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Forum Färberpflanzen 2001 - ADAM - Leonardo da Vinci Projects ...

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Gülzower<br />

Fachgespräche<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> <strong>2001</strong>


Gülzower Fachgespräche: Band 18<br />

<strong>Forum</strong><br />

„<br />

<strong>Färberpflanzen</strong>“ <strong>2001</strong><br />

Dornburg, 30./31. Mai <strong>2001</strong><br />

Herausgegeben von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR),<br />

Hofplatz 1, 18276 Gülzow mit Förderung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,<br />

Ernährung und Landwirtschaft.<br />

FNR, <strong>2001</strong>


Herausgeber:<br />

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.<br />

Hofplatz 1<br />

18276 Gülzow<br />

Tel.: (0 38 43) 69 30-0<br />

Fax: (0 38 43) 69 30-102<br />

E-Mail: info@fnr.de<br />

Internet: http://www.fnr.de<br />

Re<strong>da</strong>ktion:<br />

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.<br />

Abt. Öffentlichkeitsarbeit<br />

Gestaltung und Produktion:<br />

tangram documents, Rostock<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Kein Teil dieses Werkes <strong>da</strong>rf ohne schriftliche Einwilligung des Herausgebers<br />

in irgendeiner Form reproduziert oder unter Verwendung elektronischer<br />

Systeme verarbeitet, vervielfältigt, verbreitet oder archiviert werden.


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Inhalt<br />

Vorwort .............................................................................................................. 5<br />

G. Breitschuh<br />

Das Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“<br />

der Bundesregierung ....................................................................................... 7<br />

H. Stolte<br />

Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene<br />

zur Problematik <strong>Färberpflanzen</strong> .................................................................. 17<br />

A. Vetter<br />

Erfahrungen zum Anbau von <strong>Färberpflanzen</strong> in Frankreich .................. 29<br />

P. Faucon<br />

Färbepflanzen aus Ökologischem Landbau ............................................... 41<br />

A. Hartl, C. R. Vogl<br />

Nutzung von Naturfarben in der Türkei .................................................... 54<br />

R. Marquard<br />

Naturfärberei in der Türkei – Potential und Perspektiven ...................... 62<br />

M. Bischof<br />

The “Natural Dyes Product Research and Development Project”<br />

in EVTEK Institute of Arts and Design 2000-2003 .................................... 77<br />

U. Lapiolahti<br />

Züchtung ausgewählter gelbfärbender Pflanzen und Färberknöterich.... 81<br />

G. Wurl, A. Biertümpfel<br />

Gülzow, 30. November 1995 3


Energetische Nutzung halmgutartiger Biomasse: Stand der Technik und Perspektiven<br />

Ergebnisse der züchterischen Bearbeitung von Färberkrapp<br />

(Rubia tinctorum L.) ......................................................................................... 93<br />

S. Siebenborn, R. Marquard<br />

Erfahrungen der Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau Erfurt<br />

zu Erträgen, Fruchtqualitäten, Farbstoffgehalten und Reifeterminen<br />

von 14 Holundersorten ............................................................................... 109<br />

M. Möhler<br />

Ergebnisse zu Krappanbau und Ernte sowie Aspekte zu<br />

Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen ........................... 118<br />

L. A<strong>da</strong>m, B. Dittmann<br />

Züchtungsmethodik bei Pflanzen mit sekundären Inhaltsstoffen ....... 137<br />

A. Plescher<br />

Aktueller Stand der Farbstoffgewinnung aus<br />

nachwachsenden Rohstoffen ...................................................................... 146<br />

A. Wähling<br />

Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Druckindustrie .... 149<br />

K. Hanke<br />

Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Lederfärbung ....... 162<br />

M. Conrad<br />

Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Textilindustrie<br />

Färben von Cellulosefaserstoffen .............................................................. 171<br />

R. Bochmann<br />

Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen<br />

in der Süsswarenindustrie .......................................................................... 182<br />

C. Lutz<br />

Zusammenfassung des Veranstalters ....................................................... 186<br />

A. Vetter, A. Biertümpfel<br />

4


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Vorwort<br />

G. Breitschuh<br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena<br />

Mehr als 100 Farbstoff liefernde Pflanzen wurden in Europa beschrieben.<br />

Aus anbau- und verarbeitungstechnischer Sicht erlangen <strong>da</strong>von nur einige<br />

wenige Pflanzenarten eine praktische Relevanz. Dazu gehören nach<br />

dem heutigen Erkenntnisstand für die Farbe<br />

gelb: Färberwau, Kanadische Goldrute, Färberhundskamille und<br />

Saflor<br />

rot: Krapp<br />

blau: Färberknöterich, Waid<br />

braun: Dost<br />

Die TLL hat sich an diesen Evaluierungen aktiv beteiligt und für die wichtigsten<br />

unter hiesigen Standortverhältnissen anbaugeeigneten <strong>Färberpflanzen</strong><br />

Anbauanleitungen, insbesondere für die Düngung, die Lückenindikation,<br />

die Ernte und die Nacherntebehandlung vorgelegt.<br />

Sollen <strong>Färberpflanzen</strong> einen nennenswerten Anbauumfang erlangen,<br />

be<strong>da</strong>rf es eines substanziellen Interesses der Farbstoff verbrauchenden<br />

Industrie. Der Farbstoff muss Industrietauglichkeit erreichen.<br />

Dank mehrerer Drittmittelprojekte engagiert sich die TLL Jena, um<br />

über pflanzenspezifische Extraktionsverfahren ausreichende Farbstoffmengen<br />

in solchen Qualitäten herzustellen, die für die Textil- und Lederindustrie<br />

Bedeutung erlangen können. Im Rahmen von drei deutschen<br />

und einem EU-weiten Verbundprojekten ist die TLL insbesondere mit der<br />

Entwicklung von Anbauverfahren, der Züchtung und der Herstellung<br />

von Ausgangsmaterial sowie der Extraktion von Farbstoffen befasst.<br />

Das von der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe Gülzow und<br />

der TLL gemeinsam organisierte „<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong>“ bietet <strong>da</strong>nk der<br />

internationalen Beteiligung eine hervorragende Plattform für die Kennt-<br />

Gülzow, 30. November 1995 5


6<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

nisnahme der europaweit erzielten Ergebnisse und Erfahrungen. Besonders<br />

wichtig ist <strong>da</strong>bei, <strong>da</strong>ss auch in diesem <strong>Forum</strong> Anbau, Farbstoffherstellung<br />

und Farbstoffverwendung als eine Einheit behandelt werden. Es<br />

gibt einen praktisch relevanten <strong>Färberpflanzen</strong>anbau erst, wenn Pflanzenfarbstoffe<br />

über die individuelle Eigenverwendung und im künstlerischen<br />

Bereich hinaus in die industrielle Verarbeitung Eingang gefunden<br />

haben.<br />

Ich <strong>da</strong>nke den Organisatoren dieses <strong>Forum</strong>s für die gelungene Auswahl<br />

von Themen und Referenten und wünsche, <strong>da</strong>ss von diesem <strong>Forum</strong><br />

neue Impulse für die Gewinnung eines respektablen Marktanteils der<br />

Pflanzenfarbstoffe ausgehen.<br />

Prof. Dr. Gerhard Breitschuh<br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft<br />

Apol<strong>da</strong>er Str. 4<br />

D-07778 Dornburg


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Das Förderprogramm<br />

„Nachwachsende Rohstoffe“ der<br />

Bundesregierung<br />

H. Stolte<br />

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., Gülzow<br />

Einleitung<br />

Ich freue mich, sehr geehrte Damen und Herren,<br />

Sie zum heutigen dritten <strong>Forum</strong> „<strong>Färberpflanzen</strong>“ im Namen der Mitarbeiter<br />

und Gremien der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.<br />

sowie des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und<br />

Landwirtschaft begrüßen zu dürfen.<br />

Für die erneute finanzielle Unterstützung der Veranstaltung durch<br />

<strong>da</strong>s Bundesministerium für Verbraucherschutz, aber auch für die im<br />

erheblichen Umfang eingesetzten Eigenmittel und <strong>da</strong>s bei der Ausrichtung<br />

der Veranstaltungsreihe nunmehr bereits zum dritten Mal gezeigte<br />

organisatorische Geschick der Thüringer Landesanstalt möchte ich mich<br />

an dieser Stelle herzlichst be<strong>da</strong>nken.<br />

Wie vielen von Ihnen noch in angenehmer Erinnerung sein dürfte,<br />

wurde die Veranstaltung im Juni 1997 erstmals hier in Dornburg durchgeführt.<br />

Ziel des <strong>da</strong>maligen Expertenforums war es, ausgehend von einer<br />

Sachstandsanalyse die Forschungsprioritäten für die weitere Entwicklung<br />

im Bereich der farbstoffliefernden Pflanzen aufzuzeigen.<br />

Als Fazit dieses ersten <strong>Forum</strong>s konnte festgestellt werden, <strong>da</strong>ss die<br />

Agrarforschung bereits wesentliche Voraussetzungen für einen großflächigen<br />

Anbau des Pflanzenmaterials gelegt hatte. An dieser positiven<br />

Gülzow, 30. November 1995 7


8<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Entwicklung hatte die Thüringer Landesanstalt, bei der wir hier zu Gast<br />

sein dürfen, entscheidende Anteile.<br />

Dennoch konnte auch zwei Jahre später, als <strong>da</strong>s zweite <strong>Forum</strong> im Juni<br />

1999 stattfand, noch kein für die deutsche Landwirtschaft flächenmäßig<br />

interessanter Anbau verzeichnet werden.<br />

Zur Beseitigung der zuvor festgestellten technologischen Hemmnisse,<br />

insbesondere in den Zwischenverarbeitungsstufen (Extraktion, Stabilisierung<br />

und Applikation der Farbstoffe aus Pflanzenmaterial) konnten die<br />

Referenten <strong>da</strong>mals bereits interessante Zwischenergebnisse vermelden<br />

und ich bin überzeugt, <strong>da</strong>ss die hier innerhalb der nächsten zwei Tage<br />

von verschiedenen Referenten präsentierten Endergebnisse dieser Projekte<br />

auf reges Interesse bei den anwesenden Teilnehmern aus Forschung<br />

und Industrie stoßen werden.<br />

Die Probleme bestanden und bestehen dennoch nach wie vor in der<br />

Überführung der Forschungsergebnisse in den kommerziellen Markt.<br />

Getreu dem Motto des zum <strong>Forum</strong> 1999 anwesenden Thüringischen<br />

Landwirtschaftsministers, Herrn Dr. Sklenar: „Nicht <strong>da</strong>s Erzählte reicht,<br />

sondern <strong>da</strong>s Erreichte zählt.“, vertraten die Referenten und Teilnehmern des<br />

zweiten <strong>Forum</strong>s einhellig die Auffassung, <strong>da</strong>ss es in absehbarer Zeit notwendig<br />

wird, zu vermarktungsfähigen Produkten zu kommen. Dies war<br />

<strong>da</strong>s wesentliche Diskussionsergebnis der Veranstaltung vor zwei Jahren<br />

und ich versicherte <strong>da</strong>mals in meinem Schlusswort, <strong>da</strong>ss sinnvolle Projektvorschläge<br />

zur Markteinführung von Pflanzenfarben künftig besonders<br />

unterstützt würden.<br />

Auf Beispiele für entsprechende Entwicklungen, die diesen Worten<br />

folgten, werde ich im abschließenden Teil meines Vortrags noch näher<br />

eingehen.<br />

Das Förderkonzept „Nachwachsende Rohstoffe“ der Bundesregierung<br />

Lassen Sie mich zuvor in aller Kürze (der Mehrzahl von Ihnen ist unsere<br />

Einrichtung bereits bestens bekannt) auf die Organisation und die Aufgaben<br />

der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. eingehen.<br />

Die im Herbst 1993 gegründete Fachagentur mit Sitz in Gülzow bei<br />

Güstrow ist die zentrale Koordinierungsstelle für den Bereich Nachwachsende<br />

Rohstoffe in Deutschland.


Das Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ der Bundesregierung<br />

Sie ist als eingetragener Verein organisiert und hat derzeit 65 Mitglieder<br />

und eine auf 26 gewachsene Mitarbeiterzahl.<br />

Die Aufgaben der FNR liegen in den Bereichen Forschungsförderung/Projektträgerschaft,<br />

Information, Beratung und Öffentlichkeitsarbeit<br />

zu Anbau und Verwertung Nachwachsender Rohstoffe sowie der<br />

Mitwirkung an Aktivitäten auf europäischer Ebene.<br />

Das gesamte Gebiet der nachwachsenden Rohstoffe wird durch die<br />

Bundesregierung, aber auch die Landesressorts auf vielfältige Weise<br />

gefördert.<br />

Die wichtigste Grundlage dieser Fördertätigkeit, mit deren Ausführung<br />

die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) als Projektträger<br />

des Bundes beauftragt ist, stellt <strong>da</strong>s „Programm Nachwachsende<br />

Rohstoffe des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung<br />

und Landwirtschaft“ mit einem jährlich zur Verfügung stehenden Fördermittelvolumen<br />

von ca. 50 Mio. DM <strong>da</strong>r. Es wird seit dem letzten Jahr<br />

um ein Programm zur Markteinführung biogener Treib- und Schmierstoffe<br />

mit einem Jahresvolumen von künftig 20 Mio. DM ergänzt, auf <strong>da</strong>s<br />

ich hier aus Zeitgründen nicht näher eingehen will.<br />

Vorrangiges Ziel der Förderung nachwachsender Rohstoffe ist es, der<br />

Landwirtschaft im Bereich der Pflanzenproduktion Alternativen zur<br />

Nahrungsmittelerzeugung zu erschließen.<br />

Allgemein wird der Begriff Nachwachsende Rohstoffe <strong>da</strong>bei wie folgt<br />

definiert:<br />

Nachwachsende Rohstoffe sind land- und forstwirtschaftlich erzeugte<br />

Produkte, die einer Verwendung im Non-Food-Bereich<br />

zugeführt werden.<br />

Seit dem Jahr 2000 gehören im Unterschied zu früheren Konzepten auch<br />

die Bereiche „Rohstoffe tierischen (aber nicht maritimen) Ursprungs“<br />

und „Abfallstoffe der Land- und Forstwirtschaft“ zu den förderfähigen<br />

Bereichen.<br />

Die Schwerpunkte des Förderprogramms liegen im Bereich der<br />

anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung sowie der Demonstration<br />

neuer Technologien.<br />

Das Programm gliedert sich in die Förderschwerpunkte Arbeiten zur<br />

Analyse und Beeinflussung von Rahmenbedingungen, stoffliche Nutzung<br />

von Kohlenhydraten (Stärke, Zucker, Cellulose), Ölen/Fetten, Faser<br />

und Holz, Proteinen sowie besonderen Inhaltsstoffen. Ferner können Pro-<br />

Gülzow, 30. November 1995 9


10<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

jekte zur energetischen Nutzung Nachwachsender Rohstoffe sowie zur<br />

Öffentlichkeitsarbeit gefördert werden.<br />

Diese Schwerpunkte sind im Förderprogramm, <strong>da</strong>s bei der Fachagentur<br />

angefordert werden kann, für den jeweiligen Rohstoff detailliert<br />

untersetzt.<br />

Bei farbstoffliefernden Pflanzen geht es wie bei Arznei- und Gewürzpflanzen<br />

um die Nutzung der sekundären Inhaltsstoffe, also um die Verwertung<br />

chemischer Substanzen, die im Vergleich zu den übrigen Rohstoffgruppen<br />

in einem sehr viel geringeren Prozentanteil im<br />

Sekundärstoffwechsel von den Pflanzen gebildet werden.<br />

Für diesen, für Sie interessanten Bereich, der unter der Bezeichnung<br />

’Besondere Inhaltsstoffe’ zusammengefasst wurde, nennt <strong>da</strong>s Förderkonzept<br />

im Einzelnen folgende Schwerpunkte:<br />

- Evaluierung von Wil<strong>da</strong>rten und Schwellenpflanzen sowie Züchtung<br />

für eine landwirtschaftliche Nutzung<br />

- Untersuchung sekundärer pflanzlicher Inhaltsstoffe auf Anwendungsmöglichkeiten<br />

im Nichtnahrungsmittelbereich<br />

- Entwicklung effizienter Analyseverfahren für die Qualitätsbewertung<br />

- Lösung spezifischer Anbauprobleme, (z. B. Saatgutverfügbarkeit,<br />

fehlende Düngungs- und Pflanzenschutzstrategien, Optimierung<br />

von Ernte- und Pflanztechnik)<br />

- Arbeiten zur Eruierung neuer Anbaukulturen, die eine preisliche<br />

Konkurrenzfähigkeit oder andere marktrelevante Vorteile gegenüber<br />

Arzneirohstoffen aus Wildsammlung erwarten lassen<br />

- Untersuchungen zur Optimierung von Erst- und Aufbereitungsanlagen<br />

- Weiterentwicklung von Extraktionsverfahren und Verarbeitungsmethoden<br />

- Erarbeitung von Anbauempfehlungen und sonstiger Datensammlungen<br />

für die Beratungstätigkeit.<br />

Insgesamt wurden seit der Gründung der Fachagentur im Rahmen des<br />

Förderkonzeptes mehr als 800 Projekte bewilligt.<br />

Das <strong>da</strong>mit verbundene Mittelvolumen verteilt sich wie folgt auf die<br />

zuvor beschriebenen Förderbereiche:<br />

Bei der Betrachtung der aktuellen Fördermittelverteilung (vgl. Abb. 1)<br />

wird deutlich, <strong>da</strong>ss zwischen den einzelnen Produktlinien eine Gewichtung<br />

nach Anbau- und Verwertungspotentialen der jeweiligen Hauptroh-


Das Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ der Bundesregierung<br />

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Abbildung 1: Verteilung der Fördermittel für derzeit laufende Vorhaben nach<br />

Produktlinien (Stand: April <strong>2001</strong>)<br />

stoffe vorgenommen wird. So werden insbesondere in den Bereichen Öle<br />

und Fette, Stärke und für die energetische Nutzung Nachwachsender<br />

Rohstoffe, entsprechend ihrer Bedeutung, die größten Fördermittelbudgets<br />

aufgewendet.<br />

Die Bereiche Anbau und Verwertung farbstoffliefernder Pflanzen ordnen<br />

sich gemäß der vorgestellten Systematik des Förderprogramms<br />

gemeinsam mit den Arznei- und Gewürzpflanzen in die Produktlinie<br />

Besondere Inhaltsstoffe ein. In diesen Bereich fließen derzeit insgesamt<br />

ca. 10 Prozent der Forschungsmittel. Etwa die Hälfte dieses Volumens<br />

kommt den Farbstoffen zugute.<br />

Im Verhältnis zu der derzeit noch geringen Anbaufläche von <strong>Färberpflanzen</strong><br />

(< 100 ha, meist Versuchsflächen) und Medizinalpflanzen (ca.<br />

7.000 ha) sind die Bereiche folglich finanziell bereits recht großzügig ausgestattet.<br />

Es wird deutlich, <strong>da</strong>ss von Fachagentur und Verbraucherschutzministerium<br />

bei den Pflanzen mit besonderen sekundären Inhaltsstoffen<br />

erhebliche Entwicklungspotentiale hinsichtlich Flächenbindung<br />

und Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum gesehen werden.<br />

Andererseits wird der Anteil entsprechender Projekte jedoch aktuell<br />

nicht mehr signifikant gesteigert werden können, was natürlich nicht<br />

bedeutet, <strong>da</strong>ss für den Bereich keine qualifizierten Projektvorschläge<br />

mehr entgegengenommen werden.<br />

Gülzow, 30. November 1995 11


12<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Ausgewählte laufende und bereits abgeschlossene Projekte zu Naturfarbstoffen<br />

werden im folgenden vorgestellt. Ich werde <strong>da</strong>bei bewusst<br />

oberflächlich bleiben, um den Vorträgen, die gemäß dem Tagungsprogramm<br />

zu vielen dieser Projekte folgen werden, nicht vorzugreifen; hoffe<br />

jedoch, <strong>da</strong>ss ich Ihnen eine Übersicht geben kann, die Spannung auf die<br />

sich anschließenden Vorträge erzeugt.<br />

Projektförderung im Bereich Naturfarbstoffe<br />

Am Beginn der Forschungsförderung des Verbraucherschutzministeriums<br />

im Bereich Farbstoffpflanzen standen mit Literaturrecherchen und<br />

erste Anbauversuchen mit einem relativ großen Sortiment von 53 <strong>Färberpflanzen</strong>arten<br />

erste Tastversuche. Die von der Arbeitsgruppe „Gemüsezüchtung“<br />

der Bundesforschungsanstalt für gartenbauliche Pflanzenzüchtung<br />

1991 unter dem Thema „Screening farbstoffliefernder<br />

Pflanzen“ begonnenen Arbeiten zeigten, <strong>da</strong>ss besonders für Färberröte,<br />

Färberwaid und Färberwau eine agronomische Anbaurelevanz besteht,<br />

die eine weitere züchterische Bearbeitung sinnvoll erscheinen lässt. Diese<br />

Pflanzen wurden bereits in der antiken Literatur als <strong>Färberpflanzen</strong> beschrieben.<br />

Ebenfalls eine sehr lange Tradition hatte der Anbau von Färberwaid in<br />

Thüringen. Erfurt war im 13. und 14. Jahrhundert der bedeutendste<br />

Waidhandelsplatz. Der Malermeister Wolfgang Feige unternahm mit seiner<br />

im Jahr 1990 gegründeten Thüringer Waid Verarbeitungs GmbH nach<br />

jahrelangem Experimentieren wieder den ersten großflächigen Anbauversuch<br />

mit dieser Färberpflanze. Waid liefert nicht nur den Farbstoff<br />

Indigo, sondern auch fungizid und insektizid wirkende Holzschutzmittel,<br />

die bereits erfolgreich bei der Sanierung historischer Gebäude eingesetzt<br />

wurden. Unter dem Titel „Produktion von umweltfreundlichen<br />

Grund- und Anstrichfarben, Beizen und Textilfarben auf der Grundlage<br />

des nachwachsenden Rohstoffes Waid“ wurde Herr Feige bei der Aufklärung<br />

der wirksamkeitsbestimmenden Parameter der Gärsäfte unterstützt.<br />

Kompetenter Partner für die wissenschaftliche Betreuung der<br />

Untersuchungen war die Thüringer Landesanstalt (TLL) Jena. Ein weiteres<br />

Projekt zu diesem Thema wurde von der Universität Göttingen durchgeführt.


Das Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ der Bundesregierung<br />

Erste Anbauversuche (u. a. mit Färberwau, Färberknöterich, Kanadischer<br />

Goldrute, Krapp, und Hundskamille) zeigten sehr inhomogene<br />

Ernteerträge bei den überwiegend noch nahezu im Wildpflanzenstadium<br />

befindlichen Pflanzen. Die TLL erhielt deshalb eine Unterstützung für die<br />

Durchführung eines Vorhabens mit dem Ziel der „Züchterischen Bearbeitung<br />

wirtschaftlich bedeutsamer <strong>Färberpflanzen</strong> hinsichtlich Anbaueignung,<br />

Ertrag und Farbstoffgehalt“. Diesem Projekt folgten eine Reihe von<br />

Folgevorhaben in Kooperation mit Partnern aus der verarbeitenden Industrie.<br />

Erste Anbaurichtlinien für die moderne, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete<br />

Landwirtschaft wurden als Zwischenergebnis der Arbeiten zum<br />

Thema: „<strong>Färberpflanzen</strong> – Anbau, Ernte, Nachbehandlung“ von der<br />

Brandenburgischen Landesanstalt für Landwirtschaft erstellt.<br />

Als würdiger Abschluss zu diesem bereits 1996 begonnenen Projekt<br />

wird es im September diesen Jahres eine eigene Veranstaltung auf dem<br />

Gelände der Bundesgartenschau Pots<strong>da</strong>m geben. Ich erwarte, <strong>da</strong>ss der<br />

Redebeitrag des Projektleiters Dr. A<strong>da</strong>m ähnlich wie <strong>da</strong>s unmittelbar folgende<br />

Referat über den Anbau von <strong>Färberpflanzen</strong> in der Türkei der Herren<br />

Marquard und Bischof der Veranstaltung Impulse geben wird, indem<br />

diese Vorträge verdeutlichen werden, wie man auch mit bescheidenen<br />

finanziellen Mitteln, aber vielen Worten, die gezielt zur Überzeugung der<br />

erforderlichen Akteure der Produktionskette eingesetzt werden, enorm<br />

viel bewegen kann.<br />

Ein wesentliches Fazit des ersten <strong>Forum</strong>s „<strong>Färberpflanzen</strong>“ im Sommer<br />

1997 war die Forderung nach verstärkt interdisziplinärer Verbun<strong>da</strong>rbeit<br />

von Vertretern aus Landwirtschaft und Industrie, um mittelfristig<br />

mit pflanzlichen Farbstoffen wieder einen Marktanteil von 1 % des Farbstoffmarktes<br />

zu erreichen.<br />

Ein in diese Richtung zielendes, sehr groß angelegtes Vorhaben mit<br />

sechs Verbundpartnern begann wenige Monate nach der Veranstaltung<br />

unter dem Titel „Entwicklung einer Technologie zum Färben von Cellulose-<br />

und Proteinfaserstoffen mit einheimischen Pflanzenfarben“.<br />

Partner waren <strong>da</strong>bei <strong>da</strong>s Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V.<br />

(STFI) als Verbundkoordinator, <strong>da</strong>s Textilforschungsinstitut Thüringen<br />

Vogtland e. V. (TITV), die TLL Jena, <strong>da</strong>s Institut für Getreideverarbeitung<br />

Bergholz-Rehbrücke, <strong>da</strong>s Institut für Umweltforschung Schlieben e. V.<br />

(IfU,) und die Nahrungs-Ingenieurtechnik GmbH Magdeburg (NIG).<br />

Gülzow, 30. November 1995 13


14<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Zusammengefasst betrachtet sollten mit dem Projekt die wesentlichen<br />

technologischen Lücken zwischen der Landwirtschaft, die in den zurückliegenden<br />

Jahren grundsätzlich in die Lage versetzt wurde, farbstoffliefernde<br />

Pflanzen in befriedigender Qualität anzubauen, und der endverarbeitenden<br />

Industrie, die Anwendungspotentiale bereithält, geschlossen<br />

werden. Innerhalb der nächsten zwei Tage werden wir hören, welche<br />

Fortschritte <strong>da</strong>bei erzielt wurden.<br />

Ein weiteres von der Fachagentur betreutes Projekt wurde von der<br />

Fachhochschule Anhalt unter dem Titel „Entwicklung biotechnologischer<br />

Verfahren zur Erzeugung von Pflanzmaterial aus Rhabarber als Voraussetzung<br />

zur großtechnischen Isolierung der Inhaltsstoffe (Gerb- und<br />

Farbstoffe)“ durchgeführt. Besonders interessant ist hierbei, wie im Projekttitel<br />

angedeutet, die Doppelnutzung der Extrakte zum Zwecke der<br />

Ledergerbung und -färbung.<br />

Mit einem hinsichtlich des angestrebten Endprodukts ähnlichen<br />

Ansatz beschäftigt sich auch ein Verbundprojekt zum Thema „Züchterische<br />

Bearbeitung von <strong>Färberpflanzen</strong> sowie Extraktion der Farbstoffe<br />

und deren Einsatz in der Lederfärbung“, <strong>da</strong>s von der TLL koordiniert<br />

wird. Auch dieser Verbund wird gleich von mehreren Vorträgen tangiert.<br />

Nach dem zweiten <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> starteten weitere Projekte,<br />

mit denen Ergänzungen zur klassischen Nutzung von <strong>Färberpflanzen</strong> in<br />

der Textilnutzung untersucht werden sollen.<br />

So testet die Firma Huber München gemeinsam mit der TLL in Dornburg<br />

sowie der Agrar- und Umweltanalytik GmbH (AUA) Jena den Einsatz<br />

der aus <strong>Färberpflanzen</strong> gewonnenen Extrakte in neuartigen umweltfreundlichen<br />

Druckfarbensystemen. Hierzu hören wir ebenfalls am<br />

morgigen Tag mehr.<br />

Im Ergebnis erster Tastversuche, die unter der Koordination von Dr.<br />

A<strong>da</strong>m, Landesanstalt für Landwirtschaft Brandenburg, angestellt wurden<br />

und <strong>da</strong>s beteiligte Unternehmen für eine intensivere Beschäftigung<br />

mit dieser Produktentwicklung unter Einsatz entsprechender Eigenmittel<br />

begeistern konnte, begann im Frühjahr diesen Jahres ein Projekt der<br />

Firma Dr. Otto in Wittenberge zum Thema „Herstellung von gefärbten<br />

Hackschnitzeln auf der Basis von Pflanzenfarbstoffen und Applikationsversuche<br />

im Garten- und Landschaftsbau“. Erste Produktmuster sollen<br />

u.a. auf dem Gelände der Bundesgartenschau in Pots<strong>da</strong>m als Beetbedekkung<br />

eingesetzt werden.


Das Förderprogramm „Nachwachsende Rohstoffe“ der Bundesregierung<br />

In einem in den nächsten Tagen beginnenden anwendungsorientierten<br />

Projekt beschäftigen sich die Mitarbeiter des Ingenieurbüros für Verpackung<br />

Dresden mit der „Entwicklung von Farbkonzentraten auf Basis<br />

von Naturfarben zur Einfärbung von Biokunststoffen“. Im Rahmen des<br />

Vorhabens sollen erstmals Farbstoff-Batchs für die Einfärbung von biologisch<br />

abbaubaren Kunststoffen entwickelt werden, die auf pflanzlichen<br />

Pigmenten basieren. Ziel ist es, auf Basis geeigneter Trägerwerkstoffe ein<br />

für mehrere Biokunststofftypen geeignetes Farbkonzentrat auf Naturfarbenbasis<br />

zu entwickeln. Dabei sollen Extrakte aus rot-, gelb- und blaufärbenden<br />

Arten zum Einsatz kommen.<br />

Ein weiteres, gerade begonnenes Projekt unter Koordination der brandenburgischen<br />

Landesanstalt für Großschutzgebiete werden „Untersuchungen<br />

zur Farbstoffderivation aus Kulturkartoffelstämmen (Solanumtuberosum-Genpool)<br />

und Prüfung der wirtschaftlichen Nutzbarmachung<br />

<strong>da</strong>rin enthaltener Farbpigmente“ angestellt. Dieses, unter der Kurzbezeichnung<br />

„Blauer Schwede“ gestartete Projekt beschäftigt sich im<br />

wesentlichen mit dem Einsatz von Farbpigmenten als Lebensmittelfarbstoff.<br />

Als Nebenziel leistet es einen Beitrag für die Erhaltung genetischer<br />

Ressourcen.<br />

Mit einem Beispiel für Aktivitäten aus dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit<br />

zu <strong>Färberpflanzen</strong> möchte ich meinen Vortrag abschließen.<br />

Schon mehrfach nannte ich die im April eröffnete Bundesgartenschau<br />

in Pots<strong>da</strong>m. Erstmals wurde hier im Ergebnis gemeinsamer Gespräche<br />

<strong>da</strong>s Thema „Faser- und <strong>Färberpflanzen</strong>“ als Schwerpunkt für die Sonderausstellung<br />

Nachwachsende Rohstoffe gewählt. Auch dies bitte ich als<br />

Hinweis auf den großen Stellenwert zu verstehen, den wir dem Bereich,<br />

über den wir in den nächsten zwei Tagen hier diskutieren werden, derzeit<br />

einräumen. Weitere relevante Ergebnisse der Öffentlichkeitsarbeit entnehmen<br />

Sie bitte unseren Auslagen.<br />

Ich be<strong>da</strong>nke mich für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

Zusammenfassung<br />

In den letzten Jahren hat der Anbau von nachwachsenden Rohstoffen<br />

wieder an Bedeutung gewonnen. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung<br />

bieten nachwachsende Rohstoffe sowohl für die Landwirtschaft als<br />

auch für die abnehmende Industrie vielfältige Chancen.<br />

Gülzow, 30. November 1995 15


16<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Die zukünftige Entwicklung in diesem Bereich wird nicht zuletzt<br />

durch Fördermaßnahmen der öffentlichen Hand beeinflusst. Daher<br />

wurde 1993 auf Initiative der Bundesregierung hin die Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gegründet, die seither die Forschungsaktivitäten<br />

in diesem Bereich im Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft koordiniert.<br />

Im Rahmen ihrer Tätigkeit förderte die Fachagentur bisher eine Vielzahl<br />

von Einzelprojekten zu Naturfarbstoffen und führt <strong>da</strong>rüber hinaus<br />

eine Reihe von Maßnahmen mit Öffentlichkeitswirksamkeit auf diesem<br />

Fachgebiet durch.<br />

Literatur<br />

/1/ <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong>. Schriftenreihe „Gülzower Fachgespräche“, Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe e.V. (Herausg.), 1997<br />

/2/ <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong>. Schriftenreihe „Gülzower Fachgespräche“, Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe e.V. (Herausg.), 1999<br />

/3/ Nachwachsende Rohstoffe Projektdokumentation 1993 - 1996. Schriftenreihe des<br />

Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Reihe A:<br />

Angewandte Wissenschaften Sonderheft, Köllen Druck + Verlag GmbH Bonn,<br />

1997<br />

/4/ Nachwachsende Rohstoffe Projektdokumentation 1997 - 1999. Schriftenreihe des<br />

Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Reihe A:<br />

Angewandte Wissenschaften Sonderheft, Landwirtschaftsverlag GmbH Münster-Hiltrup<br />

GmbH, 2000<br />

/5/ Bericht des BML 5 Jahre Nachwachsende Rohstoffe 1993 - 1997. Schriftenreihe des<br />

Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Reihe A:<br />

Angewandte Wissenschaften Sonderheft, Köllen Druck + Verlag GmbH Bonn,<br />

1998<br />

/6/ Nachwachsende Rohstoffe Programm des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,<br />

Ernährung und Landwirtschaft zur Förderung von Forschungs-, Entwicklungs- und<br />

Demonstrationsvorhaben. Broschüre des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,<br />

Ernährung und Landwirtschaft (Herausg.), 2000<br />

H. Stolte<br />

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.<br />

Hofplatz 1<br />

D-18276 Gülzow<br />

h.stolte@fnr.de


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene<br />

zur Problematik <strong>Färberpflanzen</strong><br />

A. Vetter<br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Dornburg<br />

Klassische Anwendungsfelder von Naturfarbstoffen waren die Textilfärbung<br />

inklusive der Teppichfärbung, die Kosmetik, <strong>da</strong>bei vor allem die<br />

Haarfärbung und die Lebensmittelindustrie. Letztgenanntes hatte z. B. in<br />

der Region um Jena eine lange Tradition. So wurden auf den Muschelkalkböden<br />

Pfingstrosen angebaut, um dem, von der Farbe her gesehen,<br />

einem Roséwein ähnlichen Rotwein der Umgebung etwas nachzuhelfen.<br />

Später kamen die Farbstoffe der Pfingstrose bei der Produktion von Lippenstiften<br />

zur Anwendung.<br />

Eine weitere sogenannte „Schönungsdroge“ ist z. B. die Blaue Malve<br />

(Malva silvestris), die obwohl offizinal, vor allem in Teemischungen als<br />

farbgebende Komponente zum Einsatz kommt. Beide Arten haben<br />

gemeinsam, <strong>da</strong>ss es sich um Antocyanfarbstoffe handelt und die Blüten<br />

als Farbstoffträger per Hand zu ernten sind. Die <strong>da</strong>mit verbundenen<br />

hohen Kosten und preiswertere chemische Farbstoffe brachten, was auch<br />

bei den Textilfarbstoffen zu beobachten war, den Anbau fast vollkommen<br />

zum Erliegen. Dies betraf auch <strong>da</strong>s „Goldene Vlies Thüringens“, den<br />

Waid.<br />

In Thüringen begann Ende der 80er Jahre der Malermeister Wolfgang<br />

Feige <strong>da</strong>mit, Waid wieder in Kultur zu nehmen. Allerdings nicht als indigoliefernde<br />

Pflanze, sondern als Zusatz mit fungizider Wirkung für<br />

Anstrichfarben auf Leinölbasis. Dies war Anfang der 90er Jahre Veranlassung<br />

für die Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, sich mit der<br />

Problematik des Anbaus von Waid zu beschäftigen. Im Rahmen eines von<br />

der Deutschen Bundesstiftung Umwelt geförderten Projektes konnte ein<br />

Gülzow, 30. November 1995 17


18<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Anbauverfahren entwickelt werden. Gleichzeitig wurde begonnen, die<br />

Inhaltsstoffspektren als Grundlage für Züchtungsarbeiten zu untersuchen<br />

und Extraktionsmethoden zur Gewinnung der Inhaltsstoffe zu entwickeln.<br />

Ein von der Bundesanstalt für Züchtungsforschung (Siebeldingen)<br />

bis 1995 durchgeführtes Projekt beschäftigte sich mit dem<br />

„Screening farbstoffliefernder Pflanzen“. Analog zu den Anfangsaktivitäten<br />

bei nachwachsenden Rohstoffen, z. B. Miscanthus, zeigt sich auch bei<br />

diesen Projekten, <strong>da</strong>ss nur die Betrachtung der gesamten Kette, von der<br />

Züchtung über den Anbau, der Erstverarbeitung (Trocknung, Extraktion)<br />

bis zur Endverarbeitung (Färbung) Erfolg verspricht.<br />

Mit dem EU-Projekt „Cultivation and extraction of natural dyes for<br />

industrial use in natural textile production“ (7/94-6/97) wurde erstmals<br />

versucht, die „Produktlinie <strong>Färberpflanzen</strong>“ komplett zu betrachten. Das<br />

Projekt, bearbeitet von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft,<br />

der LIVOS Pflanzenchemie Wieren und der Universität Bristol, gliederte<br />

sich dementsprechend in die drei Schwerpunkte:<br />

1 Entwicklung von Anbausystemen<br />

2 Entwicklung von Methoden zur Farbstoffgewinnung<br />

3 Entwicklung von Färbeverfahren.<br />

Die Komplexität der Aufgabestellung ist in Abbildung 1 beispielhaft am<br />

1. Schwerpunkt <strong>da</strong>rgestellt.<br />

Obwohl sich <strong>da</strong>s Projekt auf die <strong>Färberpflanzen</strong> Waid, Färberknöterich,<br />

Färberwau, Kanadische Goldrute und Krapp konzentrierte, konnte<br />

die Gesamtproblematik nur ansatzweise abgearbeitet werden. Es zeigten<br />

sich jedoch deutlich die Lücken im Gesamtsystem, die es weiter zu bearbeiten<br />

galt. Von Vorteil war <strong>da</strong>bei, <strong>da</strong>ss etwas versetzt in Deutschland<br />

zwei Projekte der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. sich der<br />

Problematik Züchtung, Anbau und Nacherntebehandlung näher annahmen.<br />

Zum einen war dies <strong>da</strong>s von der Lehr- und Versuchsanstalt für Integrierten<br />

Pflanzenbau e. V. Güterfelde (Brandenburgische Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft) initiierte Projekt „<strong>Färberpflanzen</strong> – Anbau, Ernte und<br />

Nachbehandlung“, in dem vor allem für Färberwau und Krapp versucht<br />

wurde, ein Anbauregime zu entwickeln. Das Projekt „Züchterische Bearbeitung<br />

wirtschaftlich bedeutender <strong>Färberpflanzen</strong> hinsichtlich Anbaueignung,<br />

Ertrag und Farbstoffgehalt“ der Thüringer Landesanstalt für<br />

Landwirtschaft hatte <strong>da</strong>s Ziel, aus einem ausgewählten Spektrum von<br />

<strong>Färberpflanzen</strong> durch Individual- und Massenauslese sowie Herkunfts-


Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene zur Problematik <strong>Färberpflanzen</strong><br />

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Abbildung 1: Aufgabenstellung des EU-Projektes „Cultivation and extraction<br />

of natural dyes for industrial use in natural textil production“ im<br />

Teilthema Entwicklung von Anbauverfahren<br />

prüfung Genotypen bzw. Herkünfte zu selektieren, die einen hohen Farbstoffertrag<br />

je Flächeneinheit mit guter agrotechnischer Handhabbarkeit<br />

und Färbeeignung verbinden.<br />

Die Arbeiten konzentrierten sich in erster Linie auf die wegen ihrer<br />

Anbauwürdigkeit und Echtheit der Färbung wichtigsten europäischen<br />

<strong>Färberpflanzen</strong> 1 :<br />

- Färberknöterich (Polygonum tinctorum) → Herkunftsprüfung<br />

- Färberscharte (Serratula tinctoria) → Individualauslese<br />

- Wiesenflockenblume (Centaurea jacea) → Individualauslese<br />

- Kanadische Goldrute (Soli<strong>da</strong>go canadensis)→ Individualauslese<br />

- Färberwau (Rese<strong>da</strong> luteola) → Massen- und Individualauslese<br />

- Krapp (Rubia tinctorum) → Individual- und Massenauslese<br />

- Weitere potentiell bedeutsame <strong>Färberpflanzen</strong>, wie Fäberhundskamille<br />

(Anthemis tinctoria), Dost (Origanum vulgare), Rainfarn (Chy-<br />

1 <br />

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Gülzow, 30. November 1995 19


20<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

santhemum vulgare) und Steinsame-Arten (Lithospermum species)<br />

sind in die Untersuchungen einbezogen worden.<br />

Die Ergebnisse beider Projekte wurden zum 2. <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong><br />

1999 vorgestellt. Mit den vorgestellten Vorhaben konnte die „Eruierungsphase“<br />

im wesentlichen abgeschlossen werden. Es zeigte sich, <strong>da</strong>ss analog<br />

zu anderen Pflanzen mit sekundären Inhaltsstoffen, z. B. Arznei- und<br />

Gewürzpflanzen, die gleichen Probleme auftreten, um eine erfolgreiche<br />

Praxiseinführung zu gewährleisten:<br />

- Konzentration auf wenige aussichtsreiche Arten<br />

- Anwendung klassischer Methoden der Züchtung sowie Ausleseund<br />

Mutationszüchtung<br />

- Auswahl von Arten, für deren Anbau, Ernte und Nachbehandlung<br />

Technik in der Praxis vorhanden ist bzw. diese nur geringfügig modifiziert<br />

werden muss<br />

- Erarbeitung von spezifischen und effizienten Extraktionsverfahren<br />

für die jeweilige Art und Verwendung<br />

- Entwicklung von Färbeverfahren für die einzelnen Farbstoffe und<br />

Anwendungsgebiete<br />

- Lückenlose Betrachtung mit Qualitätssicherung vom Anbau bis<br />

zum Endprodukt<br />

- Entwicklung und Einführung von marktfähigen Produkten<br />

Mit dem Projekt „Entwicklung biotechnologischer Verfahren zur Erzeugung<br />

von Pflanzenmaterial aus Rhabarber als Voraussetzung zur großtechnischen<br />

Isolierung der Inhaltsstoffe“ der Fachhochschule Anhalt<br />

wurde 1998 begonnen, ein neues Einsatzfeld – die Lederfärbung – zu erschließen.<br />

Entsprechend spielen neben der Analyse und Extraktion der<br />

Farbstoffe die Gerbstoffe eine wichtige Rolle. Mit der Beteiligung eines<br />

Verarbeiters von Leder (Schomisch Leder GmbH) konnten erstmals Forschungsergebnisse<br />

direkt in ein Produkt überführt werden.<br />

Ausgehend von diesen Erfahrungen wurde bei der Forschung zunehmend<br />

<strong>da</strong>zu übergegangen, Verbundprojekte unter Beteiligung der Industrie<br />

zu etablieren. Die gerade vor dem Abschluss stehenden bzw. noch<br />

laufenden Vorhaben gehen von den Endprodukten Textil-, Leder- und<br />

Druckfarben aus.<br />

Die textile Kette wird komplett im Verbundvorhaben „Entwicklung<br />

einer Technologie zum Färben von Cellulose- und Proteinfaserstoffen mit<br />

einheimischen Pflanzenfarben“ bearbeitet. In diesem Vorhaben sind 6<br />

Partner mit klar abgegrenzten Aufgaben beteiligt (Tab. 1).


Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene zur Problematik <strong>Färberpflanzen</strong><br />

Tabelle 1: Verbundvorhaben „Entwicklung einer Technologie zum Färben von<br />

Cellulose- und Proteinfaserstoffen mit einheimischen<br />

Pflanzenfarben“ – beteiligte Einrichtungen und Aufgabenstellung<br />

Teilvorhaben 1:<br />

Färben von Cellulosefaserstoffen (Projektkoordination)<br />

LF: 01.02.1998 - 31.03.<strong>2001</strong><br />

Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V. Chemnitz<br />

Teilvorhaben 2:<br />

Färben von Proteinfaserstoffen<br />

LF: 01.02.1998 - 31.03.<strong>2001</strong> (30.06.<strong>2001</strong>)<br />

Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e. V. Greiz<br />

Teilvorhaben 3:<br />

Bereitstellung von <strong>Färberpflanzen</strong>material für Extraktionsversuche im Technikumsmaßstab<br />

LF: 01.02.1998 - 31.03.<strong>2001</strong><br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Jena<br />

Teilvorhaben 4:<br />

Entwicklung von Verfahren zur Gewinnung und Stabilisierung von Farbstoffen<br />

LF: 01.02.1998 - 31.03.<strong>2001</strong> (31.07.<strong>2001</strong>)<br />

Institut für Getreideverarbeitung GmbH Bergholz-Rehbrücke<br />

Teilvorhaben 5:<br />

Gewinnung von Farbstoffen durch wässrige Extraktion<br />

LF: 01.02.1998 - 31.03.<strong>2001</strong><br />

Institut für Umweltforschung Schlieben<br />

Teilvorhaben 6:<br />

Erprobung und Optimierung verfahrenstechnischer Varianten<br />

LF: 01.02.1998 - 31.03.<strong>2001</strong><br />

Nahrungsingenieurtechnik GmbH Magdeburg<br />

Eine Schlüsselstellung in diesem Projekt hat die Gewinnung der Farbstoffe.<br />

Als Schwerpunkt gilt unter anderem die Reproduzierbarkeit, um<br />

bei der Färbung entsprechende Echtheiten bei den gewünschten Farbtönen<br />

garantieren zu können. Die wichtigsten Punkte, die es zu bearbeiten<br />

galt, sind in Tabelle 2 <strong>da</strong>rgestellt.<br />

Ein weiteres Verbundvorhaben geht von den Anforderungen der<br />

Lederindustrie aus (Tabelle 3).<br />

An der Universität Gießen und an der Thüringer Landesanstalt für<br />

Landwirtschaft (TLL) Jena werden die wichtigsten <strong>Färberpflanzen</strong> züch-<br />

Gülzow, 30. November 1995 21


22<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Tabelle 2: Schwerpunkte des Verbundprojektes „Entwicklung einer<br />

Technologie zum Färben von Cellulose- und Proteinfaserstoffen mit<br />

einheimischen Pflanzenfarben“<br />

<strong>Färberpflanzen</strong><br />

Färberknöterich<br />

Krapp<br />

Färberwau<br />

Kanadische<br />

Goldrute<br />

Färberhundskamille<br />

Farbstoffgewinnung<br />

Indigoextraktion<br />

wässrige<br />

Extraktion<br />

wässrig-alkoholische<br />

Extraktion<br />

alkoholische<br />

Extraktion<br />

CO 2 -Extraktion<br />

Färbung Faser/Textil<br />

Flottenkonzentration<br />

Beizung<br />

Temperatur<br />

Verweil<strong>da</strong>uer<br />

Nachbehandlung<br />

pH-Wert<br />

Wolle<br />

Baumwolle<br />

Leinen<br />

(Hanf)<br />

Viskose<br />

Qualitätssicherung<br />

Analytik<br />

FarbstoffreinigungFarbstoffstabilisierung<br />

Farbausfall<br />

Gebrauchsechtheiten<br />

Tabelle 3: Verbundvorhaben „Züchterische Bearbeitung von <strong>Färberpflanzen</strong><br />

sowie Extraktion der Farbstoffe und deren Einsatz in der<br />

Lederfärbung“ – beteiligte Einrichtungen und Aufgabenstellung<br />

Teilvorhaben 1:<br />

Züchterische Bearbeitung von <strong>Färberpflanzen</strong> sowie Extraktion der Farbstoffe<br />

und deren Einsatz in der Lederfärbung (Projektkoordination)<br />

LF: 09/1999 - 08/2002<br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Jena<br />

Teilvorhaben 2:<br />

Verbesserung der Ertragsleistung und Qualität von Färberkrapp (Rubia<br />

tinctorum L.) durch Selektion und züchterische Maßnahmen<br />

LF: 09/1999 - 08/2002<br />

Justus-Liebig-Universität Gießen<br />

Teilvorhaben 3:<br />

Entwicklung von Lederfarben zur Anwendung in der industriellen Lederfärbung<br />

LF: 09/1999 - 08/2002<br />

LIVOS Pflanzenchemie & Co KG Wieren


Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene zur Problematik <strong>Färberpflanzen</strong><br />

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Abbildung 2: Zusammenarbeit und Ziele der Partner im Verbundvorhaben<br />

„Züchterische Bearbeitung von <strong>Färberpflanzen</strong> sowie Extraktion<br />

der Farbstoffe und deren Einsatz in der Lederfärbung<br />

terisch bearbeitet. In Jena konnte <strong>da</strong>bei auf Material aus dem vorherigen<br />

Züchtungsprojekt, in Gießen auf umfangreiches Material aus Projekten<br />

mit der Türkei zur Eruierung von Krappherkünften, zurückgegriffen<br />

werden. In enger Zusammenarbeit mit den Partnern des „Textilprojektes“,<br />

insbesondere der Nahrungsingenieurtechnik GmbH Magdeburg,<br />

erfolgt in der TLL Dornburg auf der Technikumsanlage die Herstellung<br />

der Extrakte, die hinsichtlich ihrer Eignung für die Lederfärbung zu optimieren<br />

sind. Die Entwicklung von Lederfarben für die Industrie hat die<br />

Fa. LIVOS Pflanzenchemie Wieren übernommen. Parallel <strong>da</strong>zu werden<br />

bei der „Thüringer Lederfabrik Wei<strong>da</strong> GmbH“ Färbeversuche im Technikumsmaßstab<br />

durchgeführt (Abb. 2).<br />

Aussichtsreiche Muster konnten an die weiterverarbeitende Industrie<br />

zur Prüfung übergeben werden. Ziel ist es, bis zum Projektende eine erste<br />

Markteinführung zu erreichen.<br />

Eine analoge Zielstellung, allerdings für Textilien mit dem Schwerpunkt<br />

Hanf und dem Einsatz von Naturfarbstoffen im Landschaftsbau,<br />

verfolgt <strong>da</strong>s Verbundvorhaben „Naturfarbstoffe Brandenburg“. Es wird<br />

mit zwei sehr praxisnahen Forschungsvorhaben der Fachagentur Nachwachsende<br />

Rohstoffe e. V. unterstützt (Abb. 3).<br />

Auch in diesem Projekt ist es gelungen, von Anfang an Industriepartner<br />

einzubeziehen. Dementsprechend ist eine schnelle Praxiseinführung<br />

zu erwarten bzw. schon teilweise gegeben.<br />

Gülzow, 30. November 1995 23


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<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Abbildung 3: Aufgabenstellung im Verbundvorhaben „Naturfarbstoffe Brandenburg“<br />

Dieser Weg wurde konsequent bei dem Verbundprojekt „Entwicklung<br />

neuartiger ökologischer Druckfarben unter Nutzung von Naturfarbstoffen<br />

aus <strong>Färberpflanzen</strong> und Untersuchung der technologischen<br />

Anforderungen zur Substitution umweltkritischer synthetischer Farbpigmentsysteme“<br />

beschritten (Tab. 4).<br />

Tabelle 4: Verbundvorhaben „Entwicklung neuartiger ökologischer Druckfarben<br />

unter Nutzung von Naturfarbstoffen aus <strong>Färberpflanzen</strong> und<br />

Untersuchung der technologischen Anforderungen zur Substitution<br />

umweltkritischer synthetischer Farbpigmentsysteme“ – beteiligte<br />

Einrichtungen und Aufgabenstellung<br />

Teilvorhaben 1:<br />

Produkt- und Verfahrensentwicklung (Projektkoordination)<br />

LF: 10/2000 - 09/2003<br />

Michael Huber München GmbH<br />

(Unterauftragnehmer: Agrar- und Umweltanalytik GmbH Jena)<br />

Teilvorhaben 2:<br />

Bereitstellung von Naturfarbstoffen aus <strong>Färberpflanzen</strong><br />

LF: 10/2000 - 09/2003<br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Jena


Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene zur Problematik <strong>Färberpflanzen</strong><br />

Initiator und Koordinator des Vorhabens ist mit der Firma Michael<br />

Huber München GmbH ein großer europäischer Druckfarbenhersteller.<br />

Die notwendige Verlackung der von der Thüringer Landesanstalt für<br />

Landwirtschaft bereitzustellenden Extrakte übernimmt die Agrar- und<br />

Umweltanalytik GmbH Jena, so <strong>da</strong>ss die Kette vom Anbau bis zum Endprodukt<br />

geschlossen ist.<br />

Kurz vor dem Abschluss steht <strong>da</strong>s C.A.R.M.E.N.-Projekt „Interdisziplinäres<br />

Forschungs- und Entwicklungsvorhaben <strong>Färberpflanzen</strong>“ der<br />

Universität Bayreuth und der Fachhochschule Hof. Schwerpunkte des<br />

Vorhabens sind:<br />

- Eruierung von <strong>Färberpflanzen</strong> (gelb, braun, grau)<br />

- Pilotanbau bei Landwirten<br />

- wässrige Extraktion der Farbstoffe im Labormaßstab<br />

- Färbeversuche auf Wolle, Baumwolle und Seide.<br />

Die Untersuchungen ergaben u. a., <strong>da</strong>ss sich Tagetes und Coreopsis gut<br />

zur Gewinnung von Naturfarbstoffen eignen.<br />

In der Europäischen Union arbeiten neben Deutschland vor allem<br />

Österreich, die Niederlande, Italien, Großbritannien, Frankreich und<br />

Finnland an der <strong>Färberpflanzen</strong>- und Naturfarbstoffproblematik. Am<br />

bekanntesten ist sicherlich <strong>da</strong>s Projekt der Kooperative „Rubia“ in den<br />

Niederlanden. Die gewonnenen Extrakte werden nach Aussagen des Projektleiters<br />

(Prof. Capelle) vorrangig in den USA vermarktet. Die österreichischen<br />

Aktivitäten sind der folgenden Aufstellung zu entnehmen.<br />

1. Erarbeitung von Grundlageninformationen und Strategien zur Erzeugung,<br />

Verarbeitung und Vermarktung von Faser- und <strong>Färberpflanzen</strong><br />

aus ökologischem Landbau<br />

LF:01/1997 - 01/2000<br />

Universität für Bodenkultur Wien<br />

→ Anbauversuche mit Rese<strong>da</strong>, Färberhundskamille, Färberknöterich<br />

im Ökolandbau<br />

→ Quantifizierung der Erträge, Farbstoffgehalte und Farbstoffqualitäten<br />

2. Flavonoidextrakte aus heimischen Kulturpflanzen - Anwendung<br />

als Naturfarben für die Textil- und als Antioxi<strong>da</strong>ntien für die Lebensmittelindustrie<br />

LF:1999 - <strong>2001</strong><br />

Universität für Bodenkultur Wien<br />

Gülzow, 30. November 1995 25


26<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

→ Entwicklung eines sprühgetrockneten Extraktes aus Färberkamille<br />

3. Potential an nachwachsenden Rohstoffen unter Aspekten der<br />

Nachhaltigkeit: Produktion von farbstoffliefernden Pflanzen in<br />

Österreich und ihre Nutzung in der Textilindustrie<br />

LF:01/2000 - 12/2000<br />

→ Entwicklung von Szenarien für den <strong>Färberpflanzen</strong>anbau<br />

→ Darstellung möglicher Produktionsketten vom Anbau bis zum<br />

Textil<br />

→ Ableitung von Empfehlungen für die Forschung und Förderpolitik<br />

→ Anforderungen für die Weiterentwicklung von Färbeverfahren<br />

Einen Schwerpunkt bildet <strong>da</strong>bei der ökologische Landbau. Sehr interessant<br />

erscheint ebenfalls der Ansatz zur Herstellung von Flavonoidextrakten<br />

für den Einsatz als Antioxi<strong>da</strong>tionsmittel.<br />

Im fünften Rahmenprogramm werden seitens der Europäischen<br />

Union zwei Projekte gefördert. Das Vorhaben „Extraktion und Stabilisierung<br />

von Naturfarbstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen zum<br />

Gebrauch in non food Anwendungen: Kosmetik, Textilien und Malerfarben“<br />

hat nur eine Laufzeit von einem Jahr (05/00 – 05/01). Neben der<br />

Naturfarbstoffgewinnung aus pflanzlichem Material soll ebenfalls die<br />

Gewinnung aus Algen und Pilzkulturen untersucht werden.<br />

Bedeutend spezifischer ist <strong>da</strong>s EU-Projekt „Sustainable production of<br />

plant-derived indigo“ (Abb. 4).<br />

Dieses Vorhaben konzentriert sich auf die Gewinnung von Indigo aus<br />

Färberknöterich und Waid. Zielstellung ist es, qualitativ hochwertiges<br />

Naturindigo vollmechanisiert und mit geringen Kosten bereitzustellen.<br />

Neben Forschungseinrichtungen aus Spanien, Italien, Großbritannien,<br />

Finnland und Deutschland sind an diesem Vorhaben Industriebetriebe<br />

aus Großbritannien und Deutschland beteiligt.<br />

Zusammenfassung<br />

In den letzten Jahren wurde vor allem mit Unterstützung der Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe e. V. und der Europäischen Kommission<br />

die Problematik <strong>Färberpflanzen</strong>/Naturfarbstoffe sehr breit bearbeitet.<br />

Daraus konnten sowohl für die Züchtung, die Extraktion als auch für die


Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene zur Problematik <strong>Färberpflanzen</strong><br />

<br />

<br />

Abbildung 4: Aufgabenstellung im EU-Projekt „Sustainable production of<br />

plant-derived indigo“ (vereinfachte Darstellung)<br />

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Abbildung 5: Naturfarbstoffcluster<br />

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28<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

industrielle Färbung die Schwerpunkte für laufende Forschungsarbeiten<br />

abgeleitet werden. Die Hauptaufgabe für die kommenden Jahre ist, neben<br />

der Suche nach neuen Einsatzgebieten (Kosmetik, Lebensmittelfärbung),<br />

vor allem die Umsetzung der gewonnenen Ergebnisse in die Praxis. Die<br />

Bildung eines Naturfarbstoffclusters (Abb. 5) erscheint <strong>da</strong>für als eine<br />

zwingende Notwendigkeit.<br />

Zielsetzung sollte eine möglichst schnelle Markteinführung bei ausgewählten<br />

Produktlinien sein.<br />

Dr. habil Armin Vetter<br />

Thüringer Zentrum Nachwachsende Rohstoffe der Thüringer Landesanstalt für<br />

Landwirtschaft<br />

Apol<strong>da</strong>er Str. 4<br />

D-07778 Dornburg<br />

a.vetter@dornburg.tll.de


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Erfahrungen zum Anbau von<br />

<strong>Färberpflanzen</strong> in Frankreich<br />

P. Faucon<br />

Arrdhor CRITT Horticole, Rochefort, Frankreich<br />

1 Einführung<br />

1.1 Die Region Poitou-Charentes<br />

Poitou-Charentes liegt im Süd-Westen von Frankreich, zwischen Nantes<br />

und Bordeaux, und ist besonders bekannt durch den Cognac.<br />

Die Region hat eine Fläche von 25 800 km 2 . Es gibt verschiedene<br />

Böden: Die meisten sind kalkhaltig (mit Lehm). Aber es gibt auch säurehaltige<br />

Böden, sandige Böden und Sumpfböden. Die Nähe zum Atlantischen<br />

Ozean sorgt für gemässigte Temperaturen.<br />

Lufttemperatur (in °C):<br />

J F M A M J J A S O N D ∅<br />

Rochefort 5,8 6,9 8,3 10,4 13,7 16,9 19,3 19,1 17,1 13,7 8,9 6,3 12,2<br />

Regen (in mm):<br />

J F M A M J J A S O N D<br />

Monat 82 69 57 58 66 46 39 44 67 75 86 87<br />

Kumuliert 82 151 208 266 332 378 417 461 523 603 689 776<br />

Tage mit einer minimalen Temperatur < 0 ° C:<br />

Station J F M A M J J A S O N D<br />

Rochefort 9 7 6 2 0 0 0 0 0 0 5 9<br />

Gülzow, 30. November 1995 29


30<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Die Landwirtschaft ist vielartig:<br />

- Viehzucht im Osten (auf granithaltigen Böden)<br />

- Viehzucht und Waldwirtschaft im Nordwesten<br />

- Getreide, Sonnenblumen, Wein (900.000 ha) und Raps im Zentrum<br />

(auf kalkhaltigen Böden).<br />

Der CRITT Horticole (Centre Régional d’Innovation et de Transfert de<br />

Technologie = Regionales Zentrum für Innovation und Technologietransfer)<br />

Der Verband ARRDHOR CRITT Horticole besteht seit 10 Jahren. Sein Ziel<br />

sind die Gartenbauentwicklung und die Gewinnung von Färberstoffen<br />

pflanzlichen Ursprungs in der Region Poitou-Charentes.<br />

Wir sind 9 Mitarbeiter und haben 2 Aufgabengebiete:<br />

- Gartenbau: wir sind Gewächshausdesigner, wir betreiben Wirtschaftsarbeit,<br />

und wir beraten 300 Betriebe. Unser Team besteht aus<br />

4 Mitarbeitern.<br />

- <strong>Färberpflanzen</strong>: Das Aufgabengebiet "colorants végétaux" wurde<br />

1996 in Saint Savin gegründet. Unser Team besteht aus 5 Mitarbeitern:<br />

Direktorin: Anne de la Sayette; Anbau: Emmanuelle Béaur,<br />

Anne Marie Genet; Laboratorium und Industrialisierung: Patrick<br />

Choisy, Patrick Brenac.<br />

Unser Umsatz beträgt 4 Millionen FF (1,2 Millionen DM). Die "colorants<br />

végétaux" sind <strong>da</strong>ran mit 2,5 Millionen FF (0,8 Millionen DM) beteiligt.<br />

Europa (FEOGA) und die Französische Regierung (Landwirtschaftsministerium<br />

und Technologieministerium) subventionieren unsere Projekte<br />

zu 50 %. Für den Rest kommen die privaten Kunden (Kosmetikindustrie,<br />

Textilindustrie, Farbstoffindustrie) auf. Das bedeutet, <strong>da</strong>ss wir<br />

schnell (und gut!!) arbeiten müssen, um unsere Kunden zufriedenzustellen.<br />

Das bedeutet auch, <strong>da</strong>ss wir eine kommerzielle Arbeit leisten müssen.<br />

Wir arbeiten mit den Universitäten von La Rochelle, Poitiers und einigen<br />

Landwirtschaftsschulen zusammen.<br />

Unser Projekt hat mehrere Stufen:<br />

- Kennzeichnung und Auswahl der <strong>Färberpflanzen</strong><br />

- Bestimmung der besten Anbaumethode


Erfahrungen zum Anbau von <strong>Färberpflanzen</strong> in Frankreich<br />

- Bestimmung der besten Extraktionsmethode der Färberstoffe (im<br />

kleinen Maßstab)<br />

- Verwendung von <strong>Färberpflanzen</strong> im industriellen Maßstab (mit<br />

landwirtschaftlichen Aspekten und Wertschöpfung)<br />

Die Landwirtschaft interessiert sich besonders für unsere Arbeit, <strong>da</strong> diese<br />

eine landwirtschaftlische Diversifizierung erlaubt; nämlich den Anbau<br />

von pflanzlichen Rohstoffen, die nicht zu Ernährungszwecken bestimmt<br />

sind.<br />

Unsere grössten Schwierigkeiten sind:<br />

- Industrielle Kunden zu finden. Diese Kunden müssen an Naturfarben<br />

interessiert sein, denn leider ist in Frankreich <strong>da</strong>s Ökologische<br />

Denken nicht so entwickelt wie in Deutschland.<br />

- Schneller Erfolg, um Untersuchungskosten zu decken.<br />

- Etablierung eines kompletten Produktionsweges vom Landwirt bis<br />

zur Industrialisierung.<br />

2 Die <strong>Färberpflanzen</strong> in Frankreich<br />

2.1 Farbstoffe für Lebensmittel<br />

Lebensmittelfarbstoffe sind in Frankreich von 2 Forschungszentren untersucht<br />

worden. Beide arbeiteten mit Anthocyanen:<br />

- ENSAIA (Fachhochschule für Lebensmittel), in Nancy,<br />

- Universität von Montpellier (M. Claude An<strong>da</strong>ry).<br />

Weiterhin gibt es in Frankreich wie in Europa private Forschungszentren<br />

(Diana Végétal in Bretagne, die dänische Firma Christian Hansen in<br />

Montpellier zum Beispiel).<br />

2.2 Andere Färberstoffe<br />

Geordnet nach aufsteigender Bedeutung gibt es:<br />

- kleine Betriebe in ganz Frankreich, die ohne wissenschaftliche Mittel<br />

und ohne industrielle Entwicklungsmöglichkeiten arbeiten.<br />

- Forscher an Universitätsapotheken. Sie stellen Untersuchungen<br />

über bestimmte Moleküle an (Protein, zum Beispiel), die Farbstoffe<br />

enthalten.<br />

- Zwei Forschungszentren leiten komplexe Arbeitsprogramme über<br />

<strong>Färberpflanzen</strong>:<br />

Gülzow, 30. November 1995 31


32<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

- CATAR in Toulouse arbeitet seit 5 Jahren über Waid, zusammen<br />

mit einer Agrargenossenschaft für verschiedene Züchtungsaspekte.<br />

- CRITT Horticole.<br />

3 CRITT Horticole<br />

Wir stellen seit 5 Jahren botanische und landwirtschaftliche Forschungen<br />

zu Extraktionsvorgängen und Analysen an, die uns eine Auswahl der interessantesten<br />

<strong>Färberpflanzen</strong> erlaubt haben.<br />

Dies waren <strong>da</strong>bei die Auswahlkriterien:<br />

- Der Farbertrag<br />

- Landwirtschaftliche Produktionskosten<br />

- Extraktions- und Prozesskosten (von Ernte bis Ende)<br />

- Farbstoffqualität (Lichtechtheit, Waschechtheit, Farbstärke)<br />

- Industrielle Nutzung<br />

- Schaffung einer kompletten Farbskala<br />

- Einstellung auf die verschiedenen Arbeitsgebiete (Textilien, Kosmetik,<br />

Lasuren, Farben ...)<br />

Unser Ausgangspunkt waren ungefähr 100 verschiedene Pflanzen, wovon<br />

sich nur 30 als interessant und 9 als sehr interessant herausgestellt haben.<br />

Dennoch stellen wir weiter Nachforschungen über Herkunft und<br />

Arten an. Die Auswahl ist niemals fertig. Wir müssen neue Herkünfte,<br />

neue Varianten und neue Spezies studieren.<br />

Kreuzungen, um eine Art zu verbessern, vermeiden wir bis jetzt.<br />

3.1 Landwirtschaftlicher Bereich<br />

1. Sammlung von 92 <strong>Färberpflanzen</strong><br />

Unsere Sammlung befindet sich an zwei Orten, in Rochefort und in St Savin.<br />

Die Böden und <strong>da</strong>s Klima sind verschieden, und es ist besser für die<br />

Sicherheit (Frostschaden, Gewitter...).


2. Sammlung von Samen<br />

Erfahrungen zum Anbau von <strong>Färberpflanzen</strong> in Frankreich<br />

Wir sind im ständigen weltweiten Kontakt mit botanischen Gärten. Für<br />

eine Pflanzenart erhalten wir Samen aus verschiedenen Ländern.<br />

3. Untersuchungsvorgänge und Untersuchungsmittel<br />

Mittel<br />

Wir verfügen über eine Experimentierparzelle von 2 ha. Auf dieser Parzelle<br />

befinden sich 70 Einheiten (Module) von je 100 Quadratmetern.<br />

Wir verfügen über ein Gewächshaus mit einer Größe von 60 Quadratmetern<br />

für die Keimpflanzen. Wir arbeiten zusammen mit Gartenbauern,<br />

die in ihren Gewächshäusern unsere Jungpflanzen anbauen.<br />

Züchtungsvorgänge für 9 Pflanzen<br />

Wir studieren verschiedene Arten der Vermehrung<br />

- Aussaat<br />

- Keimpflanzen im Gewächshaus<br />

- Vegetative Vermehrung.<br />

Wir studieren auch:<br />

- Düngung<br />

- Unkrautbekämpfung: mit oder ohne Herbizide (mit Plastikfolie<br />

oder biologisch abbaubarem Papier)<br />

- Krankheiten und Schädlingsbekämpfung<br />

- Mechanisierung der Ernte, der Aussaat, des Anbaus.<br />

Wir arbeiten besonders an der Entwicklung von 9 Pflanzen.<br />

Die 9 Pflanzen sind:<br />

Rese<strong>da</strong> luteola – Färberwau (Gelb)<br />

Aussaat und Anbau im April<br />

Ernte der ganzen Pflanze im August mit einer Mähmaschine<br />

Trocknungsvorgang bei 40 Grad<br />

Extraktion mittels: Wasseralkohollösung<br />

Im Jahr <strong>2001</strong> haben wir diese Pflanze auf einer Fläche von 3000 m 2 angebaut.<br />

Rubia tinctorum – Krapp (Rot)<br />

Anbau von Keimpflanzen im April<br />

Ernte der Wurzeln im Oktober mit einer Häckselmaschine<br />

Trocknungsvorgang bei 40 Grad<br />

Gülzow, 30. November 1995 33


34<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Verschiedene Extraktionsvorgänge sind hier möglich<br />

<strong>2001</strong> haben wir eine Fläche von 1,5 ha<br />

Polygonum tinctorium – Färberknöterich (Blau)<br />

Aussaat im Mai<br />

4 Erntefolgen von Juli bis Oktober<br />

Die Extraktion erfolgt an der frisch geschnittenen Pflanze.<br />

<strong>2001</strong> eine Fläche von 2000 m 2<br />

Genista tinctoria – Färberginster (Gelb)<br />

Anbau im April oder Oktober von zwei Jahre alten Stecklingen<br />

Der Färberginster ist ein mehrjähriger Strauch<br />

Ernte der Blütenstandszweige mit Hilfe der Mähmaschine im Juni<br />

Trocknungsvorgang bei 40 Grad<br />

Extraktion mittels: Wasseralkohollösung<br />

<strong>2001</strong> eine Fläche von 600 m 2<br />

Soli<strong>da</strong>go canadensis – Kanadische Goldrute (Gelb)<br />

Anbau im Mai<br />

Ernte des Blütenstandes im Juli mit Hilfe einer Mähmaschine<br />

Trocknungsvorgang bei 40 Grad<br />

Extraktion mittels: Wasseralkohollösung<br />

<strong>2001</strong> eine Fläche von 2000 m 2<br />

Rhamnus cathartica – Echter Kreuzdorn (Gelb)<br />

Anbau ist möglich von Oktober bis Februar<br />

Handernte der unreifen Beeren im August und der reifen Beeren im Oktober<br />

Trocknungsvorgang bei 40 Grad<br />

Extraktion mittels: Wasserlösung<br />

Fläche von 1 ha<br />

Coreopsis tinctoria – Schönauge (orange)<br />

Anbau im Mai<br />

2 Erntevorgänge sind möglich:<br />

Handernte der Blüten jeden zweiten Tag<br />

Ernte der gesamten Pflanze mit Hilfe einer Mähmaschine<br />

Trocknungsvorgang bei 40 Grad<br />

Extraktion mittels: Wasseralkohollösung<br />

<strong>2001</strong> eine Fläche von 200 m 2<br />

Cosmos sulphureus – Cosmea-Spez. (Kenikir) (orange)<br />

Wie Coreopsis<br />

<strong>2001</strong> eine Fläche von 1000 m 2


Erfahrungen zum Anbau von <strong>Färberpflanzen</strong> in Frankreich<br />

Anthemis tinctoria – Färberhundskamille (Gelb)<br />

Aussaat im April im Gewächshaus, Anbau im Mai<br />

Ernte im Juli (nur Blütenstandszweige)<br />

Trocknungsvorgang bei 40 Grad<br />

Extraktion mittels: Wasseralkohollösung<br />

4. Versuche mit neuen Pflanzenarten<br />

Ein Screening muss jedes Jahr erfolgen.<br />

5. Produktion von Samen oder Stecklingen<br />

Wir produzieren unser Pflanzenmaterial für die Vermehrung.<br />

6. Entwicklung der Pflanzen beim Landwirt<br />

Wir arbeiten mit 7 Landwirten zusammen, mit denen wir einen Produktionsvertrag<br />

abgeschlossen haben. Sie bauen die <strong>Färberpflanzen</strong> auf einer<br />

Fläsche von 1000 m 2 bis zu einem ha an. Wir beliefern sie mit Samen oder<br />

Keimpflanzen und kaufen ihnen die Ernte ab.<br />

Wir trocknen die Pflanzen in einer elektrischen Trockenanlage.<br />

Unser Ziel für die Zukunft ist es, eine landwirtschaftliche Genossenschaft<br />

für <strong>Färberpflanzen</strong> zu bilden, die in der Lage ist, Unternehmen, die<br />

auf dem Gebiet der Extraktion spezialisiert sind, mit getrockneten zerkleinerten<br />

Pflanzen zu beliefern.<br />

Wir kooperieren mit der Landwirtschaftskammer im Bereich der<br />

genauen Kalkulation der Produktionskosten für die landwirtschaftlischen<br />

Rohstoffe.<br />

3.2 Labortätigkeit<br />

1. Arbeitsgebiet<br />

Wir arbeiten in folgenden Aufgabengebieten:<br />

- Kosmetik<br />

- Textil (natürliche Fasern wie Wolle, Baumwolle, Leinen und Seide)<br />

- Leder<br />

- Farbe<br />

Gülzow, 30. November 1995 35


36<br />

- Lasuren für Holz.<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

2. Optimierung der Zerkleinung der getrockneten Pflanzen<br />

Wir untersuchen die verschiedenen Arten der Pulverisierung, um die<br />

Farbgewinnung zu optimieren und um mögliche Verklumpungen bei der<br />

Filtration zu verhindern. Wir stellen Versuche über verschiedene Zerkleinerungsgrade<br />

an.<br />

3. Extraktionsvorgänge<br />

Je nach Pflanzenart extrahieren wir entweder mittels einer Wasserlösung<br />

oder einer Wasseralkohollösung.<br />

Wir versuchen für jede Pflanzenart die beste Abstimmung zwischen<br />

T °C Zeit und pH-Wert zu finden.<br />

Wir arbeiten über <strong>da</strong>s richtige Verhältnis Pflanzenstoffe/Lösung.<br />

4. Bestimmung der Farbstoffe<br />

Es bestehen genormte Analysevorgänge für jede Pflanzenart. Für diese<br />

genormten Analysen verwenden wir folgende Geräte:<br />

- Photospektrometer<br />

- Farbspektrometer<br />

- HPLC<br />

Das Ziel dieser Analysen ist die Qualitätskontrolle der Ernteerträge pro<br />

Jahr und pro Landwirt. Ausserdem erlauben uns diese Analysen, die besten<br />

Anbaumethoden zu bestimmen und die Reproduzierbarkeit zu verstehen<br />

und zu verbessern.<br />

Wir arbeiten an Beizmitteln (organische und anorganische Beizmittel).<br />

Wir erstellen Farbkataloge auf verschiedenen Trägerstoffen für die<br />

Kundenwerbung.<br />

Wir studieren auch:<br />

- die genaue Formulierung der Extraktionsmoleküle und deren Eingliederung<br />

in den Produktionsprozess zusammen mit den betroffenen<br />

Industrien.<br />

- die Bestimmung der Haltbarkeits<strong>da</strong>uer und der Lagerstabilität<br />

- den Scale up auf eine Extraktionsgewinnung von 100 kg.


5. Lichtechtheit<br />

Erfahrungen zum Anbau von <strong>Färberpflanzen</strong> in Frankreich<br />

Wir untersuchen verschiedene Extrakte auf ihre Lichtechtheit auf verschiedenen<br />

Trägerstoffen.<br />

4 Abschluss<br />

In den vergangenen 5 Jahren haben wir viel Erfolg gehabt, aber wir haben<br />

noch viel zu tun. Für die Zukunft haben wir uns den folgenden Herausforderungen<br />

angenommen:<br />

- Verbesserung des Anbaus<br />

- Verbesserung der Extraktionsanlagen<br />

- Verbesserung der Lichtechtheit<br />

- Verbesserung der Reproduzierbarkeit<br />

- Arbeiten mit industriellen Partnern, die sich auf die Färbung mit<br />

<strong>Färberpflanzen</strong> verstehen, und die an die <strong>Färberpflanzen</strong> glauben<br />

- Etablieren eines Produktionsweges von der Landwirtschaft bis<br />

zum Industriepartner, der fähig ist, große Mengen zu verarbeiten.<br />

Die zwei letzten Punkte sind die schwersten und brauchen viel Energie.<br />

Bis <strong>da</strong>hin werden wir auch <strong>da</strong>s Screening weiterführen und uns um<br />

neue Arbeitsgebiete kümmern (wie Lebensmittel, zum Beispiel).<br />

Wir wollen auch unsere Erfahrungen mit anderen Europäischen Forschungszentren<br />

austauschen, um eine gute Zusammenarbeit zu erreichen<br />

und natürlich auch um Zeit zu sparen. Momentan haben wir mit dem<br />

<strong>Forum</strong> "<strong>Färberpflanzen</strong> <strong>2001</strong>" unseren ersten Schritt <strong>da</strong>zu gemacht. Damit<br />

sind wir offen für eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Recherchen<br />

mit anderen Ländern und wir laden sie herzlich ein, uns in Frankreich zu<br />

besuchen.<br />

Gülzow, 30. November 1995 37


<strong>Färberpflanzen</strong>sammlung des CRITT Horticole<br />

38<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Botanischer Name franz. Artbezeichnung Familie Farbe<br />

Achillea millefolium L. Achillée millefeuille Asteraceae<br />

Agrimonia eupatoria L. Aigremoine eupatoire Rosaceae<br />

Alcea rosea L. Rose trémière Malvaceae<br />

Alchemilla vulgaris L. Alchémille vulgaire Rosaceae<br />

Alkanna tinctoria Tausch. Orcanette des teint. Boraginaceae<br />

Anthemis tinctoria L. Anthémis des teinturiers Asteraceae<br />

Atriplex hortensis L. Arroche cultivé Chenopodiaceae<br />

Berberis vulgaris L. Epine vinette Berberi<strong>da</strong>ceae<br />

Calendula officinalis L. Souci des jardins Asteraceae<br />

Calluna vulgaris (L.) Hull. Callune Ericaceae<br />

Centaurea cyanus L. Bleuet Asteraceae<br />

Chrozophora tinctoria (L.) A. Juss. Maurelle Euphorbiaceae<br />

Coprosma rhamnoides Cunn. Rubiaceae<br />

Coreopsis tinctoria Nutt. Coréopsis des teint Asteraceae orange<br />

Cosmos sulphureus Cav. Cosmos orange Asteraceae orange<br />

Crocus sativus L. Safran Iri<strong>da</strong>ceae<br />

Cynara cardunculus L. Cardon Asteraceae<br />

Dahlia variabilis (Willd.) Dahlia Asteraceae<br />

Eupatorium cannabinum L. Eupatoire chanvrine Asteraceae<br />

Fagopyrum esculentum Moench. Sarrasin Polygonaceae<br />

Fumaria officinalis L. Fumeterre officinal Fumariaceae<br />

Galium mollugo L. Caille-lait blanc Rubiaceae<br />

Galium tinctorium L. Gaillet des teinturiers Rubiaceae<br />

Galium verum L. Gaillet vrai Rubiaceae<br />

Gardenia jasminoides Ellis. Jasmin du Cap Rubiaceae<br />

Genista tinctoria L. Genêt des teinturiers Fabaceae jaune<br />

Helianthus annuus L. Tournesol Asteraceae<br />

Hypericum perforatum L. Millepertuis perforé Hypericaceae<br />

Iris germanica L. Iris germanica Iri<strong>da</strong>ceae<br />

Isatis tinctoria L. Pastel ou Guède Brassicaceae<br />

Juglans regia L. Noyer commun Juglan<strong>da</strong>ceae noir<br />

Lawsonia inermis L. Henné Lythraceae<br />

Ligustrum vulgare L. Troëne Oleaceae<br />

Lithospermum erythrorhizon<br />

Sieb. et Zucc.<br />

Murasaki Boraginaceae<br />

Lycopus europaeus L. Lycope d’Europe Lamiaceae<br />

Lythrum salicaria L. Salicaire commune Lythraceae


Erfahrungen zum Anbau von <strong>Färberpflanzen</strong> in Frankreich<br />

Botanischer Name franz. Artbezeichnung Familie Farbe<br />

Maclura pomifera (Raf.)<br />

C. Schneid.<br />

Oranger des Osages Moraceae<br />

Mahonia aquifolium (Pursh.) Nutt. Mahonia feuilles de houx Berberi<strong>da</strong>ceae<br />

Matricaria recutita L. Petite camomille Asteraceae<br />

Morus alba L. Mûrier blanc Moraceae<br />

Morus nigra L. Mûrier noir Moraceae<br />

Onosma echioides L. Orcanette jaune Boraginaceae<br />

Papaver orientale L. Pavot d’Orient Papaveraceae<br />

Papaver rhoeas L. Coquelicot Papaveraceae<br />

Physalis franchetii Mast. Solanaceae<br />

Phytolacca americana L. Raisin d’Amérique Phytolaccaceae<br />

Polygonum tinctorium Ait. Renouée des teinturiers Polygonaceae bleu<br />

Potentilla erecta (L.) Raüschel Potentille tormentille Asteraceae<br />

Rese<strong>da</strong> luteola L. Résé<strong>da</strong> Rese<strong>da</strong>ceae jaune<br />

Rhamnus alaternus L. Nerprun alaterne Rhamnaceae jaune<br />

Rhamnus cathartica L. Nerprun purgatif Rhamnaceae jaune<br />

Rhamnus frangula L. Nerprun bour<strong>da</strong>ine Rhamnaceae jaune<br />

Rhamnus infectorius L. Nerprun fétide Rhamnaceae<br />

Rheum rabarbarum L. Rhubarbe Polygonaceae<br />

Rheum chinensis L. Rhubarbe de chine Polygonaceae jaune<br />

Rubia peregrina L. Garance voyageuse Rubiaceae<br />

Rubia tinctorum L. Garance des teinturiers Rubiaceae reuge<br />

Rudbeckia hirta L. Rudbeckia Asteraceae<br />

Rudbeckia laciniata L. Rudbeckia Asteraceae<br />

Rumex patientia L. Patience Polygonaceae<br />

Ruta graveolens L. Rue fétide Rutaceae<br />

Sambucus nigra L. Sureau noir Caprifoliaceae<br />

Serratula tinctoria L. Serratule des teint. Asteraceae<br />

Solanum nigrum L. Morelle noire Solanaceae<br />

Soli<strong>da</strong>go canadensis L. Soli<strong>da</strong>ge du Cana<strong>da</strong> Asteraceae jaune<br />

Soli<strong>da</strong>go virgaurea L. Soli<strong>da</strong>ge verge d’or Asteraceae<br />

Sophora japonica L. Sophora du Japon Fabaceae jaune<br />

Tagetes erecta L. Rose d’Inde Asteraceae<br />

Tagetes patula L. Oeillet d’Inde Asteraceae<br />

Tanacetum vulgare L. Tanaisie Asteraceae<br />

Fitis vinifera L. Vigne Vitaceae<br />

Xanthium strumarium L. Lampourde glouteron Asteraceae<br />

Zea mays L. Maïs Poaceae<br />

Gülzow, 30. November 1995 39


Philippe Faucon<br />

Arrdhor CRITT Horticole<br />

18 rue de l’Arsenal<br />

F-17300 Rochefort<br />

France<br />

arrdhor@wanadoo.fr<br />

40<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Tropische Spezies<br />

Botanischer Name<br />

Franz. Artbezeichnung Familie Farbe<br />

Acacia catechu (L.f.) Willd. Acacia à cachou Fabaceae<br />

Areca catechu L. Palmier aréquier Arecaceae<br />

Aspidosperma quebracho-blanco<br />

Schltdl.<br />

(Aspidosperma) Apocynaceae<br />

Baptisia tincioria R. Br. Indigo sauvage Fabaceae<br />

Bixa orellana L. Rocouyer ou Annatto Bixaceae<br />

Caesalpinia brasiliensis L. Bois du Brésil Cesalpiniaccae<br />

Caesalpinia crista L. Bois de pernambouc Cesalpiniaccae<br />

Caesalpinia sappan L. Bois de sappan Cesalpiniaceae rouge<br />

Cassia senna L. (Cassia) Fabaceae<br />

Cochlospermum tinctorium A. Rich. Cochlospermaceae<br />

Curcuma longa L. Curcuma Zingiberaceae<br />

Haematoxylon campechianum L. Campêche Fabaceae violet<br />

Indigofera tinctoria L. Indigotier Fabaceae bleu<br />

Maclura affinis Miq. (Maclura) Moraceae<br />

Morin<strong>da</strong> citrifolia L. Suranji ou Al Rubiaceae<br />

Morus tinctoria mûrier des teinturiers jaune<br />

Pterocarpus santalinus Blanco Santal rouge Fabaceae rouge<br />

Pterocarpus soyauxii Taub. bois de Padeuk Fabaceae orange


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Färbepflanzen aus Ökologischem<br />

Landbau<br />

A. Hartl, C. R. Vogl<br />

Institut für Ökologischen Landbau, Universität für Bodenkultur Wien<br />

Die vorgestellten Ergebnisse sind Teil des Forschungsprojektes „Ökotextilien<br />

aus Ökolandbau“ (Kurztitel) 1 . Ziel des Projektes war die Bereitstellung<br />

von Grundlageninformationen zu Anbau, Verarbeitung und Handel<br />

von Flachs, Hanf, Fasernessel und Färbepflanzen aus Biologischem Anbau<br />

bzw. den <strong>da</strong>raus hergestellten Naturtextilien. Es sollten sowohl die<br />

aktuelle Situation als auch <strong>da</strong>s Potential und die limitierenden Faktoren<br />

für eine weitere Entwicklung in Österreich erhoben und <strong>da</strong>rgestellt werden.<br />

Die Daten basieren auf Literatur- und Datenbankrecherchen, Interviews<br />

mit AkteurInnen aus der Landwirtschaft und der textilen Kette sowie<br />

einer Befragung österreichischer NaturtextilherstellerInnen und<br />

-händlerInnen.<br />

Im Rahmen dieses Projektes wurde ein einjähriger Feldversuch mit<br />

Färbepflanzen durchgeführt (HARTL & VOGL 2000 c). Ziel des Feldversuchs<br />

war eine erste Quantifizierung von Erträgen, Farbstoffgehalten und<br />

Färbequalitäten der unter den Bedingungen des Biologischen Landbaus<br />

kultivierten Färbepflanzenarten Färber-Resede (Rese<strong>da</strong> luteola), Färberkamille<br />

(Anthemis tinctoria) und Färberknöterich (Polygonum tinctorium).<br />

Farbstoffgehalt und Färbequalität von je drei verschiedenen Saatgutherkünften<br />

pro Art sollten im Vergleich mit aktuell im Handel erhältlichen<br />

bzw. von FärberInnen eingesetzten Färbedrogen bewertet werden.<br />

1 Projekt L 1043/96 „Erarbeitung von Grundlageninformationen und Strategien zur<br />

Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Faser- und Färbepflanzen aus<br />

Ökologischem Landbau“ (HARTL & VOGL 2000 a, b, und c). Finanzierung: BMLFU<br />

und BMVIT, Laufzeit: 01/97 bis 01/2000.<br />

Gülzow, 30. November 1995 41


Material und Methoden<br />

42<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Der Feldversuch wurde auf zwei Biobetrieben im Marchfeld in Niederösterreich<br />

(Glinzendorf und Dörfles) im Jahr 1999 angelegt (Tab. 1,<br />

Tab. 2). Als Versuchsdesign wurde eine systematische Anlagemethode<br />

gewählt (Langparzellenmethode, MUNZERT 1992).<br />

Die getesteten Saatgutherkünfte stammten von deutschen Saatgutfirmen<br />

bzw. von deutschen, österreichischen und japanischen Forschungsstationen.<br />

Die Bestandesetablierung erfolgte durch Auspflanzen von<br />

Jungpflanzen mittels Pflanzmaschine. Der Anbau erfolgte den Richtlinien<br />

des Ökologischen Landbaus entsprechend ohne chemisch-synthetischen<br />

Pflanzenschutzmittel und Düngemittel.<br />

Für die Trockenmassebestimmung bzw. Probennahme (Farbstoffanalyse<br />

und Färbung) von Färber-Resede und Färberkamille wurde <strong>da</strong>s Erntegut<br />

bei 40-60 °C getrocknet. Der Indicangehalt der Färberknöterichherkünfte<br />

wurde aus frischen Blättern bestimmt, der Indigo für die<br />

Probefärbung wurde im wesentlichen nach der von WURL et al. (1999)<br />

beschriebenen Methode unmittelbar nach der Ernte extrahiert.<br />

Für den Vergleich der Ergebnisse aus dem Anbauversuch mit praxisüblichen<br />

Qualitäten wurden Proben von Färber-Resede, Färberkamille<br />

und Indigo (aus dem tropischen Indigostrauch Indigofera sp., <strong>da</strong> Indigo<br />

aus Färberknöterich nicht erhältlich ist) hinzugezogen.<br />

Die Analysen des Farbstoffgehaltes wurden mittels HPLC durchgeführt.<br />

Die Analyse der Färbequalität erfolgte mittels Remissionsmessung<br />

und Test der Gebrauchsechtheiten. Bei den durchgeführten Färbungen<br />

handelt es sich um Vergleichsausfärbungen zwischen Proben aus<br />

dem Feldversuch und Warenpartieproben unter stan<strong>da</strong>rdisierten Bedingungen.<br />

Es fanden keine Optimierungen hinsichtlich Farbstoffaufnahme,<br />

Flottenauszug usw. statt. (Tab. 1, genaue Angaben siehe HARTL & VOGL<br />

2000 c). 1<br />

1 Die Analysen des Farbstoffgehaltes wurden am Institut für Chemie der Universität<br />

für Bodenkultur Wien durchgeführt. Die Färbungen, Remissionsmessungen und<br />

Echtheitstests erfolgten am Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e.V.<br />

(Greiz).


Tabelle 1: Versuchskonzeption<br />

VersuchsanlageParzellengröße<br />

Färbepflanzen aus Ökologischem Landbau<br />

Färber-Resede Färberkamille Färberknöterich<br />

Langparzellenmethode, 2 Standorten<br />

pro Art: 3 Herkünfte, 4 Wiederholungen<br />

6 m 2 9 m 2 24 m 2<br />

Ertrag Frischmasse, Trockenmasse<br />

Farbstoffgehalt<br />

&<br />

-zusammensetzung<br />

Gesamtflavonoidgehalt(Luteolin<br />

u. Glycoside;<br />

Apigenin, andere Flavonoide<br />

als Quercetin<br />

berechnet; HPLC)<br />

Gesamtflavonoidgehalt(berechnet<br />

als Quercetin;<br />

HPLC)<br />

Indigovorstufen<br />

(Indicanglycoside;<br />

HPLC)<br />

Färbung Vergleichsausfärbungen bei stan<strong>da</strong>rdisierten Färbeverfahren;<br />

Remissionsmessung und Test der Gebrauchsechtheiten (Lichtechheit,<br />

Reibechheit naß/trocken, Schweißechtheit alkalisch/<br />

sauer, Waschechtheit)<br />

Probenanzahl<br />

aus dem<br />

Versuch<br />

ProbenanzahlWarenpartien <br />

Probenanzahlinsgesamt<br />

Für Farbstoffanalyse<br />

und Färbung:<br />

pro Herkunft und<br />

Standort 2 Proben<br />

(je eine Mischprobe<br />

aus WH 1+2 und<br />

WH 3+4); in Summe<br />

12 Proben<br />

Für Farbstoffanalyse<br />

und Färbung:<br />

pro Herkunft und<br />

Standort 2 Proben<br />

(je eine Mischprobe<br />

aus WH 1+2 und<br />

WH 3+4); in Summe<br />

12 Proben<br />

Für Farbstoffanalyse:<br />

pro Herkunft<br />

und Standort 4 Proben<br />

zu 2 Schnittterminen<br />

(je 1 Probe<br />

pro WH), in Summe<br />

48 Proben<br />

Für Färbung:<br />

1 Probe pro Herkunft<br />

und WH, ein<br />

Standort;<br />

in Summe 12 Proben<br />

3 3 3<br />

15 15<br />

48 (Farbstoffanalyse)<br />

bzw.<br />

15 (Färbung)<br />

Gülzow, 30. November 1995 43


Tabelle 2: Versuchsstandorte<br />

Ergebnisse und Diskussion<br />

Trockenmasseerträge<br />

44<br />

Biohof A<strong>da</strong>mah, Familie<br />

Zoubek<br />

Glinzendorf<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Biobetrieb Familie Hof,<br />

Dörfles<br />

Biobetrieb seit 1998 1989<br />

Vorfrucht 1998 Wintergerste, Zwischenfrucht:<br />

Ölrettich und Phacelia<br />

Sommergerste,<br />

Zwischenfrucht: Erbse<br />

Boden k.A.<br />

kalkhaltige Feucht-<br />

(von Bodenkartierung schwarzerde auf feinem<br />

nicht erfaßt)<br />

Schwemmmaterial<br />

N gesamt a 0,15 - 0,20 %<br />

pH a 7,6<br />

Humus aus TOC a 2,9 - 3,0 % 4,1 - 6,4 %<br />

Karbonat a 9,7 - 11,7 % 12,2 - 12,9 %<br />

P 2 O 5 , K 2 O a Klasse C und D<br />

Niederschlag 608 mm (mittel)<br />

549 mm (1999)<br />

521 mm (mittel)<br />

550 mm (1999)<br />

Temperatur 9,8 °C (mittel) 9,9 °C (mittel)<br />

a. Gehalt im Oberboden (0-25 cm). Genaue Angaben siehe Hartl & Vogl (2000 c).<br />

Die Trockenmasseerträge von Färber-Resede liegen zwischen 0,7 und<br />

2,7 t/ha und somit deutlich unter den aus der Literatur bekannten Werten<br />

von 4-5 t/ha (Thüringen und Brandenburg; TLL 1999, <strong>ADAM</strong> & DITT-<br />

MANN 1998). Eine mögliche Ursache könnte im starken Befall mit Cercospora<br />

rese<strong>da</strong>e liegen (Abb. 1).<br />

Auch die Trockenmasseerträge der Färberkamille (Blütenköpfchen)<br />

liegen mit 1,1-1,8 t/ha wesentlich unter den aus Thüringen bekannten<br />

Werten von 2-2,5 t/ha (TLL 1997). Sowohl bei Färber-Resede als auch bei


Trockenmasse (t/ha) Trockenmasse (t/ha)<br />

Färbepflanzen aus Ökologischem Landbau<br />

Abbildung 1: Trockenmasseerträge von Färber-Resede (ganze Pflanze)<br />

Mittelwerte, die mit dem selben Buchstaben bezeichnet sind,<br />

unterscheiden sich nicht signifikant. Test auf Signifikanzen zwischen<br />

den Herkünften eines Standortes.<br />

Gülzow, 30. November 1995 45


46<br />

Trockenmasse (t/ha) Trockenmasse (t/ha)<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Abbildung 2: Trockenmasseerträge von Färberkamille (Blütenköpfchen)<br />

Mittelwerte, die mit dem selben Buchstaben bezeichnet sind,<br />

unterscheiden sich nicht signifikant. Test auf Signifikanzen zwischen<br />

den Herkünften eines Standortes.


Färbepflanzen aus Ökologischem Landbau<br />

Färberkamille sind signifikante Unterschiede im Trockenmasseertrag<br />

zwischen den Herkünften feststellbar (Abb. 2).<br />

Die Blatt-Trockenmasseerträge des Färberknöterichs (Summe 1. + 2.<br />

Schnitt) liegen auf beiden Standorten im Mittel bei 3,1 t/ha. Die Erträge<br />

der getesteten Herkünfte unterscheiden sich auf beiden Standorten nicht<br />

signifikant. Verglichen mit den Erträgen in der Literatur, liegen die<br />

Blatt-Trockenmasseerträge somit innerhalb der Bandbreite der Erträge<br />

der drei besten im Rahmen einer Herkunftsprüfung von BIERTÜMPFEL &<br />

VETTER (1999) getesteten Herkünfte mit Erträgen von 2,3-3,9 t/ha<br />

(Abb. 3).<br />

Farbstoffgehalt<br />

Der Gesamtflavonoidgehalt der Färber-Resede liegt bei den Proben aus<br />

dem Feldversuch bei 1,53-4,00 % der Trockenmasse. Der Gesamtflavonoidgehalt<br />

der Warenpartien liegt bei 2,55-2,96 %. Von den 12 Proben aus<br />

dem Feldversuch liegen 8 unter dem niedrigsten Wert der Warenpartien,<br />

die anderen 4 deutlich über dem höchsten Wert der Warenpartien.<br />

Der Gesamtflavonoidgehalt der Färberkamille liegt bei 0,84-1,50 %<br />

der Blütenköpfchen-Trockenmasse. Diese Werte liegen unter den Gehalten<br />

der Warenpartien (1,64-2,43 %). Die Werte von Färber-Resede und<br />

Färberkamille wurden aufgrund der geringen Stichprobenanzahl nicht<br />

statistisch ausgewertet.<br />

Der Indicangehalt in den frischen Blättern des Färberknöterichs weist<br />

je nach Herkunft starke Unterschiede auf: die beiden japanischen Herkünfte<br />

Furusho und Ono haben statistisch signifikant höhere Gehalte<br />

(Tab. 3). Die von YONEKAWA (1993) festgestellten Unterschiede des Farbstoffgehalts<br />

zum 1. und 2. Schnitttermin konnten nicht bestätigt werden.<br />

Der aus dem Indicangehalt berechnete Indigogehalt des Färberknöterichs<br />

liegt bei 0,22-0,64 % der Blatt-Trockenmasse.<br />

Der Gesamtflavonoidgehalt der Färber-Resede entspricht größenordnungsmäßig<br />

der in der Literatur genannten Bandbreite. Der Farbstoffgehalt<br />

von Färberkamille und Färberknöterich liegt jedoch so deutlich unter<br />

den in der Literatur genannten Werten, <strong>da</strong>ß die Ursache <strong>da</strong>für nicht in<br />

Standortunterschieden, sondern in unterschiedlichen Analysemethoden<br />

liegen dürfte (Abb. 4).<br />

Gülzow, 30. November 1995 47


48<br />

Trockenmasse (t/ha)<br />

Trockenmasse (t/ha)<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Abbildung 3: Trockenmasseerträge von Färberknöterich<br />

Mittelwerte, die mit dem selben Buchstaben bezeichnet sind,<br />

unterscheiden sich nicht signifikant. Test auf Signifikanzen zwischen<br />

den Herkünften eines Standortes.


Tabelle 3: Übersicht Farbstoffgehalte<br />

TM=Trockenmasse<br />

Färber-Resede<br />

Gesamtflavonoidgehalt<br />

(% TM)<br />

Färberkamille<br />

Gesamtflavonoidgehalt<br />

(% TM Blütenköpfchen)<br />

Färberknöterich<br />

Indigogehalt (berechnet<br />

aus Indican;<br />

% Blatt-TM)<br />

Feldversuch<br />

Farbmetrische Bewertung und Gebrauchsechtheiten<br />

Färbepflanzen aus Ökologischem Landbau<br />

Warenpartien<br />

Literatur<br />

1,53-4,00 % 2,5-2,96 % 2-4 % (TLL 1999)<br />

2-3 % (A<strong>da</strong>m & Dittmann<br />

1998)<br />

0,84-1,5 % 1,64-2,43 % 4-5 % (Vetter et al. 1999)<br />

2,54-6,82 % (Biertümpfel<br />

& Vetter 1999)<br />

0,22-0,64 % - 2,06-6,37 % (Biertümpfel<br />

& Vetter 1999)<br />

Die Ausfärbungen mit Färberkamille und Färber-Resede zeigen einen<br />

sehr gleichmäßigen Farbstoffaufzug. Das Warenbild ist ruhig und weist<br />

keinerlei Unregelmäßigkeiten auf. Beim Indigo kann man in der Tendenz<br />

erkennen, <strong>da</strong>ß <strong>da</strong>s Warenbild umso unruhiger wirkt, je heller die Färbung<br />

ist.<br />

Bei den Ausfärbungen mit Färber-Resede fällt nur eine Probe (Warenpartie)<br />

durch Farbtonunterschiede auf (auffallend reiner, wesentlich brillianterer<br />

gelber Farbton). Die Ursache wird in einer Vorbehandlung des<br />

Probenmaterials vermutet. Die Helligkeitsunterschiede zwischen den<br />

Proben sind gering. Bei der Färberkamille weichen einzelne Proben im<br />

Farbton ab, allerdings nicht so deutlich wie bei der Resede. Beim Färberknöterich-Indigo<br />

basieren die Unterschiede zwischen den Ausfärbungen<br />

(deutlich hellere Färbungen der Herkunft TLL) auf dem durch die Farbstoffanalyse<br />

bestätigten geringeren Indigogehalt dieser Herkunft. Die<br />

Nuancenverschiebungen zwischen den Proben sind gering.<br />

Unterschiede in den Gebrauchsechtheiten der Proben (Lichtechtheit,<br />

Reibechtheit trocken und naß, Schweißechtheit alkalisch und sauer,<br />

Waschechtheit) sind bei Färber-Resede und Färberkamille, den Fehlerbereich<br />

ausgeschlossen, kaum erkennbar. Bei den Indigo-Proben sind die<br />

Gülzow, 30. November 1995 49


50<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Abbildung 4: Indicangehalt der Färberknöterichherkünfte<br />

Mittelwerte, die mit dem selben Buchstaben bezeichnet sind,<br />

unterscheiden sich nicht signifikant. Test auf Signifikanzen zwischen<br />

den Herkünften eines Standortes.


