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OGH 1993/06/30 3 Ob 523/93 - Familienrecht.at

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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

Der <strong>Ob</strong>erste Gerichtshof h<strong>at</strong> als Revisionsgericht durch den<br />

Sen<strong>at</strong>spräsidenten des <strong>Ob</strong>ersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als<br />

Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des <strong>Ob</strong>ersten Gerichtshofes<br />

Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in<br />

der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei Dr.Stanislav<br />

G*****, vertreten durch Dr.Otto Pichler, Rechtsanwalt in Wien, wider die<br />

beklagte und widerklagenden Partei David G*****, vertreten durch<br />

Dr.Günther Dallinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts, infolge<br />

außerordentlicher Revision der beklagten und widerklagenden Partei<br />

gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als<br />

Berufungsgerichtes vom 9.Dezember 1992, GZ 47 R 2091/92-28, womit<br />

infolge Berufung der beklagten und widerklagenden Partei das Urteil des<br />

Bezirksgerichtes Döbling vom 6.August 1992, GZ 8 C 14/91x-23, bestätigt<br />

wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den<br />

gefaßt:<br />

Beschluß<br />

Der Revision wird Folge gegeben.<br />

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur<br />

neuen, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällenden Entscheidung an das<br />

Berufungsgericht zurückverwiesen.<br />

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.<br />

Begründung:<br />

Der am 10.8.1966 geborene Beklagte ist der eheliche Sohn des Klägers,<br />

mit dem er nicht im gemeinsamen Haushalt lebt. Der Kläger ist aufgrund


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

eines Beschlusses vom 15.4.1984 schuldig, ihm einen mon<strong>at</strong>lichen<br />

Unterhaltsbetrag von 1.000 DM zu bezahlen.<br />

Der Kläger begehrte mit seiner am 13.3.1991 eingebrachten Klage die<br />

Feststellung, daß seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Beklagten<br />

erloschen sei. Nach der M<strong>at</strong>ura im Jahre 1987, die der Beklagte nach<br />

Mißerfolgen im öffentlichen Gymnasium an einer Priv<strong>at</strong>lehranstalt<br />

nachgeholt habe, habe er im Herbst 1987 an der Technischen Universität<br />

Wien mit dem Studium der Technischen Chemie begonnen, ohne es<br />

jedoch ernsthaft zu betreiben. Er sei nicht in der Lage, die erfolgreiche<br />

Ablegung der Prüfungen nachzuweisen.<br />

Der Beklagte wendete ein, daß er seit dem Wintersemester 1990 auch<br />

Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien studiere und<br />

somit ein Doppelstudium betreibe. Er habe auch nach dem 10.2.1981<br />

noch Prüfungen an der Technischen Universität Wien abgelegt, allerdings<br />

im wesentlichen mit neg<strong>at</strong>ivem Erfolg, weshalb er sich im Wintersemester<br />

1990 entschlossen habe, auch das Studium der Betriebswirtschaftslehre<br />

zu inskribieren. Hierauf wolle er sich konzentrieren. Sein beabsichtigtes<br />

Berufsziel liege am wirtschaftlichen Sektor.<br />

Der Beklagte begehrte ferner in einer am 12.11.1991 zu Protokoll<br />

gegebenen Widerklage unter Berücksichtigung einer Änderung des<br />

Klagebegehrens, den Kläger schuldig zu erkennen, ihm ab 1.12.1988<br />

unter Einschluß des bereits rechtskräftig zuerkannten mon<strong>at</strong>lichen<br />

Unterhaltsbetrages von 1.000 DM einen mon<strong>at</strong>lichen Unterhaltsbetrag von<br />

1.500 DM zu bezahlen. Der Kläger habe seinen jährlichen "Ertrag" um<br />

etwa 40.000 DM gesteigert und verdiene nach einem Gutachten vom<br />

23.2.1987 mon<strong>at</strong>lich 8.747 DM netto.<br />

Nachdem das Erstgericht die beiden Rechtsstreite zur gemeinsamen<br />

Verhandlung verbunden h<strong>at</strong>te, brachte der Kläger noch vor, daß der


