region koordiniert und zielgruppenspezifisch gebündelt<br />
werden. Das Nebeneinander von unterschiedlichen Strategien der Kreise, welches<br />
eher von gegenseitiger Konkurrenz geprägt ist, sollte überwunden werden.<br />
Wichtig erscheint uns in diesem Zusammenhang auch die Aufhebung des traditionellen<br />
Nebeneinanders von landwirtschaftlicher Beratung und allgemeiner<br />
Wirtschaftsförderungsberatung. Die Wirtschaftsförderung sollte insgesamt als<br />
Transferstelle fungieren, die die Leistungen anderer Einrichtungen vermittelt. Hierzu<br />
ist eine gute Verankerung in den regionalen und überegionalen Institutionen wichtig.<br />
Die Wirtschaftsförderung sollte regelmäßig die unternehmensseitigen Partner der<br />
Regionalentwicklung für die Konsensbildung in wichtigen Fragen an einen Tisch<br />
bringen.<br />
Mit dem folgenden Maßnahmenpaket sind sowohl die Wirtschaftsförderung der Kreise<br />
aber auch die Wirtschaftsförderungsgesellschaften der Länder angesprochen.<br />
Ein wesentlicher Schwerpunkt einer ökologisch orientierten Wirtschaftsförderung in<br />
der Untersuchungsregion muß künftig die Beratung über öffentliche Finanzierungshilfen<br />
sein, die für Ausgleichsmaßnahmen, Umstellung auf ökologische Betriebsführung<br />
und Verbundprojekte zur Verfügung gestellt werden. Dabei muß die Wirtschaftsförderung<br />
gezielt und regelmäßig auf das Angebot öffentlicher Finanzierungshilfen<br />
hinweisen. In den Bereichen Landwirtschaft und Tourismus sollte dies in<br />
enger Abstimmung mit der Landwirtschaftskammer und den Fremdenverkehrsvereinen<br />
geschehen. Besonders hilfreich wäre ein jährlich erstellter Finanzierungsratgeber,<br />
der in übersichtlicher und verständlicher Form die verschiedenen Förderprogramme<br />
enthält, den Antragsweg und die Stellen benennt, die bei der Antragstellung<br />
behilflich sein können. Die Erstellung einer solchen Broschüre ist aber nur vertretbar,<br />
wenn gleichzeitig sichergestellt ist, daß eine gezielte und effiziente Streuung<br />
erfolgt.<br />
Die neuen unternehmerischen Aufgaben im Rahmen einer ökologischen Regionalentwicklung<br />
sind vielfältig und nicht ohne Risiko. Es sollte von daher überlegt wer-
244<br />
den, in der Region Elbtalaue einen Spezialisten für Umstellungsberatung und Umstellungsfinanzierung<br />
einzustellen. Fragen der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel,<br />
des Marketing, der Erschließung neuer Marktpotentiale und sinnvoller Verbundlösungen<br />
in der Region sollten durch diese Person geklärt werden.<br />
Die Wirtschaftsförderung sollte in Kooperation mit der Naturparkverwaltung versuchen,<br />
Personen und Persönlichkeiten aus Lehre; Forschung, Industrie und Verwaltung,<br />
die den eingeschlagenen Weg einer regionalen Verbindung von Ökonomie<br />
und Ökologie im Grundsatz unterstützen, zu regelmäßigen Fachforen und einem<br />
Erfahrungsaustausch in die Regionen einzuladen. Daraus können sich interessante<br />
Lern- und Synergieeffekte für alle Beteiligten ergeben.
245<br />
H<br />
Tabellenanhang<br />
Tabelle 55: Landwirtschaftliche Betriebe nach Größenklassen der landwirtschaftlich<br />
genutzten Fläche
246<br />
Tabelle 56: Sozio-ökonomische Gliederung der landwirtschaftlichen Betriebe am<br />
Beispiel des Untersuchungsgebietes in Mecklenburg-Vorpommern<br />
Betriebe mit Stand ardeinkommen von... bis... DM<br />
Kreis Betriebe unter bis bis bis bis bis und<br />
(Land)/ insge- 5.000 20.000 100.000 500.000 1.000.00 1.500.00 mehr<br />
Merkmal samt 0 0<br />
M.-V.<br />
aesamt: 3.176 1.252 459 464 278 241 208 274<br />
Betrieb/ 1.297.32 8.239 12.138 30.400 70.797 191.749 277.576 706.427<br />
abs. 7 3.482 6.961 22.404 53.293 145.031 214.957 565.277<br />