Färbepflanzen aus Ökologischem Landbau<br />

Unterschiede in den Echtheiten durch die sehr unterschiedlichen Farbtiefen<br />

der Ausfärbungen bedingt.<br />

Die Ergebnisse bestätigen, <strong>da</strong>ß mit Ausnahme der Lichtechtheiten bei<br />

den Beizenfarbstoffen Färber-Resede und Färberkamille auch mit Naturfarbstoffen<br />

gute bis sehr gute Echtheitsnoten erzielt werden können. Die<br />

Lichtechtheiten von Färber-Resede (Note 2 bzw. 2-3) und Färberkamille<br />

(Note 2, 2-3 bzw. 3) sind nicht befriedigend. In der Praxis werden, abhängig<br />

vom Artikel, Noten von mindestens 3-4 gefordert. Ein Verbesserungspotential<br />

liegt hier in der Optimierung der Färbemethoden (v.a. Beizenwahl)<br />

und in der Anwendung von Extrakten: mit Extrakten aus<br />

Färber-Resede wurden auf Wollgewebe Lichtechtheiten bis Note 4<br />

erreicht, bei Färberkamille wurde die Note 4-5 erzielt. Auf Leinen wurden<br />

mit Resede Lichtechtheiten bis zur Note 5-6 und mit Färberkamille bis zur<br />

Note 5 erreicht (BOCHMANN & WEISER 1999).<br />

Die Indigofärbungen weisen mit Note 4, 4-5 und 5 gute bzw. sehr gute<br />

Lichtechtheiten auf.<br />

Ausblick<br />

Da es sich beim vorliegenden Feldversuch um eine einjährige Versuchsanlage<br />

handelt, sollten die Ergebnisse durch weitere Versuche abgesichert<br />

werden. Speziell für den Biologischen Landbau sollten <strong>da</strong>bei v.a.<br />

Möglichkeiten der Ertragserhöhung bei Färber-Resede und Färberkamille,<br />

die Regulierung von Cercospora rese<strong>da</strong>e und die Unkrautregulierung<br />

v. a. beim Färberknöterich berücksichtigt werden (die Erfahrungen aus<br />

der Pflege des Versuchs zeigen, <strong>da</strong>ß v. a. beim Färberknöterich mit einem<br />

höheren Aufwand in der Unkrautregulierung zu rechnen ist, Färber-Resede<br />

und Färberkamille wiesen bei der im Versuch angewandten Methode<br />

der Bestandesetablierung mit Jungpflanzen geringere Probleme<br />

mit Unkräutern auf).<br />

Im gesamten gesehen liegen die wesentlichen Hemmnisse für die weitere<br />

Entwicklung jedoch weniger im Anbau, sondern in der Verarbeitung<br />

der Rohstoffe (Extraktion, Färbung) und in der Vermarktung der pflanzengefärbten<br />

Produkte (spezielle Marketingkonzepte, die die Besonderheiten<br />

der Pflanzenfärbung hervorheben). Bei den im Zuge des<br />

Forschungsprojektes befragten NaturtextilherstellerInnen und -händler-<br />

Innen ist ein zurückhaltendes Engagement bezüglich pflanzengefärbten<br />

Gülzow, 30. November 1995 51


52<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Naturtextilien zu erkennen. Es herrscht ein Informationsdefizit bezüglich<br />

der Produktionsweise der Färbedrogen (konventionell, bio oder Wildsammlung)<br />

und der Färbemethoden. Erwünscht sind einheitliche ökologische<br />

Qualitätsstan<strong>da</strong>rds – v. a. von seiten der befragten HändlerInnen<br />

wurden umweltverträgliche Färbemethoden und Rohstoffe (Färbedrogen)<br />

aus Biologischem Landbau gefordert (HARTL & VOGL 2000 a).<br />

Das Potential für einen Anbau von Färbepflanzen im Biologischem<br />

Landbau in Österreich liegt in der Nutzung der bereits vorhandenen<br />

Erfahrungen und Strukturen im biologischen Heil- und Gewürzkräuteranbau.<br />

Speziell im Biologischen Landbau ist aufgrund der zu erwartenden<br />

höheren Kosten im Anbau und des höheren Ertragsrisikos die Entwicklung<br />

von hochwertigen Produkten, Möglichkeiten der<br />

Kuppelproduktnutzung und Entwicklung von Kooperationsformen mit<br />

weiterverarbeitenden Betrieben, die eine hohe Wertschöpfung für die<br />

LandwirtInnen ermöglichen, gefordert.<br />

Quellenverzeichnis<br />

/1/ <strong>ADAM</strong>, L. und B. DITTMANN (1998): <strong>Färberpflanzen</strong>. Färber-Resede (Rese<strong>da</strong><br />

luteola L.) – Anbau, Ernte und Nachbehandlung. Anbautelegramm der Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft, Abteilung Acker- und Pflanzenbau, Güterfelde.<br />

/2/ BIERTÜMPFEL, A. und A. VETTER (1999): Züchterische Bearbeitung von <strong>Färberpflanzen</strong>.<br />

In: Gülzower Fachgespräche: <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> 1999. Hrsg.:<br />

Fachagentur nachwachsende Rohstoffe e.V./Gülzow. Tagungsband zum<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> 1999, 2. und 3. Juni 1999 in Dornburg. S. 94-105.<br />

/3/ BOCHMANN, R. und M. WEISER (1999): Applikation von Pflanzenfarben auf Leinen<br />

und Wolle. In: Gülzower Fachgespräche: <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> 1999.<br />

Hrsg.: Fachagentur nachwachsende Rohstoffe e.V./Gülzow. Tagungsband zum<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> 1999, 2. und 3. Juni 1999 in Dornburg. S. 187-208.<br />

/4/ HARTL, A. und C. R. VOGL (2000 a): Faser- und Färbepflanzen aus Ökologischem<br />

Landbau. Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung. Endbericht zum Forschungsprojekt<br />

L 1043/96 (Erarbeitung von Grundlageninformationen und<br />

Strategien zu Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung von Faser- und Färbepflanzen<br />

aus Ökologischem Landbau) im Auftrag des BM:LFU und BM:VIT.<br />

Erschienen in der Schriftenreihe „Berichte aus Energie- und Umweltforschung“,<br />

1a/<strong>2001</strong>. Hrsg. BM:VIT, Wien.<br />

/5/ HARTL, A. und C. R. VOGL (2000 b): Faser- und Färbepflanzen aus Ökologischem<br />

Landbau. Anbauversuche Fasernessel. Endbericht zur Projekterweiterung Teil<br />

A (Ertragsleistung, Fasergehalt und Faserqualität von fünf Fasernesselklonen<br />

auf einem Biobetrieb in Niederösterreich) des Forschungsprojekts L 1043/96 im


Färbepflanzen aus Ökologischem Landbau<br />

Auftrag des BM:LFU und BM:VIT. Erschienen in der Schriftenreihe „Berichte<br />

aus Energie- und Umweltforschung“, 1b/<strong>2001</strong>. Hrsg. BM:VIT, Wien.<br />

/6/ HARTL, A. und C. R. VOGL (2000 c): Faser- und Färbepflanzen aus Ökologischem<br />

Landbau. Anbauversuche Färbepflanzen. Endbericht zur Projekterweiterung<br />

Teil B (Ertragsleistung und Farbstoffgehalt von Färber-Resede (Rese<strong>da</strong> luteola<br />

L.), Färberkamille (Anthemis tinctoria L.) und Färberknöterich (Polygonum<br />

tinctorium AIT.) auf Biobetrieben in Niederösterreich im Vergleich mit praxis-<br />

und handelsüblichen Warenpartien) des Forschungsprojekts L 1043/96 im Auftrag<br />

des BM:LFU und BM:VIT. Erschienen in der Schriftenreihe „Berichte aus<br />

Energie- und Umweltforschung“, 1c/<strong>2001</strong>. Hrsg. BM:VIT, Wien.<br />

/7/ MUNZERT, M. (1992): Einführung in <strong>da</strong>s pflanzenbauliche Versuchswesen. Berlin,<br />

Hamburg: Parey-Verlag.<br />

/8/ TLL (1999): Anbautelegramme zu Färberknöterich (Polygonum tinctorium),<br />

Färberwau (Rese<strong>da</strong> luteola), Kanadische Goldrute (Soli<strong>da</strong>go canadensis) und<br />

Waid (Isatis tinctoria). Hrsg.: Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena.<br />

/9/ VETTER, A.; I. SCHWABE und A. BIERTÜMPFEL (1999): Ergebnisse zum Anbau und<br />

zur Erstverarbeitung von Färbepflanzen. In: Gülzower Fachgespräche: <strong>Forum</strong><br />

<strong>Färberpflanzen</strong> 1999. Hrsg.: Fachagentur nachwachsende Rohstoffe e.V./Gülzow.<br />

Tagungsband zum <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> 1999, 2. und 3. Juni 1999 in<br />

Dornburg. S. 68-82.<br />

/10/ WURL, G.; I. SCHWABE und D. HILL (1999): Gewinnung von Indigo aus Waid und<br />

Färberknöterich. Unveröffentlichtes Manuskript zum Vortrag beim <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong><br />

1999, Dornburg. Organisation: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe<br />

Gülzow.<br />

/11/ YONEKAWA, T. (1993): Ai, the Japanese Natural Indigo Dye; ist Present and<br />

Future Challanges. In: Beiträge zur Waidtagung, International Woad Conference<br />

in Erfurt 1992, Jahrgang 4/5, Teil 2 und Teil 3. Arnstadt. S. 18-21.<br />

DI Anna Hartl und Dr. Christian Vogl<br />

Institut für Ökologischen Landbau, Universität für Bodenkultur Wien<br />

Gregor Mendel Str. 33<br />

A-1170 Wien<br />

ahartl@edv1.boku.ac.at<br />

Gülzow, 30. November 1995 53


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Nutzung von Naturfarben in der Türkei<br />

R. Marquard<br />

Justus-Liebig-Universität Gießen<br />

Textilfärbungen haben in der Türkei eine sehr lange Tradition, d. h. es<br />

wurden bereits vielfältige Färbungen mit Naturfarben durchgeführt, bevor<br />

synthetische Farben entwickelt waren.<br />

Somit werden in der einschlägigen Literatur auch sehr häufig Beispiele<br />

aus der Türkei herangezogen, wenn es um die Verwendung von<br />

Naturfarbstoffen geht (BRÜGGEMANN & BÖHMER 1982; ROTH et al.<br />

1992; SCHWEPPE 1992).<br />

Im Handbuch der Naturfarbstoffe von SCHWEPPE (1992) sind insgesamt<br />

35 Färbepflanzen aufgelistet, die in der Türkei früher verwendet<br />

wurden oder neuerdings wieder verwendet werden.<br />

Tabelle 1: Türkische Färbepflanzen und ihre Farbtöne auf Wolle (nach<br />

SCHWEPPE 1992)<br />

Botanischer Name<br />

Volkstümlicher<br />

Name<br />

Farbton auf<br />

Wolle<br />

Beize<br />

Pflanzenteile zum<br />

Färben<br />

Isatis tinctoria Waid blau - Blätter<br />

Rubin peregrina Wilder Krapp rot Al Wurzeln<br />

Rubia tinctorum Krapp rot violett Al Fe Wurzeln<br />

Alkanna tinctoria Alkannawurzel violett Al Wurzel<br />

Carthamus tinctorius Saflorkarmin rosa auf Seide Blüten<br />

Rese<strong>da</strong> luteola Wau gelb Al Ganze Pflanze<br />

Salvia triloba Dreiblättriger Salbei gelb Al Ganze Pflanze<br />

Anthemis chia Hundskamille gelb Al Blüten<br />

Euphorbia rigi<strong>da</strong> M.B. (E.<br />

biglandulosa DESF.)<br />

Wolfsmilch-Art gelb Al Ganze Pflanze<br />

54 Biotechnologie und Gentechnik in der Industriepflanzenzüchtung


Nutzung von Naturfarben in der Türkei<br />

Tabelle 1: Türkische Färbepflanzen und ihre Farbtöne auf Wolle (nach<br />

SCHWEPPE 1992) (Forts.)<br />

Botanischer Name<br />

Volkstümlicher<br />

Name<br />

Farbton auf<br />

Wolle<br />

Beize<br />

Pflanzenteile zum<br />

Färben<br />

Hypericum empetrifolium Johanniskraut-Art gelb Al Ganze Pflanze<br />

Mentha longifolia Roßminze gelb Al Ganze Pflanze<br />

Agrimonia eupatoria Odermennig gelb Al Ganze Pflanze<br />

Tanacetum vulgare Ralnfarn gelb Al Ganze Pflanze<br />

Filipendula ulmaria Echtes Mädesüß gelb Al Ganze Pflanze<br />

Rhamnus petiolaris Kreuzbeeren gelb Al Unreife Beeren<br />

Rhamnus lycioides ssp.<br />

oleoides<br />

Kreuzbeeren gelb Al Unreife Beeren<br />

Anthemis tinctoria Färberkamille gelb Al Blüten<br />

Vitex agnus-castus Mönchspfeffer gelb Al Blätter<br />

Hieracum pilosella Kleines Habichtskraut<br />

gelb Al Ganze Pflanze<br />

Verbascum densiflorum Großblumige gelb Al Blüten<br />

BERTOL (V. thapsisforme<br />

SCHRAD.)<br />

Königskerze<br />

Curcuma domestica Kurkuma gelb Al Rhizome<br />

Berberis vulgaris, B. crataegina<br />

Berberitzen-Spezies gelb Rinde, Wurzelrinde<br />

Crocus sativus Safran gelb Al Stigmata<br />

Allium cepa Küchenzwiebel gelb Al Farbige Fruchtschalen<br />

Alnus glutinosa Schwarzerle gelb Al Rinde<br />

Genista tinctoria Färberginster gelb Al Blätter und Blüte<br />

Digitalis purpurea Roter Fingerhut gelb Al Blätter '<br />

Cotinus coggygria Fisetholz orange Al Kernholz<br />

Frangula Alnus Faulbaum gelbbraun Al Rinde<br />

Lawsonia inermis Henna ocker Al Blätter<br />

Juglans regia Walnußbaum braun - Grüne Nußschalen,<br />

Blätter<br />

Alnus glutinosa Schwarzerle schwarz Fe Rinde<br />

Rhus coriaria Gerbersumach schwarz Fe Blätter<br />

Quercus macrolepis Knoppern schwarz Fe Fruchtbecher<br />

Gallen v. Quercus infectoria Aleppogallen schwarz Fe<br />

Punica granatum Granatapfel schwarz Fe Fruchtschale<br />

Gülzow, 30. November 1995 55


56<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Mit der Entwicklung synthetischer Farben wurden in der Türkei, wie<br />

auch in anderen Ländern, die natürlichen Farbstoffe sehr schnell verdrängt<br />

und <strong>da</strong>mit ging auch <strong>da</strong>s Wissen um traditionelle Färbetechniken<br />

teilweise verloren.<br />

Eine Rückbesinnung auf die Textilfärbung mit Naturfarben setzte<br />

etwa Mitte der 80er Jahre ein, ausgelöst durch die steigende Nachfrage<br />

der Touristen nach natürlich gefärbten Teppichen. Da die Wollfärbung in<br />

der Türkei schon immer in enger Verbindung zu der Herstellung handgeknüpfter<br />

Teppiche stand, wurde von der Marmara Universität in Istanbul<br />

und zwar von der Fakultät für „Schöne Künste“ ein Projekt initiiert, <strong>da</strong>s<br />

zum Ziel hatte, die Herstellung traditioneller handgeknüpfter und mit<br />

Naturfarben gefärbte Teppiche zu fördern.<br />

Mit deutscher Unterstützung durch die GTZ wurde in den 80er Jahren<br />

<strong>da</strong>s DOBAG-Projekt (Dogal Boya Arastirma ve Gelestirme Projesi) begonnen,<br />

in dem um 1990 bereits 40 Dörfer mit ca. 350 Familien mitarbeiteten.<br />

Die Teppiche erhielten ein Zertifikat von der Marmara Universität<br />

und waren somit von jenen Produkten zu unterscheiden, bei denen durch<br />

chemische Behandlung Naturfarben und hohes Alter vorgetäuscht werden.<br />

In der Türkei gibt es eine Reihe von Zentren, in denen Teppiche<br />

geknüpft werden, die nach Muster und Färbung charakteristisch sind.<br />

Es soll nun die Frage etwas beleuchtet werden, welche der in Tabelle<br />

1 aufgelisteten Pflanzen in der Türkei bei der Wollfärbung eine größere<br />

Rolle spielen.<br />

Da vor dem Färben mit Naturfarben die Wolle behandelt werden<br />

muß, sollen zunächst einige in der Türkei gebräuchliche Hilfsstoffe vorgestellt<br />

werden (Tab. 2).<br />

Die Auswahl der Farbstoffpflanzen richtet sich einmal nach den<br />

gewünschten Farben aber auch nach dem Vorkommen der Farbstoffpflanzen<br />

in der Region.<br />

Wenn man zunächst die Primärfarben blau, rot und gelb berücksichtigt,<br />

stehen nach Umfragen und Literaturhinweisen folgende Pflanzen im<br />

Vordergrund:<br />

Für Blaufärbungen wird vor allem importierter Naturindigo (Indigo<br />

tinctoria L.) verwendet, insbesondere wenn eine tiefblaue Farbe erzeugt<br />

werden soll. Dazu gibt es verschiedene Rezepte zur Herstellung der<br />

Küpe, die bei ROTH et al. (1992) beschrieben sind.


Nutzung von Naturfarben in der Türkei<br />

Abbildung 1: Zentren der Teppichherstellung in der Türkei (nach ROTH et al.<br />

1992)<br />

Auch Färberwaid (Isatis tinctoria L.) wurde früher in Anatolien angebaut<br />

und kommt heute noch an zahlreichen Standorten verwildert vor.<br />

Ob er derzeit zur Wollfärbung eingesetzt wird, konnte nicht ermittelt<br />

werden.<br />

Ähnlich wie in Deutschland und Westeuropa wurde der Waid auch in<br />

der Türkei zuerst durch Indigo verdrängt und später beide durch synthetischen<br />

Indigo. Da die Färbungen mit natürlichem und synthetischem<br />

Indigo visuell nicht und analytisch nur schwer zu unterscheiden sind,<br />

kann man in der Regel nicht feststellen ob es sich bei den in Dörfern<br />

geknüpften Teppichen um natürlich oder synthetisch gefärbte Produkte<br />

handelt.<br />

Für Rotfärbungen stehen nur die beiden Rubia-Arten, Rubia peregrina,<br />

der auch als wilder Krapp bezeichnet wird und Rubia tinctorum, der früher<br />

weit verbreitet angebaut wurde und heute noch als Wildpflanze in<br />

Anatolien und auch in der Ägäis-Region vorkommt. Seit einigen Jahren<br />

Gülzow, 30. November 1995 57


58<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Tabelle 2: In der Türkei gebräuchliche Vorbehandlungsmittel bei der Färbung<br />

mit Naturfarben<br />

Wolle Alaun (Kalium-Aluminiumsulfat, türk. Sap)<br />

AlK(SO4 ) 2 ·12H2O Chrom in Form von Kaliumdichromat (türk. Krom)<br />

K2Cr2O7 Eisen-II-sulfat (Eisenvitriol, türk. sacikibris (karaboya)<br />

FeSO4 ·7H2O Kupfer-II-sulfat (Kupfervitriol, türk. göztasi)<br />

CuSO4 ·5H2O Zinn-II-chlorid (türk. kalay-II-klorür oder Kalay)<br />

SnCl2 Baumwolle Tannin (türk. tannik asit)<br />

Polyphenole unterschiedlicher Zusammensetzung<br />

Pflanzen, die natürliches Tannin enthalten z.B. Galläpfel, sog.<br />

Aleppogallen von Quercus infectoria<br />

Türkischrotöl, Emulsion ranziger Öle aus Rückständen der<br />

Olivenöl-Gewinnung; Emulgatoren sind So<strong>da</strong>, Schafsmist und<br />

Wasser<br />

Kaliumhydrogentartrat (weinsaueres Kalium, türk. Krem Tartar)<br />

als Hilfsstoff, KHC4H4O6 wird auch in der Türkei wieder versucht Krapp anzubauen, z.B. im Rahmen<br />

unseres durch die DFG/GTZ geförderten Projektes. Auch andere<br />

Institutionen und Organisationen befassen sich neuerdings mit Krappanbau.<br />

Soweit ich dies für die Westtürkei beurteilen kann, ist der Input nicht<br />

sehr hoch und der Erfolg somit auch recht bescheiden.<br />

Da Färberkrapp verschiedene Farbstoffkomponenten in variabler<br />

Konzentration enthalten kann, können recht unterschiedliche Farbtöne<br />

entstehen. Außerdem kann durch die Zusammensetzung der Beize <strong>da</strong>s<br />

Färbeergebnis modifiziert werden. Auch hier stellt sich die Frage, ob<br />

„Das Rot, <strong>da</strong>s aus der Wurzel kam“ (MARQUARD & SIEBENBORN<br />

1999) natürlichen oder synthetischen Ursprungs ist.<br />

Weitere Pflanzen, die rote Farbe liefern, gibt es in der Türkei nicht,<br />

jedoch wurden früher auch Farbstoffinsekten zur Rotfärbung von Textilien<br />

eingesetzt. Bekannt sind die Cochenille (Dactylopsis coccus) mit dem


Nutzung von Naturfarben in der Türkei<br />

Farbstoff Karminsäure (Anthrachinonderivat) sowie Kermes (Kermes vermilio)<br />

und Lac-Dye (Kerria lacca).<br />

Zur Gelbfärbung gibt es eine breite Palette von Pflanzen, wie aus<br />

Tabelle 1 zu ersehen ist.<br />

Welche Pflanzen hier überwiegend verwendet werden, war leider<br />

nicht zu erfahren. Es wurde aber immer wieder berichtet, <strong>da</strong>ß hier regional<br />

große Unterschiede bestehen, die aus dem Vorkommen der Pflanzen<br />

in der Wildflora resultieren.<br />

Für Übergangsfarben zu braun werden der Färbersumach, auch Fisetholz<br />

genannt (orange), Faulbaumrinde (gelbbraun), Henna (ocker) und<br />

Walnussschalen (dunkelbraun) verwendet.<br />

Weiterhin gibt es eine Reihe schwarzfärbender Pflanzen oder Pflanzenteile,<br />

z. B. die Aleppogallen, die Fruchtschale vom Granatapfel, der<br />

Fruchtbecher und die Rinde der Knoppeneiche, der Gerbersumach u. a.<br />

Die Frage nach der Bedeutung der Naturfarbstoffe in der Türkei kann<br />

näherungsweise über die derzeit eingesetzten Mengen an natürlichen<br />

Farbstoffdrogen beantwortet werden.<br />

Leider sind Farbstoffpflanzen nicht in der Statistik des Landwirtschaftsministeriums<br />

enthalten, so <strong>da</strong>ß die Zahlen auf persönlichen Auskünften<br />

basieren.<br />

Für Rubia tinctorum wird ein jährlicher Verbrauch von 70 bis 80 t Wurzeldroge<br />

angegeben (TAMCI <strong>2001</strong>). Das Aufkommen stammt ausnahmslos<br />

aus Wildsammlungen aus der Türkei und angeblich aus Pakistan und<br />

Afghanistan. Bei den restlichen Farbstoffpflanzen wird ein jährlicher<br />

Be<strong>da</strong>rf von 10 t Droge angegeben, allerdings sei die Tendenz steigend, <strong>da</strong><br />

die Herstellung natürlich gefärbter Teppiche in der Türkei zunimmt.<br />

Bei einer kürzlichen Sitzung der türkischen Teppichexporteur-Vereinigung<br />

in Istanbul wurde der Umstellung auf natürlich gefärbte Teppiche<br />

eine große Beachtung beigemessen, <strong>da</strong> die in der Türkei geknüpften und<br />

mit synthetischen Farben gefärbten Teppiche aufgrund des höheren<br />

Lohnniveaus in der Türkei mit den Erzeugnissen aus Indien, Pakistan<br />

und China vom Preis her nicht mehr konkurrenzfähig sind, so <strong>da</strong>ß die<br />

Teppichknüpfer künftig nur über hochwertigere Produkte ein auskömmliches<br />

Einkommen erzielen können.<br />

Laut Statistik werden in der Türkei ca. 100.000 m 2 handgeknüpfte<br />

Wollteppiche hergestellt, von denen ca. 25 % naturgefärbte Wolle enthalten<br />

sollen (BFAI <strong>2001</strong>).<br />

Gülzow, 30. November 1995 59


60<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Diese offizielle Zahl wird von verschiedenen Teilnehmern der o. g. Sitzung<br />

in Frage gestellt, wobei Zahlen bis zu 14 Mio. m 2 genannt werden.<br />

Nach einer Mitteilung der Bundesstelle für Außenhandelsinformationen<br />

(BFAI <strong>2001</strong>) sind etwa 3 Mio. m 2 handgeknüpfte Teppiche als realistisch<br />

anzusehen.<br />

Wenn man diese Zahl und den genannten Verbrauch an Rubia-Wurzeldroge<br />

als Kalkulations-Basis annimmt, so kommt man zu dem Ergebnis,<br />

<strong>da</strong>ß ca. 19 bis 22 % der handgeknüpften Teppiche Wolle enthalten die<br />

mit Rubia gefärbt ist (vgl. Tab. 3).<br />

Tabelle 3: Schätzzahlen für die Verwendung von Farbstoffdrogen in der<br />

Türkei<br />

Rubia<br />

übrige<br />

70-80 t Droge/Jahr<br />

ca. 10 t Droge/Jahr (Mitteilung Prof. Tamci)<br />

Herstellung handgeknüpfter Teppiche/Jahr<br />

offizielle Statistik<br />

Schätzungen, maximal<br />

Schätzungen, realistisch<br />

100.000 m 2<br />

14.000.000 m 2<br />

3.000.000 m 2<br />

Davon sollen ca. 25 % naturgefärbte Wolle enthalten.<br />

Kalkulation der benötigten Rubia-Menge:<br />

→ laut Angaben aus der Türkei werden 20 g Droge für 1 kg Wolle benötigt<br />

→ Wollteppiche enthalten ca. 6 kg Wolle/m 2<br />

→ 70-80 t Rubia-Droge reichen somit für ca. 580-660.000 m 2 Teppiche,<br />

→ d.h. wenn man von 3.000.000 m 2 ausgeht sind dies 19-22 %


Literatur<br />

Nutzung von Naturfarben in der Türkei<br />

/1/ BRÜGGEMANN, W. & H. BÖRNER, 1982: Teppiche der Bauern und Nomaden<br />

in Anatolien. K & A – Verlag Hannover<br />

/2/ ROTH,L., KORMANN,K. & H.SCHWEPPE, 1992: Färbepflanzen, Pflanzenfarben.<br />

Ecomed-Verlag, Landsberg/Lech<br />

/3/ SCHWEPPE, H., 1992: Handbuch der Naturfarbstoffe. Ecomed-Verlag, Landsberg/Lech<br />

/4/ TAMCI, 2002: Prof. Dr. Metin TAMCI, EGE-Universität Izmir; persönliche Mitteilung<br />

/5/ MARQUARD, R, & S. SIEBENBORN, Das Rot, <strong>da</strong>s aus der Wurzel kam. DFG-<br />

Forschung Heft 2/1999<br />

/6/ BFAI, <strong>2001</strong>: Mitteilung der Bundesstelle für Außenhandelsinformation<br />

Prof. Dr. Richard Marquard<br />

Justus-Liebig-Universität<br />

Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I<br />

Ludwigstraße 23<br />

D-35390 Gießen<br />

Gülzow, 30. November 1995 61


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Naturfärberei in der Türkei –<br />

Potential und Perspektiven<br />

M. Bischof<br />

Lonsheim<br />

Die reichhaltige Textilgeschichte der Türkei ist in Museen unterschiedlich<br />

gut dokumentiert. Wir haben aber Anschauungsmaterial, <strong>da</strong>s bis ins 13.<br />

Jahrhundert zurückgeht, in Form der weltberühmten Seldschuken-Teppiche<br />

aus Konya. Wie hundert bis siebenhundert Jahre alte Naturfarben<br />

auf Wolle aussehen, kann man sich durch deren Anschauung leicht einprägen.<br />

Alle Farbe auf Textilien war, wie bei uns, bis Ende des 19. Jahrhunderts<br />

Naturfarbe. Daß im Wesentlichen nur Teppiche und Kelims auf uns<br />

gekommen sind, verfälscht leicht den Blick aufs Wesentliche: quantitativ<br />

muß die meiste Farbe im Bereich tragbarer Kleidung benutzt worden<br />

sein. Da diese sich schneller abnutzt und selten gut in Museen dokumentiert<br />

worden ist, wissen wir <strong>da</strong>rüber sehr wenig. Oberschichten-Textilien<br />

sind in Museen zu sehen, die bäuerlichen Trachten fast nie, von der alltäglichen<br />

Kleidung einmal ganz abgesehen.<br />

Wie gefärbt wurde, ist im Orient nie systematisch schriftlich fixiert<br />

worden. Eine umfangreiche Literatur, wie sie in Europa ab etwa der zweiten<br />

Hälfte des 18. Jahrhunderts kompiliert wurde, fehlt. Schutzvorschriften,<br />

nach denen man von Anderen entwickelte Färbemethoden gegen<br />

Geld, wie heute bei Software üblich, benutzen konnte, hat es im Orient<br />

nie gegeben. „Geistiges Eigentum“ stiebitzt man vom Nachbarn. Durch<br />

Geheimniskrämerei schützte man sich <strong>da</strong>vor.<br />

Das know how ist dementsprechend ausgestorben. Dies hat enorme<br />

Bedeutung für <strong>da</strong>s Verständnis der heutigen Situation.<br />

62 Biotechnologie und Gentechnik in der Industriepflanzenzüchtung


Naturfärberei in der Türkei - Potential und Perspektiven<br />

Vom vielfältigen Textilhandwerk ist nur noch <strong>da</strong>s Weben von Kelims<br />

und Teppichen im Verlagssystem übriggeblieben, bei der im Gegensatz<br />

zu den echten Dorfteppichen der „alten Zeit“ die Weberinnen nach vorgefertigten<br />

Designs Knoten für Knoten arbeiten. Die gesamte Ästhetik<br />

traditionell orientalischer Textilien basierte auf der harmonischen Verwendung<br />

äußerst gesättigter Naturfarben – nur diese sind hinreichend<br />

echt. Ein Kelim oder Teppich repräsentiert so viel „geronnene Arbeitszeit“,<br />

<strong>da</strong>ß er auch <strong>da</strong>nn als hochwertiges langlebiges Gebrauchstextil gelten<br />

muß, wenn die Arbeitsöhne im Verhältnis zum Westen sehr gering<br />

sind.<br />

Die Verwendung von synthetischen Farben mit ihrer überwiegend<br />

geringeren (!) Echtheit ab Ende des 19. Jahrhunderts stellte <strong>da</strong>s Farbbild<br />

der traditionellen Textilien sozusagen auf den Kopf. Wir können von<br />

einem ästhetischen Fiasko sprechen. Dementsprechend ging die Bedeutung<br />

dieses Teils des Textilsektors immer weiter zurück, denn mit dem<br />

Wert der Teppiche tauchten auch die Preise ab.<br />

Anfang der achtziger Jahre haben nun drei deutsche Lehrer, unabhängig<br />

voneinander 1 , nicht geplant, den Versuch unternommen, Naturfarben<br />

wiedereinzuführen. Die Motivation <strong>da</strong>für war eine ästhetische, keine<br />

ökologische! Der Erfolg dieser Innovation war enorm, freilich indirekt.<br />

Diese Projekte waren durchweg wirtschaftlich keine „Renner“, wurden<br />

aber sogleich kopiert. Da <strong>da</strong>s know how fehlte, hat man schnell und findig<br />

geeignete Hobbyfärbeliteratur aus dem Westen hereingebracht und<br />

fing an, ohne es so recht gelernt zu haben, „naturgefärbte“ Teppiche und<br />

Kelims zu produzieren.<br />

Nur hier werden zur Zeit Naturfarben angewendet. Der Verbrauch an<br />

Färbepflanzen <strong>da</strong>für ist aber enorm, zumindest im Vergleich zu dem der<br />

westlichen Länder.<br />

Bei uns gibt es Naturfarben in winzigem Rahmen im Bereich von Projekten,<br />

die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, oder im Hobbybe-<br />

1 In Nordwestanatolien Manfred Bieber aus Würzburg. Mit einem Verbundprojekt<br />

zwischen der Marmara- Universität Istanbul und Dörfern in Nordwestanatolien, als<br />

DOBAG bekannt geworden, konnte Harald Böhmer die Anfangsförderung durch<br />

die GTZ/CIM erreichen. Bis heute arbeiten türkische Beamte an diesem Projekt mit.<br />

Wir haben Anfang der achtziger Jahre im Privatsektor in Konya mit der Naturfärberei<br />

angefangen. 1992 starte <strong>da</strong>nn KÖK als CIM-gefördertes Projekt in Karaman.<br />

Im Rahmen der Selcuk Universität Konya sollte es um Qualitätskontrolle und<br />

-sicherung gehen sowie um eine Ausbildung zum Färber.<br />

Gülzow, 30. November 1995 63


64<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

reich. Ein einziger Großhändler, gar nicht so weit weg von hier, reicht aus<br />

den Be<strong>da</strong>rf ganz Europas zu versorgen.<br />

Wenn man in Istanbul ein schickes Teppichgeschäft betritt, sollte man<br />

sich von der sorgfältig zusammengestellten äußeren Pracht nicht täuschen<br />

lassen. Die orientalische Teppichindustrie ist sozio-kulturell im<br />

Bereich des besonders Rückständigen angesiedelt. Wie man Menschen<br />

gegeneinander ausspielt, um die Weblöhne zu drücken, wie man know<br />

how abkupfert, wie man chemische Tricks verschleiert, mit der man die<br />

Integrität der Ware beschädigt hatte, um einen besseren „look“ zu erzielen,<br />

wie man durch märchenhafte Geschichten den Verkauf befördert ...<br />

<strong>da</strong>s sind die Themen in dieser Welt.<br />

Neue Fahrzeuge mit dem guten Stern vor dem Geschäft, wendiger<br />

Gebrauch von handy-Telefonen und Kreditkarten, die letzte Mode, die<br />

man bei uns noch nicht kennt – all dies läßt leicht vergessen, <strong>da</strong>ß die in<br />

diesem Bereich arbeitenden Händler mental in einem anderen Zeitalter<br />

leben.<br />

„Moralisch“ sind sie sicher nicht schlechter oder besser als die Menschen<br />

im Westen. Es funktioniert nur anders. Niemandem würde bei uns<br />

im Traum einfallen, bezüglich technischer Eigenschaften, die man mit<br />

Hilfe analytischer Verfahren messen kann, zu täuschen und zu betrügen.<br />

Wir lügen anders – und haben uns <strong>da</strong>ran gewöhnt.<br />

Seit dem überragenden Erfolg der Naturfarbenmode im Teppichsektor<br />

ist es üblich, neue Teppiche als „naturfarben“ zu bewerben. Das<br />

stimmt in 99,9% der Fälle nicht. Immer sind alle Blau- und Grüntöne mit<br />

synthetischem Indigo gefärbt. Man müßte also sagen „teilweise naturgefärbt“.<br />

Das tut aber niemand 1 .<br />

Stücke, die man aus billiger Wolle und mit billigen Farben hergestellt<br />

hat, sehen neu nicht gut aus. Man zerstört ihre Wolle durch einen Prozess<br />

namens „chemische Wäsche“ (der aus dem Westen als Antikwäsche eingeführt<br />

worden war!): abwechselnde alkalische Behandlungen mit<br />

Hydrosulfit und Hypochlorit.<br />

Der Teppichsektor fürchtet qualifizierte Arbeit, und dementsprechende<br />

Löhne, wie der Teufel <strong>da</strong>s Weihwasser. Man will den Profit erhöhen,<br />

indem man unbemerkt Wasser in den Wein gießt. Deshalb werden<br />

die für die Integrität der Fasern so riskanten Prozesse des Färbens und<br />

1 Mit Ausnahme der Projekte von Manfred Bieber in Nordwestanatolien oder Wilfried<br />

Stanzer in Marokko oder von uns. Das liegt aber auch <strong>da</strong>ran <strong>da</strong>ß die Adressaten<br />

ganz andere sind.


Naturfärberei in der Türkei - Potential und Perspektiven<br />

Nachbehandelns durchweg von unqualifizierten Hilfskräften durchgeführt,<br />

denen man noch nicht einmal im Minimalumfang Geräte an die<br />

Hand gibt, mit deren Hilfe sie die Parameter kontrollieren können. In keiner<br />

einzigen uns bekannten Färberei wird ein pH-Meter (schon gar keine<br />

Redoxelektrode) bei der riskanten Indigofärberei benutzt! Dabei ist ein<br />

solches Gerät billiger als der Wert einer einzigen 50 kg-Wollcharge, die<br />

man bei zu hohem pH-Wert und zu tiefem Redoxpotential „verbrennt“.<br />

Im Grunde haben wir auf diesem Markt strukturell <strong>da</strong>s gleiche Problem<br />

wie auf dem Weinmarkt vor 20 Jahren. Dehalb haben wir 1 schon<br />

Anfang der neunziger Jahre als erste eine <strong>da</strong>mals neue Methode zur Analyse<br />

von Naturfärbungen vorgestellt, die sich prinzipiell (<strong>da</strong> sie qualitativ<br />

und quantitativ arbeitet) zur Grundlage einer wissenschaftlich begründeten<br />

Qualitätskontrolle von Naturfärbungen hätte eignen können. Es ist<br />

aber leider nicht gelungen Ansprechpartner zur Entwicklung solch einer<br />

Methode als Stan<strong>da</strong>rd zu finden.<br />

Den deutschen Entwicklungshilfeorganisationen, deren jeweilige Projektleiter<br />

immer mehr an schnellen Medienerfolgen interessiert sind (sein<br />

müssen), ist die Schlüsselstellung der Qualitätssicherung bei der Markteinführung<br />

von Naturfarben nicht aufgegangen. Schade, denn es betrifft<br />

ja bei Weitem nicht nur die Türkei, sondern eine Reihe wichtiger Länder<br />

der sogenannten Dritten Welt.<br />

Färbepflanzen als Rohstoffe<br />

Offizielle Statistiken zum Verbrauch von Färbepflanzen gibt es nicht. Das<br />

hängt <strong>da</strong>mit zusammen wie sie gewonnen werden.<br />

Die besten Färbepflanzen sind Ruderalpflanzen – man findet sie am<br />

Straßenrand, neben Feldern, auf Ödland.<br />

Riesige natürliche Massenvorkommen existieren an verschiedenen<br />

Plätzen Anatoliens.<br />

1 Fischer, C.-H., Bischof, M., Rabe, J.G.(1990): Identification of natural and early synthetic<br />

textile dyes with HPLC and UV-Vis-Spectroscopy by Diode Array detection.-J.<br />

Liq. Chrom. 13: 119 ff.<br />

Rabe, J.G., Bischof, M., Fischer, C.-H.(1990): Natürliche und synthetische Farbstoffe<br />

in Teppichen und Flachgeweben. - Wege zu ihrer Identifizierung. - Restauro, 96,<br />

189-195.<br />

Gülzow, 30. November 1995 65


66<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Wir zeigen hier einige Bildbeispiele, vorwiegend von Waid-Arten (Isatis<br />

sspec. - Anatolien ist <strong>da</strong>s Evolutionszentrum der Gattung: es gibt ungefähr<br />

30 Arten, unzählige Unterarten, Lokalrassen, Populationen, die sich<br />

gerade trennen ...) nur um einmal eine Vorstellung zu geben.<br />

Waid wurde in der Türkei offenkundig (seriöse Tests an antiken Textilien<br />

gibt es bisher nicht) in früher Zeit, bis etwa ins 16. Jahrhundert, zum<br />

Färben eingesetzt. Man erkennt <strong>da</strong>s an Eigenheiten der Indigofarben<br />

solch früher Textilien, die nach unserem Wissen mit Naturindigo allein<br />

nicht <strong>da</strong>rgestellt werden können.<br />

In Einzelfällen mag Waid aber auch später eingesetzt worden sein. So<br />

wurde soeben im Rahmen einer Ausstellung in Essen ein ungewöhnlich<br />

früher, <strong>da</strong>tierter Kelim (im Jahre 1765 <strong>da</strong>tiert), dessen ungewöhnlich<br />

leuchtendes Blau unter Verwendung von Waid gefärbt worden sein<br />

dürfte 1 . Wenn Kelimsammler sich fragen, ob dieses Blau denn wirklich<br />

aus Naturindigo gewonnen wurde, sind sie auf dem richtigen Weg – zum<br />

Waid.<br />

Was man mit Waid alles machen kann, haben wir früher schon wiederholt<br />

<strong>da</strong>rgestellt. Hier sei noch einmal ein kleiner Teppich im Format<br />

eines minder gezeigt, dessen Farben ausschließlich aus Waid hergestellt<br />

worden sind 2 .<br />

Alle Färbepflanzen werden mit der Hand geschnitten, getrocknet und<br />

gemahlen, nachdem man eine Vereinbarung mit Dorfbewohnern in der<br />

Nähe organisiert hat. Oft organisieren <strong>da</strong>s die Färbereien selber. Einen<br />

regulären Handel mit Färbepflanzen, in der Hand von spezialisierten Firmen,<br />

gibt es in der Türkei fast nicht. Man zahlt den Bauern vor der Saison<br />

einen Vorschuß und rechnet <strong>da</strong>nn die Ernte ab.<br />

Wie gut oder wie verantwortungslos der Umgang mit den Pflanzenbeständen<br />

ist, hängt ausschließlich von den Unternehmen ab.<br />

Die Bauern geben traditionell keine Quittung, so <strong>da</strong>ß die Transaktion<br />

nicht in staatlichen Statistiken erscheint. Nur wenige Insider, die mit Fär-<br />

1 de Werd, Guido, Pelz, Dietmar : Gewirkt, geschweisst, Linie und Farbe im Raum -<br />

Stahlplastik von Günther Zins und der anatolische Kelim auf Zollverein. Essen,<br />

<strong>2001</strong>.<br />

2 Bischof, M. (1992): Woad-seng in Erfurt. A report about the I. International Congress<br />

on Woad, Pastel and other natural dyes in Erfurt. - Oriental Rug Review, Oct. 1992.<br />

Frunzke, Kurt, Bischof, Michael & Meyer, Waltraud(1993): Analysis of Indigo and<br />

Indirubin in Textiles of Wool, Cotton and Silk. - (unpubl. Results)<br />

Bischof, M.; Kürtül, M. & Kurnaz, M.(1995): Isatis - Pastel - Civit Otu in Turkey. - II.<br />

International Congress on Woad, Pastel and other natural dyes. Toulouse.


Naturfärberei in der Türkei - Potential und Perspektiven<br />

bepflanzen handeln oder im großen Stil Naturfarben machen, kennen den<br />

tatsächlichen Verbrauch. Diese Zahl gilt als „top secret“. Wenn Kunden<br />

kommen, spielt man den Nabob internationaler Größenordnung. Kommt<br />

<strong>da</strong>s Finanzamt, gibt man den ungebildeten, fleißigen Dorftrottel, der <strong>da</strong>s<br />

Beste aus seiner winzig kleinen Klitsche machen möchte. Als Insider können<br />

wir sagen, <strong>da</strong>ß auch die größten Kunden weniger als 10 Tonnen Färbepflanzen<br />

im Jahr kaufen – mit Krapp als Ausnahme (s. u.).<br />

Bei der Menge natürlicher Massenvorkommen muß man Färbepflanzen<br />

nicht anbauen. Wir tun <strong>da</strong>s dennoch mit Waid und Wau, aber nur,<br />

um <strong>da</strong>s jährliche Aufkommen zu verstetigen. Ein Nachteil des Steppenklimas<br />

ist nämlich, <strong>da</strong>ß die Ernte stark von der Ergiebigkeit der Winterniederschläge<br />

abhängt. Diese schwankt mitunter beträchtlich von Jahr zu<br />

Jahr.<br />

Krapp<br />

Die mit Abstand wichtigste Färbepflanze ist Krapp. Es gibt in der Türkei<br />

einige Arten der Gattung Rubia.<br />

R. tinctoria und R. peregrina sind die färberisch wichtigsten. Auf einem<br />

Bild lassen sie sich schlecht <strong>da</strong>rstellen, deshalb hier nur wenige Aufnahmen.<br />

R. tinctoria kommt in Zentralanatolien an Garten- und Feldrändern<br />

wie ein widerliches Unkraut vor, dessen Haken unangenehme und<br />

extrem langsam heilende Hautwunden zufügen. Angebaut wird die<br />

Pflanze schon lange nicht mehr. Man findet aber in vielen Gemarkungsteilen<br />

von Dörfern Bezeichnungen wie „boyali“, was bedeutet, <strong>da</strong>ß dort<br />

früher Krapp angebaut wurde. Bis heute kommen dort regelmäßig Wurzelaustriebe<br />

an die Oberfläche. Ohne Herbizide, für die die Kleinbauern<br />

kein Geld haben, kann man die Pflanze nicht ausrotten.<br />

Aussichtsreiche Massenvorkommen werden regelmäßig ausgebeutet.<br />

Man pflügt den Boden und zieht raus, was man bekommen kann.<br />

Von der weiteren Verarbeitung hängt <strong>da</strong>nn die Qualität des Krapps<br />

ab. Da die Tradition erloschen ist und auch ältere Leute nicht mehr wissen,<br />

worauf es <strong>da</strong>bei ankommt, schwanken die Qualitäten extrem. Wir<br />

hatten schon Chargen in der Hand, die kaum noch färbten.<br />

Als durch unsere Arbeit eine Art Naturfarbenmode entstanden war,<br />

hat die staatliche Sümerbank in einem Jahr in den Achtzigern mit staatli-<br />

Gülzow, 30. November 1995 67


68<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

chen Geldern fast alle Chargen, die auf dem Markt waren, aufgekauft. Da<br />

man sie nicht recht anwenden konnte, wurden sie mit synthetischen Farben<br />

verschnitten. Dieser Impuls hat ausgereicht, soviele Hoffnungen auf<br />

Spekulationsgewinne zu erwecken, <strong>da</strong>ß bis heute der Krapp-Preis deutlich<br />

über dem Niveau vor dieser Intervention liegt (in Devisen gerechnet)<br />

und Krapp wie ein Spekulationsobjekt gehandelt wird. Da die Qualitäten<br />

der Chargen enorm schwanken (es gibt sogar welche, die gar keinen Farbstoff<br />

mehr freisetzen), ist dieser Markt sehr riskant.<br />

Der Mangel an know how ist ein Engpaß einer breiteren Anwendung<br />

von anatolischer R. tinctoria. Gerade die farbstoffreichsten Chargen geben<br />

wenig Farbe frei, wenn man sie einfach in Wasser gibt und erwärmt.<br />

Deshalb gibt es auf dem Binnenmarkt überall „iranischen“ Krapp. Er<br />

ist reich an Purpurin leicht mit Wasser zu extrahieren.<br />

Woher er wirklich stammt, ist schwer zu ermitteln – die fein-pulverförmig<br />

Konsistenz macht Bestimmungen schwer. In Deutschland wurde<br />

dieses Material sogar schon als „Extrakt“ angeboten.<br />

Meist handelt es sich um die iranisch-indische Pflanze R. cordifolia, die<br />

ein ganz anderes Spektrum an Farbstoffen hat als R. tinctoria. Für die<br />

kommerzielle Teppichweberei, in der es auf geringe Preise und Schnelligkeit<br />

der Anwendung ankommt, ist dieses Material tatsächlich geeigneter.<br />

Schließlich laufen keine Kunden mit geschulten Augen auf die unvermeidlichen<br />

Untiefen der Resultate auf. Die Echtheiten sind überhaupt<br />

nicht vergleichbar mit den Resultaten kompetenter Anwendung von R.<br />

tinctoria.<br />

Das Grundproblem der Färberei mit Krapp ist der „Dreck“. Damit<br />

sind die Gesamtheit aller Substanzen gemeint, welche die Farblackbildung<br />

stören und der erzielbare Lichtechtheit herabsetzen.<br />

Man kann rohen Krapp nicht einfach in Wasser erwärmen. Dann<br />

bekommt man auf alaungebeizter Wolle lediglich einen ziemlich stumpfen<br />

(ziegel-)braunroten Ton. Auf eisengebeizter Wolle ergibt sich eine<br />

graubraune Nuance. Nach dieser Operation ist der Krapp kräftig rot<br />

gefärbt. Er enthält also noch viel Farbstoff, der aber nicht mehr durch weiteres<br />

Erwärmen in Wasser extrahiert werden kann. Um eine Sättigung zu<br />

erreichen, welche mit derjenigen antiker Textilien konkurrieren kann,<br />

braucht man mehr als 1,3 kg Krapp für 1 kg Wolle, bis etwa 2,2 kg für die<br />

höchsten Sättigungen. Das gilt für den Fall, <strong>da</strong>ß man die westlichen Hobbyfärbemethoden<br />

benutzt.


Naturfärberei in der Türkei - Potential und Perspektiven<br />

Um dieses Problem zu lösen, stehen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:<br />

- man muß lernen, wie man durch geeignete Führung des Färbeprozesses<br />

diesen „Dreck“ <strong>da</strong>ran hindert, auf die Faser zu ziehen. Dafür<br />

bräuchte man eine langjährige theoretische und praktische Ausbildung,<br />

die es in der Türkei außer in glücklichen temporären Einzelfällen<br />

nicht gibt. Die einzige mögliche Anwendungsform dieses<br />

know hows ist die handwerklich arbeitende Färberei. Die Ausfärbungen<br />

<strong>da</strong>uern Stunden bis Tage.<br />

- man kann den Krapp für <strong>da</strong>s Färben so vorbereiten, <strong>da</strong>ß dieser<br />

„Dreck“ nicht mehr <strong>da</strong> ist. Diese Methode ist nicht für die Industrie<br />

geeignet, <strong>da</strong> man diesen gereinigten Krapp nicht in moderne Färbeapparaturen<br />

geben kann.<br />

- man kann aus dem Krapp nur die reinen Farbstoffe extrahieren und<br />

<strong>da</strong>nn mit diesem Extrakt färben. Diese Methode wäre, im großem<br />

Stil angewandt, die ökologisch vorteilhafteste. Man erhält erheblich<br />

mehr Farbstoff aus der Pflanze, bis zu 47 g reinen Farbstoff, und <strong>da</strong>mit<br />

weniger Abfall. Die Energiekosten und der Wasserverbrauch<br />

sind leicht zu optimieren – falls der Extrakt brauchbar ist (siehe unten).<br />

Freilich wird diese Methode nur <strong>da</strong>nn preiswert, wenn man<br />

sie im großen Stil mit Industriemengen anwendet. Denn man<br />

braucht <strong>da</strong>für Technologie und gute Techniker.<br />

Naturfarben in der Industrie<br />

Es ist in Vergessenheit geraten, <strong>da</strong>ß die europäische Naturfärberei im 19.<br />

Jahrhundert bereits industrialisiert war. Führend hierin war Frankreich<br />

(Elsaß). Freilich waren die benutzten Methoden alles andere als ökologisch<br />

verantwortbar.<br />

Um industriefähige Krappextrakte herzustellen, hat man konzentrierte<br />

Schwefelsäure eingesetzt. Das ist ein Brachialverfahren mit einer<br />

unübersehbar großen Menge an giftigen Nebenprodukten, neben dem<br />

<strong>da</strong>s Calciumhydrogensulfitverfahren der Zellstoffindustrie als sauber<br />

eingeschätzt werden muß.<br />

Seit 20 Jahren tragen wir Kleidung aus selbst eingefärbten Naturfasern.<br />

Ausdrücklich sei gesagt: auch aus Zellulosefasern! Die brutalstmögliche<br />

Methode des Testens ist: tragen, waschen, tragen, waschen .... bis die<br />

Gülzow, 30. November 1995 69


70<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Fasern auseinanderfallen 1 . Es ging ohne Weiteres. Ab und zu haben wir<br />

eigene Färbungen mit der Xenonlampentestmethode prüfen lassen. Die<br />

Ergebnise lagen im Bereich 5-7 (2 Ausreißer mit 3 kamen aber auch vor.<br />

Die Gründe kennen wir bis heute nicht).<br />

Einer der von nachstehend beschriebenen Fiaskos gebeutelten Konfektionäre<br />

in Deutschland ist Egon Heger von der Firma Holstein Flachs.<br />

Weil er nach seinen eigenen Erfahrungen nicht so recht glauben wollte,<br />

<strong>da</strong>ß man mit Naturfarben auf Leinen hinreichende Echtheiten hinbekommen<br />

kann (außer Indigo, <strong>da</strong>s ist ohnehin bekannt) hat er uns Leinenhemden<br />

gegeben, die nach den Methoden einer deutschen Firma gefärbt worden<br />

waren. Das trockene (!) Anthrazit-Hemd färbte die Finger grau; ein<br />

„chlorophyllgrünes“ Hemd zeigte dort, wo es im Schrank ans Licht kam,<br />

nach einem halben Jahr eine auffällige Ausbleichung, von mittelgrün zu<br />

einem leicht lindgrünen Zitat von „Nicht-Weiß“. Wir haben mit KÖK<br />

END-Verfahren die Hemden überfärbt. Er benutzt sie bis heute (seit 1999)<br />

und hat mir (M.B.) erlaubt, ihn hier als Beweis <strong>da</strong>für zu zitieren, <strong>da</strong>ß es<br />

doch geht 2 .<br />

Es gibt ja hier eine sogenannte Naturtextilszene. Warum „sogenannt“?<br />

Wenn nachhaltige, weil ökologisch optimierte Färbeverfahren, und<br />

solche können nur Naturfärbeverfahren sein, die eine positive Wirkung<br />

auf die Umwelt haben sollen, müssen sie nach einer mehr oder weniger<br />

langen, mehr oder weniger schwierigen Einführungsperiode im größtmöglichen<br />

Umfang angewendet werden.<br />

Der Hobbyfärber mag jubeln wenn seine 250 g Wollgarne nach einem<br />

halben Tag Arbeit, unter Verbrauch von 700 g getrockneter Pflanzen und<br />

enormen Wassermengen, wirklich bunt sind ... und sogar so echt, <strong>da</strong>ß<br />

man sie in einem Pullover verstricken kann. Für einen ökologisch denkenden<br />

Menschen ist <strong>da</strong>s noch nicht einmal ein Wimpernschlag.<br />

Größtmöglicher Umfang heißt unausweichlich industrielle Anwendung.<br />

Dazu ist es bisher nicht gekommen. Wo liegen die Gründe ?<br />

1 Mit der Waschmaschine bei 60 °C, außer bei handgewebten/handgestrickten Textilien.<br />

Es wurde ein selbst entwickeltes, voll abbaubares sanftes Waschmittel ohne<br />

Bleichmittel benutzt.<br />

2 Telefonat am 29.5.<strong>2001</strong>. - KÖK E cological N atural D yes sind optimierte Verfahren,<br />

bei denen z. B. die Faser nicht einmal heiß gebeizt werden <strong>da</strong>rf. Der Einsatz von<br />

Komplexierungsmitteln wie etwa Weinstein ist untersagt, weil dies die Abwasserproblematik<br />

der Beizenentsorgung verschärft.


