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OGH 1993/06/01, 6 Ob 555/93 - Familienrecht.at

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http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong><br />

<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

Der <strong>Ob</strong>erste Gerichtshof h<strong>at</strong> durch den Sen<strong>at</strong>spräsidenten des <strong>Ob</strong>ersten<br />

Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des<br />

<strong>Ob</strong>ersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer<br />

als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josefa B*****,<br />

vertreten durch Dr.Eduard Pranz, Dr.Oswald Lukesch und Dr.Anton<br />

Hintermeier, Rechtsanwälte in St.Pölten, wider die beklagte Partei<br />

Dr.Peter B*****, vertreten durch Dr.Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in<br />

St.Pölten, wegen Leistung gesetzlichen Unterhaltes, infolge Rekurses der<br />

beklagten Partei gegen den zum Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten vom<br />

4.November 1991, GZ 2 C 625/87-73, ergangenen berufungsgerichtlichen<br />

Aufhebungsbeschluß des Landesgerichtes St.Pölten vom 28.April 1992,<br />

AZ R 85/92(ON 80), in nichtöffentlicher Sitzung den<br />

gefaßt:<br />

Beschluß<br />

Der Rekurs des Beklagten gegen den berufungsgerichtlichen<br />

Aufhebungsbeschluß wird zurückgewiesen.<br />

Der Beklagte h<strong>at</strong> die Kosten seines Rekurses und die Klägerin h<strong>at</strong> die<br />

Kosten ihrer Rekursbeantwortung jeweils selbst zu tragen.<br />

Begründung:<br />

Die damals 33 1/2 Jahre alte Klägerin h<strong>at</strong>te im März 1969 den um 9 1/2<br />

Jahre jüngeren Beklagten geheir<strong>at</strong>et, im vierten Ehejahr eine Tochter<br />

geboren, dieses im elterlichen Haushalt heranwachsende Kind betreut,<br />

den ehelichen Haushalt geführt und als Ordin<strong>at</strong>ionshelferin ihres<br />

Ehemannes gearbeitet.


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

Nachdem der Ehemann Ende Juli 1984 eine auf § 49 EheG gestützte<br />

Ehescheidungsklage angebracht und beantragt h<strong>at</strong>te, die Ehefrau mittels<br />

einstweiliger Verfügung aus dem als Ehewohnung und Arztpraxis<br />

dienenden Haus auszuweisen, stellte die Klägerin mit ihrer am 11.Oktober<br />

1984 angebrachten Klage das zunächst auf § 94 ABGB gestützte<br />

Unterhaltsbegehren auf Zahlung von mon<strong>at</strong>lich 25.000 S. Gleichzeitig<br />

stellte sie mit einem Sicherungsantrag das Begehren auf Bestimmung<br />

eines ihr vom Beklagten einstweilen zu zahlenden Unterhaltes in der<br />

mon<strong>at</strong>lichen Höhe von 15.000 S.<br />

Mit dem am 12.Oktober 1987 den Parteienvertretern zugestellten<br />

Revisionsurteil wurde die Ehe der Streitteile aus dem überwiegenden<br />

Verschulden des Ehemannes geschieden.<br />

Die Klägerin gründete ihr in unveränderter Höhe aufrechterhaltenes<br />

mon<strong>at</strong>liches Unterhaltsbegehren hierauf für die Zeit ab Oktober 1987 auf<br />

§ 66 EheG.<br />

Nach der Prozeßerklärung der Klägerin in der Tags<strong>at</strong>zung zur mündlichen<br />

Streitverhandlung vom 4.Februar 1988 (AS 117) h<strong>at</strong>te der Beklagte bis<br />

30.September 1987 auf ihren und ihres Kindes Unterhalt zusammen<br />

regelmäßig 15.000 S (im Mon<strong>at</strong>) bezahlt, "so daß unter Berücksichtigung<br />

des Unterhaltes für das Kind von 5.000 S für den Zeitraum vor Rechtskraft<br />

der Ehescheidung dh bis zum 30.9.1987 ein Betrag von 10.000 S als für<br />

die Frau geleistet in Anrechnung zu bringen sei".<br />

Der Beklagte wendete gegen das Unterhaltsbegehren der Klägerin vor<br />

allem Rechtsmißbrauch und Unterhaltsverwirkung zufolge system<strong>at</strong>isch<br />

gesetzter Bosheitsakte zur Diskriminierung des Beklagten gegenüber<br />

seinen P<strong>at</strong>ienten und Behinderung der ärztlichen Praxis ein, welches<br />