LF/ha 1.011.40 4.657 5.114 7.935 17.219 45.613 60.197 139.012<br />
AL/ha 2 414 1.043 3.913 12.576 47.552 62.065 159.258<br />
DG/ha 279.744 3.085 3.395 16.649 103.251 157.059 260.199 466.276<br />
MK/abs 286.821<br />
S/abs 1.009.91<br />
4<br />
LK<br />
Ludwias- 135 53 26 22 9 5 4 16<br />
lust 53.978 400 2.894 1.569 2.184 4.388 4.188 38.353<br />
Betrieb/ 36.054 186 1.020 725 1.488 3.256 3.415 25.965<br />
abs. 17.634 212 1.872 841 679 1.129 774 12.129<br />
LF/ha 14.796 35 45 286 525 1.210 1.327 11.368<br />
AL/ha 49.833 67 257 934 2.839 793 16.988 27.955<br />
DG/ha<br />
MK/abs<br />
S/abs<br />
LKHaqenow:<br />
335 171 63 26 18 26 21 10<br />
Betrieb/ 80.215 1.140 1.899 1.690 5.134 21.493 29.821 19.037<br />
abs. 54.637 555 1.084 999 3.467 15.050 9.562 14.206<br />
LF/ha 23.889 562 806 689 1.666 6.192 7.298 4.413<br />
AL/ha 21.894 71 126 316 1.679 6.618 10.189 5.786<br />
DG/ha 50.984 241 77 197 13.264 15.909 11.107<br />
MK/abs<br />
S/abs<br />
M.-V. = Mecklenburg-Vorpommern<br />
Betrieb/abs. = Gesamtzahl Betriebe<br />
LF/ha = landwirtschaftliche Fläche in ha<br />
AL/ha = Ackerland in ha<br />
DG/ha = Dauergrünland in ha<br />
MK/abs = Gesamtzahl Milchkühe<br />
S/abs = Gesamtzahl Schweine<br />
Quelle: Statistische Berichte Mecklenburg-Vorpommern 1993, Stand 5.1991
247<br />
Tabelle 57: Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe nach Rechtsform<br />
Kreis Juristische Personen<br />
Natürliche Personen absolut Quelle<br />
GbR HE NE<br />
e.G. GmbH Güter<br />
u.a.<br />
LK Prignitz 14 45 53 112 Statistisches. Jahrbuch<br />
Brandenburg, 1993,<br />
Stand 12.92<br />
LK Osterburg<br />
23 12 26 103 102 4 270 Peschke & Partner, 1992<br />
Osterburg / 7 4 12 41 40 3 107 Peschke & Partner, 1992<br />
Wische*<br />
LK Ludwigslust<br />
Dannenber<br />
ger Marsch<br />
10 35 63 88 196 mdl. Mittig. Kreisbauernverband<br />
Ludwigslust,<br />
4.1994, Stand 3.94<br />
81 20 101 Landwirtschaftskammer<br />
Hannover 1993, Stand<br />
.92<br />
* Agrarregion im Landkreis Osterburg entlang der Elbe GbR = Gesellschaft bürgerlichen Rechts<br />
GmbH = Gesellschaft mit beschränkter Haftung HE = Haupterwerbsbetrieb<br />
e.G. = eingetragene Genossenschaft NE = Nebenerwerbsbetrieb<br />
Tabelle 58: Mittlere Betriebsgröße nach Rechtsform der Betriebe (ha)<br />
Kreis e.G. GmbH GbR HE NE Güter Durchschn.<br />
Quelle<br />
LK Osterburg<br />
1.247,4 743,2 414,8 143,5 20,1 1.346,2 261,5 Peschke &<br />
Partner,<br />
1992<br />
OB/Wi-<br />
1.239,9 1,116,8 433,5 125,1 23,0 1.588,0 272,5 s.o.<br />
sche<br />
LK Ludwigslust<br />
Erläuterungen siehe<br />
1.500,8<br />
8<br />
3.003,7 keine<br />
Angabe<br />
n<br />
Tabelle 59: Landwirtschaftliche Nutzflächen<br />
Kreise<br />
1.31,84 17,16 keine Angaben<br />
Betriebsfläche<br />
abs./ha<br />
davon LF (ohne<br />
Forstwirtschaft) in<br />
ha<br />
absolut %<br />
Anteile an LF<br />
Grünland Ackerland<br />
absolut % absolut<br />
%<br />
266,38 s.o.<br />
Quelle<br />
LK Lüchow- 103.010 60.809 59 13.593 22,4 47.054 77,4 Stat. Ber. NS, 1992<br />
Dannenberg<br />
Dannenberger<br />
k.A. 5.800 k.A. 2.367 40,8 3.434 59,2 LWK HA, 1993, Stand<br />
1992<br />
Marsch<br />
LK Lüneburg 87.236 52.010 59,6 10.118 19,5 41.586 80 s.o.<br />
LK Prignitz 103.319 71.621 69,3 24.715 34,5 46.671 65,2 LA f. DV u.StatBB,<br />
1994, Stand 1993<br />
LK Osterburg<br />
106.540 57.576 54,0 14.837 25,8 42.212 73,3 Stat. JB S.-A. 1993,<br />
Stand 1992<br />
Osterburg /<br />
Wische<br />
42.000 31.800 76 13.100 41,2 18.700 58,8 Peschke & Partner,<br />
1992<br />
LK Ludwigslust<br />
k.A, 53.978 k.A. 17.634 66,8 36.054 32,7 Stat. Ber. M.-V. 1993,<br />
Stand 5.1991<br />
LK Hagenow 80.215 23.889 68,1 54.637 29,8 s.o.