Fiaskos<br />

Naturfärberei in der Türkei - Potential und Perspektiven<br />

Als die Ökotextilmode hierzulande „frisch“ war, versuchten viele kleine<br />

Handelsfirmen auf diesen Zug aufzuspringen. Sie brauchten <strong>da</strong>für freilich<br />

erst einmal verkaufsfähige Produkte. Diese wurden oft von „Aussteigern“<br />

hergestellt, die einem ganzheitlichen Lebensentwurf sich verschrieben<br />

hatten und auf professionelle Anforderungen unwirsch reagierten.<br />

Andere Firmen versuchten hastig unausgereifte Verfahren auf den Markt<br />

zu werfen nach einem Motto, <strong>da</strong>s man in der Türkei etwa so ausgedrückt<br />

hätte: verbleicht die Farbe vor oder nach dem Verkauf ?<br />

Die Szene ist voll von Geschichten <strong>da</strong>rüber, wer mit welchen Produkten<br />

Geld verloren hat, als die Reklamationen der Kunden kamen. Daß<br />

zum Beispiel alle in diesem Rahmen hergestellten Indigofarben extrem<br />

unökologisch, mit dem sehr giftigen synthetisch-chemischen Reduktionsmittel<br />

Hydrosulfit, ausgefärbt worden waren, fand man nicht mal einer<br />

Erwähnung wert.<br />

Dazu kommt, <strong>da</strong>ß wie im Orient schlicht gefälscht wird. Das letzte<br />

Mal, wo wir diesbezüglich den Finger in den Wind gehalten haben, war<br />

die InaTex im Februar 2000. Von 6 Angeboten mit Naturfarben waren 3<br />

nicht „koscher“ ( außereuropäisches Ausland).<br />

Ungelöstes Rohstoffproblem<br />

Die billigsten Rohstoffe kamen aus der „3. Welt“. Oder man ließ die Sachen<br />

gleich dort färben. Daß dies natürlich ökologisch eher schrecklich als<br />

hoffnungsvoll war, kam bei Stippvisiten kritischer Journalisten immer<br />

mal wieder heraus und hat <strong>da</strong>s Image der Produkte in Zweifel gezogen.<br />

Hätten andererseits diese eher kleinen Handelsfirmen, die nur notgedrungen<br />

in die Organisation ihrer Produkte dort unten eingestiegen waren,<br />

weil sie sonst keine erhalten hätten, in die ökologische Optimierung<br />

oder meinetwegen Ehrlichkeit investiert und zu diesem Zweck laufend<br />

westliche Experten dorthin geschickt, wäre der Kostenvorteil der Produktion<br />

dort auf der Strecke geblieben. Deshalb glauben wir, <strong>da</strong>ß Naturfarben<br />

aus solchen Ländern nur eine Randerscheinung bleiben werden, sofern<br />

man die Ökologie ernst nimmt.<br />

Färbepflanzen gibt es in Europa weiterhin nur in Minimengen und zu<br />

Apothekenpreisen, was seine Hauptursache im geringen Verbrauch<br />

haben dürfte. Durch die als vorbildlich einzustufende Arbeit der TLL<br />

Gülzow, 30. November 1995 71


72<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Thüringen ist die Anbauseite jetzt soweit systematisiert worden, <strong>da</strong>ß<br />

diese Pflanzen wohl einfach anzubauen wären – wenn es denn konstante<br />

Abnehmer in interessanten Größenordnungen gäbe. Bisher gibt es sie<br />

nicht.<br />

Naturtextiler - Selbstständige Kleingewerbetreibende<br />

Die Ökomode hatte sich aus vielen kleinen, aber vorgeblich feinen Nischen<br />

heraus entwickelt. Um es noch einmal zu sagen: ökologisch zu optimieren<br />

heißt immer auch den Versuch zu unternehmen, möglichst viele<br />

Elemente der nicht nachhaltigen synthetisch-chemischen Textilveredlung<br />

durch ökologisch unbedenkliche sanfte Naturstoffchemie zu ersetzen<br />

und dies immer im größtmöglichen Umfang anzustreben. Nur so merkt<br />

unsere Umwelt etwas <strong>da</strong>von.<br />

Diese Zielsetzung kollidiert aber mit dem Anspruch der einzelnen<br />

Firma auf größtmöglichsten wirtschaftlichen Erfolg bei möglichst geringem<br />

Aufwand, also mit der Logik der Ökonomie.<br />

Textile Produkte sind Ergebnisse einer sehr lange textilen Kette.<br />

Gleichzeitig wird seit vielen Jahren die Textilindustrie in Deutschland<br />

abgebaut, die Maschinen werden second hand nach Osteuropa, in den<br />

Mittelmeerraum und den Nahen und Fernen Osten verkauft.<br />

Wer in diesem sozio-ökonomischem Umfeld als kleine Firma mit großem<br />

Ziel nicht mit Anderen kooperieren kann oder will, muß auf jeden<br />

Fall <strong>da</strong>s ökologische Ziel verfehlen.<br />

Ein Beispiel: pflanzengefärbte Pullover aus feinen maschinengesponnenen<br />

Garnen, maschinengestrickt, könnte man ohne Weiteres seit etwa<br />

15 Jahren produzieren. Das know how haben wir von KÖK schon lange.<br />

Die Lichtechtheiten der Färbungen auf Wolle oder Mohair liegen bei<br />

5-7 (Xenonlampentest). Wie solche Pullover aussehen können wenn man,<br />

wie es bei den besten bekannten antiken Textilien üblich war, all sein<br />

Können ohne Rücksicht auf Kosten in die Qualität der handgesponnenen<br />

Garne und die Sättigung und Tonreinheit der Farben investiert, zeigen<br />

wir hier. Solche Stücke entstanden ohne fertige Vorlagen und mußten von<br />

den Strickerinnen, Stück für Stück, immer wieder neu erfunden werden.<br />

Dieses Konzept haben wir nach einem bekannten türkischen Roman<br />

„fikrimin ince gülü“ genannt. Das ist, wohlgemerkt, reines Kunsthandwerk,<br />

<strong>da</strong>s den Strickereien und uns Vergnügen bereitet, keine langweilige<br />

serielle Arbeit.


Naturfärberei in der Türkei - Potential und Perspektiven<br />

Ohne Abstriche an der technisch-handwerklichen Qualität kann man<br />

so etwas auch mit maschinengesponnenen Garnen und kleinen, halbautomatischen<br />

Strickmaschinen machen. Der Preis sinkt beträchtlich.<br />

Es hat bisher nie geklappt, weil jede dieser kleinen Firmen einerseits<br />

<strong>da</strong>s Produkt und die Idee exklusiv für sich selber wollte, andererseits die<br />

Minimalmenge zur Herstellung eines geeigneten Garns bei der Spinnerei<br />

bei etwa 1 Tonne liegt. Das ist für nur eine kleine Öko-Boutique natürlich<br />

zuviel. Mit Anderen kooperieren wollte man nicht. Damit sehen wir den<br />

Beweis <strong>da</strong>für erbracht, <strong>da</strong>ß die Identität als selbständiger Kleingewerbetreibender<br />

wichtiger war als die ökologische Motivation.<br />

Extrakte – strategische Bedeutung für die Wiedereinführung der<br />

Naturfarben<br />

Etwa seit Beginn der neunziger Jahre konnten wir die Rohstoff-Situation<br />

so organisieren <strong>da</strong>ß Färbepflanzen im Tonnenmaßstab verfügbar waren.<br />

Das Know how um alle Fasern, wohlgemerkt auch (!) Zellulosefasern, mit<br />

Echtheiten von 5 und höher einzufärben, war entwickelt worden, sogar<br />

für unterschiedlich weit gehende Ansprüche an Ökologie und Nachhaltigkeit.<br />

Es stellte sich <strong>da</strong>nn schnell heraus, <strong>da</strong>ß in der deutschen Naturtextilszene<br />

keine innovative Firma bereit war, sich <strong>da</strong>rauf einzulassen zu lernen,<br />

Färbepflanzen im eigenen Betrieb vor respektive während der<br />

Färbung zu extrahieren. Gleichzeitig gab es zahlreiche Endkunden der<br />

Veredler, etwa Konfektionäre und Versandhäuser, die gleichwohl ökologisch<br />

und nachhaltig produzierter Textilien – und <strong>da</strong>s können nur naturgefärbte<br />

sein – kaufen wollten. Es war nie gelungen eine Art Verbund<br />

mehrerer Elemente der textilen Kette herzustellen. Die Konfektionäre<br />

schoben es auf die Veredler, die behaupteten, erst müsse ein Markt <strong>da</strong><br />

sein. Das Motto war: Hannemann, geh Du voran ...<br />

Einer der wesentlichen Gründe <strong>da</strong>für waren die o. g. Fiaskos. Färbepflanzen<br />

in Beutelchen zu packen und in den Ansatzbehälter einer industriellen<br />

Färbemaschine zu geben, war nicht die Methode der Wahl: zu<br />

teuer, die Pflanzen wurden nicht richtig ausgezogen, bei genauem Hinsehen<br />

war es nicht sonderlich ökologisch, die Skala war auf pastellige Töne<br />

beschränkt ...<br />

Daher blieb als technische Alternative zur Wiedereinführung der<br />

Naturfarben nur übrig, vorher, getrennt vom Anwender, die reinen Farb-<br />

Gülzow, 30. November 1995 73


74<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

stoffe aus den Pflanzen zu extrahieren und diese dem Veredler als reine<br />

Extrakte zur Verfügung zu stellen.<br />

Welchen Anforderungen muß ein guter Extrakt genügen ?<br />

Er muß sich rückstandsfrei in Wasser auflösen, weil andernfalls die<br />

Färbemaschinen zusetzen würden. Substanzen in der Pflanze, die die<br />

Farblackbildung stören und deshalb den Ton „verschmutzen“ und/oder<br />

die erzielbaren Echtheiten beschränken, sollten im Extrakt nicht mehr<br />

vorhanden sein. Vorstufen von Farbstoffen, die in der Pflanze vorhanden<br />

sind und oft brillante, aber unechte Färbungen ergeben, sollten im Extrakt<br />

ebenfalls nicht mehr vorkommen. Wird der Extrakt höher dosiert, muß<br />

der Ausfall der Färbung proportional <strong>da</strong>zu gesättigter sein.<br />

Bei der wichtigsten Färbepflanze, dem Krapp, ist <strong>da</strong>s o. g. Problem des<br />

„Drecks“ entscheidend. Ein guter Krappextrakt sollte auch <strong>da</strong>nn, wenn<br />

man über 60 °C erwärmt, Violett ohne Braunstich färben. Das ist der am<br />

leichtesten zugängliche Qualitätsparameter 1 .<br />

Nachdem wir 20 Jahre lang alle Extrakte, derer wir habhaft werden<br />

konnten, ausprobiert haben (aus Indien, USA, Deutschland und Holland)<br />

können wir heute resümieren, <strong>da</strong>ß es nach unserem besten Wissen der<br />

Magdeburger Firma nig gelungen ist, diesen Anforderungen nachzukommen,<br />

speziell, was den Krappextrakt angeht. Deshalb testen wir ab<br />

sofort andere Extrakte nur noch <strong>da</strong>nn, wenn im Consultingbereich <strong>da</strong>s<br />

Honorar stimmt. Das Problem halten wir für gelöst, was die technische<br />

1 Im Textilbereich fehlt die Demut, mit der viele mit Computersoftware umgehen.<br />

Auf kaum einem Bereich findet man solch unintelligente Bemerkungen wie bei der<br />

Einschätzung des Preises von Extrakten. Deshalb für die „Dummies“:<br />

- ein Extrakt ist um so besser je weniger Nebenkompenenten einer Färbepflanze er<br />

enthält<br />

- <strong>da</strong>nn ist die Ausbeute aus der Pflanze am geringsten und der Extrakt dementsprechend<br />

teurer<br />

- gleichzeitig ist aber der Preis für <strong>da</strong>s Färbemittel, <strong>da</strong>s man braucht um eine bestimmte<br />

Tiefe zu erreichen, am geringsten und die Qualität der erzielten Farblacke am<br />

höchsten. Nicht der Kilopreis des Extrakts zählt, sondern wieviel die nötige Menge<br />

wirksamen Farbstoffs kostet.<br />

- je höher die Ausbeute beim Extrahieren einer bestimmten Pflanze ist desto größer<br />

sind die Anteile an nichtfärbenden Stoffen. Das Arbeiten <strong>da</strong>mit ist <strong>da</strong>nn in jedem<br />

Falle langwieriger und teurer. Die Chancen <strong>da</strong>für Probleme mit den Färbemaschinen<br />

zu bekommen, sind <strong>da</strong>nn größer.<br />

Bisher entpuppten sich alle getesteten Krappextrakte bis auf den von nig als<br />

unbrauchbar.


Naturfärberei in der Türkei - Potential und Perspektiven<br />

Seite angeht. Den Rest müssen jetzt alle die (zusammmen) tun, welche<br />

eine nachhaltige und ökologisch verantwortbare Textilveredlung wollen.<br />

Ausblick<br />

Nachdem nun die technischen Probleme einer Wiedereinführung der Naturfärberei<br />

gelöst sind, geht es um die Markteinführung. Wesentlich hierfür<br />

scheint die Wiedererlangung des Vertrauens der Anwender, der Veredler<br />

und der Konfektionäre, zu sein. Naturfarben haben immer noch <strong>da</strong>s<br />

janusköpfige Image der Verheißungen einer ökologisch problemarmen,<br />

aber von der Gebrauchsfähigkeit her unzureichenden Alternative. Die in<br />

der Szene intensiv diskutierten Fiaskos spielen <strong>da</strong>für immer noch eine<br />

wichtige Rolle.<br />

Also muß man, wieder einmal, durch reproduzierbare Probefärbungen,<br />

die von unabhängiger Seite nach Stan<strong>da</strong>rdmethoden gemessen, aber<br />

auch veröffentlicht (!) werden, versuchen, dieses notwendige Vertrauen<br />

wiederzuerlangen. Vor vollmundigen Ankündigungen à la „industriegerecht“,<br />

„ausgereift“ bis zur Farbkarte usw. muß man sich hüten. Die<br />

Adressaten wissen es bereits besser.<br />

Da die in Deutschland verbliebene Textilindustrie insgesamt dramatisch<br />

geschrumpft ist, sind die meisten Veredler heute kleine Firmen, die<br />

nach fremdbestimmten Vorlagen im Lohn färben. Denen zuzumuten,<br />

diese neue Technologie mit eigener Kraft (was hauptsächlich finanziell<br />

gemeint ist) bis zur Großserienreife zu entwickeln, wird nicht gehen. Es<br />

müssen vielmehr Verbindungen zwischen solchen Veredlern und deren<br />

Kunden, den Konfektionären, auf den Weg gebracht werden – und <strong>da</strong><br />

jeder, der <strong>da</strong>s Geld <strong>da</strong>für hat, sich beliebige Werbung kaufen kann und<br />

der Verbraucher dieser längst nicht mehr glaubt, sollte von unabhängiger<br />

Seite die ökologische und technische Integrität dieser alternativen Veredlung<br />

glaubhaft gemacht werden. Zumindest gilt dies für den Anfang.<br />

Daß man mit dem oben erwähnten Krappextrakt, der energischer<br />

färbt als jedes uns bekannte Textilfärbemittel (man kann sogar kalt färben<br />

und hat schon nach 30' ein noch nicht gesättigtes, aber schon vorzeigefähiges<br />

Resultat), schon in einem Gläschen haltbare Textilfarben hervorbringen<br />

kann, werden wir Anfang September im Rahmen einer schulischen<br />

Projektwoche beweisen. Nach dem Motto: was die deutsche<br />

Textilindustrie bisher nicht geschafft hat – Schulkinder können es !<br />

Gülzow, 30. November 1995 75


Michael Bischof<br />

Obergasse 22<br />

D-55237 Lonsheim<br />

koek@dv-kombinat.de<br />

KÖK<br />

Marangozlar Sanayi<br />

Yürekli Sok. 19<br />

TR-42300 Konya<br />

76<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

The “Natural Dyes Product Research<br />

and Development Project” in EVTEK<br />

Institute of Arts and Design 2000-2003<br />

U. Lapiolahti<br />

EVTEK Institute of Art and Design, Vantaa, Finnland<br />

1 Introduction<br />

The ”Natural Dyes Product Research and Development Project” was started<br />

in Finland in autumn 2000 and it will continue until year 2003. The<br />

project is supported by the European Union and led by the EVTEK Institute<br />

of Arts and Design.<br />

In the “Natural Dyes Product Research and Development Project” we<br />

will concentrate on the possibilities to increase the use of natural dyes as<br />

a source of a dye in textile production. We are aiming to combine the long<br />

tradition and knowledge of natural dyes with the modern possibilities in<br />

textile design and technology. One of the main targets in our project is to<br />

develop products, which have both an ecological life cycle and are highlevel<br />

designed.<br />

In Finland we have a strong and living tradition in using natural dyes.<br />

In our country there are plenty of enthusiasts in the field of leisure activities,<br />

but there is quite a lack of commercial use of natural dyes. It has also<br />

been very interesting and encouraging to us in Finland to follow the research<br />

work on natural dyes in the other countries of Europe. The results of<br />

researching and the increasing environmental awareness of the consumers<br />

are urging us in our work.<br />

Gülzow, 30. November 1995 77


78<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

2 The EVTEK Institute of Arts and Design - A Polytechnic school<br />

of Arts<br />

The history of the EVTEK Institute of Arts and Design goes back to 1984,<br />

when it offered education of vocational level. Nowa<strong>da</strong>ys EVTEK is part of<br />

the Finnish polytechnic school system. EVTEK Institute of Arts and Design<br />

offers studying programs under four primary headings. The polytechnic<br />

degree is equivalent to the Bachelor of Arts (Hons) in the UK, the<br />

French Licence, the German “Diplom Fachhochschule” and the Dutch<br />

HBO Diploma.<br />

The four basic degree programs of the school are:<br />

- Conservation; which is sub-divided in five different areas<br />

- Design; which is divided into textile design and fashion design<br />

- Media<br />

- Restoration<br />

3 The main targets of the Natural Dyes Product Research and<br />

Development Project<br />

3.1 The main target groups of the project<br />

The main target groups of the project are textile industry and people working<br />

or studying in the field of textiles; artists, craftsmen, teachers and<br />

students.<br />

Information and education<br />

Project gathers together and spreads out knowledge of natural dyes. We<br />

will also arrange educational events as symposiums, short and longer lasting<br />

courses. During the education events we will gather together the<br />

participants to learn both natural dye techniques and the modern technology<br />

in the field of textiles.<br />

During the education we will be able to support the use of natural<br />

dyes in the production of our participants. We shall also teach them to use<br />

modern technology in design and also in production of textiles. Their production<br />

will be planned to be safe and ecological throughout the process,<br />

so the life cycle of the product is ecological. In the end of the project we<br />

shall create marketing possibilities for their ecological products.


The “Natural Dyes Product Research and Development Project” 2000-2003<br />

Researching and product development<br />

During our project we will be aiming to develop production of textiles,<br />

which are made by using natural dye techniques (interior textiles and<br />

clothing). Products should fulfil the highest technical and industrial stan<strong>da</strong>rds.<br />

Products should as well comply with the ecological requirements.<br />

Modern technology and natural dyes<br />

An important element of the project is to research the possibilities of natural<br />

dyes in industrial use. We will try to combine the tradition of natural<br />

dyes with modern technology in designing and in production of the textiles.<br />

During the Natural Dyes Product Research and Development Project<br />

the industrial textile printing process will be tested. We will also research<br />

the possibilities to use natural dyes in the new digital textile production.<br />

In this field we will co-operate with textile printing companies and other<br />

specialists needed.<br />

Natural Dyes Project and the year 2003<br />

In the year of 2003 we hope that we have succeeded to develop products<br />

together with our target groups and co-operating companies. Products<br />

will be ready for marketing providing a high level of design and an ecological<br />

life cycle. The production process has been tested to ensure its ecological<br />

life cycle. Hopefully natural dyes will then be a competitive alternative<br />

to synthetic dyes.<br />

In the future we are concentrating on using cultivated dye plants and<br />

extractions made of natural dyes. Hopefully natural dyes would be able<br />

to offer also some new economical possibilities to the people living on the<br />

countryside; farmers and farm tourism.<br />

4 Printing textiles with natural dyes – from handprinted textiles<br />

to industrial production<br />

The researching work in printing with natural dyes started already in<br />

1998. Ulla Lapiolahti developed the basic printing method for direct printing<br />

during her studies in the Textile Department of the EVTEK Institute<br />

of Arts and Design.<br />

Gülzow, 30. November 1995 79


80<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Working in the field of textile printing techniques has been promising.<br />

Textile printing seems to be an interesting and usable complement to the<br />

usage of the natural dyes. Already during this first year of the activity in<br />

our project, we have been teaching this technique to many eager and<br />

satisfied course participants.<br />

In the Natural Dyes Product Research and Development Project we<br />

are aiming to research and develop natural dye textile printing techniques<br />

further on. For the meanwhile we use hand printing-technique,<br />

but later on we are aiming to develop an industrial procedure. We will<br />

start this work co-operating with some companies in Finland which work<br />

in the field of industrial textile printing.<br />

Natural dyes printing technique is:<br />

- a direct printing technique<br />

- suitable for mor<strong>da</strong>nt dyes and natural fibres<br />

- simple and economical to practise<br />

- lifelike and ecological<br />

The natural dyes printing technique step by step:<br />

- making the dyebath from the dye plants or from extraction<br />

- adding helping agents:<br />

- mor<strong>da</strong>nt to fix the dye to the fibre<br />

- urea to give the moisture needed during the process<br />

- adding the thickening agent to turn the liquor into the printing<br />

paste<br />

- printing<br />

- steaming<br />

- washing away the non-fixable dye and thickening agent from the<br />

printed fabric<br />

Kirsi Niinimäki, Ulla Lapiolahti<br />

Natural Dyes Product Research and Development Project<br />

EVTEK Institute of Art and Design<br />

Lummetie 2<br />

SF-01300 Vantaa, Finland<br />

kirsi.niinimaki@iad.evtek.fi; ulla.lapiolahti@iad.evtek.fi


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Züchtung ausgewählter gelbfärbender<br />

Pflanzen und Färberknöterich<br />

G. Wurl, A. Biertümpfel<br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Dornburg<br />

1 Einleitung<br />

Ähnlich wie bei der Arzneipflanzenzüchtung kommt bei der <strong>Färberpflanzen</strong>züchtung<br />

der Qualitätszüchtung eine größere Bedeutung zu als der<br />

Quantitätszüchtung, wobei <strong>da</strong>s anzustrebende Zuchtziel wie bei anderen<br />

Kulturpflanzenarten in einer Kombination der höchsten Massenerträge<br />

mit den höchsten Wirkstoffgehalten besteht. Gerade weil nach allgemeiner<br />

Ansicht eine nachhaltige Anwendung von pflanzlichen Farbstoffen<br />

zur Färbung von Textilien, Leder, Papier und Holz nur erreicht wird,<br />

wenn sie ähnlich den synthetischen Farbstoffen als Pulver oder Pasten angeboten<br />

werden, sind zur Minimierung der hohen Extraktionskosten<br />

qualitativ hochwertige Rohstoffe erforderlich. Zwar lässt sich durch einen<br />

optimierten Anbau mit einer artgerechten Nährstoffversorgung, Unkrautbekämpfung,<br />

der Ernte zum optimalen Zeitpunkt und einer wertstoffschonenden<br />

Nacherntebehandlung die Qualität beträchtlich beeinflussen,<br />

weitaus größere Fortschritte sind aber nach dem bisherigen<br />

Kenntnisstand durch züchterische Maßnahmen zu erwarten.<br />

2 Material und Methoden<br />

In einem vorhergehendem von der FNR geförderten Projekt „Züchterische<br />

Bearbeitung wirtschaftlich bedeutsamer <strong>Färberpflanzen</strong> hinsichtlich<br />

Anbaueignung, Ertrag und Farbstoffgehalt“ ist ein umfangreiches und<br />

aussichtsreiches Ausgangsmaterial gesammelt und teilweise neu geschaf-<br />

Gülzow, 30. November 1995 81


82<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

fen und gleichzeitig Erkenntnisse über die Befruchtungsverhältnisse und<br />

Erblichkeit wichtiger Merkmale der farbliefernden Pflanzenarten gewonnen<br />

worden.<br />

Als besonders ertragsstarke, ertragssichere und in färberischer Hinsicht<br />

gut geeignete Arten sind unter den Gelbfarbstoffpflanzen Kanadische<br />

Goldrute (Soli<strong>da</strong>go canadensis), Färberwau (Rese<strong>da</strong> luteola) und Färberhundskamille<br />

(Anthemis tinctoria) sowie für Blaufärbungen<br />

Färberknöterich (Polygonum tinctorium) für weitere züchterische Arbeiten<br />

ausgewählt worden. Durch eine mehrjährige Prüfung einer Vielzahl von<br />

Herkünften von Färberhundskamille und Färberwau werden die in qualitativer<br />

und ertragsmäßiger Hinsicht besten ermittelt und zu anmeldungsfähigen<br />

Sorten (Färberhundskamille) bzw. Populationen zu entwickeln<br />

versucht.<br />

Bei der Kanadischen Goldrute konnte aufgrund der Ergebnisse des<br />

vorhergehenden Projektes sämtliches langstängliges Material ausgeschlossen<br />

werden. Für eine weitere züchterische Bearbeitung blieb nur<br />

die kurzstänglige Ziersorte ‚Goldkind’ (Pflanzenlänge


Züchtung ausgewählter gelbfärbender Pflanzen und Färberknöterich<br />

Tabelle 1: Farbstoffgehalte 1997-2000 verschiedener Färberhundskamille-<br />

Herkünfte sowie Erträge und Blühtermine 2000<br />

Herkunft<br />

A 1<br />

A 3<br />

A 4<br />

A 6<br />

A 7<br />

A 8<br />

A 9<br />

A 10<br />

A 11<br />

A 13<br />

A 16<br />

A 18<br />

A 19<br />

A 20<br />

A 22<br />

A 23<br />

A 24<br />

A 26<br />

1997<br />

-<br />

-<br />

4,28<br />

4,07<br />

4,34<br />

-<br />

3,75<br />

-<br />

3,35<br />

4,07<br />

4,21<br />

4,76<br />

-<br />

6,32<br />

3,78<br />

3,56<br />

3,85<br />

5,85<br />

Rang<br />

-<br />

-<br />

4<br />

7<br />

5<br />

-<br />

10<br />

-<br />

12<br />

7<br />

6<br />

3<br />

-<br />

1<br />

9<br />

11<br />

8<br />

2<br />

Farbstoffgehalt (% in der TM)<br />

1998<br />

-<br />

-<br />

6,35<br />

5,97<br />

6,32<br />

-<br />

6,57<br />

-<br />

5,95<br />

5,71<br />

5,44<br />

5,72<br />

-<br />

6,72<br />

6,32<br />

6,82<br />

5,71<br />

6,47<br />

Rang<br />

-<br />

-<br />

5<br />

7<br />

6<br />

-<br />

3<br />

-<br />

8<br />

9<br />

12<br />

11<br />

-<br />

2<br />

6<br />

1<br />

10<br />

4<br />

1999<br />

-<br />

-<br />

5,32<br />

4,90<br />

-<br />

6,09<br />

5,82<br />

6,98<br />

6,23<br />

5,68<br />

5,39<br />

5,23<br />

-<br />

5,43<br />

5,55<br />

5,68<br />

4,20<br />

5,94<br />

Ertrag 2000<br />

(dt TM/ha)<br />

Blühtermin<br />

2000<br />

1997 und 2000 nahezu 100 %. Leider wechseln die gegenseitigen Verhältnisse<br />

im Wirkstoffgehalt von Jahr zu Jahr. So nimmt A 20 1997 Rang 1,<br />

1998 Rang 2, 1999 Rang 9 und 2000 Rang 10 ein. Umgekehrt weist A 23<br />

1997 Rang 11, 1998 <strong>da</strong>gegen Rang 1 auf.<br />

Aus den Ergebnissen <strong>da</strong>rf deshalb sicher mit Recht geschlossen werden,<br />

<strong>da</strong>ss die Über- oder Unterlegenheit einer Färberhundskamilleherkunft<br />

in Bezug auf ihren Farbstoffgehalt in einen bestimmten Jahr nicht<br />

genetisch bedingt ist, sondern die Folge der Wirkung verschiedener<br />

Außenfaktoren <strong>da</strong>rstellt. Eine Ausnahme hierzu scheint allein die Herkunft<br />

A 26 zu sein, die mit ihren Werten über alle 4 Versuchsjahre in der<br />

Spitzengruppe liegt.<br />

Gülzow, 30. November 1995 83<br />

Rang<br />

-<br />

-<br />

11<br />

13<br />

-<br />

3<br />

5<br />

1<br />

2<br />

5<br />

10<br />

12<br />

-<br />

9<br />

8<br />

7<br />

14<br />

4<br />

2000<br />

3,41<br />

6,12<br />

5,91<br />

4,93<br />

-<br />

4,32<br />

3,73<br />

5,39<br />

-<br />

5,02<br />

6,01<br />

4,83<br />

5,34<br />

4,83<br />

3,12<br />

4,00<br />

4,91<br />

5,22<br />

Mittel 4,41 6,16 5,38 4,77<br />

s x 3,35-6,32 5,44-6,82 4,20-6,98 3,12-6,12<br />

Rang<br />

14<br />

1<br />

3<br />

8<br />

11<br />

13<br />

4<br />

7<br />

2<br />

10<br />

5<br />

10<br />

15<br />

12<br />

9<br />

6<br />

25,2<br />

26,6<br />

25,1<br />

21,2<br />

-<br />

23,0<br />

25,7<br />

24,3<br />

-<br />

22,4<br />

20,7<br />

10,6<br />

25,8<br />

22,7<br />

26,6<br />

19,4<br />

23,8<br />

26,7<br />

02.08<br />

02.08.<br />

02.08.<br />

03.08.<br />

-<br />

08.08.<br />

08.08.<br />

03.08.<br />

-<br />

08.08.<br />

08.08.<br />

17.08.<br />

17.08.<br />

17.08.<br />

09.08.<br />

04.08.<br />

04.08.<br />

04.08.


84<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Die Blütenerträge der Färberhundskamilleherkünfte sind nur für <strong>da</strong>s<br />

Jahr 2000 in Tabelle 1 aufgeführt. Mit Ausnahme der Herkunft A 18 unterscheiden<br />

sie sich nicht signifikant voneinander. Damit wird der bereits<br />

mehrfach festgestellte Befund bestätigt, <strong>da</strong>ss zwischen den einzelnen<br />

Herkünften (und auch innerhalb derselben) nur eine geringe Variabilität<br />

in Bezug auf <strong>da</strong>s Ertragsvermögen besteht und eine alleinige Selektion<br />

auf Blütenertrag bei Färberhundskamille nicht sinnvoll ist.<br />

Neben der Fortsetzung der Herkunftsprüfung und der Beschaffung<br />

neuer Herkünfte gilt es, durch Einzelpflanzenauslese aus der Herkunft A<br />

26 homozygote Stämme zu entwickeln. Das sollte keine allzu komplizierte<br />

Aufgabe sein, weil bei Färberhundskamille die Selbstbefruchtung<br />

vorherrschend ist. Die Herkunft A 26 ist frühblühend, so <strong>da</strong>ss mit relativ<br />

hoher Sicherheit eine zweite Blütenpflücke möglich ist. Gleichzeitig weist<br />

sie einen lockeren Blütensitz sowie eine gute Standfestigkeit auf und<br />

besitzt somit die technologische Eignung für eine maschinelle Blütenernte.<br />

Mangelhafte Standfestigkeit und zu fester Blütensitz waren im<br />

übrigen die Ursachen für <strong>da</strong>s Ausscheiden der nicht in der Tabelle 1 aufgeführten<br />

Herkünfte aus dem Prüfungsprozess.<br />

3.2 Färberwau<br />

Im Gegensatz zur Färberhundskamille ist Färberwau ein ausgesprochener<br />

Fremdbefruchter mit beträchtlichen Inzuchtdepressionen bereits in<br />

der 1. Inzuchtgeneration. Infolge der kurzen Projekt<strong>da</strong>uer ist es nur möglich,<br />

<strong>da</strong>s Herkunftsspektrum weiter zu verbreitern. Wegen der räumlich<br />

isolierten Vermehrung der einzelnen Herkünfte, z. B. in Botanischen Gärten<br />

dürfte es sich bei ihnen meistens um gut ausbalancierte Populationssorten<br />

handeln. Die besten von ihnen gilt es zu erhalten und nach Möglichkeit<br />

durch Entfernung negativer und morphologisch abweichender<br />

Typen zu verbessern. Der Aufbau neuer Sorten aus Synthetics kann im<br />

vorliegenden Projekt nur begonnen werden, weil die Züchtung reiner Linien<br />

mindestens 6 aufeinanderfolgende Generationen umfasst. Insgesamt<br />

ist aber die Aussicht, durch Züchtung bei Färberwau zu wesentlich besseren<br />

Formen zu gelangen als sie bisher angebaut werden, sehr groß. Das ist<br />

u. a. die Konsequenz aus den Ergebnissen der Ertragsprüfung 2000 mit 14<br />

Herkünften in Dornburg. Sie zeigen die große Variabilität zwischen den<br />

einzelnen Prüfgliedern sowohl in ertraglicher als auch insbesondere qualitätsmäßiger<br />

Hinsicht (Tab. 2).


Züchtung ausgewählter gelbfärbender Pflanzen und Färberknöterich<br />

Tabelle 2: Trockenmasseerträge, Farbstoffgehalte und Farbstofferträge von 14<br />

Färberwauherkünften, Dornburg 2000<br />

Herkunft TM-Ertrag<br />

(dt/ha)<br />

Farbstoffgehalt<br />

(% Luteolinäquivalent i. d. TM)<br />

Farbstoffertrag<br />

(kg/ha)<br />

1 37,1 2,35 87,6<br />

2 55,2 2,17 116,5<br />

3 37,4 3,59 139,3<br />

4 60,5 2,47 149,6<br />

5 34,9 3,35 112,3<br />

6 47,1 4,11 189,7<br />

7 43,7 3,89 170,3<br />

8 47,9 1,91 92,1<br />

9 51,2 2,06 105,4<br />

10 51,0 2,57 131,1<br />

11 49,7 3,35 160,0<br />

12 50,7 2,24 111,9<br />

13 32,9 1,32 43,0<br />

14 53,8 1,56 83,4<br />

Die großen Unterschiede des Farbstoffgehaltes der Herkünfte war<br />

auch bei der Probefärbung von Leder mit Extrakten, die aus ihnen<br />

gewonnen wurden, zu erkennen. Während die Färbungen der Herkünfte<br />

6 und 7 hinsichtlich Farbtiefe und Brillanz hervorragten, wirkten diejenigen<br />

der Herkünfte 13 und 14 ausgesprochen blass und stumpf. Farbstoffgehalt<br />

und Biomasseertrag sind bei Färberwau nicht miteinander korreliert,<br />

wie Abbildung 1 verdeutlicht, wo die gegenseitige Abhängigkeit der<br />

Werte der Tabelle 1 noch einmal grafisch <strong>da</strong>rgestellt ist.<br />

Aus den ermittelten Zusammenhängen ergibt sich, <strong>da</strong>ss kurzfristig<br />

die Selektion der farbstoffreichsten Formen eine indirekte Selektion auf<br />

die höchsten Farbstofferträge pro Flächeneinheit, auf die es bekanntlich<br />

ankommt, bedeutet. Langfristig ist eine Kombination der ertragreichsten<br />

Gülzow, 30. November 1995 85


86<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 1: Beziehungen zwischen Ertrag und Farbstoffgehalt und -ertrag bei<br />

Färberwauherkünften, Dornburg 2000


Züchtung ausgewählter gelbfärbender Pflanzen und Färberknöterich<br />

Typen mit solchen höchster Qualität anzustreben. Ähnliche Beziehungen<br />

wie 2000 konnten auch bereits in früheren Versuchen beobachtet werden.<br />

3.3 Kanadische Goldrute<br />

Obgleich bei der Kanadischen Goldrute Fremdbefruchtung vorherrscht<br />

und sämtliche wild vorkommende Bestände Hybridpopulationen sein<br />

dürften, reagiert sie auf Selbstbefruchtung nicht negativ. Die Sorte ‚Goldkind’<br />

z. B., die auf einen hohen Blütenanteil und <strong>da</strong>mit indirekt auf einen<br />

hohen Farbstoffgehalt (die Farbstoffe der Goldrute sind vor allem in der<br />

Blüte enthalten) gezüchtet worden ist, kann ohne Inzuchtdepressionen<br />

bei isoliertem Anbau samenecht vermehrt werden. In dichten Beständen<br />

erscheint diese Zierform vollkommen homogen. Bei weiten Pflanzabständen<br />

zeigen sich Unterschiede zwischen den Einzelpflanzen hinsichtlich<br />

ihrer Zeitigkeit (Tab. 3) und auch bei der Pflanzenlänge.<br />

Tabelle 3: Blühtermin der aus einer Großparzelle selektierten Einzelpflanzen<br />

der Sorte ‚Goldkind‘, Dornburg 2000<br />

Pflanzennummer Blühtermin<br />

1 - 19<br />

20 - 55<br />

56 - 77<br />

78 - 112<br />

03.07.2000<br />

07.07.2000<br />

11.07.2000<br />

19.07.2000<br />

Quantitative Bestimmungen der Farbstoffgehalte und des Gewichtes<br />

der Einzelpflanzen weisen eine hohe Variabilität für die beiden Merkmale<br />

aus, wie aus den beiden Modifikationskurven ersichtlich ist (Abb. 2 u. 3).<br />

Um zu ergründen, ob die festzustellende Variabilität allein umweltbedingt<br />

oder genetisch bedingt ist, sind 19 ‚Goldkind’-Einzelpflanzen 1997<br />

geklont und der Farbstoffgehalt (und auch der Ertrag) der einzelnen<br />

Klone in den <strong>da</strong>rauffolgenden Jahren bestimmt worden. Die Ergebnisse<br />

der Farbstoffgehalt-Bestimmung von 5 ausgewählten Klonen sind in<br />

Tabelle 4 aufgeführt.<br />

Von den 5 Klonen wiesen 4 von ihnen als Einzelpflanzen 1996 Spitzenwerte<br />

hinsichtlich des Farbstoffgehaltes auf, während die 5. 1996 nur<br />

einen mittleren Wert erreichte. Wenn man die Werte des Jahres 1997, die<br />

wahrscheinlich als eine Folge des Verklonens total aus dem Rahmen fal-<br />

Gülzow, 30. November 1995 87


88<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Abbildung 2: Verteilung der Einzelwerte des Trockenmasseertrages bei ‚Goldkind’-Einzelpflanzen,<br />

Dornburg 2000 (n=112)<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 3: Verteilung der Einzelwerte des Farbstoffgehaltes bei ‚Goldkind’-Einzelpflanzen,<br />

Dornburg 2000 (n=104)


Züchtung ausgewählter gelbfärbender Pflanzen und Färberknöterich<br />

Tabelle 4: Farbstoffgehalte ausgewählter „Goldkind“-Klone 1996-2000<br />

Klon-<br />

Nr.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

1996<br />

4,11<br />

3,83<br />

3,67<br />

3,59<br />

4,80<br />

Rang<br />

2<br />

4<br />

5<br />

8<br />

1<br />

len, ausklammert, zeigt sich, <strong>da</strong>ss unter den 19 Klonen mit der Nr. 1<br />

immerhin einer ist, der über alle Jahre seine Spitzenposition beibehält<br />

und <strong>da</strong>mit zumindest eine hohe Umweltstabilität seines Farbstoffgehaltes<br />

aufweist, was die Selektion weiterer farbstoffreicher Idiotypen aus den<br />

‚Goldkind’-Pflanzen erfolgreich erscheinen lies. Aus diesem Grunde ist<br />

im Jahr 2000 mit einem neuen Selektionszyklus von ‚Goldkind’-Einzelpflanzen<br />

begonnen worden.<br />

3.4 Färberknöterich<br />

1997<br />

1,75<br />

2,56<br />

1,86<br />

1,69<br />

1,83<br />

Farbstoffgehalt (% in der TM)<br />

Rang<br />

14<br />

2<br />

11<br />

15<br />

12<br />

1998<br />

4,15<br />

2,82<br />

2,27<br />

3,07<br />

3,89<br />

Färberknöterich ist ein strenger Selbstbefruchter, was sicher die geringe<br />

Variabilität innerhalb einer Herkunft aber auch möglicherweise die beschränkte<br />

Variabilität zwischen den Herkünften erklärt. Um hier eine<br />

Veränderung zu erreichen, bietet sich eine mutagene Behandlung an. Von<br />

den in Abständen von 30 x 30 cm gepflanzten 5.000 Einzelpflanzen wurden<br />

in 2000 231 auf ihren Farbstoffgehalt (= Indicangehalt) untersucht.<br />

Mehr war aus Kapazitätsgründen (20 Einzelpflanzen pro Tag) nicht möglich.<br />

Alle 231 untersuchten Einzelpflanzen stammten aus der Variante<br />

‚6 mM NMH’. Im Gegensatz zur Variante ‚10 mM NaN 3’ waren hier mehrere<br />

morphologisch veränderte Pflanzen zu beobachten, so <strong>da</strong>ss hier auch<br />

bei weiteren Merkmalen mit einer mutativen Veränderung gerechnet<br />

werden konnte. Über die Variabilität der ermittelten Werte berichtet Tabelle<br />

5.<br />

Gülzow, 30. November 1995 89<br />

Rang<br />

1<br />

6<br />

14<br />

3<br />

8<br />

1999<br />

3,53<br />

4,08<br />

3,18<br />

3,25<br />

3,89<br />

Rang<br />

6<br />

1<br />

11<br />

10<br />

2<br />

2000<br />

4,57<br />

2,71<br />

2,83<br />

3,86<br />

3,58<br />

Mittel 3,42 1,94 2,72 3,12 3,38<br />

n 19 19 16 16 18<br />

s x 2,84-4,80 0,98-2,67 1,98-4,15 1,52-4,08 2,37-4,57<br />

Rang<br />

1<br />

15<br />

12<br />

5<br />

9


90<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Tabelle 5: Variabilität des Mutationsramsches, Dornburg 2000<br />

Merkmal n Mittel Minimum Maximum s s x<br />

Indicangehalt (% TM) 231 4,51 0,0 8,89 1,77 0,12<br />

Die Einzelwerte für den Indicangehalt folgen weitgehend einer Normalverteilung<br />

(Abb. 4).<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 4: Verteilung der Einzelwerte des Indicangehaltes bei Färberknötericheinzelpflanzen,<br />

Dornburg 2000<br />

Außerhalb des für die Beurteilung der Variabilität üblichen Bereiches<br />

0 + 2 s (= 8,05 % Indican in der Blatttrockenmasse) liegen 6 Pflanzen. Sie<br />

sollten mit 95%iger Wahrscheinlichkeit veränderte Idiotypen <strong>da</strong>rstellen.<br />

Wenn man jeden Erntetermin für sich betrachtet, ergeben sich die in<br />

Tabelle 6 wiedergegebenen Verhältnisse.<br />

Danach sind die Mittelwerte wie auch die Maximalwerte der Farbstoffgehalte<br />

zu den einzelnen Ernteterminen sehr unterschiedlich, was<br />

auf eine starke Umweltabhängigkeit des Merkmals hinweist. Immerhin<br />

sind es 10 Pflanzen, die <strong>da</strong>nn die vorgegebene Selektionsgrenze überschreiten.<br />

Mit Werten zwischen 7,60 und 8,89 % Indican i. d. TM weisen<br />

die positiven Abweicher relativ hohe und konstante Gehalte an der Indi-


Züchtung ausgewählter gelbfärbender Pflanzen und Färberknöterich<br />

Tabelle 6: Variabilität des Indicangehaltes von<br />

Färberknöterich-Einzelpflanzen zu verschiedenen Ernteterminen,<br />

Dornburg 2000<br />

Erntetermin<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

n<br />

20<br />

20<br />

20<br />

20<br />

20<br />

20<br />

20<br />

20<br />

20<br />

30<br />

21<br />

Mittel<br />

3,11<br />

4,09<br />

4,37<br />

5,20<br />

4,66<br />

3,21<br />

3,18<br />

4,57<br />

6,08<br />

5,08<br />

5,72<br />

govorstufe auf. Das bedeutet, wenn sie sich bestätigen sollte, eine Erhöhung<br />

der Farbstoffausbeute um mindestens 70 % gegenüber dem bisherigen<br />

Material. Von allen Mutanten sowie weiteren 10 Pflanzen, die nahezu<br />

mit ihren Indicangehalten an die Selektionsgrenze heranreichen, ist Saatgut<br />

geerntet worden, <strong>da</strong>s <strong>2001</strong> in größerem Umfang angebaut und in<br />

mehreren Wiederholungen zu verschiedenen Ernteterminen auf den<br />

Farbstoffgehalt untersucht wird.<br />

4 Zusammenfassung<br />

Indicangehalt (% i.d.TM) Anzahl Pflan-<br />

Minimum<br />

1,00<br />

1,43<br />

2,17<br />

2,82<br />

0,00<br />

0,00<br />

1,45<br />

3,00<br />

4,40<br />

2,51<br />

2,73<br />

Maximum<br />

7,60<br />

6,50<br />

7,14<br />

8,86<br />

7,94<br />

6,78<br />

4,38<br />

7,69<br />

8,78<br />

8,89<br />

8,04<br />

s s x<br />

1,81<br />

1,41<br />

1,29<br />

1,45<br />

1,74<br />

1,97<br />

0,83<br />

1,45<br />

1,28<br />

1,57<br />

1,52<br />

0,40<br />

0,32<br />

0,29<br />

0,32<br />

0,39<br />

0,44<br />

0,19<br />

0,32<br />

0,29<br />

0,29<br />

0,33<br />

zen mit > (X +<br />

2s) % Indican<br />

Bei den bisherigen Untersuchungen hat sich immer wieder gezeigt, <strong>da</strong>ss<br />

einzelne Herkünfte und einzelne Individuen der wichtigen Gelbfarbstoffpflanzen<br />

Färberhundskamille, Färberwau und Kanadische Goldrute hinsichtlich<br />

des Merkmals Farbstoffgehalt über <strong>da</strong>s Mittel hinausragen.<br />

In mehrjährigen Untersuchungen hat sich außerdem herausgestellt,<br />

<strong>da</strong>ss diese Überlegenheit nicht nur durch verschiedene Umweltfaktoren<br />

verursacht wird, sondern offenbar genetisch bedingt ist. Es besteht <strong>da</strong>mit<br />

die berechtigte Hoffnung, <strong>da</strong>ss es sein sollte, ausgeglichene Stämme bzw.<br />

Populationen zu entwickeln, die im Hinblick auf ihre Qualität und deren<br />

Gülzow, 30. November 1995 91<br />

1<br />

0<br />

1<br />

1<br />

1<br />

0<br />

0<br />

2<br />

3<br />

1<br />

0


92<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

jahresstabile Ausprägung dem bisher angebauten Material deutlich überlegen<br />

sind.<br />

Bei Färberknöterich wird eine qualitative Verbesserung durch Identifizierung<br />

und Auslese positiver Mutanten aus einem Mutationsramsch<br />

zu erreichen versucht.<br />

Dr. G. Wurl, Dipl. Ing. agr. A. Biertümpfel<br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft<br />

Apol<strong>da</strong>er Str. 4<br />

D-07778 Dornburg<br />

a.biertuempfel@dornburg.tll.de


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Ergebnisse der züchterischen<br />

Bearbeitung von Färberkrapp<br />

(Rubia tinctorum m L.)<br />

S. Siebenborn, R. Marquard<br />

Justus-Liebig-Universität Gießen<br />

1 Einleitung<br />

Anbau und Verwendung von <strong>Färberpflanzen</strong> waren bis ins ausgehende<br />

19. Jahrhundert in Europa weit verbreitet und Rubia tinctorum L., auch<br />

Krapp oder Färberröte genannt, war die wichtigste Pflanze für die Rotfärbung<br />

von Textilien (ROTH et al., 1992; SCHWEPPE, 1992). Die Pflanze ist<br />

eine mehrjährige Staude aus der Familie der Rötegewächse (Rubiaceae).<br />

Charakteristisch ist der knorrige Wurzelkopf, dem zahlreiche lange Wurzeln<br />

und z. T. auch Ausläufer entspringen (KÖRBER-GROHNE, 1987;<br />

RENZ-RATHFELDER, 1990; SCHÖNFELDER & SCHÖNFELDER, 1995; AICHELE &<br />

SCHWEGLER, 1995).<br />

Hauptkomponente des Gesamtfarbstoffkomplexes ist Alizarin<br />

(1,2-Dihydroxyanthrachinon), welches an den Zucker Primverose glykosidisch<br />

gebunden ist. Weiterhin kommen in den Wurzeln noch Purpurin<br />

und Pseudopurpurin sowie in geringeren Anteilen Rubiadin und Munjistin<br />

vor, ebenfalls weitgehend in glykosidischer Bindung (BERGER, 1960;<br />

SCHWEPPE, 1992).<br />

Im Jahr 1869 wurden weltweit noch ca. 70.000 t Krappwurzeln produziert.<br />

Im gleichen Jahr gelang GRAEBE und LIEBERMANN die chemische<br />

Darstellung des wichtigsten Krappfarbstoffes Alizarin. Die Folge<br />

war eine wesentlich billigere Produktion des synthetischen Farbstoffes,<br />

so <strong>da</strong>ss der Krapp innerhalb kurzer Zeit völlig vom Markt verdrängt<br />

wurde (SCHAEFER, 1940; BIELIG, 1956; PLOSS, 1962; ZÄHRINGER, 1980;<br />

Gülzow, 30. November 1995 93


94<br />

<br />

<br />

(Primverose)<br />

Ruberythrinsäure: : R1 = R2 = H<br />

Galiosin: : R1 = COOH, R2 = H R1 = COOH, R2 = H<br />

<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

R1 R2 R3<br />

Alizarin OH H H<br />

Pseudopurpurin OH COOH OH<br />

Purpurin OH H OH<br />

Purpuroxanthin H OH H<br />

Rubianin Glucose OH H<br />

Rubiadin CH3 OH H<br />

Lucidin CH2OH OH H<br />

Munjistin COOH OH H<br />

Xanthopurpurin H OH H<br />

Abbildung 1: Färbewirksame Anthrachinonderivate in Rubia tinctorum L.<br />

(nach KARRER, 1958; WIJNSMA & VERPOORTE, 1986; SCHWEPPE,<br />

1992)<br />

BRÜGGEMANN & BÖHMER, 1982; BIEN et al., 1985; ZOLLINGER, 1987; HOF-<br />

MANN, 1992a/b; SCHWEPPE, 1992). Lediglich aufgrund der Tatsache, <strong>da</strong>ss<br />

mit Krapppräparaten auch bei der Behandlung von Nierensteinen nachweisbare<br />

Erfolge erzielt wurden, und die Wurzeltinktur in der Homöopathie<br />

von Bedeutung war, fand bis vor wenigen Jahren in Mitteleuropa<br />

noch ein begrenzter Anbau als Arzneipflanze statt (SCHNEIDER, 1974;<br />

HOPPE, 1977; ZEPERNICK et al., 1983; SCHILCHER, 1984; HAAS 1991; SCHLOS-<br />

SER et al., 1991, SCHNEIDER & HILLER, 1999).<br />

Heute ist der Krapp nur noch an Wildstandorten im östlichen Mittelmeergebiet<br />

und in Vorderasien zu finden. In den letzten Jahren kam<br />

durch die steigende Nachfrage nach Naturfarbstoffen eine mögliche Wiederbelebung<br />

der Krappkultur in die Diskussion. In Deutschland wird<br />

angestrebt, die steigende Nachfrage nach Naturfarbstoffen durch Produkte<br />

aus einheimischem Anbau zu decken. Dabei sollten gezielt Pflanzen<br />

ausgewählt werden, die unter mitteleuropäischen Klimabedingungen<br />

rentabel angebaut werden können und die benötigte Farbpalette<br />

abdecken. Weil der Krapp eine der wenigen Farbstoffpflanzen zur Rotfär-


Ergebnisse der züchterischen Bearbeitung von Färberkrapp<br />

bung ist besteht großes Interesse an seiner Inkulturnahme, <strong>da</strong> aus Wildsammlung<br />

stammende Färbedrogen in der Farbstoffqualität stark<br />

schwanken (EGGERS, 1997; VETTER, 1997; VETTER et al., 1997). Dadurch<br />

können bei den Endprodukten erhebliche Farbvariationen auftreten.<br />

Diese Schwierigkeiten könnten durch die Inkulturnahme des Krapps und<br />

die Optimierung des Anbauverfahrens sowie die Bereitstellung von Sorten<br />

mit einheitlichen Farbstoffgehalten überwunden werden (MARQUARD<br />

& SIEBENBORN, 1999 & 2000). Da der Krapp seit ca. 100 Jahren nicht mehr<br />

kultiviert wird, gibt es auch keine als anbauwürdig anerkannten Herkünfte<br />

oder Sorten (HEEGER, 1956). Das primäre Ziel ist <strong>da</strong>her die Gewinnung,<br />