Verhalten die Klägerin auch nach der Ehescheidung fortgesetzt habe; für


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

die Zeit nach der Ehescheidung behauptete der Beklagte volle<br />

Erwerbsfähigkeit der Klägerin sowie für einen nicht näher genannten<br />

Zeitraum den t<strong>at</strong>sächlichen Bezug von Arbeitslosenunterstützungsgeld in<br />

der mon<strong>at</strong>lichen Höhe von 10.000 S; zur Unterhaltsbemessungsgrundlage<br />

bestritt der Beklagte die von der Klägerin behauptete Höhe seines<br />

durchschnittlichen mon<strong>at</strong>lichen Nettoeinkommens von 80.000 S bis<br />

90.000 S.<br />

Die Klägerin entgegnete, daß ihre durch das grob ehewidrige Verhalten<br />

des Beklagten ausgelösten Verhaltensweisen keinen<br />

Unterhaltsverwirkungsgrund darstellten; sie bestritt im Hinblick auf<br />

Vorbildung, Berufspraxis und Alter eine nach den<br />

Arbeitsmarktverhältnissen t<strong>at</strong>sächlich gegebene Erwerbsmöglichkeit und<br />

beharrte darauf, daß der von ihr begehrte mon<strong>at</strong>liche Unterhalt den<br />

Lebensverhältnissen der Streitteile und der Leistungsfähigkeit des<br />

Beklagten angemessen wäre.<br />

Im Provisorialverfahren wurde der Beklagte nach der Rekursentscheidung<br />

vom 9.November 1988 (ON 39) verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom<br />

7.Dezember 1984 bis 30.September 1987 über die bereits erbrachten<br />

mon<strong>at</strong>lichen Zahlungen von 10.000 S und die mit 2.150 S bewerteten<br />

N<strong>at</strong>uralleistungen hinaus einen mon<strong>at</strong>lichen Betrag von 2.850 S zu<br />

bezahlen, für die Zeit ab 1.Oktober 1987 dagegen mon<strong>at</strong>lich 15.000 S<br />

"abzüglich der bereits erbrachten bzw in Hinkunft zu erbringenden<br />

N<strong>at</strong>uralleistungen im Wert von 2.150 S".<br />

Der <strong>Ob</strong>erste Gerichtshof h<strong>at</strong> den vom Beklagten als Antragsgegner gegen<br />

diese Rekursentscheidung erhobenen Rekurs teils zurückgewiesen, teils<br />

h<strong>at</strong> er dem Rechtsmittel nicht st<strong>at</strong>tgegeben (Beschluß vom 26.Januar<br />

1989, 6 <strong>Ob</strong> 504/89 = ON 46). Dabei wurde der Einwand des Beklagten, für<br />

die Zeit aufrechten Ehebandes wäre das Unterhaltsbegehren der Klägerin<br />

mit Rücksicht auf ihre gegen ihn gerichteten Verhaltensweisen als


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

Rechtsmißbrauch zu werten, mit der Erwägung als nicht stichhaltig<br />

erkannt, daß diese geltend gemachten Verhaltensweisen der Frau im<br />

Ehescheidungsverfahren zwar als Eheverfehlungen gewertet worden<br />

seien, aber als solche, die gegenüber jenen des Mannes augenfällig<br />

zurückträten, so daß im Scheidungsurteil auch das überwiegende<br />

Verschulden des Mannes ausgesprochen worden sei; die damit<br />

geschaffene unterhaltsrechtliche Grundlage könne keinesfalls mit<br />

Umständen, die bereits im Scheidungsverfahren einer Wertung<br />

unterworfen worden wären, mit dem Versuch einer Wertung als<br />

Rechtsmißbrauch im Sinne des § 94 Abs 2 ABGB nachträglich in Frage<br />

gestellt werden. Die nach den Behauptungen des Beklagten von der<br />

Klägerin nach der Ehescheidung gegen ihn gesetzten Bosheitsakte h<strong>at</strong>te<br />