248<br />
Wirtschaftliche Betriebsfläche: Diese Flächen umfassen neben den ausgewiesenen<br />
Nutzungsarten auch die Gebäude- und Hofflächen, Wirtschaftswege, Gräben,<br />
Parkanlagen und alle sonstigen, nicht gesondert genannten Flächen. Dadurch, daß<br />
die Wirtschaftsflächen den jeweiligen Kreisen zugeordnet sind, können Abweichungen<br />
zu den Territorialflächen der Kreise auftreten.<br />
Landwirtschaftliche Fläche (LF): Hierzu sind die Flächen zu rechnen, die zur Erzeugung<br />
landwirtschaftlicher Produkte bestimmt sind. Darunter fallen die Flächen<br />
der folgenden Nutzungsarten: Ackerland, Dauergünland, Gartenland, Obstanlagen,<br />
Baumschulen, Korbweidenanlagen, Pappelanlagen und Weihnachtsbaumkulturen<br />
außerhalb des Waldes sowie vorübergehend stillgelegte Flächen.<br />
Ackerland: Hierzu gehören die Flächen der landwirtschaftlichen Feldfrüchte einschließlich<br />
Grasanbau (<strong>zum</strong> Abmähen oder Abweiden) sowie Gemüse, Erdbeeren,<br />
Blumen und sonstige Gartengewächse im feldmäßigen Anbau und im Erwerbsgartenabu,<br />
auch unter Glas; ferner Ackerflächen mit Obstbäumen, bei denen das Obst<br />
nur die Nebennutzung, Ackerfrüchte aber die Hauptnutzung darstellen, einschließlich<br />
Brachflächen, für die eine Entschädigung gezahlt wird sowie sonstige Brache.<br />
Dauergrünland: Grünlandflächen, die zur Futtergewinnung - ohne Unterbrechung<br />
durch andere Kulturen - bestimmt sind; auch Grünlandflächen mit Obstbäumen als<br />
Nebennutzung und Gras- oder Heugewinnung als Hauptnutzung. Nicht <strong>zum</strong> Dauergünland<br />
rechnen die Wiesen und Weiden mit Obstbäumen, bei denen das Obst die<br />
Hauptnutzung darstellt, sowie der Grasbau auf dem Ackerlan und die Dauergrünlandfläche,<br />
die aus sozialen, wirtschaftlichen oder anderen Gründen nicht mehr genutzt<br />
werden (Sozialbrache).<br />
Tabelle 60: Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe (absolut) nach ausgewählten Betriebsformen<br />
Land / Kreis<br />
LK Ludwigslust<br />
(M-V)<br />
LK Hagenow<br />
(M.-V.)<br />
LK Osterburg<br />
(S.-A.)<br />
LW Betriebe<br />
(abs)<br />
M.-V. = Mecklenburg-Vorpommern<br />
davon<br />
Marktfruch<br />
t<br />
davon<br />
Futterbau<br />
davon<br />
Veredelung<br />
118 25 85 5 3<br />
318 113 178 9 10<br />
279 59 3 165 30<br />
S.-A. = Sachsen-Anhalt<br />
Quellen: Statistische Berichte Mecklenburg-Vorpommern 1993, Stand 5.1992<br />
Peschke & Partner 1992<br />
Tabelle 61 : Betriebsfläche (absolut) nach ausgewählten Betriebsformen<br />
(Mecklenburg-Vorpommern)<br />
Land / Kreis<br />
davon<br />
Gemischtbetriebe<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
(abs)<br />
Betriebsfläch<br />
e (abs.) / ha<br />
davon<br />
Marktfrucht /<br />
ha<br />
davon<br />
Futterbau / ha<br />
davon<br />
Veredelung /<br />
ha<br />
davon<br />
Gemischtbetri<br />
ebe / ha<br />
1.288.448 756.580 351.474 5.733 171.429<br />
LK Ludwigslust 53.417 12.882 34.886 1.117 4.532<br />
LK Hagenow 79.506 20.765 47.853 23 10.250
249<br />
Tabelle 62: Viehbestand<br />
Kreis<br />
Rinder<br />
Schweine<br />
Quelle<br />
absolut davon Milchkühe absolut dav. Zuchtsauen<br />
LK Lüchow-<br />
Dannenberg<br />
34.660 10.101 99.565 12.442 Stat. Ber. NS,<br />
1992<br />
LK Lüneburg 25.822 7.548 50.440 5.555 s.o.<br />
LK Prignitz<br />
davon in den<br />
49.516 16.465 63.417 10.963 Stat. JB Brandenburg<br />
1993,<br />
Stand 12.92<br />
Elbtalauenämt<br />
ern:<br />
Bd. Wilznack<br />
Lenzen<br />
Wittenberge<br />
5.740<br />
11.200<br />
245<br />
1.113<br />
2.938<br />
149<br />
2.879<br />
2.138<br />
7<br />
790 mdl. Mittig.<br />
148 Herr Bahlke,<br />
1 LWALK<br />
Prignitz, Perleberg,<br />
Stand<br />
3.94<br />
LK Osterbung 38.809 16.011 53.420 k.A. Stat. JB S.-A.<br />
1993, Stand<br />
1992<br />
Osterburg/Wis<br />
13.656 5.606 3.967 1.173 Peschke &<br />
che<br />
LK Ludwigslust 32.078<br />
(38.069/Stand<br />
12.92)<br />
12.384<br />
(11.703)<br />
36.556<br />
(55.496)<br />
5.485<br />
(13.426)<br />
Partner, 1992.<br />
mdl. Mittl.<br />
Kreisbauemver<br />
band Ludwigslust,<br />
7.4.1994,<br />
Stand 1992<br />
(Stat. Ber. M.-<br />
V., 1993;<br />
Stand 12.92)<br />
LK Hagenow 45.462 17.976 60.802 16.178 Stat. Ber. M.-<br />
