Ausgabe 1/2012 Ausgabe 1/2012 - Film und Buch
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Max Pechmann<br />
Eine haarige Angelenheit<br />
Frauen im modernen japanischen Horrorfilm<br />
Parallel zum gesellschaftlichen Wandel veränderte sich auch die Ausdrucksform des<br />
japanischen Horrorfilms. Die Entwicklung ging weg von sadistischen Folterfilmen hin<br />
zu Horrorfilmen, welche sich mit dem Konflikt zwischen Tradition <strong>und</strong> Moderne<br />
beschäftigten. Damit änderte sich zugleich die Darstellung der Frau in diesem Genre.<br />
Exte (2006); ©rapid eye movies<br />
Der moderne japanische Horrorfilm beginnt mit<br />
einem unbeschrifteten Videoband. Die Geschichte<br />
dieses unheimlichen Videos stammt<br />
aus der Feder des japanischen Thrillerautors<br />
Koji Suzuki. Suzuki ahnte wahrscheinlich nicht,<br />
dass „Ring“ Mitauslöser für die Entwicklung<br />
des modernen japanischen Horrorfilms werden<br />
sollte. Sieben Jahre nach der Erstveröffentlichung<br />
nahmen Drehbuchautor Takahashi Hiroshi<br />
<strong>und</strong> Regisseur Nakata Hideo sich des Stoffes<br />
an <strong>und</strong> produzierten einen <strong>Film</strong>, der als Wendepunkt<br />
im japanischen Genrekino betrachtet<br />
wird. In ihm verbindet sich die neuzeitliche Lebenswelt<br />
mit traditionellen Aspekten japanischer<br />
Geisterfolklore: Unheimliche<br />
Wesenheiten <strong>und</strong> Dämonen bemächtigen sich<br />
der Moderne. Die menschliche Rationalität ist<br />
nicht Gewinnerin der Aufklärung, sie bleibt<br />
oberflächlich. Unterbewusst tummeln sich weiterhin<br />
Aberglaube <strong>und</strong> uralte Ängste.<br />
Das Konzept, Volksglauben mit dem hektischen<br />
Alltag einer hypermodernen Megalopolis wie To-<br />
kio zu verbinden, ging auf. In Japan wurde<br />
„Ring“ ein enormer Erfolg, dem zwei Fortsetzungen<br />
mit den Titeln „Ring 2“ <strong>und</strong> „Ring 0“<br />
folgten. Zusätzlich löste er eine Welle weiterer<br />
<strong>Film</strong>s aus, die nach einem ähnlichen Konzept<br />
funktionieren <strong>und</strong> mit schauriger Eindringlichkeit<br />
zeigen, dass sich in der japanischen Genrewelt<br />
etwas Wesentliches vollzogen hat.<br />
Vor „Ring“ hörte man nur wenig aus Japan,<br />
wenn es um das Thema Horror ging. Natürlich<br />
war da Godzilla: In den 60er Jahren produzierten<br />
die Toho-Studios eine Unmenge Godzillafilme<br />
<strong>und</strong> erschufen damit eine Kreatur, die<br />
weltweit berühmt wurde. <strong>Film</strong>analytiker entdeckten<br />
in Godzilla sofort die Manifestation der<br />
ständigen Angst vor Naturkatastrophen, welche<br />
die Insel immer wieder heimsuchen, sowie<br />
(besonders in dem Original aus dem Jahre<br />
1954) die gesellschaftliche Verarbeitung der<br />
Atombombenabwürfe in Nagasaki <strong>und</strong> Hiroshima.