Evaluierung und Selektion von Basismaterial, welches die Grundlage<br />

für die Entwicklung leistungsfähiger Sorten bilden soll. Diese<br />

Arbeiten wurden 1995 in der Türkei mit einem von DFG und GTZ unterstütztes<br />

Projekt begonnen und seit 1999 im Rahmen eines von der FACH-<br />

AGENTUR NACHWACHSENDE ROHSTOFFE (FNR) geförderten Verbundprojektes<br />

zur züchterischen Bearbeitung von Farbstoffpflanzen fortgesetzt.<br />

2 Material und Methoden<br />

Herkunftsscreening und Selektion<br />

Im Jahr 1992 wurden in der türkischen Provinz Cesme aus dort vorkommenden<br />

Wildpopulationen jeweils Samen von 96 Einzelpflanzen gesammelt<br />

und auf dem Versuchsfeld in Antalya ausgesät. Die Wurzeln wurden<br />

im Frühjahr 1995 von Hand gerodet, die 13 ertragsfähigsten Stämme<br />

nach Ertragskriterien selektiert und zur Anlage von Leistungsprüfungen<br />

über Wurzelstecklinge vermehrt. Von allen Herkünften wurden für qualitätsanalytische<br />

Untersuchungen Wurzelproben bei 40 °C getrocknet.<br />

Stecklingspflanzen der 13 selektierten türkischen Herkünften (Cesme-Selektionen)<br />

wurden 1996 Rauischholzhausen in Gefäßen kultiviert, zusammen<br />

mit neun Krappherkünften, angezogen aus Samen von botanischen<br />

Gärten in Westeuropa. Dieses Sortiment wurde noch ergänzt von zwei<br />

Herkünften der thüringischen Landesanstalt („Artern“ und „England“),<br />

die 1997 nach Anzucht aus Samen in Gefäße gepflanzt wurden. Eine Erweiterung<br />

des Sortimentes erfolgte 1998 mit der Aussaat von 30 Einzelpflanzenachkommen<br />

aus Wildsammlung in Usak (vgl. Abb. 2).<br />

Im November 1997 wurden von den 1996 gepflanzten Herkünften aus<br />

Cesme und botanischen Gärten zwei bis drei Gefäße geerntet, die Wurzel-<br />

Gülzow, 30. November 1995 95


96<br />

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<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

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Abbildung 2: Übersicht über die Züchtungsarbeiten mit Rubia tinctorum L.<br />

von 1992-2000


Ergebnisse der züchterischen Bearbeitung von Färberkrapp<br />

frischmasse bestimmt und die einzelnen Wurzeln in drei Fraktionen<br />

geteilt: Ein Teil wurde in Styroporkästen mit Sand bedeckt bei 5 °C gelagert,<br />

der Rest für Farbstoffanalysen und zur Bestimmung der Gesamttrockenmasse<br />

teils 72 h bei 40 °C und teils 12 h bei 105 °C getrocknet.<br />

Nach Bestimmung der Farbstoffgehalte wurden Einzelpflanzen nach<br />

Ertrag, besonderen Eigenschaften (Blühbeginn u.a) und hohem Farbstoffgehalt<br />

selektiert. Ursprünglich war geplant, die Einzelpflanzen ausschließlich<br />

über Wurzelstecklinge zu vermehren. Da jedoch einige der<br />

über Winter eingelagerten Wurzeln im Frühjahr nicht mehr austrieben,<br />

wurden selektierte Pflanzen teilweise auch über Samen vermehrt.<br />

Von den 27 zur Selektion ausgewählten Einzelpflanzen konnten 13<br />

über Wurzelstecklinge vermehrt werden. Insgesamt wurden 66 Nachkommen<br />

von 22 selektierten Einzelpflanzen im Frühjahr 1998 in Gefäße<br />

gepflanzt. Insgesamt wurden 103 Einzelpflanzen nach morphologischen<br />

Kriterien (Wuchshöhe, Blattgröße, Blühbeginn, Bestockung, Stängeldurchmesser,<br />

Wurzelmorphologie) charakterisiert. Nach der Ernte im<br />

zweiten Jahr wurden Wurzelertrag und Farbstoffgehalt bestimmt und die<br />

Daten mittels Clusteranalyse (UPGMA) verrechnet. Von Einzelpflanzenselektionen,<br />

bei denen ausreichend Samen vorlagen, wurden zusätzlich<br />

zehn Pflanzen in Einzelparzellen ins Freiland gepflanzt (Pflanzabstand<br />

30 x 30 cm).<br />

Qualitätsanalytik<br />

Über die Entwicklung einer photometrischen Schnellmethode zur Bestimmung<br />

des Farbstoffgehaltes wurde bereits 1999 auf dem <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong><br />

ausführlich berichtet (MARQUARD & SIEBENBORN, 1999).<br />

Parallel zu den photometrischen Analysen wurden auch Probefärbungen<br />

durchgeführt. Dazu wurden 0,5 g gemahlene Wurzeln in 50 ml Wasser<br />

über Nacht vorfermentiert, im Einweichwasser 10 min bei 100 °C<br />

erhitzt und filtriert. In dem so gewonnenen Farbstoffextrakt wurde ein<br />

mit 0,6 %iger Alaunlösung behandeltes Wollgewebe 1 h bei 70 °C gefärbt<br />

(SIEBENBORN, <strong>2001</strong>).<br />

Gülzow, 30. November 1995 97


3 Ergebnisse und Schlussfolgerungen<br />

98<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Wurzelerträge der Herkünfte aus Wildsammlung in Cesme/Türkei<br />

Von 96 Einzelpflanzennachkommen wurden nach dreijähriger Kultur auf<br />

dem Standort Antalya die Wurzelerträge ermittelt. Umgerechnet auf dt/<br />

ha lag der Mittelwert bei 22,4 dt mit einer Variationsbreite von<br />

5,6-55,5 dt/ha.<br />

Farbstoffqualität<br />

Um einen Überblick über Farbintensität und Farbstoffzusammensetzung<br />

der verschiedenen Wurzelextrakte zu erhalten, wurden bei allen<br />

Cesme-Herkünfte die Farbstoffgehalte nach der photometrischen Methode<br />

bestimmt. Die Variationsbreite der Farbstoffgehalte lag zwischen<br />

2,4 und 4,4 % Farbstoff in der Trockenmasse.<br />

Bei ersten Probefärbungen zeigte sich, <strong>da</strong>ss die analytisch bestimmten<br />

Farbstoffgehalte von Wurzelextrakten in der Farbintensität der mit den<br />

entsprechenden Wurzelproben gefärbten Wolle sichtbar wurden. Somit<br />

stellt die photometrisch ermittelte Variation im Farbstoffgehalt ein objektives<br />

Auswahlkriterium für die zukünftige Selektion <strong>da</strong>r. Auf Grundlage<br />

der bei den türkischen Herkünften ermittelten Variation wurden vorläufige<br />

Qualitätskriterien festgelegt:<br />

Gute Farbstoffqualität: Farbstoffgehalt > 3,5 % in der<br />

Wurzeltrockenmasse<br />

Schlechte Farbstoffqualität: Farbstoffgehalt < 2,8 % in der<br />

Wurzeltrockenmasse<br />

Charakterisierung der Rubia-Herkünfte 1998-1999<br />

Mehr als die Hälfte der Rubia-Pflanzen in Rauischholzhausen überstand<br />

den Winter nicht, so <strong>da</strong>ss im zweiten Jahr nur 42 Einzelpflanzen geerntet<br />

werden konnten. In Tabelle 1 sind die Korrelationen zwischen den Charakterisierungsmerkmalen<br />

der Herkunftsversuche 1999 <strong>da</strong>rgestellt. Die<br />

Korrelationen wurden nach PEARSON, bzw. bei ordinalskalierten oder<br />

nicht normalverteilten Daten nach SPEARMAN berechnet. Signifikante<br />

Wechselbeziehungen zeigen sich insbesondere zwischen den verschiedenen<br />

Parametern des Krautwachstums. Die eigentlichen Leistungsmerk-


Ergebnisse der züchterischen Bearbeitung von Färberkrapp<br />

male Wurzeltrockenmasse und Farbstoffgehalt weisen keine Korrelation<br />

mit Merkmalen des oberirdischen Habitus auf. Eine negative Beziehung<br />

besteht allerdings zwischen Wurzelmorphologie und Farbstoffgehalt<br />

(r = -0,602**).<br />

Tabelle 1: Korrelationstabelle der Charakterisierungsmerkmale bei den<br />

Herkunftsversuchen 1999 in Gefäßen<br />

Tage bis Blüte<br />

(Pearson)<br />

Wuchshöhe<br />

(Pearson)<br />

Stängeldurchmesser<br />

(Spearman)<br />

Battbreite<br />

(Pearson)<br />

Blattlänge<br />

(Pearson)<br />

Wurzel-TM<br />

(Spearman)<br />

Farbstoffgehalt<br />

(Pearson)<br />

Wurzelmorph.<br />

(Spearman)<br />

Bestockung<br />

(Spearman)<br />

Tage bis Blüte<br />

-0,495**<br />

Wuchshöhe<br />

-0,443** 0,674**<br />

Stängeldurchmesser<br />

-0,289 0,457** 0,596**<br />

Gülzow, 30. November 1995 99<br />

Blattbreite<br />

-0,206 0,401** 0,591** 0,712**<br />

Blattlänge<br />

-0,204 0,025 -0,112 0,032 0,029<br />

Wurzel-TM<br />

-0,049 0,078 0,058 -0,171 0,035 -0,040<br />

Farbstoffgehalt<br />

0,038 0,252 0,213 0,393* 0,282 -0,085 -0,602**<br />

Wurzelmorphol.<br />

0,166 -0,436** -0,700** -0,690** -0,699** 0,190 0,045 -0,229<br />

* Die Korrelation ist auf dem Niveau von 5% (2-seitig) signifikant<br />

** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 1% (2-seitig) signifikant


100<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Tabelle 2: Faktorladungen der Variablen im Gefäßversuch mit verschiedenen<br />

Einzelpflanzennachkommen von Rubia tinctorum L<br />

Bestockung -0,852<br />

Stängeldurchmesser 0,847<br />

Blattlänge 0,811<br />

Blattbreite 0,788<br />

Komponente<br />

1 2 3<br />

Wuchshöhe 0,624 0,563<br />

Farbstoffgehalt -0,831<br />

Wurzelmorphologie 0,761<br />

Blühbeginn -0,838<br />

Wurzelertrag 0,536<br />

Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse<br />

Rotationsmethode:Varimax mit Kaiser-Normalisierung<br />

Mit den gleichen Daten wurde auch eine Hauptkomponentenanalyse<br />

durchgeführt Die Anzahl der Faktoren wurde nach dem Kaiser-Kriterium<br />

(Eigenwert > 1) bestimmt. Auf diese Weise wurden drei Faktoren extrahiert,<br />

die insgesamt 73 % der Varianz der Variablen erklären. Dabei weist<br />

der Faktor 1 mit Abstand den größten Eigenwert auf. Mit diesem Faktor<br />

sind die Variablen Stängeldurchmesser, Blattlänge, Blattbreite und<br />

Wuchshöhe positiv und die Bestockung negativ verknüpft. Dies geht aus<br />

der Tabelle 2 hervor, in der die Faktorladungen der Variablen nach einer<br />

„Varimax-Rotation“ <strong>da</strong>rgestellt sind. Zur besseren Übersichtlichkeit wurden<br />

Faktorladungen < 0,5 nicht aufgeführt. Faktor 2 lädt hauptsächlich<br />

auf die Merkmale Farbstoffgehalt und Wurzelmorphologie, während<br />

Faktor 3 in korrelativer Beziehung zu Blühbeginn, Wuchshöhe und Wurzeltrockenmasse<br />

steht.<br />

Abbildung 3 zeigt <strong>da</strong>s Dendrogramm einer Clusteranalyse, zu deren<br />

Berechnung die drei in der Hauptkomponentenanalyse ermittelten Faktoren<br />

als Variablen herangezogen wurden. Danach können fünf Gruppen<br />

unterschieden werden, in denen die Einzelpflanzen mehr oder weniger


Ergebnisse der züchterischen Bearbeitung von Färberkrapp<br />

Abbildung 3: Clusteranalyse für die Einzelpflanzennachkommen aus Wildsammlung<br />

in Usak sowie für die Selektionen aus Cesme (C) und<br />

Westeuropa Ma., Ar., Kö.)<br />

Gülzow, 30. November 1995 101


102<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

große Ähnlichkeit zueinander aufweisen. Die Herkünfte aus Westeuropa<br />

befinden sich in einem Cluster und unterscheiden sich von den türkischen<br />

Herkünften aus Cesme und Usak hauptsächlich durch Merkmale,<br />

die <strong>da</strong>s Krautwachstum charakterisieren. Die Pflanzen wurden sehr hoch<br />

mit einem dominanten Haupttrieb und großen Blättern. Die Pflanzen aus<br />

Usak waren im Vergleich <strong>da</strong>zu kleinwüchsig mit schmalen Blättern und<br />

vielen Bestockungstrieben. Dies gilt besonders für die Herkünfte, die in<br />

Cluster III vereinigt sind und sich durch hohe Wurzelerträge und gute<br />

Farbstoffgehalten auszeichnen. Die Herkünfte aus Cesme werden hauptsächlich<br />

den Clustern I und VI zugeordnet. Die Pflanzen im Cluster I weisen<br />

relativ hohe Farbstoffgehalte auf. Die Gruppe VI besteht aus zwei Einzelpflanzen<br />

der Selektion C73, die zwar einen hohen Wurzelertrag<br />

(Mittel = 29,4 g), aber einen niedrigen Farbstoffgehalt (Mittel = 2,10 %)<br />

aufweisen. Diese Genotypen sind charakterisiert durch einen hohen<br />

Haarwurzelanteil. Dies führt zu hohen Wurzelerträgen, aber niedrigen<br />

Farbstoffgehalten. Auch die Korrelationsberechnungen (Tab. 1) zeigen,<br />

<strong>da</strong>ss zwischen Wurzelmorphologie und Farbstoffgehalt ein Zusammenhang<br />

besteht (r = -0,602**). Das heißt, Pflanzen mit bräunlichen Wurzeln<br />

und einem hohen Haarwurzelanteil (hohe Boniturnote) wiesen meist<br />

niedrige Farbstoffgehalte auf. In der Abbildung 4 sind die Ergebnisse der<br />

Wurzelbonitur für die Selektionen aus Cesme und botanischen Gärten<br />

sowie für Wildpflanzennachkommen aus Usak <strong>da</strong>rgestellt.<br />

Daraus geht hervor, <strong>da</strong>ss die Wildherkünfte aus Usak mit einem Boniturmittel<br />

von 3,3 mehr zu einem lichten Wurzeltyp mit wenig Haarwurzeln<br />

tendierten. Die Selektionen aus Cesme wiesen bedingt durch einen<br />

hohen Feinwurzelanteil im Mittel eine Boniturnote von 5 auf. Bemerkenswert<br />

ist, <strong>da</strong>ss die Herkünfte aus Usak im Mittel den höchsten Farbstoffgehalt<br />

und somit einen hohen Farbstoffertrag erbrachten, obwohl der mittlere<br />

Wurzelertrag mit 14,7 g deutlich unter dem der Nachkommen aus<br />

Cesme und Artern lag. Die vegetativ vermehrten Herkünfte aus Cesme<br />

wiesen die niedrigsten Farbstoffgehalte auf, verbunden mit einer hohen<br />

Boniturnote für die Wurzelbeschaffenheit. Eine besonders starke Haarwurzelbildung<br />

wurde bei den über Samen aus isolierter Abblüte vermehrten<br />

Pflanzen (Cesme IS) beobachtet, Farbstoffgehalte und -erträge<br />

lagen aber auf einem durchschnittlichen Niveau. Aus botanischen Gärten<br />

lagen nur drei Einzelpflanzennachkommen vor, die aufgrund geringer<br />

Wurzelmassebildung und niedriger Farbstoffgehalte den schlechtesten<br />

Farbstoffertrag erbrachten.


Leistungprüfungen in Aydin/Türkei<br />

<br />

Ergebnisse der züchterischen Bearbeitung von Färberkrapp<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 4: Wurzelmorphologie und Farbstoffertrag bei Einzelpflanzennachkommen<br />

aus Usak und den selektierten Herkünften aus Cesme<br />

und bot. Gärten<br />

Die Abbildung 5 zeigt die Ergebnisse der Leistungsprüfung in Aydin.<br />

Nach der Varianzanalyse liegen signifikante Unterschiede im Wurzelertrag<br />

zwischen den Jahren und zwischen den Herkünften sowie signifikante<br />

Wechselwirkungen zwischen Herkunft und Jahr vor. Der Wurzelertrag<br />

war im dritten Jahr mit einem Mittelwert von 25,7 dt/ha<br />

signifikant höher als im zweiten Jahr, in dem nur durchschnittlich 7,3 dt/<br />

ha geerntet wurden.<br />

Während im zweiten Jahr zwischen den einzelnen Prüfgliedern kaum<br />

statistisch gesicherte Unterschiede vorliegen, wurden für <strong>da</strong>s dritte Jahr<br />

mittels Tukey-Test signifikante Ertragsdifferenzen ermittelt. Als besonders<br />

ertragreich erwiesen sich die Selektionen C54, C29 und C66. Letztere<br />

hatte allerdings in beiden Jahren den niedrigsten Farbstoffgehalt. Bei der<br />

Variante C54 lagen die Gehalte immer über 3 %, so <strong>da</strong>ss hier im zweiten<br />

Gülzow, 30. November 1995 103<br />

<br />

<br />

OA: Vermehrung über Samen aus offener Abblüte W: Vermehrung über Wurzelstecklinge<br />

IS: Vermehrung über Samen aus Isolation


104<br />

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<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

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Wurzelertrag (dt/ha) 1998: Mittel: 7,3 Stabw.: 1,68V: 4,7-9,31999: Mittel: 25,7 Stabw.: 9,00V:<br />

14,3-45,1<br />

Farbstoffgehalt (%) 1998: Mittel: 3,0 Stabw.: 0,26V: 2,4-3,51999: Mittel: 2,90 Stabw.: 0,35V:<br />

2,49-3,28<br />

Farbstoffertrag (kg/ha)1998: Mittel: 21,8 Stabw.: 5,50V: 15,2-28,61999: Mittel: 74,7 Stabw.: 30,6V:<br />

43,1-144,3<br />

gleiche Buchstaben: keine signifikanten Unterschiede im Wurzelertrag nach Tukey-Test (5%)<br />

gleiche Zahlen: keine signifikanten Unterschiede im Farbstoffertrag nach Dunnett T3-Test (5%)<br />

Abbildung 5: Wurzeltrockenmasse und Farbstoffgehalt in der Leistungsprüfung<br />

verschiedener Rubia-Herkünfte in Aydin/Türkei<br />

Jahr mit 144 kg/ha der höchste Farbstoffertrag erreicht wurde. Für die<br />

Varianten C72, C75, C83 und C89 wurden sehr niedrige Farbstofferträge<br />

ermittelt, die höchsten Farbstofferträge erreichten im dritten Jahr die<br />

Selektionen C29, C54, C68 und C91. Während bei den drei erstgenannten<br />

auch im zweiten Jahr bereits gute Farberträge erzielt wurden, wies die<br />

Herkunft C91 im zweiten Jahr einen niedrigen Farbstoffertrag auf, hauptsächlich<br />

bedingt durch einen geringen Wurzelertrag.<br />

4 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Da der Krapp seit ca. 100 Jahren nicht mehr kultiviert wird, gibt es auch<br />

keine als anbauwürdig anerkannten Herkünfte oder Sorten (HEEGER,


Ergebnisse der züchterischen Bearbeitung von Färberkrapp<br />

1956). Das primäre Ziel unserer Züchtungsarbeit war <strong>da</strong>her die Gewinnung<br />

und Evaluierung von Basismaterial, <strong>da</strong>s die Grundlage für die Entwicklung<br />

leistungsfähiger Sorten bilden soll.<br />

Die Erstellung eines solchen Rubia-Sortimentes war mit verschiedenen<br />

Schwierigkeiten verbunden. Zu Beginn standen nur die 96 Einzelpflanzennachkommen<br />

aus Cesme zur Verfügung, die auf dem Versuchsfeld in<br />

Antalya angebaut und lediglich hinsichtlich ihrer Wurzelertäge beurteilt<br />

wurden. Da die Einzelpflanzendifferenzierung im Feld sehr problematisch<br />

war, konnte nur der Parzellenertrag der gesamte Nachkommenschaft<br />

einer Einzelpflanze bestimmt werden. Morphologische Merkmale<br />

wurden nicht erfasst und die Farbstoffgehalte konnten aufgrund der fehlenden<br />

Methode erst später festgestellt werden. Daher wurden aus dieser<br />

Population nur 13 Genotypen über Wurzelstecklinge vermehrt und ein<br />

Teil der Ausgangsvariabilität dieser Population ging verloren.<br />

Das Rubia-Sortiment wurde im Verlauf von vier Jahren auf der Gefäßstation<br />

in Rauischholzhausen etabliert. Ein objektiver Vergleich der Herkünfte<br />

aus den verschiedenen Populationen war erst 1999 möglich, als<br />

sich alle Pflanzen in einem einheitlichen Entwicklungsstadium befanden.<br />

Die Erfassung war <strong>da</strong>durch erschwert, <strong>da</strong>ss die Wurzeln erst im zweiten<br />

Vegetationsjahr geerntet wurden und viele Pflanzen den Winter nicht<br />

überstanden. Einige Genotypen mit guten Eigenschaften gingen zuvor<br />

schon durch mangelnden Samenansatz, schlechte Keimungsraten und<br />

Schwierigkeiten bei der Stecklingsvermehrung verloren.<br />

Für die Leistungsprüfung wurden die 13 Selektionen nach der Wurzelernte<br />

1996 zunächst über Wurzelstecklinge und <strong>da</strong>nn über Samen vermehrt.<br />

Da bei der Samenvermehrung die einzelnen Herkünfte nicht isoliert<br />

wurden, sind Einkreuzungen nicht auszuschliessen, so <strong>da</strong>ss die<br />

ursprüngliche genetische Zusammensetzung der Selektionen nur noch<br />

bei den Pflanzen vorhanden war, die 1996 aus dem gleichen Wurzelmaterial<br />

auf der Gefäßversuchsstation in Rauischholzhausen angezogen wurden.<br />

Ein Vergleich dieser Einzelpflanzenprüfung in Gefäßen mit der Leistungsprüfung<br />

in Aydin ist aufgrund des zusätzlichen generativen<br />

Vermehrungsschrittes vor Anlage des Feldversuches in Aydin nur noch<br />

bedingt möglich.<br />

In den Gefäßversuchen waren die Farbstoffgehalte der Selektionen<br />

aus Cesme deutlich niedriger als 1996 bei der Feldprüfung in Antalya.<br />

Auf den Feldparzellen in Rauischholzhausen war der mittlere Farbstoffgehalt<br />

<strong>da</strong>nn wieder höher und entsprach dem Mittel der Leistungprü-<br />

Gülzow, 30. November 1995 105


106<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

fung in Aydin. Nach den eingangs genannten Qualitätskriterien liegen<br />

die meisten der in Feldparzellen kultivierten Einzelpflanzennachkommen<br />

im Bereich mittlerer Farbstoffqualität. Die Rohware, die in den<br />

Gefäßversuchen geerntet wurde, wäre zum großen Teil in der Kategorie<br />

schlechte Farbstoffqualität einzuordnen. Es ist anzunehmen, <strong>da</strong>ss sich die<br />

Krappwurzeln in den Gefäßen nicht optimal entwickeln konnten. Somit<br />

ist eine derartige Einzelpflanzenkultur mit eingeschränktem Wurzelraum<br />

trotz der Vorteile, die sie in Bezug auf die Individualauslese bietet, für<br />

zukünftige Züchtungsarbeiten nur bedingt geeignet. Im Jahr 2000 wurden<br />

<strong>da</strong>her die nach der Ernte 1999 selektierten Einzelpflanzen (siehe<br />

Abb. 2) in Rauischholzhausen in kleine Feldparzellen ausgepflanzt. Da<br />

unter mediterranen Klimabedingungen eine wesentlich besserer Samenansatz<br />

erreicht wird, werden diese Pflanzen zur Zeit auch zur Saatgutproduktion<br />

in der Türkei angebaut. Nach der Vermehrung können die<br />

Stämme in Feldparzellen hinsichtlich ihrer Ertrags- und Qualitätsmerkmale<br />

beurteilt werden. Vergleichsweise große Pflanzabstände sollen die<br />

Differenzierung der Einzelpflanzen und die Erfassung der in den Gefäßversuchen<br />

beschriebenen morphologischen Merkmalen auch in der Feldkultur<br />

ermöglichen. Zur Vereinfachung können die Pflanzen auch in<br />

Wuchstypen eingeteilt werden, in denen die stark korrelierenden Merkmale<br />

Pflanzenhöhe, Stängeldurchmesser und Blattgröße und Bestockung<br />

(entsprechend dem Faktor 1 nach der Faktorenanalyse) zusammengefasst<br />

sind. Auf diese Weise kann die auf Basis der bisher vorliegenden Ergebnisse<br />

erstellte Strukturierung der Rubia-Populationen überprüft werden.<br />

Parallel <strong>da</strong>zu sollen die besten Stämme der Leistungsprüfung zur<br />

schnellen Bereitstellung von anbauwürdigem Saatgut noch weiter in<br />

Feldparzellen geprüft und unter Isolation vermehrt werden. Dazu werden<br />

im Jahr <strong>2001</strong> Versuche in Deutschland und in der Türkei angelegt.<br />

Nach Prüfungen über drei Jahre an verschiedenen Standorten könnten<br />

die besten Varianten <strong>da</strong>nn zu einer verbesserten Cesme-Population vereinigt<br />

werden.<br />

5 Literatur<br />

/1/ AICHELE, D. & H.W. SCHWEGLER, 1995: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas, Band<br />

3. Kosmos Verlag Stuttgart, 539-540.<br />

/2/ BERGER, F., 1960: Handbuch der Drogenkunde, Bd.V - Erkennung, Wertbestimmung<br />

und Anwendung. Maudrich-Verlag, Wien, Bonn, Bern, 408-411.


Ergebnisse der züchterischen Bearbeitung von Färberkrapp<br />

/3/ BIELIG, H. J. 1956: Natürliche Farbstoffe. In: W. FOERST (ed.): Ullmanns Enzyklopädie<br />

der technischen Chemie, Band 7 1956, Verlag Urban und Schwarzenberg<br />

München und Berlin, 84-144.<br />

/4/ BIEN, S., J. STAWITZ, K.WUNDERLICH, 1985: Anthraquinone Dyes and Intermediates.<br />

In: W. GERHARTZ (eds.): Ullmann´s Encyclopedia of Industrial Chemistry<br />

Vol. A.2., VCH Verlagsgesellschaft mbH Weinheim, 356-412.<br />

/5/ BRÜGGEMANN, W. & H. BÖHMER, 1982: Teppiche der Bauern und Nomaden in<br />

Anatolien. K & A - Verlag, München. 36-57 und 88-118.<br />

/6/ EGGERS, U., 1997: Der Einsatz von pflanzlichen Rohstoffen für Farben – Gegenwart<br />

und Zukunft. In: FACHAGENTUR NACHWACHSENDE ROHSTOFFE (ed.):<br />

Tagungsband Gülzower Fachgespräche - <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> 1997, 39-47.<br />

/7/ HAAS, H., 1991: Arzneipflanzenkunde für Studenten der Medizin, Pharmazie<br />

und Biologie sowie für Ärzte und Apotheker. BI-Wiss.-Verl. Mannheim, Wien,<br />

Zürich, 114-115.<br />

/8/ HEEGER, E.F., 1956: Handbuch des Arznei-und<br />

Gewürzpflanzenbaues - Drogengewinnung. Deutscher Bauernverlag, Berlin,<br />

613-617.<br />

/9/ HOFMANN R., 1992a): Nutzpflanzen zur Textilherstellung – Pflanzen mit Vergangenheit<br />

und Zukunft. In: HEINDL B. (ed.): Textil-Landschaft Mühlviertel,<br />

Edition Sandkorn, Linz, 75-84.<br />

/10/ HOFMANN R., 1992b): Färbepflanzen und ihre Verwendung in Österreich, Verh.<br />

Zool.-Bot. Ges. Österreich 129, 227-269.<br />

/11/ HOPPE H.A., 1977: Drogenkunde Band II, Verlag de Gruyter Berlin, 944-945.<br />

/12/ KARRER, W., 1958: Konstitution und Vorkommen der organischen Pflanzenstoffe<br />

(exclusive Alkaloide). Birkhäuser Verlag Basel und Stuttgart, 497-503.<br />

/13/ KÖRBER-KROHNE, U., 1987: Nutzpflanzen in Deutschland, Kulturgeschichte u.<br />

Biologie. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart, 409-429.<br />

/14/ MARQUARD R. & S. SIEBENBORN, 1999: Züchtung und Anbau von Krapp in<br />

Deutschland und der Türkei, In: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (ed.):<br />

Tagungsband Gülzower Fachgespräche-<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> 1999, 83-93.<br />

/15/ MARQUARD R. & S. SIEBENBORN, 1999: Das Rot <strong>da</strong>s aus der Wurzel kam,<br />

DFG-Forschung 2/99, 16-18.<br />

/16/ MARQUARD R. & S. SIEBENBORN, 2000. The Red which came from the Root, german<br />

research 1/2000, 18-20.<br />

/17/ PLOSS, E.E., 1962: Ein Buch von alten Farben. Impuls Verlag Heidelberg und Berlin,<br />

9-142:<br />

/18/ RENZ-RATHFELDER, S., 1990: Pflanze und Farbe. Sonderheft 14, Palmengarten<br />

Frankfurt, 62-82.<br />

/19/ ROTH, L., KORMANN, K. & H. SCHWEPPE, 1992: Färbepflanzen-Pflanzenfarbstoffe.<br />

Ecomed Fachverlag, Landsberg/Lech, 11-29, 125-128, 244-247.<br />

/20/ SCHAEFER, G., 1940: Der Anbau und die Verwendung der Krappwurzel.<br />

Ciba-Rundschau 47, 1714-1722.<br />

Gülzow, 30. November 1995 107


108<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

/21/ SCHILCHER, H., 1984: Pflanzliche Urologika. Deutsche Apotheker Zeitung 124/<br />

47, 2435-2436.<br />

/22/ SCHLOSSER, S., L. REICHHOFF & P. HANELT (eds.), 1991: Wildpflanzen Mitteleuropas,<br />

Nutzung und Schutz. DLV-Verlag, Berlin, 395-396.<br />

/23/ SCHNEIDER, G. & K.HILLER, 1999: Arzneidrogen. 4. Auflage, Spektrum-Verlag<br />

Heidelberg und Berlin, 168-169.<br />

/24/ SCHNEIDER, W., 1974: Lexikon zur Arzneimittelgeschichte Band V/3. Frankfurt,<br />

189-190.<br />

/25/ SCHÖNFLEDER, P. & I. SCHÖNFELDER, 1995: Der Kosmos-Heilpflanzenführer.<br />

6. Auflage, Kosmos-Verlag Stuttgart, 114.<br />

/26/ SCHWEPPE, H., 1992: Handbuch der Naturfarbstoffe. Ecomed Fachverlag, Landsberg/Lech,<br />

200-239.<br />

/27/ SIEBENBORN S., <strong>2001</strong>: Untersuchungen zur Inkulturnahme und Qualitätsverbesserung<br />

Rubia tinctorum L.. Dissertation Universität Giessen, im Druck.<br />

/28/ VETTER, A., 1997: Potentielle Pflanzen zur Gewinnung von Naturfarbstoffen -<br />

Bedeutung und Markt. In: FACHAGENTUR NACHWACHSENDE ROHSTOFFE (ed.):<br />

Tagungsband Gülzower Fachgespräche-<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> 1997, 21-39.<br />

/29/ VETTER, A., G. WURL & A. BIERTÜMPFEL 1997: Auswahl geeigneter <strong>Färberpflanzen</strong>für<br />

einen Anbau in Mitteleuropa. Zeitschrift für Arznei- und Gewürzpflanzen<br />

4/97, 186-192.<br />

/30/ WIJNSMA, R., R. VERPOORTE, 1986: Anthraquinones in the Rubiaceae. Progress in<br />

the chemistry of organic natural products Vol. 49, 79-149.<br />

/31/ ZÄHRINGER, F., 1980: Mit Achtsamkeit zurück zur Färbepflanze. Sandoz Bulletin<br />

53, 21-37.<br />

/32/ ZEPERNICK, B., L. LANGHAMMER & J.B.P. LÜDCKE, 1993: Lexikon der offizinellen<br />

Arzneipflanzen. Verlag de Gruyter Berlin und New York, 358-359.<br />

/33/ ZOLLINGER, H., 1987: Colour Chemistry (Synthese, Properties and Applications<br />

of Organic Dyes and Pigments). VCH Weinheim, 159-169.<br />

Simone Siebenborn, Prof. Dr. Richard Marquard<br />

Justus-Liebig-Universität<br />

Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung I<br />

Ludwigstraße 23<br />

D-35390 Gießen


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Erfahrungen der Lehr- und<br />

Versuchsanstalt Gartenbau Erfurt zu<br />

Erträgen, Fruchtqualitäten,<br />

Farbstoffgehalten und Reifeterminen<br />

von 14 Holundersorten<br />

M. Möhler<br />

Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau, Erfurt<br />

Versuchshintergrund und Versuchsziel<br />

Die Wildobstart Holunder hat sich als Nischenprodukt in den vergangenen<br />

Jahren auch am Standort Thüringen etabliert. Der gesundheitliche<br />

Wert dieser Wildobstart, die hohen Anthocyangehalte verbunden mit<br />

den vielfältigen Verarbeitungsmöglichkeiten zu Marmeladen, Säften,<br />

Weinen bzw. zu Farbstoffen und <strong>da</strong>mit als natürlicher Farbzusatz zu den<br />

verschiedensten Nahrungsmitteln, waren <strong>da</strong>für ebenso Grundlage wie<br />

die Möglichkeit, Holunder ohne bzw. mit einem Minimum an Pflanzenschutz<br />

produzieren zu können.<br />

Holundersorten weisen jedoch hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe starke<br />

Unterschiede auf.<br />

Ein wichtiges Merkmal für die Verarbeitungsbetriebe stellt der Farbstoffgehalt<br />

der Sorte <strong>da</strong>r. An zwei Thüringer Standorten wurden 7 Holundersorten<br />

aufgepflanzt und hinsichtlich der Erntetermine, der Erträge,<br />

der Doldenzahlen und Doldengewichte sowie der Farbstoffgehalte über<br />

mehrere Jahre verglichen. 1996 erfolgte eine Erweiterung auf 14 Sorten.<br />

Die Eignung der Sorten zur Anbauform als Strauch oder Stamm wurde<br />

bewertet sowie die Krankheitsanfälligkeit der untersuchten Sorten mit<br />

zunehmendem Alter in die Bonituren einbezogen. Auf der Suche nach<br />

Gülzow, 30. November 1995 109


110<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

weiteren Verwendungsmöglichkeiten des Holunders wurden <strong>da</strong>s Doldengewicht<br />

zur Blüte sowie die Blühtermine mit erfasst.<br />

Ergebnisse<br />

Die exakte Bestimmung des Farbstoffgehaltes gestaltete sich schwierig,<br />

<strong>da</strong> dieser stark vom Reifezustand und <strong>da</strong>mit vom Erntetermin der Sorten<br />

abhängt. Weiterhin wird er vom Standort, Pflegezustand und der Jahreswitterung<br />

beeinflusst. Außerdem werden verschiedene Nachweismethoden<br />

angewandt. Für die Ermittlung der Farbstoffgehalte 1998 und 1999<br />

nutzte Schwarick, Fachhochschule Erfurt, die Absorbtionsmethode, bei<br />

der der Antocyangehalt der Sorte im Saft als auch im Fruchtfleisch/<br />

Schale (Trester) bei einer Wellenlänge von 512 nm gemessen wird. Die<br />

Summe beider Komponenten ergibt den Farbstoffgehalt der Sorte. Dabei<br />

konnte er feststellen, <strong>da</strong>ss sich ein hoher Anteil des Farbstoffs (bis 60 %) in<br />

den Schalen der Holunderfrüchte befindet. Die höchsten Farbstoffgehalte<br />

wurden 1998 bei den Sorten 'Samyl', 'Haschberg' und 'Sambu' festgestellt.<br />

Dieses Ergebniss wird durch mehrjährige Untersuchungen bestätigt.<br />

Auch die Sorten 'Weihenstephan', 'Mammut' und 'Bergmann' bestätigten<br />

die guten Farbwerte über die gesamte Standzeit. Beim Vergleich von<br />

Wildholunder mit den Kultursorten schwankten die Farbwerte zwischen<br />

200 und 650 Farbeinheiten je nach Jahr und Herkunft. Die Farbstoffgehalte<br />

von ‘Korsör‘ und den Haidegger Klonen blieben 1998 unter den<br />

Erwartungen. Besonders deutlich wurden bei den Haidegger Klonen die<br />

unterschiedlichen Farbstoffanteile in Saft und Trester. So lagen die Farbstoffgehalte<br />

dieser Sorten im Saft deutlich unter den Farbstoffgehalten im<br />

Trester.<br />

Bei der Ernte der Sorten zu verschiedenen Ernteterminen wurde deutlich,<br />

<strong>da</strong>ss zu früh geerntete Proben weit unter dem erreichbaren Farbstoffgehalt<br />

blieben. Zu spät geerntete Proben wiesen einen Rückgang bereits<br />

erreichter Farbwerte auf. Jährliche Schwankungen der Farbstoffgehalte<br />

innerhalb einer Sorte wurden deutlich (vgl. Abb. 2). Die Farbstoffgehalte<br />

der Haidegger Klone lagen im Jahr 1999 erheblich über den Vorjahresgehalten,<br />

erreichten jedoch die Spitzensorten nicht.<br />

Die Auswertung der Ertragsfähigkeit brachte die höchsten mittleren<br />

Baumerträge im 7. Standjahr bei den Sorten 'Samyl' mit 34 kg/Baum, bei


Erträge, Fruchtqualitäten, Farbstoffgehalte und Reifetermine von 14 Holundersorten<br />

<br />

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<br />

Abbildung 1: Holunder-Sortenversuche LVG Erfurt, 1998<br />

Farbstoffgehalte als Summe von Saft und Trester<br />

Abbildung 2: Holunder-Sortenversuche LVG Erfurt, 1999<br />

Farbstoffgehalte als Summe von Saft und Trester<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

'Weihenstephan' mit 33 und bei 'Sampo' und 'Sam<strong>da</strong>l' mit 32 kg/Baum<br />

(vgl. Abb. 3).<br />

Gülzow, 30. November 1995 111


112<br />

<br />

<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

<br />

<br />

Abbildung 3: Holunder-Sortenversuch LVG Erfurt 1999, 7. Standjahr<br />

Mittl. Ertrag in kg/Baum und Erntetermine von Holundersorten<br />

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<br />

Abbildung 4: Holunder-Sortenversuch LVG Erfurt 1999, 3. Standjahr<br />

Mittl. Ertrag in kg/Baum und Erntetermine von Holundersorten


Erträge, Fruchtqualitäten, Farbstoffgehalte und Reifetermine von 14 Holundersorten<br />

Dies entspricht bei Pflanzdichten von 500 Bäumen/ha und 30 kg/<br />

Baum einem Hektarertrag von ca. 150 dt.<br />

Die Sorte 'Haschberg' blieb mit einem mittleren Ertrag von 28 kg/<br />

Baum unter den Ergebnissen der Vorjahre, die im 5. Standjahr beispielsweise<br />

bei 40 kg/Baum lagen.<br />

Bei den dreijährigen Holunderklonen aus Haidegg fielen die Klone 25<br />

und 17 durch eine hohe Ertragsfähigkeit bei gleichzeitig guter Neutriebbildung<br />

auf. Auch 'Korsör' erreichte mit einem mittleren Baumertrag von<br />

25 kg eine beachtliche Ertragshöhe (vgl. Abb. 4).<br />

Die Erntetermine der untersuchten Sorten waren sehr differenziert, sie<br />

werden in Abb. 3 und 4 mit <strong>da</strong>rgestellt. Die frühesten Sorten waren die<br />

dänischen Sorten 'Sambu', 'Sampo', 'Sam<strong>da</strong>l' und 'Samyl', die bereits<br />

Anfang bis Mitte August 1999 erntereif waren. Auch die Sorte 'Mammut'<br />

war bereits am 18. August 1999 reif.<br />

In der ersten Septemberwoche konnten die Sorten 'Korsör', 'Pregarten'<br />

und 'Haschberg' sowie die Haidegger Klone 13 und 25 geerntet werden.<br />

Die späten Sorten 'Weihenstephan', 'Bergmann' und die Haidegger Klone<br />

14 und 17 wurden am 10. September reif.<br />

Wichtige Daten für entstehende Ernteaufwendungen sind die Verhältnisse<br />

von mittlerem Doldengewicht und mittlerer Doldenzahl (vgl.<br />

Abb. 5 und 6).<br />

Hier wird deutlich, <strong>da</strong>ss bei den farbstoffreichsten Sorten 'Samyl' und<br />

'Haschberg' 372 bzw. 320 Stück Dolden erforderlich waren, um den gleichen<br />

Ertrag zu erreichen wie bei den Sorten 'Sampo' und 'Sam<strong>da</strong>l' mit 246<br />

bzw. 216 Stück Dolden. Die Doldengewichte lagen bei diesen Sorten mit<br />

233 und 248 g/Dolde mit ca. 80 g über dem Doldengewicht von 'Samyl'<br />

und 'Haschberg' und waren <strong>da</strong>mit etwa 1/3 schwerer. Besonders hohe<br />

Doldengewichte erreichten im 3. Standjahr die Haidegger Klone 13, 14<br />

und 17 mit Doldengewichten zwischen 297 und 383 g je Dolde. So lieferten<br />

105 Dolden des Klones 17 einen Baumertrag von 26 kg, während bei<br />

der Ernte des Klones 25 für einen Ertrag von 28 kg 186 Dolden zu ernten<br />

waren. Bei der Verwendung von Holunder als Tee u. ä. interessieren<br />

Blühtermin und Doldengewicht der Blüte, diese sind in Abb. 7 und 8 <strong>da</strong>rgestellt.<br />

Für eine Stammerziehung eigneten sich alle geprüften Sorten. Für den<br />

Strauchanbau waren die dänischen Sorten, insbesondere ‘Samyl‘, durch<br />

einen stark überhängenden Wuchs ungeeignet.<br />

Gülzow, 30. November 1995 113


114<br />

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<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

<br />

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<br />

Abbildung 5: Holunder-Sortenversuch LVG Erfurt 1999, 7. Standjahr<br />

Mittlere Doldenzahl und Doldengewicht von Holundersorten<br />

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<br />

Abbildung 6: Holunder-Sortenversuch LVG Erfurt 1999, 3. Standjahr<br />

Mittlere Doldenanzahl


Erträge, Fruchtqualitäten, Farbstoffgehalte und Reifetermine von 14 Holundersorten<br />

<br />

Abbildung 7: Holunder-Sortenversuch LVG Erfurt, 1999, 7. Standjahr<br />

Blühtermine und mittleres Doldengewicht in g/Dolde<br />

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Abbildung 8: Holunder-Sortenversuch LVG Erfurt 1999, 3. Standjahr<br />

Blühtermine und mittleres Doldengewicht in g/Dolde<br />

Gülzow, 30. November 1995 115


Zusammenfassung<br />

116<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Bei der abschließenden Bewertung der untersuchten Sorten fällt auf, <strong>da</strong>ss<br />

alle günstigen Eigenschaften kaum in einer Sorte vereint sind. Unter Berücksichtigung<br />

von Ertrag und Farbstoffgehalt sind die Sorten ‘Haschberg‘<br />

und ‘Samyl‘ besonders geeignet. Bei ‘Samyl‘ wurde mit Zunahme<br />

der Standzeit und <strong>da</strong>mit dichteren Beständen eine Anfälligkeit für Blattfleckenkrankheit<br />

festgestellt, die ohne Fungizidbehandlung zu vorzeitigem<br />

Blattfall führte. Werden <strong>da</strong>gegen Sorten gesucht, die bei frühem Erntetermin<br />

durch hohe Doldengewichte und jährlich hohe Erträge bei<br />

mittleren Farbstoffgehalten überzeugen, so sind die dänischen Sorten<br />

‘Sampo‘ und ‘Sam<strong>da</strong>l‘ empfehlenswert. Die Ergebnisse aus Thüringen bestätigen<br />

somit die Aussagen von Kaack (Arslev, 1989) zur Eignung dieser<br />

Sorten für die industrielle Saftherstellung. Außerdem bescheinigt er den<br />

Sorten ‘Samyl‘, ‘Sam<strong>da</strong>l‘ und ‘Sampo‘ gute Geschmackseigenschaften. Da<br />

nach Aussagen von Kaack die Pflanzung verschiedener Holundersorten<br />

durch eine verbesserte Befruchtung zu höheren Hektarerträgen führt, erlangen<br />

<strong>da</strong>mit die Sorten ‘Weihenstephan‘ sowie die Haidegger Klone<br />

ebenfalls Anbaubedeutung. Sorten wie ‘Bergmann‘, ‘Mammut‘, ‘Pregarten‘<br />

und ‘Sambu‘ befriedigen durch die geringe Ertragsfähigkeit nicht.<br />

Eine Übersicht über die Merkmale der untersuchten Holundersorten gibt<br />

Tabelle 1.<br />

Dipl.-Gartenbauing. Monika Möhler<br />

Lehr- und Versuchsanstalt Gartenbau<br />

Leipziger Straße 75a<br />

D-99085 Erfurt


Erträge, Fruchtqualitäten, Farbstoffgehalte und Reifetermine von 14 Holundersorten<br />

Tabelle 1: Übersicht von Merkmalen der an der LVG Erfurt untersuchten<br />

Holundersorten<br />

Sorte/<br />

Herkunft<br />

Weihenstephan<br />

Deutschland<br />

Haschberg<br />

Österreich<br />

Sambu<br />

Dänemark<br />

Sampo<br />

Dänemark<br />

Sam<strong>da</strong>l<br />

Dänemark<br />

Samyl<br />

Dänemark<br />

Mammut<br />

Deutschland<br />

Korsör<br />

Dänemark<br />

Pregarten<br />

Österreich<br />

Bergmann<br />

Deutschland<br />

Haidegg Klon 13<br />

Österreich<br />

Haidegg Klon 14<br />

Österreich<br />

Haidegg Klon 17<br />

Österreich<br />

Haidegg Klon 25<br />

Österreich<br />

Reifetermin<br />

Ertrag Doldengewicht<br />

Farbstoffgehalt<br />

Wuchs<br />

Anfällig-<br />

keiten<br />

A...M 9 hoch mittel hoch sehr stark Blattlaus<br />

A...M 9 hoch mittel sehr hoch stark Blattlaus,<br />

ungleiche<br />

Doldenreife<br />

A .. M 8 mittel mittel sehr hoch schwach...<br />

mittelstark<br />

M 8.. A 9 hoch sehr<br />

hoch<br />

M 8.. A 9 hoch sehr<br />

hoch<br />

mittel...<br />

hoch<br />

gering...<br />

mittel<br />

mittelstark etwas Rieseln,Spinnmilbe<br />

sehr<br />

stark<br />

M 8.. A 9 hoch mittel sehr hoch mittelstark<br />

überhäng.<br />

M 8.. A 9 gering...<br />

mittel<br />

mittel hoch schwach...<br />

mittelstark<br />

E 8.. A 9 hoch mittel gering mittelstark<br />

...stark<br />

A 9 mittel gering<br />

mittel<br />

A..M 9 gering gering mittel...<br />

hoch<br />

A 9 mittel sehr<br />

hoch<br />

M 9 mittel sehr<br />

hoch<br />

mittel stark<br />

aufrecht<br />

mittel...<br />

hoch<br />

M 9 hoch hoch gering...<br />

mittel<br />

A 9 hoch mittel gering...<br />

mittel<br />

etwas Rieseln<br />

vorzeitig.<br />

Blattfall<br />

Neutrieb<br />

gering<br />

mittelstark sehr starkes<br />

Rieseln<br />

mittelstark<br />

...stark<br />

gering schwach Neutrieb<br />

gering<br />

mittel ungleiche<br />

Doldenreife<br />

stark,<br />

aufrecht<br />

Gülzow, 30. November 1995 117


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Ergebnisse zu Krappanbau und Ernte<br />

sowie Aspekte zu Produktlinienentwicklungen<br />

mit Pflanzenfarbstoffen<br />

L. A<strong>da</strong>m, B. Dittmann<br />

Landesanstalt für Landwirtschaft des Landes Brandenburg<br />

Abteilung Acker- und Pflanzenbau Güterfelde<br />

Eine Nutzung der Krappwurzel zur Farbstoffgewinnung setzt einen<br />

mehrjährigen Anbau der Pflanze voraus. Leistungsmerkmale, wie Wurzelertrag<br />

und Farbstoffgehalt, können entscheidend die Aussagen zur<br />

Wirtschaftlichkeit des Anbaus beeinflussen. Unstrittig ist auch die große<br />

Bedeutung des Standortfaktors Boden, <strong>da</strong> dieser bei der Beerntung über<br />

Beimengenanteile im Erntegut und Befahrbarkeit des Bodens allgemein<br />

und grundsätzlich über die Eignung zur Boden/Ernteguttrennung entscheidet.<br />

Dies umso mehr, <strong>da</strong> eine Beerntung von Krapp (Rubia tinctorum<br />

L.) außerhalb der gängigen Erntezeitspannen, z. B. für Kartoffeln, am ehesten<br />

vergleichbar mit der Baldrianernte, im Spätherbst oder im zeitigen<br />

Frühjahr erfolgen kann.<br />

Aus dem Fördervorhaben 1 „Anbau, Ernte und Nacherntebehandlung<br />

von <strong>Färberpflanzen</strong>“ werden im folgenden ersten Teil Ergebnisse zum<br />