V., 1993,<br />
Stand 12.92<br />
Tabelle 63: Viehbestände und Viehhalter im Dezember 1992 nach Bestands- und<br />
Betriebsgrößen (Rinder gesamt) in Mecklenburg-Vorpommern<br />
Land/Kreis<br />
Betriebe mit Rinderhaltung<br />
Anzahl der Halter/Anzahl der Tiere<br />
absolut 1-2 3-4 5-9 10-14 15-19 20-29<br />
M.-V. 5910/592264 2252/ 3497 1024/3563 790/5060 269/3109 169/2833 160/3794<br />
LK Ludwigslust 284/38069 100/ 164 53/ 186 47/ 302 7/ 81 7/ 117 8/195<br />
LK Hagenow 533/45462 159/ 257 110/ 382 107/ 703 30/ 349 12/ 204 15/ 352<br />
Land/ Kreis<br />
Betriebe mit Rinderhaltung (Fori tsetzung)<br />
30-39 40-49 50-59 60-99 100 - 299 300/mehr<br />
M.-V. 95/3215 71/3129 55/2962 172/13504 332/59617 521/487981<br />
LK Ludwigslust 4/ 138 6/ 255 828/ 8/1059 33/ 34744<br />
LK Hagenow 71 233 6/ 273 3/ 159 16/ 1254 28/4566 40/ 36730<br />
•Quelle: Statistische Berichte Mecklenburg-Vorpommern 1993, Stand 12.1992
250<br />
Tabelle 64: Viehbestände und Viehhalter 12.1992 nach Bestands- und Betriebsgrößen<br />
(Milchkühe) in Mecklenburg-Vorpommern<br />
Land/Kreis<br />
Betriebe mit Milchkuhhaltung<br />
Anzahl der Halter/Anzahl derTiere<br />
absolut 1-2 3-4 5-9 10-14 15-19 20-29<br />
M.-V. 1769/221856 493/650 99 / 337 388/630 60/697 41/687 63/1441<br />
LK Ludwigslust 80/ 11703 16/ 21 7/ 23 4/ 21 47/<br />
LK Hageriow 199/ 17976 66/ 95 21/ 70 8/ 45 81/ 4/ 71 6/137<br />
Land/Kreis Betriebe mit Milchkuhhaltung (Fortsetzung) |<br />
30-39 40-49 50-59 60-99 100-199 200/mehr<br />
M.-V. 44/ 1476 47/2078 66/ 3588 153/11712 202/29209 405/169351<br />
LK Ludwigslust 119/ 237/ 11/ 824 9/ 1193 19/ 9218<br />
LK Hageriow 4/ 138 5/ 217 7/ 373 17/ 1289 21/ 3025 32/ 12435<br />
'Quelle: Statistische Berichte Mecklenburg-Vorpommern 1993, Stand 12.1992<br />
Tabelle 65: Viehbestände und Viehhalter 12.1992 nach Bestands- und Betriebsgrößen<br />
(Ammen- und Mutterkühe) in Mecklenburg-Vorpommern<br />
Land/Kreis<br />
Halter mit... Ammen- und Mutterkühen<br />
Anzahl der Halter/Anzahl der Tiere<br />
absolut 1-2 3-4 5-9 10-14 15-19 20-29<br />
M.-V. 721/31686 235/315 115/385 98/619 43/472 21/341 31/730<br />
LK Ludwigslust 44/2641 12/18 5/16 3/17 67 4/85<br />
LK Hagenow 72/607 26/32 21/70 12/80 6/63<br />
(Fortsetzung)<br />
Land/Kreis<br />
Halter mit... Ammen- und Mutterkühen<br />
Anzahl der Halter/Anzahl der Tiere<br />
30-39 40-49 50-59 60-99 100 u.m.<br />
M.-V. 23/756 16/702 13/712 40/3101 86/3553<br />
LK Ludwigslust 181 5/357 6/1900<br />
LK Hagenow 129 233<br />
'Quelle: Statistische Berichte Mecklenburg-Vorpommern 1993, Stand 12.1992<br />
Tabelle 66: Milcherzeugung (ausgewählte Kreise)<br />
Räumliche Erhebungs- Milcher- davon an Mol- Jahresmilch-<br />
Einheit zeitpunkt zeugung kereien und leistung/Kuh in<br />
Händler (%) kg<br />
Niedersachsen 3.12.1992 5.343.556 90,1 6.056<br />
LK Lüchow/- 3.12.1992 62.802 88,2 5.713<br />
Dannenberg<br />
LK Lüneburg 3.12.1992 45.564 88,5 5.847<br />
Sachsen-Anhalt 1992/93 k.A. k.A. 5.087<br />
LK Osterburg 1989 113.000 k.A. 4.628<br />
LK Prignitz 1992 78.180 k.A. 4.833<br />
Mecklenburg- Monatsdurch- 105.000 95 4271<br />
Vorpommern schnitt 1991/1-<br />
94 89.000 97 4490
251<br />
J<br />
LISTE DER BEFRAGTEN EXPERTEN<br />
Landwirtschaftsamt des Landkreises Prignitz, Berliner Str. 490, 19348 Perleberg,<br />
Herr Scherfke (Amtsleiter) und Herr Bahlke (Sachbearbeiter)<br />
Gespräch geführt am 7.4.1994 von Bettina Knothe<br />
Amt für Agrarstruktur und Neuordnung Stendal (AfA-Stl),<br />
Herr Dr. Tilbehr, Herr Kricheldorfer, Herr Kaufmann, Akazienweg, 39576 Stendal,<br />
Gespräch geführt am 5.4.1994 von Enno Thormählen<br />
Landwirtschaftskammer Hannover, Bezirksstelle Uelzen, Wilhelm Sehdorf-Str. 1-3,<br />
29525 Uelzen,<br />
Herr van Haaren (Abt. Umwelt und Regionalentwicklung),<br />
Gespräch geführt am 31.3.1994 von Enno Thormählen<br />
Kreis Lüchow-Dannenberg, Naturschutzbehörde, Königsberger Str. 10, 29439<br />
Lüchow,<br />
Herr Meier,<br />
Gespräch geführt am 5.4.1994 von Bettina Knothe<br />
Kreis Osterburg, Umweltamt, Ernst-Thälmann-Str. 1, 39606 Osterburg,<br />
Herr Diebel<br />
Gespräch geführt am 5.4.1994 von Bettina Knothe<br />
Landesamt für Großschutzgebiete des Landes Brandenburg, Naturparkamt Lenzen,<br />
Am Bahndamm 11, Lenzen<br />