das Rekursgericht nicht als unterhaltsverwirkend im Sinne des § 74 EheG<br />

gewertet und der <strong>Ob</strong>erste Gerichtshof war dieser rechtlichen Beurteilung<br />

ausdrücklich beigetreten.<br />

Das Prozeßgericht erster Instanz verneinte nun in Anlehnung an die im<br />

Provisorialverfahren erfolgten Würdigungen durch die<br />

Rechtsmittelinstanzen rechtsmißbräuchliche Unterhaltsforderung ebenso<br />

wie Unterhaltsverwirkung sowie für die Zeit nach der Ehescheidung mit<br />

Rücksicht auf Alter (52 Jahre), fehlende Berufsausbildung,<br />

Haushaltsführung und Betreuung der Tochter eine t<strong>at</strong>sächliche<br />

bestehende Erwerbsmöglichkeit der Klägerin.<br />

Zur Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage stellte das<br />

Prozeßgericht erster Instanz dem Gutachten eines zum Sachverständigen<br />

bestellten Vermögensverwalters folgend für die Jahre 1984 bis 1988 unter<br />

Berücksichtigung der jeweils in Klammer beigesetzten Verluste aus<br />

Vermietung und Verpachtung folgende Bruttoeinkünfte fest:<br />

Jahr Bruttoertrag (Verluste)


1984 526.697 S ( 322.450 S)<br />

1985 1,456.505 S ( 442.031 S)<br />

1986 788.192 S ( 552.691 S)<br />

1987 1,<strong>06</strong>8.259,50 S ( 688.539 S)<br />

1988 110.881 S ( 2.248 S)<br />

3,950.534,50 S (2,007.959 S)<br />

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Andererseits stellte das Prozeßgericht erster Instanz fest, daß die Klägerin<br />

in der Zeit vom 30.September 1988 bis 30.November 1990 an<br />

Notstandshilfe insgesamt 264.243 S bezog sowie im Dezember 1990 als<br />

Pensionsvorschuß einen Betrag von 8.640 S.<br />

Überdies legte das Prozeßgericht erster Instanz zugrunde, daß den<br />

Beklagten nur für die gemeinsame Tochter eine konkurrierende<br />

gesetzliche Sorgepflicht träfe.<br />

Unter Zugrundelegung der Jahreseinkünfte abzüglich Einkommensteuer<br />

bei Veranschlagung eines durchschnittlichen steuerlichen Freibetrages<br />

von 77.600 S jährlich ermittelte das Prozeßgericht erster Instanz einen mit<br />

29 % der Bemessungsgrundlage als angemessen angesehenen jährlichen<br />

Unterhaltsanspruch der Klägerin für folgende Jahre in folgender Höhe:<br />

1984 86.655,69 S<br />

1985 199.9<strong>06</strong>,30 S<br />

1986 118.505,78 S


1987 152.618,<strong>01</strong> S<br />

1988 36.009,31 S<br />

1989 120.000,-- S<br />

1990 120.000,-- S<br />

1991 120.000,-- S.<br />

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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

Daraus folgerte das Prozeßgericht erster Instanz, daß der gesamte bis<br />

einschließlich November 1991 geschuldete Unterhalt 854.260,69 S<br />

betrage.<br />

In der Begründung seines Urteiles führte das Proeßgericht erster Instanz<br />

aus, daß auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin einerseits die bis zur<br />

Ehescheidung geleisteten Zahlungen des Beklagten sowie die vom<br />

Beklagten getragenen Betriebskosten der Ehewohnung im Betrag von<br />

2.150 S mon<strong>at</strong>lich als N<strong>at</strong>uralunterhaltsgewährung sowie andererseits die<br />

Bezüge der Klägerin an Notstandshilfe und Pensionsvorschuß im<br />

Gesamtbetrag von 272.883 S anzurechnen wären. Ab November 1991<br />

habe der Beklagte der Klägerin einen mon<strong>at</strong>lichen Unterhaltsbetrag von<br />

10.000 s zu zahlen.<br />

Spruchmäßig verpflichtete das Prozeßgericht erster Instanz den Beklagten<br />

zur Zahlung eines für die Zeit seit Dezember 1984 (das sind 83 Mon<strong>at</strong>e)<br />

rückständigen Unterhaltsbetrages von "854.260,69 S abzüglich bereits<br />

erbrachter Leistungen" sowie für die Zeiten ab November 1991 zur<br />

Zahlung eines mon<strong>at</strong>lichen Unterhaltsbetrages von 10.000 S. Ein<br />

mon<strong>at</strong>liches Unterhaltsmehrbegehren von 15.000 S verfiel der<br />

spruchmäßigen Abweisung.