Produktionsverfahren Krapp vorgestellt. Im zweiten Teil dieses Beitrages<br />

werden einige Aspekte zum Aufbau von Produktlinien, in denen Pflanzenfarbstoffextrakte<br />

zum Einsatz kommen, vorgestellt. Dahinter steht die<br />

Absicht, für den landwirtschaftlichen Erzeuger Absatzpotentiale aufzuzeigen<br />

und für die verarbeitende Industrie Chancen zur Entwicklung<br />

neuer Produkte zu nutzen.<br />

1 gefördert vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft;<br />

Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. Gülzow, FKZ:<br />

95 NR 148 II<br />

118 Biotechnologie und Gentechnik in der Industriepflanzenzüchtung


Krappanbau und Ernte sowie Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 1: Anbau von Krapp (Rubia tinctorum L.)<br />

Produktionstechnik<br />

<br />

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<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Ausgehend von älteren Literaturangaben (KOPPE (1885), HEGI (1906 ff),<br />

HEEGER (1956)) und auch den neueren Ergebnissen aus dem Thüringer<br />

Raum (WURL u.a. (1996), MEYER (1997), Anonym (1999)) wurde bei der<br />

Erarbeitung eines Anbauverfahrens für die leichten, meist sommertrockenen<br />

anlehmigen Sandstandorte Brandenburgs den für die Verfahrenssicherheit<br />

bestimmenden Abschnitten besondere Aufmerksamkeit gewidmet.<br />

Das in Abbildung 1 <strong>da</strong>rgestellte Fließschema für den Anbau von<br />

Krapp soll diese Stadien von der Aussaat bis zur Ernte der Wurzeln nach<br />

etwa 2-3 Jahren verdeutlichen. Die Etablierung erfolgte sowohl als Drillsaat<br />

(D) als auch mittels Pflanzung (P) durch Jungpflanzen nach Gewächshausanzucht.<br />

Als Anbauformen wurden <strong>da</strong>s Dammverfahren<br />

(Thüringer Methode) und <strong>da</strong>s Beetverfahren (Brandenburger Methode)<br />

untersucht. Weitere Schwerpunkte stellen die Untersuchungen zur Düngung<br />

und zum Pflanzenschutz <strong>da</strong>r.<br />

Gülzow, 30. November 1995 119


Unkrautbekämpfung<br />

120<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Krapp-Saatgut keimt sehr langsam und benötigt bis zum Auflaufen bei<br />

Direktsaat ca. vier Wochen. Da sich <strong>da</strong>nn eine zögerliche Jugendentwicklung<br />

anschließt, ist im ersten Anbaujahr eine Unkrautbekämpfung unverzichtbar.<br />

Auch Pflanzbestände aus vorgezogenen Jungpflanzen benötigen<br />

im ersten Jahr ihrer Entwicklung für ein gutes Wachstum eine<br />

effektive Unkrautbekämpfung. Mechanische Pflegemaßnahmen wurden<br />

mit der Hackbürste und der Fingerhacke durchgeführt. Mit beiden Geräten<br />

sind, solange die Krapp-Pflanzen nicht zu groß sind, gute Unkrautbekämpfungserfolge<br />

zu erreichen. Neben mechanischen Pflegemaßnahmen<br />

wurden in den Jahren 1997 und 1998 Herbizide auf ihre Wirksamkeit und<br />

Verträglichkeit im einjährigen Aufwuchs überprüft (Tab. 1).<br />

Es kamen vorzugsweise Herbizide zum Einsatz, die eine Wirkschwäche<br />

bzw. Wirklücke bei der Bekämpfung von Kletten-Labkraut (Galium<br />

aparine L.) aufweisen, weil der Krapp (Rubia tinctorum L.) wie <strong>da</strong>s Kletten-Labkraut<br />

zur Familie der Rötegewächse (Rubiaceae) gehören.<br />

Ohne Wuchsstörung wurden vom Krapp die Herbizide Stomp SC<br />

(Pendimethalin) und Afalon (Linuron) in Vorauflaufanwendung toleriert.<br />

Die Anwendung von Stefes PMP (Phenmedipham) mit 3,0 l/ha<br />

Aufwandmenge im Nachauflaufverfahren verursachte 1997 eine geringe<br />

Schädigung der Kulturpflanze von 2 %. Um eine verbesserte Unkrautwirkung<br />

zu erzielen, wurde die Verträglichkeit von Stefes PMP mit 6,0 l/ha<br />

zu einem späteren Termin in einer Spritzfolge (SF) überprüft. Der Wirkstoff<br />

Phenmedipham in dieser Konzentration führte zu einer chlorotischen<br />

Aufhellung der Krapp-Pflanzen. Diese Wuchsstörung hatte sich<br />

nach 10 Tagen wieder verwachsen. Die Anwendung von Gropper mit<br />

den Aufwandmengen 20 und 40 g/ha verursachte ebenfalls Wuchsstörungen<br />

der Krapppflanzen. Während sich bei der geringen Aufwandmenge<br />

die Schädigungen schnell wieder überwuchsen, blieb bei Anwendung<br />

von 40 g/ha Gropper eine leichte Stauchung der Krapppflanzen<br />

bestehen. Hora Flo flüssig (Isoproturon) kann unter Beachtung seines<br />

Wirkungsspektrums problemlos eingesetzt werden. Nach dem Reihenschluß<br />

weisen Krappbestände eine hohe Konkurrenzkraft gegenüber<br />

Unkräutern auf, so <strong>da</strong>ss sich nur einzelne Unkrautarten durchsetzen können.<br />

Auf den Besatz von potentiellen Flächen für den Krappanbau mit<br />

der Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense) als konkurrenzkräftiges Unkraut<br />

ist zu achten. Durch die Mehrjährigkeit des Krappanbaus hat die


Krappanbau und Ernte sowie Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen<br />

Acker-Kratzdistel gute Entwicklungsmöglichkeiten. Eine aktive Bekämpfung<br />

kann mit dem Herbizid Lontrel 100 erfolgen. Ungräser sind mit<br />

Graminiziden zu beseitigen.<br />

Die Ertragserfassung ist aufgrund der Mehrjährigkeit der Kultur nicht<br />

durchgeführt worden. Die in Tabelle 2 aufgeführten Herbizide erwiesen<br />

sich bei Anwendung der entsprechenden Aufwandmengen als weitgehend<br />

verträglich.<br />

Tabelle 1: Kulturschäden durch Unkrautbekämpfung in Krapp nach Drillsaat<br />

1997 und 1998<br />

1997<br />

Varianten Aufwandmenge Anwendungstermin<br />

Phytotoxizität a<br />

Hackbürste - Nachauflauf 0/0<br />

Fingerhacke - Nachauflauf 0/0<br />

Stomp SC 3,0 l/ha Vorauflauf 100/2<br />

Afalon 1,5 kg/ha Vorauflauf 0/0<br />

Stefes PMP 3,0 l/ha Nachauflauf 80/2<br />

Gropper 20 g/ha Nachauflauf 90/10<br />

Gropper 40 g/ha Nachauflauf 100/20<br />

Lontrel 100 1,2 l/ha Nachauflauf 0/0<br />

Hora Flo flüssig 2,0 l/ha Nachauflauf 0/0<br />

Focus Ultra 2,0 l/ha Nachauflauf 0/0<br />

1998<br />

SF Stomp SC /<br />

Stefes PMP<br />

3,0 l/ha<br />

6,0 l/ha<br />

Vorauflauf<br />

Nachauflauf<br />

0/0<br />

100/15<br />

Afalon 1,5 kg/ha Vorauflauf 0/0<br />

SF Stefes PMP /<br />

Lontrel 100<br />

3,0 l/ha<br />

1,2 l/ha<br />

Nachauflauf<br />

Nachauflauf<br />

0/0<br />

0/0<br />

Gropper 20 g/ha Nachauflauf 90/10<br />

a. Phytotoxizität: Anteil der geschädigten Pflanzen / Beschädigungen der Blattfläche<br />

in %<br />

Gülzow, 30. November 1995 121


Tabelle 2: Unkrautbekämpfung<br />

122<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Präparat Wirkstoff Mittelmenge Anwendungstermin<br />

Stomp SC Pendimethalin 3,0 l/ha Vor- und Nachauflauf<br />

Afalon Linuron 1,5 kg/ha Vorauflauf<br />

Lontrel 100 Clopyralid 1,2 l/ha Nachauflauf<br />

Stefes PMP Phenmedipham 3,0 l/ha Nachauflauf<br />

Hora Flo flüssig Isoproturon 2,0 l/ha Nachauflauf<br />

Gropper Metsulfuron-methyl 20 g/ha Nachauflauf<br />

Focus Ultra<br />

u.a. Graminizide<br />

Folgende Herbizide werden nicht empfohlen: Butisan, Betanal Progress,<br />

Gropper > 20g/ha<br />

Die Anwendung der Herbizide hat unter Beachtung des aktuellen Zulassungsstandes<br />

und der Beauflagung der Mittel zu erfolgen. Entsprechend<br />

den Forderungen des Pflanzenschutzgesetzes ist eine Zulassung im Rahmen<br />

der Lückenindikation erforderlich. Die Ergebnisse werden <strong>da</strong>her<br />

dem Arbeitskreis Lückenindikation der Pflanzenschutzdienste der Länder<br />

unter Geschäftsführung der Biologischen Bundesanstalt für Landund<br />

Forstwirtschaft mit Abschluß des Projektvorhabens zugearbeitet.<br />

Düngung<br />

Cycloxydim 2,0 l/ha Nachauflauf<br />

Um die in der Literatur (HEEGER (1956), WURL u.a. (1996)) empfohlenen<br />

Düngergaben für anlehmige Sandstandorte (Tab. 3) zu überprüfen, wurden<br />

die Nährstoffgehalte von Krapp-Pflanzen nach unterschiedlicher<br />

Stand<strong>da</strong>uer untersucht.<br />

Die Anbau<strong>da</strong>uer beeinflusste die Nährstoffgehalte nur unwesentlich,<br />

so <strong>da</strong>ss sich auch Krapp-Bestände nach Direktsaat oder Pflanzung unabhängig<br />

von ihrer Wuchsstärke wenig unterschieden. Die mittleren Nährstoffentzüge<br />

in kg/dt Trockensubstanz sind in Tabelle 4 <strong>da</strong>rgestellt. Diese<br />

Entzugswerte liegen im Vergleich mit anderen landwirtschaftlichen<br />

Fruchtarten auf durchschnittlichem Niveau. Die entsprechend bisherigen


Krappanbau und Ernte sowie Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen<br />

Tabelle 3: Standort<strong>da</strong>ten – Boden und Klima der Versuchsstation Güterfelde,<br />

Brandenburg<br />

Kreis:<br />

Versuchsfläche:<br />

Ackerzahl:<br />

Bodenform:<br />

Bodenart:<br />

Niederschlag:<br />

Lufttemperatur:<br />

Pots<strong>da</strong>m-Mittelmark<br />

55 ha<br />

35<br />

Salm- bis Sandtieflehm-Fahlerde<br />

anlehmiger Sand (Sl)<br />

545 mm<br />

8,6 °C<br />

Mittlere Nährstoffversorgung (mg/100 g Boden; 0-30 cm, 1999/2000)<br />

Phosphor:<br />

Kalium:<br />

Magnesium:<br />

pH-Wert:<br />

10,75<br />

9,80<br />

6,03<br />

5,6<br />

Gehaltsklasse<br />

Düngeempfehlungen erwartete höhere Stickstoff-Bedürftigkeit des<br />

Krapp bestätigte sich nicht.<br />

Auch ein ergänzend angelegter Stickstoff-Steigerungs-Versuch unterstreicht<br />

diese Ergebnisse der Nährstoffentzugsermittlung.<br />

In diesem Feldversuch mit gepflanztem Krapp, Raster 40 x 25 cm,<br />

bewirkten Stickstoff-Gaben von über 160 bzw. 240 kg/ha sowohl beim<br />

Frischmasse- als auch beim Trockenmasseertrag einen signifikanten<br />

Rückgang der Wurzelmasse (Abb. 2). Im Farbstoffgehalt wiesen die Varianten<br />

keine signifikanten Unterschiede auf.<br />

Infolge des abnehmenden Ertragsniveaus in den höchsten Düngungsstufen<br />

wurde mit zunehmendem N-Düngungsniveau jedoch auch der<br />

Farbstoffertrag vermindert. Die Ursachen für den vergleichsweise geringen<br />

Stickstoffbe<strong>da</strong>rf von Krapp können sowohl in dem sehr intensiven<br />

und tiefgehenden Wurzelsystem der Pflanze als auch in dem Verbleib der<br />

oberirdischen Biomasse nach Vegetationsende auf dem Feld gesehen<br />

werden. Beide Faktoren führen letztlich zu einer neuen Betrachtungsweise<br />

für die zu beurteilende Nährstoffbedürftigkeit von Krapp.<br />

Bei unterstellten Trockenmasseerträgen von ca. 40 dt/ha Trockensubstanz<br />

Wurzelertrag und 75 dt/ha Trockensubstanz Krautmasse ergibt<br />

sich entsprechend den Nährstoffentzügen folgender Düngebe<strong>da</strong>rf für<br />

anlehmige Sandstandorte (Tab. 5):<br />

Gülzow, 30. November 1995 123<br />

E<br />

C<br />

C<br />

B


124<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

<br />

<br />

Abbildung 2: Einfluß der Stickstoffdüngung auf den Wurzel- und Farbstoffertrag;<br />

Standort Güterfelde, 3-jähriger Pflanzenbestand<br />

Tabelle 4: Nährstoffentzüge Krapp, Güterfelde, Mittel 1999 + 2000<br />

Nährstoffentzug kg/dt TS<br />

Saatbestand Pflanzbestand ∅<br />

N Wurzel 1,80 1,75 1,77<br />

Kraut 1,65 1,67 1,66<br />

∑ 3,45 3,42 3,43<br />

P Wurzel 0,22 0,20 0,21<br />

Kraut 0,15 0,16 0,16<br />

∑ 0,37 0,36 0,37<br />

K Wurzel 2,22 2,03 2,11<br />

Kraut 1,86 1,77 1,81<br />

∑ 4,08 3,80 3,92<br />

Mg Wurzel 0,13 0,15 0,14<br />

Kraut 0,24 0,27 0,26<br />

∑ 0,37 0,42 0,40<br />

Ca Wurzel 1,10 1,00 1,04<br />

Kraut 2,90 2,73 2,79<br />

∑ 4,00 3,73 3,83


Krappanbau und Ernte sowie Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen<br />

Tabelle 5: Düngungsempfehlung für Krapp ( 2- bis 3-jährige Nutzung)<br />

Nährstoffart Aufwandmenge je ha Gabe<br />

Stickstoff<br />

Phosphor<br />

Kalium<br />

Magnesium<br />

Eine gute Kalkversorgung des Bodens ist zu gewährleisten, <strong>da</strong> hohe<br />

Entzüge von 250 kg Ca/ha ermittelt wurden.<br />

Anbauverfahren<br />

80 kg N<br />

25 kg P<br />

240 kg K<br />

30 kg Mg<br />

(57 kg P 2 O 5 )<br />

(289 kg K 2 O)<br />

(50 kg MgO)<br />

jährlich<br />

einmalig<br />

einmalig<br />

einmalig<br />

Um den Einfluß verschiedener Herkünfte von Krapp zu untersuchen, erfolgte<br />

ein dreijähriger Vergleichsanbau von Krappsaatgut aus Artern,<br />

Jena und Haarhausen. Im Aussaatjahr 1998 wurde zugleich der Effekt einer<br />

Saatgutbeizung auf Pflanzenauflauf und -entwicklung erfaßt. Die<br />

Herkünfte Artern und Haarhausen reagierten mit einer gering erhöhten<br />

Bestandesdichte durch die Thiram-Beizung, Tutan Flüssigbeize 400 ml/<br />

dt, während die Herkunft Jena auch ohne Beizung eine hohe Bestandesdichte<br />

erzielte. In der Bestandesentwicklung waren keine Unterschiede<br />

festzustellen. Zur Ernte Anfang April <strong>2001</strong> schnitt bei allen Merkmalen<br />

(Ertrag, Wurzelstärkenanteil, Einzelpflanzengewicht) in der Tendenz die<br />

Herkunft aus Jena, gefolgt von der Herkunft Artern, am besten ab. Der<br />

Anthrachinongehalt lag im Durchschnitt der 5 Erntetermine bei 3,074 %<br />

in der Trockensubstanz, wobei die Herkünfte Artern und Jena mit jeweils<br />

3,097 bzw. 3,096 % etwas <strong>da</strong>rüber lagen. Die Trockenmasseerträge<br />

schwankten zwischen 22,6 dt/ha (Artern) und 27,1 dt/ha (Jena). Die<br />

Beerntung erfolgte mit einem modifizierten Gemüsevorratsroder der Fa.<br />

Wühlmaus bei einer Rodetiefe von 25-30 cm.<br />

In einem weiteren dreijährigen Versuch sollte der Einfluss von 4 Saatmengen<br />

und im Vergleich <strong>da</strong>zu von 2 Pflanzabständen vorgezogener<br />

Krapppflanzen auf Bestandesentwicklung, Ertrag, Wurzelentwicklung<br />

und Farbstoffgehalt untersucht werden. Günstige Bodenverhältnisse im<br />

Frühjahr 1998 gewährleisteten auch bei den Direktsaaten günstige Auflaufergebnisse.<br />

Die im Freiland ermittelten Keimraten (etwa 60 %) lagen<br />

infolge Saatgutbeizung ca. 20 % über den ermittelten Labortestwerten.<br />

Gülzow, 30. November 1995 125


126<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Die Einzelergebnisse zu den Bewertungskriterien sind in Tabelle 6 aufgeführt.<br />

Die aufgeführte Pflanzenzahl wurde zum Erntezeitpunkt ermittelt.<br />

Die Pflanzenzahl lag jedoch in den Drillvarianten deutlich unter denen<br />

nach dem Auflaufen im Jahre 1998 ermittelten Ausgangswerten. Auch in<br />

den Pflanzvarianten, Brandenburger Verfahren: Jungpflanzen auf Beeten,<br />

wurde ein Rückgang der Pflanzenzahl, allerdings deutlich geringer,<br />

beobachtet. Trotz sehr günstiger Bedingungen für die Entwicklung der<br />

Drillsaatbestände zeigten sich die etablierten Jungpflanzenparzellen ausgeglichener<br />

und homogener. Die höchste Ertragsleistung, als wesentliches,<br />

bestimmendes Merkmal für die Wirtschaftlichkeit des Krappanbaus,<br />

wurde mit 5 Pflanzen je m 2 , d.h. 50.000 Pflanzen je Hektar, erzielt.<br />

Eine höhere Saatmenge verringerte mit steigender Pflanzenzahl bis<br />

5,9 Pfl./m 2 die Erträge signifikant. Nach einer Pflanzung lagen die<br />

Erträge zwischen diesen beiden Bereichen. Offensichtlich wirkte sich die<br />

gleichmäßige Standraumzuteilung je Pflanze auf deren Entwicklung<br />

positiv aus, ohne <strong>da</strong>s Spitzenniveau zu erreichen.<br />

Vergleiche zu den Anbauformen erfolgten zum Damm- und Beetverfahren,<br />

sowohl nach Drillsaat als auch nach Pflanzung. Die Ergebnisübersicht<br />

zu den im Zeitraum 1999 bis <strong>2001</strong> erfolgten 5 Beerntungen enthält<br />

Tabelle 7. Im Durchschnitt verzeichneten die Varianten des Beetanbaus<br />

im Vergleich zum Dammanbau mit 11 dt/ha einen um 30 % signifikant<br />

höheren Trockenmasseertrag und auch <strong>da</strong>s Einzelpflanzengewicht war<br />

mit 231 g zu 138 g signifikant überlegen.<br />

Tabelle 6: Vergleich von Saat und Pflanzung, Güterfelde, 1998-<strong>2001</strong><br />

Anbauform<br />

Pflanzenzahl/<br />

m²<br />

Ertrag (dt/ha) Wurzelstärke (%)<br />

Frischmasse<br />

Trockenmasse<br />

< 2<br />

mm<br />

2-4<br />

mm<br />

> 4<br />

mm<br />

Anthrachinongehalt<br />

(%)<br />

Saat 5,0 249 51,7 12 15 73 3,64<br />

Pflanzung<br />

5,5 168 39,1 10 13 77 3,70<br />

5,9 163 38,8 9 13 78 3,51<br />

5,7 150 33,8 12 12 76 3,72<br />

6,5 203 45,1 6 13 81 3,55<br />

5,5 210 41,6 11 47 42 3,67


Krappanbau und Ernte sowie Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen<br />

Tabelle 7: Vergleich der Anbauformen Beet / Damm<br />

Güterfelde, 1997-<strong>2001</strong>, 5 Erntetermine, Saat<br />

Merkmal Meßwert Beet Damm<br />

Frischmasseertrag dt/ha 151,5 107,9<br />

Trockenmassegehalt % 23,7 23,1<br />

Trockenmasseertrag dt/ha 35,7 24,7<br />

Wurzelstärkenanteil<br />

< 2 mm<br />

2-4 mm<br />

> 4 mm<br />

%<br />

%<br />

%<br />

Einzelpflanzengewicht g 230,9 138,3<br />

Anthrachinongehalt % 3,5 3,5<br />

Bezüglich der Wurzelstärkenverteilung ergaben sich bessere Werte<br />

bei der Dammkultur sowie grundsätzlich mit zunehmendem Bestandesalter.<br />

Zu den ersten Ernteterminen zeigten sich im Habitus des Wurzelaufbaus<br />

beim Krapp deutliche Unterschiede zwischen Beet- und Dammform.<br />

Während die Beetpflanzen ein gedrungenes, eng vom Wurzelkopf<br />

ausgehendes Wurzelgeflecht ausbildeten, zeigten die Pflanzen aus dem<br />

Dammanbau zunächst vorwiegend eine eintriebige Hauptwurzel, an<br />

welcher sich erst im Dammsohlenbereich Verzweigungen ausbildeten.<br />

Zu den späteren Ernteterminen waren <strong>da</strong>nn auch beim Dammverfahren,<br />

vom Wurzelkopf ausgehend, Wurzelbildungen festzustellen. Ihr Anteil<br />

besonders in der mittleren Wurzeldicke (2-4 mm) blieb aber unter dem<br />

des Beetanbaus. Dafür lag der prozentuale Anteil von Wurzelstärken<br />

über 4 mm mit 5 bis 10 % über dem Beetverfahren.<br />

Über den altersabhängigen Farbstoffgehalt gibt die Abbildung 3 Auskunft.<br />

Die Untersuchungen erfolgten im Institut für Getreideverarbeitung<br />

GmbH Bergholz-Rehbrücke,Land Brandenburg. Die Gesamtanthrachinongehalte<br />

wurden photometrisch auf der Basis einer Eichkurve mit<br />

Alizarin als Referenzsubstanz ermittelt. Der Gehalt an Alizarin und Ruberythrinsäure,<br />

als Hauptbestandteile für die Färbung des Krapp, wurde<br />

mittels HPLC-Analytik bestimmt (LOEST, 1999). In der Abbildung 3 sind<br />

beide Einzelwerte als Summe zum Gesamtfarbstoff zusammengefaßt <strong>da</strong>rgestellt.<br />

Gülzow, 30. November 1995 127<br />

10<br />

25<br />

65<br />

9<br />

21<br />

70


128<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Abbildung 3: Altersabhängiger Farbstoffgehalt im Krapp, Güterfelde<br />

Grundsätzlich liegen die Werte zum Anthrachinonfarbstoffgehalt<br />

über den Farbstoffgehalten der zwei Einzelkomponenten. Deutlich sichtbar<br />

wird in der Darstellung der altersabhängige Einfluß auf den Farbstoffgehalt<br />

und dies unabhängig von der Bestimmungsmethode. Der<br />

Zeitpunkt der Ernte nach 2 bis 3 Jahren Wachstums<strong>da</strong>uer weist <strong>da</strong>nach<br />

die höchsten Werte auf. Ein Einfluß der Anbauform auf den Farbstoffgehalt<br />

war nicht festzustellen. Die Halbjährigkeit der Angaben ergibt sich<br />

<strong>da</strong>bei aus den Ernteterminen im Frühjahr bzw. Herbst, berechnet ab Saat-<br />

/Pflanztermin. Die Bodenvorbereitung erfolgte mit einer Pflugtiefe von<br />

35 cm. Die enge Wechselwirkung zwischen dem Farbstoffgehalt und dem<br />

Krappwurzelertrag spiegelt sich in der Abbildung 4 im Farbstoffertrag<br />

eindeutig wider.<br />

Nacherntebehandlung<br />

Die Reinigung der Krappwurzeln wurde unmittelbar nach der Rodung<br />

auf einem Rotorwäscher, Fa. Jachan, vorgenommen. Das Waschen der<br />

Wurzeln erfolgte <strong>da</strong>bei auf einem Drehteller oberhalb des Wasserbehälters<br />

in einer abgeschirmten Waschzone mit 25 Düsen. Mittels Schneidemaschine,<br />

Fa. Jaquet, wurden die Wurzeln geschnitten. Als Trockeneinrichtungen<br />

kamen ein Dreibandtrockner, Typ 50/3 der Fa. Binder, sowie<br />

Trockenschränke zum Einsatz. Die Temperaturüberwachung wurde mit<br />

EBI-Temperaturloggern im Trocknungsprozess überwacht und protokolliert.<br />

Nach dem Dreibandtrocknerdurchlauf wurden die Krappwurzeln


Krappanbau und Ernte sowie Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen<br />

Abbildung 4: Farbstoffertrag in Abhängigkeit von der Anbau<strong>da</strong>uer<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 5: Einfluß der Schnittlänge auf den Anthrachinongehalt bei Trocknung<br />

von Krapp im Bandtrockner<br />

einer Rebelanlage zugeführt, wodurch eine nochmalige Trennung des<br />

Erntegutes erfolgte. Beim Krapp waren es vor allem Stengelreste und<br />

Wurzelköpfe, die entfernt wurden.<br />

Über den Einfluss der Schnittlänge auf den nach der Trocknung verbleibenden<br />

Farbstoffgehalt gibt Abbildung 5 Auskunft. Die Ergebnisse<br />

nach einer Trockensolltemperatur von 90 °C (oben) und 60 °C (unten) im<br />

Gülzow, 30. November 1995 129


130<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 6: Einfluß von Schnittlänge und Temperatur auf den Anthrachinongehalt<br />

bei Trocknung im Trockenschrank<br />

Bandtrockner weisen im Vergleich zur ungeschnittenen, getrockneten<br />

Wurzel keine signifikanten Unterschiede im Anthrachinongehalt auf.<br />

Einen ähnlichen Werteverlauf zeigen die Ergebnisse (Abb. 6) nach<br />

einer Trocknung im Trockenschrank bei 4 Temperaturstufen zwischen<br />

30 °C und 120 °C. Dies deutet auf eine größere Temperaturstabilität des<br />

Farbstoffkomplexes, unabhängig von der Schnittlänge, hin. Um den Einfluss<br />

verschiedener Trocknungstemperaturen zugleich bei den zwei<br />

wichtigen Farbstoffkomponenten, Alizarin und Ruberythrinsäure zu<br />

erfassen, wurde deren Gehalt analog bestimmt. Die Aufenthalts<strong>da</strong>uer im<br />

Trockenschrank betrug temperaturabhängig zwischen ca. 8 und 20 Stunden.<br />

Folgende Aussagen lassen die Ergebnisse zu:<br />

Die Verminderung des Gesamtfarbstoffgehaltes setzt bei Temperaturen<br />

oberhalb 60 °C bis 90 °C ein. Dabei spielt der Zerkleinerungsgrad<br />

praktisch keine Rolle. Deutlich erkennbar ist der unterschiedliche Verlauf<br />

der Farbstoffe Alizarin und Ruberythrinsäure (Abb. 7). Der Verlust an<br />

Ruberythrinsäure wird z. T. durch den Anstieg des Alizarins wettgemacht,<br />

also der Umwandlung des Anthrachinonglukosids in den eigentlichen<br />

Krappfarbstoff Alizarin (MALTRY, <strong>2001</strong>). Da diese zwei Komponenten<br />

jedoch nicht gänzlich allein den Farbstoffkomplex für die<br />

Farbstoffnutzung des Krapp repräsentieren, sondern der gesamte<br />

Anthrachinon-Komplex nicht unberücksichtigt bleiben sollte, ist anzu-


Krappanbau und Ernte sowie Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 7: Einfluß der Trocknungstemperatur von Krapp auf den Farbstoffgehalt<br />

bei einer Schnittlänge von 4 cm<br />

nehmen, <strong>da</strong>ß eine technische Trocknung der Krappwurzeln im Bereich<br />

von 60 °C bis 80 °C ohne Wertstoffminderung möglich ist.<br />

Produktliniennetzwerk <strong>Färberpflanzen</strong><br />

Bei der Bearbeitung des Projektvorhabens „Anbau, Ernte und Nachbehandlung<br />

von <strong>Färberpflanzen</strong>“ hat sich durch die zeitgleiche Einbeziehung<br />

landwirtschaftlicher Unternehmen in die Entwicklungsarbeiten<br />

schon sehr zeitig die Frage nach der praktischen Nutzung der industriellen<br />

Rohstoffe Färber-Resede und Krapp gestellt (<strong>ADAM</strong> und DITT-<br />

MANN, 1999). Eine Etablierung eines landwirtschaftlichen Anbaus, für<br />

<strong>da</strong>s Land Brandenburg d. h. zugleich eine erstmalige regionale landwirtschaftliche<br />

Nutzung dieser <strong>Färberpflanzen</strong>, setzt aber nicht nur die Bearbeitung<br />

und Lösung acker- und pflanzenbaulicher sowie trocknungstechnischer<br />

Fragen voraus. Ebenso zwingend notwendig gilt es, Verbunde<br />

und Netzwerke aufzubauen; ausgehend von der Landwirtschaft bis hin<br />

zur industriellen oder handwerklichen Anwendung. Alle Bereiche sind in<br />

der Regel neue Aufgabenfelder und <strong>da</strong>her forschungsintensiv (Abb. 8). In<br />

den wenigsten Fällen ist der Einsatz von Pflanzenfarbstoffen auf dem direkten<br />

Weg gefragt. Die Weiterverarbeitung zur Wirkstoff-/Farbstoffgewinnung<br />

und Herstellung von je nach Einsatzgebiet geeigneten Farbstoffextrakten<br />

spielt deshalb nicht nur für die Textilindustrie, sondern auch<br />

bei anderen Produktlinien eine dominierende Rolle.<br />

Gülzow, 30. November 1995 131


132<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 8: Netzwerk: <strong>Färberpflanzen</strong> - Produktmuster<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

<br />

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<br />

<br />

<br />

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<br />

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<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Für die Gestaltung des Netzwerkes „<strong>Färberpflanzen</strong> – Produktmuster“<br />

im Land Brandenburg waren die Bereitschaft der Unternehmen und<br />

die Eigeninitiativen der beteiligten Partner eine wichtige Säule zur Funktionalität<br />

der Kooperation untereinander.<br />

Durch den landwirtschaftlichen Anbau von Färber-Resede und Krapp<br />

in der Agrargenossenschaft Dürrenhofe und der Landschaftspflege<br />

GmbH Lenzen konnte ausreichend Rohstoff erzeugt und für die Weiterverarbeitung<br />

bereitgestellt werden. Die Herstellung von Trocken- und<br />

Spissum-Extrakten, erste Verwertungslinie, als Pilotmuster für den weiteren<br />

Einsatz in der Textilindustrie wurde mit Unterstützung der Spreewals-Pharma<br />

GmbH Gröditsch realisiert. Dabei erwies es sich als Vorteil,<br />

<strong>da</strong>ß <strong>da</strong>s Unternehmen über langjährige Erfahrungen bei der Extraktion<br />

von Kraut- und Wurzeldrogen für Pharmaausgangsstoffe verfügt, die<br />

z. T. auch für die <strong>Färberpflanzen</strong> nutzbar waren.<br />

Die industrielle Pilotfärbung, zweite Produktlinie, von Naturfasern,<br />

zunächst vorrangig Hanftextil, <strong>da</strong>nach auch Leinen und Wolle, wurde<br />

mit Unterstützung der Spremberger Tuche GmbH in Spremberg realisiert.<br />

Aus den Geweben wurden nach der En<strong>da</strong>usrüstung entsprechend<br />

dem Ökotex-100-Stan<strong>da</strong>rd Präsentationsmodelle für die Öffentlichkeitsarbeit<br />

erstellt.<br />

Als dritte Produktlinie von <strong>Färberpflanzen</strong> wurde die Einfärbung von<br />

Holzhackschnitzeln durch die Fa. LLB Dr. Otto in Wittenberge erprobt.


Krappanbau und Ernte sowie Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen<br />

Tabelle 8: Marktakzeptanz pflanzengefärbter Textilien<br />

Anonyme Gruppendiskussion vom 21. November 2000 in Berlin<br />

Veranstalter: Herrmann Markt- und Wirtschaftsforschung<br />

Ergebnisse<br />

- Ein durchweg euphorisches Bild zur Marktakzeptanz pflanzengefärbter Textilien<br />

formten die Marktexperten und Verbraucher nicht.<br />

- Teilnehmer zeigten aber Vermarktungschancen auf und welche Reserven<br />

noch genutzt werden sollten.<br />

- Deutlich wird von den Marktpartnern auf die Notwendigkeit hoher Qualitäten<br />

bei der Verarbeitung verwiesen.<br />

- Defizite für die Vermarktung pflanzengefärbter Naturfasertextilien wurden<br />

sowohl für Handel und Designer als auch Verbraucher sichtbar:<br />

- Öffentlichkeitsarbeit<br />

- Entwicklung einer Dachmarke ?!<br />

- Zielgruppenarbeit<br />

Von Seiten des Unternehmens wurde <strong>da</strong>zu eine entsprechende Extraktions-<br />

und Färbetechnologie entwickelt und getestet.<br />

Soll diese Entwicklung für alle beteiligten Seiten erfolgreich sein, muß<br />

eine solche Forschung/Entwicklung in einem koordinierten Netzwerk<br />

organisiert und ergebnisorientiert geführt werden. Die Erfahrungen dieses<br />

Projektes zeigen, <strong>da</strong>ß dieser Prozeß so früh wie möglich begonnen<br />

werden muß, um bei den kurzen Projektlaufzeiten zu entsprechenden<br />

Ergebnissen zu gelangen.<br />

Um zielstrebig und erfolgreich am Einsatz von Produktlinien zu arbeiten,<br />

gibt es im wesentlichen vier Entwicklungssegmente:<br />

1. Landwirtschaftliche Anbauverfahren (standort- und umweltgerecht)<br />

2. Rohstoffbereitstellung / Materialentwicklung<br />

3. Verfahrensentwicklung<br />

4. Produktentwicklung<br />

Leider werden oft dem ersten bzw. zweiten Segment die größte Bedeutung<br />

beigemessen. Die Erfahrungen zur Umsetzung von Erkenntnissen<br />

auf dem Gebiet der Nachwachsenden Rohstoffe zeigen jedoch zunehmend,<br />

<strong>da</strong>ß es genauso wichtig ist, rechtzeitig mit der Verfahrensentwicklung<br />

zu beginnen, um dem Kunden marktfähige Produkte vorstellen zu<br />

können. Falsch ist es, in allen Punkten eine Vergleichbarkeit zu bisherigen<br />

Rohstoffen, hier synthetischen Farbstoffen, herzustellen. Hier gilt es, die<br />

Gülzow, 30. November 1995 133


134<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

positiven Eigenschaften der natürlichen Rohstoffe und ihren Nutzen im<br />

Gesamtkreislauf zu bewerten. Allzu oft wird jedoch noch die fehlende<br />

Marktakzeptanz neuer Produkte unterschätzt. Im Rahmen des Vorhabens<br />

wurde deshalb zu einer anonymen Gruppendiskussion über die<br />

Marktakzeptanz pflanzengefärbter Naturtextilien, ein Branchenmix vom<br />

Verbraucher über den Designer bis hin zum Warenhaushändler, geladen.<br />

Die wesentlichsten Aussagen sind in der Tabelle 8 zusammengefaßt worden.<br />

Die Bedeutung einer handels- und verbrauchernahen Öffentlichkeitsarbeit<br />

wurde <strong>da</strong>bei besonders sichtbar. Die Transparenz zum Lebensweg<br />

der Produkte, von der Landwirtschaft bis zum Händler, war<br />

eine ebenso klare Meinung wie der Wunsch nach mehr Informationen<br />

über die besonderen Eigenschaften dieser Erzeugnisgruppen.<br />

Bezugnehmend auf <strong>da</strong>s Netzwerk „<strong>Färberpflanzen</strong> – Produktmuster“<br />

können <strong>da</strong>raus folgende Schlußfolgerungen gezogen werden, um die<br />

Chancen zur Entwicklung des landwirtschaftlichen Anbaus von <strong>Färberpflanzen</strong><br />

als alternative und neue Kulturen zu nutzen:<br />

- Standort- und effiziente Anbauverfahren<br />

- Vorhandensein entsprechender Anbau-, Ernte- und Trocknungstechnik;<br />

- Erschließung von Anwendungsbereichen und Herstellung von Direktbeziehungen<br />

zu Verwertungspartnern unterschiedlicher Anwendungsbereiche;<br />

- Schaffung eines Informationspools (Anbau, Verarbeitung, Endproduzent),<br />

um gemeinsam die Transparenz zu den Vorteilen für den<br />

Verbraucher zu sichern.<br />

Zusammenfassung<br />

Anbau, Ernte und Trocknung von Krapp<br />

1. Der Anbau von Krapp ist auch auf mittleren Standorten, Ackerzahl<br />

35, Deutschlands möglich.<br />

2. Der Düngemittelbe<strong>da</strong>rf ist für Stickstoff und Phosphor als mittel<br />

sowie für Kali und Kalk als hoch anzugeben.<br />

3. Eine Pflanzung ist der Saat hinsichtlich der Anbausicherheit überlegen.


Krappanbau und Ernte sowie Produktlinienentwicklungen mit Pflanzenfarbstoffen<br />

4. Die Wurzelernte sollte ab 2. Standjahr, besser ab 3. Anbaujahr erfolgen.<br />

5. Die Ertragsleistungen liegen im Beetanbau höher als bei der<br />

Dammform.<br />

6. Der Trockenmasseertrag kann 25-44 dt/ha betragen.<br />

7. Die technische Trocknung kann in einem Bereich von 60-80 °C erfolgen.<br />

8. Der Rohfarbstoffgehalt beträgt 3-4 %.<br />

Produktentwicklungen<br />

1. Die Einführung neuer NWR-Produkte be<strong>da</strong>rf einer rechtzeitigen<br />

Vernetzung unterschiedlicher Ebenen.<br />

2. Die Kooperation von Systempartnern in der Wertschöpfungskette<br />

ist rechtzeitig zu gestalten.<br />

3. Markttransparenz entwickeln und Öffentlichkeitsarbeit für Zielgruppen<br />

rechtzeitig beginnen.<br />

Literatur<br />

/1/ A<strong>da</strong>m,L.; Dittmann, B.: Anbauversuche zu Färber-Resede und Krapp in Brandenburg.<br />

Schriftenreihe FNR Gülzow, <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> 1999, S. 112-133<br />

/2/ Anonym: Anbautelegramm für Krapp (Rubia tinctorum L.), Merkblatt der TLL<br />

Jena, 1999<br />

/3/ Heeger, E.F.: Handbuch des Arznei- und Gewürzpflanzenanbaus, Deutscher<br />

Bauernverlag, 1956<br />

/4/ Hegi, G.: Illustrierte Flora von Mitteleuropa, München, J.F. Lehmanns Verlag<br />

1906 ff.<br />

/5/ Koppe, J.G.: Unterricht in Ackerbau und Viehzucht; 11. Auflage Berlin, Paul<br />

Parey Verlag, 1885<br />

/6/ Loest, K.: Schriftl. Mitt., 1999<br />

/7/ Maltry, W.: Bewertung von Parametern zur Nacherntebehandlung von Krapp;<br />

Versuchs-Bericht, <strong>2001</strong>, (unveröff.)<br />

/8/ Meyer, U.: Farbstoffe aus der Natur. Geschichte und Wiederentdeckung. Verlag<br />

Die Werkstatt, 1997<br />

/9/ Wurl, G., Biertümpfel, A.; Vetter, A.: Anbautelegramm Krapp, TLL Jena, 1996<br />

Gülzow, 30. November 1995 135


Dr. Lothar A<strong>da</strong>m, Bärbel Dittmann<br />

Landesanstalt für Landwirtschaft<br />

Abteilung Acker- und Pflanzenbau<br />

Berliner Straße<br />

D-14523 Güterfelde<br />

136<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Züchtungsmethodik bei Pflanzen mit<br />

sekundären Inhaltsstoffen<br />

A. Plescher<br />

PHARMAPLANT Arznei- und Gewürzpflanzen Forschungs- und Saatzucht<br />

GmbH<br />

Biologisch aktive Substanzen als Farbstoffe<br />

Sieht man von den Farbstoffen in Blüten und Früchten ab, so sind die meisten<br />

der hier interessierenden Substanzen nicht wegen ihrer farbgebenden<br />

Eigenschaften in den Pflanzen enthalten. Waid (Isatis tinctoria) enthält<br />

nur die farblose Vorstufe des blauen Indigos, die Flavonoide tragen praktisch<br />

nichts zum Farbbild oberirdischer Teile der Resede (Wau, Rese<strong>da</strong><br />

tinctoria) oder der Färberkamille (Anthemus tincotoria) bei, und die roten<br />

Anthrachinonderivate des Krapp (Rubia tinctorium) befinden ohnehin als<br />

Wurzelfarbstoffe im lichtfreien Raum des Bodens. Diese Stoffe erfüllen<br />

andere, ganz wesentliche Funktionen in den Pflanzenzellen etwa im protektiven,<br />

antioxi<strong>da</strong>tiven Bereich. Sie können aber auch Aktivitäten in anderen<br />

biologischen Systemen, wie z. B. im Säugetierorganismus, entfalten.<br />

Genannt seien die photosensibilisierende Wirkung des roten Hypericins<br />

(Hypericum perforatum) auf die Säugetierhaut, die diuretischen, antiphlogistischen<br />

oder spasmolytischen Aktivitäten von Flavonoiden oder<br />

die laxierende Wirkung der Anthrachinonderivate (Rhabarberwurzel,<br />

Rheum palmatum). Diese biologisch aktiven Substanzen können auf Grund<br />

ihrer molekularen Struktur, ihrer konjugierten Doppelbindungen<br />

bestimmte Spektralbereiche des sichtbaren Lichtes absorbieren und wurden<br />

<strong>da</strong>her auch für die Herstellung von Naturfarbstoffen interessant.<br />

Insofern stellt sich eine direkte Verbindung zwischen den Problemen und<br />

Gülzow, 30. November 1995 137


138<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Besonderheiten der <strong>Färberpflanzen</strong>- und der Arzneipflanzenzüchtung<br />

her. Aus der Tatsache, <strong>da</strong>ss die Farbstoffe wichtige Funktionen im aktiven<br />

Zellstoffwechsel erfüllen und <strong>da</strong>mit polygen überwachten Regulationssystemen<br />

unterliegen, ergibt sich ein wesentlicher Unterschied zur<br />

Züchtung von Nahrungsmittelpflanzen, bei denen die Qualitätsmerkmale<br />

dem Reservestoffwechsel (Fette/Öle, Reserveeiweiße, Kohlenhydrate)<br />

zuzuordnen sind.<br />

Das Vielstoffgemisch, der Pflanzenextrakt als Farbstoff<br />

Bereits bei der treffsicheren Definition des Züchtungszieles ergeben sich<br />

die ersten Probleme.<br />

Zum einen Teil sind die Zuchtziele bei Arznei- und bei <strong>Färberpflanzen</strong><br />

die gleichen wie bei jeder anderen Kulturpflanzenart, also vor allem diejenigen,<br />

die auf den Mengenertrag ausgerichtet sind. Aus der Tatsache,<br />

<strong>da</strong>ss von den meisten dieser Sonderkulturen nur bestimmte Organe<br />

genutzt werden, ergeben sich für die einzelnen Arten die speziellen züchterischen<br />

Aufgaben, deren Lösung den leichteren Teil der Arznei- und<br />

<strong>Färberpflanzen</strong>züchtung <strong>da</strong>rstellt. Die Besonderheiten der <strong>Färberpflanzen</strong>züchtung<br />

liegen <strong>da</strong>rin begründet, <strong>da</strong>ss der entscheidende Maßstab für<br />

den Wert des Erntegutes letztendlich die Färbeeigenschaft (Farbreinheit,<br />

Intensität, Tönung, Beständigkeit usw.) ist. Es wird an dieser Stelle<br />

bewußt vermieden, den Wert einer Herkunft oder einer Einzelpflanze<br />

anhand des analytisch fassbaren Gehaltes an Farbsubstanzen oder Farbvorstufen<br />

zu bewerten. Auf die Grenzen eines solchen chemisch-analytisch<br />

geprägten züchterischen Ansatzes wird nachfolgend noch eingegangen.<br />

Bei einigen Pflanzen können wir ganz klar definieren, welchen chemischen<br />

Inhaltsstoff wir in möglichst hoher Konzentration in der Pflanze<br />

aufkonzentriert haben wollen, beim Waid etwa <strong>da</strong>s Istan B, die Vorstufe<br />

des Indigos. Bei diesen Pflanzenarten ist die Analytik bei Beachtung einiger<br />

weiterer Voraussetzungen geeignet, um Herkünfte, Einzelpflanzen<br />

oder Ergebnisse aus Selektions-, Mutations- und Kreuzungszüchtungen<br />

zu bewerten.<br />

Im Falle vieler anderer Pflanzen aber kommt man nicht umhin, zu<br />

definieren „der Gesamtextrakt oder der aufgereinigte Spezialextrakt ist<br />

der Farbstoff“, der mit möglichst hoher Ausbeute gewonnen werden soll.