Herr Dr. Neuschulz und Herr Pester<br />
Gespräch geführt am 8.4.1994 von Bettina Knothe, Rainer Lucas, Enno Thormählen<br />
Nationalparkamt Mecklenburg-Vorpommern, Außenstelle Naturpark Elbetal, Dorfstraße<br />
33, Tripkau,<br />
Herr Steffen<br />
Gespräch geführt am 31.3.1994 von Enno Thormählen<br />
Gemeinde Amt NeuhausAm Markt, 19273 Neuhaus,<br />
Herr Rohloff (Gemeindedirektor),
252<br />
Gespräch geführt am 7.4.1994 von Karin Robinet und Enno Thormählen<br />
Kreisbauernverband Ludwigslust e.V. Am Schloßgarten 1,19288 Ludwigslust,<br />
Herr Eggert,<br />
Gespräch geführt am 7.4.1994 von Enno Thormählen<br />
Beratungsring Ökologischer Landbau e.V., BÖL-Vermarktungsprojekt zur Erarbeitung<br />
und Umsetzung von Konzepten zur Vermarktung ökologisch erzeugter landwirtschaftlicher<br />
Produkte aus den neuen BundesländernBÖL - Außenstelle für MarketingStruveweg<br />
1, 16515 Oranienburg-Eden<br />
Herr Schwarz und Frau Wigold<br />
Gespräch geführt am 31.3.1994 von Bettina Knothe<br />
Aktion Fischotterschutz e.V., Projekt zur Revitalisierung der Ise - Otterzentrum,<br />
29386 Hankensbüttel<br />
Dr. Oskar Kölsch, Peter Niebuhr, Karsten Borggräfe<br />
Gespräch geführt am 14.4.1994 von Bettina Knothe und Enno Thormählen<br />
Heimatverein Museum Dömitz<br />
19030 Dömitz<br />
Herr Jürgen Scharneweber<br />
Gespräch geführt von Karin Robinet<br />
Fremdenverkehrs- und Kulturverein Prignitz e.V.<br />
Im Birkengrund<br />
19336 Bad Wilsnack<br />
Herr Neumann und Frau Mann<br />
Gespräch geführt von Karin Robinet<br />
Fremdenverkehrsregionalverband Schweriner Land/West Mecklenburg<br />
Alexandrinerplatz 5-7<br />
19288 Ludwigslust<br />
Frau Ohlhöft<br />
Gespräch geführt von Karin Robinet<br />
Amtsverwaltung Lübtheen<br />
Salzstraße 17<br />
19249 Lübtheen<br />
Ltd. Verwaltungsbeamtin Frau Kaßburg<br />
Gespräch geführt von Karin Robinet<br />
Informationsstelle Naturschutz<br />
Marschtorstraße 4-6<br />
29456 Hitzacker<br />
Gespräch geführt von Karin Robinet<br />
Nationalparkamt Mecklenburg-Vorpommern<br />
Naturpark Elbetal<br />
Hauptstraße 33<br />
Tripkau
Frau Dr. Königstedt und Herr Steffen<br />
Gespräch geführt von Karin Robinet<br />
Stadtverwaltung Wittenberge<br />
19322 Wittenberge<br />
Kulturamt Frau Stövesandt<br />
Gespräch geführt von Karin Robinet<br />
Amt Lenzen<br />
19309 Lenzen<br />
Herr Ziegler und Frau Schütt<br />
Gespräch geführt von Karin Robinet
254<br />
K<br />
Literaturverzeichnis<br />
Aberle, G. (1981): Verkehrspolitik und Regionalentwicklung<br />
ADAC (Hrsg.): Mehr Wissen - mehr handeln, Bausteine für eine umweltverträgliche Tourismusentwicklung,<br />
München<br />
Agrarbündnis (1993): Landwirtschaft 1993, Der kritische Agrarbericht, Rheda-Wiedenbrück<br />
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Abschwächung im Westen - anhaltende Erholung im Osten, ifo Wirtschaftskonjunktur 2/93.<br />
A1-A41. München<br />
Amold-Rothmaier, H.; Ratzenberger, R. & Schneider, J. (1993b): Verkehrskonjunktur 1993: Personenverkehr<br />
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BMV (Hg.) (1993a): Binnenschiffahrt und Bundeswasserstraßen. Jahresbericht 1992, Bonn<br />
BMV (Hg.) (1993b): Verkehr in Zahlen 1993, Bonn<br />
BMV(Hg.) (1993c): Gesamtwirtschaftliche Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen. Bewertungsverfahren<br />
für den Bundesverkehrswegeplan 1992, Bonn<br />
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Institut<br />
Institut<br />
Institut<br />
Institut<br />
Institut<br />
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Petschow, U. & Meyerhoff, J. (1993): Ökonomisch - ökologische Bewertung des Projektes 17 Deutsche<br />
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Pohlmann, A. (1994): Die Bedeutung der Elbe als Wasserstrasse, in: Michael Otto Stiftung 1994, S.<br />
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Ringler, A. (1991): Die Vereinigung als Chance für den deutschen Naturschutz (Teil I). Naturschutz<br />
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(Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr; Ministerium für Umwelt, Naturschutz<br />
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Robinet, K. u.a. (1993): Auswirkungen eines wachsenden Umweltbewußtseins in Politik und bei den<br />