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

Beklagte das im Jahre 1987 begonnene Studium nur zwei Semester und<br />

auch diese nur unzulänglich betrieben habe. Seit dem Sommersemester<br />

1988 sei er seinem Studium nicht mehr nachgekommen. Die Aufnahme<br />

eines anderen Studiums im Herbst 1990 lasse seinen Unterhaltsanspruch<br />

nicht mehr aufleben, zumal er auch in diesem Studium nur unzulängliche<br />

Ergebnisse nachgewiesen habe.<br />

Der Beklagte brachte noch vor, daß er sich infolge stockender<br />

Unterhaltszahlungen des Klägers schon im Jahre 1986 Geld ausborgen<br />

habe müssen. In der Folge habe er zwar wieder mon<strong>at</strong>liche<br />

Unterhaltsbeträge erhalten, die Zahlungen hätten jedoch nicht<br />

ausgereicht, um die ausgeborgten Beträge zurückzuzahlen. Im Sommer<br />

1987 habe er neuerlich einen Kredit aufnehmen müssen. Mit dem durch<br />

Gelegenheitsarbeiten verdienten Geld habe er die Schulden nicht<br />

bezahlen können. Der Kläger habe auch Gerichtsverfahren gegen ihn<br />

angestrengt. Wegen dieser Verhältnisse habe er seit 1987 unter starken<br />

Depressionen gelitten, was sich auch auf den Studienerfolg ausgewirkt<br />

habe. Sein Zustand habe sich erst 1990 gebessert. Seit dieser Zeit könne<br />

er das an der Wirtschaftsuniversität Wien begonnene Studium erfolgreich<br />

und ordnungsgemäß betreiben und werde den ersten Studienabschnitt in<br />

der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestzeit abschließen.<br />

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren des Klägers st<strong>at</strong>t und wies das<br />

Widerklagebegehren des Beklagten ab. Es stellte im wesentlichen<br />

folgenden Sachverhalt fest:<br />

Der Beklagte verließ im Jahr 1986 wegen des bevorstehenden neg<strong>at</strong>iven<br />

Erfolges die 7.Klasse der Mittelschule und absolvierte nach Absprache mit<br />

dem Kläger im Juni 1987 die Reifeprüfung an einer priv<strong>at</strong>en M<strong>at</strong>uraschule.<br />

Im Wintersemester 1987 begann er mit dem Studium der Technischen<br />

Chemie an der Technischen Universität Wien und legte seither sechs<br />

Prüfungen des ersten Studiumabschnittes mit positivem Erfolg ab. Am


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

21.2.1990 tr<strong>at</strong> er zum letzen Mal zu einer Prüfung an, die er jedoch mit<br />

neg<strong>at</strong>ivem Erfolg abschloß.<br />

Im Wintersemester 1990 begann der Beklagte das Studium der<br />

Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität Wien. Er besuchte<br />

bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung insgesamt sechzehn<br />

Proseminare dieses Studienzweiges, davon jedoch nur acht mit positivem<br />

Erfolg. Zusätzlich wurden drei Lehrveranstaltungen von anderen<br />

Studienrichtungen angerechnet. Eine Teilprüfung der ersten<br />

Diplomprüfung h<strong>at</strong> er bisher nicht mit Erfolg abgelegt. Im<br />

Sommersemester 1991 inskribierte er außerdem Lehrveranstaltungen der<br />

Studienrichtung Volkswirtschaft an der Universität Wien, von denen er an<br />

zwei Übungen mit positiver Beurteilung teilnahm. Diese<br />

Lehrveranstaltungen sind in den dem Beklagten an der<br />

Wirtschaftsuniversität Wien angerechneten Lehrveranstaltungen<br />

enthalten.<br />

Der Kläger bezahlte in der Zeit zwischen dem Ausscheiden des Beklagten<br />

aus der Mittelschule und dem Beginn der M<strong>at</strong>uraschule, also von Mai bis<br />

einschließlich September 1986, und in der Zeit zwischen der Ablegung der<br />

Reifeprüfung bis zum Beginn des Hochschulstudiums, also von Juli bis<br />

einschließlich September 1987, keinen Unterhalt an den Beklagten. Es<br />

war zwischen den Parteien vereinbart, daß der Beklagte in den<br />

Sommermon<strong>at</strong>en durch eine Ferienbeschäftigung Geld verdienen sollte.<br />

Im Sommer 1986 arbeitete er sporadisch und nur tageweise. Im Sommer<br />

1987 wollte der Kläger dem Beklagten eine Arbeit bei einem befreundeten<br />

Arzt vermitteln; der Beklagte schlug sie jedoch aus. Er überzog in den<br />

angeführten Zeiträumen sein Konto und nahm Kredite auf, die er in der<br />

Folge nicht zurückzahlte.