Züchtungsmethodik bei Pflanzen mit sekundären Inhaltsstoffen<br />

Der Farbstoff ist letztendlich eine ganze chemische Stoffgruppe, etwa Flavonoide<br />

oder Anthrachinone und liegt als Gemisch verschieden polarer<br />

und hydrophiler Einzelsubstanzen vor. Außerdem enthält ein solcher<br />

Extrakt auch alle anderen löslichen Pflanzeninhaltsstoffe wie Zucker,<br />

Aminosäuren, organische Säuren, organische Basen, phenolische Verbindungen<br />

wie Gerbstoffe, Kaffeesäure- und Chinasäurederivate. Für die<br />

Bewertung solcher Farbextrakte erweist sich die analytisch-chemische<br />

Bewertung nur bedingt geeignet, <strong>da</strong> die Färbeeigenschaften auch von vielen<br />

Wechselwirkungen, beispielsweise mit anderen polyphenolischen<br />

Verbindungen abhängen. Für solche Pflanzenarten werden komplexere<br />

Selektionsgrundlagen gebraucht.<br />

Genetische Determiniertheit und Einfluß der aktuellen Umweltfaktoren<br />

Der Erfolg von züchterischen Aktivitäten hängt <strong>da</strong>von ab, inwieweit ein<br />

Merkmal genetisch determiniert ist und wie stark <strong>da</strong>s Merkmal von den<br />

Umweltfaktoren beeinflußt wird. In einem 11jährigen Züchtungpsprojekt<br />

bei Echter Goldrute (Soli<strong>da</strong>go virgaurea L.) mußten wir feststellen, <strong>da</strong>ss der<br />

Flavonoid-Gehalt der Pflanzen ganz wesentlich von der Lichteinstrahlung<br />

abhängt. Bereits der Wegfall einer Nachbarpflanze und <strong>da</strong>mit der<br />

partiellen Beschattung kann bewirken, <strong>da</strong>ss aus einer ursprünglich negativ<br />

bewerteten Pflanze eine positive Pflanze wird. Das Problem der Bewertung<br />

als „züchterisch wertvolle Pflanze“ und „weniger wertvolle<br />

Pflanze“ geht auch aus Abbildung 1 hervor. In einigen Jahren lagen die<br />

Gesamtflavonoidgehalte ausgewählter Einzelpflanzen über dem Durchschnitt<br />

des Gesamtsortimentes und in anderen Jahren wieder <strong>da</strong>runter.<br />

Auch zwischen den drei ausgewählten Einzelpflanzen (F2, F9 und F11)<br />

verschieben sich die Relationen so stark, <strong>da</strong>ss eine Zuchtwahl unmöglich<br />

wird.<br />

Bei einem Versuchsanbau von Johanniskraut jeweils der gleichen<br />

Sorte in verschiedenen Höhenlagen in Chile zeigte es sich, <strong>da</strong>ss der<br />

Gesamtflavonodigehalt in einer Höhenlage von 1980 m mehr als doppelt<br />

so hoch ist, wie auf einer Parzelle in 123 m ü. NN (Abb. 2). Dies deutet<br />

sehr auf die antioxi<strong>da</strong>tive Funktion der Flavonoide als „Fänger“ von<br />

Radikalen hin, die durch photosynthetische Aktivität und UV-Licht-Einstrahlung<br />

auf zellulärer Ebene entstehen.<br />

Gülzow, 30. November 1995 139


140<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Abbildung 1: Gesamtflavonoidgehalt von 3 Pflanzen der Echten Goldrute in<br />

verschiedenen Vegetationsjahren (jeweils „Blühendes Kraut“)<br />

aus einem Sortiment von 27 Einzelpflanzen<br />

Abbildung 2: Flavonoidgehalt und Flavonoidmuster von Johanniskraut in<br />

Abhängigkeit von der Höhe des Anbaustandortes ü. NN (südliche<br />

Breite Santiago de Chile), gleiches Ausgangsmaterial 1999


Züchtungsmethodik bei Pflanzen mit sekundären Inhaltsstoffen<br />

Der Auf- und Abbau der Flavone sowie der Umbau in ihre mehr wasserlöslichen,<br />

glycosidischen Formen oder die Freisetzung der Aglycone<br />

aus den Glycosiden sind weit stärker von den Umweltbedingungen als<br />

von den konstitutiven Genen abhängig.<br />

Über <strong>da</strong>s Zusammenspiel von konstitutiven Genen und Regulatorgenen<br />

sowie über deren Vererbung wissen wir praktisch nichts.<br />

An einem Beispiel aus früheren Arbeiten in unserem Hause soll nochmals<br />

gezeigt werden, wie stabil und polygen ausbalanciert die zellulären<br />

Konzentrationen funktioneller, sekundärer Inhaltsstoffe sind, und wie<br />

schwierig es ist, diese tatsächlich züchterisch zu beeinflussen.<br />

Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre wurde in Artern<br />

der Medizinalrhabarber (Rheum palmatum) hinsichtlich eines hohen<br />

Anthrachinongehaltes über drei Generationen selektioniert. Anthrachinone<br />

sind ebenfalls eine Stoffgruppe, die sowohl Färbeeigenschaften (vor<br />

allem Rot-Töne im Krapp, Laubkraut-Arten, Maulbeerwurzeln) als auch<br />

biologische Aktivitäten aufweisen, insbesondere abführend, laxierend.<br />

Nach acht Jahren konnte der Gesamtanthrachinongehalt in der Wurzeldroge<br />

um ca. 35 % gesteigert werden. Mit der Zunahme des Anthrachinongehaltes<br />

traten aber Probleme mit der Winterfestigkeit auf. Je höher<br />

der Anthrachinongehalt in der Wurzeldroge war, desto geringer die<br />

Überwinterungsrate der Hochzuchtpflanzen. Erst bei einer eher zufälligen<br />

Analyse der Eintrocknungsverhältnisse wurde festgestellt, <strong>da</strong>ss nicht<br />

der Anthrachinongehalt je Wurzel heraufgezüchtet, sondern indirekt auf<br />

geringe Trockensubstanz, <strong>da</strong>s heißt Reservestoffgehalt selektiert wurde.<br />

Der züchterische Hebel, den wir im Sekundärstoffwechsel ansetzen wollten,<br />

ist praktisch auf den leichter modulierbaren Primärstoffwechsel<br />

(Reservestoffwechsel) abgerutscht.<br />

Die Grenzen der Analytik für die Pflanzenbewertung<br />

Die Analyse des Flavonoidspektrums oberirdischer Pflanzenteile gibt bestenfalls<br />

eine Momentaufnahme der aktuellen stofflichen Zusammensetzung.<br />

Bereits bei einer zweiten Probenahme nach 7 Tagen kann sich die<br />

Rangfolge der Wertigkeit der einzelnen Prüfobjekte völlig neu gestalten,<br />

sofern sich Umweltfaktoren wie Licht, Wasserverfügbarkeit und Temperatur<br />

verändert haben. Im zeitlichen Verlauf stabiler sind die färbenden<br />

Inhaltsstoffe von Wurzeln (Anthrachinonderivate des Krapps). Sofern die<br />

Gülzow, 30. November 1995 141


142<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

jahreszeitlichen Schwankungen im Farbstoffgehalt der Wurzeln und die<br />

Veränderungen während der Lebens<strong>da</strong>uer (1., 2. und 3. Vegetationsjahr)<br />

bekannt sind, kann die chemische Analytik zur Selektion der Herkünfte<br />

und Einzelpflanzen hinsichtlich des Gehaltes rhizombürtiger Farbstoffe<br />

sehr hilfreich sein.<br />

Die Aussagekraft chemischer Analysen wird auch <strong>da</strong>durch noch eingeengt,<br />

weil – trotz peinlich genauer Methodenvalidierung – eine Reihe<br />

von Artefakten bewertet werden.<br />

Die Labilität der glycosidischen Bindungen, ihre leichte Spaltung<br />

durch Hydrolyse oder Enzymaktivitäten schon bei der Überführung der<br />

lebenden Pflanze in die getrocknete Probe führt zu Veränderungen im<br />

Inhaltsstoffmuster. Bei der meist alkoholischen Extraktion der Proben zur<br />

Vorbereitung auf chromatographische Bestimmungsmethoden wird beispielsweise<br />

auch <strong>da</strong>s Chlorophyll mit herausgelöst. Dieses wirkt im<br />

Extrakt bei Licht- und Sauerstoffzutritt prooxy<strong>da</strong>tiv. Es werden eine<br />

Reihe von Oxy<strong>da</strong>tionsprodukten detektiert, die mit den nativen Verhältnissen<br />

nur wenig zu tun haben.<br />

Nach Gefriertrocknung, Probenaufbereitung im Rotlicht und weitestgehend<br />

unter Stickstoff erhält man ein anderes Flavonoidmuster. Für den<br />

Färber sind diese methodischen Probleme uninteressant, sofern er weiß,<br />

wie er die Küpe technologisch herzustellen hat. Der Züchter aber muß die<br />

tatsächlich in der lebenden Pflanze ablaufenden Stoffwechsel- und Regulationsprozesse<br />

kennen.<br />

Genauso wenig wie bei vielen Arzneipflanzen die Wirkung auf eine,<br />

zwei oder drei Substanzen zurückgeführt werden kann, ist die Färbeeignung<br />

von Extrakten nicht an ein oder einigen Stoffen festzumachen. Farbstoffvorstufen,<br />

Begleitfarbstoffe, Gerbstoffe und andere farblose polyphenolische<br />

Verbindungen wie China- und Kaffeesäurederivate nuancieren<br />

die Farbtöne. Man kann Pflanzenarten oder Herkünfte mit gleichem<br />

Luteolin- und Quercetingehalt haben, die erreichte Färbung wird sich<br />

aber möglicherweise unterscheiden.<br />

Evaluierung genetischer Ressourcen<br />

Ich hatte bereits unser 11jähriges Züchtungsprojekt mit Echter Goldrute<br />

genannt. Soweit es die Flavonoide betrifft, mußten wir <strong>da</strong>s Projekt als gescheitert<br />

betrachten. Nach 11jähriger Züchtungsarbeit konnte der Ge-


Züchtungsmethodik bei Pflanzen mit sekundären Inhaltsstoffen<br />

samtflavonoidgehalt nicht signifikant über denjenigen der Ausgangspopulation<br />

gesteigert werden.<br />

Bei einer von SCHENK und Mitarbeitern später durchgeführten Evaluation<br />

einer sehr umfangreichen Kollektion von Echter Goldrute aus 9<br />

europäischen Ländern konnten Akzessionen gefunden werden, deren<br />

Flavonoidgehalte im Schnitt bereits über den von uns gestellten Zuchtzielen<br />

lagen. Die Evaluierung des genetischen Pools, anfangs möglichst<br />

umfangreich und möglichst <strong>da</strong>s gesamte Verbreitungsareal der betreffenden<br />

Pflanzenart abdeckend, führt beim derzeitigen Niveau der züchterischen<br />

Bearbeitung von Sekundärstoffpflanzen meist schneller und<br />

kostengünstiger zum Erfolg. Sich anschließende züchterische Aufgaben<br />

dienen der Erreichung von Homogenität, Anbaueignung, Ertrag des<br />

inhaltsstoffliefernden Organs und gegebenenfalls von Resistenzen. Aus<br />

eigener Erfahrung sei aber <strong>da</strong>rauf hingewiesen, <strong>da</strong>ss die Erfolgschancen<br />

des Auffindens eines „Idealtyps“ neben der Anzahl von Akzessionen<br />

auch durch Einbeziehung verschiedener Standorte und Höhenlagen<br />

wesentlich gesteigert werden.<br />

Testsysteme für die Bewertung der „Färbeeignung“<br />

Eingangs wurde erwähnt, <strong>da</strong>ss der Wert von <strong>Färberpflanzen</strong> in ihren Färbeeigenschaften<br />

liegt, so wie der Wert von Arzneipflanzen in der Stärke<br />

der pharmazeutischen Wirkungen liegt. Unter Loslösung vom dominierenden<br />

chemisch-analytischen Denken sollte versucht werden, Maßstäbe<br />

für eben diese Werteigenschaften zu schaffen und sie der Pflanzenzüchtung<br />

als Selektionsgrundlage in die Hand zu geben.<br />

Für die Wirkstoffpflanzen gibt es nunmehr eine ganze Reihe von Testsystemen<br />

(Bio-Assays) beispielsweise für entzündungshemmende, antidepressive,<br />

cytostatische, lipidsenkende, anti-rheumatische, allergene<br />

und antiallergene sowie viele andere Wirkungen, die zur Basis einer<br />

wirksamkeitsgeleiteten Züchtung oder wirkungsgelenkten Optimierung<br />

von Anbauverfahren genutzt werden. In analoger Weise könnte für<br />

Pflanzen, aus deren ein Extrakt oder ein aufgereinigter Spezielextrakt<br />

zum Färben gewonnen wird, die Anwendung von Testsystemen bezüglich<br />

der Färbeeigenschaften eher zum Erfolg führen, als die zermürbende<br />

Interpretation von Analysen<strong>da</strong>ten.<br />

Gülzow, 30. November 1995 143


144<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Solche stan<strong>da</strong>rdisierten Prüfverfahren möglichst im Halbmikro-Bereich<br />

könnten einschließen die Probenahme, Farblösungsherstellung,<br />

die Färbung eines Wollfädchens oder Lederkäppchens, den visuellen<br />

Abgleich mit einem Idealmuster oder spektroskopischen Vergleich<br />

mit einem Idealabsorptionsspektrum bis hin zum „Härtetest“ bezüglich<br />

UV-Beständigkeit und Waschechtheit. Mit Hilfe solcher Prüfsysteme ließen<br />

sich Herkunftskollektionen bewerten und herausragende Einzelpflanzen<br />

selektieren. Werden solche Testmodelle parallel zu chemischen<br />

Analysen durchgeführt, kann man auch Kenntnisse <strong>da</strong>rüber gewinnen,<br />

auf welche stofflichen Kompositionen es in der Pflanze ankommt, um mal<br />

ein Ockergelb oder mehr ein Goldgelb, ein Himbeerrot oder ein anderes<br />

Mal ein Fuchsinrot zu erhalten. Ein solcher Ansatz ist erforderlich für eine<br />

fundierte Qualitiätsforschung bei pflanzlichen Farbstoffen.<br />

Zusammenfassung und Resümee<br />

1. Viele der als Farbstoffe nutzbaren Substanzen sind biologisch aktiv<br />

und erfüllen in der Pflanzenzelle wichtige Funktionen, insbesondere<br />

im protektiv-antioxy<strong>da</strong>tiven Bereich. Der aktuelle Gehaltsspiegel<br />

und die Gleichgewichte zwischen den Aglyconen und den<br />

Glycosiden werden genetisch reguliert je nach Umweltsituationen.<br />

2. Die starke Variation des Farbstoffgehaltes durch Umwelteinflüsse<br />

erschwert die Zuchtwahl in besonderem Maße. Vielfach ist nicht zu<br />

entscheiden, ob eine Pflanze mit momentan hohem Gehalt auch die<br />

genetisch wertvollere ist.<br />

3. Bei Pflanzenarten, bei denen der Färbewert an eine bestimmte chemische<br />

Substanz gebunden ist, werden auf der Basis einer Analytik<br />

und bei Anwendung der üblichen Züchtungsverfahren wie Auslese-,<br />

Mutations- oder Kreuzungszüchtung gute Züchtungschancen<br />

eingeräumt.<br />

4. Bei <strong>Färberpflanzen</strong>, aus denen Gesamtextrakte oder aufgereinigte<br />

Spezialextrakte zum Färben hergestellt werden, sollten vor Züchtungsprojekten<br />

alle Möglichkeiten eines umfassenden, mehrjährigen<br />

und mehrortigen Auslotens des genetischen Pools genutzt werden.<br />

Unterschiedliche Bodenverhältnisse und Höhenlagen sollten<br />

in solchen Prüfungen einbezogen werden.


Züchtungsmethodik bei Pflanzen mit sekundären Inhaltsstoffen<br />

5. Bei der Bewertung von Individuen oder Herkünften mit komplexen<br />

Farbstoffzusammensetzungen erweist sich die chemische Analytik<br />

nur begrenzt geeignet als Selektionsgrundlage. Hier könnten<br />

stan<strong>da</strong>rdisierte Testsysteme zur direkten Bestimmung der Färbeeigenschaften<br />

wie Intensität, Farbreinheit und Beständigkeit wesentlich<br />

effektiver und sicher auch kostengünstiger den Selektions- und<br />

Züchtungsverlauf begleiten.<br />

Dr. A. Plescher<br />

PHARMAPLANT Arznei- und Gewürzpflanzen<br />

Forschungs- und Saatzucht GmbH<br />

Strasse am Westbahnhof 4<br />

D-06556 Artern<br />

Gülzow, 30. November 1995 145


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Aktueller Stand der Farbstoffgewinnung<br />

aus nachwachsenden Rohstoffen<br />

A. Wähling<br />

Nahrungs-Ingenieurtechnik GmbH, Magdeburg<br />

Die Nahrungs-Ingenieurtechnik GmbH beschäftigt sich seit 10 Jahren mit<br />

der Gewinnung besonderer Inhaltsstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen.<br />

Ein Schwerpunkt dieser Arbeiten bildet <strong>da</strong>bei die Gewinnung von<br />

Farbstoffen aus nachwachsenden pflanzlichen Rohstoffen. In Tabelle 1<br />

sind die bisher bearbeiteten Pflanzen aufgelistet.<br />

Tabelle 1: Durch die NIG GmbH bearbeitete Farbstoffpflanzen<br />

Pflanze<br />

- einheimisch -<br />

lat. Bezeichnung Farbstoffklasse<br />

Krappwurzel Rubia tinctoria Anthrachinone<br />

Rese<strong>da</strong>, Wau Rese<strong>da</strong> luteola Flavonoide<br />

Kanadische Goldrute Soli<strong>da</strong>go canadensis Flavonoide<br />

Färberhundskamille Anthemis tinctoria Flavonoide<br />

Rhabarberwurzel<br />

- nicht einheimisch -<br />

Rheum spec. Anthrachinone<br />

Blauholz Haematoxylum camp. Flavonoide<br />

Henna Lawsonia inermis Naphtochinone<br />

Alkanna Alkanna tinctoria Naphtochinone<br />

Kreuzdornbeeren Rhamnaceae Flavonoide<br />

Ratanhiawurzel Krameria triandra Kondensierte Gerbstoffe<br />

146 Biotechnologie und Gentechnik in der Industriepflanzenzüchtung


Aktueller Stand der Farbstoffgewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen<br />

Im Rahmen des von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe<br />

geförderten Verbundvorhabens „Entwicklung einer Technologie zum<br />

Färben von Cellulose- und Proteinfaserstoffen mit einheimischen Pflanzenfarben“<br />

sind Untersuchungen zur Gewinnung und Stan<strong>da</strong>rdisierung<br />

von Farbstoffextrakten aus den Pflanzen Krappwurzel, Kanadische<br />

Goldrute, Färberhundskamille und Rese<strong>da</strong> durchgeführt worden.<br />

Für die genannten Pflanzen wurden spezifische Extraktions- und Aufarbeitungsverfahren<br />

entwickelt, die es gestatten industriell verwendbare<br />

Naturfarbstoffe anzubieten. Diese Farbstoffprodukte können sowohl als<br />

Konzentrat oder aber als Pulver angeboten werden. Eine Stan<strong>da</strong>rdisierung<br />

erfolgt <strong>da</strong>bei auf den spektralphotometrisch gemessenen Gesamtfarbstoffgehalt.<br />

Für den Färber ergeben sich durch <strong>da</strong>s Angebot dieser neuartigen<br />

Farbstoffe neue kreative Möglichkeiten in seiner Färberei.<br />

Mit diesen Extrakten erhalten die Anwender stan<strong>da</strong>rdisierte Produkte<br />

die reproduzierbare Färbungen und Echtheiten in der industriellen Färberei<br />

erlauben. Die Anwender sind völlig unabhängig von den Rohstoffen<br />

und deren Qualitäten. Es ergeben sich auch keinerlei Folgekosten für<br />

die Färbereien, <strong>da</strong> die Pflanzen nicht mehr selber extrahiert werden müssen.<br />

Die Tabelle 2 zeigt mögliche Applikationsbereiche für Naturfarbstoffe.<br />

Tabelle 2: Applikationsbereiche für Naturfarbstoffe<br />

- Textilfärbung<br />

- Lederfärbung<br />

- Papierfärbung<br />

- Holzfärbung<br />

- dekorative Kosmetik<br />

- Druckfarben, Druckpasten<br />

- Lasuren, Künstlerfarben<br />

- dekorative Kosmetik<br />

1. Als Farbstoff im Bereich<br />

2. Als Pigment im Bereich<br />

Für die Papierfärbung bietet sich neben den eigentlichen Farbstoffextrakten<br />

auch die Verarbeitung der Trester aus dem Extraktionsprozeß an.<br />

Gülzow, 30. November 1995 147


148<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Zur Verwendbarkeit dieser Trester sind derzeit noch keine Untersuchungen<br />

durchgeführt worden.<br />

Nach der Fällung und Gewinnung der verlackten Farbstoffe aus den<br />

Extrakten lassen sich die gewonnenen Pigmente für die spezifischen Einsatzbereiche<br />

aufarbeiten.<br />

Nachdem die, im genannten Verbundvorhaben erarbeiteten, Ergebnisse<br />

in Form von Farbstoffextrakten und Färbeanleitungen bzw. -empfehlungen<br />

vorliegen, stellt sich die Frage nach der Umsetzung in den<br />

industriellen Maßstab.<br />

Dazu be<strong>da</strong>rf es einer ehrlichen Kostenanalyse beim Anwender,<br />

sowohl im handwerklichen als auch im industriellen Maßstab. Im handwerklichen<br />

Bereich wird in der Regel nur mit dem Materialpreis der eingesetzten<br />

Rohstoffe gerechnet, während die Kosten für die Extraktion<br />

z. B. vernachlässigt werden. Im industriellen Maßstab sollte nicht nur der<br />

Preis der Farbstoffprodukte verglichen, sondern die Qualität im Hinblick<br />

auf Ergiebigkeit, erreichbare Echtheiten und Aufbau der Färbungen zum<br />

Preis ins Verhältnis gesetzt werden.<br />

Hauptaugenmerk muß vor allem auf einen Imageaufbau bzw. auf<br />

eine Imageverbesserung durch koordinierte Marketingstrategien von<br />

„Pflanzenfarbenprodukten“ gelegt werden. Es wird <strong>da</strong>ran gearbeitet,<br />

eine normale Kette zwischen Kunden und Lieferanten aufzubauen. Im<br />

Moment ist diese Kette allein schon im Bereich der Bereitstellung von<br />

Rohstoffen aus einheimischem Anbau, insbesondere Krapp, gestört. Da<br />

z. Zt. niemand aus der Kette vom Rohstoffanbau bis zum Konfektionär<br />

Willens oder in der Lage ist, finanzielle Vorleistungen zu erbringen,<br />

gestaltet sich dieser Aufbau sehr schwierig.<br />

Fazit: Unter Berücksichtigung der Arbeiten der TLL Dornburg auf<br />

dem Gebiet Indigogewinnung aus Färberknöterich, steht dem interessierten<br />

Anwender von Naturfarbstoffen aus dem einheimischen Anbau die<br />

Grundfarbenpalette zur Verfügung. Durch <strong>da</strong>s Mischen dieser Grundfarben<br />

und durch die Beeinflussung der Färbeparameter eröffnet sich <strong>da</strong>mit<br />

eine Vielzahl von färberischen Möglichkeiten, die es jetzt zu vermarkten<br />

gilt.<br />

Axel Wähling<br />

Nahrungs-Ingenieurtechnik GmbH<br />

Wasserkunststraße 26<br />

D-39124 Magdeburg


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Einsatzmöglichkeiten von<br />

Naturfarbstoffen in der Druckindustrie<br />

K. Hanke<br />

Michael Huber München GmbH<br />

1 Beschreibung und Zielsetzungen des Projektes<br />

1.1 Projektbeschreibung<br />

Verbundvorhaben: Entwicklung neuartiger ökologischer Druckfarben<br />

unter Nutzung von Naturfarbstoffen aus <strong>Färberpflanzen</strong> und Untersuchung<br />

der technologischen Anforderungen zur Substitution umweltkritischer<br />

synthetischer Farbpigmentsysteme;<br />

Teilvorhaben 1: Produkt- und Verfahrensentwicklung<br />

FKZ: 00NR022<br />

Projektpartner:Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V., Gülzow<br />

Zentrum Nachwachsende Rohstoffe der Thüringer<br />

Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL), Jena<br />

Agrar- und Umwelt-Analytik GmbH (AUA), Jena<br />

Michael Huber München GmbH<br />

TLL ist in diesem Teilprojekt zuständig für Pflanzenzucht und Anbauoptimierung<br />

von heimischen <strong>Färberpflanzen</strong> sowie für die Entwicklung optimaler<br />

Extraktionsparameter.<br />

AUA entwickelt Methoden zur Verlackung extrahierter Pflanzenfarbstoffe<br />

mit dem Ziel hoher Ausbeute, Farbstärke und Reinheit.<br />

MHM untersucht die Pigmente hinsichtlich ihrer anwendungstechnischen<br />

Eignung in Druckfarben, Druckprozessen und speziellen<br />

Gebrauchsanforderungen an Druckerzeugnisse.<br />

Gülzow, 30. November 1995 149


1.2 Zielsetzungen<br />

150<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Ziel des Projektes ist es festzustellen, ob pflanzenbasierte Farbmittel<br />

- synthetische Farbmittel in Druckfarben partiell ersetzen können<br />

(technische Feasability)<br />

- bezüglich Farbtonauswahl, Farbstärke, Echtheiten, Verdruckbarkeit<br />

geeignet sind,<br />

- ökonomische Voraussetzungen für den Einsatz in Druckfarben erfüllen,<br />

- ggf. Absatzmöglichkeiten in ausreichendem Umfang gesehen werden<br />

(Marketing, kaufmännische Feasibility).<br />

Grundsätzlich ist die Frage zu klären, ob pflanzlich basierte Farbmittel in<br />

eine für moderne Druckfarben geeignete Applikationsform gebracht werden<br />

können als<br />

- Pigmente für Offsetdruckfarben,<br />

- Pigmente oder Farbstoffe für Flüssigfarben, d.h. wasser- und/oder<br />

lösemittelbasierte Flexo- und Tiefdruckfarben.<br />

Das bedingt, <strong>da</strong>ss Aufbereitungs- und Modifikationsverfahren zu erarbeiten<br />

sind, um druckfarbenkonforme Produkte herstellen zu können.<br />

Im zweiten Schritt sind die anwendungstechnischen Einsatzmöglichkeiten<br />

in Druckfarbenformulierungen zu prüfen:<br />

- generelle Dispergierung/Verdruckbarkeit ?<br />

- nur als Sonderfarben einsetzbar ?<br />

- geeignet für ein Mischsystem ?<br />

- ggf. welcher Farbraum ist erzielbar im Druck/Übereinanderdruck?<br />

Im europäischen Druckfarbenmarkt werden gegenwärtig nach unserer<br />

Kenntnis keine Produkte auf einer kompletten nachwachsenden Rohstoffbasis<br />

angeboten.<br />

Wir sehen hier eine Marktnische, die aus dem verstärkten Verbraucherwunsch,<br />

nachwachsende Rohstoffe zu verwenden, resultiert.<br />

Marketingargumente: nachwachsende, pflanzliche Rohstoffbasis<br />

Naturfarben<br />

1.3 Umweltrelevanz, Substitutionspotential<br />

Wir gehen <strong>da</strong>von aus, <strong>da</strong>ss auch die heute von uns eingesetzten synthetischen<br />

anorganischen und organischen Farbmittel nach ökologisch optimierten<br />

Verfahren produziert werden.


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Druckindustrie<br />

Pflanzenbasierte Farbmittel haben den Vorteil, <strong>da</strong>ss sie aus nachwachsenden<br />

Rohstoffen gewonnen werden.<br />

Die europäischen Unternehmen der HUBER-GRUPPE verarbeiten ca.<br />

5.000 Tonnen/p.a. organische synthetische Pigmente.<br />

Im positiven Fall rechnen wir <strong>da</strong>mit, <strong>da</strong>ss maximal 0,1 % <strong>da</strong>von durch<br />

pflanzenbasierte Farbmittel ersetzt werden können.<br />

Aus den Basisfarben der substraktiven Farbmischung Gelb, Blau und<br />

Rot müssen möglichst viele Farbtöne ermischt werden können.<br />

Die Chance eines ausgewogenen Mischsystems besteht <strong>da</strong>rin, <strong>da</strong>ss es<br />

einen möglichst großen Farbraum umfasst.<br />

Das Projekt wird mit Farbmitteln begonnen, die aus Rese<strong>da</strong> (Gelb),<br />

Krapp (Rot) und z. B. Färberwaid (Blau) gewonnen werden.<br />

Würde es nicht gelingen, einen möglichst großen Farbraum abzudekken,<br />

<strong>da</strong> die Druckfarben mit Pigmenten auf nachwachsender Basis zu<br />

schmutzig bzw. zu farbschwach sind, ist deren Einsatz wenig sinnvoll.<br />

Gegenüber synthetischen, organischen bunten Farbmitteln werden<br />

selbstverständlich Abstriche einkalkuliert.<br />

Im Rahmen des Projektes ist auch zu untersuchen, ob es neben den<br />

Farbstoffen aus Färberwaid, Rese<strong>da</strong> und Krapp noch weitere gibt, die<br />

eine Vergrößerung des Farbraumes ermöglichen.<br />

Bei positiver Umsetzung der Projektziele halten wir mittelfristig den<br />

Absatz von 25 Tonnen/p.a. Druckfarben mit Pigmenten auf nachwachsender<br />

Rohstoffbasis für realistisch, was ca. 5 Tonnen/p.a. Pigmenten<br />

entspricht.<br />

Zuvor ist jedoch auch zu klären, wie Laborergebnisse durch scale up<br />

in technologisch sichere Pigment-Produktionsverfahren übertragen werden<br />

können.<br />

Industrielle Herstellungsverfahren und Produzenten sind uns nicht<br />

bekannt.<br />

Es wird deutlich, <strong>da</strong>ss <strong>da</strong>s jetzige Projekt nur ein kleiner Schritt in die<br />

Richtung einer marktgerechten Umsetzung ist.<br />

2 Ausgangsstand<br />

In Europa sind 1999 ca. 965.000 Tonnen Druckfarben im Wert von<br />

3,5 Mrd. Euro produziert worden (Abb. 1).<br />

Nachfolgend genannte Produkte werden mit diesen Druckfarben produziert<br />

(Abb. 2).<br />

Gülzow, 30. November 1995 151


Abbildung 1: Produktion von Druckfarben in Europa 1999<br />

152<br />

33%<br />

8%<br />

<br />

<br />

1%<br />

3% 3%<br />

20%<br />

<br />

<br />

14%<br />

1%<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

7%<br />

10%<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 2: Prozentuale Verteilung der Druckprodukte weltweit<br />

18%<br />

14<br />

<br />

<br />

24%<br />

<br />

<br />

<br />

3%<br />

<br />

4% 3%<br />

10%<br />

3%<br />

17%<br />

8%<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

10%


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Druckindustrie<br />

Seit Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Gutenberg<br />

werden nachwachsende Rohstoffe wie Pflanzenöle, Cellulose und<br />

Baumharze bzw. deren Derivate in großem Umfang eingesetzt.<br />

Gleich Gutenberg und seinen Nachfolgern mischte sich auch Senefelder,<br />

als er Ende des 18. Jahrhunderts die Lithographie erfand, Ruß und<br />

gekochtes Leinöl noch selbst zu schwarzer Farbe. Der Be<strong>da</strong>rf an bunten<br />

Farben war vergleichsweise gering.<br />

Speziell Offsetdruckfarben, die mengenmäßig über 30 % des europäischen<br />

Druckfarbenmarktes ausmachen, enthalten Bindemittel, die aus<br />

Alkyd- und Hartharzen sowie Pflanzen- und Mineralölen bestehen.<br />

In jüngster Zeit ist eine Rückbesinnung auf nachwachsende Rohstoffe<br />

zu beobachten. Für Offsetdruckfarben bedeutet <strong>da</strong>s unter anderem die<br />

Substitution von Mineralölen durch vermehrten Einsatz von Pflanzenölen<br />

und Fettsäuremonoestern. Ein breites Spektrum von Monoestern<br />

kommt, orientiert an anwendungstechnischen Anforderungen, zur<br />

Anwendung.<br />

Interessant ist, <strong>da</strong>ss durch diese, für Druckfarben neue Stoffklasse,<br />

hervorragende drucktechnische Eigenschaften erzielt werden können.<br />

Die Verwendung pflanzlicher Öle bzw. deren Derivate ist demzufolge<br />

keine ökologische Modeerscheinung, sondern dient dem technischen<br />

Fortschritt.<br />

Druckfarben bestehen üblicherweise aus Pigmenten, die farbgebender<br />

Bestandteil und Träger der Echtheiten sind, dem Bindemittel, <strong>da</strong>s Druckverhalten<br />

und Trocknung bestimmt, sowie Additiven zur Verbesserung<br />

einzelner anwendungstechnischer Eigenschaften.<br />

Bedingt durch Industrialisierung des Druckgewerbes, Diversifikation<br />

der Drucktechniken und permanent steigender anwendungstechnischer<br />

Anforderungen werden synthetische Rohstoffe zunehmend Bestandteile<br />

von Druckfarben.<br />

Naturfarbstoffe und <strong>da</strong>raus hergestellte Pigmente besitzen heute bis<br />

auf wenige Ausnahmen keine wirtschaftliche Bedeutung mehr. Durch die<br />

im 19. Jahrhundert einsetzenden, industriellen Syntheseverfahren sind<br />

diese nahezu verdrängt worden.<br />

3 Herstellung von Druckfarben<br />

Neben der Bindemittelherstellung ist <strong>da</strong>s Dispergieren von Pigmenten in<br />

Bindemitteln <strong>da</strong>s technologisch aufwendigste Verfahren. Viele Qualitäts-<br />

Gülzow, 30. November 1995 153


154<br />

Rohstoffe<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Offset<br />

Anteile (%) in Druckfarbe<br />

Flexo-/Tiefdruck<br />

LH LF<br />

Pigmente 10 - 30 5 - 15 5 - 15<br />

Füllstoffe 0 - 10 0 - 5 0 -5<br />

Bindemittel - Pflanzenöle/Derivate 5 - 20 - -<br />

- Naturharze/Derivate 20 - 30 0 - 10 -<br />

- Mineralöl 0 - 40 - -<br />

- Synth. Polymere 0 -5 0 - 30 0 - 30<br />

- Dispersionen - - 40 - 70<br />

- VOC-Lösungsmittel - 0 - 50 -<br />

- Additive/Wachse 0 - 5 0 - 5 0 - 5<br />

- Wasser - - 20 - 50<br />

LH = mit Lösungsmittel<br />

LF = wasserbasiert (Lösungsmittel-frei)<br />

kriterien der fertigen Druckfarbe sind von der Dispergierqualität abhängig,<br />

wie z. B. Farbstärke, Kornfeinheit, Glanz und Transparenz.<br />

Dispergieren von Pigmenten ist <strong>da</strong>s Zerlegen der Pigmentagglomerate<br />

in deren Bestandteile, d. h. Primärteilchen, sowie die Benetzung der<br />

Pigmentoberfläche durch geeignete Ankergruppen der Bindemittel.<br />

Geeignete Polymermoleküle müssen mit ihren aktiven Ankergruppen<br />

fest auf der Oberfläche von Primärteilchen der Pigmente befestigt werden,<br />

d. h. diese benetzen.<br />

Ferner muss <strong>da</strong>s Bindemittel in kapillare Hohlräume der Pigmentagglomerate<br />

eindringen und auch die nach deren Zerteilung entstandenen<br />

neuen Oberflächen belegen.<br />

Bei der Dispergierung sind die Haft- und Bindungskräfte, mit denen<br />

die Pigmentagglomerate zusammenhalten, zu überwinden. Die Belegung<br />

der Primärteilchen mit Bindemittelankergruppen verhindert deren<br />

erneute Reagglomeration und führt zu lagerstabilen Farben.


Pigment-Primärteilchen<br />

Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Druckindustrie<br />

Im Rahmen der Projektarbeit müssen für die zu entwickelnden Pigmente<br />

geeignete Bindemittelformulierungen und Dispergierbedingungen<br />

erarbeitet werden.<br />

Bei Druckfarben stellt man wegen der extrem dünnen Schichten (0,7 -<br />

1,5 µm im Offsetdruck) besonders hohe Anforderungen an vollständige<br />

Dispergierung der Pigmente.<br />

Wichtig ist die Klärung der Frage, ob z. B. Indigo und verlackte Pigmente<br />

aus einem Filterpresskuchen direkt durch Umbenetzung mit<br />

Druckfarbenbindemitteln zu Druckfarben weiterverarbeitet werden können.<br />

Der Weg über Trocknung des Presskuchens und Vermahlung zur<br />

geeigneten Pigmentkorngröße kann infolge des hohen technologischen<br />

Aufwandes nicht <strong>da</strong>s Ziel sein.<br />

4 Farbmittel<br />

Bindemittel<br />

Z entren der Oberflächenenergien<br />

Belegung mit Ankergruppen<br />

Abbildung 3: Dispergieren von Pigmenten<br />

4.1 Synthetisch organische Pigmente<br />

Der Weltverbrauch synthetischer organischer Farbmittel beträgt etwa<br />

800.000 Tonnen/p.a., die sich auf ca. 5.000 Einzelprodukte aufteilen (Wert<br />

8,5 Mrd. Euro).<br />

Synthetisch organische Pigmente:ca. 250.000 Tonnen/p.a. Gesamtmenge<br />

Einsatz in Druckfarben ca. 45 %: 113.000 Tonnen/p.a.<br />

Gülzow, 30. November 1995 155


156<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Der Sammelraum für alle farbgebenden Stoffe ist nach DIN 55 944 der<br />

Begriff Farbmittel.<br />

Pigmente sind definitionsgemäß im Anwendungsmedium praktisch<br />

unlösliche bunte oder unbunte Farbmittel.<br />

Im Gegensatz hierzu sind Farbstoffe im Applikationsmedium lösliche<br />

organische Farbmittel.<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 4: Unterteilung der Farbmittel<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 5: Klassifizierung organischer Pigmente für Druckfarben<br />

Die chemische Grundstruktur ist in vielen Fällen für Farbstoffe und<br />

Pigmente gleich. Die für Pigmente benötigte Unlöslichkeit lässt sich<br />

durch Bildung unlöslicher Salze erreichen. Die Metallkomplexbildung<br />

wird auch als Verlackung bezeichnet.<br />

Pigmente vieler Klassen können in einem Medium praktisch unlöslich<br />

sein, während sie sich in einem anderen partiell oder komplett lösen.


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Druckindustrie<br />

Bei Farbstoffen ist nahezu ausschließlich die chemische Konstitution<br />

für deren Eigenschaften verantwortlich. Die Eigenschaften von Pigmenten<br />

werden zusätzlich noch durch deren kristallphysikalische Beschaffenheit<br />

determiniert.<br />

Neben der Kenntnis der chemischen Zusammensetzung sind umfangreiche<br />

festkörperphysikalische Daten für eine Beurteilung anwendungstechnischer<br />

Eigenschaften erforderlich.<br />

Wichtige anwendungstechnische Eigenschaften im Medium Druckfarbe<br />

sind:<br />

- Lichtechtheit<br />

- Lösemittel-/Migrationsechtheit<br />

- Fett-/Wasserbeständigkeit<br />

- Speichel-/Schweissechtheit<br />

- Spezielle Gebrauchtsechtheiten<br />

- Temperaturbeständigkeit<br />

4.2 Pigmente auf der Basis nachwachsender Rohstoffe<br />

Inzwischen ist es gelungen, Offsetdruckfarben mit Bindemitteln komplett<br />

auf nachwachsender Rohstoffbasis herzustellen. Es ist <strong>da</strong>her naheliegend,<br />

auch Pigmente auf dieser Basis einsetzen zu wollen, wodurch <strong>da</strong>s gesamte<br />

Farbsystem auf nachwachsenden Rohstoffen basiert.<br />

Nach heutigem Kenntnisstand fällt ein Vergleich zwischen synthetischen<br />

organischen Pigmenten und denen auf nachwachsender Rohstoffbasis<br />

wie folgt aus:<br />

Bewertungsfaktoren<br />

Verfügbarkeit<br />

Herstellungstechnologie<br />

Produktauswahl<br />

Rohstoffbasis<br />

Farbtöne<br />

Farbstärke<br />

Dispergierbarkeit<br />

spez. Gebrauchsechtheiten<br />

Pigmente<br />

synth.org. Basis nachwachsende Basis<br />

sehr groß<br />

bekannt<br />

sehr groß<br />

Mineralöl<br />

großer Umfang<br />

hoch<br />

sehr gut<br />

vorhanden<br />

nein<br />

unbekannt<br />

keine<br />

nachwachsend<br />

sehr begrenzt<br />

gering<br />

unbekannt<br />

unbekannt<br />

Gülzow, 30. November 1995 157


158<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Druckindustrie<br />

5 Anforderungen an Pigmente für den Vierfarbendruck<br />

Die heutigen synthetischen organischen Pigmente erfüllen in jeder Hinsicht<br />

die Anforderungen für den Mehrfarbendruck gemäß DIN 16 539<br />

(Europäische Farbskala - Normdruckfarben) oder die neue Norm ISO<br />

2846.<br />

<br />

Abbildung 6: Ausgewählte Grundfarben und Pigmente für den Mehrfarbendruck<br />

Zur Verwendung gelangen:<br />

Schwarz Ruß Pigment Black 7 1<br />

und blaues Schönungspigment<br />

Blau Pigment Blue 15:3 1<br />

Rot Pigment Red 57:1 1<br />

Gelb Pigment Yellow 12 oder Pigment Yellow 13 1<br />

Diese Pigmente erfüllen in Druckfarben die coloristischen- und<br />

Echtheitsanforderungen des Vierfarbendrucks bezüglich der Coloristik:<br />

- Farbton<br />

- Farbtiefe<br />

- Farbstärke<br />

- Transparenz.<br />

1 nach Colour-Index<br />

<br />

<br />

β<br />

Gülzow, 30. November 1995 159


160<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Um nicht nur die Anforderungen des Vierfarbendruckes erfüllen zu<br />

können, sondern auch speziell geforderte Gebrauchsechtheiten, verwenden<br />

Druckfarbenhersteller heute zum Teil mehr als 300 Pigmente.<br />

6 Erste Resultate mit verlackten Naturfarbstoffen<br />

Von der TLL erhaltene Farbstoffe sind wie folgt behandelt worden:<br />

Farbstoff Behandlung<br />

Indigo mit Deionat salzfrei gewaschen<br />

Rese<strong>da</strong> verlackt mit K-Al-Sulfat, salzfrei gewaschen<br />

Krapp verlackt mit Mg-Al-Sulfat salzfrei gewaschen<br />

Nach dem Abnutschen sind die feuchten Pigmente in Offsetbindemittel<br />

dispergiert und mittels Probedruckgerät mit 1,5 g/m² auf BVS-Papier<br />

gedruckt worden.<br />

Blau: 30 % Indigo<br />

Gelb: 25 % Rese<strong>da</strong>-Lack<br />

Rot: 20 % Krapp-Lack<br />

Den farbmetrischen Vergleich der Drucke mit Stan<strong>da</strong>rdfarben für den<br />

Vierfarbendruck (Blau, Rot, Gelb) zeigt die Position in der Normalfarbtafel:<br />

4-Farb-Druck (420000)


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Druckindustrie<br />

Es zeigt sich, <strong>da</strong>ss der Farbraum der „neuen“ Pigmente sehr klein ist.<br />

Die Anforderungen gemäß ISO 2846 werden coloristisch bei weitem nicht<br />

erfüllt, was auch nicht zu erwarten war.<br />

Gleiches gilt auch für die gemäß DIN 16 525 an den Drucken bestimmten<br />

Lichtechtheiten.<br />

Da die verlackten Pigmente ersten „Vortests“ entstammen, dürfen die<br />

erzielten Ergebnisse in keine Richtung überbewertet werden.<br />

7 Literatur<br />

/1/ Leitfaden der Farbstoffchemie<br />

H. Zollinger<br />

Verlag Chemie<br />

/2/ <strong>Färberpflanzen</strong>, Pflanzenfarben<br />

Schweppe<br />

Verlag ecomed<br />

/3/ Industrielle Organische Pigmente<br />

Herbst/Hunger<br />

VCH<br />

/4/ Pflanzenöle und deren Umwandlungsprodukte in Druckfarben<br />

K. Hanke<br />

26. GDCh-Hauptversammlung 1997<br />

/5/ Farbstoffe und Pigmente<br />

Fonds der Chemischen Industrie<br />

VCI<br />

Michael Huber München GmbH<br />

Zentrale Entwicklung Offsetdruckfarben<br />

Herr Klaus Hanke<br />

Feldkirchener Str. 15<br />

D-85551 Kirchheim (bei München)<br />

Gülzow, 30. November 1995 161


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Einsatzmöglichkeiten von<br />

Naturfarbstoffen in der Lederfärbung<br />

M. Conrad<br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Dornburg<br />

Einleitung<br />

Gefärbte Lederartikel gibt es, wie frühgeschichtliche Funde beweisen,<br />

schon sehr lange. So wurden zum Beispiel bei der Freilegung von ägyptischen<br />

Gräbern lederne, gefärbte Artikel in Form von Schilden, Pfeilköchern<br />

und anderem gefunden. Diese Funde lassen sich in die Zeit von<br />

2000 v. Chr. zurück<strong>da</strong>tieren. Die Färbung dieser Lederartikel erfolgte unter<br />

anderem mit Saflor in roten Tönen.<br />

Nachdem die Herstellung von Leder durch <strong>da</strong>s Gerben mit pflanzlichen<br />

Gerbmitteln bekannt war, begann man die <strong>da</strong>raus gefertigten<br />

Gegenstände zu verzieren, sei es durch Bemalen, Bedrucken oder Färben.<br />

Der Zweck dessen ist vielfältig gewesen; Zum Einen wurde durch <strong>da</strong>s<br />

Tragen von Kleidung in einer bestimmten Farbe die Zuordnung des Trägers<br />

zu einer bestimmten Kaste oder eines Standes symbolisiert, zum<br />

Anderen konnten bei kriegerischen Auseinandersetzungen die einzelnen<br />

Lager an ihren verschiedenfarbigen Kleidungen, Lederschilden und Ähnlichem<br />

unterschieden werden. Die Hauptursache der Entwicklung des<br />

Färbens von Leder ist aber wohl in einem schon zu sehr frühen Zeit entstandenem<br />

Modebewusstsein zu suchen, <strong>da</strong>s <strong>da</strong>rin bestand, farblich passende<br />

Lederartikel, wie Schuhe, Taschen, Handschuhe und vieles mehr<br />

zur restlichen Kleidung zu tragen.<br />

Als Farbstoffe kamen bis zur Entwicklung synthetischer Produkte<br />

Pflanzensäfte, Pflanzenextrakte, Mineralien bzw. aus Tieren gewonnene<br />

Färbemittel, wie die Tinte des Tintenfisches, eine Farbdrüse der Purpur-<br />

162 Biotechnologie und Gentechnik in der Industriepflanzenzüchtung


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Lederfärbung<br />

schnecke oder Stierblut zum Einsatz. Am Anfang der industriellen Lederproduktion<br />

wurden <strong>da</strong>hingegen vor allem sogenannte Farbhölzer (Rot-,<br />

Gelb-, Blau- und Fisetholz) eingesetzt, die vorwiegend als Pflanze oder<br />

Extrakt aus Sü<strong>da</strong>merika stammten.<br />

Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die synthetischen Farbstoffe<br />

entwickelt wurden, gerieten die Naturfarbstoffe in Vergessenheit.<br />

Synthetische Farbstoffe sind Produkte der Petrol- oder Kohlechemie. Da<br />

Anilin in den frühen Jahren der chemischen Farbstoffherstellung <strong>da</strong>s<br />

alleinige Ausgangsprodukt <strong>da</strong>rstellte, gab es den Farbstoffen ihren<br />

Namen. In der heutigen Zeit umfasst dieser Name alle synthetischen<br />

Farbstoffe, die mit Hilfe von Wasser als Lösungsmittel auf die Lederfaser<br />

aufziehen und sich mit dieser chemisch binden. Der Charakter der Lederoberfläche<br />

wird <strong>da</strong>durch nicht verändert und bleibt natürlich.<br />

Aus dem gestiegenen ökologischen Bewusstsein heraus begann man<br />

sich vor einigen Jahren wieder den pflanzlichen Farbstoffen zu widmen.<br />

Im Gegensatz zu früher verwendeten Pflanzen, die meist durch Raubbau<br />

tropischer Wälder gewonnen wurden, werden heute einheimische, zur<br />

Färbung geeignete Pflanzen gezielt gezüchtet und angebaut. Zahlreiche<br />

Versuche haben ergeben, <strong>da</strong>ss sich aus diesen Pflanzen gewonnen Farbstoffextrakte<br />

sehr gut zum Färben von Leder auf einer chromfrei hergestellten<br />

Ware eignen.<br />

Mit einer wasserlöslichen, mineralischen Deckfarbenzurichtung ist es<br />

möglich, die geforderten Echtheiten, wie z. B. die Lichtechtheit in<br />

gewünschtem Maß zu erreichen. Als mineralische Deckfarben stehen<br />

zum Beispiel Ruß oder verschieden Erdpigmente zur Verfügung.<br />

Möglichkeiten der Lederfärbung<br />

Die Lederfärbung unterscheidet man hauptsächlich in die Nasszurichtung<br />

und in die Trockenzurichtung.<br />

Nasszurichtung<br />

Färben in der Mulde<br />

Es ist die älteste Methode der Lederfärbung. Durch eine stehende Flotte<br />

kommt es nur zu einer geringen Farbstoffausnutzung und der ebenfalls<br />

hohe Arbeitsaufwand steht in keinem Verhältnis zur sehr geringen Wirt-<br />

Gülzow, 30. November 1995 163


164<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

schaftlichkeit. Diese Färbemethode findet heute in der modernen Industrie,<br />

im Gegensatz zu Färbereien in Indien und Pakistan, keine Anwendung<br />

mehr.<br />

Färben in der Haspel<br />

Diese Methode kommt dem Färben in der Mulde gleich, mit dem Unterschied,<br />

<strong>da</strong>ss durch ein Schaufelrad die Flotte bewegt wird. Diese Färbemethode<br />

findet auch heute noch Anwendung bei Ledern, die im Fass zu<br />

Verknotungen und zum Zerreißen neigen. Solche Leder sind zum Beispiel<br />

Rindseiten, Schlangen- oder Krokodilleder.<br />

Färben im Walkfass<br />

Dies ist die wirtschaftlichste und verbreitetste Methode zum Färben von<br />

Leder. Hierbei wird ein Holz- oder Edelstahlfass mit einer Beladungsmenge<br />

von bis zu drei Tonnen Lederfalzmasse genutzt.<br />

Für Versuche im labortechnischen Maßstab stehen diese Fässer analog<br />

aus Glas zur Verfügung und sind mit ca. 100 g zu beladen. Die Fässer<br />

besitzen einen Rechts/Linkslauf. Die Umdrehungszahl/Minute ist stufenlos<br />

regelbar und über eine hohle Achse kann die Chemikalienzufuhr<br />

erfolgen.<br />

Trockenzurichtung<br />

Färben mit der Bürste<br />

Hierbei wird eine schwache Farbstofflösung mit einer Bürste (meist<br />

Lammfell) mehrfach mit kreisenden Bewegungen auf <strong>da</strong>s Leder aufgetragen.<br />

Anwendung findet diese Art der Deckfarbenzurichtung bei Ledern,<br />

die eine ungefärbte Fleischseite aufweisen sollen. Es erfolgt keine Durchfärbung.<br />

Färben mit der Spritzpistole<br />

Diese Methode findet fast ausschließlich für Färbeversuche Anwendung.<br />

Für eine effektive Produktion sind Spritzbänder erforderlich, auf denen<br />

die Zurichtstoffe mehrfach aufgetragen und zwischengetrocknet werden<br />

können. Die Spritzfärbung dient vorwiegend der Endfertigung nass zugerichteter<br />

Leder, die mit einer Deckfarbe und einem Finish versehen<br />

werden.<br />

Färben mit dem Gießautomat<br />

Das Färben mit dem Gießautomat ist eine sehr rationelle Methode, bei der<br />

über Gießlippen ein zusammenhängender Farbfilm aufgetragen wird.<br />

Anwendung findet diese vorwiegend für Grundieraufträge. Mit dieser


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Lederfärbung<br />

Art der Färbung kann sowohl schon nass zugerichtetes Leder als auch<br />

bisher ungefärbtes Leder behandelt werden.<br />

Herstellung von Farbextrakten aus Pflanzenmaterial<br />

Im Projekt „Züchterische Bearbeitung von <strong>Färberpflanzen</strong> sowie Extraktion<br />

der Farbstoffe und deren Einsatz in der Lederfärbung“, gefördert<br />

von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., galt es, als erstes<br />

Farbextrakte herzustellen und diese anschließend für die Lederfärbung<br />

abzutesten.<br />

Die labortechnische Herstellung von Farbextrakten aus Pflanzenmaterial<br />

erfolgte in Bechergläsern. Als Färbepflanzen kamen:<br />

- Krapp<br />

- Kanadische Goldrute, Varietät ‚Goldkind’<br />

- Färberwau<br />

- Färberhundskamille<br />

- Saflor<br />

- Artischocke und<br />

- Färberscharte<br />

zum Einsatz.<br />

Das Pflanzenmaterial (je 200 g) wurde in 100 % Wasser über Nacht<br />

eingeweicht und am Folgetag mit 2 l Extraktionsmittel versetzt. Als<br />

Extraktionsmittel dienten Wasser und Wasser/Alkoholgemische verschiedener<br />

Art und Konzentration. Die Extraktions<strong>da</strong>uer betrug 1 h bei<br />

75 °C. Der abgekühlte Extrakt wurde <strong>da</strong>nach abfiltriert und <strong>da</strong>s Pflanzenmaterial<br />

ausgepresst.<br />

Mit den gewonnenen Extrakten ist <strong>da</strong>s Leder gefärbt und mit unterschiedlichen<br />

Beizen bzw. Beizmittelgemischen nachbehandelt worden.<br />

Die Extraktherstellung für kleintechnische Versuche erfolgte in einer<br />

Feststoffextraktionsanlage, in der es möglich ist, Flüssigextraktmengen<br />

bis zu 45 l mit einem Durchlauf herzustellen. Die Anlage verfügt über<br />

einen externen Dampferzeuger, der zur Erwärmung des Extraktionsmittels<br />

(bis zu 50 l) und zur Rückgewinnung des eingesetzten Alkohols dient.<br />

Die drei Extraktoren der Anlage mit einem Fassungsvermögen von je 15 l<br />

Extraktionsgut sind einzeln, parallel, nacheinander oder im Kreislauf<br />

betreibbar. Der erhaltene Extrakt kann sofort zur Färbung eingesetzt bzw.<br />

Gülzow, 30. November 1995 165


166<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

in einer Sumpfglocke einge<strong>da</strong>mpft werden, um einen Großteil des Alkohols<br />

zurückzugewinnen.<br />

Das Pflanzenmaterial muss vor dem Befüllen der Extraktoren über<br />

Nacht eingeweicht werden, um die Fliessgeschwindigkeit des Extraktionsmittel<br />

zu verringern und um ein Zertreiben der Extraktoren zu verhindern.<br />

Verwendete <strong>Färberpflanzen</strong> waren bisher:<br />

- Krapp<br />

- Färberwau<br />

- Färberscharte<br />

- Saflor und<br />

- Färberhundskamille.<br />

Mit den hergestellten Extrakten ist je ein halbe bis eine ganze Haut in einer<br />

kleintechnischen Versuchsanlage in der Thüringer Lederfabrik Wei<strong>da</strong><br />

GmbH gefärbt worden. Die gefärbten Leder wurden mit Kalialaun oder<br />

Eisen-II-Sulfat nachgebeizt und in der Trockenzurichtung mit Pigmenten<br />

und einem Finish behandelt.<br />

Färbebedingungen und Ledereigenfarbe<br />

Färbebedingungen<br />

Durch die Variation der Färbebedingungen ist es möglich, grundlegenden<br />

Einfluss auf <strong>da</strong>s Ergebnis der Färbung zu nehmen. Als Kriterien der<br />

Färbebedingungen sind zu nennen:<br />

- Färbe<strong>da</strong>uer<br />

- Flottenlänge<br />

- Flottentemperatur<br />

- pH-Wert<br />

- Farbstoffeinsatz und<br />

- Wasserqualität.<br />

Die Dauer der Färbung richtet sich nach:<br />

- der Art der verwendeten Farbstoffe und deren Bindungsvermögen<br />

- der Lederart und dessen Affinität zum Farbstoff<br />

- dem Ziel der Färbung, d. h. ob eine Oberflächen-, Ein- oder Durchfärbung<br />

angestrebt wird<br />

- der Erschöpfung des Färbebades (Farbauszehrung der Flotte).