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Robinet, K. / Lucas, R: Umweltschutz und Umweltqualität als Standortfaktor. Studie im Auftrage der<br />
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Sachverständigenrat für Umweltfragen (<strong>SR</strong>U) (1994): Umweltgutachten 1994. Für eine dauerhaft<br />
umweltgerechte Entwicklung, Stuttgart<br />
Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit (1994): Grenzüberschreitender Verkehr<br />
Freistaat Sachsen - Republik Polen - Tschechische Republik, Heft 5 der Schriftenreihe Abteilung<br />
Verkehr<br />
Schäle, E. (1990): Gedanken und Vorschläge als Diskussionsbeitrag <strong>zum</strong> künftigen Binnenwasserverkehr<br />
zwischen West- und Mitteldeutschland. Schiffahrt und Technik, 92-95.<br />
Schmidt-Bleek, F. (1994): Wieviel Umwelt braucht der Mensch? MIPS - das Maß für ökologisches<br />
Wirtschaften, Berlin / Basel / Boston
261<br />
Schuh, G. (1993): Die Binnenschiffahrt als Helfergegen den drohenden Verkehrsinfarkt. In: Zeitschrift<br />
für Binnenschiffahrt<br />
Schühle, U. (1986): Verkehrsprognosen in prospektiven Test - Grundlagen und Ergebnisse einer Untersuchung<br />
der Genauigkeit von Langfristprognosen verkehrswirtschaftlicher Leitvariablen,<br />
Berlin<br />
Spehl, H. (1994): Nachhaltige Regionalentwicklung. NARET Diskussionspapier Nr. 3. Trier<br />
Spott, D. (1994): Zum einfluß wasserbaulicher Maßnahmen auf den Naturhaushalt der Elbe und ihre<br />
Aue. In: Symposium "Zukunft der Elbe". Flußlandschaft, Siedlungsraum, Wasserstraße.<br />
Schriftenreihe 8 des Institutes für ökologische Regionalentwicklung, Dresden, S. 39-46<br />
Steding, R. (1991): Zur Eigentumsverfassung in der Landwirtschaft und zur Perspektive der LPG aus<br />
juristischer Sicht; in: Agrarwirtschaft und Agrarpolitik in der ehemaligen DDR im Umbruch;<br />
Giessener Abhandlungen zur Agrar- und Wirtschaftsforschung des europäischen Ostens,<br />
Band 178, Berlin<br />
Stem, K. (1990): Wirkung der großflächigen Landbewirtschaftung in der DDR auf Flora, Fauna und<br />
Boden; Giessener Abhandlungen zur Agrar- und Wirtschaftsforschung des europäischen<br />
Ostens, Osteuropastudien der Hochschulen des Landes Hessen, Reihe 1, Berlin<br />
Stiftung für die Natur Ravensberg (1994): Direktvermarktung biologischer Produkte an Großverbraucher,<br />
Kirchlengern<br />
Stiftung Ökologie und Landbau (Hg.) (1991): Rahmenrichtlinien <strong>zum</strong> ökologischen Land- und Weinbau<br />
in der Bundesrepublik Deutschland, Kaiserslautem<br />
Strasdas, W. (1993): Ferienzentren auf Kosten der Natur?, Faltblatt des BUND, Bonn,<br />
Strehlow, K. (1992): Agrarstrukturwandel und agrarpolitische Krisenbewältigung in Deutschland, Baden-Baden<br />
Studienkreis für Tourismus (StfT), Reiseanalyse 1989 und folgende Jahrgänge, Starnberg<br />
Technische Universität Dresden (1992): Autobahn Dresden-Prag? Hauptentwurf Städtebau und Landschaftsarchitektur<br />
des Instituts für Städtebau und Landschaftsplanung<br />
Thierstein, A. (1992): Ökologie im Innovationsprozess, in: DISP 108, S. 43-49<br />
Thimm, C. (1989): Ökologischer Landbau heute - Natur und Markt; in: Barsinghäuser Berichte, Heft<br />
15, Barsinghausen<br />
Thomas, F. (1993): Agrarpolitik von unten: Landkreise, Gemeinden und Städte werden aktiv; in:<br />
Agrarbündnis e.V.: Landwirtschaft 1993, Der kritische Agrarbericht, Rheda-Wiedenbrück<br />
Thomas, F. (1994): Wandel der Landwirtschaft in den neuen Bundesländer; in: Kritischer Agrarbericht<br />
1994; Agrarbündnis Bonn, ABL Bauemblatt Verlags-GmbH, Rheda-Wiedenbrück<br />
UBA (1993): Umweltdaten kurz gefaßt, Berlin<br />
Umweltstiftung WWF - Projekt Wümmewiesen (Hg.) (1992): Leitfaden zur Extensivierung der (Grün-)<br />
Landwirtschaft, Rheda-Wiedenbrück<br />
Vogtmann, H. (1985): Ökologischer Landbau - Landwirtschaft mit Zukunft, Stuttgart<br />
Voigt, U. 1993: Verkehrspolitische Handlungsoptionen aus ökologischer Sicht. In: Frank, H. J. &<br />
Walter, N. (Hg.): Strategien gegen den Verkehrsinfarkt, Stuttgart.<br />
Voitl, H., Guggenberger, E., Willi, J. (1980): Das große Buch vom biologischen Land- und Gartenbau;<br />
Wien<br />
Wasser- und Schiffahrtsdirektion Ost (1993): Jahresbericht 1992, Berlin<br />