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

Der Beklagte erhob gegen den klagsst<strong>at</strong>tgebenden Teil, die Klägerin<br />

insofern Berufung, als ihr nicht für die Zeit von Dezember 1984 bis<br />

Oktober 1991 insgesamt (83 x 25.000 S =) 2,075.000 S abzüglich der in<br />

den Mon<strong>at</strong>en Dezember 1984 bis September 1987 bezahlten<br />

Mon<strong>at</strong>sbeträge von 10.000 S (das sind 340.000 S) sowie abzüglich der mit<br />

mon<strong>at</strong>lich 2.150 S zu bewertenden N<strong>at</strong>uralleistungen für 83 Mon<strong>at</strong>e (das<br />

sind 178.450 S), daher 1,556.550 S an rückständigem Unterhalt<br />

zugesprochen wurden sowie für die Zeit ab November 1991 ein<br />

mon<strong>at</strong>liches Mehrbegehren von 15.000 S abgewiesen wurde.<br />

Das Berufungsgericht faßte in St<strong>at</strong>tgebung beider Berufungen einen<br />

Aufhebungsbeschluß. Dazu sprach es aus, daß der Rekurs an den<br />

<strong>Ob</strong>ersten Gerichtshof zulässig sei.<br />

Das Berufungsgericht billigte die erstrichterliche Beurteilung, daß der<br />

Klägerin keine Unterhaltsverwirkung zur Last liege und daß ihr für die Zeit<br />

nach der Ehescheidung keine Erwerbstätigkeit zumutbar gewesen sei; das<br />

Berufungsgericht hob auch in rechtlicher Beurteilung hervor, daß die von<br />

der Klägerin nach der Ehescheidung t<strong>at</strong>sächlich bezogenen Leistungen<br />

aus der Arbeitslosenversicherung zu veranschlagen seien. Darüber hinaus<br />

überband das Berufungsgericht dem Prozeßgericht erster Instanz für das<br />

von diesem zu ergänzende Verfahren folgende Rechtsansichten:<br />

Für die Zeit ihrer Einkommenslosigkeit bemesse sich der<br />

Unterhaltsanspruch der Klägerin mit rund 33 % der<br />

Unterhaltsbemessungsgrundlage, also des dem Beklagten t<strong>at</strong>sächlich<br />

zugeflossenen und zufließenden Einkommens;<br />

Für die Zeiten, in denen die Klägerin über eigene Einkünfte verfügte,<br />

errechne sich ihr Unterhaltsanspruch dadurch, daß von einer 40 %-Quote<br />

des zusammenzurechnenden beiderseitigen Einkommens die Einkünfte


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

der Klägerin abgezogen würden und der Restbetrag den<br />

Unterhaltsanspruch der Klägerin ausmache;<br />

die konkurrierende gesetzliche Unterhaltspflicht des Beklagten für die<br />

gemeinsame, nunmehr 20 Jahre alte Tochter, sei derart zu<br />

berücksichtigen, daß die t<strong>at</strong>sächlichen Unterhaltsleistungen des Beklagten<br />

an seine Tochter von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abgezogen<br />

werden;<br />

auf den solcherart ermittelten Unterhaltsanspruch der Klägerin seien die<br />

N<strong>at</strong>uralleistungen des Beklagten in Anschlag zu bringen;<br />

das unterhaltsrechtlich erhebliche Einkommen des Beklagten sei als<br />

Unterhaltsbemessungsgrundlage zu wenig genau erhoben und festgestellt<br />

worden, vor allem bedürften die sogenannten "neg<strong>at</strong>iven Einkünfte aus<br />

Vermietung und Verpachtung" näherer Aufklärung.<br />

Für den Fall, daß die vom Beklagten steuerlich veranschlagten neg<strong>at</strong>iven<br />

