Die goldenen Regeln bei der Promotion - Verlag C. H. Beck oHG
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Université Paris I Panthéon-Sorbonne<br />
Mit Theorie und Praxis zum LL.M.<br />
Paris ist und bleibt das pulsierende Herz Frankreichs – trotz <strong>der</strong> in <strong>der</strong> französischen Verfassung<br />
nie<strong>der</strong>gelegten Bestrebung einer Dezentralisierung. Von gut 60 Millionen Franzosen<br />
leben – je nach Statistik – zehn bis zwölf Millionen in Paris, die Region erwirtschaftet ein<br />
Drittel (!) des gesamten französischen Bruttosozialprodukts und die öffentlichen Verkehrsmittel<br />
beför<strong>der</strong>n täglich mehr als fünf Millionen Menschen.<br />
Paris ist die meistbesuchteste Stadt <strong>der</strong><br />
Welt. Skeptiker prophezeien, Paris werde auf<br />
Grund <strong>der</strong> Touristenströme bald eine reine<br />
Museumsstadt mit imposanten Bauwerken,<br />
Straßencafés für turtelnde Pärchen und kitschigen<br />
Souvenir-Läden sein. Aber sowohl die<br />
Touristenschwärme als auch <strong>der</strong> gestresste,<br />
Anzug tragende Parisien auf dem Weg ins Büro<br />
morgens um halb neun in <strong>der</strong> Métro sowie<br />
die in bunte, landestypische Gewän<strong>der</strong> gehüllten<br />
Schwarzafrikanerinnen gehören zum Bild<br />
dieser aufregenden Metropole, an <strong>der</strong>en<br />
schnellen Taktschlag man sich erst einmal gewöhnen<br />
muss.<br />
Studiengang<br />
Ursprünglich wollte ich ein ganz normales<br />
Erasmus-Jahr in Frankreich verbringen, um<br />
während des Studiums auch mal etwas an<strong>der</strong>es<br />
zu sehen als deutsche Hörsäle. Nur durch Zufall<br />
fiel mir auf, dass ich auf Grund meines Parallelstudiums<br />
<strong>der</strong> Rechtswissenschaften<br />
(Staatsexamen) sowie des Wirtschaftsrechts<br />
(LL.B.) an <strong>der</strong> Universität Osnabrück nach<br />
sechs Semestern bereits einen berufsqualifizierenden<br />
Abschluss in Händen halten würde.<br />
Daher bestand – den Gedanken des Bologna-<br />
Prozesses angewandt – die Möglichkeit bestand,<br />
meinen Frankreichaufenthalt mit dem<br />
Erwerb eines LL.M. zu kombinieren. Bei <strong>der</strong><br />
Suche nach einem geeigneten Angebot stieß<br />
ich auf das vollständig in französischer Sprache<br />
stattfindende LL.M.-Programm „Droit<br />
francais et droit européen“ <strong>der</strong> Université Paris<br />
I Panthéon-Sorbonne, das auf zehn Monate<br />
angelegt ist und jeweils im September beginnt<br />
und im Juni des folgenden Jahres endet.<br />
Auswahlverfahren und<br />
Teilnehmerprofil<br />
Bewerbungen sind bis Ende April jeden<br />
Jahres möglich. <strong>Die</strong> Teilnehmerzahl ist auf<br />
höchstens 20 Studenten beschränkt, <strong>der</strong>en<br />
Muttersprache nicht Französisch ist. <strong>Die</strong> Auswahl<br />
<strong>der</strong> Teilnehmer erfolgt zunächst anhand<br />
<strong>der</strong> Bewerbungsunterlagen, die u. a. einen<br />
Nachweis über ausreichende französische<br />
Sprachkenntnisse (mindestens Niveau C 1),<br />
zwei Empfehlungsschreiben von Hochschullehrern<br />
sowie Lebenslauf und Motivationsschreiben<br />
enthalten müssen, selbstverständlich<br />
alles auf Französisch. Wer diese erste Hürde<br />
genommen hat, wird von <strong>der</strong> leitenden Professorin<br />
des LL.M.-Programms in einem zwanzig-<br />
bis dreißigminütigen, in französischer<br />
Sprache geführten Telefoninterview nochmals<br />
nach Motivation, Lebenslauf etc. befragt. Formale<br />
Voraussetzung für die Teilnahme ist das<br />
Vorliegen eines juristischen universitären Abschlusses<br />
– entwe<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Form <strong>der</strong> Ersten<br />
Prüfung o<strong>der</strong> – wie in meinem Fall – in <strong>der</strong><br />
Form eines LL.B.<br />
Wer das Auswahlverfahren erfolgreich abschließt,<br />
findet sich Anfang September in einer<br />
bunt gemischten Kleingruppe, in <strong>der</strong> (fast)<br />
alle Kontinente (und damit auch entsprechend<br />
viele Rechtskulturen) vertreten sind. In meinem<br />
Fall kamen die Studenten aus Brasilien,<br />
Deutschland, Japan, Kroatien, Nordirland, Polen,<br />
Portugal, Schweden, Südkorea, Ungarn<br />
und den USA. Auch die unterschiedliche Alters-<br />
und Berufsstruktur trägt zur Vielfalt und<br />
Attraktivität des Studiengangs <strong>bei</strong>: So befand<br />
sich unter den Teilnehmern vom 37-jährigen<br />
Großkanzleianwalt über den 30-jährigen Richter<br />