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

Der Kläger verdient als Facharzt für Gynäkologie 8.744 DM im Mon<strong>at</strong>. Er<br />

h<strong>at</strong> außer für den Beklagten für einen zwölfjährigen Sohn und seine<br />

geschiedene Ehefrau zu sorgen.<br />

Nicht als erwiesen nahm das Erstgericht an, daß der Beklagte wegen<br />

schleppender Unterhaltszahlungen des Klägers unter Depressionen litt,<br />

die den Studienfortgang hemmten.<br />

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt dahin,<br />

daß der Unterhaltsanspruch des Beklagten gegen den Kläger erloschen<br />

sei. Er habe das Studium an der Technischen Universität nicht ernsthaft<br />

und zielstrebig betrieben, weil er seit fünf Semestern keine einzige<br />

Prüfung abgelegt habe. Der Wechsel zum Zweitstudium an der<br />

Wirtschaftsuniversität Wien, das der Beklagte nunmehr als Hauptstudium<br />

betreibe, sei weder subjektiv noch objektiv begründet gewesen. Eine<br />

subjektive Begründung liege in einem entschuldbaren Irrtum über die<br />

persönlichen Voraussetzungen des Studierenden. Ein solcher Irrtum sei<br />

weder behauptet worden noch hätten sich irgendwelche Anhaltspunkte<br />

dafür ergeben. Die bloße Überlegung, das Berufsziel nunmehr im<br />

wirtschaftlichen Sektor ansiedeln zu wollen, stelle keine ausreichende<br />

subjektive Begründung dar. Abgesehen davon, daß der Wechsel des<br />

Studiums nicht berechtigt gewesen sei, weise der Beklagte auch im<br />

Zweitstudium keinen günstigen Erfolg auf.<br />

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung des Beklagten dieses<br />

Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht<br />

zulässig sei. An sich sei zwar ein einmaliger Wechsel im Ausbildungsgang<br />

vertretbar. Entscheidend hiefür sei aber vor allem der Studienerfolg im<br />

zweiten Studium. Wenn auch das Zweitstudium nur schleppend und mit<br />

objektiv betrachtet unterdurchschnittlichem Erfolg vorangehe, werde nach<br />

angemessener Zeit angenommen werden müssen, daß die<br />

Selbsterhaltungsfähigkeit gegeben sei. Der Beklagte betreibe aber auch


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

das Zweitstudium nicht mit zumindest durchschnittlichem Erfolg. Er habe<br />

den Großteil der Prüfungen zumindest zweimal ablegen müssen und sei<br />

überwiegend nur mit der Note "Genügend" beurteilt worden. Dazu komme<br />

noch, daß er keine einzige der sechs für die erste Diplomprüfung<br />

erforderlichen Teilprüfungen abgelegt habe, obwohl formal die<br />

Voraussetzungen für die Ablegung der Prüfungen bereits gegeben<br />

gewesen seien. Diese Teilprüfungen hätten "bekanntermaßen" einen<br />

Lern- und Zeitaufwand erfordert, der zumindest ebenso hoch einzustufen<br />

sei, wie jener zur Erreichung der Prosemimar- und Übungszeugnisse. Da<br />

der Beklagte noch keine Teilprüfung der ersten Diplomprüfung abgelegt<br />

habe, müsse der Studienerfolg als unterdurchschnittlich bezeichnet<br />

werden. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Beklagte, wie er<br />

behauptet habe, noch das eine oder das andere Proseminar- oder<br />

Übungszeugnis mehr oder weniger erlangt habe.<br />

Die vom Beklagten gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen<br />

Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher<br />

Beurteilung der Sache erhobene außerordentliche Revision ist zulässig.<br />

Das Vorliegen der Voraussetzungen hiefür ist ausschließlich nach § 502<br />

Abs 1 ZPO zu beurteilen, weil keine bloße Frage der<br />

Unterhaltsbemessung vorliegt, wenn die Selbsterhaltungsfähigkeit mit der<br />

Berufsausbildung in untrennbarem Zusammenhang steht (EFSlg 44.741,<br />

42.327 uva), und daher die Ausnahme nach Art XLI Z 9 WGN 1989 nicht<br />

anzuwenden ist.<br />

Die Revision ist auch berechtigt.<br />

Bei der Beurteilung der Selbsterhaltungsfähigkeit ist zunächst davon<br />

auszugehen, daß die Zeit bis zur Ablegung der Reifeprüfung außer<br />

Betracht bleiben muß, weil der Kläger dieser Ausbildung zugestimmt h<strong>at</strong>.


