Ausgabe 1/2012 Ausgabe 1/2012 - Film und Buch
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drohte dem Projekt eine juristische<br />
Auseinandersetzung. Man einigte sich<br />
schließlich außergerichtlich <strong>und</strong> die positiven<br />
Reaktionen auf den Vorabdruck in den „Weißen<br />
Blättern" gaben Wolff wie Meyrink Recht, über<br />
ihre Schatten gesprungen zu sein.<br />
Georg Heinrich Meyer entwarf für den Roman<br />
trotz des Kriegsausbruchs, vielleicht auch<br />
gerade deshalb, eine der ersten bis ins I-<br />
Tüpfelchen ausgeklügelten Marketingstrategien<br />
des Deutschen <strong>Buch</strong>handels. Anfangs hielt er<br />
das <strong>Buch</strong> - obwohl fertig - ein knappes halbes<br />
Jahr bis zum Weihnachtsgeschäft 1915 zurück.<br />
In der die erste Auflage begleitenden<br />
Anzeigenkampagne wurde dick aufgetragen, so<br />
dass der Titel schon kurz nach Auslieferung -<br />
ebenfalls mit werblichem Getöse - als vergriffen<br />
gemeldet wurde.<br />
Wenige Tage später überraschte der Verlag<br />
den Handel mit der Ankündigung einer<br />
„einmaligen Feldpostausgabe", auch eine<br />
Werbeidee Meyers. Bis 1916 gab es noch keine<br />
funktionierenden Feldbuchhandlungen <strong>und</strong><br />
auch danach führten sie hauptsächlich<br />
Kolportageromane. Die Postbestimmungen<br />
erlaubten nur Büchersendungen bis zu einem<br />
Gewicht von 500 Gramm. Neben vielen<br />
anderen Büchern lag auch der „Golem" über<br />
dieser Gewichtsgrenze. Die neue <strong>Ausgabe</strong> wog<br />
jetzt mit Verpackung 480 Gramm. Die<br />
Feldpostausgabe bedeutete den eigentlichen<br />
Durchbruch für das <strong>Buch</strong>. Franz Werfel schrieb<br />
daraufhin an Georg Heinrich Meyer: „Den<br />
Golem hat der Verlag mehr als der Autor<br />
gemacht."<br />
Neben diesen Marketingaktivitäten erwähnt<br />
Göbel auch die knallroten Plakate, mit denen<br />
für den Roman geworben wurde. Selbst die<br />
Angabe der Auflagenhöhe wurde als<br />
Verkaufsargument eingesetzt. Teilweise<br />
widersprachen sich diese Angaben, so dass die<br />
tatsächlichen Verkäufe während <strong>und</strong> nach dem<br />
Ersten Weltkrieg heute nur noch geschätzt<br />
werden können. Mit knapp 200.000<br />
Exemplaren handelte es sich auf jeden Fall um<br />
einen veritablen Erfolg.<br />
Das Unsichtbare zeichnen<br />
Der „Golem“ ist auch mit den Namen zweier<br />
bedeutender bildender Künstler verb<strong>und</strong>en:<br />
Alfred Kubin <strong>und</strong> Hugo Steiner-Prag. Ersteren<br />
hatte Meyrink schon in der Frühphase seiner<br />
Arbeit an dem Roman kontaktiert <strong>und</strong> um<br />
Illustrationen gebeten. Bekanntlich erschien<br />
das <strong>Buch</strong> – anfänglich – ohne Illustrationen.<br />
Kubins eigener Roman „Die andere Seite“ kam<br />
1909 heraus <strong>und</strong> in der Tatsache, dass die<br />
Gr<strong>und</strong>struktur <strong>und</strong> der geistige Hintergr<strong>und</strong><br />
mit dem „Golem“ vergleichbar sind, dürfte<br />
einer der Gründe zu suchen sein, warum Kubin<br />
der Bitte Meyrinks nicht nachgekommen ist.<br />
Im Nachwort der 1946 erschienenen<br />
Münchener <strong>Ausgabe</strong> ist darüber hinaus zu<br />
lesen, dass anfänglich wohl eine illustrierte<br />
<strong>Ausgabe</strong> geplant war, aber nicht zustande<br />
kam. Der Verfasser zitiert einen Brief Meyrinks,<br />
in dem dieser bittet, „dass der Golem selbst,<br />
den ich unsichtbar sein ließ, auch (in den<br />
Zeichnungen) unsichtbar bleibt.“ (24)<br />
Wahrscheinlich wurde dann aus<br />
Kostengründen ganz auf Illustrationen<br />
verzichtet.<br />
Erst 1917 kam die von Hugo Steiner-Prag<br />
illustrierte Prachtausgabe des Romans heraus.<br />
Die acht Lithographien, mit denen das <strong>Buch</strong><br />
geschmückt wurde, berücksichtigten den<br />
Wunsch Meyrinks jedoch nicht. Dessen