bis zum Referendar o<strong>der</strong> – wie in meinem<br />
Fall – dem 23-jährigen Studenten nahezu je<strong>der</strong><br />
juristische Beruf bzw. jedes denkbare Ausbildungsstadium.<br />
Studieninhalte<br />
In <strong>der</strong> ersten Woche des Programms wird<br />
für Interessierte ein freiwilliger Intensiv-Französischkurs<br />
angeboten, <strong>der</strong> verschüttete<br />
Sprachkenntnisse wie<strong>der</strong> an die Oberfläche<br />
bringen soll und gleichzeitig als Einstieg in die<br />
französische Rechtssprache gedacht ist. Nicht<br />
nur zum Auffrischen <strong>der</strong> Sprachkenntnisse,<br />
son<strong>der</strong>n vor allem auch für das Kennenlernen<br />
<strong>der</strong> Kommilitonen ist die Teilnahme an diesem<br />
Sprachkurs unbedingt zu empfehlen. In <strong>der</strong><br />
zweiten Woche folgt eine – obligatorische –<br />
allgemeine Einführung in das französische<br />
Recht, die Grundkenntnisse und Grundbegriffe<br />
dieser, für die meisten völlig neuen, Rechtsordnung<br />
vermitteln soll.<br />
Studium | LL.M. in Paris<br />
In <strong>der</strong> dritten Woche beginnt dann <strong>der</strong> regelmäßige<br />
„Wochenstundenplan“. Jeweils vormittags<br />
finden von Montag bis Freitag folgende<br />
obligatorische Vorlesungen jeweils einmal<br />
pro Woche statt: Europarecht (droit européen<br />
institutionnel et matériel), Verfassungs- und<br />
Verwaltungsrecht (droit constitutionnel et<br />
droit administratif) sowie eine dazugehörige<br />
Ar<strong>bei</strong>tsgemeinschaft zur Fallbear<strong>bei</strong>tung, Vertragsrecht<br />
(droit des contrats), Haftungsrecht<br />
(droit de la responsabilité), Gesellschaftsrecht<br />
(droit des sociétés) sowie (Internationales)<br />
Handelsrecht (droit des entreprises). Außerdem<br />
läuft begleitend ein freiwilliger Französisch-Sprachkurs.<br />
Nach den Weihnachtsferien<br />
müssen zusätzlich noch zwei von drei angebotenen<br />
Wahlfächern belegt werden (zur Auswahl<br />
stehen Ar<strong>bei</strong>tsrecht, Grundrechte o<strong>der</strong><br />
Internationales Privatrecht).<br />
<strong>Die</strong> letzten <strong>bei</strong>den Wochen im März bilden<br />
den Prüfungszeitraum, in dem in den Hauptfächern<br />
jeweils eine Klausur und zum Teil eine<br />
mündliche Prüfung absolviert werden muss. In<br />
den Wahlfächern gibt es nur mündliche Prüfungen.<br />
Neben diesen Abschlussprüfungen<br />
fließen die mündliche Beteiligung in den Vorlesungen<br />
sowie die Noten für Hausar<strong>bei</strong>ten,<br />
die in den verschiedenen Fächern insbeson<strong>der</strong>e<br />
in den Herbst- bzw. Weihnachtsferien anzufertigen<br />
sind, in das En<strong>der</strong>gebnis ein.<br />
Wer da<strong>bei</strong> auf eine gute Note schielt (also<br />
Mention „bien“ o<strong>der</strong> sogar „très bien“), <strong>der</strong><br />
muss ähnlich wie im strengen deutschen Bewertungssystem<br />
ausgezeichnete Leistungen<br />
erbringen. Ob auf Grund <strong>der</strong> systematischen<br />
Ausbildung deutscher Juristen o<strong>der</strong> aus Zufall<br />
– interessanterweise haben in den knapp zehn<br />
Jahren des Bestehens des Programms die deutschen<br />
Studenten da<strong>bei</strong> immer überdurchschnittlich<br />
gut abgeschnitten.<br />
Drei Monate Praktikum<br />
<strong>Die</strong> letzten drei Monate (April bis Juni) bestehen<br />
aus einem Praktikum in Paris (in Ausnahmefällen<br />
auch in Brüssel, Luxemburg o<strong>der</strong><br />
Straßburg). <strong>Die</strong> Universität hilft <strong>bei</strong>m Suchen<br />
<strong>der</strong> Praktikumsstelle und <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bewerbung.<br />
Im vergangenen Jahr wurden Praktika u. a.<br />
<strong>bei</strong>m Conseil d’Etat, <strong>bei</strong>m Conseil de la concurrence,<br />
<strong>bei</strong>m International Commercial<br />
Court, <strong>bei</strong> verschiedenen großen Anwaltskanzleien<br />
sowie in französischen Unternehmen absolviert.<br />
Mein Praktikum habe ich <strong>bei</strong>m französischen<br />
Finanz- und Wirtschaftsministerium<br />
in <strong>der</strong> direction des affaires juridiques und dort<br />
im Büro für Europarecht gemacht. Trotz <strong>der</strong> in<br />
Bezug auf das Rechtsfranzösisch noch vorhandenen<br />
Sprachbarrieren wurde ich fast ausnahmslos<br />
in die Ar<strong>bei</strong>t des Büros integriert und<br />
JUSMAGAZIN 1|09<br />
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