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

Ein Studium schiebt den Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit hinaus,<br />

wenn es einerseits den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen<br />

entspricht (EvBl 1992/73 mwN) und andererseits das Kind die hiefür<br />

erforderlichen Fähigkeiten besitzt und das Studium ernsthaft und<br />

zielstrebig betreibt (EFSlg Bd 21/2, 20/2 je mwN). Da das Vorliegen der<br />

ersten Voraussetzung hier nicht strittig ist, muß hierauf nicht weiter<br />

eingegangen werden.<br />

Entscheidend ist daher in erster Linie, inwieweit der Beklagte die von ihm<br />

inskribierten Studien ernsthaft und zielstrebig betrieben h<strong>at</strong>. Zu der in der<br />

Revision in diesem Zusammenhang als erheblich im Sinn des § 502 Abs 1<br />

ZPO bezeichneten Rechtsfrage, ob hiefür die Kriterien, die im<br />

Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 BGBl 376 durch die Novelle<br />

BGBl 1992/311 bei Absolvierung eines Studiums für den Anspruch auf<br />

Familienbeihilfe als maßgebend erklärt wurden, auch für den Anspruch<br />

des Kindes auf Unterhalt herangezogen werden können, h<strong>at</strong> der<br />

erkennende Sen<strong>at</strong> folgendes erwogen:<br />

Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG idF BGBl 1992/311 besteht der Anspruch auf<br />

Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 27.Lebensjahr noch nicht<br />

vollendet haben, wenn sie ein ordentliches Studium ernsthaft und<br />

zielstrebig betreiben. Das Studium wird ernsthaft und zielstrebig betrieben,<br />

wenn im ersten Studienabschnitt nach jedem Studienjahr die Ablegung<br />

einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums<br />

oder von Prüfungen aus Pflicht- oder Wahlfächern des betriebenen<br />

Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden<br />

nachgewiesen wird. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als<br />

Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Die Erbringung des<br />

Studiennachweises ist Voraussetzung für den Anspruch nach dem<br />

zweiten und den folgenden Studienjahren des ersten Studienabschnittes.<br />

Der Nachweis ist erstmals zu Beginn des Studienjahres <strong>19<strong>93</strong></strong>/94 und<br />

unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

Bestätigung der im § 3 des Studiensförderungsgesetzes 1992 genannten<br />

Einrichtungen zu erbringen.<br />

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage dieser Novelle (465 BlgNR<br />

18.GP 6) wird hiezu unter anderem ausgeführt, daß durch die Novelle<br />

auch der bereits nach jetziger Rechtslage und Judik<strong>at</strong>ur des<br />

Verwaltungsgerichtshofs verlangte Studienfortgang näher umschrieben<br />

werden solle, um eine einheitliche Verwaltungspraxis zu gewährleisten.<br />

Die Verankerung des Studienfortgangs als Anspruchsvoraussetzung für<br />

die Familienbeihilfe finde ihre Begründung auch im geltenden<br />

Unterhaltsrecht. Demnach erlösche der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch<br />

des Kindes, wenn der Studienfortgang nicht erfolgreich ist. Auch aus<br />

dieser Sicht sei die weitere Gewährung der Familienbeihilfe im Falle eines<br />

mangelhaften Studienfortgangs nicht gerechtfertigt.<br />

Der Gesetzgeber h<strong>at</strong> also den Zusammenhang zwischen dem Anspruch<br />

auf Familienbeihilfe und dem Unterhaltsanspruch ausdrücklich betont. Der<br />

erkennende Sen<strong>at</strong> hält es ebenfalls für gerechtfertigt, die Kriterien, die bei<br />

einem Anspruch auf Familienbeihilfe dafür maßgebend sind, daß ein<br />

Studium als ernsthaft und zielstrebig betrieben anzusehen ist, auch für<br />

den Unterhaltsanspruch des Kindes heranzuziehen. Dies entspricht<br />

offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers, der den Anspruch auf<br />

Familienbeihilfe und den Unterhaltsanspruch in der Frage der Beurteilung<br />

des Studienfortgangs gleich behandelt wissen wollte. Für andere Fragen<br />

ist die Gleichbehandlung hingegen nicht angebracht. Vor allem erlischt<br />

daher der Unterhaltsanspruch nicht schem<strong>at</strong>isch (schon oder erst) mit der<br />