Wasser- und Schiffahrtsdirektion Ost (1993): Jahresbericht 1993, Berlin<br />
Weins, Ch. (1994): Die ökologischen Begleitmaßnahmen der Landwirtschaft; in: Agrarbündnis e.V.:<br />
Landwirtschaft 94 - Der kritische Agrarbericht S. 209-213<br />
Wellhoener, B. (1992): Das Image von Reisezielen - eine Studie <strong>zum</strong> Schwerpunktthema der Reiseanalyse<br />
1990 des Studienkreises für Tourismus, Starnberg
262<br />
Werner, A.; Dabbert St. (1994): Bewertung von Standortpotentialen im ländlichen Raum des Landes<br />
Brandenburg; ZALF-Bericht Nr. 4/1; Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsformen<br />
e.V., Münchebeig<br />
Wiegandt, C.-C. (1994): Ökologische Regionalkonzepte. Eine mögliche Entwicklungsstrategie für die<br />
neuen Länder, <strong>Seiten</strong> 287 ff in BfLR (1994): Zwischen Deindustrialisierung und Aufbau neuer<br />
Strukturen. Zum wirtschaftlichen Transformationsprozeß in den neuen Ländern; Heft<br />
4.1994<br />
Wissmann, M. (1994): Binnenschiffahrt als Alternative in einem integrierten Güterverkehrskonzept, in:<br />
Verkehrsnachrichten 12/93 -1/94, S. 4-6<br />
Wöhlert, K. (1992): Umweltbewußtsein und Umweltverhalten: "Sanftes" Tourismuspotential - Eine<br />
empirische Studie, (Materialien <strong>zum</strong> Tourismusmarketing 3, Teil 2), Lüneburg<br />
Zerger, U. (1993): Betriebs-Wirtschaft im ökologischen Landbau, in: Agrarbündnis e.V.: Landwirtschaft<br />
1993 - Der kritische Agrarbericht, Rheda-Wiedenbrück<br />
Zukunftsinstitut Verkehr - Verkehrsentwicklungs Gmbh Berlin, IWW, Institut für angewandte Verkehrsund<br />
Tourismusforschung Heilbronn (1991): Prognose der regionalen Strukturdaten für die<br />
ostdeutschen Bundesländer. Berlin, Karlsruhe, Heilbronn<br />
Datenquellen des Statistischen Bundesamtes und der Statistischen<br />
Landesämter<br />
Statistisches Bundesamt (1992): Finanzen und Steuern, Reihe 10.1 Realsteuervergleich, Fachserie<br />
14, Wiesbaden<br />
Statistische Jahrbücher:<br />
Statistisches Jahrbuch 1992 für die Bundesrepublik Deutschland<br />
Statistisches Jahrbuch 1993 für die Bundesrepublik Deutschland<br />
Statistisches Jahrbuch 1993 des Landes Sachsen-Anhalt<br />
Statistisches Taschenbuch Niedersachsen 1992<br />
Statistisches Jahrbuch Sachsen, 1993<br />
Statistisches Jahrbuch Brandenburg 1993<br />
Statistisches Jahrbuch Mecklenburg-Vorpommern 1993<br />
Quellen des Statistischen Landesamtes Mecklenburg-Vorpommern:<br />
Jahreswirtschaftsbericht Mecklenburg-Vorpommern 1993<br />
Zahlenspiegel Mecklenburg-Vorpommern, Beiträge <strong>zum</strong> Stat. Monatsheft 1994<br />
Statistische Berichte:<br />
• Wanderungsströme der Kreisfreien Städte und Landkreise des Landes M.-V. im Jahr 1992,<br />
Kennnziffer A III 2-j /92<br />
• Wanderungsströme der Kreisfreien Städte und Landkreise des Landes M-V im Jahr 1991, Kennziffer:<br />
A III 2-j /91<br />
• Wanderungsströme der Kreisfreien Städte und Landkreise des Landes M.-V. im Jahr 1990,<br />
Kennziffer A III 2.j/90<br />
• Bevölkerung nach Alter und Geschlecht in M.-V. 1992, Kennziffer A I 3 -j /92<br />
• Bevölkerung des Landes M.-V. nach Alter und Geschlecht am 31.12.1991 Kennziffer: Al 3-j /91
263<br />
• Bevölkerung des Landes M.-V. nach Alter und Geschlecht am 31.12.1990, Kennziffer: AI 3.j /90<br />
• Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte am 30. Juni 1992 in M.-V., Kennziffer A VI 5 -hj 1/92<br />
Datenauszüge:<br />
• Bevölkerung M.-V.'s am 30.06.1992 nach Kreisen<br />
• Arbeitslose und Arbeitslosenquote 1990,1991 und 1992, angegebene Quelle: Landesarbeitsamt<br />
Nord, Kiel<br />
• Neuordnung M.-V.'s gemäß Landkreisneuordnungsgesetz vom 1. Juli 1993<br />
Quellen des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt:<br />
Statistische Berichte:<br />
• Bergbau, Verarbeitendes Gewerbe, Jahresergebnisse 1992, Kennziffer E 11<br />
• <strong>Ausbau</strong>gwerbe, Ergebnisse im Jahr 1992, Kennziffer E II11<br />
• Bauhauptgewerbe, Ergebnisse im Jahr 1992, Kennziffer E I11<br />
• (versch. Jahrgänge): Statistiken des Verarbeitenden Gewerbes und des Baugewerbes; Produktion<br />
ausgewählter Erzeugnisse<br />
Datenauszüge:<br />
• Erwerbstätige insgesamt nach Kreisen und Wirtschaftsbereichen ( Regionalisierung der als vorläufige<br />
