Der treffpunkt.europa ist... - JEF
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<strong>treffpunkt</strong>.<strong>europa</strong> 01/07<br />
Berlinseminar<br />
Ein Bayer auf der Suche nach der<br />
europäischen Identität<br />
<strong>JEF</strong> auf der Straße: Aktion am Brandenburger Tor<br />
„Internationales Seminar“, „europäische<br />
Identität“; Melds dich haolt mal aon, hab<br />
i mir daocht. Schaust mal, obs naocher a<br />
solch a Identität gibt und waos sich naocher<br />
do dahinter verberger tut. Als Bayer<br />
überquert man die Landesgrenze ja immer<br />
mit etwas Wehmut, aber dieses Mal wollte<br />
eine Identitätssuche antreten, die gerade<br />
dort anfangen und an den Grenzen Europas<br />
enden sollte.<br />
Von Helmut Kienle, Stellvertretender Bundesvorsitzender<br />
Eine Suche nach dem eigenem Ich, à la Brockhaus: Identität,<br />
die: Gleichheit mit sich selbst. Auf ein solches Seminar<br />
muss man sich schließlich vorbereiten. Bezeichnenderweise,<br />
fühlt man sich dort dann auch wirklich wie<br />
in Europa. „Oh how are you, where do you come from?“<br />
sind die Begrüßungsformeln auf dem internationalen<br />
<strong>JEF</strong>-Parkett. Geantwortet wird: „I`m from Latvia, Greece,<br />
France, Norway... Da man sich als Bayer aber mit der<br />
Identifikation des Deutschen bekanntlich etwas schwer<br />
tut, antwortete ich fachmännisch: „I`m from Augsburg,<br />
Bavaria“; nach einem Blick in das fragende Gesicht meiner<br />
hübschen Nachbarin aus Mazedonien ein erneuter<br />
Versuch: „Augsburg, it`s near Munich“. Zwar war ihr wohl<br />
bewusst, dass ich Verständnis erwartete, das jedoch<br />
sieht anders aus. Dann doch über die brachiale Methode:<br />
„It’s the city with the greatest beer fest of the world, the<br />
Oktoberfest“. Na also geht doch. Ein Grinsen und erleichtertes<br />
Verständnis huschten über ihr Gesicht. Also beruht<br />
europäische Identität auf tour<strong>ist</strong>ischen Klischeevorstel-<br />
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lungen? Aber um das herauszufinden war ich schließlich<br />
hier und hatte noch volle zwei Tage dafür Zeit.<br />
Am Samstag referierte Chr<strong>ist</strong>oph Haug zur Arena der Europäischen<br />
Öffentlichkeit, da hier besonders gut Identität<br />
auf europäischer Ebene entstehen kann. Zuvor stellte<br />
Nicola Bücker Stat<strong>ist</strong>iken vor, die zeigen, dass zwar die<br />
me<strong>ist</strong>en Bürger der EU diese auch kennen, sich aber die<br />
Mehrheit sich nicht mit ihr identifizieren. Recht spannend<br />
war auch der Einstiegsvortrag von Lars Schatilow, der die<br />
europäische Identität als genauso vielschichtig wie die<br />
europäische Zwiebel betrachtete. Vollgepackt mit vielen<br />
Fragen ging es anschließend zum Abendessen, um dann<br />
den Abend mit einer der legendären <strong>JEF</strong>-Partys zu beschließen.<br />
Es <strong>ist</strong> schon erstaunlich, wie manche die europäische<br />
Identität erleben.<br />
Also Sonntag, aufwachen <strong>ist</strong> was anderes, der Begriff<br />
Qual passt da schon besser. Aber man <strong>ist</strong> schließlich auf<br />
einem <strong>JEF</strong>-Seminar, an allen Veranstaltungen teilzunehmen<br />
<strong>ist</strong> Ehrensache. Nun auf zur letzten Runde, einer<br />
Podiumsdiskussion mit Prof. Nettesheim, Prof. Delhey,<br />
und Dr. Schulz-Forberg. Thema: „Perspektiven einer europäischen<br />
Identität“. Die Diskussion wurde von allen als<br />
Highlight empfunden: Die Frage des Wochendes noch einmal<br />
von allen Seiten beleuchtet, die Zusammenstellung<br />
des Podiums erstklassig. Vielen Dank an dieser Stelle<br />
noch einmal an die Praktikantin Elina Weber, die das gesamte<br />
Wochenende und im Vorfeld hervorragende Arbeit<br />
gele<strong>ist</strong>et hat.<br />
Abschließend besuchten wir das Europafest am Brandenburger<br />
Tor. Tausende Menschen feierten Europa und<br />
genossen ein tolles Spektakel im Sonnenschein. Als<br />
krönenden Abschluss veranstalteten wir eine spontane<br />
„Fünf-vor-zwölf“-Demo für die Verfassung. Frau Merkel lief<br />
an uns in kurzer Entfernung vorbei, und als Reaktion auf<br />
unsere „Verfassung jetzt“ Rufe, stand am nächsten Tag<br />