Vollendung des 27.Lebensjahres, sondern (schon oder erst) mit dem<br />

Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit. Bei der Lösung der Frage, ob der<br />

Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit durch ein Studium hinausgeschoben<br />

wird, kann nicht allein das Lebensalter herangezogen werden, sondern es<br />

kommt im Sinn der schon bisher ergangenen Rechtsprechung der


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

Gerichte zweiter Instanz (EFSlg 62.639, 48.208, 43.173 ua) auf die<br />

durchschnittliche Studiendauer an.<br />

Durch ein Studium wird daher der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit<br />

grundsätzlich hinausgeschoben, wenn das Kind es ernsthaft und<br />

zielstrebig betreibt. Das Studium wird im allgemeinen ernsthaft und<br />

zielstrebig betrieben, wenn die im § 2 Abs 1 lit b FLAG idF BGBl 1992/311<br />

angeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Anspruch auf Unterhalt<br />

erlischt jedoch trotzdem, wenn die durchschnittliche Studiendauer erreicht<br />

wird und nicht besondere Gründe vorliegen, die ein längeres Studium<br />

gerechtfertigt erscheinen lassen.<br />

Hier ist allerdings noch zu beachten, daß die Vorschrift des § 2 Abs 1 lit b<br />

FLAG idF BGBl 1992/311 erstmals auf das Studienjahr <strong>19<strong>93</strong></strong>/94<br />

anzuwenden ist. Der <strong>Ob</strong>erste Gerichtshof h<strong>at</strong> aber keine Bedenken, die in<br />

dieser Bestimmung festgelegten Voraussetzungen für den Bereich des<br />

Unterhaltsrechts auch für frühere Zeiträume heranzuziehen, weil mangels<br />

gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgegangen werden kann, daß der<br />

Gesetzgeber den Studienerfolg auch für frühere Zeiträume nach<br />

denselben Kriterien beurteilt hätte, und daß es daher dem Willen des<br />

Gesetzgebers entspricht, daß sie im Bereich des Unterhaltsrechts auch für<br />

frühere Zeiträume herangezogen werden.<br />

Geht man von diesen Überlegungen aus, so h<strong>at</strong> der Beklagte das Studium<br />

an der Technischen Universität nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben.<br />

Er h<strong>at</strong> allerdings in der Folge die Studienrichtung gewechselt. Hiezu h<strong>at</strong><br />

der erkennende Sen<strong>at</strong> schon ausgesprochen, daß bei einem Wechsel des<br />

Studiums zu berücksichtigen ist, ob subjektive oder objektive Gründe<br />

gegeben sind, also ein entschuldbarer Irrtum des Kindes über seine<br />

persönlichen Voraussetzungen oder über die mangelnden<br />

Berufsaussichten anzunehmen ist. Beim ersten Wechsel, vor allem nach<br />

kurzer Studiendauer von einem Semester, sei dabei kein strenger


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

Maßstab anzulegen (ÖA 1992, 87). Der Beklagte h<strong>at</strong> die Studienrichtung<br />

zwar nicht nach kurzer Studiendauer gewechselt. Dennoch kann es aber<br />

entgegen der Ansicht des Erstgerichtes noch als entschuldbare<br />

Fehleinschätzung gewertet werden, daß er erst nach Ablauf von drei<br />

Jahren zur Überzeugung gelangte, daß ein anderes Studium für ihn<br />

vorteilhafter sei. In diesem Punkt unterscheidet sich der hier zu<br />

beurteilende Sachverhalt von jenem, der der Entscheidung ÖA 1992, 87<br />

zugrundelag, weil damals seit dem Abitur sechs Jahre verstrichen waren<br />

und das Kind die Studienrichtung in dieser Zeit zweimal wechselte und<br />

offensichtlich in der Zwischenzeit an einem Studium überhaupt keine<br />

Interesse h<strong>at</strong>te.<br />

Nach Ansicht des erkennenden Sen<strong>at</strong>es wäre es nicht gerechtfertigt, das<br />