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Beteiligung des<br />

Beklagten an einem sogenannten Verlustbeteiligungsmodell stammen<br />

sollten, an dem sich der Beklagte durch eine Einmalzahlung beteiligt habe,<br />

wären vom t<strong>at</strong>sächlich verfügbaren Einkommen des Beklagten bloß<br />

steuerrechtlich als einkommensmindernd zu veranschlagende Posten<br />

nicht als Abzugspost anzuerkennen. Allenfalls wären Rückzahlungsr<strong>at</strong>en<br />

auf ein zur Aufbringung der Kosten der Vermögensbeteiligung<br />

aufgenommenes Darlehens als Abzugspost zu berücksichtigen. In jedem<br />

Fall wäre aber der Erwerb entsprechender (wenn auch derzeit<br />

ertragsloser) Vermögenswerte bei der für die Unterhaltsbemessung zu<br />

berücksichtigenden Lebensverhältnisse zu veranschlagen;


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aus dem Urteilsspruch werde sich die t<strong>at</strong>sächliche Zahlungsverpflichtung<br />

eindeutig zu ergeben haben; in der Urteilsbegründung werde ihre<br />

Berechnung in nachvollziehbarer Weise darzulegen sein.<br />

Der Beklagte ficht den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß mit<br />

der Rüge unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Unterhaltsverwirkung, der<br />

Frage nach der zumutbaren Erwerbstätigkeit der Klägerin sowie der Frage<br />

nach der Auswirkung einer Beteiligung an einem sogenannten<br />

Verlustbeteiligungsmodell auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage an; er<br />

stellt den Antrag auf Abänderung im Sinne einer vollständigen<br />

Klagsabweisung sowie hilfsweise eine Abänderung der dem<br />

Verfahrensergänzungsauftrag zugrundegelegten bindenden<br />

Rechtsansichten.<br />

Die Beklagte strebt zur Frage der Beurteilung der<br />

Unterhaltsbemessungsgrundlagen die Bestätigung der angefochtenen<br />

Entscheidung, im übrigen aber die Zurückweisung des Rekurses an.<br />

Der Rekurs ist mangels einer Zulässigkeitsvoraussetzung im Sinne des §<br />

502 Abs 1 ZPO unzulässig.<br />

Das Berufungsgericht h<strong>at</strong> das bisherige Verfahren zur weiteren Klärung<br />

der unterhaltsrechtlich erheblichen Einkommensverhältnisse des<br />

Beklagten für ergänzungsbedürftig gehalten. Dies trifft - unter der<br />

Voraussetzung, daß eine Unterhaltsbemessung nicht überhaupt zu<br />

entfallen habe - zu, weil die vom Beklagten als einkommensmindernd<br />

veranschlagten "neg<strong>at</strong>iven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung"<br />

ihrer Art und ihrem Entstehen nach bisher überhaupt nicht erörtert wurden<br />

und diesbzügliche Feststellungen fehlen, diese aber für die Frage der<br />

Beachtlichkeit bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage<br />

unerläßlich sind.


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

Was das Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß für den Fall der<br />

Beteiligung des Beklagten an einem sogenannten<br />

Verlustbeteiligungsmodell in rechtlicher Würdigung ausgeführt h<strong>at</strong>, hält<br />

sich im allgemeinen an den in der Rechtsprechung unwidersprochen<br />

aufrechterhaltenen Grunds<strong>at</strong>z, daß die unterhaltsrechtlich erheblichen<br />

Lebensverhältnisse in der Einkommenskomponente von den t<strong>at</strong>sächlich<br />

zur Verfügung stehenden Einkünften ohne Rücksicht auf ihre<br />

steuerrechtliche Wertung bestimmt werden (vgl zB die vom<br />

Berufungsgericht zitierte E JBl 1992,702). Wie sich dies im konkreten<br />

Einzelfall auf die Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage in<br />

Ansehung der vom Beklagten geltend gemachten neg<strong>at</strong>iven Einkünfte aus<br />