Ergebnisse bestätigten Ländereckwerte - Stand 04.02.1993)<br />
• Veränderung der Arbeitslosenzahlen nach Kreisen<br />
• Bevölkerung am 31.12.1991 nach Kreisen<br />
Quellen des Statistischen Landesamtes Brandenburg:<br />
Statistische Berichte:<br />
• Erwerbstätigenrechnung 1992, Kennziffer AVI 6 -j /92<br />
• Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer im Land Brandenburg, 30. Juni 1992,<br />
Kennziffer: A VI 5- hj 1 /92<br />
• Beschäftigte und Umsatz der Betriebe und Unternehmen des Landes Brandenburg , Dezember<br />
1992, Kennziffer E 11/4-m 12 /92<br />
Datenauszüge:<br />
• Gesamt- und Außenwanderung 1992 nach Verwaltungsbezirken<br />
• Bevölkerung am 31.12.1992 nach Kreisen<br />
• Bevölkerung am 31.12.1991 nach Kreisen<br />
• Bevölkerung am 31.12.1990 nach Kreisen<br />
• Arbeitslose nach Arbeitsamtsbezirken im Dezember 1991,1992 und 1993<br />
• Altersstruktur der Bevölkerung nach einzelnen Jahren für die Kreise Perleberg, Bad Liebenwerda<br />
• Bevölkerungsdichte am 31.12.1992<br />
Quellen des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen:<br />
Statistische Berichte:<br />
• Bevölkerungsstand des Freistaates Sachsen nach Alter und Geschlecht, Stand 31.12.1992,<br />
Kennziffer: A I 3-j /92<br />
Weitere Auszüge:
264<br />
• Erwerbstätige im Freistaat Sachsen 1991 nach Wirtschaftsbereichen -vorläufige Jahresdurchschnittsangaben<br />
am Arbeitsort-<br />
• Arbeitslosenquote im Dezember 1993 nach Kreisen<br />
• Bevölkerung am 30.06.1992 nach Kreisen und Regierungsbezirken<br />
Quellen des Statistischen Landesamtes Niedersachsen:<br />
- Regionalentwicklungen, Ausgabe 1993, Kennziffer z 2- j /93<br />
- Kreisfreie Städte und Landkreise in Zahlen 1992, Kennzifferz 1-j /92.
Publikationen des Instituts für ökologische<br />
Wirtschaftsforschung<br />
Das IÖW veröffentlicht die Ergebnisse seiner Forschungstätigkeit in einer Schriftenreihe, in Diskussionspapieren<br />
sowie in Broschüren und Büchern. Des Weiteren ist das IÖW Mitherausgeber der Fachzeitschrift<br />
„Ökologisches Wirtschaften“, die allvierteljährlich im oekom-Verlag erscheint, und veröffentlicht<br />
den IÖW-Newsletter, der regelmäßig per Email über Neuigkeiten aus dem Institut informiert.<br />
Schriftenreihe/Diskussionspapiere<br />
Seit 1985, als das IÖW mit seiner ersten Schriftenreihe „Auswege aus dem<br />
industriellen Wachstumsdilemma“ suchte, veröffentlicht das Institut im Eigenverlag<br />
seine Forschungstätigkeit in Schriftenreihen. Sie sind direkt beim IÖW zu<br />
bestellen und auch online als PDF-Dateien verfügbar. Neben den Schriftenreihen<br />
veröffentlicht das IÖW seine Forschungsergebnisse in Diskussionspapieren<br />
– 1990 wurde im ersten Papier „Die volkswirtschaftliche Theorie der Firma“<br />
diskutiert. Auch die Diskussionspapiere können direkt über das IÖW bezogen<br />
werden. Informationen unter www.ioew.de/schriftenreihe_diskussionspapiere.<br />
Fachzeitschrift „Ökologisches Wirtschaften“<br />
Ausgabe 2/2010<br />
Das IÖW gibt gemeinsam mit der Vereinigung für ökologische Wirtschaftsforschung<br />
(VÖW) das Journal „Ökologisches Wirtschaften“ heraus, das in vier<br />
Ausgaben pro Jahr im oekom-Verlag erscheint. Das interdisziplinäre Magazin<br />
stellt neue Forschungsansätze in Beziehung zu praktischen Erfahrungen aus<br />
Politik und Wirtschaft. Im Spannungsfeld von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft<br />
stellt die Zeitschrift neue Ideen für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges<br />
Wirtschaften vor. Zusätzlich bietet „Ökologisches Wirtschaften online“ als Open<br />
Access Portal Zugang zu allen Fachartikeln seit der Gründung der Zeitschrift<br />
1986. In diesem reichen Wissensfundus können Sie über 1.000 Artikeln durchsuchen<br />
und herunterladen. Die Ausgaben der letzten zwei Jahre stehen exklusiv<br />
für Abonnent/innen zur Verfügung. Abonnement unter: www.oekom.de.<br />
IÖW-Newsletter<br />
Der IÖW-Newsletter informiert rund vier Mal im Jahr über Neuigkeiten aus dem Institut. Stets über<br />
Projektergebnisse und Veröffentlichungen informiert sowie die aktuellen Termine im Blick –<br />
Abonnement des Newsletters unter www.ioew.de/service/newsletter.<br />
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