Erlöschen der Unterhaltspflicht allein deshalb anzunehmen, weil das Kind<br />

erst nach einer längeren als der angemessenen, aber noch tolerierbaren<br />

Überlegungsfrist mit dem Studium einer neuen Studienrichtung beginnt,<br />

dieses aber dann ernsthaft und zielstrebig betreibt. Kann die<br />

Überschreitung der angemessenen Überlegungsfrist noch als<br />

entschuldbar angesehen werden, so schadet es nicht, wenn das erste<br />

Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben wurde, weil gerade ein<br />

mangelnder Studienfortgang sehr oft den Grund für den Wechsel der<br />

Studienrichtung bilden wird. Soweit die für die Entscheidung in Anspruch<br />

genommene Frist über das angemessene Maß hinausgeht, darf dies<br />

allerdings nicht zu Lasten des Unterhaltspflichtigen gehen (vgl EFSlg<br />

48.207). Die Frage des Erlöschens des Unterhaltsanspruchs wird daher<br />

so zu beurteilen sein, als ob das Kind schon nach Ablauf der<br />

angemessenen, in der Regel mit einem Jahr anzunehmenden<br />

Überlegungsfrist mit dem zweiten Studium begonnen hätte. Von diesem<br />

Zeitpunkt an ist daher die durchschnittliche Dauer des neuen Studiums zu<br />

berechnen.


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

Im übrigen kann die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes auch dann<br />

nicht gebilligt werden, wenn man § 2 Abs 1 lit b FLAG idF BGBl 1992/311<br />

nicht berücksichtigt. Gemäß § 2 Abs 1 der Studienordnung<br />

Betriebswirtschaft (Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und<br />

Forschung vom 17.4.1984 BGBl 1984/173 idF BGBl 1988/460, 1990/699<br />

und 1991/160) besteht das Diplomstudium der Studienrichtung<br />

Betriebswirtschaft aus zwei Studienabschnitten in der Dauer von je vier<br />

Semestern. Gemäß dem nachfolgenden Abs 5 wird jeder Studienabschnitt<br />

mit einer Diplomprüfung abgeschlossen. Die erste Diplomprüfung ist<br />

gemäß § 5 Abs 2 der Studienordnung eine Gesamtprüfung, die in Form<br />

von Teilprüfungen über das Gesamtgebiet der einzelnen Prüfungsfächer<br />

abzuhalten ist. Da im § 5 Abs 1 lit a der Studienordnung drei<br />

Diplomprüfungsfächer vorgesehen sind, gibt es drei Teilprüfungen. Dazu<br />

kommen noch drei Vorprüfungen über die im § 5 Abs 1 lit b der<br />

Studienordnung angeführten Vorprüfungsfächer. Gemäß § 4 Abs 1 der<br />

Studienordnung setzt die Zulassung zu Teilprüfungen der ersten<br />

Diplomprüfung unter anderem die Erbringung der im Studienplan gemäß §<br />

27 Abs 2 des Allgemeinen Hochschul-Studiengesetzes (AHStG)<br />

vorgeschriebenen Leistungsnachweise aus diesem Fach voraus. Gemäß<br />

§ 27 Abs 2 AHStG ist die Zulassung zu Diplomprüfungen unter anderem<br />

von der positiven Beurteilung der Teilnahme an den vorgeschriebenen<br />

Übungen, Proseminaren, Seminaren, Priv<strong>at</strong>issima, Praktika,<br />

Arbeitsgemeinschaften und Konserv<strong>at</strong>orien abhängig zu machen. Es ist<br />

daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes auch unter diesem<br />

Gesichtspunkt für die Entscheidung von Bedeutung, an wievielen<br />

Lehrveranstaltungen der angeführten Art der Beklagten mit positiver<br />

Beurteilung teilgenommen h<strong>at</strong>.<br />

Das Berufungsgericht h<strong>at</strong> sich somit zu Unrecht mit der in der Berufung<br />

des Beklagten enthaltenen Beweisrüge nicht auseinandergesetzt, wonach<br />

auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse als erwiesen angenommen<br />

hätte werden müssen, daß er außer der schon vom Erstgericht


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<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>93</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>30</strong> 3 <strong>Ob</strong> <strong>523</strong>/<strong>93</strong><br />

festgestellten erfolgreichen Teilnahme an elf Lehrveranstaltungen noch an<br />

weiteren Lehrveranstaltungen erfolgreich teilgenommen h<strong>at</strong>. Das<br />

Berufungsverfahren leidet deshalb an einem Verfahrensmangel, der für<br />

die Entscheidung wesentlich ist. Dies wird dem Sinn nach in der Revision,<br />

wenn auch unrichtig, jedoch gemäß § 85 Abs 2 ZPO unschädlich unter<br />

dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache,<br />

geltend gemacht. Die Rechtssache war daher gemäß § 510 Abs 1 ZPO an<br />

das Berufungsgericht zurückzuverweisen.<br />

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52<br />

Abs 1 ZPO.

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