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Lederfärbung<br />

Die Flottenlänge beeinflusst <strong>da</strong>s färberische Verhalten <strong>da</strong>hingehend, <strong>da</strong>ss<br />

bei lange Flotten mit einer geringen Farbstoffkonzentration im Bad die<br />

Farbstoffe an die Lederoberfläche gebunden werden, wohingegen bei<br />

kurzen Flotten die Farbstoffe bis zu einer Durchfärbung führen. Dies ist<br />

auch dem höheren Walkeffekt und der höheren Farbstoffkonzentration<br />

bei kurzen Flotten bzw. flottenlosen Verfahren zu ver<strong>da</strong>nken.<br />

Chromfrei gegerbte Leder werden wegen ihrer geringen Wärmebeständigkeit<br />

nur bei 40-45 °C gefärbt. Dies führt zu einer geringeren Bindungsneigung<br />

der Farbstoffe an <strong>da</strong>s Leder und fördert <strong>da</strong>durch eine<br />

Durchfärbung. Mit der Temperaturwahl ist es möglich, die Färbebedingungen<br />

und den Farbstoffanfall zu steuern. Dabei ist für konstante Bedingungen<br />

zu sorgen und ein unbeabsichtigter Temperaturabfall während<br />

der Färbung auf alle Fälle zu vermeiden.<br />

Der pH-Wert <strong>da</strong>rf bei der Bearbeitung von chromfrei gegerbtem Leder<br />

nicht basisch werden, <strong>da</strong> ansonsten eine Entgerbung des Leders erfolgt.<br />

Die eingesetzten Pflanzenfarbstoffe müssen wasserlöslich und im sauren<br />

Bereich beständig sein. Sie sollten kleinteilig sein, um eine gute<br />

Durchfärbung zu erreichen und der Farbstoffeinsatz <strong>da</strong>rf möglichst 5 %<br />

Reinfarbstoff, berechnet auf <strong>da</strong>s Ledertrockengewicht, nicht überschreiten.<br />

Alle Färbevorgänge mit Pflanzenfarbstoffen spielen sich im wässrigen<br />

Medium ab. Die Qualität des Färbereiwassers ist deshalb für <strong>da</strong>s Färbeergebnis<br />

von großer Bedeutung. Es sollte klar und ohne Schwebstoffe und<br />

frei von Eisensalzen sein. Die bleibende Härte <strong>da</strong>rf 15 °dH nicht übersteigen,<br />

<strong>da</strong> sich bei härterem Wasser in der Regel viel Kalk im Wasser befindet<br />

(Steigerung des pH-Wertes) und <strong>da</strong>raus ein ungenügendes Färbeergebnis<br />

resultiert.<br />

Ledereigenfarbe<br />

Die Ledereigenfarbe wird durch <strong>da</strong>s verwendete Gerbmittel bzw. den<br />

Gerbstoff bestimmt. Sie kann bei vegetabil gegerbten Ledern von dunkelgelb<br />

bis braun, bei chromgegerbten Ledern grünlich bis bläulich sein. Die<br />

Eigenfarbe hat einen großen Einfluss auf die Färbung, <strong>da</strong> ein Korrigieren<br />

des Farbtons von Partie zu Partie unumgänglich ist.<br />

Gülzow, 30. November 1995 167


Farbstoffe, Beizmittel und Beizverfahren<br />

168<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Bei den Farbstoffen unterscheidet man synthetische und natürliche Farbstoffe.<br />

Zu den synthetischen Farbstoffen zählt man die<br />

- anionischen Farbstoffe, die sich überwiegend über Ionenbindung<br />

an <strong>da</strong>s Leder anlagern und einfärbende und durchfärbende Eigenschaften<br />

besitzen,<br />

- kationischen Farbstoffe, die schnell mit dem negativ aufgeladenen<br />

vegetabil gegerbten Leder reagieren, sehr ergiebig sind und durch<br />

eine hohe Brillanz bestechen,<br />

- amphoteren Farbstoffe, deren besondere chemische Struktur ein<br />

gutes Bindungsverhalten sowohl zum kationischen Chromleder als<br />

auch zum vegetabilischen Leder gewährleistet.<br />

Zu den natürlichen Farbstoffen zählt man die:<br />

- tierischen Farbstoffe, wie z. B. eine Drüse der Purpurschnecke, die<br />

Tinte des Tintenfisches oder Rinderblut<br />

- mineralischen Pigmente, wie Ruß oder verschiedene Erdpigmente<br />

- pflanzlichen Farbstoffe, wie Krapp für Rotfärbungen mit Alizarin<br />

und Ruberythrinsäure als färbenden Komponenten, Färberwau,<br />

Kanadische Goldrute oder Färberhundskamille für Gelbfärbungen<br />

mit verschiedenen Flavonoid- bzw. Quercetinverbindungen als färbenden<br />

Bestandteilen.<br />

Als Beizmittel werden ausschließlich Weinstein, Kalialaun oder Eisen-II-Sulfat<br />

entweder als reine Beize oder als Beizmittelgemische verwendet,<br />

die sehr unterschiedliche Farbtöne bedingen.<br />

Als Beizverfahren sind die Vorbeize, also ein Beizen des Leders vor<br />

der Färbung, die Direktbeize (Beize und Farbstoff in einem Bad) und die<br />

Nachbeize zu nennen.<br />

Bei der Färbung von Leder hat sich <strong>da</strong>s Beizen nach der Färbung als<br />

vorteilhaft erwiesen, <strong>da</strong> der zu verlackende Farbstoff bereits ins Leder<br />

eingedrungen ist und nicht nur an der Oberfläche gebunden wird.<br />

Färbetechnologie<br />

Im Rahmen des Projektes wurden zahlreiche Versuche zur optimalen Färbung<br />

durchgeführt. Neben dem zu erzielenden Farbton (Farbe, Beize)


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Lederfärbung<br />

und den Echtheiten war ein Schwerpunkt, ein Verfahren auszuwählen,<br />

<strong>da</strong>ss unter praktischen Bedingungen ohne größere technische Veränderungen<br />

an vorhandenen Anlagen zur Anwendung kommen kann.<br />

Basierend auf den bisherigen Versuchen hat sich die in Tabelle 1 aufgeführte<br />

Färbetechnologie als am günstigsten erwiesen.<br />

Tabelle 1: Optimale Färbetechnologie unter Verwendung chromfrei gegerbten<br />

Leders<br />

Arbeitsgang Flotte (%) Temperatur (°C) PH-Wert Zeit (min)<br />

Broschieren 250 40 4 60<br />

Spülen 40 10<br />

Färbung 250 40 4 60<br />

Spülen 40 10<br />

Beizen 250 40 4 60<br />

Spülen 40 10<br />

Ausrecken<br />

Kalt Spannen<br />

Walken<br />

Zurichten<br />

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für weitere Arbeiten<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden, <strong>da</strong>ss die Technologie zur Herstellung<br />

von chromfrei gegerbtem Leder gegeben ist. Die Bereitstellung<br />

dieser Leder in gewünschter Stückzahl ist ebenfalls problemlos möglich.<br />

Eine Vielzahl bisher durchgeführter labortechnischer Versuche hat ergeben,<br />

<strong>da</strong>ss pflanzliche Farbstoffe auf dieses Leder sehr gut aufziehen.<br />

Kleintechnische Versuche mit einer halben bzw. einer ganzen Haut bestätigten,<br />

<strong>da</strong>ss der Farbstoff komplett eindringt und eine Durchfärbung des<br />

Leders möglich ist.<br />

Durch die Variation der Extraktion hinsichtlich:<br />

- Extraktionsgut<br />

Gülzow, 30. November 1995 169


170<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

- Extraktionsmittel/-gemische<br />

- Laufzeit und Temperatur<br />

sowie durch den Einsatz von Beizmitteln bzw. Beizmittelgemischen ist<br />

der entstehende Farbton kein Zufallsprodukt, sondern kann gezielt hergestellt<br />

werden.<br />

Die Schwerpunkte weiterer Arbeiten sind in der Erreichung geforderter<br />

Echtheitsparameter, die durch die Färbung beeinflusst werden können,<br />

zu sehen. Dies betrifft vorrangig die:<br />

- Lichtechtheit<br />

- Reibechtheit trocken und nass auf Aas- und Narbenseite<br />

- Waschechtheit<br />

- Wasserechtheit auf Aas- und Narbenseite<br />

- Schweißechtheit und<br />

- Lösungsmitteechtheit.<br />

Des weiteren ist es notwendig, eine betriebswirtschaftliche Kostenrechnung<br />

zu den einzelnen Färbepflanzen, der Extraktion und der Färbung<br />

anzustellen sowie die Markteinführung vorzubereiten.<br />

Dipl.-Gerbereiing. (FH) Michael Conrad<br />

Thüringer Zentrum Nachwachsende Rohstoffe der Thüringer Landesanstalt für<br />

Landwirtschaft<br />

Apol<strong>da</strong>er Straße 4<br />

D-07778 Dornburg<br />

TU-dornburg@t-online.de


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Einsatzmöglichkeiten von<br />

Naturfarbstoffen in der Textilindustrie<br />

Färben von Cellulosefaserstoffen<br />

R. Bochmann<br />

Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V., Chemnitz<br />

Einleitung<br />

In dem vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und<br />

Landwirtschaft geförderten Verbundvorhaben „Entwicklung einer Technologie<br />

zum Färben von Cellulose- und Proteinfaserstoffen“ haben sich<br />

die Verbundpartner Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Institut<br />

für Umweltforschung Schlieben e. V., Nahrungs- und Ingenieurtechnik<br />

GmbH, Institut für Getreideverarbeitung GmbH, Textilforschungsinstitut<br />

Thüringen-Vogtland e. V. und Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V.<br />

seit 1998 intensiv mit dem effektiven Anbau und der Ernte einheimischer<br />

<strong>Färberpflanzen</strong>, der Gewinnung von Farbstoffextrakten, der Rohstoffund<br />

Extraktanalytik sowie der Verwendung dieser Extrakte für die Färbung<br />

von Textilien beschäftigt.<br />

Unter den Aspekten Anbaueignung, Inkulturnahme, Farbstoffertrag<br />

und Färbeeignung wird den <strong>Färberpflanzen</strong> Färberhundskamille,<br />

Rese<strong>da</strong>, Kanadische Goldrute, Krapp und Färberknöterich von den ca. 20<br />

Pflanzenarten, die für einen feldmäßigen Anbau geeignet sind, die größte<br />

Bedeutung beigemessen. Außerdem werden mit diesen Pflanzen die<br />

Grundfarben Gelb, Rot und Blau abgedeckt.<br />

Ausgewählte Ergebnisse zur Applikation dieser <strong>Färberpflanzen</strong>-Extrakte<br />

auf Textilmaterial werden im Vortrag vorgestellt.<br />

Gülzow, 30. November 1995 171


172<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Voraussetzungen zur industriellen Anwendung von Pflanzenfarbstoffen<br />

Wenn der Textilveredler <strong>da</strong>s Wort Pflanzenfarbstoff hört, denkt er bisher<br />

noch an <strong>da</strong>s Färben mit zerkleinerten Pflanzen, <strong>da</strong>s unter den Bedingungen<br />

einer modernen Textilfärberei grundsätzlich unmöglich ist. Der Färber<br />

benötigt industriell einsetzbare Farbstoffextrakte.<br />

Er will <strong>da</strong>mit ein breites Spektrum heller, mittlerer und dunkler Farbtöne<br />

auf den verschiedensten Textilien erzielen.<br />

Es besteht weiterhin die Forderung nach Egalität, <strong>da</strong>s heißt Gleichmäßigkeit<br />

des Farbausfalls innerhalb einer Färbepartie. Des weiteren müssen<br />

die Färbeergebnisse reproduzierbar sein.<br />

Im Hinblick auf die Zeit- und Temperaturführung <strong>da</strong>rf sich die Färbetechnologie<br />

nicht wesentlich von Färbungen mit Synthesefarbstoffen<br />

unterscheiden, d. h. technologisch sinnvolle Zeit- und Temperaturabläufe<br />

sind notwendig.<br />

Eines der wichtigsten Kriterien für die Beurteilung der Qualität der<br />

Färbungen ist die Frage der Farbechtheiten. Für Bekleidung spielen die<br />

Lichtechtheit, die Reibechtheit, die Waschechtheit und die Schweißechtheit<br />

eine besondere Rolle.<br />

Nicht zuletzt gilt auch für Färbungen mit <strong>Färberpflanzen</strong>-Extrakten<br />

die Sicherstellung der ökologischen Verträglichkeit des Veredlungsprozesses.<br />

Alle Verfahrensschritte sind im Sinne des produktionsintegrierten<br />

Umweltschutzes zu lösen.<br />

Beschaffenheit der <strong>Färberpflanzen</strong>-Extrakte<br />

Der industrielle Einsatz von <strong>Färberpflanzen</strong>-Extrakten stellt an die Beschaffenheit<br />

der Extrakte einige Anforderungen:<br />

- Es ist ein hoher Gehalt an färbenden Inhaltsstoffen erforderlich,<br />

d. h. die Extrakte müssen in konzentrierter Form lieferbar sein. Der<br />

Transport und die Lagerung großer Flüssigkeitsmengen mit niedrigem<br />

Farbstoffgehalt macht keinen Sinn.<br />

- Die Extrakte müssen gut handhabbar sein, z. B. <strong>da</strong>rf sich kein klebriger<br />

Bodensatz im Gefäß absetzen. Eine leichte Homogenisierbarkeit<br />

und Löslichkeit ist notwendig.


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Textilindustrie<br />

- Die Extrakte müssen sowohl für Färbungen auf Färbemaschinen<br />

(Textil wird bewegt) als auch für Färbungen auf Färbeapparaten<br />

(Flotte zirkuliert durch <strong>da</strong>s Textilgut) geeignet sein.<br />

- Es ist sicherzustellen, <strong>da</strong>ss die Extraktqualität bei einer Lagerung<br />

über einen längeren Zeitraum (mehrere Monate) konstant bleibt.<br />

- Letztendlich spielt der Preis eine entscheidende Rolle für den industriellen<br />

Einsatz. Wegen der hohen Kosten bei Anbau, Ernte und<br />

Verarbeitung der <strong>Färberpflanzen</strong> sind die Preise für Extrakte aus<br />

Pflanzenfarben höher als die für synthetische Farbstoffe.<br />

Färben von Cellulosefaserstoffen<br />

Färbeverhalten der <strong>Färberpflanzen</strong>-Extrakte auf Leinengewebe<br />

Im Rahmen des Projektes wurden zahlreiche Extrakt-Varianten (hergestellt<br />

nach verschiedenen Extraktionsverfahren) auf ihr färberisches Verhalten<br />

untersucht. Dabei kristallisierten sich einige Extrakte heraus mit<br />

denen gute Färberesultate erzielt wurden.<br />

Tabelle 1 enthält eine Zusammenstellung der Parameter Extraktformulierung,<br />

Farbstoffgehalt, Nuancenaufbau und Egalität dieser Extrakte.<br />

Die Färbungen erfolgten im Labormaßstab auf gebleichtem Leinengewebe.<br />

Rese<strong>da</strong>-Extrakte in Form von Pulvern mit ca. 35 % Farbstoffgehalt als<br />

auch in Form von Pasten mit ca. 15-20 % sind für Färbungen auf Leinengewebe<br />

gut geeignet. Bis zu einer Farbstoffkonzentration von 2 % (bezogen<br />

auf <strong>da</strong>s Warengewicht) bauen sie gut auf. Die Egalität der Färbungen<br />

ist gut.<br />

Färberhundskamille-Extrakte in Pulverform mit ca. 37 % Farbstoffgehalt<br />

und als Flüssig-Extrakt mit 18-23 % Farbstoffgehalt liefern auf alaungebeiztem<br />

Leinengewebe ebenfalls gute Resultate im Hinblick auf Nuancenaufbau<br />

und Egalität.<br />

Mit Krapp-Extrakten in Pastenform mit ca. 5-8 % Farbstoffgehalt können<br />

mittlere bis dunkle Farbtöne erzielt werden. Bei hellen Farbtönen gibt<br />

es hier bislang Schwierigkeiten im Hinblick auf die Egalität. Auch eine<br />

breites Spektrum getesteter Egalisierhilfsmittel erwies sich als nicht<br />

erfolgreich. Mit Flüssig-Extrakten aus Krapp können helle und mittlere<br />

Gülzow, 30. November 1995 173


174<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Tabelle 1: Färbeverhalten von <strong>Färberpflanzen</strong>-Extrakten auf Leinengewebe<br />

Färberpflanze<br />

Extraktqualität<br />

Rese<strong>da</strong> Pulver<br />

Paste<br />

Färberhundskamille<br />

Krapp Paste<br />

Färberknöterich<br />

Pulver<br />

Flüssigkeit<br />

Flüssigkeit<br />

Farbstoffgehalt<br />

ca. 35 %<br />

ca. 15-20 %<br />

ca. 37 %<br />

ca. 18-23 %<br />

ca. 5-8 %<br />

ca. 3 %<br />

Nuancenaufbau/<br />

Egalität<br />

Nuancenaufbau bis zu 2 %<br />

Farbstoffkonzentration gut/<br />

Egalität gut<br />

Nuancenaufbau bis zu 2,5 %<br />

Farbstoffkonzentration gut /<br />

Egalität gut<br />

geeignet für mittlere bis<br />

dunkle Töne (2,5 - 5 % Farbstoffeinsatz)<br />

/Egalität gut<br />

geeignet für helle bis mittlere<br />

Töne (bis 2,5 % Farbstoffeinsatz)<br />

/ Egalität gut<br />

Granulat ca. 20 % Nuancenaufbau bis zu 3 %<br />

Farbstoffkonzentration gut /<br />

Egalität bei Luftoxi<strong>da</strong>tion gut<br />

Farbtöne egal gefärbt werden, jedoch sind hier die Lichtechtheiten oft<br />

ungenügend.<br />

Färberknöterich-Extrakte in Granulatform mit ca. 20 % Farbstoffgehalt<br />

führen im Konzentrationsbereich bis 3 % zu guten Färbeergebnissen.<br />

In Abb. 1 wird am Beispiel eines Rese<strong>da</strong>-Extraktes anhand der Remissionskurven<br />

der Färbungen auf Leinengewebe im Konzentrationsbereich<br />

zwischen 0,5 % und 2,5 % deutlich, <strong>da</strong>ss Farbstoffkonzentrationen über<br />

2 % nur noch geringe Auswirkungen auf die Farbtiefe haben.<br />

Einfluss des Erntegutes auf <strong>da</strong>s Färbeergebnis am Beispiel von<br />

Rese<strong>da</strong>-Färbungen<br />

Färbungen müssen innerhalb bestimmter Toleranzen reproduzierbar<br />

sein. Unabhängig von den Rohstoffqualitäten, die von Erntejahr zu Erntejahr<br />

Schwankungen unterliegen, werden stan<strong>da</strong>rdisierte Extrakte benötigt.


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Textilindustrie<br />

Abbildung 1: Remissionskurven von Färbungen einer Konzentrationsreihe mit<br />

Rese<strong>da</strong>-Extrakt<br />

<br />

<br />

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<br />

<br />

<br />

<br />

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<br />

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<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Abbildung 2: Remissionskurven von Färbungen mit Rese<strong>da</strong>-Extrakten der<br />

Erntejahre 1997, 1998 und 1999<br />

Gülzow, 30. November 1995 175


176<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Untersuchungen des färberischen Verhaltens analog hergestellter<br />

Rese<strong>da</strong>-Extrakte der Erntejahre 1997, 1998 und 1999 ergaben, <strong>da</strong>ss die<br />

sowohl in der Farbtiefe als auch in der Brillanz der Färbungen gewisse<br />

Abweichungen auftreten, die jedoch relativ gering sind. Sie entsprechen<br />

maximal 1 Note nach Graumaßstab. Dies verdeutlichen auch die Remissionskurven<br />

von 2 %igen Färbungen in Abb. 2.<br />

Für den Textilveredler, der mit stan<strong>da</strong>rdisierten synthetischen Farbstoffen<br />

arbeitet, gelten derartige Abweichungen als gerade noch akzeptabel.<br />

Da es sich bei den Extrakten aus <strong>Färberpflanzen</strong> um Naturstoffe handelt,<br />

sollten in Bezug auf die Toleranzgrenzen andere Maßstäbe als für<br />

Färbungen mit synthetischen Farbstoffen festgelegt werden. Dies erfordert<br />

Einigkeit bei allen Beteiligten in der textilen Kette vom Textilveredler,<br />

über den Konfektionär, Händler bis hin zum Verbraucher.<br />

Einfluss der Färbeparameter auf <strong>da</strong>s Färbeergebnis<br />

Optimale Färbeergebnisse setzen die Durchführung der Färbungen bei<br />

bestimmten pH-Werten und einem definierten Temperatur-/Zeitregime<br />

unter Verwendung geeigneter Textilhilfsmittel und – wenn erforderlich –<br />

einer speziellen Nachbehandlung voraus.<br />

- pH-Wert<br />

In Laborversuchen wurden auf Leinengewebe mit jedem <strong>Färberpflanzen</strong>-Extrakt<br />

Färbungen im pH-Bereich von 5 bis 9 durchgeführt.<br />

Es wurde gefunden, <strong>da</strong>ss jede Färberpflanze „ihren“ definierten<br />

pH-Wert der Färbeflotte benötigt, um Färbungen mit hoher<br />

Farbintensität zu erhalten.<br />

- Färbetemperatur<br />

In der Literatur werden zum Färben mit Pflanzenfarben Temperaturen<br />

von 90-95 °C empfohlen. Unsere Untersuchungen mit gelbfärbenden<br />

Extrakten im Temperaturbereich zwischen 70 °C und<br />

95 °C zeigen, <strong>da</strong>ss bei einer Färbetemperatur von 70-80 °C brillantere,<br />

gelbere Farbtöne resultieren als bei Kochtemperatur.<br />

- Färbezeit<br />

Für die Fixierung des Farbstoffes auf der Faser ist neben der erforderlichen<br />

Färbetemperatur auch eine bestimmte Färbezeit erforderlich.<br />

Die Färbezeiten wurden zwischen 30 und 180 min variiert. Im


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Textilindustrie<br />

Hinblick auf Farbausfall und Farbechtheiten erwiesen sich 45 bis<br />

60 min als optimal.<br />

- Textilhilfsmittel<br />

Färbungen unter industriellen Bedingungen erfordern geeignete<br />

Textilhilfsmittel wie Netz-, Wasch- und Egalisierhilfsmittel. Um<br />

den Charakter der Naturfärbung zu unterstützen, sollten <strong>da</strong>für biologisch<br />

gut abbaubare Produkte eingesetzt werden.<br />

- Nachbehandlung<br />

Nachwaschprozesse mit neutralen bis leicht alkalischen Waschmitteln<br />

wirken sich positiv auf die Nassechtheiten der Färbungen aus.<br />

Auf alkalische Waschmittel sollte aufgrund möglicher Veränderungen<br />

des Farbtones verzichtet werden.<br />

Farbechtheiten von Pflanzenfärbungen auf Leinengewebe<br />

In Tabelle 2 sind ausgewählte Farbechtheiten von mittleren bis dunklen<br />

Färbungen auf Leinengewebe zusammengefasst. Zur Färbung von Bekleidungstextilien<br />

aus Leinen eignen sich prinzipiell alle untersuchten<br />

<strong>Färberpflanzen</strong>. Goldrute-Extrakte sollten nicht auf alaungebeiztem Gewebe<br />

zum Einsatz gelangen, weil nach dem bisherigen Erkenntnisstand<br />

nur Lichtechtheiten von Noten < 3 erzielt werden können. Dagegen resultieren<br />

gute Farbechtheiten, wenn <strong>da</strong>s Material mit Eisen-II-Sulfat vorbehandelt<br />

wurde. Hierbei erhält man olivgrüne bis steingraue Farbtöne.<br />

Die Behandlung des Textilmaterials mit Eisen-II-Sulfat führt auch bei<br />

Rese<strong>da</strong>- und Färberhundskamille-Extrakten zu olivgrünen bis steingrauen<br />

Farbtönen.<br />

Erweiterung des Farbspektrums durch Kombination von Extrakten<br />

Durch Kombinationsfärbungen lassen sich auf alaungebeiztem Material<br />

Gelb-, Orange- und Rostrottöne erzielen<br />

Allerdings <strong>da</strong>rf <strong>da</strong>bei die Frage der Farbechtheiten nicht außer Acht<br />

gelassen werden. Gute Licht- und Nassechtheiten weisen Färbungen auf,<br />

für die Rese<strong>da</strong>-Extrakte in Kombination mit Kamille- oder<br />

Goldrute-Extrakten verwendet wurden.<br />

Gülzow, 30. November 1995 177


Tabelle 2: Farbechtheiten auf Leinengewebe<br />

178<br />

Extrakt<br />

Lichtechtheit<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Reibechtheit<br />

trocken nass<br />

Waschechtheit 40 °C,<br />

0,5 h<br />

Anbluten Änderung<br />

LI CO<br />

Rese<strong>da</strong>, Alaun-Beize 4 4 3 4 3 4<br />

Färberhundskamille,<br />

Alaun-Beize<br />

Kanadische Goldrute,<br />

Alaun-Beize<br />

Kanadische Goldrute,<br />

Eisensulfat-Beize<br />

3-4 4-5 4 4 4 4<br />

2-3 4-5 4 4-5 4 3-4<br />

4-5 4-5 3-4 4 4 4<br />

Krapp, Alaun-Beize 4 4 2-3 3-4 4 4<br />

Färberknöterich 5-6 4 2-3 4 4 4-5<br />

Färbungen auf Flächengebilden aus weiteren Cellulosefaserstoffen<br />

Mit ausgewählten Extrakten wurde nach den pflanzenspezifischen Stan<strong>da</strong>rdtechnologien<br />

auf folgenden weiteren Cellulosefasergeweben gefärbt:<br />

- Leinengewebe, ungebleicht, 300 g/m 2<br />

- Hanfgewebe, gebleicht, 480 g/m 2<br />

- Baumwollsamt, färbefertig, 212 g/m 2<br />

- Baumwollgewebe, gebleicht, 120 g/m 2<br />

- Viskosefasergewebe, gebleicht, 117 g/m 2<br />

Die Egalität der Materialien ist gut. Bedingt durch den Vorbehandlungsgrad<br />

und die Struktur der Gewebe sind zum Teil interessante optische Effekte<br />

zu verzeichnen.<br />

Die Farbechtheiten der Bastfasergewebe sind ähnlich wie beim Stan<strong>da</strong>rdmaterial<br />

(Leinengewebe, gebleicht, 144 g/m 2 ).<br />

Bastfasergewebe weisen bessere Lichtechtheiten auf als Baumwollund<br />

Viskosegewebe. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, <strong>da</strong>ss von<br />

analog vorbehandelten Materialien ausgegangen wurde, d. h. die<br />

Alaun-Vorbeize auf Baumwoll- und Viskosefasergewebe ist nicht optimiert.


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Textilindustrie<br />

Umweltrelevante Aspekte des Veredlungsprozesses<br />

Die Umweltverträglichkeit der Färbeprozesse mit <strong>Färberpflanzen</strong>-Extrakten<br />

muss in allen Prozessstufen gewährleistet sein. Dazu zählt u. a.:<br />

- die Anwendung ökologisch verträglicher Beizen (Alaun, Eisen-II-Sulfat)<br />

in optimierten Konzentrationen; der Verzicht auf<br />

Chrom-, Kupfer- und Zinnsalze<br />

- der Einsatz biologisch gut abbaubarer Textilhilfsmittel, möglichst<br />

aus nachwachsenden Rohstoffen, für Wasch-, Netz-, Egalisier- und<br />

Nachbehandlungsprozesse<br />

- die Minimierung der Abwasserbelastung<br />

Aus umfangreichen Untersuchungen zur Bewertung der Abwasserbeschaffenheit<br />

von Beiz-, Färbe- und Spülbädern können folgende Ergebnisse<br />

abgeleitet werden:<br />

1. Die Restaluminiumkonzentration im Beizbad steigt proportional<br />

mit der Alaun-Einsatzkonzentration. Deshalb sind entsprechende<br />

Verfahrensoptimierungen erforderlich.<br />

2. Die CSB-Werte der Mischabwässer, d. h. der Abwässer aus ausgezogenem<br />

Farbbad und Spülbädern, liegen für die gelbfärbenden<br />

Extrakte in einer ähnlichen Größenordnung wie für Abwasser von<br />

Färbungen mit synthetischen Farbstoffen; <strong>da</strong>gegen resultieren bei<br />

Krapp-Färbungen ca. doppelt so hohe CSB-Werte. Auch für Indigo-Färbungen<br />

sind die CSB-Werte um ca. 50 % höher als für <strong>da</strong>s<br />

Abwasser der gelbfärbenden Extrakte.<br />

3. Aus den BSB 5-Werten geht hervor, <strong>da</strong>ss es sich in allen Fällen um<br />

biologisch leicht abbaubare Substanzen handelt. Üblicherweise ist<br />

bei Abwässern aus der Textilveredlungsindustrie mit einem Verhältnis<br />

CSB:BSB 5 > 4:1 zu rechnen. Abwasser mit dem Verhältnis<br />

von 2:1, <strong>da</strong>s erfahrungsgemäß kaum erreicht wird, gilt als biologisch<br />

sehr gut abbaubar. In unseren Abwasseruntersuchungen<br />

wurden CSB- und BSB 5-Werte ermittelt, die zu Verhältnissen von<br />

ca. 2,5:1 führen, so <strong>da</strong>ss von einer guten biologischen Abbaubarkeit<br />

ausgegangen werden kann.<br />

Gülzow, 30. November 1995 179


Zusammenfassung und Ausblick<br />

180<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Für die Revitalisierung der Naturfärberei ist die billige und massenhafte<br />

Bereitstellung von <strong>Färberpflanzen</strong> in hoher Qualität eine unabdingbare<br />

Voraussetzung. Entsprechende Anbau- und Erntemethoden wurden und<br />

werden <strong>da</strong>für neu entwickelt.<br />

Eine weitere Bedingung für die Wiedereinführung der Pflanzenfärberei<br />

ist die Verfügbarkeit definierter, stan<strong>da</strong>rdisierter Farbstoffextrakte mit<br />

akzeptablen Preisen.<br />

Die Entwicklung ökologischer Färbeverfahren, die intensive und brillante<br />

Farbtöne sowie gute bis sehr gute Echtheiten garantieren, ist letztendlich<br />

<strong>da</strong>s entscheidende Kriterium für die zukünftige industrielle Nutzung<br />

der Extrakte aus <strong>Färberpflanzen</strong>.<br />

Jetzt gilt es, die Textilveredlungsunternehmen gezielt über die im<br />

Rahmen des Verbundprojektes gewonnen Erkenntnisse und Ergebnisse<br />

zu informieren und zu interessieren, um längerfristig die Herstellung<br />

und Vermarktung von industriell hergestellten pflanzengefärbten Naturtextilien<br />

zu ermöglichen.<br />

Die Naturfarbstoffe werden sicherlich die synthetischen Farbstoffe<br />

nicht vom Markt verdrängen. Sie können aber zur Erschließung von<br />

Marktsegmenten in der Textilveredlungs- und Bekleidungsindustrie beitragen<br />

und dem ökologisch orientierten Verbraucher eine Alternative zu<br />

herkömmlich veredelter Bekleidung bieten.<br />

Literatur<br />

/1/ EG-Projekt „Färben mit Naturfarbstoffen“<br />

Melliand Textilber. 75 (1994) 4, S. 250<br />

/2/ Abschlußbericht 90NR033 „Screening von Farbstoff liefernden Pflanzen“<br />

/3/ Wurl, G.; Eggers, U.; Hill, D.<br />

Zwischenbericht zum EU-Projekt „Cultivation and extraction of natural dyes for<br />

industrial use in natural tex tile production“, 1996<br />

/4/ Schweppe, H.<br />

Handbuch der Naturfarbstoffe<br />

ecomed Fachverlag, 1993<br />

/5/ Feddersen-Fieler, G.: Farben aus der Natur<br />

Verlag M. & H. Schaper Hannover, 4. Auflage


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Textilindustrie<br />

/6/ Roth, L.; Kormann, K.; Schweppe, H.: <strong>Färberpflanzen</strong> - Pflanzenfarben<br />

ecomed Fachverlag, 1992<br />

/7/ Katalyse-Institut Köln: „Marktperspektiven für pflanzliche Farbstoffe“, März<br />

1994<br />

/8/ Vetter, A.: Potentielle Pflanzen zur Gewinnung von Naturfarbstoffen- Bedeutung<br />

und Markt<br />

Vortrag zum <strong>Forum</strong> „<strong>Färberpflanzen</strong>“, 04.06.-05.06.1997, Dornburg<br />

/9/ Vetter, A.; Schwabe, I.; Biertümpfel, A.: Ergebnisse zum Anbau und zur Erstverarbeitung<br />

von <strong>Färberpflanzen</strong><br />

Vortrag zum <strong>Forum</strong> „<strong>Färberpflanzen</strong>“, 02.06.-03.06.1999, Dornburg<br />

/10/ Wähling, A.: Erste Ergebnisse zur Extraktion von Naturfarbstoffen aus gelb-<br />

und rotfärbenden Arten<br />

Vortrag zum <strong>Forum</strong> „<strong>Färberpflanzen</strong>“, 02.06.-03.06.1999, Dornburg<br />

/11/ Bochmann, R.; Weiser, M.: Applikation von Pflanzenfarben auf Leinen und<br />

Wolle<br />

Vortrag zum <strong>Forum</strong> „<strong>Färberpflanzen</strong>“, 02.06./03.06.1999, Dornburg<br />

/12/ Biertümpfel, A.; Wurl, G.; Vetter, A.; Bochmann, R.: „Anbau von <strong>Färberpflanzen</strong><br />

zur Gewinnung von Farbstoffextrakten für die Applikation auf Textilmaterial“<br />

Berichte über Landwirtschaft Bd. 78 (3) Sept. 2000, S. 402-420<br />

/13/ Zwischenberichte 1998 und 1999 zum Verbundvorhaben „Entwicklung einer<br />

Technologie zur Färbung von Cellulose- und Proteinfaserstoffen mit einheimischen<br />

Pflanzenfarben“ FKZ 96NR019; 97NR145; 97NR146; 97NR147; 97NR148;<br />

97NR160<br />

/14/ Bochmann, R.: <strong>Färberpflanzen</strong>anbau zur Gewinnung von Farbstoffkonzentraten<br />

für die Farbgebung von Naturtextilien<br />

Vortrag zum 7. Symposium „Nachwachsende Rohstoffe für die Chemie“,<br />

20.03.-22.03.01, Dresden<br />

Danksagung<br />

Wir be<strong>da</strong>nken uns beim Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung<br />

und Landwirtschaft für die finanzielle Förderung des Forschungsvorhabens<br />

(FKZ 96NR019-F) und bei der Fachagentur Nachwachsende<br />

Rohstoffe e. V. für die fachliche Begleitung.<br />

Dipl.-Chem. Renate Bochmann<br />

Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V.<br />

Postfach 1325<br />

D-09072 Chemnitz<br />

bochmann@stfi.de<br />

Gülzow, 30. November 1995 181


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Einsatzmöglichkeiten von<br />

Naturfarbstoffen in der<br />

Süsswarenindustrie<br />

C. Lutz<br />

RICOLA AG, Laufen (Schweiz)<br />

Die Firma RICOLA ist vielen bekannt. Aber wer weiss schon, was hinter<br />

dem Namen steckt. Er ist die Abkürzung von „Richterich & Co. Laufen“.<br />

Das traditionsreiche Schweizer Familienunternehmen wurde 1930<br />

von Emil Richterich gegründet und wird heute mit 350 Mitarbeitern in<br />

der 3. Generation von Felix Richterich geführt.<br />

Das erfolgreichste Produkt in unserem umfangreichen Produktsortiment<br />

weltweit ist seit jetzt 71 Jahren der Original Schweizer Kräuterzukker.<br />

Er wird wie alle anderen Produkte auch in über 50 Länder der Erde<br />

exportiert. Im Hustenbonbonmarkt ist RICOLA führend – in der Schweiz<br />

sogar klare Nummer 1.<br />

Das Geheimnis des langjährigen Erfolgs liegt in dem natürlichen erfrischenden<br />

Geschmack. Dieser wiederum wird einzig und allein durch die<br />

Auswahl geeigneter Kräuter bestimmt, die vorrangig in der Schweiz<br />

angebaut werden.<br />

Als verantwortungsvolles Unternehmen, <strong>da</strong>s seine Philosophie ernst<br />

nimmt, fühlen wir uns einem Qualitätsdenken verpflichtet, <strong>da</strong>s die Werte<br />

unserer Rohstoffe in den Mittelpunkt stellt. Ganz im Zentrum dieser<br />

Bemühungen stehen die Kräuter, Herz und Seele all unserer Produkte.<br />

Deshalb fördert RICOLA intensiv den Anbau von Heilkräutern im<br />

schweizerischen Berggebiet. Rund 200 eigenständige Landwirtschaftsbetriebe<br />

im Wallis, im Emmental, im Puschlav, im Jura und in der Zentralschweiz<br />

sind bei RICOLA unter Vertrag. Die Bergbauern hegen und<br />

pflegen heute Heilkräuter nach unseren Normen, verpflichtet und abgesi-<br />

182 Biotechnologie und Gentechnik in der Industriepflanzenzüchtung


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Süsswarenindustrie<br />

chert durch Verträge. Der Kräuteranbau ist zu einem wichtigen und<br />

begehrten Nebenerwerb für diese Bergbauern geworden, denn wir garantieren<br />

hohe Preise für die geforderte Spitzenqualität.<br />

Der Kräuteranbau erfolgt ausschliesslich nach naturgemässen Methoden,<br />

also ohne jegliche Kunstdünger, Pestizide oder Herbizide, fernab<br />

grosser Zentren oder Strassen. Die Anbauorte werden sorgfältig und<br />

kräuterspezifisch ausgewählt, denn Lokalklima, Lage und Bodenbeschaffenheit<br />

beeinflussen in hohem Masse <strong>da</strong>s Gedeihen der Kräuter und<br />

deren Gehalt an Wirkstoffen und Aromen. Bereits auf dem Feld kontrolliert<br />

der RICOLA-Experte die bevorstehende Ernte auf ihre Qualität. Von<br />

der Ernte über die verschiedenen Verarbeitungsstufen bis zur Bonbonqualität<br />

werden die RICOLA-Kräuter auf Reinheit und Qualität in firmeneigenen<br />

Labors kontrolliert.<br />

Der Trend zu natürlichen Produkten hat in den letzten Jahren stark<br />

zugenommen. Phytopharmaka und funktionale Lebensmittel auf der<br />

Basis von Kräutern erfreuen sich immer grösserer Beliebtheit. Phytopharmaka<br />

sind Naturprodukte und „Bio“ ist „in“.<br />

RICOLA ist jedoch kein Pharmaunternehmen sondern ein erfolgreicher<br />

Süsswarenhersteller. Die langjährigen Kenntnisse über Kräuter werden<br />

bei der Herstellung von Hustenbonbons eingesetzt. Je nach Verwendungszweck<br />

des Bonbons wird eine Mischung verschiedener wirksamer<br />

Kräuter zusammengestellt. Soll <strong>da</strong>s Bonbon mehr erfrischend sein, wählen<br />

wir die Kräuter Zitronenmelisse, Thymian, Pfefferminze, Orangenminze,<br />

Malve oder andere aus. Dient <strong>da</strong>s Bonbon mehr als sanfte Medizin<br />

gegen Husten und Heiserkeit, kommen Kräuter wie Salbei,<br />

Spitzwegerich Eibisch, Andorn und andere zum Einsatz.<br />

Einige Wochen <strong>da</strong>uert es schon, die richtige Mixtur herzustellen. Nach<br />

der Auswahl der Kräutermischung ist von der Produktentwicklung <strong>da</strong>s<br />

eigentliche Produkt zu kreieren. Dabei müssen die Geschmäcker von<br />

morgen getroffen werden, und die sind sehr vielfältig in den verschiedenen<br />

Ländern der Erde.<br />

Welche Zielgruppe mit welchen Indikationen wollen wir ansprechen?<br />

Soll es ein Hartbonbon sein mit Zucker – wie üblich – oder ein zuckerfreies<br />

Produkt, welches ja heute auch schon sehr beliebt ist. Vielleicht soll<br />

<strong>da</strong>s Produkt etwas weicher und kaufähig sein? Welche Verpackung ist<br />

die Beste – Beutel, Box oder Metalldose?<br />

Gülzow, 30. November 1995 183


184<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

Alle diese Fragen sind immer wieder neu zu besprechen und zu<br />

beantworten. Um erfolgreich zu sein, muss <strong>da</strong>s ganze Unternehmen in<br />

den Innovationsprozess miteinbezogen werden. Erfolgreiche Innovationen<br />

sind heute nicht mehr selbstverständlich. Das Können bei der Entwicklung<br />

eines neuen Produktes besteht <strong>da</strong>rin, die unterschiedlichsten<br />

Ausgangsrohstoffe zu einer harmonischen Einheit zusammenzufügen.<br />

Als Markenartikel-Hersteller haben wir den Anspruch, Produkte mit<br />

langer Lebens<strong>da</strong>uer auf den Markt zu bringen. Dabei ist es enorm wichtig,<br />

unsere Kunden und ihr Verbraucherverhalten genau zu kennen.<br />

Nach dem Entwurf verschiedener Rezepturen werden diese in Kleinserien<br />

getestet. Später gilt es, die Neuheit in den Fabrikationsprozess zu<br />

integrieren. Umfangreiche Tests zum Geschmack mit einer ausgebildeten<br />

Sensorikgruppe oder Stabilitätstests – in simulierten unterschiedlichen<br />

klimatischen Bedingungen – gehören jedes Mal zu den Grundlagen eines<br />

Erfolgsprodukts.<br />

Unserer Philosophie entsprechend stehen die sorgfältig ausgewählten<br />

Kräuter im Zentrum. Die anderen verwendeten Bestandteile in einem<br />

Bonbon sind jedoch ebenfalls zwingend natürlicher Art.<br />

„Sekundäre Pflanzenstoffe“ ist für uns kein Fremdwort. Als „Vitamine<br />

des 21. Jahrhunderts“ werden sie die gleiche Bedeutung wie die<br />

eigentlichen Vitamine erlangen.<br />

Mein Wunsch ist es, einheimische Pflanzen, am besten Kräuter, nicht<br />

nur wegen ihrer Heilwirkung, sondern auch wegen ihrer Fähigkeiten färben<br />

zu können, einzusetzen.<br />

Süsswaren und alle anderen Lebensmittel müssen eine bestimmte<br />

Farbe haben, um schmackhaft zu sein oder zumindest als geniessbar zu<br />

gelten. Die Farbempfindung der Menschen und die Geniessbarkeit eines<br />

Lebensmittels liegen eng zusammen.<br />

Wer mag schon schwarze Zitronenbonbons oder grünen Lachs?<br />

Bei RICOLA achten wir bereits in der Entwicklungsphase <strong>da</strong>rauf, die<br />

Produkte nicht zusätzlich färben zu müssen. Wir versuchen, die<br />

Geschmacksentwicklung mit dem gewünschten Farbton in Einklang zu<br />

bringen. Aus diesem Grund verwenden wir ausschliesslich färbende<br />

Früchte oder Pflanzen.<br />

Interesse besteht von unserer Seite beispielsweise <strong>da</strong>ran, anstatt die<br />

gelben Bonbons mit dem Beta-Carotin der Ölpalme vielleicht mit Rese<strong>da</strong><br />

luteola zu färben oder Rubia tinctorum anstatt einer roten Fruchtmischung<br />

einzusetzen.


Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Süsswarenindustrie<br />

Produkte<br />

grüne Produkte<br />

gelbe Produkte<br />

rote Produkte<br />

braune Produkte<br />

Dabei interessieren noch folgende Punkte:<br />

Wie ist der Wissensstand über die <strong>Färberpflanzen</strong>?<br />

- Anbau<br />

- Erntebedingungen<br />

- Verarbeitung der Pflanzen / Extraktionsmethoden<br />

- Analysenmethoden für Farbstofferfassung<br />

- Verarbeitungsvorschriften<br />

- Stabilitäten<br />

- geschmackliche Komponenten der Extrakte<br />

- Erfahrungen mit dem Einsatz in Lebensmitteln<br />

Vielleicht können wir zukünftig in die Liste der verwendeten RI-<br />

COLA-Kräuter Krapp, Färber-Wau, Waid oder andere aufnehmen.<br />

Dipl.-Ing. Christina Lutz<br />

Leiterin Forschung + Entwicklung<br />

Ricola AG<br />

CH-4242 Laufen<br />

Schweiz<br />

clutz@ricola.ch<br />

färbende Früchte<br />

oder Pflanzen<br />

Spinat, Brennnessel<br />

Palmöl<br />

Beeren, rote Früchte<br />

Kräutermischungen<br />

Farbstoffe<br />

Chlorophyll<br />

natürliche Carotine<br />

Anthocyane<br />

Maillard-Reaktion<br />

Gülzow, 30. November 1995 185


Gülzower Fachgespräche Band 18:<br />

„<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong>“<br />

Zusammenfassung des Veranstalters<br />

A. Vetter, A. Biertümpfel<br />

Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Dornburg<br />

Am 30. und 31. Mai fand in Dornburg bereits zum 3. Mal <strong>da</strong>s vom Thüringer<br />

Zentrum Nachwachsende Rohstoffe der Thüringer Landesanstalt für<br />

Landwirtschaft mit Unterstützung der Fachagentur Nachwachsende<br />

Rohstoffe e. V. organisierte „<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong>“ statt. Mit ca. 70 Teilnehmern<br />

aus industriellen und wissenschaftlichen Einrichtungen, aber<br />

auch privaten Interessenten war es wiederum sehr gut besucht. Die unvermindert<br />

große Teilnehmerzahl beweist <strong>da</strong>s ungebrochene Interesse an<br />

der Naturfärberei. Das dieses Interesse nicht nur auf Deutschland beschränkt<br />

ist, sondern europaweit besteht, zeigte nicht nur die Teilnahme<br />

von Frau Lapiolahti aus Finnland und Herrn Faucon aus Frankreich. Erstere<br />

berichtete über selbst entworfene und mit heimischen <strong>Färberpflanzen</strong><br />

gefärbte Textilien, letzterer über die Prüfung einer Vielzahl von <strong>Färberpflanzen</strong><br />

auf deren Anbau- und Färbeeignung im Südwesten<br />

Frankreichs. Auch aus den Übersichtsvorträgen von Herrn Stolte (Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe e. V.) und Herrn Dr. Vetter (Thüringer<br />

Zentrum Nachwachsende Rohstoffe der Thüringer Landesanstalt für<br />

Landwirtschaft) zum „Förderprogramm nachwachsende Rohstoffe der<br />

Bundesregierung“ und den „Aktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene zur<br />

Problematik <strong>Färberpflanzen</strong>“ ist <strong>da</strong>s abzuleiten. Insbesondere <strong>da</strong>s im Jahr<br />

<strong>2001</strong> begonnene und mit mehr als 2,5 Mio Euro geförderte Projekt „Sustainable<br />

Production of Plant-Derived Indigo“ vereinigt 10 Teilnehmer aus<br />

klein- und Mittelständigen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen<br />

von 5 europäischen Ländern (Großbritannien, Spanien, Finnland,<br />

Deutschland und Italien). Dass die Kommission der EU eine derart<br />

hohe Summe für ein Projekt zu zahlen bereit ist, weist auf die hohe Erwartungshaltung<br />

hin.<br />

186 Biotechnologie und Gentechnik in der Industriepflanzenzüchtung


Zusammenfassung des Veranstalters<br />

Fazit der diesjährigen Veranstaltung muss sein, <strong>da</strong>ss einer erfolgreichen<br />

Anwendung von Pflanzenfarben bei der Färbung von Textilien,<br />

Leder, Papier und Holz zum gegenwärtigen Zeitpunkt eigentlich nichts<br />

mehr im Wege steht.<br />

Während auf dem „1. <strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong>“ 1997 seitens der Fachagentur<br />

Nachwachsende Rohstoffe e. V. im Schlussresümee die weitere<br />

Optimierung der Anbauverfahren, verbesserte Erntetechnologien mit<br />

wertstoffschonender Nacherntebehandlung anmahnte, war <strong>2001</strong> der<br />

Anbau nur noch durch den Vortrag von Herrn Dr. A<strong>da</strong>m (Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft des Landes Brandenburg) „Anbauerfahrungen mit<br />

<strong>Färberpflanzen</strong> in Brandenburg“ vertreten, in dem es aber auch nicht um<br />

Grundsätzliches, sondern bereits um Verfeinerungen der Anbausysteme<br />

ging. Auch Erfahrungen zu „<strong>Färberpflanzen</strong> aus ökologischem Anbau“<br />

liegen vor, wie Frau Hartl von der Universität für Bodenkultur Wien aufzeigte.<br />

Der Anbau der wichtigsten <strong>Färberpflanzen</strong> unter den Bedingungen<br />

der modernen Landwirtschaft kann also als gelöst angesehen werden.<br />

Damit rückt der Faktor „Sorte“ mehr in den Blickpunkt des<br />

Interesses, wie die 3 Vorträge zur Züchtung von Herrn Dr. Plescher<br />

(PHARMAPLANT GmbH) „Züchtungsmethodik auf sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe“,<br />

Herrn Dr. Wurl und Frau Biertümpfel (Thüringer Landesanstalt<br />

für Landwirtschaft) „Züchtung ausgewählter gelbfärbender<br />

Pflanzen und Färberknöterich“ sowie Frau Dr. Siebenborn (Justus-Liebig-Universität<br />

Gießen) „Ergebnisse der züchterischen Bearbeitung von<br />

Krapp“ bewiesen.<br />

Die Notwendigkeit, pflanzliche Farbstoffe als flüssige, pastöse oder<br />

pulverförmige Extrakte anzubieten und anzuwenden, wird heutzutage<br />

nicht mehr bestritten. Möglichkeiten für die Extraktion der Farbstoffe<br />

sind gefunden worden. Eine Übertragung der in kleintechnischem Maßstab<br />

entwickelten Verfahren in den großtechnischen Maßstab sollte ohne<br />

Schwierigkeiten möglich sein, wie der Beitrag von Herrn Wähling (Nahrungsingenieurtechnik<br />

GmbH Magdeburg) zum „Aktuellen Stand der<br />

Farbstoffgewinnung“ aufzeigte.<br />

Auch der eigentliche Färbevorgang, dem 1997 noch angelastet werden<br />

musste, <strong>da</strong>ss er in direkter Tradition der Techniken des vorindustriellen<br />

Zeitalters stünde, entspricht jetzt den modernen Anforderungen. Wie<br />

Frau Bochmann (Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V. Chemnitz)<br />

und Frau Weiser (Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e. V.<br />

Greiz) in ihrem Vortrag zu „Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen<br />

Gülzow, 30. November 1995 187


188<br />

<strong>Forum</strong> <strong>Färberpflanzen</strong> Dornburg <strong>2001</strong><br />

in der Textilindustrie“ <strong>da</strong>rlegten, sind die Gebrauchsechtheiten pflanzengefärbter<br />

Textilien denen mit synthetischen Farbstoffen behandelten<br />

Materialien vergleichbar.<br />

Neben den bisher vorrangig diskutierten Anwendungen wird intensiv<br />

nach neuen Verwendungsalternativen für pflanzliche Farbstoffe<br />

gesucht. Dies belegen die Vorträge von Herrn Weber (Schomisch-Leder<br />

GmbH) und Herrn Conrad (Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft)<br />

zu „Einsatzmöglichkeiten von Naturfarbstoffen in der Lederfärbung“,<br />

Frau Möhler (Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Erfurt) zur „Eruierung<br />

von Holunderherkünften zur Gewinnung von Lebensmittelfarbstoffen“,<br />

Frau Lutz (Ricola AG Laufen) zu den „Einsatzmöglichkeiten von<br />

Naturfarbstoffen in der Lebensmittelindustrie“ sowie Herrn Hanke<br />

(Michael Huber München GmbH) zu den Einsatzmöglichkeiten von<br />

Naturfarbstoffen in der Druckindustrie“.<br />

Wenn trotz der durchgehend geschlossenen Kette vom Anbauer bis<br />

zum Färber und der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten <strong>da</strong>s eigentliche<br />

„Break through“ der Pflanzenfarbstoffe bisher noch fehlt, so liegt es<br />

<strong>da</strong>ran, wie auch auf der lebhaften Abschlussdiskussion festgestellt<br />

wurde, <strong>da</strong>ss bisher noch kein großes textiles Handelsunternehmen naturgefärbte<br />

Ware ordert. Dadurch entsteht ein Circulus vitiosus: ohne Order<br />

keine Färbung, ohne Färbung keine Extraktion, ohne Extraktion kein <strong>Färberpflanzen</strong>anbau,<br />

ohne <strong>Färberpflanzen</strong>anbau keine Textilfärbung. Diesen<br />

Teufelskreis gilt es zu durchbrechen.<br />

Dr. habil Armin Vetter, Dipl.-Ing. Andrea Biertümpfel<br />

Thüringer Zentrum Nachwachsende Rohstoffe der Thüringer Landesanstalt für<br />

Landwirtschaft<br />

Apol<strong>da</strong>er Str. 4<br />

D-07778 Dornburg<br />

a.vetter@dornburg.tll.de


<strong>2001</strong><br />

Herausgeber:<br />

Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.<br />

Hofplatz 1 • 18276 Gülzow<br />

Tel.: (0 38 43) 69 30 - 0 Fax: (0 38 43) 69 30 -102<br />

<strong>Färberpflanzen</strong><br />

E-Mail: info@fnr.de Internet: http://www.fnr.de/<br />

Gedruckt auf Papier aus Durchforstungsholz mit Farben auf Leinölbasis <strong>Forum</strong><br />

Gülzower Fachgespräche Band 18

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