Vermietung und Verpachtung auswirkt, wird erst nach der aufgetragenen<br />

Verfahrensergänzung beurteilt werden können.<br />

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes liegen der mit dem<br />

Aufhebungsbeschluß hiezu überbundenen rechtlichen Beurteilung keine<br />

Lösungen einer nach § 502 Abs 1 ZPO qualifizierten m<strong>at</strong>eriellen Frage<br />

zugrunde. Inwieweit sich die dem Beklagten in den jeweiligen<br />

Wirtschaftsperioden t<strong>at</strong>sächlich zur Verfügung gestandenen Einkünfte aus<br />

dem geltend gemachten Grund der neg<strong>at</strong>iven Einkünfte aus Vermietung<br />

und Verpachtung verminderten, wird erst nach der zutreffend<br />

aufgetragenen Verfahrensergänzung feststehen. Die Ausführung im<br />

Rekurs des Beklagten, daß die - in ihren Einzelheiten kaum<br />

nachvollziehbare - erstinstanzliche Ermittlung der<br />

Unterhaltsbemessungsgrundlage richtig sei, vermag auch nicht die<br />

unrichtige Lösung einer nach § 502 Abs 1 ZPO qualifizierten Frage im<br />

angefochtenen berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß aufzeigen.<br />

Die beiden anderen Punkte der im Rekurs des Beklagten bekämpften<br />

berufungsgerichtlichen Rechtsansichten scheiden zwar nicht deshalb aus<br />

der Nachprüfung aus, weil die Rechtsmittelzulässigkeit vom<br />

Berufungsgericht nicht mit ihnen begründet worden war; es liegt aber auch


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

insofern keine Anfechtungsvoraussetzung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO<br />

vor:<br />

Der Einwand des Rechtsmißbrauches und der Unterhaltsverwirkung<br />

wurde im Provisorialverfahren von allen drei Instanzen verneint. Der dort<br />

als bescheinigt angenommene Sachverhalt wurde ohne wesentliche<br />

Änderungen auch urteilsmäßig festgestellt. Beide Vorinstanzen erkannten<br />

auch im Rechtsstreit selbst, daß nach den konkreten Verhältnissen das<br />

Verhalten der Klägerin nicht als Grund für eine Unterhaltsverwirkung zu<br />

werten sei. Diese Fallbeurteilung kann nicht auf der unrichtigen Lösung<br />

einer nach § 502 Abs 1 ZPO qualifizierten Rechtsfrage beruhen, weil sie<br />

mit der Würdigung des konkreten, im wesentlichen gegenüber dem im<br />

Provisorialverfahren als bescheinigt zugrunde gelegten Sachverhalt<br />

unveränderten Sachverhaltes durch den <strong>Ob</strong>ersten Gerichtshof<br />

übereinstimmt und nicht aufgezeigt wurde, daß diese Entscheidung von<br />

der Rechtsprechungslinie abwiche.<br />

Die Vorinstanzen haben in t<strong>at</strong>sächlicher Hinsicht zugrunde gelegt, daß die<br />

im Zeitpunkt der Auflösung der 18 1/2 Jahre dauernden Ehe 52 Jahre alte<br />

Klägerin nach ihrer ausländischen Herkunft und Ausbildung sowie ihrer<br />

Berufspraxis nur in der ärztlichen Ordin<strong>at</strong>ion ihres damaligen Ehemannes<br />

in ihrem ländlichen Wohnbereich unter den herrschenden<br />

Arbeitsmarktverhältnissen nicht vermittelbar sei. In der Annahme der<br />

Anspruchsvoraussetzungen nach § 66 EheG durch beide Vorinstanzen ist<br />

daher ebenfalls keine unrichtige Lösung einer nach § 502 Abs 1 ZPO<br />

qualifizierten Rechtsfrage zu erkennen.<br />

Der Rekurs des Beklagten gegen den berufungsgerichtlichen<br />

Aufhebungsbeschluß war aus diesen Erwägungen zurückzuweisen. Bei<br />

der neuerlichen Urteilsfällung werden die in der Entscheidung EvBl<br />

1984/151 dargelegten Erwägungen zu beachten sein.


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>01</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>555</strong>/<strong>93</strong><br />

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den<br />

§§ 40 und 50 ZPO. Dem Beklagten gebührt für sein unzulässiges<br />

Rechtsmittel kein Kosteners<strong>at</strong>z. Aber auch der Klägerin gebührt für ihre<br />

Rekursbeantwortung kein Kosteners<strong>at</strong>z, weil sie auf die gänzliche<br />

Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht hingewiesen h<strong>at</strong> und die angeblich<br />

teilweise Unzulässigkeit der Anfechtung unzutreffend begründete.

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