in der Zeitung, dass unsere Kanzlerin eine neue Verfassungsvertragsdiskussion<br />
anstoßen möchte.<br />
Während der Heimfahrt versuchte ich die vielen Eindrücke<br />
noch einmal Revue passieren zu lassen, und mir klar<br />
zu werden, ob meine Identität eine der europäischen Art<br />
sei. Dieses Wochenende hat mir jedenfalls klar gemacht,<br />
dass gerade viele junge Menschen Europa leben und<br />
sich mit dieser Idee identifizieren. Nichtsdestotrotz, als<br />
ich mein Fre<strong>ist</strong>aat- Bayern-Schild auf der Autobahn sah,<br />
fühlte ich mich wieder dahaom. I denk ma haot haolt viele<br />
Identitäten, a europäische und a bayerische. Vielschichtig<br />
sam mer haolt alle, geh. Euer, Helmut<br />
Speak up Europe<br />
Informiert sie, bezieht sie ein!<br />
Am Vorabend der 50-Jahr-Feier der Römischen<br />
Verträge in Berlin: 150 Jugendliche<br />
aus ganz Europa haben sich zusammengefunden<br />
um darüber zu diskutieren, ob<br />
die Europäische Verfassung nur noch mit<br />
einem <strong>europa</strong>weitem Referendum gerettet<br />
werden kann. “<br />
50 Jahre Europäische Integration und immer noch ohne<br />
Verfassung – Müssen wir auf die Stimme der Bürger hören?”<br />
hieß die Podiumsdiskussion im Berliner Abgeordnetenhaus.<br />
Und zumindest hier wurde auf sie gehört, die<br />
Stimme der Bürger: “Europäische Demokratie heißt, die<br />
Souveränitet der Menschen in Europa zu aktzeptieren.<br />
Also hört auf sie und nicht die Eliten!” schreibt einer der<br />
jungen Teilnehmer auf den Antwortkarten, auf denen die<br />
Zuschauer um ihre Meinung zu einem möglichen <strong>europa</strong>weiten<br />
Verfassungsreferendum gebeten werden.<br />
Auf dem Podium sprechen Dietlind Jering (Stellvertretende<br />
Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission<br />
in Deutschland), Dr. Dietrich von Kyaw (Ehemaliger Ständiger<br />
Vertreter Deutschlands bei der Europäischen Union)<br />
und Florian Rodeit (Koordinator der Kampagne “Lasst<br />
die Bürgerinnen und Bürger Europas entscheiden!” und<br />
Vorstandsmitglied der Union Europäischer Föderal<strong>ist</strong>en),<br />
es moderiert Jan Schubert (Bundesvorsitzender der <strong>JEF</strong>-<br />
Deutschland). Einer der Teilnehmer: “Plötzlich war Europa<br />
wirklich nah, als einer der Podiumsteilnehmer mit bewegter<br />
Stimme und unterdrückten Tränen, vom Mauerfall<br />
keine hundert Meter von unserem Tagungsort entfernt<br />
erzählte.”<br />
Das Thema eines <strong>europa</strong>weiten Verfassungsreferendums<br />
war auf dem Podium umstritten, was Raum für viele Nach-<br />
01/07<br />
<strong>treffpunkt</strong>.<strong>europa</strong><br />
fragen aus dem Publikum gab. Die Stimmkarten bestätigen<br />
dieses Bild auch unter den Zuhörern: Von 71 Teilnehmern<br />
sprechen sich 49 für das Referendum aus, 20 sind<br />
dagegen, 2 unentschieden. <strong>Der</strong> am häufigsten genannte<br />
Kritikgrund: “Die Bürgerinnen und Bürger sind schlecht<br />
informiert über die Verfassung, sie wissen wenig über<br />
den wahren Inhalt, sondern haben nur Schlechtes und<br />
viel Falsches von den Verfassungsgegnern darüber gehört.”<br />
Auch würden trotz der <strong>europa</strong>weiten Durchführung<br />
nationale Themen zu sehr im Vordergrund stehen.<br />
Dennoch: Ein Referendum zeigt, ob es politische Unterstützung<br />
für die EU gibt, oder nicht. Auf lange Sicht kann<br />
Europa keinen Erfolg haben, wenn die Bürger nicht dahinter<br />
stehen. “Informiert sie und bezieht sie ein”, so kurz<br />
kann man eine zwe<strong>ist</strong>ündige Diskussion zusammenfassen.<br />
Speak Up Europe<br />
Die <strong>europa</strong>weite Kampagne „Speak Up Europe“<br />
wurde ins Leben gerufen, um den Austausch<br />
über die Zukunft der Europäischen Union zu erleichtern.<br />
Im Rahmen des „Plan D für Demokratie,<br />
Dialog und Diskussion“ der Europäischen Kommission<br />
soll auf zahlreichen Veranstaltungen die<br />
unterschiedlichen Meinungen und Anliegen der<br />
europäischen Bevölkerung gesammelt und an die<br />
Europäische Kommission weitergegeben werden.<br />
In Deutschland führt die <strong>JEF</strong>, die Europa-Union<br />
Deutschland und das Netzwerk Europäische Bewegung<br />
Deutschland die Kampagne durch.<br />
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